CEO.Table – Ausgabe 31

Hightech-Agenda in der Kritik + Was tun gegen die Dollar-Schwäche + Neue Allianz-Strategie

Executive.Summary

„Voreilige Investitionen“: Das kritisiert die Wirtschaft an der Hightech-Agenda

Mit der Hightech-Agenda soll Deutschland im internationalen Wettbewerb nach vorne kommen. Vertreter aus der deutschen Wirtschaft loben den Impuls – äußern allerdings Bedenken, ob einige der geplanten Maßnahmen zielführend sind.

Wollen mehr Hightech in Deutschland: Ökonomin Veronika Grimm, SAP-Chef Christian Klein und Investor Florian Heinemann (v.l.n.r.).

KI-Gigafabriken, Quantencomputer, Fusionstechnologie. Bundesforschungs- und Technologieministerin Dorothee Bär will Deutschland mit ihrer Hightech-Agenda wieder an die Weltspitze bringen. Wenn das Vorhaben – vielleicht schon in der kommenden Woche – vom Bundeskabinett beschlossen wird, soll sich mit der Agenda, die Table.Briefings in einem Referentenentwurf vorliegt, in der deutschen Tech-Landschaft viel ändern.

Konkretes Ziel aus dem Bereich der künstlichen Intelligenz: Im Jahr 2030 sollen zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts auf KI basieren. Geplant ist unter anderem, eine oder mehrere der von der EU-Kommission geplanten „KI-Gigafactories“ nach Deutschland zu holen. Zum Jahresende soll die Bewerbung von Unternehmen und Forschungseinrichtungen abgestimmt sein, bis Jahresmitte 2027 sind die KI-Hubs dann startklar, wenn es nach den Plänen geht.

Christian Klein, CEO des Softwarekonzerns SAP, blickt kritisch auf solche Gigazentren. Zu Table.Briefings sagt er: „Wertschöpfung entsteht erst durch die Anwendung von Technologie. In der Verbindung von angewandter KI und industriellem Prozesswissen liegt die größte ökonomische Chance für Deutschland und Europa – nicht in voreiligen Investitionen in Rechenzentren.“

Tech-Investor Florian Heinemann, Gründungspartner beim milliardenschweren Wagniskapitalgeber Project A, sieht die Gigazentren ebenfalls nicht als direkte Maßnahme zum Ankurbeln der Wirtschaft. „Es ist für mich eher eine Frage der Souveränität und der Kompetenzen als im Sinne der Wertschöpfung“, sagt er im Table.Today Podcast. Einen Vorteil solcher Zentren hebt er dabei hervor: Eine Clusterbildung nach dem Vorbild des Silicon Valley führe auf längere Frist zur Bildung von nachhaltigen Kompetenzzentren. Um KI erfolgreich zu nutzen, brauche man die Gigazentren aber nicht zwingend.

Neben KI stellt der Entwurf weitere Schlüsseltechnologien heraus: Quantentechnologie, Mikroelektronik, Biotechnologie, Fusion, klimaneutrale Mobilität. Zu breit gestreut? Das findet Heinemann vor allem vor einem Hintergrund nicht: „Erst einmal ein bisschen breiter zu sein ist richtig. Und wenn man dann in drei oder vier Bereichen wirklich etwas schafft, wäre das schon ein großer Erfolg.“ Um Letzteren zu erzielen, müssten vor allem gute Geschäftsmodelle gefunden werden. „Der Weg von der Forschung zur Anwendung ist in Deutschland länger als in den USA.“

Rückendeckung bekommt der Investor von SAP-Chef Klein. Der sieht die Definition solcher Fokusbranchen zwar als wichtigen Impuls, aber allenfalls als Startpunkt an: „Entscheidend ist nicht nur, worauf wir heute setzen, sondern dass wir als Standort bereit sind, auch kommende Technologien schnell zu erkennen und anzuwenden.“ Dafür brauche es vor allem Agilität. Und auch die richtigen Rahmenbedingungen: „Bürokratieabbau, Wissens- und Technologietransfer sowie die Stärkung des Fachkräfteangebots sind hierfür unerlässlich.“

Damit Deutschland in den genannten Bereichen im weltweiten Wettbewerb aufholen kann, sollen mehrere „Hebel“ bedient werden: Für Forschungseinrichtungen soll es standardisierte Ausgründungsverträge geben, Förderprozesse sollen vollständig digitalisiert werden, und unter anderem im Rahmen der Initiative 1.000-Köpfe-plus soll der Fachkräftemangel entschärft werden. Ökonomin Veronika Grimm, Mitglied des Sachverständigenrats Wirtschaft, sagt zu Table.Briefings: „Ein wesentliches Hemmnis für Gründung und Skalierung in der EU und ganz besonders in Deutschland ist die Regulierung nach dem Vorsorgeprinzip: Man versucht, Risiken im Voraus einzuhegen, anstatt sie nach dem Innovationsprinzip zu adressieren, wenn sie relevant werden.“ Die Forschungsförderung müsse zudem „deutlich stärker auf High Risk High Return ausgerichtet werden“.

Um seine Rolle auch auf wirtschaftlicher Seite zu verstärken und die Risiken für Unternehmen zu mindern, soll der Staat im Rahmen der Hightech-Agenda zwar häufiger als Ankerkunde auftreten. Ökonomin Grimm sieht bei der staatlichen Beschaffung, insbesondere im militärischen Bereich, die Anforderungen an die teilnehmenden Firmen aber bislang als zu hoch an. „Wenn der Staat in diesem Bereich als Ankerkunde auftritt, sollte man darauf achten, dass innovative und vor allem junge Unternehmen im Beschaffungsprozess eine Chance erhalten.“

Mit Blick auf aufstrebende Jungfirmen und die Frage, ob der Wettbewerb mit den USA und China überhaupt noch zu gewinnen ist, fasst Investor Heinemann zusammen: „Wir müssen es auf jeden Fall probieren.“ Und endet auf einer positiven Note: „Die Forschung ist gut, die Geschäftsmodelle werden immer besser.“

Mehr zur Hightech-Agenda lesen Sie auch in unserem Research.Table.

Wie Florian Heinemann auf den boomenden Rüstungsmarkt blickt – mit Quantum Systems und Arx Robotics hat er in bedeutende Unternehmen aus dem Segment investiert –, was er CEOs aus anderen Branchen rät und wie Investoren jetzt agieren, hat er im Table.Today Podcast verraten.

Erfolgreich mit Bauchgefühl: Project-A-Chef Florian Heinemann.

CEO.Analyse

Wie DAX-Konzerne sich gegen die Dollar-Schwäche absichern

Eine exklusive Umfrage von Table.Briefings zeigt: Viele DAX-Konzerne sichern sich gegen die Euro-Aufwertung ab – mit Derivaten, Natural Hedges und lokaler Produktion. So sollen negative Wechselkurseffekte auf Umsatz und Ergebnis begrenzt werden.

Warum das wichtig ist: Im Jahr 2024 erzielten die DAX-Konzerne im Schnitt nur rund 18 Prozent ihrer Umsätze in Deutschland. Entsprechend können Wechselkursschwankungen – insbesondere beim EUR/USD-Kurs – direkte Auswirkungen auf Umsatz und Ergebnis haben. Seit Jahresanfang hat der Euro gegenüber dem US-Dollar um rund 14 Prozent zugelegt.

Besonders betroffen sind exportorientierte oder international stark verflochtene Unternehmen. Die Allianz beziffert die Auswirkungen einer zehnprozentigen US-Dollar-Abwertung auf das operative Ergebnis auf rund 0,5 Milliarden Euro – das entspricht etwa drei Prozent der angestrebten Zielgröße für 2025. Der Konzern sichert unter anderem Dividendenströme ab. CEO Oliver Bäte betont auf Nachfrage von Table.Briefings:

„In einer soliden Finanzplanung werden solche Szenarien im Vorfeld berücksichtigt. So sichern wir beispielsweise unsere Dividendenzahlungen ab, damit es auf der Ergebnisebene keine Überraschungen gibt. Wechselkursübersetzungen schlagen sich zwar in den Zahlen nieder – aber wenn man den Nettowert betrachtet, ist das für uns sehr gut verkraftbar. Das wird sich auch in den kommenden Zahlen widerspiegeln.“

Adidas sichert erwartete Fremdwährungsströme bis zu 24 Monate im Voraus ab; Ende 2024 war die Absicherung für das laufende Jahr nahezu vollständig. Infineon beziffert die Sensitivität einer US-Cent-Kursveränderung auf 25 Millionen Euro Umsatz und zehn Millionen Euro Ergebnis. MTU Aero Engines erreicht durch Beschaffung in US-Dollar einen natürlichen Hedge von rund 75 Prozent, zusätzlich greift ein rollierendes Absicherungsmodell über 20 Quartale.

Unternehmen wie Beiersdorf, BASF, Daimler Truck, Fresenius und Rheinmetall kombinieren operative Maßnahmen wie lokale Produktion und Vertragsklauseln mit finanzwirtschaftlichen Instrumenten. Beiersdorf nennt eine mögliche Eigenkapitalbelastung von bis zu 26 Millionen Euro bei einer zehnprozentigen Euro-Aufwertung. BASF hat im Juli seine Wechselkursannahme für 2025 auf 1,15 USD/EUR angepasst. Daimler Truck steuert Währungsrisiken über ein internes Modell mit festgelegten Hedge-Quoten.

Weniger stark betroffen sind Unternehmen mit regional fokussiertem Geschäft. Die Deutsche Börse weist bei rund 700 Millionen Euro Umsatz und 300 Millionen Euro Kosten in US-Dollar auf eine teilweise natürliche Absicherung hin. Siemens Energy sichert Fremdwährungsrisiken dezentral über die operativen Einheiten ab, bei Absicherungsquoten zwischen 75 und 100 Prozent. E.ON, RWE und die Deutsche Telekom sehen wegen ihrer Aufstellung im Euroraum oder wegen lokaler Kosten- und Umsatzstrukturen nur begrenzte Wechselkursrisiken. Bei der Telekom entstehen Wechselkursdifferenzen lediglich bei der Umrechnung auf Konzernebene – operative Absicherungen sind nicht erforderlich.

CEO.Talk

Leadership im Wandel: Vier Schlüsselfaktoren für das C-Level

Erstmals steht mit Elke Hofmann eine Frau an der Spitze des Deutschland-Geschäfts von Egon Zehnder, der Personalberatung für Chefetagen. Im Interview mit Table.Briefings betont sie vier zentrale Führungsthemen, die für einen grundlegenden Wandel auf der C-Level-Ebene sorgen werden:

Elke Hofmann, neue Deutschland-Chefin von Egon Zehnder.
  1. Mutiges Entscheiden: Entscheidungen treffen, auch wenn man nicht sicher sein kann, ob sie morgen noch relevant sind, ohne alle Daten zu haben und den gesamten Optionenraum zu kennen.

  2. Brückenbauen: Integrativ führen, nicht polarisieren oder spalten. In einer Welt, die immer gegensätzlicher wird, müssen Führungskräfte Meinungen zusammenführen. Dabei geht es nicht darum, den kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden, sondern mit dem Team in einen konstruktiven Diskurs zu treten.

  3. Pluralismus: Diversität als Notwendigkeit sehen, um High Performance und Innovation voranzutreiben. Das bedeutet, die Vielfalt der Meinungen in Teams – also „Diversity of Thought“ – proaktiv zu fördern und weiterzuentwickeln.

  4. Selbstentwicklung: Die Fähigkeit, sich selbst zu hinterfragen, mit Feedback zu arbeiten und ein Growth Mindset zu entwickeln. Dabei geht es nicht nur darum, neue Kompetenzen zu erlernen, sondern sich wirklich mit sich selbst auseinanderzusetzen. Um zu verstehen, was einen antreibt und welche Wirkung man auf das Team hat.

Das klassische „One Size Fits All“-Modell der Führung ist für Hofmann passé. Insbesondere künstliche Intelligenz eröffne völlig neue Wege und Angebote. Die 24/7-Betreuung mithilfe von KI hält sie für ein Thema von hoher Relevanz: Führungskräfte-Coaches setzen bereits heute KI-gestützte Plattformen ein, „auf denen die Führungskraft täglich eincheckt, aktuelle Themen dokumentiert oder auch mal eine Meditation macht“, berichtet sie.

Parallel dazu entstehen immer mehr neue C-Level-Rollen. „Die Rolle des Chief Sustainability Officer (CSO) hat in den letzten Jahren deutlich an Bedeutung gewonnen“, so Hofmann. Auch spezialisierte Positionen wie der Chief AI Officer werden künftig häufiger zu finden sein. „Die spannende Frage ist, ob solche Rollen als eigenständige Vorstandsposition etabliert werden oder zunächst auf einer Ebene darunter angesiedelt sind.“

Warum US-amerikanische Top-Manager zunehmend nach Europa wechseln, wie Unternehmen „Diversity of Thought“ als Innovationsmotor etablieren und was eine „CEO-Krankheit“ ist, lesen Sie im ausführlichen Interview.

CEO.Picks

Warum der Produktverkauf allein nicht mehr ausreicht

Statt Produkte zu verkaufen, brauchen Unternehmen für komplexe Lösungen auch neue Strukturen – nur wer Organisation, Rollen und Prozesse radikal anpasst, schöpft das volle Potenzial aus.

Bianca Schmitz und Olaf Plötner von der ESMT Berlin.

Viele Unternehmen richten ihr Geschäftsmodell grundlegend neu aus: Statt nur Produkte zu liefern, bieten sie komplexe Lösungen an, die Hardware, Software und Services verbinden. Doch während die strategische Idee überzeugend ist, scheitert die Umsetzung oft an einem altbekannten Problem: der Organisation. Wir haben dieses Thema als unseren Pick gewählt, da es verdeutlicht: Neue Geschäftsmodelle brauchen neue Strukturen – und zwar auf allen Ebenen.

Denn unsere Forschung zeigt, dass Unternehmen, die auf den Verkauf von Services umstellen, ein anderes System benötigen. In der Praxis bedeutet das: Rollen, Prozesse und Schnittstellen müssen neu gedacht werden. Die klassische Vertriebslogik ist überfordert mit Lösungen, die langfristig wirken, technisch komplex sind und beim Kunden mitentwickelt werden müssen. Genau hier entstehen Reibungsverluste – und letztlich Wachstumsbarrieren.

Erfolgreiche Unternehmen fragmentieren den Vertriebsprozess in spezialisierte Rollen und integrieren ihn anschließend neu, etwa durch segmentbasierte Projektteams. Neue Rollen wie Solution Engineers, Business Consultants oder Customer Success Manager ersetzen herkömmliche Verkäufer.

Diese schaffen Klarheit in der Kundenansprache, sichern Qualität im Übergang und stärken die interne Anschlussfähigkeit. Das Fazit: Nur wenn Strukturen mitwachsen, kann das volle Potenzial komplexer Lösungen gehoben werden.

Bianca Schmitz ist Director of Knowledge Transfer des Bringing Technology to Market Center (BTM) und Lecturer an der ESMT Berlin. Olaf Plötner arbeitet als Professor of Management Practice und Director des BTM an der ESMT Berlin. Die CEO.Picks sind eine Kooperation zwischen der ESMT und Table.Briefings.

CEO.News

Diese Wege führen ins Top-Management

Für CEOs wird eine Auslandszeit in Asien, langfristige Orientierung und Empowerment immer wichtiger. Table.Briefings hat sich umgehört, wie sich die Karriere in Chefetagen verändert.

Von links nach rechts: Jochen Weyrauch (Quelle: Dürr Group), Torsten Leue (Quelle: Roland Schmidt), Stephanie Coßmann (Quelle: Symrise).

Laut Torsten Leue, Vorstandsvorsitzender der Talanx AG, reicht reine Strategie nicht mehr aus: „Man muss Energie ins System bringen und Empowerment leben – dafür brauchen CEOs mehr Social Skills als früher.“ Diese Erfahrung sammelte er auch in seiner Auslandszeit in der Slowakei: „Als ich damals einen strategischen Plan aus der Zentrale heraus entwerfen wollte, hieß es, das kennen wir als Fünf-Jahres-Plan von früher.“ Diese Denkmuster hat er „glücklicherweise abgelegt“ und setzt nun auf „dezentrale Verantwortungen und lokales Entrepreneurship“.

Leue ergänzt, dass es gerade im KI-Zeitalter entscheidend ist, „neugierig zu bleiben und sich weiterzuentwickeln“. Dazu sieht er die Versicherungsbranche gut aufgestellt: „Es gibt viele hoch spezialisierte KI-Experten, die früher in Start-ups arbeiten wollten und nun zunehmend nach Sicherheit streben.“

Jochen Weyrauch, CEO der Dürr Group, unterstreicht zudem, wie wichtig internationale Erfahrungen geworden sind. „Man kommt dadurch weg von der rein zentralen Corporate-Sicht, die manchmal einer Einbahnstraße ähnelt.“ Dennoch sieht er Kulturunterschiede: „In Ländern wie China oder den USA ist die Toleranz für häufigere Wechsel zwischen Unternehmen größer als in Deutschland.“

Seine Aufenthalte in Asien hätten ihm ein besseres Gespür für die Dynamik anderer Wirtschaftsregionen gegeben: „Wenn ich eine Woche am Stück in China bin, komme ich mit einem anderen Mindset zurück – einem besseren Verständnis für die Geschwindigkeit, mit der Dinge dort passieren.“ Laut Weyrauch „wird es für angehende CEOs immer wichtiger, Zeit in Asien verbracht zu haben.“

Stephanie Coßmann, Personalvorständin bei Symrise, sieht immer noch klassische Strukturen in den Chefetagen: „Ganz viel funktioniert immer noch nach dem Prinzip Deutschland AG. Änderungen sind im Gange.“ Obwohl externe Erfahrung als wertvoll angesehen wird, sei sie in der deutschen Vorstandspraxis noch nicht angekommen. „Ein Jobhopping alle zwei Jahre halte ich nicht für sinnvoll; eine gewisse Konsistenz über fünf oder sechs Jahre hinweg ist aus meiner Sicht das bessere Erfolgsrezept.“

Coßmann kritisiert: „Das Grundproblem in der deutschen Governance ist, dass durch kurze Vorstandsverträge keine langfristige Orientierung in der Strategie mehr möglich ist. Das heißt: Jeder fokussiert sich nur noch auf seinen Term.“

Mehr zum Thema: Eine Analyse über die typischen Merkmale von DAX-Vorstandsmitgliedern, lesen Sie hier. Kristián Kudela


EU plant Milliarden-Schub für Verteidigung und Weltraum

Die EU-Kommission hat in ihrem Vorschlag für den Mehrjährigen Finanzrahmen 131 Milliarden Euro für Verteidigung und Weltraum eingeplant. Das ist fast fünfmal so viel wie bisher – und der am stärksten wachsende Haushaltsposten. Was hinter den Milliarden steckt – und wie Europa militärisch unabhängiger werden will, lesen Sie im Security.Table. Viktor Funk

Grafik zeigt unterschiedliche EU-Programme für die Verteidigung und Unterstützung der Ukraine.

Nachhaltigkeit: Neue Geschäftsmodelle aus Lebensmittelresten

Weltweit landet rund ein Fünftel aller verfügbaren Lebensmittel im Müll. Das ist ein Desaster für alle, die unter Hunger leiden, und ökologisch ein Problem: Lebensmittelverluste verursachen bis zu zehn Prozent der globalen Treibhausgasemissionen. Es gibt aber auch Gegenbeispiele von Start-ups, die aus eben diesen Resten ihre Geschäftsmodelle gebaut haben. So macht Kern Tec aus entsorgten Steinobstkernen Pflanzendrinks und Öle. Luya aus der Schweiz hat eine Fermentationstechnologie entwickelt, um aus Tofu-Rückständen eine Proteinalternative herzustellen. Und das deutsche Unternehmen Akoua stellt aus der Frucht des Cashew-Baums Saft, Limonade und Fruchtsaftkonzentrat her. Wie das im Einzelnen funktioniert, lesen Sie im ESG.Table. Marc Winkelmann

Frauen in Führung: Quote wirkt, verliert aber an Zugkraft

Die Beförderung von Frauen in die Top-Etagen der deutschen Wirtschaft stagniert. In Aufsichtsräten sank ihr Anteil zwischen 2024 und 2025 leicht auf 37 Prozent. In Vorständen stieg er zwar leicht auf knapp 20 Prozent. Aber dieser Zuwachs fällt geringer aus als in den Vorjahren.

Das geht aus dem neuen Women-on-Board-Index des Vereins Frauen in die Aufsichtsräte (FiDAR) hervor, für den 179 Unternehmen aus DAX, MDAX und SDAX sowie 19 weitere paritätisch mitbestimmte Unternehmen im sogenannten Regulierten Markt untersucht wurden. In den Jahren zuvor sorgten gesetzliche Quotenregelungen für einen Anstieg des Frauenanteils – über diese Bestimmungen hinaus wollen Unternehmen aktuell offenbar nicht gehen. Mehr zum Women-on-Board-Index des Vereins FiDAR, lesen Sie im ESG.Table. Marc Winkelmann

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CEO.Presseschau

Manager Magazin

Fidar-Präsidentin Anja Seng fordert Ausweitung der Frauenquote in Unternehmen

Der Frauenanteil in den Aufsichtsräten deutscher börsennotierter Unternehmen ist erstmals wieder leicht gesunken – von 37,3 Prozent im Vorjahr auf 37 Prozent. In den Vorständen stieg der Frauenanteil geringfügig auf 19,9 Prozent, zeigt eine Studie der Initiative "Frauen in die Aufsichtsräte". Fidar-Präsidentin Anja Seng fordert nun, die geltende Geschlechterquote im Aufsichtsrat von 30 auf 40 Prozent zu erhöhen und auf mehr Unternehmen auszudehnen. Auch das Mindestbeteiligungsgebot solle verbindlicher gefasst werden.
Stuttgarter-Nachrichten

Porsche-Chef Oliver Blume plant neues Sparpaket

Porsche bereitet ein neues Sparprogramm vor. Vorstandschef Oliver Blume hat die Belegschaft über entsprechende Maßnahmen informiert. Grund sind anhaltende wirtschaftliche Herausforderungen, die das Unternehmen weltweit zunehmend unter Druck setzen.
RND

Spotify-CEO Daniel Ek gerät nach Rüstungs-Investment und KI-Musik unter Druck

Ek hat als Chef der Investmentfirma Prima Materia eine weitere 600-Millionen-Euro-Investition in das Rüstungs-Start-up Helsing angeführt, das KI-Technologien und Drohnen für militärische Zwecke entwickelt. Dieses Engagement stößt weltweit auf Ablehnung unter Musiker:innen und Fans, die das Unternehmen mit Boykottaufrufen konfrontieren. Zusätzlich wächst der Unmut über den massiven Einsatz von KI-generierter Musik auf Spotify, da viele Künstler befürchten, durch synthetische Inhalte verdrängt und schlechter bezahlt zu werden.
Wirtschaftswoche

Wie Barbara Muckermann Kempinski zu neuem Glanz verhelfen will

Muckermann ist seit 2024 CEO der traditionsreichen Hotelgruppe und damit die erste Frau an der Spitze des Unternehmens. Sie plant, die Marke wieder international als führenden Anbieter im Luxussegment zu etablieren. Dafür sollen nun alle bestehenden Hotels hinsichtlich Standort, Ausstattung und Gästefeedback überprüft und das Portfolio um 34 neue Objekte erweitert werden. Ein besonderer Fokus liegt auf der Rückbesinnung auf deutsche Werte wie Qualität und Verlässlichkeit.
Markt und Mittelstand

Junge Rüstungsfirmen erhalten Rekordsummen

Die deutsche Startup-Szene verzeichnet einen deutlichen Fokuswechsel: Im ersten Halbjahr 2025 entfielen Rekordinvestitionen vor allem auf Rüstungs- und Verteidigungstechnologie, während grüne Innovationen ins Hintertreffen geraten. Angesichts der geopolitischen Lage und dem Einfluss des Ukraine-Kriegs transformieren Kapitalströme, Innovationsdynamik und staatliche Beschaffung die Branche grundlegend. Damit Startups langfristig erfolgreich bleiben, sind tiefgreifende Reformen im Beschaffungswesen nötig.
Mint

Perplexity-CEO Aravind Srinivas warnt vor Nachahmung durch Tech-Giganten

Großkonzerne wie Google, Meta und OpenAI würden erfolgreiche Innovationen von Start-ups in kurzer Zeit kopieren. Am Beispiel seines eigenen Unternehmens zeigte Srinivas, wie Perplexity mit Echtzeit-Websuche als Vorreiter agierte und diese Funktion wenige Monate später bei großen Konkurrenten übernommen wurde. Er betonte, dass Nachahmung ein Zeichen für Erfolg sei und Gründer sich auf Geschwindigkeit, Originalität und das Vertrauen der Nutzer verlassen sollten, um im Wettbewerb zu bestehen. Zugleich arbeitet OpenAI an einem eigenen KI-Browser, der die Verschmelzung von Chat und klassischem Web-Browsing weiter vorantreiben soll.

CEO.Personnel

Wirtschaftswoche

Bayer-Chef Bill Anderson bleibt

Der Aufsichtsrat des Leverkusener Konzerns Bayer hat den Vertrag mit Vorstandschef Bill Anderson bis 2029 verlängert. Anderson verantwortet seit 2023 den tiefgreifenden Konzernumbau, zu dem der Abbau von rund 11.000 Stellen und geplante Kostensenkungen um zwei Milliarden Euro bis 2026 gehören. Bayer kämpft weiterhin mit Rechtsrisiken durch Tausende Glyphosat-Klagen, setzt aber auf eine mehrgleisige Strategie, um diese Belastungen zu reduzieren. In der Pharmasparte kommt es zu Fortschritten bei neuen Medikamenten, die das Wachstum ankurbeln sollen.
Meedia

Michael Lessmann wird Chief Commercial Officer bei Ritter Sport

Ab dem 1. September wird der bisherige CFO die weltweiten Marketing- und Vertriebsaktivitäten des Schokoladenunternehmen verantworten. Lessmann ist seit 2020 bei Ritter tätig und war zuvor unter anderem Geschäftsführer der DACH-Region. Der erfahrene Markenexperte folgt auf Malte Dammann, der das Unternehmen im Februar 2025 verlassen hatte. Zuvor war Lessmann unter anderem für Kraft Heinz und Beiersdorf in leitenden Marketingfunktionen tätig.
Lebensmittelzeitung

Sabrina Berg wird neue Finanzchefin von Aldi Süd Deutschland

Aldi Süd stellt seine Managementstruktur in Deutschland neu auf. Im Zuge dieser Umstrukturierung übernimmt Sabrina Berg die Leitung des neu zugeschnittenen Finanzressorts. Weitere Details zur Neuausrichtung der Führungsstruktur sind bislang nicht bekannt. Berg rückt in eine Schlüsselposition innerhalb des Discounters auf.
Airliners

Lars Wagner übernimmt Führungsrolle bei Airbus

Lars Wagner verlässt MTU Aero Engines und übernimmt zum Jahreswechsel bei Airbus die Leitung des Verkehrsflugzeuggeschäfts. Er begann seine Karriere bei Airbus, wo er verschiedene internationale Managementpositionen innehatte, bevor er 2015 zu MTU Aero Engines wechselte und dort seit Januar 2023 als CEO tätig ist. Sein Nachfolger bei MTU wird Johannes Bussmann, zuvor Vorstandschef von Tüv Süd.
Handelsblatt

Diageo-Vorstandschefin Debra Crew wird abgelöst

Beim britischen Spirituosenkonzern Diageo, bekannt für Marken wie Johnnie Walker und Guinness, kommt es zu einem abrupten Wechsel an der Konzernspitze. Die bisherige Vorstandschefin Debra Crew muss nach nur zwei Jahren ihren Posten räumen, nachdem sie den Negativtrend mit sinkenden Umsätzen und schwachem Aktienkurs nicht stoppen konnte. Übergangsweise übernimmt Finanzchef Nik Jhangiani die Leitung, während nach einer dauerhaften Nachfolge gesucht wird.
Manager Magazin

Johannes Huth übernimmt CEO-Posten bei Groupe Bruxelles Lambert

Der ehemalige KKR-Europachef wird ab Mai CEO des belgischen Finanzinvestors GBL. Damit kehrt der 64-Jährige nach seinem angekündigten Rückzug aus dem operativen Geschäft überraschend in eine Spitzenposition zurück. Huth löst Ian Gallienne ab, der nach 14 Jahren ins Verwaltungsratspräsidium wechselt. GBL hält Beteiligungen unter anderem an Adidas, Pernod Ricard und SGS.

CEO.Finance

Big Beautiful Bill – die US-Schuldenkrise findet nicht statt

Die US-Staatsverschuldung steigt auf ein neues Rekordniveau. Gunther Schnabl vergleicht den Umgang mit Schulden in den USA, Japan und Europa – und fragt, wie ernst die Lage wirklich ist.

Die Staatsverschuldung liegt in den USA bei gut 37 Billionen Dollar beziehungsweise bei 123 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Das „One, Big, Beautiful Bill“ von Donald Trump dürfte sie in den nächsten zehn Jahren um weitere 3,3 Billionen Dollar nach oben treiben. Einschließlich des bereits bestehenden Defizits von 1,9 Billionen könnte der Schuldenstand der USA bis 2025 auf knapp 60 Billionen Dollar steigen.

Die Zinslast der US-Bundesregierung würde von 1,1 Billionen auf 1,8 Billionen Dollar 2035 wachsen, schätzt das unabhängige Congressional Budget Office. Das ist gigantisch. Droht jetzt eine Schuldenkrise im Zentrum der Weltfinanzmärkte?

In Japan liegt derweil die Staatsverschuldung als Anteil am BIP bei 235 Prozent. Eine Staatsschuldenkrise ist ausgeblieben, weil die Bank von Japan rund die Hälfte der ausstehenden Staatsanleihen gekauft und so die Zinslasten des Staates unter Kontrolle gehalten hat.

Die Inflation blieb moderat, auch weil die Regierung mit zusätzlichen schuldenfinanzierten Ausgabenspielräumen viele Güter subventioniert hat. Allerdings haben die dauerhaft niedrigen Zinsen Japans Wirtschaft träge gemacht, sodass seit Langem die durchschnittlichen realen Löhne sinken.

Selig scheint hingegen das Euroland, wo die Staatsverschuldung bei nur 88 Prozent des BIP liegt. Allerdings liegt sie in Spanien (102 Prozent), Frankreich (113 Prozent) und Italien (135 Prozent) viel höher. Deutschland, das mit circa 64 Prozent den Durchschnitt niedrig gehalten hat, will mit der Aufweichung seiner Schuldenbremse den Rückstand nun schnell wettmachen.

Die Europäische Zentralbank hat sich mit dem sogenannten Transmissionsschutzinstrument schon bereit gemacht, im Falle einer neuen Schuldenkrise die Staatsanleihen von Krisenländern aufzukaufen.

In allen drei Währungsräumen setzt die Politik also nach wie vor auf schuldenfinanzierte Staatsausgaben. Dennoch gibt es Unterschiede. In Japan und der EU scheinen die schnell alternden Gesellschaften die für solide Staatsfinanzen notwendigen Reformen nicht zuzulassen.

Innerhalb des US-Budgets bewegt sich hingegen etwas. Während die Ausgaben für die Gesundheitsversorgung um 1,1 Billionen über zehn Jahre hinweg sinken sollen, entsteht das zusätzliche Defizit durch Steuersenkungen in Höhe von 4,5 Billionen.

Das Congressional Budget Office geht bei einem angenommenen Wachstum von durchschnittlich rund 1,8 Prozent und einer Inflationsrate von zwei Prozent davon aus, dass die Staatsverschuldung der USA bis 2035 auf 135 Prozent des BIP steigen wird – also auf das heutige Niveau von Italien. Im Gegensatz zu Italien profitieren die USA aber als Weltleitwährungsland davon, dass weltweit Zentralbanken US-Staatsanleihen als Reserven halten, was eine hohe Verschuldung erleichtert.

Steigt zudem das Wachstum aufgrund der Steuersenkungen auf durchschnittlich 2,6 Prozent – oder ist die Inflation höher –, dann bliebe die US-Staatsverschuldung als Anteil vom BIP bis 2035 weitgehend konstant. Zölle werden zusätzliche Einnahmen bringen.

Die US-amerikanische Staatsverschuldung scheint damit unter Kontrolle. Die US-Staatsschuldenkrise findet auch unter Donald Trump nicht statt, während das in Japan und Europa nicht so sicher ist.

CEO.Success

Wie Allianz mit KI und Vernetzung die Versicherung neu denkt

Beim Allianz Media Barbecue in München stellte CEO Oliver Bäte die digitale Neuausrichtung des Konzerns vor: Allianz will sich von der klassischen Produktlogik lösen und zu einer technologiegetriebenen Plattformorganisation entwickeln.

Allianz-CEO Oliver Bäte hat große Pläne. (Allianz)

Im Zentrum der Strategie steht die Initiative „Connected Platforms“, mit der Allianz digitale Angebote aus dem Schadenmanagement (Solvd), der Direktversicherung (Allianz Direct) und dem Assistance-Geschäft (Allianz Partners) in einer gemeinsamen technischen Infrastruktur bündelt. Ziel ist es, das Kundenerlebnis zu verbessern, Synergien zu schaffen und Effizienzpotenziale zu realisieren.

Laut Vorständin Sirma Boshnakova soll der operative Gewinn der Plattform-Einheit bis 2027 von rund 450 auf über 800 Millionen Euro steigen. Darüber hinaus erwartet der Konzern jährliche Ergebnisbeiträge von über einer Milliarde Euro durch Synergien in anderen Geschäftsbereichen.

Allianz-Vorständin Sirma Boshakova treibt den Wandel voran. (Allianz)

Künstliche Intelligenz spielt dabei eine zentrale Rolle entlang der gesamten Wertschöpfungskette – etwa bei automatisierter Schadenbearbeitung, Betrugserkennung oder Risikobewertung. Die technologische Basis ermöglicht Skalierbarkeit, Geschwindigkeit und individuellere Angebote. CEO Bäte betonte:

„Wir verfügen heute über deutlich mehr Daten und Rechenleistung. KI ist keine Bedrohung, sondern eine Chance – weil wir für unsere Kundinnen und Kunden deutlich mehr Wert schaffen können.“

Bereits heute laufen einfache Schadenregulierungen vollautomatisiert – in einigen Fällen innerhalb weniger Minuten und in über 20 Sprachen.

Doch es entstehen auch neue Herausforderungen: Algorithmen, die Schadenhöhe, Preise oder Versicherbarkeit bestimmen, müssen nachvollziehbar und fair sein. Transparenz, Datenschutz und Vertrauen werden damit zu entscheidenden Erfolgsfaktoren der Transformation. Bäte wird sich daran messen lassen müssen, ob es gelingt, technologischen Fortschritt und gewachsene Kundenerwartungen dauerhaft in Einklang zu bringen.

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