Column
Erscheinungsdatum: 19. Juli 2025

Big Beautiful Bill – die US-Schuldenkrise findet nicht statt

Die US-Staatsverschuldung steigt auf ein neues Rekordniveau. Gunther Schnabl vergleicht den Umgang mit Schulden in den USA, Japan und Europa – und fragt, wie ernst die Lage wirklich ist.

Die Staatsverschuldung liegt in den USA bei gut 37 Billionen Dollar beziehungsweise bei 123 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Das „One, Big, Beautiful Bill“ von Donald Trump dürfte sie in den nächsten zehn Jahren um weitere 3,3 Billionen Dollar nach oben treiben. Einschließlich des bereits bestehenden Defizits von 1,9 Billionen könnte der Schuldenstand der USA bis 2025 auf knapp 60 Billionen Dollar steigen.

Die Zinslast der US-Bundesregierung würde von 1,1 Billionen auf 1,8 Billionen Dollar 2035 wachsen, schätzt das unabhängige Congressional Budget Office. Das ist gigantisch. Droht jetzt eine Schuldenkrise im Zentrum der Weltfinanzmärkte?

In Japan liegt derweil die Staatsverschuldung als Anteil am BIP bei 235 Prozent. Eine Staatsschuldenkrise ist ausgeblieben, weil die Bank von Japan rund die Hälfte der ausstehenden Staatsanleihen gekauft und so die Zinslasten des Staates unter Kontrolle gehalten hat.

Die Inflation blieb moderat, auch weil die Regierung mit zusätzlichen schuldenfinanzierten Ausgabenspielräumen viele Güter subventioniert hat. Allerdings haben die dauerhaft niedrigen Zinsen Japans Wirtschaft träge gemacht, sodass seit Langem die durchschnittlichen realen Löhne sinken.

Selig scheint hingegen das Euroland, wo die Staatsverschuldung bei nur 88 Prozent des BIP liegt. Allerdings liegt sie in Spanien (102 Prozent), Frankreich (113 Prozent) und Italien (135 Prozent) viel höher. Deutschland, das mit circa 64 Prozent den Durchschnitt niedrig gehalten hat, will mit der Aufweichung seiner Schuldenbremse den Rückstand nun schnell wettmachen.

Die Europäische Zentralbank hat sich mit dem sogenannten Transmissionsschutzinstrument schon bereit gemacht, im Falle einer neuen Schuldenkrise die Staatsanleihen von Krisenländern aufzukaufen.

In allen drei Währungsräumen setzt die Politik also nach wie vor auf schuldenfinanzierte Staatsausgaben. Dennoch gibt es Unterschiede. In Japan und der EU scheinen die schnell alternden Gesellschaften die für solide Staatsfinanzen notwendigen Reformen nicht zuzulassen.

Innerhalb des US-Budgets bewegt sich hingegen etwas. Während die Ausgaben für die Gesundheitsversorgung um 1,1 Billionen über zehn Jahre hinweg sinken sollen, entsteht das zusätzliche Defizit durch Steuersenkungen in Höhe von 4,5 Billionen.

Das Congressional Budget Office geht bei einem angenommenen Wachstum von durchschnittlich rund 1,8 Prozent und einer Inflationsrate von zwei Prozent davon aus, dass die Staatsverschuldung der USA bis 2035 auf 135 Prozent des BIP steigen wird – also auf das heutige Niveau von Italien. Im Gegensatz zu Italien profitieren die USA aber als Weltleitwährungsland davon, dass weltweit Zentralbanken US-Staatsanleihen als Reserven halten, was eine hohe Verschuldung erleichtert.

Steigt zudem das Wachstum aufgrund der Steuersenkungen auf durchschnittlich 2,6 Prozent – oder ist die Inflation höher –, dann bliebe die US-Staatsverschuldung als Anteil vom BIP bis 2035 weitgehend konstant. Zölle werden zusätzliche Einnahmen bringen.

Die US-amerikanische Staatsverschuldung scheint damit unter Kontrolle. Die US-Staatsschuldenkrise findet auch unter Donald Trump nicht statt, während das in Japan und Europa nicht so sicher ist.

Briefings wie CEO.Table per E-Mail erhalten

Keine Bankdaten. Keine automatische Verlängerung.

Sie haben bereits das Table.Briefing Abonnement?

Anmelden

Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025

Teilen
Kopiert!