das Massaker von Butscha, bei dem mutmaßlich zahlreiche Zivilisten von russischen Truppen getötet worden sind, hat die europäische Debatte um ein Embargo von russischen Energieträgern weiter angefacht. Nach wie vor sieht die Bundesregierung allerdings keinen Weg vorbei an russischem Gas. Bei Öl und Kohle lägen die Dinge weniger eindeutig, schreibt Till Hoppe in seiner Analyse.
Um von russischem Öl und Gas loszukommen, muss weltweit kurzfristig in die fossile Infrastruktur investiert werden. Damit rückt das 1,5-Grad-Ziel in noch weitere Ferne. Das geht aus dem dritten und entscheidenden IPCC-Teilbericht hervor, der gestern vorgestellt wurde. Manuel Berkel hat den Bericht für Europe.Table analysiert.
Die Wiederwahl von Viktor Orbán zum Ministerpräsidenten Ungarns stieß in Brüssel auf Schweigen. Man maße sich kein Urteil zu nationalen Wahlen an, hieß es. Zugleich blieben aber auch die Glückwünsche an den Wahlsieger aus. Stattdessen will die EU-Kommission ein Verfahren nach dem neuen Rechtsstaatsmechanismus auf den Weg bringen, wie Sie in der Analyse zum Thema lesen können.
Auch in Serbien wurde gewählt. Auch hier gab es keine Überraschung beim Ausgang der Präsidentschaftswahl: Der Sieger heißt Aleksandar Vučić und ist Amtsinhaber seit 2017. Kein Wunder, der serbische Nationalist kontrolliert, wie sein Amtskollege Viktor Orbán, fast alles im Land. Mehr dazu lesen Sie in den News.
Im Standpunkt schreibt Michael Müller-Görnert, verkehrspolitischer Sprecher des Verkehrsclub Deutschlands (VCD), warum die CO2-Grenzwerte für Neuwagen und das EU-weite Ausstiegsdatum für Verbrenner, festgeschrieben im “Fit for 55”-Paket der EU-Kommission, nicht ambitioniert genug sind. Verbände wie der VCD fordern bereits für das kommende Jahr ein strengeres Zwischenziel.
Nach den Gräueltaten von Butscha gewinnt die Diskussion über schärfere Sanktionen gegen Russland an Fahrt. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sprach sich gestern dafür aus, die Einfuhren von russischem Erdöl und von Kohle ins Visier zu nehmen. Er erhöht damit den Druck auf die Bundesregierung, zahlreiche andere Mitgliedstaaten unterstützen solche Schritte.
Finanzminister Christian Lindner schloss gestern nur einen kurzfristigen Importstopp von Erdgas aus. “Wir unterstützen weitere Sanktionen gegen Russland”, sagte er vor einem Treffen der Euro-Gruppe. Aber man müsse differenzieren zwischen Gas, Kohle und Öl, denn diese zu ersetzen dauere unterschiedlich lange. “Gas ist kurzfristig nicht substituierbar”, so Lindner.
Die EU-Kommission arbeitet bereits seit dem jüngsten EU-Gipfel an Vorschlägen für ein fünftes Sanktionspaket (Europe.Table berichtete). Dieses soll nun im Lichte der Ereignisse in den Vororten von Kiew angepasst werden. Aus Sicht der Kommission lägen alle Optionen auf dem Tisch, sagte Vizepräsident Valdis Dombrovskis. Er hoffe, dass die Mitgliedstaaten sich auf ein weitreichendes Sanktionspaket einigen könnten, sagte der Lette. “Wir müssen mehr tun, um diesen Krieg zu stoppen.”
In Brüssel und Luxemburg werden unterschiedliche Optionen diskutiert. Eine Alternative wäre die schrittweise Einführung der Sanktionen gegen Öl und Kohle aus Russland, oder zunächst auch nur gegen Kohle. Ebenfalls geprüft wird ein hoher Einfuhrzoll auf die beiden Energieträger.
Letzteres wäre laut einer Analyse des französischen Sachverständigenrates Conseil d’Analyse Economique sogar wirksamer als ein Einfuhrverbot. Demnach würde ein Strafzoll von 40 Prozent die Einfuhrmengen um etwa 80 Prozent senken. Die verbleibenden 20 Prozent würden an die Länder gehen, die am stärksten von den russischen Lieferungen abhängig seien.
Selbst ein kompletter Stopp russischer Energielieferungen – inklusive Gas – wäre laut CAE verkraftbar, auch für Deutschland. Demnach würde das deutsche Bruttoinlandsprodukt im pessimistischsten Szenario um bis zu drei Prozent fallen. Für Frankreich wären die Folgen mit einem Minus von bis zu 0,3 Prozent weit weniger dramatisch, für Litauen, Bulgarien, die Slowakei, Finnland oder Tschechien hingegen deutlich größer: Hier könne es einen Einbruch von bis zu fünf Prozent geben.
Auch Dombrovskis hält einen vollständigen Importstopp für wirtschaftlich verkraftbar. Man habe die unterschiedlichen Szenarien analysiert, sagte er. Auch bei einem Gas-Embargo gegen Russland sei die Schlussfolgerung der EU, “dass es nicht ohne Probleme geht, aber möglich ist, mit einer solchen Situation umzugehen”. Die Kommission gehe derzeit davon aus, dass der Krieg in der Ukraine zu einer beträchtlichen Abschwächung des Wirtschaftswachstums in der EU führen werde, aber nicht zu einer Rezession. Am 16. Mai will die Behörde ihre neue Konjunkturprognose vorstellen.
Einen Stopp der Gaslieferungen aber lehnen neben Deutschland auch etliche andere Länder ab, etwa Österreich, Bulgarien, Griechenland und die Niederlande. Bei Öl und Kohle fällt der Widerstand deutlich geringer aus. Die Niederlande etwa sehen dort Spielraum.
Die belgische Regierung unterstützt inzwischen einen Einfuhrstopp für Öl. “Wir müssen sehen, was die Kommission vorschlägt, aber Belgien wird sich dem sicherlich nicht entgegenstellen”, sagte Finanzminister Vincent van Peteghem. Beim jüngsten EU-Gipfel in Brüssel hatte sich Belgien wie Frankreich und Deutschland noch dagegen ausgesprochen, die Energielieferungen aus Russland zu sanktionieren.
Auch die US-Regierung will diese Woche in Abstimmung mit der EU neue Sanktionen beschließen. In Butscha und anderen Vororten der ukrainischen Hauptstadt Kiew waren am Wochenende nach dem Rückzug der russischen Truppen Hunderte Leichen entdeckt worden. Westliche Spitzenpolitiker geben Russland die Verantwortung dafür.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte an, Ermittlungsteams in die Ukraine zu schicken, um die mutmaßlichen Kriegsverbrechen aufzuklären. Die EU-Justizbehörde Eurojust und die Strafverfolgungsbehörde Europol seien zu Unterstützung bereit, eine gemeinsame Ermittlungsgruppe solle Beweise sammeln und Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit aufklären.
Russlands Außenminister Sergej Lawrow sprach von einer Inszenierung durch die Ukraine, um Russland zu schaden. Die Bundesregierung prüft nach Angaben von Außenministerin Annalena Baerbock die Lieferung weiterer Verteidigungssysteme an Kiew. Die Grünen-Politikerin kündigte zudem die Ausweisung von 40 russischen Diplomaten an. Auch Frankreich will zahlreiche Diplomaten ausweisen. mit Material von dpa/rtr
Immer wieder hatten Klimaschützer seit Beginn des russischen Überfalls vor einem Rückschlag für die globale Dekarbonisierung gewarnt. Mit all den Ankündigungen für neue Gasbohrungen, LNG-Terminals und die Rückkehr wichtiger Öllieferanten würden die Klimaziele in weite Ferne rücken. Gestern stellte nun der Weltklimarat IPCC seinen entscheidenden neuen Teilbericht zu Minderungsszenarien für Treibhausgase vor.
Auch wenn die langen Verfahren des wissenschaftlichen Gremiums keinen direkten Bezug zu aktuellen politischen Entwicklungen zulassen, ist die Tendenz des Berichts doch klar: Die prognostizierten CO2-Emissionen der existierenden und geplanten fossilen Infrastruktur würden das verbleibende Budget für 1,5 Grad um 150 Gigatonnen CO2 übersteigen und fast den gesamten Spielraum für eine Erwärmung um 2 Grad ausschöpfen – und zwar ohne die Emissionen aus anderen Sektoren.
Allerdings sind mehrere Einschränkungen zu bedenken. Die Aussagen beziehen sich größtenteils auf den Einsatz fossiler Brennstoffe in der Stromerzeugung und nicht auf Wärmeversorgung, Industrie und Verkehr, wo der Löwenanteil des Gas- und Ölverbrauchs anfällt. Um den Emissionen der Infrastruktur gegenzusteuern, könnten Gas- und Kohlekraftwerke außerdem früher stillgelegt, während ihrer Laufzeit schwächer ausgelastet oder mit Technologien zur CO2-Abscheidung ausgerüstet werden.
Die Warnung des Weltklimarats ist aber eindeutig: “Der fortdauernde Aufbau von Infrastruktur für fossile Brennstoffe ohne CO2-Abscheidung wird einen Lock-in von Treibhausgasemissionen mit sich bringen.” Schränkt die Weltwirtschaft dagegen die Nutzung fossiler Brennstoffe konsequent ein, würde dies gewaltige Vermögenswerte unbrauchbar machen. Nach den Berechnungen des IPCC setzen sich die Kosten für diese stranded assets zum einen aus den fossilen Rohstoffen zusammen, die im Boden bleiben, und zum anderen aus der nicht mehr nutzbaren Infrastruktur.
Schon wenn die Erderwärmung auf 2 Grad begrenzt werden soll, würden laut IPCC zwischen 2015 und 2050 globale fossile Vermögenswerte in Höhe von ein bis vier Billionen US-Dollar unbrauchbar. Bei einer Begrenzung auf 1,5 Grad wären die Werte noch höher. Kohlewerte könnten laut Weltklimarat-Bericht schon bis 2030 an Wert verlieren. Der Verbrauch von Öl und Gas müsste bis zur Mitte des Jahrhunderts um 60 beziehungsweise 70 Prozent gegenüber 2019 sinken, um 1,5 Grad noch einzuhalten. Mit CO2-Abscheidung müsste der Gasverbrauch nur um 45 Prozent zurückgehen.
Gegen Investitionen in Kohle, Öl und Gas wandte sich am Montag auch die Gruppe der 46 am wenigsten entwickelten Länder (LDC). “Es kann keine neue fossile Infrastruktur geben”, teilte die Vorsitzende der Gruppe, Madeleine Diouf Sarr, anlässlich der IPCC-Veröffentlichung mit.
Angesichts explodierender Gaspreise bestehe allerdings die Gefahr, dass gerade Schwellen- und Entwicklungsländer verstärkt in Kohle investierten, warnte gestern die Entwicklungsorganisation Germanwatch. “Wir brauchen mehr Energiewendepartnerschaften der großen Industriestaaten mit Schwellen- und Entwicklungsländern”, sagte Geschäftsführer Christoph Bals.
Für die EU verwies der Abgeordnete Peter Liese (CDU), umweltpolitischer Sprecher der EVP, auf das Ziel, unabhängig von russischen Energieimporten zu werden. “Kurzfristig müssen wir mehr Kohle und Kernkraft nutzen, die Antwort für die Zukunft ist das Fit-for-55-Paket”, teilte Liese mit.
Um die Treibhausgasemissionen zu begrenzen, bleibt der Welt gemäß dem Weltklimarat-Bericht immer weniger Zeit. Spätestens bis 2025 müsse der Peak erreicht sein. Bis 2030 müssten die Emissionen gegenüber 2019 um 27 bis 43 Prozent fallen, um den Temperaturanstieg auf 1,5 bis 2 Grad zu begrenzen.
Nach seinem unerwartet hohen Wahlsieg kann Viktor Orbán in Ungarn vier weitere Jahre nach Gutdünken schalten und walten. Seine rechtsnationale Fidesz-Partei hat 53,1 Prozent der Stimmen erhalten, das reicht nach dem ungarischen Wahlrecht für eine verfassungsändernde Zweidrittelmehrheit in der Volksvertretung. Orbán sprach von einem “riesigen Sieg, so riesig, dass man ihn sogar vom Mond sehen kann”.
Die EU-Verantwortlichen reagierten hingegen mit eisernem Schweigen. “Wir maßen uns kein Urteil zu nationalen Wahlen an”, erklärte ein Sprecher von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Auch Ratspräsident Charles Michel schwieg. Die üblichen Glückwünsche an den Wahlsieger blieben aus.
Sie hatten wohl auf einen anderen Wahlausgang gehofft. Für seinen klaren Sieg der Wahlen in Ungarn habe Orbán aber “seine Macht so umfassend wie noch nie missbraucht”, kritisierte die Vizepräsidentin des EU-Parlaments, Katarina Barley (SPD). Die EU-Kommission trage eine Mitschuld, da sie es versäumt habe, gegen Rechtsstaatsverstöße in Ungarn vorzugehen. Dies sei ein “kolossaler Fehler” gewesen, sagte Barley, die mit von der Leyen befreundet ist.
Allerdings deutet sich nun ein Kurswechsel an. Nach Informationen von Europe.Table will die EU-Kommission noch in dieser Woche ein Verfahren nach dem neuen Rechtsstaatsmechanismus auf den Weg bringen. Budgetkommissar Johannes Hahn bereite die nötigen Schritte vor, hieß es in EU-Kreisen.
Bereits heute oder morgen soll die Entscheidung fallen. Bis zu einem Entzug von EU-Mitteln ist es allerdings noch ein weiter Weg. Wenn die Kommission wirklich das mehrstufige Verfahren einleitet, dürften bis zur Verhängung von Sanktionen sieben bis neun Monate vergehen.
Der neue Rechtsstaatsmechanismus allein kann das autoritäre Gebaren aber kaum stoppen. Ermutigt durch die erneute Bestätigung an der Urne, dürfte Premier Orbán in Ungarn weiter demokratische Rechte abbauen. Die Unabhängigkeit der Justiz, der Medien, der Wissenschaft, der Schulen und der Kultur dürften weiter eingeschränkt werden.
Bislang konnte Orbán die Zahlungen aus Brüssel für den eigenen Machtausbau einsetzen. Die enge Verzahnung zwischen der Fidesz und ihren Unternehmerfreunden wäre ohne den Geldsegen aus Brüssel nicht vorstellbar. Lange Zeit begriff Orbán die Europäische Union als Geldautomat, von dem er immer größere Summen abheben konnte.
Das könnte sich mit der Rechtsstaatskonditionalität zumindest ein Stück weit ändern. Anfang vergangenen Jahres ist der Mechanismus in Kraft getreten, um Verstöße gegen europäische Werte und den EU-Haushalt finanziell zu ahnden. Zudem hält die Kommission sieben Milliarden Euro für Ungarn aus dem Corona-Aufbaufonds zurück. Das tut dem Land mit seinen 9,8 Millionen Einwohnern weh.
Doch die Schmerzen werden Orbán kaum aufhalten. Mit Orbáns Triumph vom Sonntag ist seine Macht noch mehr gefestigt. Der 58-Jährige wird auch in vier Jahren zur Wiederwahl antreten. Daran zweifeln selbst Optimisten in Budapest nicht.
Damit stellt sich die politische Frage: Will die Europäische Union das Orbán-Ungarn auf Dauer als Mitglied behalten? Auch wenn die EU-Verträge keinen Ausschluss vorsehen, so könnte das Einfrieren der Mitgliedschaft eine Option sein. Die EU kann es sich auf Dauer nicht leisten, dass ein Mitgliedstaat ein intolerantes, autoritäres Gegenmodell zur freiheitlichen Demokratie aufbaut. Nach zwölf Jahren Orbán ist die ungarische Demokratie mehr Kulisse als Realität.
Mit der bitteren Niederlage der oppositionellen Sechs-Parteien-Allianz “In Einheit für Ungarn” (Egységben Magyarországert) wird die ohnehin fragile Allianz von rechts über liberal bis links vermutlich zerbrechen. Die Rechtsextremen haben es mit ihrer Partei “Unsere Heimat Bewegung” (Mi Hazánk Mozgalom) hingegen überraschend geschafft, die Fünf-Prozent-Hürde zu nehmen.
Der dauerhafte Verbleib Ungarns stellt auch den Zusammenhalt der EU nach außen infrage. Ungarn ist das einzige Mitgliedsland, das Waffenlieferungen an die Ukraine über sein Staatsgebiet verhindert. Orbán äußerst sich gerne verächtlich über den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskij. Entlarvend ist, dass ausgerechnet Wladimir Putin zu den ersten Gratulanten zählte.
Die indirekte Russlandtreue des ungarischen Premiers stellt aber das Visegrád-Bündnis aus Polen, Ungarn, der Slowakei und Tschechien infrage. Polen ist angesichts der Haltung im Ukraine-Krieg zu Ungarn auf Distanz gegangen. Die Regierung in Bratislava und Prag machen aus ihrem Unverständnis über Budapest keinen Hehl mehr.
Von der Leyen benötigt für den Rechtsstaatsmechanismus die Unterstützung einer qualifizierten Mehrheit unter den Mitgliedstaaten. Die Zeiten, in denen schärfere Maßnahmen gegen Ungarn am Veto des Quartetts scheitern, dürften seit dem Kriegsausbruch vorbei sein. Auch vor diesem Hintergrund wäre das “Einfrieren” der EU-Mitgliedschaft Ungarns eine Option.
Ähnlich wie im Fall Russlands hat die deutsche Wirtschaft bisher keinen nachhaltigen Beitrag geleistet, die “illiberale Demokratie” Orbáns zu schwächen. Im Gegenteil, die Konzerne von Volkswagen/Audi über Mercedes und BMW bis zu Bosch und Siemens stützen das System indirekt.
Die deutschen Autobauer fühlen sich im Land sehr wohl. Sie schätzen die staatliche Unterstützung mit niedrigen Steuern und großzügigen Subventionen. Die Regierung in Budapest und die lokale Ebene liest den deutschen Investoren ihre Wünsche von den Lippen ab. Schließlich verdankt Ungarn ein Fünftel aller Exporte der Autoindustrie. Mit Eric Bonse
06.04.2022 – 09:00-16:00 Uhr, online
ECB, EC, Conference An EU financial system for the future
The European Central Bank (ECB) and European Commission (EC) will be presenting reports on European financial integration and stability, and will address current challenges. INFOS
06.04.2022 – 09:00-16:00 Uhr, online
Conference E-Health Conference 2022
Themen der digitalen Gesundheitskonferenz sind unter anderem die Digitale Gesundheitsakte (DEGA), die Elektronische Patientenakte (ePa), Gesundheits-Apps (DIGA), das Strategiepapier 2025 und IT- und Cybersecurity in Gesundheitssystemen. INFOS & ANMELDUNG
06.04.2022 – 09:30-10:30 Uhr, online
Eurogas, Panel Discussion RepowerEU: Where should the gas sector be going?
This Eurogas event will focus on the diversification of natural gas supply, the development of gas from renewable sources, hydrogen and the increasing importance of gas storage. INFOS & REGISTRATION
06.04.2022 – 10:00-11:45 Uhr, online
FRA, Seminar European Citizens’ Initiative: how can civil society organisations make use of it
This Fundamental Rights Agency (FRA) seminar will explain the European Citizens’ Initiative (ECI) and discuss how to use citizens’ initiatives for involvement of active citizens in policymaking. INFOS & REGISTRATION
06.04.2022 – 11:30-12:15 Uhr, online
BVMW, Seminar Energiekosten senken und Klimatransformation vorantreiben
Die Referenten des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW) zeigen energieintensiven Unternehmen, wie der CO2-Fußabdruck reduziert, die Energieverbräuche optimiert und Energiekosten gesenkt werden können. INFOS & ANMELDUNG
06.04.2022 – 14:00-15:30 Uhr, online
FSR, Discussion A Regulatory Framework for Gas Storage
The Florence School of Regulation (FSR) speakers will discuss the envisaged gas storage obligation and possibilities for EU storage policy. INFOS & REGISTRATION
06.04.2022 – 14:00-21:30 Uhr, Berlin/online
HBS, Conference Bosnia Forum 2022
At the Heinrich Böll Foundation’s (HBS) Bosnia Forum, the current situation in Bosnia and Herzegovina 30 years after the start of the war will be discussed, including the current war in Ukraine. INFOS & REGISTRATION
07.04.2022 – 10:00-10:45 Uhr, online
BVMW, Seminar Digitalisierung im laufenden Projekt
Bei der Veranstaltung des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW) wird erläutert, wie Fehler und Problematiken erkannt, mithilfe von KI gelöst und bessere Ergebnisse erzielt werden können. INFOS & ANMELDUNG
07.04.2022 – 10:00-11:45 Uhr, online
ESWET, Seminar Pollution and Waste-to-Energy: Myth or Reality?
This seminar, hosted by the European Suppliers of Waste-to-Energy Technology (ESWET), will address regulations, measurement techniques, and ways to avoid emissions generated by waste-to-energy facilities. INFOS & REGISTRATION
07.04.2022 – 12:00-13:00 Uhr, online
FSR, Seminar Linking Emissions Trading Systems Research Insights from LIFE DICET
This Florence School of Regulation (FSR) seminar refers to the research findings of the LIFE DICET (Deepening International Cooperation for Emissions Trading) project and addresses the regulation of carbon markets and the implications for their potential integration. INFOS & REGISTRATION
07.04.2022 – 12:00-18:00 Uhr, Köln/online
Deutsche Medienakademie, Podiumsdiskussion EDGE: Local versus Global Cloud?
Im Zusammenhang mit einer von der Deutschen Medienakademie und German ICT & Media Institute durchgeführten Edge-Studie werden die Referent:innen Vorteile von globalen sowie lokalen Clouds diskutieren. INFOS & ANMELDUNG
07.04.2022 – 13:30-19:30 Uhr, Schwäbisch Hall
Umwelttechnik BW, Konferenz Forum Umwelttechnik: Digitalisierung für die Umwelttechnik – Chancen für Unternehmen
Bei dieser Veranstaltung werden Digitalisierung und Nachhaltigkeit, die Digitalisierung in der Kreislaufwirtschaft und Chancen der Digitalisierung zur Minderung von Emissionen thematisiert. INFOS & ANMELDUNG
07.04.2022 – 15:00-17:00 Uhr, online
Mittelstand 4.0, Workshop KI im Gesundheitswesen – Kliniken und medizinische Versorgungszentren
Bei dieser Veranstaltung sollen vor allem die sozio-technischen Aspekte bei der Einführung von Künstlicher Intelligenz (KI) in Kliniken und medizinischen Versorgungszentren betrachtet werden. INFOS & ANMELDUNG
07.04.2022 – 17:00-18:00 Uhr, online
SNV, Diskussion Wie die EU auf Russlands Desinformation reagiert
Lutz Guellner, Leiter der Abteilung Strategische Kommunikation im Auswärtigen Dienst der EU, beantwortet bei der Veranstaltung der Stiftung Neue Verantwortung (SNV) Fragen zur Verbreitung von Desinformation durch Russland und den Möglichkeiten der Desinformationspolitik der EU. INFOS & ANMELDUNG
07.04.2022 – 18:00 Uhr, online
HSS, Seminar Der digitale Mensch im digitalen Europa
Bei dieser Veranstaltung der Hanns-Seidel-Stiftung (HSS) wird es um EU-Maßnahmen zum Schutz und für die Sicherheit von Unternehmen und Bürger:innen auf digitalen Plattformen und Netzwerken gehen. INFOS & ANMELDUNG
07.04.-08.04.2022, Budapest (Ungarn)
Eurogas, Conference Gas Infrastructure Europe Annual Conference
The Gas Infrastructure Europe (GIE) conference offers experts, politicians and media representatives the opportunity for an exchange on the energy transition. INFOS & REGISTRATION
In einem Wahlkampfvideo trat Aleksandar Vučić sogar aus einem Kühlschrank mitten im Wohnzimmer einer Familie in Serbien. Die Botschaft war klar, das Staatsoberhaupt kümmert sich um alles und ist überhaupt omnipräsent. So auch am Wahlabend. Eigentlich verkündet selbst in Serbien die staatliche Wahlkommission das vorläufige Ergebnis. Weil deren Mitglieder aber schon schlafen gegangen waren, rief sich Aleksandar Vučič gleich selber zum Wahlsieger aus.
Das Ergebnis ist keine Überraschung. Das Staatsoberhaupt und seine serbische Fortschrittspartei (SNS) kontrolliert fast alles im Land. Vučić kommt auf 59 Prozent und die Regierungspartei auf 43 Prozent. Serbiens Sozialistische Partei (SPS) steuert als Juniorpartnerin 11,4 Prozent bei, was für eine komfortable Mehrheit im Parlament reicht. Laut der regierungsunabhängigen Organisation Freedom House ist Serbien, immerhin EU-Beitrittskandidat, nur noch “teilweise frei”. In den staatlichen und in den von Vertrauensleuten kontrollierten privaten Medien bekam die chronisch zerstrittene Opposition kaum Sendezeit.
Die EU schaut der Demontage von Demokratie und Medienfreiheit tatenlos zu. Bei einem letzten Besuch in Belgrad lobte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die serbische Führung für deren “Reformeifer”. Allerdings hat Serbien zuletzt mehr Rückschritte als Fortschritte gemacht. Seit dem Start im Jahr 2014 wurden von 35 Verhandlungskapiteln 22 geöffnet, aber bisher nur zwei geschlossen und dies auch nur vorläufig. In den jährlichen Fortschrittsberichten versucht Erweiterungskommissar Olivér Várhelyi, Statthalter von Viktor Orbán in Brüssel, die rechtsstaatlichen Rückschritte herunterzuspielen.
Gegenüber Besuchern aus der EU präsentiert sich Serbiens Präsident Aleksandar Vučić gerne als Proeuropäer und als Garant für Stabilität in der Region. Gleichzeitig pflegt der ehemalige Propagandaminister von Diktator Slobodan Milosevic gute Beziehungen nach Peking und Moskau. Als einer von wenigen Staats- und Regierungschefs reiste Serbiens Präsident noch im Februar zur Eröffnung der olympischen Spiele, um in Peking bei einem Treffen mit seinem Amtskollegen Xi Jinping die “eiserne Freundschaft” zwischen den beiden Ländern zu feiern.
Gleichzeitig hat Serbien als eines der wenigen Länder in Europa bisher keine Sanktionen gegen Russland verhängt. Eigentlich wäre das Land als Beitrittskandidat dazu verpflichtet. EU-Abgeordnete von der liberalen Fraktion Renew Europe haben die Kommission deshalb aufgerufen, die Beitrittsverhandlungen mit Belgrad zu suspendieren (Europe.Table berichtete) und auch die damit verbundenen Finanzmittel einzufrieren. Seine Regierung werde sich der “antirussischen Hysterie” des Westens nicht anschließen, sagte Vučićs Innenminister.
Serbien ist fast vollständig von russischem Gas abhängig. Seit 2008 ist Gazprom zudem Mehrheitsaktionär bei Serbiens ehemals staatlichem Ölkonzern NIS. Die Abhängigkeit ist seit der Eröffnung 2020 der vom russischen Gaskonzern finanzierten Turkstream Pipeline noch zementiert. Im Herbst vergangenen Jahres reiste Aleksander Vučić für ein Treffen mit Vladimir Putin nach Sotschi, um dort mit Blick auf die Wahlen um niedrigere Gaspreise zu bitten.
Chinas und Russlands autoritäre Regime sind in Serbien populärer als die EU, obwohl europäische Unternehmen mit Abstand wichtigste Handels- und Investitionspartner sind und Belgrad als Beitrittskandidat vom Milliardenüberweisungen aus Brüssel profitiert. Die Schaukelpolitik hat sich für Serbiens Präsidenten ausbezahlt. Im Wahlkampf war er mit dem Slogan “Frieden, Stabilität, Vučić” angetreten und präsentierte sich als Garant für Stabilität in unsicheren Zeiten.
Chronische Korruptionsvorwürfe oder Gerüchte über Verbindungen enger Vertrauter ins Milieu der organisierten Kriminalität rückten in den Hintergrund. Ähnlich wie die Umweltproteste gegen eine geplante Lithium-Mine, wo die Regierung dem britisch-australischen Konzern Rio Tinto im letzten Moment die Lizenz entzog und so den Konflikt noch rechtzeitig vor der Wahl entschärfen konnte. Stephan Israel
Seit Jahren pflegt Elon Musk eine Hassliebe zu Twitter: Auf der einen Seite nutzt der Unternehmer seine Popularität auf der Plattform zur Selbstinszenierung – so sehr, dass es ihm schon Ärger mit der US-Börsenaufsicht einbrachte. Auf der anderen Seite ist Musk mit Twitters Unternehmenspolitik regelmäßig unzufrieden. Nun hat Elon Musk sich 9,2 Prozent der Aktien am Unternehmen zugelegt – und wird damit größter und einflussreicher Einzelaktionär von Twitter.
Als der Tesla und SpaceX-Gründer Ende März seinen Twitterfollowern die Frage stellte, ob diese glaubten, dass sich die Social Media-Plattform ausreichend für Redefreiheit einsetze, gaben 2 Millionen Twitternutzer ihre Stimme ab – 70,4 Prozent meinten: Nein. “Redefreiheit ist essenziell für eine funktionierende Demokratie“, hatte Musk über die Umfrage geschrieben. Und als Nachsatz ergänzt: “Die Konsequenzen dieser Abstimmung werden gewichtig sein. Bitte sorgsam abstimmen.” Der exzentrische Milliardär ergänzte am Folgetag: “Da Twitter als de facto-Marktplatz dient, ohne dabei die Prinzipien der Redefreiheit zu achten, wird die Demokratie ausgehöhlt.” Und fragte dann öffentlich, natürlich ebenfalls auf Twitter, ob es eine neue Plattform brauche.
Kritik an Twitters Verhalten bei Konten- und Inhaltesperrungen äußert Musk schon lange. Musk versteht sich als Verfechter einer radikalen Redefreiheit – so sehr, dass Donald Trump Jr. ihn nach dem Sperren des einstigen US-Präsidenten Donald Trump vor einem Jahr dazu aufforderte, doch bitte eine Alternativplattform zu gründen. Die gibt es mit Gettr inzwischen – allerdings ohne offizielle Beteiligung von Musk. Und Gettr, der Twitter-Klon aus dem Trump-Universum, erreicht bei weitem nicht die Anzahl Nutzer, die Twitter erreicht. Musks nun bekanntgegebener Anteilskauf könnte die Firma nun in einige Schwierigkeiten bringen.
Denn Twitter muss sich rund um den Globus zu Gesetzgebung verhalten, die der Plattform Pflichten zur Inhaltemoderation auferlegen. Grundsätzlich gesperrt ist die Plattform unter anderem in Russland, China, Iran und Myanmar. Aber auch in anderen Ländern wird Twitter immer wieder von Regierungen gesperrt, bis Januar 2022 etwa für sieben Monate in Nigeria, nachdem die Firma entsprechend ihrer eigenen Regeln einen Post des nigerianischen Präsidenten Muhammadu Buhari entfernt hatte. Am Ende unterwarf sich Twitter den Forderungen der Regierung in Abuja.
Im Regelfall verlangen Regierungsstellen jedoch eher, dass missliebige oder nach örtlichen Gesetzen verbotene Inhalte entfernt werden. So unterliegt auch Twitter etwa dem deutschen Netzwerkdurchsetzungsgesetz und würde künftig auch den Regeln des Digital Services Act unterliegen. Diese würden in ihrem letzten bekannten Entwurfsstadium potenziell alle nationalen Meinungsäußerungsstraftaten in der EU und weitergehende Pflichten zur Inhalteentfernung umfassen als das deutsche NetzDG.
Parallel wird in den USA darum gestritten, inwiefern Plattformen wie Twitter oder Facebook auch künftig gemäß der sogenannten Section 230 von einer Haftung für illegale Inhalte freigestellt bleiben sollen. Diese Debatte wird insbesondere seit den Ereignissen rund um das Kapitol im Januar 2021 geführt. Seitdem wird den Plattformbetreibern vorgeworfen, Aufrufe zum gewaltsamen Umsturz nicht unterbunden oder gar aktiv mit ihren Interaktionen-optimierten Algorithmen befördert zu haben (Europe.Table berichtete).
In diese regulatorische Debatte mischt sich Musk, der selbst ernannte Freie-Rede-Aktivist, nun als Großaktionär der Plattform ein – Ausgang ungewiss, weitere Tweets gewiss. fst
Zur Sicherung der Gasversorgung greift Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck mit einem noch nie genutzten Instrument in die Eigentumsverhältnisse eines Gas-Unternehmens ein. Der Grünen-Politiker stellte am Montag das bisherige Deutschland-Geschäft des russischen Gaskonzerns Gazprom unter die Treuhandschaft der Bundesnetzagentur. Die Bundesbehörde nimmt befristet bis zum 30. September alle Stimmrechte aus Geschäftsanteilen an der Gazprom Germania wahr. Das entspricht noch keiner Enteignung.
Aber die Behörde ist damit gegenüber der Geschäftsführung weisungsbefugt. Über die Töchter Wingas und Astora betreibt Gazprom Germania Gashandel und den größten deutschen Erdgasspeicher in Rehden. Habeck greift auf einen Paragrafen im Außenwirtschaftsgesetz zurück.
Die Einsetzung einer Treuhandschaft ist demnach möglich zur Abwendung einer Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit. “Die Bundesregierung tut das Notwendige, um die Versorgungssicherheit in Deutschland zu gewährleisten”, sagte Habeck mit Blick auf das russische Präsidialamt in Moskau. “Dazu zählt auch, dass wir Energieinfrastrukturen in Deutschland nicht willkürlichen Entscheidungen des Kremls aussetzen.”
Habeck begründete den Eingriff des Staates mit unklaren Besitzverhältnissen bei der Gazprom Germania und damit, dass sein Ministerium nicht die erforderliche Zustimmung zum Erwerb erteilt habe. Dem Ministerium sei der mittelbare Erwerb durch eine unbekannte Gesellschaft JSC Palmary und Gazprom export business services LLC zu Kenntnis gelangt.
Unklar sei, wer wirtschaftlich und rechtlich hinter diesen Unternehmen stehe. Der Erwerber habe zudem die Liquidierung von Gazprom Germania angeordnet, was nicht rechtmäßig sei, da der Erwerb nicht genehmigt worden sei. Der russische Mutterkonzern hatte am Freitag angekündigt, die Gazprom Germania aufzugeben, ohne Details zu nennen.
Durch die Treuhänderschaft erhält die Bundesnetzagentur nun rechtlich auch die Möglichkeit, eine stärkere Befüllung der Gasspeicher anzuweisen, soweit Gas dafür verfügbar ist. Eine Reaktion aus Russland stand am Montagabend noch aus. rtr
Die österreichische Erdgas-Handelsplattform Central European Gas Hub (CEGH) wird künftig auf der neu geschaffenen CEGH GreenGas Platform mit grünen Gasen handeln. Die Plattform ermöglicht den Kauf oder Verkauf von Biomethan-Herkunftsnachweisen (HKNs) oder Biomethan mit oder ohne Herkunftsnachweisen. Sobald grüner Wasserstoff am Markt zur Verfügung stehe, werde auch dieser auf der Plattform handelbar sein, teilte CEGH am Montag mit.
Die CEGH GreenGas Platform werde schrittweise auf den Handel mit grünen Gasen in anderen zentral- und osteuropäischen Ländern ausgeweitet, so die Mitteilung auf der Webseite. CEGH arbeitet dafür mit EEX, der europäischen Energiebörse in Leipzig, zusammen. Grüne Gase wie Biogas und grüner Wasserstoff sollen einen wichtigen Teil zur Dekarbonisierung des Energiesystems beitragen. klm
Der chinesische Batteriehersteller CATL wird die Produktion in seinem neuen Werk im thüringischen Arnstadt in der zweiten Jahreshälfte hochfahren. “Wir sind im Endspurt”, sagte CATL-Europapräsident Matthias Zentgraf am Montag in Arnstadt beim Erhalt einer Betriebsgenehmigung des Landes Thüringen für die erste Ausbaustufe des Werkes.
Diese hat eine Kapazität von zunächst 8 Gigawattstunden. Das entspreche einer Jahreskapazität an Batterien für etwa 120.000 E-Autos, sagte Zentgraf der dpa. Das Werk werde alle großen deutschen Automobilhersteller mit Batteriezellen für ihre E-Autos beliefern.
Bis Jahresende sollen nach seinen Angaben 1500 Mitarbeiter aus der Region eingestellt sein. Hinzu kämen einige hundert Fachleute aus China, die bei der Installation der Produktionsanlagen und in der Startphase der Fertigung eingesetzt seien, aber nicht dauerhaft blieben. Bereits an Bord seien etwa 500 Arbeitnehmer aus der Region.
Nach Einschätzung von Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) hatte die Investitionsentscheidung des chinesischen Konzerns eine Signalwirkung für den Industriestandort Ostdeutschland. Beispielsweise Intel habe sich bei seiner Entscheidung für Magdeburg auch auf CATL bezogen. Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider, nannte die Batteriefabrik ein herausragendes Projekt in Ostdeutschland. Zur Ansiedlung habe auch der gute Ruf der Verwaltungen beigetragen, die schnell entschieden, sagte Schneider. dpa
Der Ukraine-Krieg führt uns auf erschreckende Weise vor Augen, welche Auswirkungen unsere Abhängigkeit von fossilen Energieträgern hat. Zu lange haben wir uns darauf verlassen, dass Öl und Gas auch weiterhin fließen, und den Verbrauch immer weiter in die Höhe getrieben – egal, woher die Rohstoffe kommen. Angesichts stark gestiegener Energiepreise und drohender Versorgungsengpässe ist klar: So kann es nicht weitergehen.
Dieselben Rezepte, die für Klimaschutz sorgen – der Ausbau der Erneuerbaren und mehr Effizienz – führen uns auch aus der Energiekrise und der Abhängigkeit vom Öl. Im Verkehrsbereich heißt das: So schnell wie möglich weg vom Öl und hin zu elektrischen Antrieben, sparsamen und effizienten Fahrzeugen und vor allem: Umsteigen auf Bus, Bahn, Rad und Fuß.
Im Fokus steht der Straßenverkehr. Er verursacht etwa ein Viertel aller Treibhausgasemissionen in Europa und hängt noch immer zu über 90 Prozent am Öltropf. Der CO2-Ausstoß ist in diesem Sektor in den letzten 30 Jahren gestiegen, statt zu sinken. Hauptverantwortlich dafür sind immer mehr, immer größere und leistungsstärkere Pkw.
Um den Verbrauch von Pkw zu senken, begrenzt die EU seit 2009 den CO2-Ausstoß von Neuwagen. Zuletzt mussten Autohersteller entsprechende Vorgaben im vergangenen Jahr erfüllen, weitere Grenzwerte treten 2025 und 2030 in Kraft. Dabei gelten die Grenzwerte nicht für das einzelne Fahrzeug, sondern für die Flotte der Neuwagen im Zieljahr. Zwar ist auch der durchschnittliche Verbrauch von Neuwagen seitdem zurückgegangen, entscheidend sind CO2-Flottengrenzwerte für Pkw aber als das zentrale Instrument der EU für die Antriebswende.
Die Regulierung ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass der Anteil von E-Autos an den Neuzulassungen im letzten Jahr deutlich zulegte. In der EU war jeder zehnte Neuwagen ein reines Elektroauto. In Deutschland hat sich der Bestand gegenüber 2020 sogar verdoppelt, und Ende 2021 lag der Anteil der Neuzulassungen bei über 20 Prozent. Das E-Auto verdrängt Benziner und Diesel zunehmend und beschleunigt damit die Dynamik weg vom Verbrennungsmotor. Hinzu kommt: Viele Länder haben inzwischen Ausstiegsdaten für Verbrennungsmotoren festgelegt. Immer mehr Autohersteller kündigen an, ihre Produktion bald komplett auf rein batterieelektrische Pkw umzustellen.
Vor diesem Hintergrund hat die EU-Kommission im Juli 2021 im Rahmen ihres “Fit for 55“-Pakets einen Entwurf zum Nachschärfen der CO2-Flottengrenzwerte für Pkw vorgelegt. Das Ziel für 2030, den CO2-Ausstoß im Schnitt um 37,5 Prozent gegenüber 2021 zu verringern, wurde auf 55 Prozent angehoben. Ab 2035 sollen Neuwagen kein CO2 mehr ausstoßen. Unangetastet blieb hingegen der Grenzwert für 2025 von 15 Prozent.
Positiv am neuen EU-Vorschlag ist, dass erstmals ein EU-weites Enddatum für den Verbrennerausstieg vorgegeben werden soll. Dies gibt Herstellern Planungssicherheit und beschleunigt die Umstellung auf den E-Antrieb. Allerdings ist 2035 zu spät und sind die Vorgaben bis 2030 viel zu schwach. Dies gefährdet das Erreichen des EU-Klimaziels sowie der nationalen Klimavorgaben, da bis 2030 keine zusätzlichen CO2-Reduktionen erfolgen.
Die Beratungen in Brüssel haben begonnen. Traditionell ist es das Europaparlament, das die Vorgaben strenger fassen will. Der federführende Berichterstatter, der niederländische Rechtsliberale Jan Huitema (Europe.Table berichtete), hat vorgeschlagen, den durchschnittlichen Ausstoß der Neuwagen bereits 2025 um 25 Prozent zu verringern, das Ziel für das Jahr 2030 von 55 Prozent auf 75 Prozent anzuheben und ein zusätzliches Zwischenziel von 45 Prozent für 2027 einzuführen. Er bekräftigt das Ziel, dass Neuwagen ab 2035 kein CO2 mehr ausstoßen dürfen.
Ähnliche Vorgaben wollte auch Bundesumweltministerin Steffi Lemke für die deutsche Position vorschlagen, wurde aber von ihrem Kabinettskollegen Volker Wissing und Bundeskanzler Olaf Scholz ausgebremst. Mit Verweis auf den Koalitionsvertrag soll lediglich der Entwurf der EU-Kommission unterstützt werden (Europe.Table berichtete). Die deutsche Position ist zwar im Vergleich zu früher ein Fortschritt – sie reicht aber angesichts der neuen Situation nicht aus.
Wir müssen jetzt umsteuern. Die kommenden Jahre sind entscheidend für den Klimaschutz und für die Abkehr vom Öl. Darum fordern der VCD und andere deutsche Umweltverbände, bereits im kommenden Jahr ein Zwischenziel von Minus 15 Prozent einzuführen, die Vorgabe für 2025 auf 45 Prozent anzuheben und danach bis 2030 jährliche Zwischenziele zu setzen. Neuwagen sollen nach unserem Vorschlag bereits ab 2030 keine Emissionen mehr ausstoßen.
Ambitionierte europäische Pkw-Grenzwerte sind ein entscheidender Hebel für mehr Klimaschutz im Verkehr. Gleichzeitig sind sie unabdingbar, uns schneller vom Öl und von Despotenstaaten unabhängig zu machen. Dies sollte sich die Bundesregierung bewusst machen und ihre Position überdenken. Der Verweis auf den Koalitionsvertrag ist angesichts der Verwerfungen durch den Ukraine-Krieg nicht mehr angemessen.
das Massaker von Butscha, bei dem mutmaßlich zahlreiche Zivilisten von russischen Truppen getötet worden sind, hat die europäische Debatte um ein Embargo von russischen Energieträgern weiter angefacht. Nach wie vor sieht die Bundesregierung allerdings keinen Weg vorbei an russischem Gas. Bei Öl und Kohle lägen die Dinge weniger eindeutig, schreibt Till Hoppe in seiner Analyse.
Um von russischem Öl und Gas loszukommen, muss weltweit kurzfristig in die fossile Infrastruktur investiert werden. Damit rückt das 1,5-Grad-Ziel in noch weitere Ferne. Das geht aus dem dritten und entscheidenden IPCC-Teilbericht hervor, der gestern vorgestellt wurde. Manuel Berkel hat den Bericht für Europe.Table analysiert.
Die Wiederwahl von Viktor Orbán zum Ministerpräsidenten Ungarns stieß in Brüssel auf Schweigen. Man maße sich kein Urteil zu nationalen Wahlen an, hieß es. Zugleich blieben aber auch die Glückwünsche an den Wahlsieger aus. Stattdessen will die EU-Kommission ein Verfahren nach dem neuen Rechtsstaatsmechanismus auf den Weg bringen, wie Sie in der Analyse zum Thema lesen können.
Auch in Serbien wurde gewählt. Auch hier gab es keine Überraschung beim Ausgang der Präsidentschaftswahl: Der Sieger heißt Aleksandar Vučić und ist Amtsinhaber seit 2017. Kein Wunder, der serbische Nationalist kontrolliert, wie sein Amtskollege Viktor Orbán, fast alles im Land. Mehr dazu lesen Sie in den News.
Im Standpunkt schreibt Michael Müller-Görnert, verkehrspolitischer Sprecher des Verkehrsclub Deutschlands (VCD), warum die CO2-Grenzwerte für Neuwagen und das EU-weite Ausstiegsdatum für Verbrenner, festgeschrieben im “Fit for 55”-Paket der EU-Kommission, nicht ambitioniert genug sind. Verbände wie der VCD fordern bereits für das kommende Jahr ein strengeres Zwischenziel.
Nach den Gräueltaten von Butscha gewinnt die Diskussion über schärfere Sanktionen gegen Russland an Fahrt. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sprach sich gestern dafür aus, die Einfuhren von russischem Erdöl und von Kohle ins Visier zu nehmen. Er erhöht damit den Druck auf die Bundesregierung, zahlreiche andere Mitgliedstaaten unterstützen solche Schritte.
Finanzminister Christian Lindner schloss gestern nur einen kurzfristigen Importstopp von Erdgas aus. “Wir unterstützen weitere Sanktionen gegen Russland”, sagte er vor einem Treffen der Euro-Gruppe. Aber man müsse differenzieren zwischen Gas, Kohle und Öl, denn diese zu ersetzen dauere unterschiedlich lange. “Gas ist kurzfristig nicht substituierbar”, so Lindner.
Die EU-Kommission arbeitet bereits seit dem jüngsten EU-Gipfel an Vorschlägen für ein fünftes Sanktionspaket (Europe.Table berichtete). Dieses soll nun im Lichte der Ereignisse in den Vororten von Kiew angepasst werden. Aus Sicht der Kommission lägen alle Optionen auf dem Tisch, sagte Vizepräsident Valdis Dombrovskis. Er hoffe, dass die Mitgliedstaaten sich auf ein weitreichendes Sanktionspaket einigen könnten, sagte der Lette. “Wir müssen mehr tun, um diesen Krieg zu stoppen.”
In Brüssel und Luxemburg werden unterschiedliche Optionen diskutiert. Eine Alternative wäre die schrittweise Einführung der Sanktionen gegen Öl und Kohle aus Russland, oder zunächst auch nur gegen Kohle. Ebenfalls geprüft wird ein hoher Einfuhrzoll auf die beiden Energieträger.
Letzteres wäre laut einer Analyse des französischen Sachverständigenrates Conseil d’Analyse Economique sogar wirksamer als ein Einfuhrverbot. Demnach würde ein Strafzoll von 40 Prozent die Einfuhrmengen um etwa 80 Prozent senken. Die verbleibenden 20 Prozent würden an die Länder gehen, die am stärksten von den russischen Lieferungen abhängig seien.
Selbst ein kompletter Stopp russischer Energielieferungen – inklusive Gas – wäre laut CAE verkraftbar, auch für Deutschland. Demnach würde das deutsche Bruttoinlandsprodukt im pessimistischsten Szenario um bis zu drei Prozent fallen. Für Frankreich wären die Folgen mit einem Minus von bis zu 0,3 Prozent weit weniger dramatisch, für Litauen, Bulgarien, die Slowakei, Finnland oder Tschechien hingegen deutlich größer: Hier könne es einen Einbruch von bis zu fünf Prozent geben.
Auch Dombrovskis hält einen vollständigen Importstopp für wirtschaftlich verkraftbar. Man habe die unterschiedlichen Szenarien analysiert, sagte er. Auch bei einem Gas-Embargo gegen Russland sei die Schlussfolgerung der EU, “dass es nicht ohne Probleme geht, aber möglich ist, mit einer solchen Situation umzugehen”. Die Kommission gehe derzeit davon aus, dass der Krieg in der Ukraine zu einer beträchtlichen Abschwächung des Wirtschaftswachstums in der EU führen werde, aber nicht zu einer Rezession. Am 16. Mai will die Behörde ihre neue Konjunkturprognose vorstellen.
Einen Stopp der Gaslieferungen aber lehnen neben Deutschland auch etliche andere Länder ab, etwa Österreich, Bulgarien, Griechenland und die Niederlande. Bei Öl und Kohle fällt der Widerstand deutlich geringer aus. Die Niederlande etwa sehen dort Spielraum.
Die belgische Regierung unterstützt inzwischen einen Einfuhrstopp für Öl. “Wir müssen sehen, was die Kommission vorschlägt, aber Belgien wird sich dem sicherlich nicht entgegenstellen”, sagte Finanzminister Vincent van Peteghem. Beim jüngsten EU-Gipfel in Brüssel hatte sich Belgien wie Frankreich und Deutschland noch dagegen ausgesprochen, die Energielieferungen aus Russland zu sanktionieren.
Auch die US-Regierung will diese Woche in Abstimmung mit der EU neue Sanktionen beschließen. In Butscha und anderen Vororten der ukrainischen Hauptstadt Kiew waren am Wochenende nach dem Rückzug der russischen Truppen Hunderte Leichen entdeckt worden. Westliche Spitzenpolitiker geben Russland die Verantwortung dafür.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte an, Ermittlungsteams in die Ukraine zu schicken, um die mutmaßlichen Kriegsverbrechen aufzuklären. Die EU-Justizbehörde Eurojust und die Strafverfolgungsbehörde Europol seien zu Unterstützung bereit, eine gemeinsame Ermittlungsgruppe solle Beweise sammeln und Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit aufklären.
Russlands Außenminister Sergej Lawrow sprach von einer Inszenierung durch die Ukraine, um Russland zu schaden. Die Bundesregierung prüft nach Angaben von Außenministerin Annalena Baerbock die Lieferung weiterer Verteidigungssysteme an Kiew. Die Grünen-Politikerin kündigte zudem die Ausweisung von 40 russischen Diplomaten an. Auch Frankreich will zahlreiche Diplomaten ausweisen. mit Material von dpa/rtr
Immer wieder hatten Klimaschützer seit Beginn des russischen Überfalls vor einem Rückschlag für die globale Dekarbonisierung gewarnt. Mit all den Ankündigungen für neue Gasbohrungen, LNG-Terminals und die Rückkehr wichtiger Öllieferanten würden die Klimaziele in weite Ferne rücken. Gestern stellte nun der Weltklimarat IPCC seinen entscheidenden neuen Teilbericht zu Minderungsszenarien für Treibhausgase vor.
Auch wenn die langen Verfahren des wissenschaftlichen Gremiums keinen direkten Bezug zu aktuellen politischen Entwicklungen zulassen, ist die Tendenz des Berichts doch klar: Die prognostizierten CO2-Emissionen der existierenden und geplanten fossilen Infrastruktur würden das verbleibende Budget für 1,5 Grad um 150 Gigatonnen CO2 übersteigen und fast den gesamten Spielraum für eine Erwärmung um 2 Grad ausschöpfen – und zwar ohne die Emissionen aus anderen Sektoren.
Allerdings sind mehrere Einschränkungen zu bedenken. Die Aussagen beziehen sich größtenteils auf den Einsatz fossiler Brennstoffe in der Stromerzeugung und nicht auf Wärmeversorgung, Industrie und Verkehr, wo der Löwenanteil des Gas- und Ölverbrauchs anfällt. Um den Emissionen der Infrastruktur gegenzusteuern, könnten Gas- und Kohlekraftwerke außerdem früher stillgelegt, während ihrer Laufzeit schwächer ausgelastet oder mit Technologien zur CO2-Abscheidung ausgerüstet werden.
Die Warnung des Weltklimarats ist aber eindeutig: “Der fortdauernde Aufbau von Infrastruktur für fossile Brennstoffe ohne CO2-Abscheidung wird einen Lock-in von Treibhausgasemissionen mit sich bringen.” Schränkt die Weltwirtschaft dagegen die Nutzung fossiler Brennstoffe konsequent ein, würde dies gewaltige Vermögenswerte unbrauchbar machen. Nach den Berechnungen des IPCC setzen sich die Kosten für diese stranded assets zum einen aus den fossilen Rohstoffen zusammen, die im Boden bleiben, und zum anderen aus der nicht mehr nutzbaren Infrastruktur.
Schon wenn die Erderwärmung auf 2 Grad begrenzt werden soll, würden laut IPCC zwischen 2015 und 2050 globale fossile Vermögenswerte in Höhe von ein bis vier Billionen US-Dollar unbrauchbar. Bei einer Begrenzung auf 1,5 Grad wären die Werte noch höher. Kohlewerte könnten laut Weltklimarat-Bericht schon bis 2030 an Wert verlieren. Der Verbrauch von Öl und Gas müsste bis zur Mitte des Jahrhunderts um 60 beziehungsweise 70 Prozent gegenüber 2019 sinken, um 1,5 Grad noch einzuhalten. Mit CO2-Abscheidung müsste der Gasverbrauch nur um 45 Prozent zurückgehen.
Gegen Investitionen in Kohle, Öl und Gas wandte sich am Montag auch die Gruppe der 46 am wenigsten entwickelten Länder (LDC). “Es kann keine neue fossile Infrastruktur geben”, teilte die Vorsitzende der Gruppe, Madeleine Diouf Sarr, anlässlich der IPCC-Veröffentlichung mit.
Angesichts explodierender Gaspreise bestehe allerdings die Gefahr, dass gerade Schwellen- und Entwicklungsländer verstärkt in Kohle investierten, warnte gestern die Entwicklungsorganisation Germanwatch. “Wir brauchen mehr Energiewendepartnerschaften der großen Industriestaaten mit Schwellen- und Entwicklungsländern”, sagte Geschäftsführer Christoph Bals.
Für die EU verwies der Abgeordnete Peter Liese (CDU), umweltpolitischer Sprecher der EVP, auf das Ziel, unabhängig von russischen Energieimporten zu werden. “Kurzfristig müssen wir mehr Kohle und Kernkraft nutzen, die Antwort für die Zukunft ist das Fit-for-55-Paket”, teilte Liese mit.
Um die Treibhausgasemissionen zu begrenzen, bleibt der Welt gemäß dem Weltklimarat-Bericht immer weniger Zeit. Spätestens bis 2025 müsse der Peak erreicht sein. Bis 2030 müssten die Emissionen gegenüber 2019 um 27 bis 43 Prozent fallen, um den Temperaturanstieg auf 1,5 bis 2 Grad zu begrenzen.
Nach seinem unerwartet hohen Wahlsieg kann Viktor Orbán in Ungarn vier weitere Jahre nach Gutdünken schalten und walten. Seine rechtsnationale Fidesz-Partei hat 53,1 Prozent der Stimmen erhalten, das reicht nach dem ungarischen Wahlrecht für eine verfassungsändernde Zweidrittelmehrheit in der Volksvertretung. Orbán sprach von einem “riesigen Sieg, so riesig, dass man ihn sogar vom Mond sehen kann”.
Die EU-Verantwortlichen reagierten hingegen mit eisernem Schweigen. “Wir maßen uns kein Urteil zu nationalen Wahlen an”, erklärte ein Sprecher von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Auch Ratspräsident Charles Michel schwieg. Die üblichen Glückwünsche an den Wahlsieger blieben aus.
Sie hatten wohl auf einen anderen Wahlausgang gehofft. Für seinen klaren Sieg der Wahlen in Ungarn habe Orbán aber “seine Macht so umfassend wie noch nie missbraucht”, kritisierte die Vizepräsidentin des EU-Parlaments, Katarina Barley (SPD). Die EU-Kommission trage eine Mitschuld, da sie es versäumt habe, gegen Rechtsstaatsverstöße in Ungarn vorzugehen. Dies sei ein “kolossaler Fehler” gewesen, sagte Barley, die mit von der Leyen befreundet ist.
Allerdings deutet sich nun ein Kurswechsel an. Nach Informationen von Europe.Table will die EU-Kommission noch in dieser Woche ein Verfahren nach dem neuen Rechtsstaatsmechanismus auf den Weg bringen. Budgetkommissar Johannes Hahn bereite die nötigen Schritte vor, hieß es in EU-Kreisen.
Bereits heute oder morgen soll die Entscheidung fallen. Bis zu einem Entzug von EU-Mitteln ist es allerdings noch ein weiter Weg. Wenn die Kommission wirklich das mehrstufige Verfahren einleitet, dürften bis zur Verhängung von Sanktionen sieben bis neun Monate vergehen.
Der neue Rechtsstaatsmechanismus allein kann das autoritäre Gebaren aber kaum stoppen. Ermutigt durch die erneute Bestätigung an der Urne, dürfte Premier Orbán in Ungarn weiter demokratische Rechte abbauen. Die Unabhängigkeit der Justiz, der Medien, der Wissenschaft, der Schulen und der Kultur dürften weiter eingeschränkt werden.
Bislang konnte Orbán die Zahlungen aus Brüssel für den eigenen Machtausbau einsetzen. Die enge Verzahnung zwischen der Fidesz und ihren Unternehmerfreunden wäre ohne den Geldsegen aus Brüssel nicht vorstellbar. Lange Zeit begriff Orbán die Europäische Union als Geldautomat, von dem er immer größere Summen abheben konnte.
Das könnte sich mit der Rechtsstaatskonditionalität zumindest ein Stück weit ändern. Anfang vergangenen Jahres ist der Mechanismus in Kraft getreten, um Verstöße gegen europäische Werte und den EU-Haushalt finanziell zu ahnden. Zudem hält die Kommission sieben Milliarden Euro für Ungarn aus dem Corona-Aufbaufonds zurück. Das tut dem Land mit seinen 9,8 Millionen Einwohnern weh.
Doch die Schmerzen werden Orbán kaum aufhalten. Mit Orbáns Triumph vom Sonntag ist seine Macht noch mehr gefestigt. Der 58-Jährige wird auch in vier Jahren zur Wiederwahl antreten. Daran zweifeln selbst Optimisten in Budapest nicht.
Damit stellt sich die politische Frage: Will die Europäische Union das Orbán-Ungarn auf Dauer als Mitglied behalten? Auch wenn die EU-Verträge keinen Ausschluss vorsehen, so könnte das Einfrieren der Mitgliedschaft eine Option sein. Die EU kann es sich auf Dauer nicht leisten, dass ein Mitgliedstaat ein intolerantes, autoritäres Gegenmodell zur freiheitlichen Demokratie aufbaut. Nach zwölf Jahren Orbán ist die ungarische Demokratie mehr Kulisse als Realität.
Mit der bitteren Niederlage der oppositionellen Sechs-Parteien-Allianz “In Einheit für Ungarn” (Egységben Magyarországert) wird die ohnehin fragile Allianz von rechts über liberal bis links vermutlich zerbrechen. Die Rechtsextremen haben es mit ihrer Partei “Unsere Heimat Bewegung” (Mi Hazánk Mozgalom) hingegen überraschend geschafft, die Fünf-Prozent-Hürde zu nehmen.
Der dauerhafte Verbleib Ungarns stellt auch den Zusammenhalt der EU nach außen infrage. Ungarn ist das einzige Mitgliedsland, das Waffenlieferungen an die Ukraine über sein Staatsgebiet verhindert. Orbán äußerst sich gerne verächtlich über den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskij. Entlarvend ist, dass ausgerechnet Wladimir Putin zu den ersten Gratulanten zählte.
Die indirekte Russlandtreue des ungarischen Premiers stellt aber das Visegrád-Bündnis aus Polen, Ungarn, der Slowakei und Tschechien infrage. Polen ist angesichts der Haltung im Ukraine-Krieg zu Ungarn auf Distanz gegangen. Die Regierung in Bratislava und Prag machen aus ihrem Unverständnis über Budapest keinen Hehl mehr.
Von der Leyen benötigt für den Rechtsstaatsmechanismus die Unterstützung einer qualifizierten Mehrheit unter den Mitgliedstaaten. Die Zeiten, in denen schärfere Maßnahmen gegen Ungarn am Veto des Quartetts scheitern, dürften seit dem Kriegsausbruch vorbei sein. Auch vor diesem Hintergrund wäre das “Einfrieren” der EU-Mitgliedschaft Ungarns eine Option.
Ähnlich wie im Fall Russlands hat die deutsche Wirtschaft bisher keinen nachhaltigen Beitrag geleistet, die “illiberale Demokratie” Orbáns zu schwächen. Im Gegenteil, die Konzerne von Volkswagen/Audi über Mercedes und BMW bis zu Bosch und Siemens stützen das System indirekt.
Die deutschen Autobauer fühlen sich im Land sehr wohl. Sie schätzen die staatliche Unterstützung mit niedrigen Steuern und großzügigen Subventionen. Die Regierung in Budapest und die lokale Ebene liest den deutschen Investoren ihre Wünsche von den Lippen ab. Schließlich verdankt Ungarn ein Fünftel aller Exporte der Autoindustrie. Mit Eric Bonse
06.04.2022 – 09:00-16:00 Uhr, online
ECB, EC, Conference An EU financial system for the future
The European Central Bank (ECB) and European Commission (EC) will be presenting reports on European financial integration and stability, and will address current challenges. INFOS
06.04.2022 – 09:00-16:00 Uhr, online
Conference E-Health Conference 2022
Themen der digitalen Gesundheitskonferenz sind unter anderem die Digitale Gesundheitsakte (DEGA), die Elektronische Patientenakte (ePa), Gesundheits-Apps (DIGA), das Strategiepapier 2025 und IT- und Cybersecurity in Gesundheitssystemen. INFOS & ANMELDUNG
06.04.2022 – 09:30-10:30 Uhr, online
Eurogas, Panel Discussion RepowerEU: Where should the gas sector be going?
This Eurogas event will focus on the diversification of natural gas supply, the development of gas from renewable sources, hydrogen and the increasing importance of gas storage. INFOS & REGISTRATION
06.04.2022 – 10:00-11:45 Uhr, online
FRA, Seminar European Citizens’ Initiative: how can civil society organisations make use of it
This Fundamental Rights Agency (FRA) seminar will explain the European Citizens’ Initiative (ECI) and discuss how to use citizens’ initiatives for involvement of active citizens in policymaking. INFOS & REGISTRATION
06.04.2022 – 11:30-12:15 Uhr, online
BVMW, Seminar Energiekosten senken und Klimatransformation vorantreiben
Die Referenten des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW) zeigen energieintensiven Unternehmen, wie der CO2-Fußabdruck reduziert, die Energieverbräuche optimiert und Energiekosten gesenkt werden können. INFOS & ANMELDUNG
06.04.2022 – 14:00-15:30 Uhr, online
FSR, Discussion A Regulatory Framework for Gas Storage
The Florence School of Regulation (FSR) speakers will discuss the envisaged gas storage obligation and possibilities for EU storage policy. INFOS & REGISTRATION
06.04.2022 – 14:00-21:30 Uhr, Berlin/online
HBS, Conference Bosnia Forum 2022
At the Heinrich Böll Foundation’s (HBS) Bosnia Forum, the current situation in Bosnia and Herzegovina 30 years after the start of the war will be discussed, including the current war in Ukraine. INFOS & REGISTRATION
07.04.2022 – 10:00-10:45 Uhr, online
BVMW, Seminar Digitalisierung im laufenden Projekt
Bei der Veranstaltung des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW) wird erläutert, wie Fehler und Problematiken erkannt, mithilfe von KI gelöst und bessere Ergebnisse erzielt werden können. INFOS & ANMELDUNG
07.04.2022 – 10:00-11:45 Uhr, online
ESWET, Seminar Pollution and Waste-to-Energy: Myth or Reality?
This seminar, hosted by the European Suppliers of Waste-to-Energy Technology (ESWET), will address regulations, measurement techniques, and ways to avoid emissions generated by waste-to-energy facilities. INFOS & REGISTRATION
07.04.2022 – 12:00-13:00 Uhr, online
FSR, Seminar Linking Emissions Trading Systems Research Insights from LIFE DICET
This Florence School of Regulation (FSR) seminar refers to the research findings of the LIFE DICET (Deepening International Cooperation for Emissions Trading) project and addresses the regulation of carbon markets and the implications for their potential integration. INFOS & REGISTRATION
07.04.2022 – 12:00-18:00 Uhr, Köln/online
Deutsche Medienakademie, Podiumsdiskussion EDGE: Local versus Global Cloud?
Im Zusammenhang mit einer von der Deutschen Medienakademie und German ICT & Media Institute durchgeführten Edge-Studie werden die Referent:innen Vorteile von globalen sowie lokalen Clouds diskutieren. INFOS & ANMELDUNG
07.04.2022 – 13:30-19:30 Uhr, Schwäbisch Hall
Umwelttechnik BW, Konferenz Forum Umwelttechnik: Digitalisierung für die Umwelttechnik – Chancen für Unternehmen
Bei dieser Veranstaltung werden Digitalisierung und Nachhaltigkeit, die Digitalisierung in der Kreislaufwirtschaft und Chancen der Digitalisierung zur Minderung von Emissionen thematisiert. INFOS & ANMELDUNG
07.04.2022 – 15:00-17:00 Uhr, online
Mittelstand 4.0, Workshop KI im Gesundheitswesen – Kliniken und medizinische Versorgungszentren
Bei dieser Veranstaltung sollen vor allem die sozio-technischen Aspekte bei der Einführung von Künstlicher Intelligenz (KI) in Kliniken und medizinischen Versorgungszentren betrachtet werden. INFOS & ANMELDUNG
07.04.2022 – 17:00-18:00 Uhr, online
SNV, Diskussion Wie die EU auf Russlands Desinformation reagiert
Lutz Guellner, Leiter der Abteilung Strategische Kommunikation im Auswärtigen Dienst der EU, beantwortet bei der Veranstaltung der Stiftung Neue Verantwortung (SNV) Fragen zur Verbreitung von Desinformation durch Russland und den Möglichkeiten der Desinformationspolitik der EU. INFOS & ANMELDUNG
07.04.2022 – 18:00 Uhr, online
HSS, Seminar Der digitale Mensch im digitalen Europa
Bei dieser Veranstaltung der Hanns-Seidel-Stiftung (HSS) wird es um EU-Maßnahmen zum Schutz und für die Sicherheit von Unternehmen und Bürger:innen auf digitalen Plattformen und Netzwerken gehen. INFOS & ANMELDUNG
07.04.-08.04.2022, Budapest (Ungarn)
Eurogas, Conference Gas Infrastructure Europe Annual Conference
The Gas Infrastructure Europe (GIE) conference offers experts, politicians and media representatives the opportunity for an exchange on the energy transition. INFOS & REGISTRATION
In einem Wahlkampfvideo trat Aleksandar Vučić sogar aus einem Kühlschrank mitten im Wohnzimmer einer Familie in Serbien. Die Botschaft war klar, das Staatsoberhaupt kümmert sich um alles und ist überhaupt omnipräsent. So auch am Wahlabend. Eigentlich verkündet selbst in Serbien die staatliche Wahlkommission das vorläufige Ergebnis. Weil deren Mitglieder aber schon schlafen gegangen waren, rief sich Aleksandar Vučič gleich selber zum Wahlsieger aus.
Das Ergebnis ist keine Überraschung. Das Staatsoberhaupt und seine serbische Fortschrittspartei (SNS) kontrolliert fast alles im Land. Vučić kommt auf 59 Prozent und die Regierungspartei auf 43 Prozent. Serbiens Sozialistische Partei (SPS) steuert als Juniorpartnerin 11,4 Prozent bei, was für eine komfortable Mehrheit im Parlament reicht. Laut der regierungsunabhängigen Organisation Freedom House ist Serbien, immerhin EU-Beitrittskandidat, nur noch “teilweise frei”. In den staatlichen und in den von Vertrauensleuten kontrollierten privaten Medien bekam die chronisch zerstrittene Opposition kaum Sendezeit.
Die EU schaut der Demontage von Demokratie und Medienfreiheit tatenlos zu. Bei einem letzten Besuch in Belgrad lobte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die serbische Führung für deren “Reformeifer”. Allerdings hat Serbien zuletzt mehr Rückschritte als Fortschritte gemacht. Seit dem Start im Jahr 2014 wurden von 35 Verhandlungskapiteln 22 geöffnet, aber bisher nur zwei geschlossen und dies auch nur vorläufig. In den jährlichen Fortschrittsberichten versucht Erweiterungskommissar Olivér Várhelyi, Statthalter von Viktor Orbán in Brüssel, die rechtsstaatlichen Rückschritte herunterzuspielen.
Gegenüber Besuchern aus der EU präsentiert sich Serbiens Präsident Aleksandar Vučić gerne als Proeuropäer und als Garant für Stabilität in der Region. Gleichzeitig pflegt der ehemalige Propagandaminister von Diktator Slobodan Milosevic gute Beziehungen nach Peking und Moskau. Als einer von wenigen Staats- und Regierungschefs reiste Serbiens Präsident noch im Februar zur Eröffnung der olympischen Spiele, um in Peking bei einem Treffen mit seinem Amtskollegen Xi Jinping die “eiserne Freundschaft” zwischen den beiden Ländern zu feiern.
Gleichzeitig hat Serbien als eines der wenigen Länder in Europa bisher keine Sanktionen gegen Russland verhängt. Eigentlich wäre das Land als Beitrittskandidat dazu verpflichtet. EU-Abgeordnete von der liberalen Fraktion Renew Europe haben die Kommission deshalb aufgerufen, die Beitrittsverhandlungen mit Belgrad zu suspendieren (Europe.Table berichtete) und auch die damit verbundenen Finanzmittel einzufrieren. Seine Regierung werde sich der “antirussischen Hysterie” des Westens nicht anschließen, sagte Vučićs Innenminister.
Serbien ist fast vollständig von russischem Gas abhängig. Seit 2008 ist Gazprom zudem Mehrheitsaktionär bei Serbiens ehemals staatlichem Ölkonzern NIS. Die Abhängigkeit ist seit der Eröffnung 2020 der vom russischen Gaskonzern finanzierten Turkstream Pipeline noch zementiert. Im Herbst vergangenen Jahres reiste Aleksander Vučić für ein Treffen mit Vladimir Putin nach Sotschi, um dort mit Blick auf die Wahlen um niedrigere Gaspreise zu bitten.
Chinas und Russlands autoritäre Regime sind in Serbien populärer als die EU, obwohl europäische Unternehmen mit Abstand wichtigste Handels- und Investitionspartner sind und Belgrad als Beitrittskandidat vom Milliardenüberweisungen aus Brüssel profitiert. Die Schaukelpolitik hat sich für Serbiens Präsidenten ausbezahlt. Im Wahlkampf war er mit dem Slogan “Frieden, Stabilität, Vučić” angetreten und präsentierte sich als Garant für Stabilität in unsicheren Zeiten.
Chronische Korruptionsvorwürfe oder Gerüchte über Verbindungen enger Vertrauter ins Milieu der organisierten Kriminalität rückten in den Hintergrund. Ähnlich wie die Umweltproteste gegen eine geplante Lithium-Mine, wo die Regierung dem britisch-australischen Konzern Rio Tinto im letzten Moment die Lizenz entzog und so den Konflikt noch rechtzeitig vor der Wahl entschärfen konnte. Stephan Israel
Seit Jahren pflegt Elon Musk eine Hassliebe zu Twitter: Auf der einen Seite nutzt der Unternehmer seine Popularität auf der Plattform zur Selbstinszenierung – so sehr, dass es ihm schon Ärger mit der US-Börsenaufsicht einbrachte. Auf der anderen Seite ist Musk mit Twitters Unternehmenspolitik regelmäßig unzufrieden. Nun hat Elon Musk sich 9,2 Prozent der Aktien am Unternehmen zugelegt – und wird damit größter und einflussreicher Einzelaktionär von Twitter.
Als der Tesla und SpaceX-Gründer Ende März seinen Twitterfollowern die Frage stellte, ob diese glaubten, dass sich die Social Media-Plattform ausreichend für Redefreiheit einsetze, gaben 2 Millionen Twitternutzer ihre Stimme ab – 70,4 Prozent meinten: Nein. “Redefreiheit ist essenziell für eine funktionierende Demokratie“, hatte Musk über die Umfrage geschrieben. Und als Nachsatz ergänzt: “Die Konsequenzen dieser Abstimmung werden gewichtig sein. Bitte sorgsam abstimmen.” Der exzentrische Milliardär ergänzte am Folgetag: “Da Twitter als de facto-Marktplatz dient, ohne dabei die Prinzipien der Redefreiheit zu achten, wird die Demokratie ausgehöhlt.” Und fragte dann öffentlich, natürlich ebenfalls auf Twitter, ob es eine neue Plattform brauche.
Kritik an Twitters Verhalten bei Konten- und Inhaltesperrungen äußert Musk schon lange. Musk versteht sich als Verfechter einer radikalen Redefreiheit – so sehr, dass Donald Trump Jr. ihn nach dem Sperren des einstigen US-Präsidenten Donald Trump vor einem Jahr dazu aufforderte, doch bitte eine Alternativplattform zu gründen. Die gibt es mit Gettr inzwischen – allerdings ohne offizielle Beteiligung von Musk. Und Gettr, der Twitter-Klon aus dem Trump-Universum, erreicht bei weitem nicht die Anzahl Nutzer, die Twitter erreicht. Musks nun bekanntgegebener Anteilskauf könnte die Firma nun in einige Schwierigkeiten bringen.
Denn Twitter muss sich rund um den Globus zu Gesetzgebung verhalten, die der Plattform Pflichten zur Inhaltemoderation auferlegen. Grundsätzlich gesperrt ist die Plattform unter anderem in Russland, China, Iran und Myanmar. Aber auch in anderen Ländern wird Twitter immer wieder von Regierungen gesperrt, bis Januar 2022 etwa für sieben Monate in Nigeria, nachdem die Firma entsprechend ihrer eigenen Regeln einen Post des nigerianischen Präsidenten Muhammadu Buhari entfernt hatte. Am Ende unterwarf sich Twitter den Forderungen der Regierung in Abuja.
Im Regelfall verlangen Regierungsstellen jedoch eher, dass missliebige oder nach örtlichen Gesetzen verbotene Inhalte entfernt werden. So unterliegt auch Twitter etwa dem deutschen Netzwerkdurchsetzungsgesetz und würde künftig auch den Regeln des Digital Services Act unterliegen. Diese würden in ihrem letzten bekannten Entwurfsstadium potenziell alle nationalen Meinungsäußerungsstraftaten in der EU und weitergehende Pflichten zur Inhalteentfernung umfassen als das deutsche NetzDG.
Parallel wird in den USA darum gestritten, inwiefern Plattformen wie Twitter oder Facebook auch künftig gemäß der sogenannten Section 230 von einer Haftung für illegale Inhalte freigestellt bleiben sollen. Diese Debatte wird insbesondere seit den Ereignissen rund um das Kapitol im Januar 2021 geführt. Seitdem wird den Plattformbetreibern vorgeworfen, Aufrufe zum gewaltsamen Umsturz nicht unterbunden oder gar aktiv mit ihren Interaktionen-optimierten Algorithmen befördert zu haben (Europe.Table berichtete).
In diese regulatorische Debatte mischt sich Musk, der selbst ernannte Freie-Rede-Aktivist, nun als Großaktionär der Plattform ein – Ausgang ungewiss, weitere Tweets gewiss. fst
Zur Sicherung der Gasversorgung greift Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck mit einem noch nie genutzten Instrument in die Eigentumsverhältnisse eines Gas-Unternehmens ein. Der Grünen-Politiker stellte am Montag das bisherige Deutschland-Geschäft des russischen Gaskonzerns Gazprom unter die Treuhandschaft der Bundesnetzagentur. Die Bundesbehörde nimmt befristet bis zum 30. September alle Stimmrechte aus Geschäftsanteilen an der Gazprom Germania wahr. Das entspricht noch keiner Enteignung.
Aber die Behörde ist damit gegenüber der Geschäftsführung weisungsbefugt. Über die Töchter Wingas und Astora betreibt Gazprom Germania Gashandel und den größten deutschen Erdgasspeicher in Rehden. Habeck greift auf einen Paragrafen im Außenwirtschaftsgesetz zurück.
Die Einsetzung einer Treuhandschaft ist demnach möglich zur Abwendung einer Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit. “Die Bundesregierung tut das Notwendige, um die Versorgungssicherheit in Deutschland zu gewährleisten”, sagte Habeck mit Blick auf das russische Präsidialamt in Moskau. “Dazu zählt auch, dass wir Energieinfrastrukturen in Deutschland nicht willkürlichen Entscheidungen des Kremls aussetzen.”
Habeck begründete den Eingriff des Staates mit unklaren Besitzverhältnissen bei der Gazprom Germania und damit, dass sein Ministerium nicht die erforderliche Zustimmung zum Erwerb erteilt habe. Dem Ministerium sei der mittelbare Erwerb durch eine unbekannte Gesellschaft JSC Palmary und Gazprom export business services LLC zu Kenntnis gelangt.
Unklar sei, wer wirtschaftlich und rechtlich hinter diesen Unternehmen stehe. Der Erwerber habe zudem die Liquidierung von Gazprom Germania angeordnet, was nicht rechtmäßig sei, da der Erwerb nicht genehmigt worden sei. Der russische Mutterkonzern hatte am Freitag angekündigt, die Gazprom Germania aufzugeben, ohne Details zu nennen.
Durch die Treuhänderschaft erhält die Bundesnetzagentur nun rechtlich auch die Möglichkeit, eine stärkere Befüllung der Gasspeicher anzuweisen, soweit Gas dafür verfügbar ist. Eine Reaktion aus Russland stand am Montagabend noch aus. rtr
Die österreichische Erdgas-Handelsplattform Central European Gas Hub (CEGH) wird künftig auf der neu geschaffenen CEGH GreenGas Platform mit grünen Gasen handeln. Die Plattform ermöglicht den Kauf oder Verkauf von Biomethan-Herkunftsnachweisen (HKNs) oder Biomethan mit oder ohne Herkunftsnachweisen. Sobald grüner Wasserstoff am Markt zur Verfügung stehe, werde auch dieser auf der Plattform handelbar sein, teilte CEGH am Montag mit.
Die CEGH GreenGas Platform werde schrittweise auf den Handel mit grünen Gasen in anderen zentral- und osteuropäischen Ländern ausgeweitet, so die Mitteilung auf der Webseite. CEGH arbeitet dafür mit EEX, der europäischen Energiebörse in Leipzig, zusammen. Grüne Gase wie Biogas und grüner Wasserstoff sollen einen wichtigen Teil zur Dekarbonisierung des Energiesystems beitragen. klm
Der chinesische Batteriehersteller CATL wird die Produktion in seinem neuen Werk im thüringischen Arnstadt in der zweiten Jahreshälfte hochfahren. “Wir sind im Endspurt”, sagte CATL-Europapräsident Matthias Zentgraf am Montag in Arnstadt beim Erhalt einer Betriebsgenehmigung des Landes Thüringen für die erste Ausbaustufe des Werkes.
Diese hat eine Kapazität von zunächst 8 Gigawattstunden. Das entspreche einer Jahreskapazität an Batterien für etwa 120.000 E-Autos, sagte Zentgraf der dpa. Das Werk werde alle großen deutschen Automobilhersteller mit Batteriezellen für ihre E-Autos beliefern.
Bis Jahresende sollen nach seinen Angaben 1500 Mitarbeiter aus der Region eingestellt sein. Hinzu kämen einige hundert Fachleute aus China, die bei der Installation der Produktionsanlagen und in der Startphase der Fertigung eingesetzt seien, aber nicht dauerhaft blieben. Bereits an Bord seien etwa 500 Arbeitnehmer aus der Region.
Nach Einschätzung von Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) hatte die Investitionsentscheidung des chinesischen Konzerns eine Signalwirkung für den Industriestandort Ostdeutschland. Beispielsweise Intel habe sich bei seiner Entscheidung für Magdeburg auch auf CATL bezogen. Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider, nannte die Batteriefabrik ein herausragendes Projekt in Ostdeutschland. Zur Ansiedlung habe auch der gute Ruf der Verwaltungen beigetragen, die schnell entschieden, sagte Schneider. dpa
Der Ukraine-Krieg führt uns auf erschreckende Weise vor Augen, welche Auswirkungen unsere Abhängigkeit von fossilen Energieträgern hat. Zu lange haben wir uns darauf verlassen, dass Öl und Gas auch weiterhin fließen, und den Verbrauch immer weiter in die Höhe getrieben – egal, woher die Rohstoffe kommen. Angesichts stark gestiegener Energiepreise und drohender Versorgungsengpässe ist klar: So kann es nicht weitergehen.
Dieselben Rezepte, die für Klimaschutz sorgen – der Ausbau der Erneuerbaren und mehr Effizienz – führen uns auch aus der Energiekrise und der Abhängigkeit vom Öl. Im Verkehrsbereich heißt das: So schnell wie möglich weg vom Öl und hin zu elektrischen Antrieben, sparsamen und effizienten Fahrzeugen und vor allem: Umsteigen auf Bus, Bahn, Rad und Fuß.
Im Fokus steht der Straßenverkehr. Er verursacht etwa ein Viertel aller Treibhausgasemissionen in Europa und hängt noch immer zu über 90 Prozent am Öltropf. Der CO2-Ausstoß ist in diesem Sektor in den letzten 30 Jahren gestiegen, statt zu sinken. Hauptverantwortlich dafür sind immer mehr, immer größere und leistungsstärkere Pkw.
Um den Verbrauch von Pkw zu senken, begrenzt die EU seit 2009 den CO2-Ausstoß von Neuwagen. Zuletzt mussten Autohersteller entsprechende Vorgaben im vergangenen Jahr erfüllen, weitere Grenzwerte treten 2025 und 2030 in Kraft. Dabei gelten die Grenzwerte nicht für das einzelne Fahrzeug, sondern für die Flotte der Neuwagen im Zieljahr. Zwar ist auch der durchschnittliche Verbrauch von Neuwagen seitdem zurückgegangen, entscheidend sind CO2-Flottengrenzwerte für Pkw aber als das zentrale Instrument der EU für die Antriebswende.
Die Regulierung ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass der Anteil von E-Autos an den Neuzulassungen im letzten Jahr deutlich zulegte. In der EU war jeder zehnte Neuwagen ein reines Elektroauto. In Deutschland hat sich der Bestand gegenüber 2020 sogar verdoppelt, und Ende 2021 lag der Anteil der Neuzulassungen bei über 20 Prozent. Das E-Auto verdrängt Benziner und Diesel zunehmend und beschleunigt damit die Dynamik weg vom Verbrennungsmotor. Hinzu kommt: Viele Länder haben inzwischen Ausstiegsdaten für Verbrennungsmotoren festgelegt. Immer mehr Autohersteller kündigen an, ihre Produktion bald komplett auf rein batterieelektrische Pkw umzustellen.
Vor diesem Hintergrund hat die EU-Kommission im Juli 2021 im Rahmen ihres “Fit for 55“-Pakets einen Entwurf zum Nachschärfen der CO2-Flottengrenzwerte für Pkw vorgelegt. Das Ziel für 2030, den CO2-Ausstoß im Schnitt um 37,5 Prozent gegenüber 2021 zu verringern, wurde auf 55 Prozent angehoben. Ab 2035 sollen Neuwagen kein CO2 mehr ausstoßen. Unangetastet blieb hingegen der Grenzwert für 2025 von 15 Prozent.
Positiv am neuen EU-Vorschlag ist, dass erstmals ein EU-weites Enddatum für den Verbrennerausstieg vorgegeben werden soll. Dies gibt Herstellern Planungssicherheit und beschleunigt die Umstellung auf den E-Antrieb. Allerdings ist 2035 zu spät und sind die Vorgaben bis 2030 viel zu schwach. Dies gefährdet das Erreichen des EU-Klimaziels sowie der nationalen Klimavorgaben, da bis 2030 keine zusätzlichen CO2-Reduktionen erfolgen.
Die Beratungen in Brüssel haben begonnen. Traditionell ist es das Europaparlament, das die Vorgaben strenger fassen will. Der federführende Berichterstatter, der niederländische Rechtsliberale Jan Huitema (Europe.Table berichtete), hat vorgeschlagen, den durchschnittlichen Ausstoß der Neuwagen bereits 2025 um 25 Prozent zu verringern, das Ziel für das Jahr 2030 von 55 Prozent auf 75 Prozent anzuheben und ein zusätzliches Zwischenziel von 45 Prozent für 2027 einzuführen. Er bekräftigt das Ziel, dass Neuwagen ab 2035 kein CO2 mehr ausstoßen dürfen.
Ähnliche Vorgaben wollte auch Bundesumweltministerin Steffi Lemke für die deutsche Position vorschlagen, wurde aber von ihrem Kabinettskollegen Volker Wissing und Bundeskanzler Olaf Scholz ausgebremst. Mit Verweis auf den Koalitionsvertrag soll lediglich der Entwurf der EU-Kommission unterstützt werden (Europe.Table berichtete). Die deutsche Position ist zwar im Vergleich zu früher ein Fortschritt – sie reicht aber angesichts der neuen Situation nicht aus.
Wir müssen jetzt umsteuern. Die kommenden Jahre sind entscheidend für den Klimaschutz und für die Abkehr vom Öl. Darum fordern der VCD und andere deutsche Umweltverbände, bereits im kommenden Jahr ein Zwischenziel von Minus 15 Prozent einzuführen, die Vorgabe für 2025 auf 45 Prozent anzuheben und danach bis 2030 jährliche Zwischenziele zu setzen. Neuwagen sollen nach unserem Vorschlag bereits ab 2030 keine Emissionen mehr ausstoßen.
Ambitionierte europäische Pkw-Grenzwerte sind ein entscheidender Hebel für mehr Klimaschutz im Verkehr. Gleichzeitig sind sie unabdingbar, uns schneller vom Öl und von Despotenstaaten unabhängig zu machen. Dies sollte sich die Bundesregierung bewusst machen und ihre Position überdenken. Der Verweis auf den Koalitionsvertrag ist angesichts der Verwerfungen durch den Ukraine-Krieg nicht mehr angemessen.