Table.Briefing: Europe

Neues Strommarktdesign + Strompreiskompensation für die Industrie + Klimawandel und der Balkan

  • Gesetz gegen hohe Strompreise kommt 2023
  • Strompreiskompensation für die Industrie: Was bedeuten die 27,5 Milliarden?
  • EU-Monitoring
  • Spaniens Ministerpräsident zu Gast auf Schloss Meseberg
  • Genehmigung für neuen Atomreaktor in der Slowakei
  • EVP-Chef Weber will EU-Einreiseverbot für Russen
  • Italiens Rechtsaußen Meloni: “Wollen Europa nicht verlassen”
  • Bautzen fürs Finale der European Broadband Awards 2022 ausgewählt
  • What’s cooking in Brussels: Klimawandel und der Balkan
Liebe Leserin, lieber Leser,

der Brüsseler Politikbetrieb hat sich im August die übliche Pause gegönnt. Dürre und Temperaturen um die 40 Grad dürften manch einen aber auch in der Sommerfrische an die anstehenden Aufgaben erinnert haben. Nächste Woche geht es nun wieder los – es stehen unter anderem informelle Treffen der Außen- und Verteidigungsminister an. Alle kommenden Termine finden Sie wieder wie gewohnt in unserem EU-Monitoring.

Die Kommission macht Tempo. Bereits im kommenden Jahr will sie einen Legislativvorschlag für ein neues Strommarktdesign präsentieren. Damit will sie schneller und umfassender gegen hohe Strompreise vorgehen. Bereits im Herbst soll eine breit angelegte Konsultation beginnen, wie Manuel Berkel erfahren hat. Ende März hatten die EU-Staats- und Regierungschefs Brüssel aufgefordert, eine grundsätzliche Lösung gegen hohe Energiepreise zu erarbeiten. Eine so schnelle Initiative mit Gesetzescharakter kommt dennoch überraschend, galt ein neues Energiemarktdesign doch bislang als Mega-Projekt, das viele Jahre braucht.

Darauf hatte die deutsche Industrie sehnsüchtig gewartet: Die Kommission hat die Beihilferegelung zur Strompreiskompensation der Bundesregierung genehmigt. Insgesamt 27,5 Milliarden Euro können den energieintensiven Unternehmen an indirekten Emissionskosten für die Jahre 2021 bis 2030 erstattet werden. Doch einige Fragen bleiben offen, wie Lukas Scheid analysiert. Da Details zu der Förderrichtlinie noch fehlen, fällt es Experten schwer, die Bedeutung der Milliardensumme einzuordnen. Für Unsicherheit sorgen auch die ökologischen Maßnahmen, die Brüssel als Gegenleistung für die Strompreiskompensation verlangt. 

Ich wünsche Ihnen einen guten Start ins Wochenende.

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Sarah Schaefer
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Analyse

Gesetz gegen hohe Strompreise kommt 2023

Gegen hohe Strompreise will die Europäische Kommission schneller und umfassender vorgehen als bisher bekannt. Ein Sprecher von Energiekommissarin Kadri Simson kündigte am Donnerstag auf Anfrage von Europe.Table konkrete Schritte für ein neues Strommarktdesign an: “Wir planen, im Herbst eine breit angelegte öffentliche Konsultation einzuleiten, die sich auf eine erste Folgenabschätzung stützt, in der die wichtigsten Fragen und Ziele dargelegt werden. Dies wird es uns ermöglichen, nächstes Jahr einen Legislativvorschlag vorzulegen.”

Eine so schnelle Initiative mit Gesetzescharakter kommt überraschend. Ein neues Energiemarktdesign galt bislang als Mammutprojekt, das jahrelanger Vorbereitung bedarf. Spätestens seit Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine belasten aber hohe Preise für Gas und Strom die EU-Mitglieder. Ende März hatten die Staatenlenker bei einem Treffen in Brüssel die Kommission aufgefordert, neben Sofortmaßnahmen auch eine grundsätzliche Lösung vorzubereiten.  

Im Zusammenhang mit der Gesetzesinitiative und der öffentlichen Konsultation verwies der Kommissionssprecher gestern auf eine Aussage Simsons beim außerordentlichen Treffen der Energieminister Ende Juli: “Wir kommen dem Auftrag der Staats- und Regierungschefs der EU nach, zu prüfen, wie unser Strommarkt in einer Situation extremer Volatilität funktionieren könnte und wie wir den Nutzen der erneuerbaren Energien im System maximieren können.”

Gaspreis knackt 300-Euro-Marke

Extrem war gestern erneut der Anstieg der Elektrizitäts- und Gaspreise. Stromlieferungen für Deutschland im nächsten Jahr verteuerten sich um 16 Prozent auf 781 Euro pro Megawattstunde. Erdgas für September knackte die 300er-Marke und erreichte bis zu 323 Euro, das 17-Fache des langjährigen Durchschnitts vor dem Krieg.

Weil die Strompreise den Gasnotierungen folgen, werden Forderungen immer lauter, das Strommarktdesign von den Kosten für den teuersten Brennstoff zu entkoppeln. Wie Europe.Table berichtete, prüft unter anderem das Bundeswirtschaftsministerium, ob das spanische Modell eines Gaspreisdeckels für Kraftwerke auf die ganze EU übertragen werden könnte.

Skeptisch gegenüber den Gedankenspielen im grün geführten Wirtschaftsministerium zeigte sich die eigene Bundestagsfraktion. “Die Preise für Gas und Strom müssen dringend gesenkt werden. Die Lösung ist aber nicht eine unbezahlbare Subvention mit Steuergeld, sondern ein gemeinsamer europäischer Einkauf, der die derzeitigen Mondpreise an den Weltmärkten beendet”, sagte gestern die energiepolitische Sprecherin Ingrid Nestle.

“Dabei sind gemeinsame Erfolge beim sparsameren Verbrauch von Gas, Strom und Co. der Schlüssel dafür, die Weltmarktpreise wieder auf ein erträgliches Niveau zurückzuführen. Eine hohe Nachfrage führt zu hohen Preisen”, so die Grünen-Politikerin.

Union will eigenen Markt für Erneuerbare

Die FDP verwies dagegen auf die Substitution des Energieträgers Gas. “Ein Strompreisdeckel auf EU-Ebene ist nicht das richtige Gegenmittel”, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der Liberalen, Reinhard Houben. “Das wenige Gas, das uns zur Verfügung steht, sollten wir nicht zur Verstromung nutzen. Mitte Juli hat die Bundesregierung deswegen entschieden, dass Kohlekraftwerke wieder ans Netz gehen können. Außerdem prüft sie die Verlängerung der Laufzeiten der verbliebenen drei Kernkraftwerke.”

Die von der Kommission angestrebte Änderung am Marktdesign findet Zustimmung in der Union. “Wirksam ist nur eine marktwirtschaftliche Reform, also Änderungen der Mechanismen der Preisfindung”, sagte der Europaabgeordnete Markus Pieper (CDU). Nach seiner Überzeugung müsse die Preisfindung stärker den spezifischen Situationen von Erneuerbaren und Fossilen gerecht werden.

Deutlicher wird seine CSU-Kollegin Angelika Niebler: “Die Reform des EU-Energiebinnenmarkts muss konsequenter vorangetrieben werden. Beispielsweise durch die Entkopplung der Preisfindung für erneuerbare und fossile Energieträger oder die Überarbeitung des Marktdesigns.” Auch das Grenzkostenprinzip hält Niebler für reformbedürftig.

Pieper rechnet 2024 mit neuem Marktdesign

Getrennte Strommärkte für erneuerbare und fossile Kraftwerke wären eine fundamentale Neuerung. Nicht nur der Union sind allerdings die derzeitigen Mitnahmeeffekte von Ökokraftwerken ein Dorn im Auge. Auch die Kommission hatte bereits angemahnt, bei Übergewinnen keinen Unterschied zwischen den Energieträgern zu machen. Pieper rechnet fest damit, dass es schon 2024 ein neues Energiemarktdesign in der EU geben wird. Niebler wünscht sich ein proaktiveres Handeln der Ampel-Koalition, um einen Konsens zwischen den Mitgliedstaaten herbeizuführen.

Unter den kurzfristigen Krisenmaßnahmen finden Preisdeckel breite Unterstützung, wenn sie nicht für Kraftwerke gelten, sondern für den Grundverbrauch von Haushalten. Die Parteiführung von CDU/CSU hatte bereits vorgeschlagen, dass der Staat einen günstigen Grundbedarf an Gas und auch Strom garantieren solle. Pieper ergänzte gestern, er wolle diese Maßnahme auf zwei Jahre befristen, bis das neue Marktdesign greife.

Der Grünen-Parlamentarier Michael Bloss denkt in die gleiche Richtung, will die Maßnahme aber anders finanzieren: “Wenn es im Winter in den Wohnzimmern kalt bleibt, dann steht Europa vor einer existenziellen Krise. Um das zu verhindern, müssen wir über einen Preisdeckel für den Grundbedarf an Energiegrundversorgung für alle in Europa diskutieren. Dieser muss von den Energieversorgern bezahlt werden. Ein Gaspreisdeckel darf nicht dazu führen, dass der Staat die Milliarden an Übergewinnen der fossilen Unternehmen finanziert.”

Die Linken-Abgeordnete Cornelia Ernst will die Maßnahme gerne verstetigen: “Ein Preisdeckel ergibt für mich als erster Schritt und kurzfristig Sinn. Allerdings muss er mit einer Übergewinnsteuer kombiniert werden. Langfristig müssen aus meiner Sicht Personen- oder Haushaltskontingente zu sozialen Preisen eingeführt werden. Wer es sich leisten will, überdurchschnittlich viel zu verbrauchen, soll dann auch dafür entsprechend zur Kasse gebeten werden.”

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Strompreiskompensation für die Industrie: Was bedeuten die 27,5 Milliarden?

Der europäische CO2-Preis stieg zuletzt wieder auf knapp 100 Euro. Zwar müssen die energieintensiven Industrien diesen Preis größtenteils gar nicht zahlen, da sie mit kostenlosen Emissionsrechten versorgt werden, doch indirekte Emissionskosten schlagen bei den Unternehmen durchaus zu Buche. Es sind die Kosten für Strom, den sie extern beziehen und für den bei der Herstellung durch die Energieversorger der CO2-Preisaufschlag fällig wird.

Angesichts steigender Strom- und CO2-Preise kommt es der Industrie da ganz gelegen, dass die EU-Kommission vergangene Woche die neue Beihilferegelung zur Strompreiskompensation der Bundesregierung genehmigt hat (Europe.Table berichtete). Insgesamt 27,5 Milliarden Euro können den energieintensiven Unternehmen an indirekten Emissionskosten für die Jahre 2021 bis 2030 erstattet werden.

Die Genehmigung habe man in Industriekreisen seit Langem erwartet, sagt Joachim Hein, Referent für Energie- und Klimapolitik beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Andere EU-Länder seien bei der Umsetzung der neuen Beihilfeleitlinien deutlich schneller gewesen, weshalb der BDI in Berlin und Brüssel immer wieder zur Eile gemahnt hatte. Für die Industrie endet somit eine Übergangsphase der Ungewissheit. Bis Ende September können Unternehmen nun die Strompreiskompensation für vergangenes Jahr beantragen. Bisher sei das nicht klar gewesen, so Hein.

Neue ökologische Gegenleistungen

Alles geklärt ist damit allerdings noch nicht, denn wie die nationale Förderrichtlinie im Detail aussieht, ist noch offen und wird erst mit der Veröffentlichung im Bundesanzeiger bekannt gegeben. Die Summe von 27,5 Milliarden könne man daher noch nicht einordnen, sagt Hein. Es sei vor allem angesichts des andauernden Krieges nicht klar, wie sich der CO2-Preis im europäischen Emissionshandelssystem (ETS) und die Brennstoffpreise weiterentwickeln werden. “Gerade diese Faktoren wirken sich ganz erheblich auf die stromintensiven Industrien aus”, sagt Hein.

Die anhaltende Unklarheit hängt auch mit den neuen Gegenleistungen zusammen, die Unternehmen im Gegenzug für die Strompreiskompensation erbringen müssen. Brüssel hat bei der Überarbeitung der Beihilfeleitlinien im September 2020 bestimmte Klimaschutzbedingungen für förderfähige Unternehmen eingeführt.

Im Detail: Unternehmen müssen ein Energie-Audit durchführen oder ein Energiemanagementsystem einführen und dessen Ergebnisse umsetzen, sofern die Amortisationszeit für die notwendigen Investitionen nicht länger als drei Jahre beträgt. Alternativ können sie mindestens 50 Prozent der Beihilfesumme in Dekarbonisierungs- oder Energieeffizienzmaßnahmen investieren oder dafür sorgen, dass mindestens 30 Prozent ihres Strombedarfs aus erneuerbaren Quellen stammt.

Bundesregierung wollte umfassenderen Carbon-Leakage-Schutz

Doch diese ökologischen Gegenleistungen sind aus Sicht des BDI noch sehr kompliziert und von der für das Verfahren hierzulande zuständigen Deutschen Emissionshandelsstelle (DEHSt) im Umweltbundesamt noch nicht ausformuliert.

Im aktuellen “Leitfaden zur Erstellung von Anträgen auf Beihilfen für indirekte CO2-Kosten (Strompreiskompensation)” vom 26. Juli 2022 steht im Kapitel für die ökologischen Gegenleistungen noch ein Platzhalter mit dem Hinweis auf spätere Ergänzung. Aus einer Präsentation der DEHSt vom 27. Juli 2022 geht lediglich hervor, dass Unternehmen, die schon Energiemanagementsysteme oder Energie-Audits eingeführt haben und keine der oben beschriebenen Maßnahmen als notwendig identifiziert haben, “keinerlei ökologische Gegenleistungen erbringen” müssen.

Angesichts der noch offenen Fragen ist auch die Wirksamkeit der neuen Förderrichtlinie noch unklar. Ihr ursprünglicher Zweck ist der Schutz vor Carbon Leakage. Durch gezielte Entlastung stromintensiver Unternehmen sollen Wettbewerbsnachteile von sich im internationalen Wettbewerb befindenden Branchen durch CO2-Preis-bedingte Aufschläge vermindert werden. Die Beihilfen sind ein etabliertes Element des EU-Emissionshandels. Doch in der aktuellen Energiepreiskrise gewinnt es umso mehr an Bedeutung, weshalb in Industriekreisen sehnsüchtig auf die neue Förderrichtlinie gewartet wird.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) betont auf Nachfrage von Europe.Table, dass sich die Bundesregierung 2020 für einen noch umfassenderen Carbon-Leakage-Schutz innerhalb der Beihilferegeln eingesetzt habe. Unter anderem habe die Vorgängerregierung eine Verbesserung der Kriterien zur Aufnahme von (Teil-)Sektoren auf die Liste beihilfefähiger Sektoren der Kommission gefordert, sagt eine Sprecherin. Auch habe sie sich für eine Überprüfung der Stromverbrauchseffizienzbenchmarks anstatt einer pauschalen Benchmark-Absenkung eingesetzt. Dieser Forderung habe die Kommission nicht vollumfänglich entsprochen, so die BMWK-Sprecherin.

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EU-Monitoring

26.08.2022_Monitoring

Informelle Ministertagung Verteidigung
29.08.-30.08.2022
Themen: Russischer Krieg gegen die Ukraine und seine Auswirkungen auf die Sicherheit der EU-Mitgliedstaaten, Einfluss Russlands auf afrikanische Staaten.
Infos

Informelle Ministertagung Auswärtige Angelegenheiten
30.08.-31.08.2022
Themen: Russischer Krieg gegen die Ukraine und seine globalen Auswirkungen, Visa-Bann für russische Staatsbürger, Ausblick für Ukraine, Moldau und Georgien sowie die Zukunft der Östlichen Partnerschaft, Beziehungen zwischen der EU und Afrika.
Infos

Sitzung des Ausschusses für Entwicklung (DEVE)
30.08.2022 09:00-18:30 Uhr
Themen: Abstimmung über den Gesamthaushaltsplan der EU für das Haushaltsjahr 2023, Aussprache zur Hungerkrise in Westafrika und in der Sahelzone, Entwurf einer Stellungnahme zum strafrechtlichen Schutz der Umwelt.
Vorläufige Tagesordnung

Sitzung des Sonderausschusses zu Erkenntnissen aus der COVID-19-Pandemie und Empfehlungen für die Zukunft (COVI)
30.08.2022 09:00-12:30 Uhr
Themen: Aussprachen mit Regierungs- und Kommissionsvertretern.
Vorläufige Tagesordnung

Sitzung des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI)
30.08.2022 14:30-15:30 Uhr
Themen: Berichterstattung über die laufenden interinstitutionellen Verhandlungen, Berichtsentwurf zur Schaffung eines CO2-Grenzausgleichssystems, Abstimmung über den Gesamthaushaltsplan der EU für das Haushaltsjahr 2023.
Vorläufige Tagesordnung

Sitzung des Ausschusses für Internationalen Handel (INTA)
31.08.-01.09.2022
Themen: Aussprache mit der Kommission zu den handelsbezogenen Aspekten des Pakets RePowerEU, Anhörung zu den Handelsbeziehungen zwischen der EU und dem indopazifischen Raum, Aussprache zum Wirtschafts- und Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada fünf Jahre nach Beginn der Umsetzung.
Vorläufige Tagesordnung

Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (ECON)
31.08.-01.09.2022
Themen: Berichterstattung über die laufenden interinstitutionellen Verhandlungen, Entwurf einer Stellungnahme zum Gesamthaushaltsplan der EU für das Haushaltsjahr 2023.
Vorläufige Tagesordnung

Sitzung des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten (AFET)
31.08.-01.09.2022
Themen: Anhörung zum Einfluss Chinas und Russlands in verschiedenen Regionen weltweit, Abstimmung zum Gesamthaushaltsplan der EU für das Haushaltsjahr 2023, Abstimmung zur Kontrolle der EU-Mittel im Libanon.
Vorläufige Tagesordnung

Sitzung des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (EMPL)
31.08.2022 09:00-12:00 Uhr
Themen: Abstimmung über den Gesamthaushaltsplan der EU für das Haushaltsjahr 2023.
Vorläufige Tagesordnung

Sitzung des Ausschusses für Verkehr und Tourismus (TRAN)
31.08.2022 09:00-11:30 Uhr
Themen: Abstimmung über den Gesamthaushaltsplan der EU für das Haushaltsjahr 2023.
Vorläufige Tagesordnung

Gemeinsame Sitzung der Ausschüsse für Auswärtige Angelegenheiten (AFET), Internationalen Handel (INTA) und Konstitutionelle Fragen (AFCO)
31.08.2022 11:30-12:30 Uhr
Themen: Vorschlag der Kommission zur Durchsetzung des Abkommens über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der EU.
Vorläufige Tagesordnung

Informelle Ministertagung Kohäsionspolitik
01.09.-02.09.2022
Themen: Die für Kohäsionspolitik zuständigen Minister kommen zu einem informellen Treffen zusammen.
Infos

News

Spaniens Ministerpräsident zu Gast auf Schloss Meseberg

Der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez ist von Bundeskanzler Olaf Scholz eingeladen worden, an der Regierungssitzung am kommenden Dienstag auf Schloss Meseberg teilzunehmen. Zentrales Gesprächsthema dürfte die Energie-Versorgungssicherheit sein. Sánchez und Scholz unterstützen den Plan für den Bau einer Gaspipeline, die Spanien und Portugal mit Mitteleuropa verbinden soll. Das sogenannte MidCat-Projekt sieht eine Pipeline zum Transport von Erdgas – und in Zukunft auch von Wasserstoff – von Spanien durch die Pyrenäen vor.

Bedingung der spanischen Regierung war, dass das Projekt von der EU finanziert und von Frankreich unterstützt wird. Frankreich erklärte jedoch vor einer Woche, dass es MidCat nicht unterstützen werde.

Sánchez sagte, dass sich die spanische Regierung für eine Zusammenarbeit mit Italien entscheiden wird, wenn Frankreich das Projekt ablehnt. “Wenn Plan A nicht zustande kommt, müssen wir nach Plan B suchen, und Plan B ist die Verbindung der Iberischen Halbinsel mit Italien”, sagte Sánchez auf einer Pressekonferenz in Bogotá. Sánchez betonte, dass RePowerEU die Vernetzung der Iberischen Halbinsel mit Frankreich über die Pyrenäen vorsieht.

Sollte es jedoch aus “innenpolitischen Gründen” nicht möglich sein, eine Einigung mit Frankreich zu erzielen, gibt es eine Alternative, die ebenfalls in RePowerEU enthalten ist, nämlich die Verbindung zwischen Spanien und Italien. Vergangene Woche erklärte die französische Regierung, dass MidCat “lange brauchen würde, um einsatzbereit zu sein” und “daher nicht auf die aktuelle Krise reagieren würde”.

Die Energiefrage wird auch im Mittelpunkt des spanisch-deutschen Gipfels im Oktober in Madrid stehen. Spanischen Medien zufolge pflegen die Sozialdemokraten Sánchez und Scholz ein enges Verhältnis zueinander.

Die letzte Teilnahme eines europäischen Regierungschefs an einer deutschen Regierungssitzung in Meseberg fand im Mai statt, als die Ministerpräsidentinnen Schwedens und Finnlands daran teilnahmen – eine Geste Deutschlands gegenüber zwei Ländern, die angesichts der russischen Bedrohung beschlossen haben, die NATO-Mitgliedschaft zu beantragen. Isabel Cuesta

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Genehmigung für neuen Atomreaktor in der Slowakei

Die Slowakei setzt anders als Deutschland weiter auf den Ausbau der Atomkraft. Die staatliche Atomaufsichtsbehörde (UJD) erteilte am Donnerstag die endgültige Betriebsgenehmigung für den neuen dritten Reaktorblock am Standort Mochovce. Ein Einspruch der österreichischen Umweltschutzorganisation Global 2000 wurde damit abgewiesen.

Der Bau des Blocks der sowjetischen Bauart WWER-440/213 hatte bereits 1987 begonnen, wurde aber nach langer Unterbrechung erst 2008 wieder aufgenommen. Er hat eine Leistung von 471 Megawatt. Der Betreiber Slovenské elektrárne ist im Besitz der italienischen Enel, des Finanzinvestors EPH und des slowakischen Staates.

Die Slowakei will bei der Stromversorgung autark werden. Das AKW Mochovce liegt rund 100 Kilometer östlich der Hauptstadt Bratislava und 150 Kilometer östlich von Wien. Daneben betreibt der EU-Mitgliedstaat mit etwa 5,5 Millionen Einwohnern auch noch den Standort Jaslovské Bohunice. dpa

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EVP-Chef Weber will EU-Einreiseverbot für Russen

Der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei EVP, der CSU-Politiker Manfred Weber, hat ein Einreiseverbot in die Europäische Union für russische Touristen verlangt. “Das ist für mich schwer vorstellbar, dass wir gleichzeitig Flüchtlinge aus der Ukraine haben und Russen, die hier das Leben genießen”, sagte Weber am Donnerstag im ARD-“Mittagsmagazin”. Er könne es sich kaum ausmalen, dass ukrainische Flüchtlinge in Sylt oder an der Ostsee für russische Urlauber kellnern müssen.

Weber zufolge handelt es sich bei den meisten russischen Einreisenden um Touristen – und da müsse Europa nun Klartext sprechen: “Wir wollen nicht, dass diejenigen, die diesen Krieg mitzuverantworten haben, (…) jetzt bei uns Urlaub machen”, sagte der CSU-Politiker. Auch die normale russische Bevölkerung solle die Folgen der Sanktionen spüren.

Seine Forderung gelte allerdings nicht für Menschen, die aus Russland flüchten wollen. Für diese Menschen seien die EU-Grenzen weiterhin geöffnet. “Wenn die Zivilgesellschaft weg will, wenn die Menschen, die es unter dem Putin-System nicht mehr aushalten, Asyl beantragen wollen, muss Europa offen sein”, forderte er.

Zuletzt schränkten immer mehr EU-Länder die Vergabe von Schengen-Visa an Russen im Alleingang ein. Dazu gehören Estland, Lettland, Litauen und Tschechien. Finnland will ab September folgen. Dänemark dringt auf eine EU-Lösung und will sonst ebenfalls selbst handeln. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) äußerte sich zuletzt ablehnend zu Vorschlägen für schärfere Visa-Regeln. dpa

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Italiens Rechtsaußen Meloni: “Wollen Europa nicht verlassen”

Die Rechtsaußen-Spitzenkandidatin bei der italienischen Parlamentswahl, Giorgia Meloni, will im Falle ihres Sieges nach eigenen Angaben die EU-Haushaltsregeln einhalten. “Wir wollen eine andere italienische Haltung auf der internationalen Bühne – zum Beispiel im Umgang mit der Europäischen Kommission“, sagte die Parteichefin der postfaschistischen Partei Fratelli d’Italia am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters. “Das bedeutet nicht, dass wir Europa zerstören wollen, dass wir Europa verlassen wollen, dass wir verrückte Dinge tun wollen.”

Die Nationalistin, die die erste Ministerpräsidentin Italiens werden könnte, will sich auf Investitionen konzentrieren. Damit soll das chronisch schwache Wirtschaftswachstum der nach Deutschland und Frankreich drittgrößten Volkswirtschaft der Euro-Zone angekurbelt werden. Sie versprach jedoch, die Staatsfinanzen verantwortungsvoll zu verwalten. “Ich bin sehr vorsichtig”, sagte Meloni. “Keine verantwortungsbewusste Person kann sich vorstellen, die Finanzen des Landes zu ruinieren, bevor sie ein vollständiges Bild von den Ressourcen hat, die investiert werden können.”

Die Wahlen am 25. September wurden im Juli nach dem Zusammenbruch der Regierung der nationalen Einheit von Ministerpräsident Mario Draghi angekündigt. Umfragen zufolge könnte Melonis rechtskonservativer Block, zu dem auch Lega und Forza Italia gehören, die Wahl gewinnen. Auf Spekulationen über eine mögliche Rolle des EZB-Direktoriumsmitglieds Fabio Panetta in einer von ihr geführten Regierung ging sie nicht ein. Der Notenbanker sei eine Person “von höchstem Ansehen”, sagte sie lediglich. rtr

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Bautzen fürs Finale der European Broadband Awards 2022 ausgewählt

Bautzen hat es geschafft, den gesamten Landkreis mit einer sehr hohen Konnektivität auszustatten und 179 Schulen und etwa 8.800 Unternehmen mit Glasfaseranschlüssen zu versorgen. Das Projekt wurde von der Jury des European Broadband Awards 2022 für die Endrunde ausgewählt. Ziel des Projekts war es, Versorgungslücken im Breitbandnetz zu schließen. Bisher mussten sich die Bewohner mit einer Versorgung von zwei bis 30 Megabit pro Sekunde (MBit/s) zufriedengeben, was nicht dem heutigen Bedarf in Zeiten von Homeoffice und Homeschooling entspricht.

Hohe Konnektivität ist ein wichtiger Bestandteil von Europas Digitalstrategie. Das Ziel bis zum Jahr 2030 lautet: Gigabit für alle. Auch die deutsche Regierung verfolgt dieses Ziel.

Der Landkreis Bautzen führte für 57 Gemeinden ein Markterkundungsverfahren durch und identifizierte rund 33.000 Anschlüsse, an denen Bandbreiten von weniger als 30 Mbit/s zur Verfügung standen. Im Rahmen einer europaweiten Ausschreibung wurden Telekommunikations-Unternehmen aufgefordert, geeignete Konzepte zur Beseitigung der Unterversorgung vorzulegen. Das Regierungspräsidium beauftragte daraufhin die Telekom Deutschland für 35 Lose und Sachsenenergie für ein Los mit dem Ausbau.

Nach Abschluss der Ausbauarbeiten können alle Haushalte im Ausbaugebiet Bandbreiten von mehr als 100 MBit/s nutzen und mehr als 90 Prozent der Anschlüsse verfügen über Bandbreiten von einem Gigabit pro Sekunde (GBit/s).

Insgesamt verlegten die Firmen rund 12.500 Kilometer Glasfaserkabel, bauten 2.200 Kilometer unterirdische Trassen und installierten 1.530 neue Verteilerleitungen. Neben der üblichen offenen Grabenbauweise als Verlegetechnik kamen auch andere Technologien wie Grabenziehen, Pflügen oder horizontales Spülbohren zum Einsatz. vis

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Presseschau

EU-Ratspräsidentschaft will europäischen Strompreisdeckel – Ökonomen sind aber dagegen HANDELSBLATT
Französische Abgeordnete fordern Maßnahmen gegen britische Abwassereinleitungen SPIEGEL
Bei Besuch in Marokko – Baerbock kündigt intensivere Zusammenarbeit bei Energiewende an RPONLINE
Argentinien und Deutschland vereinbaren Fördermaßnahmen im Bereich der Erneuerbaren EURACTIV
Habeck ruft gewinnstarke Unternehmen zum Verzicht auf Gasumlage auf WELT
FDP und SPD fordern Änderungen an der Gasumlage ZEIT
Wirtschaftsministerium zum Energiesparen: “Deutschland dimmt runter, aber es wird nicht zappenduster in unseren Innenstädten” RND
Expertenrat kritisiert lückenhafte Klimapläne TAGESSCHAU

Kolumne

What’s cooking in Brussels: Klimawandel auf dem Balkan

Von Claire Stam
Schwarz-weiß Portrait von Claire Stam

Ajvar ist eine Beilage, die hauptsächlich aus roter Paprika, Chili und Knoblauch, manchmal auch aus Auberginen oder Tomaten besteht und in allen Balkanländern beliebt ist. Das Rezept variiert je nach Region ebenso wie sein Schärfegrad. Und Intensität, ob kulinarisch oder politisch, hat die Balkanregion mehr als einmal bewiesen. Diesmal geht es um die Intensität der Auswirkungen der globalen Erwärmung in der Region. Und sie kann, wie Ajvar, intensiv sein.

“Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Landwirtschaft und die Energieerzeugung haben auf regionaler Ebene schwerwiegende Folgen”, heißt es in einer kürzlich veröffentlichten Analyse des International Military Council on Climate and Security (IMCCS). In dem Dokument wird darauf hingewiesen, dass die Landwirtschaft in den westlichen Balkanstaaten 11 Prozent des gesamten BIP ausmacht und Wasserkraft 37 Prozent der gesamten Energie in der Region liefert.

Das Dokument erinnert daran, dass der Balkan eine geografische Gruppe von zehn Ländern “mit unterschiedlichen ethnischen Hintergründen” darstellt: Albanien, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Kroatien, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien, Rumänien, Serbien und Slowenien. Nun sind Bulgarien, Kroatien, Rumänien und Slowenien Teil der Europäischen Union. Und der neue Status der Ukraine als EU-Beitrittskandidat, der ihr im vergangenen Juni einstimmig verliehen wurde, hat die Frustration unter den Balkanländern, die (noch) nicht dazugehören und immer wieder an die Tür der EU klopfen, nur noch weiter geschürt.

Einfluss aus China und Russland

“In einer Region, in der die Spannungen [zwischen Nachbarn] nie abgebaut wurden, wird die Lage durch den Klimawandel und den Krieg in der Ukraine, aber auch durch steigende Lebensmittel- und Energiepreise weiter gestört. Es wird schwierig sein, die Märkte und Volkswirtschaften offenzuhalten, und wir hören immer mehr Stimmen, die nach Protektionismus rufen“, sagt Genady Kondarev, Senior Associate für Mitte und Osteuropa beim Think-Tank E3G, im Gespräch mit Europe.Table. 

Und weiter: “Wie anderswo in Europa erlebt auch der Balkan einen heißen und trockenen Sommer, der sich auf die landwirtschaftlichen Erträge auswirkt. Und noch bevor die schlechten Ergebnisse klar waren, wollten Länder wie Bulgarien die ukrainischen Importe von billigem Getreide beschränken, um den heimischen Markt zu schützen.”

Als Nebeneffekt wirken sich die Folgen der globalen Erwärmung auf den Landwirtschafts- und Energiesektor auch auf die Sicherheit und die politische Stabilität der Region aus. So betont die Analyse des IMCCS, dass verstärkte Auswirkungen des Klimawandels bestehende Spannungen nach Konflikten verschärfen, Europas Klimaziele gefährden und die Anfälligkeit der Region für chinesische und russische Einflussnahme erhöhen können.

Genady Kondarev von E3G sagt dazu: “Derzeit übt Russland einen ernsthaften und entscheidenden Einfluss in Serbien und Ungarn aus. Wir haben zum Beispiel gesehen, dass Ungarn, obwohl es Teil der EU ist, unter unklaren Bedingungen Gas aus Russland erhält und seine Exporte in die EU eingeschränkt hat, was gegen die Regeln des europäischen Energiemarktes und den Aufruf zur Solidarität verstößt.”

Erneute Abhängigkeit Bulgariens

Bulgarien ist das nächste Land auf der Liste. Die vorherige Regierung, die EU-freundlich und pro-westlich war, hat sich kaum sechs Monate gehalten. Bulgarien befinde sich zurzeit in einer Art Ausnahmezustand. “Das Land ist traditionell russlandfreundlich“, sagt Kondarev. Unter der vorherigen Regierung habe Bulgarien versucht, sich vom russischen Einfluss zu lösen – zum Teil nicht ganz freiwillig, denn Russland habe die Gaslieferungen gestoppt, obwohl Bulgarien den Vertrag nicht gebrochen habe.

“Unter der Übergangsregierung besteht die Gefahr, dass sich der Trend umkehrt und Bulgarien wieder in einen Zustand der Abhängigkeit von russischen Energietransporteuren zurückfällt. Es wird immer deutlicher, dass Sofia sich beim Gas wieder an Gazprom wendet“, sagt Kondarev.

Und die Analysten von IMCCS bohren beim “Ripple Effect” noch tiefer: “Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass klimainduzierte Migrationsströme aus dem Nahen Osten und Afrika, die durch die Region fließen, den Rechtsextremismus schüren. Der Ausbruch des Konflikts in der benachbarten Ukraine verschärft diese Bedenken noch.” Italien lässt grüßen.

Was bedeutet das alles für die EU? Lassen wir das IMCCS das Schlusswort haben: “Wenn sich die Region von ihren europäischen Partnern nicht unterstützt fühlt, ist es möglich, dass die Befürworter einer neuen Ordnung weiterhin Unterstützung mobilisieren. Wenn die Auswirkungen des Klimas auf die Lebensgrundlagen, das Wirtschaftswachstum und die Migration in der Region nicht berücksichtigt werden, könnte die Unzufriedenheit mit dem derzeitigen System zunehmen, wodurch die Gefahr ethnisch motivierter Gewalt noch größer wird.”

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Europe.Table Redaktion

EUROPE.TABLE REDAKTION

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    Gesetz gegen hohe Strompreise kommt 2023

    Gegen hohe Strompreise will die Europäische Kommission schneller und umfassender vorgehen als bisher bekannt. Ein Sprecher von Energiekommissarin Kadri Simson kündigte am Donnerstag auf Anfrage von Europe.Table konkrete Schritte für ein neues Strommarktdesign an: “Wir planen, im Herbst eine breit angelegte öffentliche Konsultation einzuleiten, die sich auf eine erste Folgenabschätzung stützt, in der die wichtigsten Fragen und Ziele dargelegt werden. Dies wird es uns ermöglichen, nächstes Jahr einen Legislativvorschlag vorzulegen.”

    Eine so schnelle Initiative mit Gesetzescharakter kommt überraschend. Ein neues Energiemarktdesign galt bislang als Mammutprojekt, das jahrelanger Vorbereitung bedarf. Spätestens seit Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine belasten aber hohe Preise für Gas und Strom die EU-Mitglieder. Ende März hatten die Staatenlenker bei einem Treffen in Brüssel die Kommission aufgefordert, neben Sofortmaßnahmen auch eine grundsätzliche Lösung vorzubereiten.  

    Im Zusammenhang mit der Gesetzesinitiative und der öffentlichen Konsultation verwies der Kommissionssprecher gestern auf eine Aussage Simsons beim außerordentlichen Treffen der Energieminister Ende Juli: “Wir kommen dem Auftrag der Staats- und Regierungschefs der EU nach, zu prüfen, wie unser Strommarkt in einer Situation extremer Volatilität funktionieren könnte und wie wir den Nutzen der erneuerbaren Energien im System maximieren können.”

    Gaspreis knackt 300-Euro-Marke

    Extrem war gestern erneut der Anstieg der Elektrizitäts- und Gaspreise. Stromlieferungen für Deutschland im nächsten Jahr verteuerten sich um 16 Prozent auf 781 Euro pro Megawattstunde. Erdgas für September knackte die 300er-Marke und erreichte bis zu 323 Euro, das 17-Fache des langjährigen Durchschnitts vor dem Krieg.

    Weil die Strompreise den Gasnotierungen folgen, werden Forderungen immer lauter, das Strommarktdesign von den Kosten für den teuersten Brennstoff zu entkoppeln. Wie Europe.Table berichtete, prüft unter anderem das Bundeswirtschaftsministerium, ob das spanische Modell eines Gaspreisdeckels für Kraftwerke auf die ganze EU übertragen werden könnte.

    Skeptisch gegenüber den Gedankenspielen im grün geführten Wirtschaftsministerium zeigte sich die eigene Bundestagsfraktion. “Die Preise für Gas und Strom müssen dringend gesenkt werden. Die Lösung ist aber nicht eine unbezahlbare Subvention mit Steuergeld, sondern ein gemeinsamer europäischer Einkauf, der die derzeitigen Mondpreise an den Weltmärkten beendet”, sagte gestern die energiepolitische Sprecherin Ingrid Nestle.

    “Dabei sind gemeinsame Erfolge beim sparsameren Verbrauch von Gas, Strom und Co. der Schlüssel dafür, die Weltmarktpreise wieder auf ein erträgliches Niveau zurückzuführen. Eine hohe Nachfrage führt zu hohen Preisen”, so die Grünen-Politikerin.

    Union will eigenen Markt für Erneuerbare

    Die FDP verwies dagegen auf die Substitution des Energieträgers Gas. “Ein Strompreisdeckel auf EU-Ebene ist nicht das richtige Gegenmittel”, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der Liberalen, Reinhard Houben. “Das wenige Gas, das uns zur Verfügung steht, sollten wir nicht zur Verstromung nutzen. Mitte Juli hat die Bundesregierung deswegen entschieden, dass Kohlekraftwerke wieder ans Netz gehen können. Außerdem prüft sie die Verlängerung der Laufzeiten der verbliebenen drei Kernkraftwerke.”

    Die von der Kommission angestrebte Änderung am Marktdesign findet Zustimmung in der Union. “Wirksam ist nur eine marktwirtschaftliche Reform, also Änderungen der Mechanismen der Preisfindung”, sagte der Europaabgeordnete Markus Pieper (CDU). Nach seiner Überzeugung müsse die Preisfindung stärker den spezifischen Situationen von Erneuerbaren und Fossilen gerecht werden.

    Deutlicher wird seine CSU-Kollegin Angelika Niebler: “Die Reform des EU-Energiebinnenmarkts muss konsequenter vorangetrieben werden. Beispielsweise durch die Entkopplung der Preisfindung für erneuerbare und fossile Energieträger oder die Überarbeitung des Marktdesigns.” Auch das Grenzkostenprinzip hält Niebler für reformbedürftig.

    Pieper rechnet 2024 mit neuem Marktdesign

    Getrennte Strommärkte für erneuerbare und fossile Kraftwerke wären eine fundamentale Neuerung. Nicht nur der Union sind allerdings die derzeitigen Mitnahmeeffekte von Ökokraftwerken ein Dorn im Auge. Auch die Kommission hatte bereits angemahnt, bei Übergewinnen keinen Unterschied zwischen den Energieträgern zu machen. Pieper rechnet fest damit, dass es schon 2024 ein neues Energiemarktdesign in der EU geben wird. Niebler wünscht sich ein proaktiveres Handeln der Ampel-Koalition, um einen Konsens zwischen den Mitgliedstaaten herbeizuführen.

    Unter den kurzfristigen Krisenmaßnahmen finden Preisdeckel breite Unterstützung, wenn sie nicht für Kraftwerke gelten, sondern für den Grundverbrauch von Haushalten. Die Parteiführung von CDU/CSU hatte bereits vorgeschlagen, dass der Staat einen günstigen Grundbedarf an Gas und auch Strom garantieren solle. Pieper ergänzte gestern, er wolle diese Maßnahme auf zwei Jahre befristen, bis das neue Marktdesign greife.

    Der Grünen-Parlamentarier Michael Bloss denkt in die gleiche Richtung, will die Maßnahme aber anders finanzieren: “Wenn es im Winter in den Wohnzimmern kalt bleibt, dann steht Europa vor einer existenziellen Krise. Um das zu verhindern, müssen wir über einen Preisdeckel für den Grundbedarf an Energiegrundversorgung für alle in Europa diskutieren. Dieser muss von den Energieversorgern bezahlt werden. Ein Gaspreisdeckel darf nicht dazu führen, dass der Staat die Milliarden an Übergewinnen der fossilen Unternehmen finanziert.”

    Die Linken-Abgeordnete Cornelia Ernst will die Maßnahme gerne verstetigen: “Ein Preisdeckel ergibt für mich als erster Schritt und kurzfristig Sinn. Allerdings muss er mit einer Übergewinnsteuer kombiniert werden. Langfristig müssen aus meiner Sicht Personen- oder Haushaltskontingente zu sozialen Preisen eingeführt werden. Wer es sich leisten will, überdurchschnittlich viel zu verbrauchen, soll dann auch dafür entsprechend zur Kasse gebeten werden.”

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    Strompreiskompensation für die Industrie: Was bedeuten die 27,5 Milliarden?

    Der europäische CO2-Preis stieg zuletzt wieder auf knapp 100 Euro. Zwar müssen die energieintensiven Industrien diesen Preis größtenteils gar nicht zahlen, da sie mit kostenlosen Emissionsrechten versorgt werden, doch indirekte Emissionskosten schlagen bei den Unternehmen durchaus zu Buche. Es sind die Kosten für Strom, den sie extern beziehen und für den bei der Herstellung durch die Energieversorger der CO2-Preisaufschlag fällig wird.

    Angesichts steigender Strom- und CO2-Preise kommt es der Industrie da ganz gelegen, dass die EU-Kommission vergangene Woche die neue Beihilferegelung zur Strompreiskompensation der Bundesregierung genehmigt hat (Europe.Table berichtete). Insgesamt 27,5 Milliarden Euro können den energieintensiven Unternehmen an indirekten Emissionskosten für die Jahre 2021 bis 2030 erstattet werden.

    Die Genehmigung habe man in Industriekreisen seit Langem erwartet, sagt Joachim Hein, Referent für Energie- und Klimapolitik beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Andere EU-Länder seien bei der Umsetzung der neuen Beihilfeleitlinien deutlich schneller gewesen, weshalb der BDI in Berlin und Brüssel immer wieder zur Eile gemahnt hatte. Für die Industrie endet somit eine Übergangsphase der Ungewissheit. Bis Ende September können Unternehmen nun die Strompreiskompensation für vergangenes Jahr beantragen. Bisher sei das nicht klar gewesen, so Hein.

    Neue ökologische Gegenleistungen

    Alles geklärt ist damit allerdings noch nicht, denn wie die nationale Förderrichtlinie im Detail aussieht, ist noch offen und wird erst mit der Veröffentlichung im Bundesanzeiger bekannt gegeben. Die Summe von 27,5 Milliarden könne man daher noch nicht einordnen, sagt Hein. Es sei vor allem angesichts des andauernden Krieges nicht klar, wie sich der CO2-Preis im europäischen Emissionshandelssystem (ETS) und die Brennstoffpreise weiterentwickeln werden. “Gerade diese Faktoren wirken sich ganz erheblich auf die stromintensiven Industrien aus”, sagt Hein.

    Die anhaltende Unklarheit hängt auch mit den neuen Gegenleistungen zusammen, die Unternehmen im Gegenzug für die Strompreiskompensation erbringen müssen. Brüssel hat bei der Überarbeitung der Beihilfeleitlinien im September 2020 bestimmte Klimaschutzbedingungen für förderfähige Unternehmen eingeführt.

    Im Detail: Unternehmen müssen ein Energie-Audit durchführen oder ein Energiemanagementsystem einführen und dessen Ergebnisse umsetzen, sofern die Amortisationszeit für die notwendigen Investitionen nicht länger als drei Jahre beträgt. Alternativ können sie mindestens 50 Prozent der Beihilfesumme in Dekarbonisierungs- oder Energieeffizienzmaßnahmen investieren oder dafür sorgen, dass mindestens 30 Prozent ihres Strombedarfs aus erneuerbaren Quellen stammt.

    Bundesregierung wollte umfassenderen Carbon-Leakage-Schutz

    Doch diese ökologischen Gegenleistungen sind aus Sicht des BDI noch sehr kompliziert und von der für das Verfahren hierzulande zuständigen Deutschen Emissionshandelsstelle (DEHSt) im Umweltbundesamt noch nicht ausformuliert.

    Im aktuellen “Leitfaden zur Erstellung von Anträgen auf Beihilfen für indirekte CO2-Kosten (Strompreiskompensation)” vom 26. Juli 2022 steht im Kapitel für die ökologischen Gegenleistungen noch ein Platzhalter mit dem Hinweis auf spätere Ergänzung. Aus einer Präsentation der DEHSt vom 27. Juli 2022 geht lediglich hervor, dass Unternehmen, die schon Energiemanagementsysteme oder Energie-Audits eingeführt haben und keine der oben beschriebenen Maßnahmen als notwendig identifiziert haben, “keinerlei ökologische Gegenleistungen erbringen” müssen.

    Angesichts der noch offenen Fragen ist auch die Wirksamkeit der neuen Förderrichtlinie noch unklar. Ihr ursprünglicher Zweck ist der Schutz vor Carbon Leakage. Durch gezielte Entlastung stromintensiver Unternehmen sollen Wettbewerbsnachteile von sich im internationalen Wettbewerb befindenden Branchen durch CO2-Preis-bedingte Aufschläge vermindert werden. Die Beihilfen sind ein etabliertes Element des EU-Emissionshandels. Doch in der aktuellen Energiepreiskrise gewinnt es umso mehr an Bedeutung, weshalb in Industriekreisen sehnsüchtig auf die neue Förderrichtlinie gewartet wird.

    Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) betont auf Nachfrage von Europe.Table, dass sich die Bundesregierung 2020 für einen noch umfassenderen Carbon-Leakage-Schutz innerhalb der Beihilferegeln eingesetzt habe. Unter anderem habe die Vorgängerregierung eine Verbesserung der Kriterien zur Aufnahme von (Teil-)Sektoren auf die Liste beihilfefähiger Sektoren der Kommission gefordert, sagt eine Sprecherin. Auch habe sie sich für eine Überprüfung der Stromverbrauchseffizienzbenchmarks anstatt einer pauschalen Benchmark-Absenkung eingesetzt. Dieser Forderung habe die Kommission nicht vollumfänglich entsprochen, so die BMWK-Sprecherin.

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    EU-Monitoring

    26.08.2022_Monitoring

    Informelle Ministertagung Verteidigung
    29.08.-30.08.2022
    Themen: Russischer Krieg gegen die Ukraine und seine Auswirkungen auf die Sicherheit der EU-Mitgliedstaaten, Einfluss Russlands auf afrikanische Staaten.
    Infos

    Informelle Ministertagung Auswärtige Angelegenheiten
    30.08.-31.08.2022
    Themen: Russischer Krieg gegen die Ukraine und seine globalen Auswirkungen, Visa-Bann für russische Staatsbürger, Ausblick für Ukraine, Moldau und Georgien sowie die Zukunft der Östlichen Partnerschaft, Beziehungen zwischen der EU und Afrika.
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    Sitzung des Ausschusses für Entwicklung (DEVE)
    30.08.2022 09:00-18:30 Uhr
    Themen: Abstimmung über den Gesamthaushaltsplan der EU für das Haushaltsjahr 2023, Aussprache zur Hungerkrise in Westafrika und in der Sahelzone, Entwurf einer Stellungnahme zum strafrechtlichen Schutz der Umwelt.
    Vorläufige Tagesordnung

    Sitzung des Sonderausschusses zu Erkenntnissen aus der COVID-19-Pandemie und Empfehlungen für die Zukunft (COVI)
    30.08.2022 09:00-12:30 Uhr
    Themen: Aussprachen mit Regierungs- und Kommissionsvertretern.
    Vorläufige Tagesordnung

    Sitzung des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI)
    30.08.2022 14:30-15:30 Uhr
    Themen: Berichterstattung über die laufenden interinstitutionellen Verhandlungen, Berichtsentwurf zur Schaffung eines CO2-Grenzausgleichssystems, Abstimmung über den Gesamthaushaltsplan der EU für das Haushaltsjahr 2023.
    Vorläufige Tagesordnung

    Sitzung des Ausschusses für Internationalen Handel (INTA)
    31.08.-01.09.2022
    Themen: Aussprache mit der Kommission zu den handelsbezogenen Aspekten des Pakets RePowerEU, Anhörung zu den Handelsbeziehungen zwischen der EU und dem indopazifischen Raum, Aussprache zum Wirtschafts- und Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada fünf Jahre nach Beginn der Umsetzung.
    Vorläufige Tagesordnung

    Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (ECON)
    31.08.-01.09.2022
    Themen: Berichterstattung über die laufenden interinstitutionellen Verhandlungen, Entwurf einer Stellungnahme zum Gesamthaushaltsplan der EU für das Haushaltsjahr 2023.
    Vorläufige Tagesordnung

    Sitzung des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten (AFET)
    31.08.-01.09.2022
    Themen: Anhörung zum Einfluss Chinas und Russlands in verschiedenen Regionen weltweit, Abstimmung zum Gesamthaushaltsplan der EU für das Haushaltsjahr 2023, Abstimmung zur Kontrolle der EU-Mittel im Libanon.
    Vorläufige Tagesordnung

    Sitzung des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (EMPL)
    31.08.2022 09:00-12:00 Uhr
    Themen: Abstimmung über den Gesamthaushaltsplan der EU für das Haushaltsjahr 2023.
    Vorläufige Tagesordnung

    Sitzung des Ausschusses für Verkehr und Tourismus (TRAN)
    31.08.2022 09:00-11:30 Uhr
    Themen: Abstimmung über den Gesamthaushaltsplan der EU für das Haushaltsjahr 2023.
    Vorläufige Tagesordnung

    Gemeinsame Sitzung der Ausschüsse für Auswärtige Angelegenheiten (AFET), Internationalen Handel (INTA) und Konstitutionelle Fragen (AFCO)
    31.08.2022 11:30-12:30 Uhr
    Themen: Vorschlag der Kommission zur Durchsetzung des Abkommens über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der EU.
    Vorläufige Tagesordnung

    Informelle Ministertagung Kohäsionspolitik
    01.09.-02.09.2022
    Themen: Die für Kohäsionspolitik zuständigen Minister kommen zu einem informellen Treffen zusammen.
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    Spaniens Ministerpräsident zu Gast auf Schloss Meseberg

    Der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez ist von Bundeskanzler Olaf Scholz eingeladen worden, an der Regierungssitzung am kommenden Dienstag auf Schloss Meseberg teilzunehmen. Zentrales Gesprächsthema dürfte die Energie-Versorgungssicherheit sein. Sánchez und Scholz unterstützen den Plan für den Bau einer Gaspipeline, die Spanien und Portugal mit Mitteleuropa verbinden soll. Das sogenannte MidCat-Projekt sieht eine Pipeline zum Transport von Erdgas – und in Zukunft auch von Wasserstoff – von Spanien durch die Pyrenäen vor.

    Bedingung der spanischen Regierung war, dass das Projekt von der EU finanziert und von Frankreich unterstützt wird. Frankreich erklärte jedoch vor einer Woche, dass es MidCat nicht unterstützen werde.

    Sánchez sagte, dass sich die spanische Regierung für eine Zusammenarbeit mit Italien entscheiden wird, wenn Frankreich das Projekt ablehnt. “Wenn Plan A nicht zustande kommt, müssen wir nach Plan B suchen, und Plan B ist die Verbindung der Iberischen Halbinsel mit Italien”, sagte Sánchez auf einer Pressekonferenz in Bogotá. Sánchez betonte, dass RePowerEU die Vernetzung der Iberischen Halbinsel mit Frankreich über die Pyrenäen vorsieht.

    Sollte es jedoch aus “innenpolitischen Gründen” nicht möglich sein, eine Einigung mit Frankreich zu erzielen, gibt es eine Alternative, die ebenfalls in RePowerEU enthalten ist, nämlich die Verbindung zwischen Spanien und Italien. Vergangene Woche erklärte die französische Regierung, dass MidCat “lange brauchen würde, um einsatzbereit zu sein” und “daher nicht auf die aktuelle Krise reagieren würde”.

    Die Energiefrage wird auch im Mittelpunkt des spanisch-deutschen Gipfels im Oktober in Madrid stehen. Spanischen Medien zufolge pflegen die Sozialdemokraten Sánchez und Scholz ein enges Verhältnis zueinander.

    Die letzte Teilnahme eines europäischen Regierungschefs an einer deutschen Regierungssitzung in Meseberg fand im Mai statt, als die Ministerpräsidentinnen Schwedens und Finnlands daran teilnahmen – eine Geste Deutschlands gegenüber zwei Ländern, die angesichts der russischen Bedrohung beschlossen haben, die NATO-Mitgliedschaft zu beantragen. Isabel Cuesta

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    Genehmigung für neuen Atomreaktor in der Slowakei

    Die Slowakei setzt anders als Deutschland weiter auf den Ausbau der Atomkraft. Die staatliche Atomaufsichtsbehörde (UJD) erteilte am Donnerstag die endgültige Betriebsgenehmigung für den neuen dritten Reaktorblock am Standort Mochovce. Ein Einspruch der österreichischen Umweltschutzorganisation Global 2000 wurde damit abgewiesen.

    Der Bau des Blocks der sowjetischen Bauart WWER-440/213 hatte bereits 1987 begonnen, wurde aber nach langer Unterbrechung erst 2008 wieder aufgenommen. Er hat eine Leistung von 471 Megawatt. Der Betreiber Slovenské elektrárne ist im Besitz der italienischen Enel, des Finanzinvestors EPH und des slowakischen Staates.

    Die Slowakei will bei der Stromversorgung autark werden. Das AKW Mochovce liegt rund 100 Kilometer östlich der Hauptstadt Bratislava und 150 Kilometer östlich von Wien. Daneben betreibt der EU-Mitgliedstaat mit etwa 5,5 Millionen Einwohnern auch noch den Standort Jaslovské Bohunice. dpa

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    EVP-Chef Weber will EU-Einreiseverbot für Russen

    Der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei EVP, der CSU-Politiker Manfred Weber, hat ein Einreiseverbot in die Europäische Union für russische Touristen verlangt. “Das ist für mich schwer vorstellbar, dass wir gleichzeitig Flüchtlinge aus der Ukraine haben und Russen, die hier das Leben genießen”, sagte Weber am Donnerstag im ARD-“Mittagsmagazin”. Er könne es sich kaum ausmalen, dass ukrainische Flüchtlinge in Sylt oder an der Ostsee für russische Urlauber kellnern müssen.

    Weber zufolge handelt es sich bei den meisten russischen Einreisenden um Touristen – und da müsse Europa nun Klartext sprechen: “Wir wollen nicht, dass diejenigen, die diesen Krieg mitzuverantworten haben, (…) jetzt bei uns Urlaub machen”, sagte der CSU-Politiker. Auch die normale russische Bevölkerung solle die Folgen der Sanktionen spüren.

    Seine Forderung gelte allerdings nicht für Menschen, die aus Russland flüchten wollen. Für diese Menschen seien die EU-Grenzen weiterhin geöffnet. “Wenn die Zivilgesellschaft weg will, wenn die Menschen, die es unter dem Putin-System nicht mehr aushalten, Asyl beantragen wollen, muss Europa offen sein”, forderte er.

    Zuletzt schränkten immer mehr EU-Länder die Vergabe von Schengen-Visa an Russen im Alleingang ein. Dazu gehören Estland, Lettland, Litauen und Tschechien. Finnland will ab September folgen. Dänemark dringt auf eine EU-Lösung und will sonst ebenfalls selbst handeln. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) äußerte sich zuletzt ablehnend zu Vorschlägen für schärfere Visa-Regeln. dpa

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    Italiens Rechtsaußen Meloni: “Wollen Europa nicht verlassen”

    Die Rechtsaußen-Spitzenkandidatin bei der italienischen Parlamentswahl, Giorgia Meloni, will im Falle ihres Sieges nach eigenen Angaben die EU-Haushaltsregeln einhalten. “Wir wollen eine andere italienische Haltung auf der internationalen Bühne – zum Beispiel im Umgang mit der Europäischen Kommission“, sagte die Parteichefin der postfaschistischen Partei Fratelli d’Italia am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters. “Das bedeutet nicht, dass wir Europa zerstören wollen, dass wir Europa verlassen wollen, dass wir verrückte Dinge tun wollen.”

    Die Nationalistin, die die erste Ministerpräsidentin Italiens werden könnte, will sich auf Investitionen konzentrieren. Damit soll das chronisch schwache Wirtschaftswachstum der nach Deutschland und Frankreich drittgrößten Volkswirtschaft der Euro-Zone angekurbelt werden. Sie versprach jedoch, die Staatsfinanzen verantwortungsvoll zu verwalten. “Ich bin sehr vorsichtig”, sagte Meloni. “Keine verantwortungsbewusste Person kann sich vorstellen, die Finanzen des Landes zu ruinieren, bevor sie ein vollständiges Bild von den Ressourcen hat, die investiert werden können.”

    Die Wahlen am 25. September wurden im Juli nach dem Zusammenbruch der Regierung der nationalen Einheit von Ministerpräsident Mario Draghi angekündigt. Umfragen zufolge könnte Melonis rechtskonservativer Block, zu dem auch Lega und Forza Italia gehören, die Wahl gewinnen. Auf Spekulationen über eine mögliche Rolle des EZB-Direktoriumsmitglieds Fabio Panetta in einer von ihr geführten Regierung ging sie nicht ein. Der Notenbanker sei eine Person “von höchstem Ansehen”, sagte sie lediglich. rtr

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    Bautzen fürs Finale der European Broadband Awards 2022 ausgewählt

    Bautzen hat es geschafft, den gesamten Landkreis mit einer sehr hohen Konnektivität auszustatten und 179 Schulen und etwa 8.800 Unternehmen mit Glasfaseranschlüssen zu versorgen. Das Projekt wurde von der Jury des European Broadband Awards 2022 für die Endrunde ausgewählt. Ziel des Projekts war es, Versorgungslücken im Breitbandnetz zu schließen. Bisher mussten sich die Bewohner mit einer Versorgung von zwei bis 30 Megabit pro Sekunde (MBit/s) zufriedengeben, was nicht dem heutigen Bedarf in Zeiten von Homeoffice und Homeschooling entspricht.

    Hohe Konnektivität ist ein wichtiger Bestandteil von Europas Digitalstrategie. Das Ziel bis zum Jahr 2030 lautet: Gigabit für alle. Auch die deutsche Regierung verfolgt dieses Ziel.

    Der Landkreis Bautzen führte für 57 Gemeinden ein Markterkundungsverfahren durch und identifizierte rund 33.000 Anschlüsse, an denen Bandbreiten von weniger als 30 Mbit/s zur Verfügung standen. Im Rahmen einer europaweiten Ausschreibung wurden Telekommunikations-Unternehmen aufgefordert, geeignete Konzepte zur Beseitigung der Unterversorgung vorzulegen. Das Regierungspräsidium beauftragte daraufhin die Telekom Deutschland für 35 Lose und Sachsenenergie für ein Los mit dem Ausbau.

    Nach Abschluss der Ausbauarbeiten können alle Haushalte im Ausbaugebiet Bandbreiten von mehr als 100 MBit/s nutzen und mehr als 90 Prozent der Anschlüsse verfügen über Bandbreiten von einem Gigabit pro Sekunde (GBit/s).

    Insgesamt verlegten die Firmen rund 12.500 Kilometer Glasfaserkabel, bauten 2.200 Kilometer unterirdische Trassen und installierten 1.530 neue Verteilerleitungen. Neben der üblichen offenen Grabenbauweise als Verlegetechnik kamen auch andere Technologien wie Grabenziehen, Pflügen oder horizontales Spülbohren zum Einsatz. vis

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    Presseschau

    EU-Ratspräsidentschaft will europäischen Strompreisdeckel – Ökonomen sind aber dagegen HANDELSBLATT
    Französische Abgeordnete fordern Maßnahmen gegen britische Abwassereinleitungen SPIEGEL
    Bei Besuch in Marokko – Baerbock kündigt intensivere Zusammenarbeit bei Energiewende an RPONLINE
    Argentinien und Deutschland vereinbaren Fördermaßnahmen im Bereich der Erneuerbaren EURACTIV
    Habeck ruft gewinnstarke Unternehmen zum Verzicht auf Gasumlage auf WELT
    FDP und SPD fordern Änderungen an der Gasumlage ZEIT
    Wirtschaftsministerium zum Energiesparen: “Deutschland dimmt runter, aber es wird nicht zappenduster in unseren Innenstädten” RND
    Expertenrat kritisiert lückenhafte Klimapläne TAGESSCHAU

    Kolumne

    What’s cooking in Brussels: Klimawandel auf dem Balkan

    Von Claire Stam
    Schwarz-weiß Portrait von Claire Stam

    Ajvar ist eine Beilage, die hauptsächlich aus roter Paprika, Chili und Knoblauch, manchmal auch aus Auberginen oder Tomaten besteht und in allen Balkanländern beliebt ist. Das Rezept variiert je nach Region ebenso wie sein Schärfegrad. Und Intensität, ob kulinarisch oder politisch, hat die Balkanregion mehr als einmal bewiesen. Diesmal geht es um die Intensität der Auswirkungen der globalen Erwärmung in der Region. Und sie kann, wie Ajvar, intensiv sein.

    “Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Landwirtschaft und die Energieerzeugung haben auf regionaler Ebene schwerwiegende Folgen”, heißt es in einer kürzlich veröffentlichten Analyse des International Military Council on Climate and Security (IMCCS). In dem Dokument wird darauf hingewiesen, dass die Landwirtschaft in den westlichen Balkanstaaten 11 Prozent des gesamten BIP ausmacht und Wasserkraft 37 Prozent der gesamten Energie in der Region liefert.

    Das Dokument erinnert daran, dass der Balkan eine geografische Gruppe von zehn Ländern “mit unterschiedlichen ethnischen Hintergründen” darstellt: Albanien, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Kroatien, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien, Rumänien, Serbien und Slowenien. Nun sind Bulgarien, Kroatien, Rumänien und Slowenien Teil der Europäischen Union. Und der neue Status der Ukraine als EU-Beitrittskandidat, der ihr im vergangenen Juni einstimmig verliehen wurde, hat die Frustration unter den Balkanländern, die (noch) nicht dazugehören und immer wieder an die Tür der EU klopfen, nur noch weiter geschürt.

    Einfluss aus China und Russland

    “In einer Region, in der die Spannungen [zwischen Nachbarn] nie abgebaut wurden, wird die Lage durch den Klimawandel und den Krieg in der Ukraine, aber auch durch steigende Lebensmittel- und Energiepreise weiter gestört. Es wird schwierig sein, die Märkte und Volkswirtschaften offenzuhalten, und wir hören immer mehr Stimmen, die nach Protektionismus rufen“, sagt Genady Kondarev, Senior Associate für Mitte und Osteuropa beim Think-Tank E3G, im Gespräch mit Europe.Table. 

    Und weiter: “Wie anderswo in Europa erlebt auch der Balkan einen heißen und trockenen Sommer, der sich auf die landwirtschaftlichen Erträge auswirkt. Und noch bevor die schlechten Ergebnisse klar waren, wollten Länder wie Bulgarien die ukrainischen Importe von billigem Getreide beschränken, um den heimischen Markt zu schützen.”

    Als Nebeneffekt wirken sich die Folgen der globalen Erwärmung auf den Landwirtschafts- und Energiesektor auch auf die Sicherheit und die politische Stabilität der Region aus. So betont die Analyse des IMCCS, dass verstärkte Auswirkungen des Klimawandels bestehende Spannungen nach Konflikten verschärfen, Europas Klimaziele gefährden und die Anfälligkeit der Region für chinesische und russische Einflussnahme erhöhen können.

    Genady Kondarev von E3G sagt dazu: “Derzeit übt Russland einen ernsthaften und entscheidenden Einfluss in Serbien und Ungarn aus. Wir haben zum Beispiel gesehen, dass Ungarn, obwohl es Teil der EU ist, unter unklaren Bedingungen Gas aus Russland erhält und seine Exporte in die EU eingeschränkt hat, was gegen die Regeln des europäischen Energiemarktes und den Aufruf zur Solidarität verstößt.”

    Erneute Abhängigkeit Bulgariens

    Bulgarien ist das nächste Land auf der Liste. Die vorherige Regierung, die EU-freundlich und pro-westlich war, hat sich kaum sechs Monate gehalten. Bulgarien befinde sich zurzeit in einer Art Ausnahmezustand. “Das Land ist traditionell russlandfreundlich“, sagt Kondarev. Unter der vorherigen Regierung habe Bulgarien versucht, sich vom russischen Einfluss zu lösen – zum Teil nicht ganz freiwillig, denn Russland habe die Gaslieferungen gestoppt, obwohl Bulgarien den Vertrag nicht gebrochen habe.

    “Unter der Übergangsregierung besteht die Gefahr, dass sich der Trend umkehrt und Bulgarien wieder in einen Zustand der Abhängigkeit von russischen Energietransporteuren zurückfällt. Es wird immer deutlicher, dass Sofia sich beim Gas wieder an Gazprom wendet“, sagt Kondarev.

    Und die Analysten von IMCCS bohren beim “Ripple Effect” noch tiefer: “Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass klimainduzierte Migrationsströme aus dem Nahen Osten und Afrika, die durch die Region fließen, den Rechtsextremismus schüren. Der Ausbruch des Konflikts in der benachbarten Ukraine verschärft diese Bedenken noch.” Italien lässt grüßen.

    Was bedeutet das alles für die EU? Lassen wir das IMCCS das Schlusswort haben: “Wenn sich die Region von ihren europäischen Partnern nicht unterstützt fühlt, ist es möglich, dass die Befürworter einer neuen Ordnung weiterhin Unterstützung mobilisieren. Wenn die Auswirkungen des Klimas auf die Lebensgrundlagen, das Wirtschaftswachstum und die Migration in der Region nicht berücksichtigt werden, könnte die Unzufriedenheit mit dem derzeitigen System zunehmen, wodurch die Gefahr ethnisch motivierter Gewalt noch größer wird.”

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    Europe.Table Redaktion

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