Der FDP-Bundesvorstand will am Montag ein erweitertes Wahlprogramm verabschieden. Die Themenmodule sollen die im Dezember vorgestellte Version konkretisieren und vertiefen. Der Entwurf liegt Table.Briefings vor (hier zum Download). Folgende Forderungen wollen die Liberalen demnach zusätzlich in ihr Wahlprogramm aufnehmen:
Die Liberalen wollen Deutschland ein „Leitbild für Migration und Integration“ geben. „Allzu oft ist unklar, was unsere Gesellschaft von Einwanderern erwartet“, heißt es dazu in dem Entwurf. In der Folge komme es zu Missverständnissen, Intoleranz und ungelösten Konflikten. Das Leitbild solle daher in den kommenden Jahren unter Einbindung von Menschen mit Migrationshintergrund erarbeitet werden. Dazu stellt die FDP klar, dass sie „keine staatlich verordnete sogenannte Leitkultur“ wolle, wie die Union sie fordert. Asylsuchenden mit günstiger Bleibeperspektive, die nicht an einem Integrationskurs teilnehmen, sollen Sozialleistungen gekürzt werden.
Bagatell- und Lenkungssteuern, zum Beispiel auf Bier und Kaffee, sollen ersatzlos gestrichen werden. „Diese Steuern bringen wenig Geld für den Staat, kosten aber Steuerpflichtigen und Finanzverwaltung viel Zeit“, heißt es im Entwurf. Die Freibeträge für die Erbschafts- und Schenkungssteuer sollen automatisch um die Inflationsrate erhöht werden.
Bereits bekannt war, dass die FDP das deutsche Ziel der Klimaneutralität an das EU-Ziel anpassen und von 2045 auf 2050 verschieben will (lesen Sie dazu die Analyse des Climate.Table). Zudem setzt die Partei auf ein weltweites Emissionshandelssystem. Dafür soll das europäische System auf Nicht-EU-Staaten ausgeweitet und mit anderen bestehenden Systemen verknüpft werden. Der von den G7-Staaten und der EU-Kommission gegründete Klimaclub soll dazu erweitert werden. Der CO2-Grenzausgleichsmechanismus CBAM soll in einem ersten Schritt reformiert und langfristig durch globale CO2-Bepreisung ersetzt werden.
Konkretisiert hat die FDP ihre Pläne zu erneuerbaren Energien: EEG-Subventionen sollen abgeschafft und erneuerbare Energien somit vollständig in den Wettbewerb überführt werden. Gesetzlich vorgegebene Ausbaupfade für einzelne Technologien und staatlich garantierte Abnahmepreise lehnt die Partei ab. Man setze sich für „ein neues, marktwirtschaftliches Strommarktdesign mit einer marktorientierten Vergütung und ohne Subventionen“ ein.
Die FDP will Artikel 3 Absatz 3 des Grundgesetzes um den „Schutz der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität“ erweitern und Kinderrechte wie das Recht auf Bildung ins Grundgesetz aufnehmen. Im Gegenzug soll Artikel 15, der die Grundlage für die Vergesellschaftung von Grund und Boden sowie Produktionsmitteln bildet, gestrichen und durch ein Bekenntnis zur sozialen Marktwirtschaft ersetzt werden. Zudem soll das Wahlrecht ab 16 auch für Bundestagswahlen gelten.
In ihrer ausführlichen Wahlprogramm-Version spricht die Partei von einer „Agenda für die Mutigen“. Unternehmensgründungen sollen vollständig digital und innerhalb von 24 Stunden möglich werden. Um Gründungen aus der Wissenschaft zu vereinfachen, sollen Wissenschaftler an öffentlichen Forschungseinrichtungen Anspruch auf ein Gründungssabbatical erhalten. Gründungsstipendien sollen ausgebaut und auch für die berufliche Bildung geöffnet werden.
Ganz neu ist die Forderung aus Reihen der FDP nicht, nun steht sie auch offiziell im Wahlprogramm-Entwurf: Englisch soll als zweite Verwaltungssprache eingeführt werden, damit Deutschland attraktiver für ausländische Fachkräfte wird. Leistungsorientierte Vergütungen im öffentlichen Dienst sollen zudem ausgebaut und eine eigene IT-Laufbahn in der Verwaltung eingeführt werden.
Die FDP möchte Online-Schiedsgerichtshöfe für alle Verbraucher einführen und so „einen alternativen Zugang zum Recht“ ermöglichen. Im Bereich der Strafverfolgung will die Partei die Voraussetzungen für eine Beschlagnahmung von Handys deutlich erhöhen. Dass hierfür bereits der Anfangsverdacht für eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit genüge, entspreche nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Um ausländische Pflegekräfte mit mehrjähriger Ausbildung schneller ins System zu integrieren, soll für Fachkräfte aus Ländern mit einer hohen Anerkennungsquote eine „Vermutungsregelung“ gelten, bei der die Kompetenzen direkt angenommen und gegebenenfalls im Nachgang geprüft werden. Die 27 verschiedenen Ausbildungsverordnungen für Pflegeassistenzen sollen in einer einjährigen bundeseinheitlichen Ausbildung zusammengeführt werden.
Die duale Berufsausbildung wollen die Freidemokraten reformieren. Vergleichbare Berufe sollen nach Maßgabe der Sozialpartner in Berufsfeldern zusammengefasst werden. Die Ausbildung soll mit einer generalistischen Phase beginnen, an die sich eine Spezialisierungsphase anschließt. Ziel der Reform ist es, Weiterbildungen und Wechsel zwischen den Berufen zu erleichtern.
Der Bürokratieabbau – eins der zentralen Wahlkampfthemen – steht für die FDP auch in der Hochschulpolitik im Mittelpunkt. Dem Forschungssystem möchte die Partei Privilegierungen beim Datenschutz, Lieferkettengesetz, Tierschutz sowie dem Vergabe- und Baurecht geben. Förderanträge sollen außerdem vereinfacht und standardisiert werden.
Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz will die FDP einem „umfassenden Reformprozess“ unterziehen. Die einzelnen Standorte, zu denen die Berliner Museumsinsel und das Humboldt-Forum gehören, sollen „eigenverantwortlich, publikumsorientiert und jeweils als sichtbar eigenständige Marke“ agieren. Öffentliche Kulturorganisationen sollen verpflichtet werden, zehn Prozent ihres jährlichen Budgets für kulturelle Bildung einzusetzen. Zur Stärkung des Kultustourismus soll das Auslandsmarketing durch die Deutsche Zentrale für Tourismus gestärkt werden.