Table.Briefing: Europe

TV-Duell Macron vs. Le Pen + Putins Freunde in Europa + DSA

  • Le Pen und Co: Putins Freunde in Europa
  • Recht auf Reparatur: Was die Pläne für die Hersteller bedeuten
  • Termine
  • Kommission prüft 45-Prozent-Ziel für erneuerbare Energien bis 2030
  • Fit for 55: Abstimmungen im ITRE
  • EU sucht nach alternativen Öllieferanten zu Russland
  • Michel bekräftigt Unterstützung der Ukraine
  • Parlament will einheitliche Ladekabel für viele Geräte
  • KI-Gesetz: Abgeordnete warnt vor kollidierenden Verpflichtungen
  • Digital Services Act: “Europa hat jetzt die Chance, für Rechtssicherheit zu sorgen”
Liebe Leserin, lieber Leser,

es war eine TV-Debatte, die diesen Namen tatsächlich verdiente. Fast drei Stunden duellierten sich Emmanuel Macron und Marine Le Pen vor Millionen von Zuschauern, teils sachlich und detailscharf, teils überaus hitzig. Der in Umfragen führende Amtsinhaber Macron wirkte dabei überaus angriffslustig, bisweilen sogar übermotiviert: “Monsieur Macron, lassen Sie sie ausreden”, ermahnte ihn die Moderatorin. Le Pen agierte zurückhaltender, im Bemühen, präsidial zu wirken. Eine Lehre aus der Debatte 2017, als ein verkniffener Auftritt auf der großen TV-Bühne ihre Niederlage bei der Stichwahl besiegelte.

Die meisten Zuschauer überzeugte die Chefin des Rassemblement National damit allerdings nicht: In einer Blitzumfrage des Fernsehsenders BFM TV sahen nur 39 Prozent der Zuschauer Le Pen als Siegerin, 59 Prozent ihren Kontrahenten Macron. Das Rennen bleibt offen, bis die Wahllokale am Sonntagabend schließen, aber ihrem großen Ziel nähergebracht hat der gestrige Abend Le Pen wohl nicht.

Dabei lag ihr das erste Thema: Sie hat die Kaufkraft zum Schwerpunkt ihres Wahlkampfes gemacht, die galoppierende Inflation spielt ihr dabei in die Hände. Macron musste einräumen: “Die Menschen sind sauer, sie kommen mit ihrem Geld nicht aus”. Le Pen erklärte, sie wolle “Präsidentin der Kaufkraft” sein, die Anwältin der “leidenden” Bürger. Ihre Vorschläge, ein Ausstieg aus dem europäischen Strommarkt und eine breit angelegte Senkung der Mehrwertsteuer, boten aber wiederum Macron Angriffsfläche.

Anschließend ging Macron erst recht in die Offensive. Er warf Le Pen vor, sie sei wegen des noch nicht zurückgezahlten Kredits einer Kreml-nahen Bank aus dem Jahr 2015 eine Marionette von Wladimir Putin: “Sie sprechen mit Ihrem Bankier, wenn Sie mit Russland sprechen“. Le Pen beteuerte: “Ich bin eine vollständig freie und unabhängige Frau”. Sie erklärte ihre “absolute Solidarität” für die Ukraine und trage auch die verhängten Sanktionen mit, lehne lediglich ein Öl- und Gasembargo ab – denn dieses bedeute “Harakiri”.

In der Europapolitik ging Macron seine Kontrahentin ebenfalls hart an. Le Pen beteuerte zwar, sie wolle die EU nicht verlassen, lediglich deren Organisationsform ändern. Ihr Programm, etwa der Vorrang des französischen über europäisches Recht, bedeute aber de facto den Frexit, entgegnete Macron. Die Europäische Union funktioniere wie eine Eigentümergemeinschaft in einem Wohnhaus: Wenn man die Fassade renovieren wolle, könne man nicht einfach von heute auf morgen sagen, “wir machen es so oder so, weil mein Name Madame Le Pen ist”. Er selbst hingegen glaube an Europa und an das deutsch-französische Tandem, “weil es uns erlaubt, voranzukommen”.

Le Pen ist nicht die einzige rechtsextreme Politikerin, die angesichts des Kriegs in der Ukraine zumindest für die Öffentlichkeit ihre Verbindung zu Putin zu relativieren versucht. Sie ist etwa in Gesellschaft von Matteo Salvini, Chef der rechten Lega Nord in Italien. Angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine versuchen die Rechtsaußen inzwischen, ihre engen Beziehungen zum Kreml zu verbergen, wie Isabel Cuesta Camacho analysiert. 

Die Verhandlungen um den Digital Services Act sind noch nicht abgeschlossen, es bleibt weiter spannend. In seinem Gastbeitrag für Europe.Table hat sich Alexander Rabe, Geschäftsführer des eco-Verbandes, mit wichtigen Aspekten des DSA auseinandergesetzt. Besonders deutlich wird er in einem Punkt: “Nur die EU sollte die Regeln vorgeben”, schreibt er. Das deutsche NetzDG und andere nationale Regelungen müssten weichen, damit die EU mit dem DSA für Rechtssicherheit sorge.

Ihr
Till Hoppe
Bild von Till  Hoppe

Analyse

Le Pen und Co: Putins Freunde in Europa

Marine Le Pen würde ihre Bewunderung für Wladimir Putin gern vergessen machen. Zwar scheint ihre jahrelange Nähe zum Kreml bei den französischen Präsidentschaftswahlen kein K.-o.-Kriterium zu sein (Europe.Table berichtete) – das Rennen gegen Emmanuel Macron ist unmittelbar vor der Stichwahl am Sonntag noch offen. Die rechtsextreme Kandidatin hat ihre Unterstützung für Russlands Präsidenten seit Beginn des Krieges in der Ukraine aber relativieren müssen. Stattdessen hat sie sich im Wahlkampf lieber auf die Frage der Kaufkraft konzentriert – und nebenbei die westlichen Sanktionen gegen Russland für die galoppierende Inflation mitverantwortlich gemacht.

Nationalistische Parteien in Europa teilen Putins Rhetorik

Die französische Präsidentschaftskandidatin ist nicht die einzige europäische Politikerin, die seit der Invasion in der Ukraine versucht hat, ihre Nähe zum Kreml zu verbergen. Ob die katalanische Separatistenpartei des vor der Justiz geflohenen Carles Puigdemont, Matteo Salvinis Lega Nord in Italien oder die AfD: Nationalistische und rechtsextreme Politiker versuchen, ihre Unterstützung für Wladimir Putin zu vertuschen. “Putins Russland ist toxisch geworden”, sagt der Autor Anton Schechowzow, der sich in seinen Büchern mit der Verbindung zwischen Rechtsextremen aus Europa und Russland beschäftigt hat.

Putins Rhetorik sei von nationalistischen und rechtsextremen Parteien in Europa geteilt worden: “Sie sahen Putins Russland auch als eine konservative Gesellschaft, die traditionelle Werte wie die Familie verteidigt. Es gab eine ideologische Verbindung, und diese Politiker dienten mit ihren Aussagen der russischen Staatspropaganda.”

Finanzielle Unterstützung aus Russland

“Die europäischen rechtsextremen Parteien genossen die mediale Unterstützung russischer Propagandakanäle, die sie in ihrer Heimat von den Mainstream-Medien nicht bekamen”, sagt Schechowzow. Einige Parteien haben auch finanzielle Unterstützung aus Russland erhalten. Marine Le Pens Rassemblement National (ehemals Front National) finanzierte den Wahlkampf für die Regional- und Kommunalwahlen 2014 mit einem Darlehen einer russischen Bank in Höhe von neun Millionen Euro, das noch nicht zurückgezahlt wurde. 

Le Pen bezeichnete Putin als “Patriot” und Verteidiger der “traditionellen europäischen Werte” und feierte Putins Maßnahmen zur Bekämpfung der “LGBT-Propaganda”. Während sie die Invasion in der Ukraine verurteilt, hat sie sich gegen Sanktionen gegen Russland ausgesprochen, wie sie Mitte März auf ihrem Twitter-Account und Mitte April in einem Interview mit dem französischen Medium BFMTV erklärte

Auch die italienische Lega Nord von Matteo Salvini, bekannt für ihre fremdenfeindliche Politik, hat sich auf die Finanzierung und strategische politische Unterstützung des Kremls verlassen. Wie das italienische Magazin L’Espresso im Februar enthüllte, führte Salvinis Partei geheime Verhandlungen in Moskau mit der Absicht, vor den EU-Parlamentswahlen 2019 Finanzmittel in Millionenhöhe für die Lega zu beschaffen. Salvinis Lega war auch stets die aktivste Partei, die sich gegen Wirtschaftssanktionen gegen Moskau ausgesprochen hat. 

Salvini stößt in Polen auf Protest

Seit dem Angriff auf die Ukraine versucht Salvini ungeschickt, seine Verbindungen zu Putin zu vertuschen. Anfang März reiste er in die polnische Stadt Przemyśl, eine der Haupteinreisestellen für Menschen aus der Ukraine. Przemyśls Bürgermeister Wojciech Bakun war jedoch nicht glücklich darüber, dass der Lega-Chef in seine Stadt kam, um sich für die Unterstützung ukrainischer Flüchtlinge in Szene zu setzen. Bakun protestierte, indem er Salvini ein T-Shirt mit Putins Konterfei vors Gesicht hielt. Der italienische Politiker hatte das T-Shirt 2015 im EU-Parlament getragen. Damals hatte er über sein Outfit zu Ehren Putins gesagt: “Ich habe es in Moskau gekauft. Es ist eine Antwort auf die europäischen Dummköpfe, die mit Putin und Russland Krieg spielen.”

In der AfD, die ebenfalls Verbindungen zum Kreml hat, sind einige Politiker noch nicht bereit, den Krieg gegen die Ukraine zu verurteilen. So etwa der Bundestagsabgeordnete Eugen Schmidt, der sich gerne auf die Seite Moskaus stellt und in russischen Medien behauptet, es gebe keine Demokratie in Deutschland, wie ein Bericht der Sendung “Kontraste” zeigt.

“Wenn man von russlandfreundlichen rechtsextremen Parteien spricht, geht es hauptsächlich um bestimmte Personen innerhalb dieser Fraktionen, die diese Agenda vorantreiben”, sagt Experte Schechowzow. Als Beispiel nennt er die österreichische FPÖ: “2019 wurde die gesamte pro-russische Fraktion der Partei mit dem Austritt von Hans-Christian Strache nach der Ibiza-Affäre aufgelöst.”

Einmischung in demokratische Prozesse

In Europa habe sich Russland in die Bundestagswahl 2017 eingemischt, ebenso wie in die Präsidentschaftswahlen 2017 in Frankreich: “In Deutschland haben die Russen diese ganze Anti-Merkel-Hetze betrieben”, so Schechowzow. Russland mische sich in Wahlen ein, wenn es meint, dass es dies tun sollte – und kann. In Ungarn beispielsweise sei das nicht nötig gewesen, da Ministerpräsident Viktor Orbán seine Agenda, die mehrere demokratische Prinzipien angreift, bereits durchgesetzt habe.

Wie die New York Times im September 2021 aufdeckte, suchte die katalanische Separatistenpartei von Carles Puigdemont bei ihrem Kampf für die Unabhängigkeit von Spanien Hilfe in Russland. Puigdemont, der wegen Hochverrats vor der spanischen Justiz auf der Flucht ist, bestreitet jede Verbindung zum Kreml.

Rücktritte in Europa wegen Beziehungen zu Putin

Neben rechtsextremen Parteien gibt es auch prominente Politiker aus Europa, die millionenschwere Geschäftsbeziehungen zum russischen Staatschef Putin unterhalten haben. Durch den Krieg haben einige ihre Führungspositionen in Unternehmen mit Verbindungen zu Russland niedergelegt. Der italienische Ex-Premierminister Matteo Renzi ist Ende Februar aus dem Vorstand von Delimobil, Russlands größtem Carsharing-Unternehmen, zurückgetreten. Der ehemalige französische Staatschef François Fillon kündigte ebenfalls seinen raschen Rücktritt von seiner Funkiton bei Sibur an, dem russischen Petrochemieunternehmen. Altbundeskanzler und Gaslobbyist Gerhard Schröder hingegen schweigt und behält seine Vorstandsposten bei Gazprom und Rosnef bei.

“Putin hat Salvini, Le Pen oder Schröder nie als Freunde betrachtet. Er respektiert sie nicht. Das einzige Land, das er respektiert oder von dem er gegenseitigen Respekt erwartet, sind die USA“, sagt Schechowzow: “Das kommt von Putins Erfahrung als Geheimdienstoffizier: Kein Respekt vor Menschen, die bereit sind, die nationalen Interessen ihrer eigenen Gesellschaften zu verraten.”

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Recht auf Reparatur: Was die Pläne für die Hersteller bedeuten

1,8 Jahre – das ist die durchschnittliche Lebensdauer eines Smartphones. Oft ist eine Reparatur gar nicht möglich. Und wenn doch, ist es meist günstiger, ein neues Gerät zu kaufen. Als Teil der Sustainable Products Initiative (SPI) will die EU-Kommission nun das Recht auf Reparatur stärken (Europe.Table berichtete).

Die Pläne dürften erheblichen Anpassungsbedarf in der Industrie mit sich bringen. Die Hersteller beschäftige vor allem der Aufwand in der Umsetzung, sagt Claas Oehlmann, Geschäftsführer der BDI-Initiative Circular Economy. Wenn künftig der Handel mit Ersatzteilen oder Leasing-Modelle immer wichtiger werden, könnten bestimmte Geschäftsmodelle womöglich nicht mehr funktionieren.

Vielen Unternehmen sei klar, dass Haltbarkeit, Reparierbarkeit und Recyclingfähigkeit zentral für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft seien. “Dies muss mit dem Produktdesign anfangen, das ist der Schlüssel für nachhaltige Erzeugnisse”, so Oehlmann. Allerdings seien konkrete Berechnungen der Wirkung zurzeit noch schwierig: “Die neue Ökodesign-Verordnung gibt erst mal nur den Rahmen vor”, sagt Oehlmann. “Wie einzelne Maßnahmen aussehen werden, ist noch nicht klar.” Die bereits bestehenden Ökodesign-Vorgaben böten aber eine gewisse Orientierung, wie die Umstellung aussehen werde.

Weniger Umsatz durch längere Lebensdauer

Die Ökodesign-Richtlinie bezieht sich bislang nur auf bestimmte Kategorien wie Waschmaschinen, Geschirrspüler, Kühlschränke und Fernseher. Die EU-Kommission will sie auf weitere Produkte wie Smartphones, Computer und Staubsauger ausweiten und in eine Verordnung ändern. Garantien auf Produkte sollen länger gelten, Ersatzteile schneller verfügbar sein und Software-Updates auch für ältere Geräte verfügbar.

Laut einer Studie der Beratungsfirma Oliver Wyman würden die Erlöse europäischer Firmen dadurch um etwa 20 Prozent sinken. Die Umsatzeinbußen der Hersteller ergäben sich demnach aus neuen Vorgaben für das Produktdesign: Zum Beispiel müssten einzelne Komponenten von Produkten zukünftig nicht mehr geklebt, sondern zusammengeschraubt werden, um sie reparierbar zu machen. Die Lebensdauer von Elektrogeräten könne nach Einschätzungen der Industrie um etwa ein Viertel verlängert werden und führe so zu weniger Verkäufen.

Unklar sei zudem, wie die Vorgaben auch für importierte Waren gelten können, sodass Hersteller innerhalb der EU im Wettbewerb keinen Nachteil haben. Von der Kommission heißt es hierzu, die Verordnung werde “gleiche Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen schaffen, die ihre Produkte auf dem EU-Markt verkaufen möchten”.

Neukauf günstiger als Reparatur

Die Analyse von Oliver Wyman stellt aber auch fest: Die Einbußen der Unternehmen durch geringere Verkaufszahlen ließen sich zumindest zum Teil über neue Geschäftsmodelle ausgleichen. So könnten Hersteller ihren Umsatz um etwa zehn Prozent erhöhen, wenn sie Ersatzteile verkauften, den Secondhand-Markt bedienten und mehr Service anböten, etwa Abo-Modelle für Software­updates oder Reparaturen.

Für die Hersteller sei das Geschäft mit Ersatzteilen jedoch eine große Herausforderung, sagt Werner Scholz, Fachverbandsgeschäftsführer für Hausgeräte beim ZVEI. “Ein Ersatzteil muss bewirtschaftet werden, das legen Sie nicht irgendwo ins Lager und vergessen es dann. Die Anforderungen an Komponenten und Ersatzteile ändern sich permanent, und Kunststoffe oder bestimmte Metalle werden verboten.” Motoren, die Hersteller heute bauen und als Ersatzteile ins Lager legen, dürften in einigen Jahren bereits nicht mehr den aktuellen Standards entsprechen. “Die Regulierung darf sich da nicht mit anderer Regulierung beißen.”

Die Lebensdauer von Elektrogeräten ist ein zentraler Punkt der Kreislaufwirtschaft, schließlich ist Elektromüll die am schnellsten wachsende Abfallquelle in der EU. 2019 entsorgte jede:r EU-Bürger:in im Durchschnitt zehn Kilogramm Elektrogeräte. Für Verbraucher:innen ist es bislang meist günstiger, ein neues Gerät zu kaufen.

Längere Garantien, weniger Mehrwertsteuer

Die Bereitschaft zum Reparieren ist jedoch hoch, das zeigen Initiativen wie der Reparaturbonus der Verbraucherzentrale Thüringen. Seit Sommer 2021 erstattet diese pro Person und Jahr die Hälfte der Reparaturkosten für Elektrogeräte bis zu einem Wert von 100 Euro. “Es gingen so viele Anträge ein, dass das Budget bereits nach sechs Wochen ausgeschöpft war und das Umweltministerium das Fördervolumen noch einmal aufstockte”, sagt Sprecherin Katrin Braun.

Die Zentrale plant zurzeit eine zweite Auflage des Programms. Auch das österreichische Umweltministerium bietet ab dem 26. April einen solchen Reparaturzuschuss auf nationaler Ebene an. Ein solches Modell komme vor allem lokalen Reparaturdienstleistern zugute, sagt Tobias Brönneke, Leiter des Zentrums für Verbraucherforschung und nachhaltigen Konsum (vunk) an der Hochschule Pforzheim und Vorsitzender der Verbraucherkommission Baden-Württemberg.

Darüber hinaus könne eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Reparaturdienstleistungen helfen. Einige Mitgliedstaaten wie Schweden machen damit bereits gute Erfahrungen. Am wichtigsten sei laut Brönneke jedoch eine Verlängerung der Mängelgewährleistung, die verhindere, dass absichtlich Mängel in Produkte eingebaut würden.

Mit einer tatsächlichen Wirkung auf den Markt rechnen die Verbände in vier bis fünf Jahren. Die Kreislaufwirtschaft in der EU soll spätestens bis 2050 vollständig umgesetzt sein, 2030 sollen bereits verbindliche Ziele für die Wiederverwendung von Materialien gelten.

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Termine

25.04.2022 – 09:00-12:30 Uhr, online
FACCE-JPI, Workshop Science Advice to Policy Coherence for Sustainable Food Systems
The Joint Programming Initiative for Agriculture, Food Security and Climate Change (FACCE-JPI) event will discuss sustainable food systems, trade-offs and synergies between food production, ecosystems and climate, and the farm-to-fork strategy. REGISTRATION

25.04.2022 – 11:00-12:30 Uhr, online
KAS, BDI, Discussion Europe’s greatest achievement – The Single Market as a way towards Post-Pandemic-Recovery?
Speakers at the event hosted by the Konrad Adenauer Foundation (KAS) and the Federation of German Industries (BDI) will discuss how the single market can be used most effectively to support post-pandemic recovery and take the European economy to new heights. INFOS & REGISTRATION

25.04.-29.04.2022, Hannover
Messe Hannover Messe 2022
Die Hannover Messe 2022 befasst sich mit der Transformation von Wirtschaft und Industrie zu einer digitalisierten, klimaneutralen und nachhaltigen Wertschöpfung. TICKETS

25.04.-29.04.2022, Amsterdam (Niederlande)/online
Conference Amsterdam Energy Summit
The Amsterdam Energy Summit will address the latest developments in energy, oil and gas convergence and addresses industry and policy representatives. INFOS & REGISTRATION

26.04.2022 – 10:00-11:00 Uhr, online
TÜV Rheinland, Seminar 5G – Ist der Hype vorbei? Status Quo, Chancen und Herausforderungen
Referent Klaus Eichler analysiert den Status Quo des Ausbaus der 5G-Technologie und thematisiert mögliche Hintergründe und Zusammenhänge sowie Chancen für Unternehmen. INFOS & ANMELDUNG

26.04.2022 – 10:00-16:00 Uhr, Berlin
ZIA, Seminar Nachhaltiges Immobilienmanagement – Wirtschaftlichkeit im Einklang mit ESG-Verantwortung
Das Seminar des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA) vermittelt Prozesse des nachhaltigen Immobilienmanagements und ein Verständnis für mehr Nachhaltigkeit im Immobilienlebenszyklus. INFOS & ANMELDUNG

26.04.2022 – 10:00-16:30 Uhr, Hannover/online
Conference Robotics Congress 2022 – Reaching the goal faster with smart cobots
The main topics of the 11th Robotics Congress are simple programming and operation, safety and security, soft robotics and green robotics. INFOS & REGISTRATION

26.04.2022 – 15:30 Uhr, online
Konferenz Netzpolitisches Forum
Beim Netzpolitischen Forum werden die Digitalpolitik der Bundesregierung und ihre Integration in die Wirtschaft diskutiert sowie der Digitalstandort Deutschland und dessen Zukunft thematisiert. INFOS & ANMELDUNG

26.04.2022 – 18:00-20:00 Uhr, Kierspe
BVMW, Vortrag Cyber-Krieg – Ein wichtiges Thema für die Unternehmen
Anhand von Praxisfällen wird bei der Veranstaltung des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW) erläutert, was unter Cyberangriffen verstanden wird und welche Konsequenzen diese haben können. INFOS & ANMELDUNG

26.04.2022 – 19:00-20:30 Uhr, online
Polis 180, Conference Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik Programmtreffen
Thema des Treffens sind aktuelle Entwicklungen in der Sicherheitspolitik und die Analyse der internationalen Sicherheitslage. INFOS & ANMELDUNG

26.04.-27.04.2022, Belgien
EC, Conference Smart Cities Marketplace Forum – Towards a just and clean urban transition
The event, organized by the European Commission (EC) among others, will provide an opportunity for exchange on the clean energy transition, financing opportunities and the integration of innovative and clean-technology solutions in Europe. INFOS & REGISTRATION

26.04.-28.04.2022, Warschau (Polen)/online
Conference Energy Tech Summit
The Energy Tech Summit will present latest developments in the convergence of energy and mobility and discuss them in nine conference topics. INFOS

26.04.-29.04.2022, Köln/online
Messe Anuga FoodTec – Welt der Innovationen
Auf der Anuga FoodTec werden Innovationen und technologische Visionen der internationalen Lebensmittel- und Getränkeindustrie präsentiert. INFOS

News

Kommission prüft 45-Prozent-Ziel für erneuerbare Energien bis 2030

Die Europäische Kommission prüft, ob die Europäische Union bis 2030 einen höheren Anteil an erneuerbaren Energien anstreben könnte, um die Abkehr von russischen fossilen Brennstoffen zu beschleunigen. Im vergangenen Jahr hatte die Kommission das Ziel von 40 Prozent erneuerbaren Energien für 2030 vorgeschlagen. Nun prüft sie, ob ein 45-Prozent-Ziel möglich wäre.

“Wir arbeiten mit Hochdruck daran, um vor allem den Vorschlag zu berücksichtigen, von 40 Prozent auf 45 Prozent zu gehen – auch vor dem Hintergrund höherer Energiepreise“, sagte Mechthild Wörsdörfer, stellvertretende Generaldirektorin der Energieabteilung der Kommission, am Mittwoch bei einem Treffen von EU-Gesetzgebern.

Russland ist der wichtigste Gaslieferant der EU. Im Jahr 2020 bezog die EU 22 Prozent ihres Bruttoendenergieverbrauchs aus erneuerbaren Energien wie Wind, Sonne und Biomasse. Der Anteil ist in den einzelnen EU-Ländern sehr unterschiedlich und reicht von mehr als 50 Prozent in Schweden bis zu weniger als 10 Prozent in Luxemburg.

Neue Analyse für erneuerbare Energien-Ziel bis 2030 notwendig

Das neue Ziel hängt von den EU-Ländern und dem Europäischen Parlament ab. Sie verhandeln den Vorschlag als Teil des Fit-for-55-Pakets, dessen Ziel es ist, die EU-Emissionen schneller zu senken.

Markus Pieper, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament, sagte, die neue Analyse sei dringend notwendig, damit sie in die laufenden Verhandlungen einfließen könne. Er forderte die Kommission auf, nicht bis nach dem Sommer zu warten. “Andernfalls würden wir wieder von vorne anfangen”, sagte er.

Die Kommission wird im Mai einen Plan veröffentlichen, der den Ausstieg aus russischen fossilen Brennstoffen bis 2027 vorsieht. Wörsdörfer sagte, dass dieser Plan einen Gesetzesvorschlag enthalten werde, der es erneuerbaren Energieprojekten erleichtern soll, Genehmigungen zu erhalten. rtr/sas

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Fit for 55: Abstimmungen im ITRE

Auch wenn der Industrie- und Energieausschuss des EU-Parlaments (ITRE) bei den meisten Dossiers des Fit-for-55-Pakets nicht federführend ist, sind seine Abgeordneten befugt, eine Stellungnahme in Form eines eigenen Berichts abzugeben. Gestern wurde im ITRE über eine Vielzahl dieser sogenannten “Opinions” abgestimmt. Eine Übersicht:

CO2-Flottengrenzwerte für Pkw

Der ITRE-Berichterstatter für die CO2-Flottengrenzwerte, Dominique Riquet (Renew, FR), will das Verbrenner-Aus verhindern und fordert einen technologieoffenen Ansatz der Regulierung. Statt der Emissionsreduktion neuer Fahrzeuge um 100 Prozent ab 2035, wie von der Kommission im Fit-for-55-Paket vorgeschlagen, will er nur 95 Prozent. So wäre es auch möglich, “einen Restanteil für das Inverkehrbringen emissionsarmer aufladbarer Hybridfahrzeuge beizubehalten“, schreibt er in seinem Bericht. Außerdem fordert Riquet, dass Emissionen nicht mehr nur am Auspuff gemessen werden, sondern im gesamten Lebenszyklus. Auch synthetische Kraftstoffe und Biokraftstoffe hält er für geeignet, um den Übergang zu einer emissionsarmen Mobilität zu schaffen.  

Sein Bericht wurde mit 40 Stimmen dafür, 17 dagegen und 19 Enthaltungen angenommen.

Alternative Fuel Infrastructure Regulation (AFIR)

Die Alternative Fuel Infrastructure Regulation (AFIR) soll den Aufbau einer Ladeinfrastruktur für leichte und schwere Fahrzeuge beschleunigen. Michael Bloss (Greens/EFA, DE) ist Berichterstatter im ITRE-Ausschuss. Er will, dass man schon 2025 “den gesamten Kontinent mit einem Elektrofahrzeug durchqueren” kann. Die Kommission hatte 2030 als Ziel vorgeschlagen. Das bedeutet beispielsweise, dass auf jedem sicheren Parkplatz “mindestens zwei Ladestationen für schwere Nutzfahrzeuge mit einer Ladeleistung von mindestens 100 kW installiert” sein sollen. Zudem soll es alle fünf Kilometer innerstädtisch und im ländlichen Raum alle 60 Kilometer mindestens eine Schnellladestelle (300kW) für Pkw geben.

Der Bericht wurde mit 59 Stimmen dafür, 9 dagegen und 8 Enthaltungen angenommen.

Reform des europäischen Emissionshandels (ETS)

Im Kompromissvorschlag des ITRE zur ETS-Reform ging es insbesondere um den Umgang der freien CO2-Zertifikatszuteilungen. Der Bericht von Mauri Pekkarinen (Renew, FI) sieht vor, dass die freien Zuteilungen für Exporte unverändert beibehalten werden. Erst nach dem Ende der Einführungsphase des CBAM solle die Kommission eine detaillierte Folgenabschätzung der “Auswirkungen auf die EU-Exporte der CBAM-Sektoren und der Entwicklung der globalen Emissionen” vorlegen (Europe.Table berichtete).

Der Bericht wurde mit 50 Stimmen dafür, 24 dagegen und 2 Enthaltungen angenommen.

Schaffung eines CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM)

Das CBAM-Dossiers ist untrennbar mit dem ETS verknüpft. Der ITRE-Kompromiss von Berichterstatterin Izabela Kloc (ECR, PL) sieht vor, dass der Grenzausgleichsmechanismus ein Jahr lang unter Realbedingungen getestet wird. Von 2023 bis 2026 soll es eine Übergangsphase zur Datensammlung geben, in der Unternehmen der CBAM-Sektoren zwar erfassen müssen, welchen finanziellen Grenzausgleich sie theoretisch zahlen müssten, diesen aber nicht entrichten. 2027 würde der CBAM eingeführt, während parallel die kostenlosen Zuteilungen vorerst in vollem Umfang erhalten bleiben, was möglicherweise jedoch im Konflikt mit WTO-Regeln steht (Europe.Table berichtete).

Der Bericht wurde mit 57 Stimmen dafür, 16 dagegen und 3 Enthaltungen angenommen.

Schaffung eines Klimasozialfonds (SCF)

Die ehemalige polnische Ministerpräsidentin Beata Szydło (ECR, PL) ist Berichterstatterin für die ITRE-Stellungnahme zum Klimasozialfonds. Auch wenn sie sich in ihrem Entwurf weitgehend am Text der Kommission orientierte, will sie, dass neben Familien mit nur einem Elternteil auch “kinderreiche Familien” besonders berücksichtigt werden. Sie fordert zudem, dass der Fonds “insbesondere finanziell schwächere Haushalte und Kleinstunternehmen durch die Einführung von Maßnahmen im Zusammenhang mit erdgasbetriebenen Heizkesseln und Heizanlagen und der Verteilungsinfrastruktur unterstützen” sollte.

Der Bericht wurde mit 57 Stimmen dafür, 9 dagegen und 10 Enthaltungen angenommen.

RefuelEU Aviation

Jutta Paulus (Greens/EFA, DE) ist für die ITRE-Stellungnahme für einen nachhaltigen Luftverkehr (RefuelEU Aviation) zuständig. Statt einem Anteil von 63 Prozent nachhaltiger Flugkraftstoffe (SAF) bis 2050, wie die Kommission vorgeschlagen hatte, fordert Paulus einen SAF-Anteil von 100 Prozent bis 2040/2050. Außerdem will sie die Steuerbefreiung von Düsenkraftstoff, die Mehrwertsteuerbefreiung von Flugtickets und die kostenlose Zuteilung von ETS-Zertifikaten für die Luftfahrt beenden, um generell den Luftverkehr zu verringern. Während die Kommission “in den nächsten Jahrzehnten” durch den Einsatz nachhaltiger Alternativen auf fossile Kraftstoffe verzichten will, fordert Paulus bereits ab 2030 eine Emissionsminderung durch “fortschrittliche Biokraftstoffe oder synthetische Kraftstoffe”.

Der Bericht wurde mit 42 Stimmen dafür, 6 dagegen und 28 Enthaltungen angenommen.

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EU-Kommission sucht nach alternativen Öllieferanten zu Russland

Die Europäische Kommission arbeitet daran, die Verfügbarkeit alternativer Energielieferungen zu beschleunigen, um die Kosten für ein Verbot von Öl aus Russland zu senken. Damit sollten Deutschland und andere EU-Staaten davon überzeugt werden, ein Ölembargo gegen Russland zu akzeptieren, sagte ein EU-Insider am Mittwoch zu Reuters.

In der Debatte über ein sechstes EU-Sanktionspaket gegen Russland drängten einige EU-Länder auch auf andere neue Beschränkungen. Dazu gehört der Ausschluss von Russlands Top-Kreditgebern Sberbank und Gazprom Neft aus dem internationalen Swift-Zahlungssystem, der Stopp der Importe von Kernbrennstoff aus Russland, das Verbot weiterer russischer Nachrichtensender, die Aussetzung von Visa für Russen sowie eine schwarze Liste zusätzlicher Personen und Unternehmen, die mit dem Kreml verbunden sind. Eine Verständigung im Kreis der 27 EU-Regierungen gibt es dazu nicht.

Die Bundesregierung hatte wie einige anderen EU-Staaten betont, dass man noch einige Monate brauche, um sich von der Lieferung von Öl aus Russland unabhängig zu machen. Dazu führe man Gespräche mit alternativen Lieferanten. Die EU-Kommission will nun ihrerseits ebenfalls nach anderen Lieferländern schauen. Auch die Vorsitzenden des Europa-, Außen- und Verteidigungsausschusses im Bundestag hatten ein “schnellstmögliches” Ölembargo gefordert. rtr

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Michel bekräftigt Unterstützung der Ukraine

Der Präsident des Europäischen Rates, Charles Michel, hat am Mittwoch bei einem Überraschungsbesuch in Kiew die europäische Solidarität mit der Ukraine bekräftigt und erklärt, dass für die mutmaßlichen russischen Kriegsverbrechen Gerechtigkeit geübt werden müsse.

Michel besuchte die Stadt Borodjanka nordwestlich von Kiew, bevor er Gespräche mit Präsident Wolodymyr Selenskyj in der Hauptstadt führte. “Es gibt keine Worte … um zu erklären, was ich fühle. Das sind Gräueltaten, das sind Kriegsverbrechen. Das muss bestraft werden. Es wird bestraft werden”, sagte Michel auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Selenskyj in Kiew.

Auf Twitter teilte er mit: “Die Geschichte wird die Kriegsverbrechen, die hier begangen wurden, nicht vergessen. … Es kann keinen Frieden ohne Gerechtigkeit geben.”

Charles Michel, von der Leyen, Borrell & Metsola in der Ukraine

Michels Reise folgte auf die Besuche der Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, des Außenpolitikers der Europäischen Union, Josep Borrell, und der Präsidentin des Europäischen Parlaments, Roberta Metsola, in diesem Monat in Kiew.

“Sie sind nicht allein”, sagte Michel und lobte den Mut des ukrainischen Volkes. “Wir sind mit Ihnen und werden alles tun, was möglich ist, um Sie zu unterstützen und sicherzustellen, dass die Ukraine den Krieg gewinnt.”

“Öl und Gas ins Visier nehmen”

Charles Michel sagte, die EU habe der Ukraine bereits militärische Ausrüstung im Wert von 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt und Sanktionen gegen Russland verhängt, werde aber nach weiteren Möglichkeiten suchen, um auf die russische Invasion zu reagieren.

“Ich bin überzeugt … dass wir früher oder später Öl und Gas ins Visier nehmen werden”, sagte er, ohne Einzelheiten zu nennen.

Die EU-Staaten sind sich uneins darüber, ob sie ein Embargo gegen russisches Öl oder Gas verhängen sollen. Deutschland gehört zu den Ländern, die stark von Energieimporten aus Russland abhängig sind.

Selenskyj begrüßte das “politische Signal”, das Michel mit seinem Besuch ausgesandt habe, forderte Brüssel jedoch auf, den Sanktionsdruck auf Russland zu verstärken, und verlangte ein “vollständiges Energieembargo, einschließlich der Einfuhr von Öl und Gas”.

Er begrüßte ein sechstes Sanktionspaket, das von der EU vorbereitet wird, fügte aber hinzu: “Öl sollte Teil des sechsten Pakets sein. Ohne Öl ist dieses Paket leer und nicht stark genug.” rtr/sas

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Parlament will einheitliche Ladekabel für viele Geräte

Das EU-Parlament hat sich dafür ausgesprochen, einen einheitlichen Ladekabel-Anschluss für zahlreiche Gerätetypen vorzuschreiben. Der Binnenmarktausschuss stimmte gestern dafür, die geplante Regulierung unter anderem auf Smart Watches, Fitnesstracker, Laptops und Drucker auszuweiten. Die EU-Kommission hatte vorgeschlagen, lediglich die Hersteller von Mobiltelefonen, Tablets, Digitalkameras und tragbaren Lautsprechern zum Einbau eines einheitlichen Ladekabel-Anschlusses im Format USB-C zu verpflichten (Europe.Table berichtete).

Ziel des Parlaments sei es, einen einheitlichen Anschluss für möglichst viele Geräte zu etablieren, sagte dessen Berichterstatter Alex Agius Saliba (S&D). Dies komme der Umwelt zugute, da weniger Ladegeräte entsorgt werden müssten, und erleichtere das Leben der Konsumenten. Allerdings müssten die Vorgaben für die Hersteller auch praktikabel sein. So sollten etwa Smart Watches und Fitnessarmbäder ausgenommen sein, wenn bei ihnen wegen der geringen Größe kein USB-C-Anschluss verbaut werden könne.

Standard fürs kabellose Laden

Bis Ende 2026 soll die Kommission zudem prüfen, ob weitere Gerätetypen in den Geltungsbereich aufgenommen werden können. Bis dann soll die Behörde zudem einen Standard für das kabellose Laden definieren, um auch hier eine Vereinheitlichung zu erreichen. Dadurch werde die Regulierung “zukunftsfest”, so Agius Saliba. Ursprünglich hatte der Abgeordnete aus Malta hier bereits das Jahr 2025 vorgeben wollen (Europe.Table berichtete).

Die neuen Vorgaben für die Hersteller sollen nach dem Willen des Parlaments bereits neun Monate nach Inkrafttreten der Funkanlagenrichtlinie greifen, die für das Anliegen derzeit überarbeitet wird. Die Unternehmen sollen die Kunden dann mit eindeutigen Labels darüber informieren, ob dem Gerät ein eigenes Ladekabel beiliegt und welche Eigenschaften dieses hat.

Die Positionen wurden mit großer Mehrheit im Ausschuss angenommen. Er wolle das starke Mandat dafür nutzen, den ehrgeizigen Ansatz des Parlaments im anstehenden Trilog mit den Mitgliedstaaten durchzusetzen, sagte Agius Saliba. tho

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KI-Gesetz: Abgeordnete warnt vor kollidierenden Verpflichtungen

Die bestehende Gesetzgebung im Verkehrssektor soll im Gesetz über künstliche Intelligenz besser berücksichtigt werden. Das forderte die Berichterstatterin im Ausschuss für Verkehr und Tourismus (TRAN) Josianne Cutajar (S&D) in ihrem Entwurf einer Stellungnahme zum KI-Gesetz. Es müsse sichergestellt werden, dass sich das Gesetz nicht mit sektorspezifischen Rechtsvorschriften überschneide und den Akteuren des Verkehrssektors doppelte oder miteinander kollidierende Verpflichtungen auferlegt.

In den Bereichen Luftfahrt, Straßen-, Schienen- und Seeverkehr seien Maßnahmen erforderlich, die speziell auf den jeweiligen Sektor zugeschnitten sind. Nur so sei ein erfolgreiches Betriebs- und
Dienstleistungsmanagement
zu gewährleisten und gleichzeitig ein Höchstmaß an Sicherheit
sicherzustellen. Die harmonisierten Rechtsvorschriften reichen möglicherweise nicht aus, um die Sicherheit im jeweiligen Sektor zu gewährleisten, warnte Cutajar. Deshalb müssten die sektorspezifischen Rechtsvorschriften eigenhalten werden und in einigen Fällen Vorrang vor harmonisierten Vorschriften des KI-Gesetzes haben.

Bessere Innovationsförderung im KI-Gesetz notwendig

Die Berichterstatterin fordert außerdem, internationale Normen und Standards besser zu berücksichtigen. Aufgrund des internationalen Charakters des Verkehrswesens sei dies von besonderer Bedeutung. Schließlich plädiert Cutajar in ihrem Entwurf für eine bessere Förderung von Forschung und Innovation. Neue harmonisierte Vorschriften dürften die Forschung nicht behindern, wenn diese auf kontrollierte Umgebungen beschränkt sei und das KI-System nicht auf den Markt gebracht werde. Sie schlägt vor, dass kleine und mittlere Unternehmen einen besseren Zugang zu den im KI-Gesetz vorgesehenen Reallaboren bekommen.

Darüber hinaus macht die TRAN-Berichterstatterin einige Vorschläge für die Definition von KI-Systemen und Hochrisiko-KI-Systemen. Beide seien von wesentlicher Bedeutung für das Verkehrswesen. Weitere geringfügige Änderungen betreffen die Transparenz von Algorithmen für Arbeit im Verkehrssektor, das Verständnis der menschlichen Aufsicht im Zusammenhang mit dem Verkehrswesen und die Klärung von Fehlern in Datensätzen. Bis zum 3. Mai können nun die Mitglieder des Verkehrs- und Tourismusausschusses ihre Änderungsanträge zur Stellungnahme von Cutajar einreichen. ank

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Presseschau

EU-Standard für alle Ladekabel kommt 2024 FAZ
Baerbock gesteht Fehler in der Energiepolitik mit Russland ein TAGESSPIEGEL
Norwegen liefert mehr Waffen – und streitet über Importe aus Russland TAGESSPIEGEL
Der Streit über Militärhilfe könnte Bulgariens Regierung stürzen TAGESSPIEGEL
2600 statt 1300 Pfund für Gas – Jetzt droht 40 Prozent der Briten die Energiearmut WELT
Fördermittel für energieeffiziente Häuser kurz nach Start ausgeschöpft ZEIT
EU drängt auf schärfere Maßnahmen gegen ausländische Spionageprogramme EURACTIV

Standpunkt

Digital Services Act: “Europa hat jetzt die Chance, für Rechtssicherheit zu sorgen”

Alexander Rabe, Geschäftsführer von eco - Verband der Internetwirtschaft e.V., schreibt im Standpunkt über den Digital Services Act der EU.
Alexander Rabe ist Geschäftsführer von eco – Verband der Internetwirtschaft e.V.

Mit dem Digital Services Act (DSA) hat die EU einen Nachfolger für die E-Commerce-Richtlinie (EC-RL) geschaffen (Europe.Table berichtete). Das Regelungspaket soll den digitalen Binnenmarkt vollenden und die Zukunft des Internets in Europa definieren. 20 Jahre lang bildete die EC-RL das rechtliche Fundament für Online-Dienste. Wenn man die rasante Entwicklung im Digitalbereich betrachtet, ist das schon eine beeindruckend lange Zeit. Der DSA bietet die Möglichkeit, den horizontalen Rechtsrahmen an die technologischen Entwicklungssprünge der letzten 20 Jahre anzupassen. 

Damals konnte man sich noch kaum vorstellen, welche Dienste sich entwickeln und in welcher Form sie von Bürgerinnen und Bürgern genutzt würden. Heute sind wir beinahe 24 Stunden täglich online über diverse Devices erreichbar, verschicken und empfangen Nachrichten, nutzen Social Media und Video-Streaming oder lassen uns Bücher, Essen und andere Waren nach Hause liefern.

Dass die EC-RL dafür nicht vollumfänglich geeignet war, steht außer Frage. Dennoch lieferte sie mit ihren Regeln die Grundsäulen, die noch heute essenziell sind: Haftungsbeschränkung auf Basis von Notice und Takedown, Ursprungslandprinzip und das Verbot allgemeiner Überwachung.

Diensteanbieter um Plattformen erweitert

Als Verband der Internetwirtschaft sind wir froh, dass der DSA diese Grundsäulen beibehält bzw. auf diesen aufbaut. Auch begrüßen wir ausdrücklich – und haben dies auch aktiv als Forderung des eco im Zuge der Diskussionen um die EC-RL-Nachfolgeregelung eingebracht -, dass der DSA die Diensteanbieter, also Caching-, Hosting- und Zugangsanbieter, um Plattformen erweitert. Damit schafft er die Möglichkeit, denjenigen Rechtssicherheit bei ihren Aktivitäten zu geben, die mehr können, mehr wissen und auch mehr tun wollen, ohne zugleich die Geschäftsgrundlage für diejenigen zu kompromittieren, die weder die Inhalte kennen noch über die finanziellen oder personellen Ressourcen verfügen.

Zu entsprechenden Hindernissen zählen unter anderem starre Fristen und proaktive Maßnahmen, die besonders für KMU nicht zu leisten sind. Jedes seriöse Unternehmen tut bereits jetzt alles dafür, illegale Inhalte schnellstmöglich zu entfernen.

Bedauerlich ist, dass sich die politische Debatte rund um den Digital Services Act auf EU-Ebene sehr stark auf die großen US-Plattformen fokussiert hat. Bei den kleineren und mittleren Anbietern muss klar sein, dass sie die auf Plattformen ausgerichteten Vorgaben kaum erfüllen können. Diese Tatsache, die immerhin einen großen Teil des Marktes betrifft, geht in der politischen Debatte meist unter.

Digital Services Act der EU statt NetzDG

Einer der wichtigsten Punkte ist sicherlich, zu erkennen, dass das Internet ein globales Medium ist und entsprechende Regelungen auch auf der höchstmöglichen politischen Ebene koordiniert werden sollen. Für Deutschland und Europa heißt das: Nur die EU sollte die Regeln vorgeben

Das deutsche NetzDG, genauso wie andere nationale Regelungen, sind nicht nur dem eco, sondern der gesamten Internetwirtschaft ein Dorn im Auge, da sie nicht mit dem starken Wunsch nach erfolgreichen Firmengründungen in Europa zusammenpassen. Ein Unternehmen, das sich innerhalb von Europa an 27 Regeln anpassen muss, wird sich mehrfach überlegen, ob es nicht lieber nur in einzelnen Ländern aktiv bleibt oder gleich ganz außerhalb Europas in einem großen Markt wie etwa den USA sein Glück versucht. Entsprechend ist es wichtig, dass der DSA auch das NetzDG “ablöst” und es den Nationalstaaten nicht in Form einer Mindestregulierung erlaubt, selbst strengere Maßstäbe anzulegen.

Damit einher geht auch das Verfahren zur Meldung und Entfernung illegaler Inhalte, also von Notice und Takedown, welches künftig europaweit deutlich einheitlicher ausgestaltet werden soll. Hier nationale Abweichungen und Sonderregelungen zu erlauben, würde den DSA-Kompromiss infrage stellen.

Auch wenn der DSA sicherlich ein Meilenstein der europäischen Digitalpolitik ist, so wird er nicht auf Jahrzehnte Bestand haben, wie es bei der EC-RL der Fall war. Vielmehr wird es einer kontinuierlichen Anpassung und Fortentwicklung bedürfen. Das ist insofern bedauerlich, als die Diskussionen zwischen EU-Kommission, Parlament und Rat deutlich gemacht haben, wie unterschiedlich die Vorstellungen sind und wie rasch einige das eigentliche Ziel des Digital Services Act aus den Augen verloren haben. Letztlich ist so aus einem kompakten horizontalen Ansatz eine teilweise doch sehr kleinteilige Regelung geworden

Horizontaler Rechtsrahmen notwendig

Aus Sicht des eco ist es in diesem Zusammenhang essenziell, dass die Europäische Union jetzt die Chance nutzt, für Rechtssicherheit zu sorgen. Hierfür ist es aber auch notwendig, einen horizontalen Rechtsrahmen zu erlassen. Der DSA darf weder ein Jugend- noch ein Verbraucherschutzgesetz werden.

Bei den Trilogverhandlungen konnten wichtige Punkte, wie das generelle Überwachungsverbot oder der Missbrauch bei der Meldung potenziell illegaler Inhalte zwischen den Verhandlungsführern noch nicht zu einem Konsens gebracht werden. Es bleibt entsprechend weiterhin spannend, denn die Verhandlungen um den DSA sind noch nicht abgeschlossen.

Aus deutscher Sicht ist mit der Ressortverteilung der Ampel-Koalition die Zuständigkeit für den DSA innerhalb der Bundesregierung ins Bundesministerium für Digitales und Verkehr gewechselt. Naheliegend wäre es, den Digital Services Coordinator (DSC) ebenfalls hier anzusiedeln (Europe.Table berichtete). Damit wäre einerseits sichergestellt, dass die benötigten Strukturen rasch aufgebaut werden können, auf fachliche Expertise zurückgegriffen werden kann und personelle sowie administrative Ressourcen genutzt werden können.

Bei der Umsetzung des DSA und der dann zu erfolgenden Einrichtung des DSC wird es jedenfalls auf eine einheitliche und konsistente Handhabung ankommen, sowohl in Deutschland als auch in Europa.

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Europe.Table Redaktion

EUROPE.TABLE REDAKTION

Licenses:
    • Le Pen und Co: Putins Freunde in Europa
    • Recht auf Reparatur: Was die Pläne für die Hersteller bedeuten
    • Termine
    • Kommission prüft 45-Prozent-Ziel für erneuerbare Energien bis 2030
    • Fit for 55: Abstimmungen im ITRE
    • EU sucht nach alternativen Öllieferanten zu Russland
    • Michel bekräftigt Unterstützung der Ukraine
    • Parlament will einheitliche Ladekabel für viele Geräte
    • KI-Gesetz: Abgeordnete warnt vor kollidierenden Verpflichtungen
    • Digital Services Act: “Europa hat jetzt die Chance, für Rechtssicherheit zu sorgen”
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    es war eine TV-Debatte, die diesen Namen tatsächlich verdiente. Fast drei Stunden duellierten sich Emmanuel Macron und Marine Le Pen vor Millionen von Zuschauern, teils sachlich und detailscharf, teils überaus hitzig. Der in Umfragen führende Amtsinhaber Macron wirkte dabei überaus angriffslustig, bisweilen sogar übermotiviert: “Monsieur Macron, lassen Sie sie ausreden”, ermahnte ihn die Moderatorin. Le Pen agierte zurückhaltender, im Bemühen, präsidial zu wirken. Eine Lehre aus der Debatte 2017, als ein verkniffener Auftritt auf der großen TV-Bühne ihre Niederlage bei der Stichwahl besiegelte.

    Die meisten Zuschauer überzeugte die Chefin des Rassemblement National damit allerdings nicht: In einer Blitzumfrage des Fernsehsenders BFM TV sahen nur 39 Prozent der Zuschauer Le Pen als Siegerin, 59 Prozent ihren Kontrahenten Macron. Das Rennen bleibt offen, bis die Wahllokale am Sonntagabend schließen, aber ihrem großen Ziel nähergebracht hat der gestrige Abend Le Pen wohl nicht.

    Dabei lag ihr das erste Thema: Sie hat die Kaufkraft zum Schwerpunkt ihres Wahlkampfes gemacht, die galoppierende Inflation spielt ihr dabei in die Hände. Macron musste einräumen: “Die Menschen sind sauer, sie kommen mit ihrem Geld nicht aus”. Le Pen erklärte, sie wolle “Präsidentin der Kaufkraft” sein, die Anwältin der “leidenden” Bürger. Ihre Vorschläge, ein Ausstieg aus dem europäischen Strommarkt und eine breit angelegte Senkung der Mehrwertsteuer, boten aber wiederum Macron Angriffsfläche.

    Anschließend ging Macron erst recht in die Offensive. Er warf Le Pen vor, sie sei wegen des noch nicht zurückgezahlten Kredits einer Kreml-nahen Bank aus dem Jahr 2015 eine Marionette von Wladimir Putin: “Sie sprechen mit Ihrem Bankier, wenn Sie mit Russland sprechen“. Le Pen beteuerte: “Ich bin eine vollständig freie und unabhängige Frau”. Sie erklärte ihre “absolute Solidarität” für die Ukraine und trage auch die verhängten Sanktionen mit, lehne lediglich ein Öl- und Gasembargo ab – denn dieses bedeute “Harakiri”.

    In der Europapolitik ging Macron seine Kontrahentin ebenfalls hart an. Le Pen beteuerte zwar, sie wolle die EU nicht verlassen, lediglich deren Organisationsform ändern. Ihr Programm, etwa der Vorrang des französischen über europäisches Recht, bedeute aber de facto den Frexit, entgegnete Macron. Die Europäische Union funktioniere wie eine Eigentümergemeinschaft in einem Wohnhaus: Wenn man die Fassade renovieren wolle, könne man nicht einfach von heute auf morgen sagen, “wir machen es so oder so, weil mein Name Madame Le Pen ist”. Er selbst hingegen glaube an Europa und an das deutsch-französische Tandem, “weil es uns erlaubt, voranzukommen”.

    Le Pen ist nicht die einzige rechtsextreme Politikerin, die angesichts des Kriegs in der Ukraine zumindest für die Öffentlichkeit ihre Verbindung zu Putin zu relativieren versucht. Sie ist etwa in Gesellschaft von Matteo Salvini, Chef der rechten Lega Nord in Italien. Angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine versuchen die Rechtsaußen inzwischen, ihre engen Beziehungen zum Kreml zu verbergen, wie Isabel Cuesta Camacho analysiert. 

    Die Verhandlungen um den Digital Services Act sind noch nicht abgeschlossen, es bleibt weiter spannend. In seinem Gastbeitrag für Europe.Table hat sich Alexander Rabe, Geschäftsführer des eco-Verbandes, mit wichtigen Aspekten des DSA auseinandergesetzt. Besonders deutlich wird er in einem Punkt: “Nur die EU sollte die Regeln vorgeben”, schreibt er. Das deutsche NetzDG und andere nationale Regelungen müssten weichen, damit die EU mit dem DSA für Rechtssicherheit sorge.

    Ihr
    Till Hoppe
    Bild von Till  Hoppe

    Analyse

    Le Pen und Co: Putins Freunde in Europa

    Marine Le Pen würde ihre Bewunderung für Wladimir Putin gern vergessen machen. Zwar scheint ihre jahrelange Nähe zum Kreml bei den französischen Präsidentschaftswahlen kein K.-o.-Kriterium zu sein (Europe.Table berichtete) – das Rennen gegen Emmanuel Macron ist unmittelbar vor der Stichwahl am Sonntag noch offen. Die rechtsextreme Kandidatin hat ihre Unterstützung für Russlands Präsidenten seit Beginn des Krieges in der Ukraine aber relativieren müssen. Stattdessen hat sie sich im Wahlkampf lieber auf die Frage der Kaufkraft konzentriert – und nebenbei die westlichen Sanktionen gegen Russland für die galoppierende Inflation mitverantwortlich gemacht.

    Nationalistische Parteien in Europa teilen Putins Rhetorik

    Die französische Präsidentschaftskandidatin ist nicht die einzige europäische Politikerin, die seit der Invasion in der Ukraine versucht hat, ihre Nähe zum Kreml zu verbergen. Ob die katalanische Separatistenpartei des vor der Justiz geflohenen Carles Puigdemont, Matteo Salvinis Lega Nord in Italien oder die AfD: Nationalistische und rechtsextreme Politiker versuchen, ihre Unterstützung für Wladimir Putin zu vertuschen. “Putins Russland ist toxisch geworden”, sagt der Autor Anton Schechowzow, der sich in seinen Büchern mit der Verbindung zwischen Rechtsextremen aus Europa und Russland beschäftigt hat.

    Putins Rhetorik sei von nationalistischen und rechtsextremen Parteien in Europa geteilt worden: “Sie sahen Putins Russland auch als eine konservative Gesellschaft, die traditionelle Werte wie die Familie verteidigt. Es gab eine ideologische Verbindung, und diese Politiker dienten mit ihren Aussagen der russischen Staatspropaganda.”

    Finanzielle Unterstützung aus Russland

    “Die europäischen rechtsextremen Parteien genossen die mediale Unterstützung russischer Propagandakanäle, die sie in ihrer Heimat von den Mainstream-Medien nicht bekamen”, sagt Schechowzow. Einige Parteien haben auch finanzielle Unterstützung aus Russland erhalten. Marine Le Pens Rassemblement National (ehemals Front National) finanzierte den Wahlkampf für die Regional- und Kommunalwahlen 2014 mit einem Darlehen einer russischen Bank in Höhe von neun Millionen Euro, das noch nicht zurückgezahlt wurde. 

    Le Pen bezeichnete Putin als “Patriot” und Verteidiger der “traditionellen europäischen Werte” und feierte Putins Maßnahmen zur Bekämpfung der “LGBT-Propaganda”. Während sie die Invasion in der Ukraine verurteilt, hat sie sich gegen Sanktionen gegen Russland ausgesprochen, wie sie Mitte März auf ihrem Twitter-Account und Mitte April in einem Interview mit dem französischen Medium BFMTV erklärte

    Auch die italienische Lega Nord von Matteo Salvini, bekannt für ihre fremdenfeindliche Politik, hat sich auf die Finanzierung und strategische politische Unterstützung des Kremls verlassen. Wie das italienische Magazin L’Espresso im Februar enthüllte, führte Salvinis Partei geheime Verhandlungen in Moskau mit der Absicht, vor den EU-Parlamentswahlen 2019 Finanzmittel in Millionenhöhe für die Lega zu beschaffen. Salvinis Lega war auch stets die aktivste Partei, die sich gegen Wirtschaftssanktionen gegen Moskau ausgesprochen hat. 

    Salvini stößt in Polen auf Protest

    Seit dem Angriff auf die Ukraine versucht Salvini ungeschickt, seine Verbindungen zu Putin zu vertuschen. Anfang März reiste er in die polnische Stadt Przemyśl, eine der Haupteinreisestellen für Menschen aus der Ukraine. Przemyśls Bürgermeister Wojciech Bakun war jedoch nicht glücklich darüber, dass der Lega-Chef in seine Stadt kam, um sich für die Unterstützung ukrainischer Flüchtlinge in Szene zu setzen. Bakun protestierte, indem er Salvini ein T-Shirt mit Putins Konterfei vors Gesicht hielt. Der italienische Politiker hatte das T-Shirt 2015 im EU-Parlament getragen. Damals hatte er über sein Outfit zu Ehren Putins gesagt: “Ich habe es in Moskau gekauft. Es ist eine Antwort auf die europäischen Dummköpfe, die mit Putin und Russland Krieg spielen.”

    In der AfD, die ebenfalls Verbindungen zum Kreml hat, sind einige Politiker noch nicht bereit, den Krieg gegen die Ukraine zu verurteilen. So etwa der Bundestagsabgeordnete Eugen Schmidt, der sich gerne auf die Seite Moskaus stellt und in russischen Medien behauptet, es gebe keine Demokratie in Deutschland, wie ein Bericht der Sendung “Kontraste” zeigt.

    “Wenn man von russlandfreundlichen rechtsextremen Parteien spricht, geht es hauptsächlich um bestimmte Personen innerhalb dieser Fraktionen, die diese Agenda vorantreiben”, sagt Experte Schechowzow. Als Beispiel nennt er die österreichische FPÖ: “2019 wurde die gesamte pro-russische Fraktion der Partei mit dem Austritt von Hans-Christian Strache nach der Ibiza-Affäre aufgelöst.”

    Einmischung in demokratische Prozesse

    In Europa habe sich Russland in die Bundestagswahl 2017 eingemischt, ebenso wie in die Präsidentschaftswahlen 2017 in Frankreich: “In Deutschland haben die Russen diese ganze Anti-Merkel-Hetze betrieben”, so Schechowzow. Russland mische sich in Wahlen ein, wenn es meint, dass es dies tun sollte – und kann. In Ungarn beispielsweise sei das nicht nötig gewesen, da Ministerpräsident Viktor Orbán seine Agenda, die mehrere demokratische Prinzipien angreift, bereits durchgesetzt habe.

    Wie die New York Times im September 2021 aufdeckte, suchte die katalanische Separatistenpartei von Carles Puigdemont bei ihrem Kampf für die Unabhängigkeit von Spanien Hilfe in Russland. Puigdemont, der wegen Hochverrats vor der spanischen Justiz auf der Flucht ist, bestreitet jede Verbindung zum Kreml.

    Rücktritte in Europa wegen Beziehungen zu Putin

    Neben rechtsextremen Parteien gibt es auch prominente Politiker aus Europa, die millionenschwere Geschäftsbeziehungen zum russischen Staatschef Putin unterhalten haben. Durch den Krieg haben einige ihre Führungspositionen in Unternehmen mit Verbindungen zu Russland niedergelegt. Der italienische Ex-Premierminister Matteo Renzi ist Ende Februar aus dem Vorstand von Delimobil, Russlands größtem Carsharing-Unternehmen, zurückgetreten. Der ehemalige französische Staatschef François Fillon kündigte ebenfalls seinen raschen Rücktritt von seiner Funkiton bei Sibur an, dem russischen Petrochemieunternehmen. Altbundeskanzler und Gaslobbyist Gerhard Schröder hingegen schweigt und behält seine Vorstandsposten bei Gazprom und Rosnef bei.

    “Putin hat Salvini, Le Pen oder Schröder nie als Freunde betrachtet. Er respektiert sie nicht. Das einzige Land, das er respektiert oder von dem er gegenseitigen Respekt erwartet, sind die USA“, sagt Schechowzow: “Das kommt von Putins Erfahrung als Geheimdienstoffizier: Kein Respekt vor Menschen, die bereit sind, die nationalen Interessen ihrer eigenen Gesellschaften zu verraten.”

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    Recht auf Reparatur: Was die Pläne für die Hersteller bedeuten

    1,8 Jahre – das ist die durchschnittliche Lebensdauer eines Smartphones. Oft ist eine Reparatur gar nicht möglich. Und wenn doch, ist es meist günstiger, ein neues Gerät zu kaufen. Als Teil der Sustainable Products Initiative (SPI) will die EU-Kommission nun das Recht auf Reparatur stärken (Europe.Table berichtete).

    Die Pläne dürften erheblichen Anpassungsbedarf in der Industrie mit sich bringen. Die Hersteller beschäftige vor allem der Aufwand in der Umsetzung, sagt Claas Oehlmann, Geschäftsführer der BDI-Initiative Circular Economy. Wenn künftig der Handel mit Ersatzteilen oder Leasing-Modelle immer wichtiger werden, könnten bestimmte Geschäftsmodelle womöglich nicht mehr funktionieren.

    Vielen Unternehmen sei klar, dass Haltbarkeit, Reparierbarkeit und Recyclingfähigkeit zentral für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft seien. “Dies muss mit dem Produktdesign anfangen, das ist der Schlüssel für nachhaltige Erzeugnisse”, so Oehlmann. Allerdings seien konkrete Berechnungen der Wirkung zurzeit noch schwierig: “Die neue Ökodesign-Verordnung gibt erst mal nur den Rahmen vor”, sagt Oehlmann. “Wie einzelne Maßnahmen aussehen werden, ist noch nicht klar.” Die bereits bestehenden Ökodesign-Vorgaben böten aber eine gewisse Orientierung, wie die Umstellung aussehen werde.

    Weniger Umsatz durch längere Lebensdauer

    Die Ökodesign-Richtlinie bezieht sich bislang nur auf bestimmte Kategorien wie Waschmaschinen, Geschirrspüler, Kühlschränke und Fernseher. Die EU-Kommission will sie auf weitere Produkte wie Smartphones, Computer und Staubsauger ausweiten und in eine Verordnung ändern. Garantien auf Produkte sollen länger gelten, Ersatzteile schneller verfügbar sein und Software-Updates auch für ältere Geräte verfügbar.

    Laut einer Studie der Beratungsfirma Oliver Wyman würden die Erlöse europäischer Firmen dadurch um etwa 20 Prozent sinken. Die Umsatzeinbußen der Hersteller ergäben sich demnach aus neuen Vorgaben für das Produktdesign: Zum Beispiel müssten einzelne Komponenten von Produkten zukünftig nicht mehr geklebt, sondern zusammengeschraubt werden, um sie reparierbar zu machen. Die Lebensdauer von Elektrogeräten könne nach Einschätzungen der Industrie um etwa ein Viertel verlängert werden und führe so zu weniger Verkäufen.

    Unklar sei zudem, wie die Vorgaben auch für importierte Waren gelten können, sodass Hersteller innerhalb der EU im Wettbewerb keinen Nachteil haben. Von der Kommission heißt es hierzu, die Verordnung werde “gleiche Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen schaffen, die ihre Produkte auf dem EU-Markt verkaufen möchten”.

    Neukauf günstiger als Reparatur

    Die Analyse von Oliver Wyman stellt aber auch fest: Die Einbußen der Unternehmen durch geringere Verkaufszahlen ließen sich zumindest zum Teil über neue Geschäftsmodelle ausgleichen. So könnten Hersteller ihren Umsatz um etwa zehn Prozent erhöhen, wenn sie Ersatzteile verkauften, den Secondhand-Markt bedienten und mehr Service anböten, etwa Abo-Modelle für Software­updates oder Reparaturen.

    Für die Hersteller sei das Geschäft mit Ersatzteilen jedoch eine große Herausforderung, sagt Werner Scholz, Fachverbandsgeschäftsführer für Hausgeräte beim ZVEI. “Ein Ersatzteil muss bewirtschaftet werden, das legen Sie nicht irgendwo ins Lager und vergessen es dann. Die Anforderungen an Komponenten und Ersatzteile ändern sich permanent, und Kunststoffe oder bestimmte Metalle werden verboten.” Motoren, die Hersteller heute bauen und als Ersatzteile ins Lager legen, dürften in einigen Jahren bereits nicht mehr den aktuellen Standards entsprechen. “Die Regulierung darf sich da nicht mit anderer Regulierung beißen.”

    Die Lebensdauer von Elektrogeräten ist ein zentraler Punkt der Kreislaufwirtschaft, schließlich ist Elektromüll die am schnellsten wachsende Abfallquelle in der EU. 2019 entsorgte jede:r EU-Bürger:in im Durchschnitt zehn Kilogramm Elektrogeräte. Für Verbraucher:innen ist es bislang meist günstiger, ein neues Gerät zu kaufen.

    Längere Garantien, weniger Mehrwertsteuer

    Die Bereitschaft zum Reparieren ist jedoch hoch, das zeigen Initiativen wie der Reparaturbonus der Verbraucherzentrale Thüringen. Seit Sommer 2021 erstattet diese pro Person und Jahr die Hälfte der Reparaturkosten für Elektrogeräte bis zu einem Wert von 100 Euro. “Es gingen so viele Anträge ein, dass das Budget bereits nach sechs Wochen ausgeschöpft war und das Umweltministerium das Fördervolumen noch einmal aufstockte”, sagt Sprecherin Katrin Braun.

    Die Zentrale plant zurzeit eine zweite Auflage des Programms. Auch das österreichische Umweltministerium bietet ab dem 26. April einen solchen Reparaturzuschuss auf nationaler Ebene an. Ein solches Modell komme vor allem lokalen Reparaturdienstleistern zugute, sagt Tobias Brönneke, Leiter des Zentrums für Verbraucherforschung und nachhaltigen Konsum (vunk) an der Hochschule Pforzheim und Vorsitzender der Verbraucherkommission Baden-Württemberg.

    Darüber hinaus könne eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Reparaturdienstleistungen helfen. Einige Mitgliedstaaten wie Schweden machen damit bereits gute Erfahrungen. Am wichtigsten sei laut Brönneke jedoch eine Verlängerung der Mängelgewährleistung, die verhindere, dass absichtlich Mängel in Produkte eingebaut würden.

    Mit einer tatsächlichen Wirkung auf den Markt rechnen die Verbände in vier bis fünf Jahren. Die Kreislaufwirtschaft in der EU soll spätestens bis 2050 vollständig umgesetzt sein, 2030 sollen bereits verbindliche Ziele für die Wiederverwendung von Materialien gelten.

    • Klima & Umwelt
    • Kreislaufwirtschaft
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    • Nachhaltigkeit
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    Termine

    25.04.2022 – 09:00-12:30 Uhr, online
    FACCE-JPI, Workshop Science Advice to Policy Coherence for Sustainable Food Systems
    The Joint Programming Initiative for Agriculture, Food Security and Climate Change (FACCE-JPI) event will discuss sustainable food systems, trade-offs and synergies between food production, ecosystems and climate, and the farm-to-fork strategy. REGISTRATION

    25.04.2022 – 11:00-12:30 Uhr, online
    KAS, BDI, Discussion Europe’s greatest achievement – The Single Market as a way towards Post-Pandemic-Recovery?
    Speakers at the event hosted by the Konrad Adenauer Foundation (KAS) and the Federation of German Industries (BDI) will discuss how the single market can be used most effectively to support post-pandemic recovery and take the European economy to new heights. INFOS & REGISTRATION

    25.04.-29.04.2022, Hannover
    Messe Hannover Messe 2022
    Die Hannover Messe 2022 befasst sich mit der Transformation von Wirtschaft und Industrie zu einer digitalisierten, klimaneutralen und nachhaltigen Wertschöpfung. TICKETS

    25.04.-29.04.2022, Amsterdam (Niederlande)/online
    Conference Amsterdam Energy Summit
    The Amsterdam Energy Summit will address the latest developments in energy, oil and gas convergence and addresses industry and policy representatives. INFOS & REGISTRATION

    26.04.2022 – 10:00-11:00 Uhr, online
    TÜV Rheinland, Seminar 5G – Ist der Hype vorbei? Status Quo, Chancen und Herausforderungen
    Referent Klaus Eichler analysiert den Status Quo des Ausbaus der 5G-Technologie und thematisiert mögliche Hintergründe und Zusammenhänge sowie Chancen für Unternehmen. INFOS & ANMELDUNG

    26.04.2022 – 10:00-16:00 Uhr, Berlin
    ZIA, Seminar Nachhaltiges Immobilienmanagement – Wirtschaftlichkeit im Einklang mit ESG-Verantwortung
    Das Seminar des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA) vermittelt Prozesse des nachhaltigen Immobilienmanagements und ein Verständnis für mehr Nachhaltigkeit im Immobilienlebenszyklus. INFOS & ANMELDUNG

    26.04.2022 – 10:00-16:30 Uhr, Hannover/online
    Conference Robotics Congress 2022 – Reaching the goal faster with smart cobots
    The main topics of the 11th Robotics Congress are simple programming and operation, safety and security, soft robotics and green robotics. INFOS & REGISTRATION

    26.04.2022 – 15:30 Uhr, online
    Konferenz Netzpolitisches Forum
    Beim Netzpolitischen Forum werden die Digitalpolitik der Bundesregierung und ihre Integration in die Wirtschaft diskutiert sowie der Digitalstandort Deutschland und dessen Zukunft thematisiert. INFOS & ANMELDUNG

    26.04.2022 – 18:00-20:00 Uhr, Kierspe
    BVMW, Vortrag Cyber-Krieg – Ein wichtiges Thema für die Unternehmen
    Anhand von Praxisfällen wird bei der Veranstaltung des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW) erläutert, was unter Cyberangriffen verstanden wird und welche Konsequenzen diese haben können. INFOS & ANMELDUNG

    26.04.2022 – 19:00-20:30 Uhr, online
    Polis 180, Conference Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik Programmtreffen
    Thema des Treffens sind aktuelle Entwicklungen in der Sicherheitspolitik und die Analyse der internationalen Sicherheitslage. INFOS & ANMELDUNG

    26.04.-27.04.2022, Belgien
    EC, Conference Smart Cities Marketplace Forum – Towards a just and clean urban transition
    The event, organized by the European Commission (EC) among others, will provide an opportunity for exchange on the clean energy transition, financing opportunities and the integration of innovative and clean-technology solutions in Europe. INFOS & REGISTRATION

    26.04.-28.04.2022, Warschau (Polen)/online
    Conference Energy Tech Summit
    The Energy Tech Summit will present latest developments in the convergence of energy and mobility and discuss them in nine conference topics. INFOS

    26.04.-29.04.2022, Köln/online
    Messe Anuga FoodTec – Welt der Innovationen
    Auf der Anuga FoodTec werden Innovationen und technologische Visionen der internationalen Lebensmittel- und Getränkeindustrie präsentiert. INFOS

    News

    Kommission prüft 45-Prozent-Ziel für erneuerbare Energien bis 2030

    Die Europäische Kommission prüft, ob die Europäische Union bis 2030 einen höheren Anteil an erneuerbaren Energien anstreben könnte, um die Abkehr von russischen fossilen Brennstoffen zu beschleunigen. Im vergangenen Jahr hatte die Kommission das Ziel von 40 Prozent erneuerbaren Energien für 2030 vorgeschlagen. Nun prüft sie, ob ein 45-Prozent-Ziel möglich wäre.

    “Wir arbeiten mit Hochdruck daran, um vor allem den Vorschlag zu berücksichtigen, von 40 Prozent auf 45 Prozent zu gehen – auch vor dem Hintergrund höherer Energiepreise“, sagte Mechthild Wörsdörfer, stellvertretende Generaldirektorin der Energieabteilung der Kommission, am Mittwoch bei einem Treffen von EU-Gesetzgebern.

    Russland ist der wichtigste Gaslieferant der EU. Im Jahr 2020 bezog die EU 22 Prozent ihres Bruttoendenergieverbrauchs aus erneuerbaren Energien wie Wind, Sonne und Biomasse. Der Anteil ist in den einzelnen EU-Ländern sehr unterschiedlich und reicht von mehr als 50 Prozent in Schweden bis zu weniger als 10 Prozent in Luxemburg.

    Neue Analyse für erneuerbare Energien-Ziel bis 2030 notwendig

    Das neue Ziel hängt von den EU-Ländern und dem Europäischen Parlament ab. Sie verhandeln den Vorschlag als Teil des Fit-for-55-Pakets, dessen Ziel es ist, die EU-Emissionen schneller zu senken.

    Markus Pieper, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament, sagte, die neue Analyse sei dringend notwendig, damit sie in die laufenden Verhandlungen einfließen könne. Er forderte die Kommission auf, nicht bis nach dem Sommer zu warten. “Andernfalls würden wir wieder von vorne anfangen”, sagte er.

    Die Kommission wird im Mai einen Plan veröffentlichen, der den Ausstieg aus russischen fossilen Brennstoffen bis 2027 vorsieht. Wörsdörfer sagte, dass dieser Plan einen Gesetzesvorschlag enthalten werde, der es erneuerbaren Energieprojekten erleichtern soll, Genehmigungen zu erhalten. rtr/sas

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    Fit for 55: Abstimmungen im ITRE

    Auch wenn der Industrie- und Energieausschuss des EU-Parlaments (ITRE) bei den meisten Dossiers des Fit-for-55-Pakets nicht federführend ist, sind seine Abgeordneten befugt, eine Stellungnahme in Form eines eigenen Berichts abzugeben. Gestern wurde im ITRE über eine Vielzahl dieser sogenannten “Opinions” abgestimmt. Eine Übersicht:

    CO2-Flottengrenzwerte für Pkw

    Der ITRE-Berichterstatter für die CO2-Flottengrenzwerte, Dominique Riquet (Renew, FR), will das Verbrenner-Aus verhindern und fordert einen technologieoffenen Ansatz der Regulierung. Statt der Emissionsreduktion neuer Fahrzeuge um 100 Prozent ab 2035, wie von der Kommission im Fit-for-55-Paket vorgeschlagen, will er nur 95 Prozent. So wäre es auch möglich, “einen Restanteil für das Inverkehrbringen emissionsarmer aufladbarer Hybridfahrzeuge beizubehalten“, schreibt er in seinem Bericht. Außerdem fordert Riquet, dass Emissionen nicht mehr nur am Auspuff gemessen werden, sondern im gesamten Lebenszyklus. Auch synthetische Kraftstoffe und Biokraftstoffe hält er für geeignet, um den Übergang zu einer emissionsarmen Mobilität zu schaffen.  

    Sein Bericht wurde mit 40 Stimmen dafür, 17 dagegen und 19 Enthaltungen angenommen.

    Alternative Fuel Infrastructure Regulation (AFIR)

    Die Alternative Fuel Infrastructure Regulation (AFIR) soll den Aufbau einer Ladeinfrastruktur für leichte und schwere Fahrzeuge beschleunigen. Michael Bloss (Greens/EFA, DE) ist Berichterstatter im ITRE-Ausschuss. Er will, dass man schon 2025 “den gesamten Kontinent mit einem Elektrofahrzeug durchqueren” kann. Die Kommission hatte 2030 als Ziel vorgeschlagen. Das bedeutet beispielsweise, dass auf jedem sicheren Parkplatz “mindestens zwei Ladestationen für schwere Nutzfahrzeuge mit einer Ladeleistung von mindestens 100 kW installiert” sein sollen. Zudem soll es alle fünf Kilometer innerstädtisch und im ländlichen Raum alle 60 Kilometer mindestens eine Schnellladestelle (300kW) für Pkw geben.

    Der Bericht wurde mit 59 Stimmen dafür, 9 dagegen und 8 Enthaltungen angenommen.

    Reform des europäischen Emissionshandels (ETS)

    Im Kompromissvorschlag des ITRE zur ETS-Reform ging es insbesondere um den Umgang der freien CO2-Zertifikatszuteilungen. Der Bericht von Mauri Pekkarinen (Renew, FI) sieht vor, dass die freien Zuteilungen für Exporte unverändert beibehalten werden. Erst nach dem Ende der Einführungsphase des CBAM solle die Kommission eine detaillierte Folgenabschätzung der “Auswirkungen auf die EU-Exporte der CBAM-Sektoren und der Entwicklung der globalen Emissionen” vorlegen (Europe.Table berichtete).

    Der Bericht wurde mit 50 Stimmen dafür, 24 dagegen und 2 Enthaltungen angenommen.

    Schaffung eines CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM)

    Das CBAM-Dossiers ist untrennbar mit dem ETS verknüpft. Der ITRE-Kompromiss von Berichterstatterin Izabela Kloc (ECR, PL) sieht vor, dass der Grenzausgleichsmechanismus ein Jahr lang unter Realbedingungen getestet wird. Von 2023 bis 2026 soll es eine Übergangsphase zur Datensammlung geben, in der Unternehmen der CBAM-Sektoren zwar erfassen müssen, welchen finanziellen Grenzausgleich sie theoretisch zahlen müssten, diesen aber nicht entrichten. 2027 würde der CBAM eingeführt, während parallel die kostenlosen Zuteilungen vorerst in vollem Umfang erhalten bleiben, was möglicherweise jedoch im Konflikt mit WTO-Regeln steht (Europe.Table berichtete).

    Der Bericht wurde mit 57 Stimmen dafür, 16 dagegen und 3 Enthaltungen angenommen.

    Schaffung eines Klimasozialfonds (SCF)

    Die ehemalige polnische Ministerpräsidentin Beata Szydło (ECR, PL) ist Berichterstatterin für die ITRE-Stellungnahme zum Klimasozialfonds. Auch wenn sie sich in ihrem Entwurf weitgehend am Text der Kommission orientierte, will sie, dass neben Familien mit nur einem Elternteil auch “kinderreiche Familien” besonders berücksichtigt werden. Sie fordert zudem, dass der Fonds “insbesondere finanziell schwächere Haushalte und Kleinstunternehmen durch die Einführung von Maßnahmen im Zusammenhang mit erdgasbetriebenen Heizkesseln und Heizanlagen und der Verteilungsinfrastruktur unterstützen” sollte.

    Der Bericht wurde mit 57 Stimmen dafür, 9 dagegen und 10 Enthaltungen angenommen.

    RefuelEU Aviation

    Jutta Paulus (Greens/EFA, DE) ist für die ITRE-Stellungnahme für einen nachhaltigen Luftverkehr (RefuelEU Aviation) zuständig. Statt einem Anteil von 63 Prozent nachhaltiger Flugkraftstoffe (SAF) bis 2050, wie die Kommission vorgeschlagen hatte, fordert Paulus einen SAF-Anteil von 100 Prozent bis 2040/2050. Außerdem will sie die Steuerbefreiung von Düsenkraftstoff, die Mehrwertsteuerbefreiung von Flugtickets und die kostenlose Zuteilung von ETS-Zertifikaten für die Luftfahrt beenden, um generell den Luftverkehr zu verringern. Während die Kommission “in den nächsten Jahrzehnten” durch den Einsatz nachhaltiger Alternativen auf fossile Kraftstoffe verzichten will, fordert Paulus bereits ab 2030 eine Emissionsminderung durch “fortschrittliche Biokraftstoffe oder synthetische Kraftstoffe”.

    Der Bericht wurde mit 42 Stimmen dafür, 6 dagegen und 28 Enthaltungen angenommen.

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    EU-Kommission sucht nach alternativen Öllieferanten zu Russland

    Die Europäische Kommission arbeitet daran, die Verfügbarkeit alternativer Energielieferungen zu beschleunigen, um die Kosten für ein Verbot von Öl aus Russland zu senken. Damit sollten Deutschland und andere EU-Staaten davon überzeugt werden, ein Ölembargo gegen Russland zu akzeptieren, sagte ein EU-Insider am Mittwoch zu Reuters.

    In der Debatte über ein sechstes EU-Sanktionspaket gegen Russland drängten einige EU-Länder auch auf andere neue Beschränkungen. Dazu gehört der Ausschluss von Russlands Top-Kreditgebern Sberbank und Gazprom Neft aus dem internationalen Swift-Zahlungssystem, der Stopp der Importe von Kernbrennstoff aus Russland, das Verbot weiterer russischer Nachrichtensender, die Aussetzung von Visa für Russen sowie eine schwarze Liste zusätzlicher Personen und Unternehmen, die mit dem Kreml verbunden sind. Eine Verständigung im Kreis der 27 EU-Regierungen gibt es dazu nicht.

    Die Bundesregierung hatte wie einige anderen EU-Staaten betont, dass man noch einige Monate brauche, um sich von der Lieferung von Öl aus Russland unabhängig zu machen. Dazu führe man Gespräche mit alternativen Lieferanten. Die EU-Kommission will nun ihrerseits ebenfalls nach anderen Lieferländern schauen. Auch die Vorsitzenden des Europa-, Außen- und Verteidigungsausschusses im Bundestag hatten ein “schnellstmögliches” Ölembargo gefordert. rtr

    • Energie
    • Europapolitik

    Michel bekräftigt Unterstützung der Ukraine

    Der Präsident des Europäischen Rates, Charles Michel, hat am Mittwoch bei einem Überraschungsbesuch in Kiew die europäische Solidarität mit der Ukraine bekräftigt und erklärt, dass für die mutmaßlichen russischen Kriegsverbrechen Gerechtigkeit geübt werden müsse.

    Michel besuchte die Stadt Borodjanka nordwestlich von Kiew, bevor er Gespräche mit Präsident Wolodymyr Selenskyj in der Hauptstadt führte. “Es gibt keine Worte … um zu erklären, was ich fühle. Das sind Gräueltaten, das sind Kriegsverbrechen. Das muss bestraft werden. Es wird bestraft werden”, sagte Michel auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Selenskyj in Kiew.

    Auf Twitter teilte er mit: “Die Geschichte wird die Kriegsverbrechen, die hier begangen wurden, nicht vergessen. … Es kann keinen Frieden ohne Gerechtigkeit geben.”

    Charles Michel, von der Leyen, Borrell & Metsola in der Ukraine

    Michels Reise folgte auf die Besuche der Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, des Außenpolitikers der Europäischen Union, Josep Borrell, und der Präsidentin des Europäischen Parlaments, Roberta Metsola, in diesem Monat in Kiew.

    “Sie sind nicht allein”, sagte Michel und lobte den Mut des ukrainischen Volkes. “Wir sind mit Ihnen und werden alles tun, was möglich ist, um Sie zu unterstützen und sicherzustellen, dass die Ukraine den Krieg gewinnt.”

    “Öl und Gas ins Visier nehmen”

    Charles Michel sagte, die EU habe der Ukraine bereits militärische Ausrüstung im Wert von 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt und Sanktionen gegen Russland verhängt, werde aber nach weiteren Möglichkeiten suchen, um auf die russische Invasion zu reagieren.

    “Ich bin überzeugt … dass wir früher oder später Öl und Gas ins Visier nehmen werden”, sagte er, ohne Einzelheiten zu nennen.

    Die EU-Staaten sind sich uneins darüber, ob sie ein Embargo gegen russisches Öl oder Gas verhängen sollen. Deutschland gehört zu den Ländern, die stark von Energieimporten aus Russland abhängig sind.

    Selenskyj begrüßte das “politische Signal”, das Michel mit seinem Besuch ausgesandt habe, forderte Brüssel jedoch auf, den Sanktionsdruck auf Russland zu verstärken, und verlangte ein “vollständiges Energieembargo, einschließlich der Einfuhr von Öl und Gas”.

    Er begrüßte ein sechstes Sanktionspaket, das von der EU vorbereitet wird, fügte aber hinzu: “Öl sollte Teil des sechsten Pakets sein. Ohne Öl ist dieses Paket leer und nicht stark genug.” rtr/sas

    • Energie
    • Europapolitik

    Parlament will einheitliche Ladekabel für viele Geräte

    Das EU-Parlament hat sich dafür ausgesprochen, einen einheitlichen Ladekabel-Anschluss für zahlreiche Gerätetypen vorzuschreiben. Der Binnenmarktausschuss stimmte gestern dafür, die geplante Regulierung unter anderem auf Smart Watches, Fitnesstracker, Laptops und Drucker auszuweiten. Die EU-Kommission hatte vorgeschlagen, lediglich die Hersteller von Mobiltelefonen, Tablets, Digitalkameras und tragbaren Lautsprechern zum Einbau eines einheitlichen Ladekabel-Anschlusses im Format USB-C zu verpflichten (Europe.Table berichtete).

    Ziel des Parlaments sei es, einen einheitlichen Anschluss für möglichst viele Geräte zu etablieren, sagte dessen Berichterstatter Alex Agius Saliba (S&D). Dies komme der Umwelt zugute, da weniger Ladegeräte entsorgt werden müssten, und erleichtere das Leben der Konsumenten. Allerdings müssten die Vorgaben für die Hersteller auch praktikabel sein. So sollten etwa Smart Watches und Fitnessarmbäder ausgenommen sein, wenn bei ihnen wegen der geringen Größe kein USB-C-Anschluss verbaut werden könne.

    Standard fürs kabellose Laden

    Bis Ende 2026 soll die Kommission zudem prüfen, ob weitere Gerätetypen in den Geltungsbereich aufgenommen werden können. Bis dann soll die Behörde zudem einen Standard für das kabellose Laden definieren, um auch hier eine Vereinheitlichung zu erreichen. Dadurch werde die Regulierung “zukunftsfest”, so Agius Saliba. Ursprünglich hatte der Abgeordnete aus Malta hier bereits das Jahr 2025 vorgeben wollen (Europe.Table berichtete).

    Die neuen Vorgaben für die Hersteller sollen nach dem Willen des Parlaments bereits neun Monate nach Inkrafttreten der Funkanlagenrichtlinie greifen, die für das Anliegen derzeit überarbeitet wird. Die Unternehmen sollen die Kunden dann mit eindeutigen Labels darüber informieren, ob dem Gerät ein eigenes Ladekabel beiliegt und welche Eigenschaften dieses hat.

    Die Positionen wurden mit großer Mehrheit im Ausschuss angenommen. Er wolle das starke Mandat dafür nutzen, den ehrgeizigen Ansatz des Parlaments im anstehenden Trilog mit den Mitgliedstaaten durchzusetzen, sagte Agius Saliba. tho

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    • Klima & Umwelt
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    KI-Gesetz: Abgeordnete warnt vor kollidierenden Verpflichtungen

    Die bestehende Gesetzgebung im Verkehrssektor soll im Gesetz über künstliche Intelligenz besser berücksichtigt werden. Das forderte die Berichterstatterin im Ausschuss für Verkehr und Tourismus (TRAN) Josianne Cutajar (S&D) in ihrem Entwurf einer Stellungnahme zum KI-Gesetz. Es müsse sichergestellt werden, dass sich das Gesetz nicht mit sektorspezifischen Rechtsvorschriften überschneide und den Akteuren des Verkehrssektors doppelte oder miteinander kollidierende Verpflichtungen auferlegt.

    In den Bereichen Luftfahrt, Straßen-, Schienen- und Seeverkehr seien Maßnahmen erforderlich, die speziell auf den jeweiligen Sektor zugeschnitten sind. Nur so sei ein erfolgreiches Betriebs- und
    Dienstleistungsmanagement
    zu gewährleisten und gleichzeitig ein Höchstmaß an Sicherheit
    sicherzustellen. Die harmonisierten Rechtsvorschriften reichen möglicherweise nicht aus, um die Sicherheit im jeweiligen Sektor zu gewährleisten, warnte Cutajar. Deshalb müssten die sektorspezifischen Rechtsvorschriften eigenhalten werden und in einigen Fällen Vorrang vor harmonisierten Vorschriften des KI-Gesetzes haben.

    Bessere Innovationsförderung im KI-Gesetz notwendig

    Die Berichterstatterin fordert außerdem, internationale Normen und Standards besser zu berücksichtigen. Aufgrund des internationalen Charakters des Verkehrswesens sei dies von besonderer Bedeutung. Schließlich plädiert Cutajar in ihrem Entwurf für eine bessere Förderung von Forschung und Innovation. Neue harmonisierte Vorschriften dürften die Forschung nicht behindern, wenn diese auf kontrollierte Umgebungen beschränkt sei und das KI-System nicht auf den Markt gebracht werde. Sie schlägt vor, dass kleine und mittlere Unternehmen einen besseren Zugang zu den im KI-Gesetz vorgesehenen Reallaboren bekommen.

    Darüber hinaus macht die TRAN-Berichterstatterin einige Vorschläge für die Definition von KI-Systemen und Hochrisiko-KI-Systemen. Beide seien von wesentlicher Bedeutung für das Verkehrswesen. Weitere geringfügige Änderungen betreffen die Transparenz von Algorithmen für Arbeit im Verkehrssektor, das Verständnis der menschlichen Aufsicht im Zusammenhang mit dem Verkehrswesen und die Klärung von Fehlern in Datensätzen. Bis zum 3. Mai können nun die Mitglieder des Verkehrs- und Tourismusausschusses ihre Änderungsanträge zur Stellungnahme von Cutajar einreichen. ank

    • Europapolitik
    • Künstliche Intelligenz
    • Künstliche Intelligenz-Verordnung
    • Mobilität

    Presseschau

    EU-Standard für alle Ladekabel kommt 2024 FAZ
    Baerbock gesteht Fehler in der Energiepolitik mit Russland ein TAGESSPIEGEL
    Norwegen liefert mehr Waffen – und streitet über Importe aus Russland TAGESSPIEGEL
    Der Streit über Militärhilfe könnte Bulgariens Regierung stürzen TAGESSPIEGEL
    2600 statt 1300 Pfund für Gas – Jetzt droht 40 Prozent der Briten die Energiearmut WELT
    Fördermittel für energieeffiziente Häuser kurz nach Start ausgeschöpft ZEIT
    EU drängt auf schärfere Maßnahmen gegen ausländische Spionageprogramme EURACTIV

    Standpunkt

    Digital Services Act: “Europa hat jetzt die Chance, für Rechtssicherheit zu sorgen”

    Alexander Rabe, Geschäftsführer von eco - Verband der Internetwirtschaft e.V., schreibt im Standpunkt über den Digital Services Act der EU.
    Alexander Rabe ist Geschäftsführer von eco – Verband der Internetwirtschaft e.V.

    Mit dem Digital Services Act (DSA) hat die EU einen Nachfolger für die E-Commerce-Richtlinie (EC-RL) geschaffen (Europe.Table berichtete). Das Regelungspaket soll den digitalen Binnenmarkt vollenden und die Zukunft des Internets in Europa definieren. 20 Jahre lang bildete die EC-RL das rechtliche Fundament für Online-Dienste. Wenn man die rasante Entwicklung im Digitalbereich betrachtet, ist das schon eine beeindruckend lange Zeit. Der DSA bietet die Möglichkeit, den horizontalen Rechtsrahmen an die technologischen Entwicklungssprünge der letzten 20 Jahre anzupassen. 

    Damals konnte man sich noch kaum vorstellen, welche Dienste sich entwickeln und in welcher Form sie von Bürgerinnen und Bürgern genutzt würden. Heute sind wir beinahe 24 Stunden täglich online über diverse Devices erreichbar, verschicken und empfangen Nachrichten, nutzen Social Media und Video-Streaming oder lassen uns Bücher, Essen und andere Waren nach Hause liefern.

    Dass die EC-RL dafür nicht vollumfänglich geeignet war, steht außer Frage. Dennoch lieferte sie mit ihren Regeln die Grundsäulen, die noch heute essenziell sind: Haftungsbeschränkung auf Basis von Notice und Takedown, Ursprungslandprinzip und das Verbot allgemeiner Überwachung.

    Diensteanbieter um Plattformen erweitert

    Als Verband der Internetwirtschaft sind wir froh, dass der DSA diese Grundsäulen beibehält bzw. auf diesen aufbaut. Auch begrüßen wir ausdrücklich – und haben dies auch aktiv als Forderung des eco im Zuge der Diskussionen um die EC-RL-Nachfolgeregelung eingebracht -, dass der DSA die Diensteanbieter, also Caching-, Hosting- und Zugangsanbieter, um Plattformen erweitert. Damit schafft er die Möglichkeit, denjenigen Rechtssicherheit bei ihren Aktivitäten zu geben, die mehr können, mehr wissen und auch mehr tun wollen, ohne zugleich die Geschäftsgrundlage für diejenigen zu kompromittieren, die weder die Inhalte kennen noch über die finanziellen oder personellen Ressourcen verfügen.

    Zu entsprechenden Hindernissen zählen unter anderem starre Fristen und proaktive Maßnahmen, die besonders für KMU nicht zu leisten sind. Jedes seriöse Unternehmen tut bereits jetzt alles dafür, illegale Inhalte schnellstmöglich zu entfernen.

    Bedauerlich ist, dass sich die politische Debatte rund um den Digital Services Act auf EU-Ebene sehr stark auf die großen US-Plattformen fokussiert hat. Bei den kleineren und mittleren Anbietern muss klar sein, dass sie die auf Plattformen ausgerichteten Vorgaben kaum erfüllen können. Diese Tatsache, die immerhin einen großen Teil des Marktes betrifft, geht in der politischen Debatte meist unter.

    Digital Services Act der EU statt NetzDG

    Einer der wichtigsten Punkte ist sicherlich, zu erkennen, dass das Internet ein globales Medium ist und entsprechende Regelungen auch auf der höchstmöglichen politischen Ebene koordiniert werden sollen. Für Deutschland und Europa heißt das: Nur die EU sollte die Regeln vorgeben

    Das deutsche NetzDG, genauso wie andere nationale Regelungen, sind nicht nur dem eco, sondern der gesamten Internetwirtschaft ein Dorn im Auge, da sie nicht mit dem starken Wunsch nach erfolgreichen Firmengründungen in Europa zusammenpassen. Ein Unternehmen, das sich innerhalb von Europa an 27 Regeln anpassen muss, wird sich mehrfach überlegen, ob es nicht lieber nur in einzelnen Ländern aktiv bleibt oder gleich ganz außerhalb Europas in einem großen Markt wie etwa den USA sein Glück versucht. Entsprechend ist es wichtig, dass der DSA auch das NetzDG “ablöst” und es den Nationalstaaten nicht in Form einer Mindestregulierung erlaubt, selbst strengere Maßstäbe anzulegen.

    Damit einher geht auch das Verfahren zur Meldung und Entfernung illegaler Inhalte, also von Notice und Takedown, welches künftig europaweit deutlich einheitlicher ausgestaltet werden soll. Hier nationale Abweichungen und Sonderregelungen zu erlauben, würde den DSA-Kompromiss infrage stellen.

    Auch wenn der DSA sicherlich ein Meilenstein der europäischen Digitalpolitik ist, so wird er nicht auf Jahrzehnte Bestand haben, wie es bei der EC-RL der Fall war. Vielmehr wird es einer kontinuierlichen Anpassung und Fortentwicklung bedürfen. Das ist insofern bedauerlich, als die Diskussionen zwischen EU-Kommission, Parlament und Rat deutlich gemacht haben, wie unterschiedlich die Vorstellungen sind und wie rasch einige das eigentliche Ziel des Digital Services Act aus den Augen verloren haben. Letztlich ist so aus einem kompakten horizontalen Ansatz eine teilweise doch sehr kleinteilige Regelung geworden

    Horizontaler Rechtsrahmen notwendig

    Aus Sicht des eco ist es in diesem Zusammenhang essenziell, dass die Europäische Union jetzt die Chance nutzt, für Rechtssicherheit zu sorgen. Hierfür ist es aber auch notwendig, einen horizontalen Rechtsrahmen zu erlassen. Der DSA darf weder ein Jugend- noch ein Verbraucherschutzgesetz werden.

    Bei den Trilogverhandlungen konnten wichtige Punkte, wie das generelle Überwachungsverbot oder der Missbrauch bei der Meldung potenziell illegaler Inhalte zwischen den Verhandlungsführern noch nicht zu einem Konsens gebracht werden. Es bleibt entsprechend weiterhin spannend, denn die Verhandlungen um den DSA sind noch nicht abgeschlossen.

    Aus deutscher Sicht ist mit der Ressortverteilung der Ampel-Koalition die Zuständigkeit für den DSA innerhalb der Bundesregierung ins Bundesministerium für Digitales und Verkehr gewechselt. Naheliegend wäre es, den Digital Services Coordinator (DSC) ebenfalls hier anzusiedeln (Europe.Table berichtete). Damit wäre einerseits sichergestellt, dass die benötigten Strukturen rasch aufgebaut werden können, auf fachliche Expertise zurückgegriffen werden kann und personelle sowie administrative Ressourcen genutzt werden können.

    Bei der Umsetzung des DSA und der dann zu erfolgenden Einrichtung des DSC wird es jedenfalls auf eine einheitliche und konsistente Handhabung ankommen, sowohl in Deutschland als auch in Europa.

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    • Netzwerkdurchsetzungsgesetz

    Europe.Table Redaktion

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