Table.Briefing: Europe

Maritim-Sektor + Frankreich-Wahl + Europäische Rohstoffbeschaffung + Finnisches Nuklearprojekt

  • Nachhaltige Schiffskraftstoffe: Maritim-Sektor bleibt Problemkind
  • Frankreich: Die rechtsextreme Bedrohung für Europa
  • EU: Keine Entscheidung über Öl-Embargo
  • BMWK erwägt europäische Rohstoffbeschaffung
  • EU kündigt Treffen zu “Global Gateway” an
  • US-Konzern Dow beteiligt sich an Stader LNG-Projekt
  • Rosatom-Tochter wird finnisches Nuklearprojekt fortsetzen
  • Baerbock: Serbien muss EU-Sanktionen mittragen
  • Gazprombank soll ungarische Gas-Zahlungen von Euro in Rubel konvertieren
  • EU-Justizkommissar Reynders mit Spionagesoftware angegriffen
  • Apple droht zusätzliche EU-Kartellklage im Musikstreaming-Streit
  • Presseschau
  • Carole Dieschbourg: “Klimaschutz ordentlich hinkriegen”
Liebe Leserin, lieber Leser,

die Schifffahrt ist weiter ein Problemkind der Dekarbonisierung. Der maritime Sektor hängt hinterher und der Kommissionsvorschlag für das Fit-for-55-Dossier für nachhaltige Schiffskraftstoffe gilt als zu wenig ambitioniert. Nun verärgert der EP-Berichterstatter für das Dossier seine Kollegen, hat Lukas Scheid erfahren.

Wird es knapp? Wie knapp wird es? Vor fünf Jahren wurde Emmanuel Macron mit deutlichem Abstand Präsident, die Rechtsextreme Marine Le Pen verlor die Stichwahl klar. Doch das ist diesmal nicht garantiert, analysiert Tanja Kuchenbecker.

Beim Treffen der EU-Außenminister gestern hat es vorerst keine Entscheidung über ein Öl-Embargo gegeben. Aber: “Nichts ist vom Tisch, einschließlich Sanktionen gegen Öl und Gas”, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell.

An den Tisch lädt Wirtschaftsminister Habeck: Der Roundtable “Ausbau Produktionskapazitäten für die Energiewende” mit Solar- und Windenergieindustrie soll Erneuerbaren den Weg freiräumen.

In normalen Zeiten ein Riesenskandal: Der Spionageangriff auf EU-Justizkommissar Didier Reynders. Sein und Kommissionsmitarbeiter-Telefone sind im vergangenen Jahr Opfer von Anzapfversuchen geworden – im Verdacht steht Software eines Herstellers, dessen Dienste auch Polen und Ungarn in Anspruch nahmen. Ein Vorgang mit politischer Sprengkraft.

Carole Dieschbourg, luxemburgische Ministerin für Klima, Umwelt und nachhaltige Entwicklung, wird heute von der Presse als “Stimme Europas” gefeiert. Nach welchen politischen Grundsätzen sie arbeitet, lesen Sie im Portrait.

Ihre
Lisa-Martina Klein
Bild von Lisa-Martina  Klein

Analyse

Nachhaltige Schiffskraftstoffe: Maritim-Sektor bleibt Problemkind

75 Prozent des EU-Außenhandels und 31 Prozent des EU-Binnenhandels gemessen am Volumen werden zu Wasser abgewickelt. Dazu kommen laut EU-Kommission jährlich 400 Millionen Schiffspassagiere in den Mitgliedstaaten, davon rund 14 Millionen auf Kreuzfahrtschiffen. Schiffe sind 2018 in der EU für 13,5 Prozent aller verkehrsbedingten Treibhausgasemissionen verantwortlich gewesen. Das Einsparungspotanzial von Emissionen ist entsprechend groß – wenn auch nicht so groß wie beim Straßenverkehr (71 Prozent) oder bei der Luftfahrt (14,4 Prozent).

Schifffahrt hängt bei der Dekarbonisierung hinterher

Nichtsdestotrotz hängt die Schifffahrt im Vergleich zur Straße oder zur Luft bei der Dekarbonisierung hinterher. Die UN-Weltschifffahrtsorganisation (IMO) ist nicht gerade bekannt für ihre Fortschrittlichkeit in dieser Hinsicht (Europe.Table berichtete). Und so sind die Erwartungen an Europa riesig, als Zugpferd voranzugehen. Der Kommissionsvorschlag blieb allerdings bereits hinter diesen Erwartungen zurück.

Das Fit-for-55-Dossier für nachhaltige Schiffskraftstoffe (FuelEU Maritime) sieht vor, dass die durchschnittliche jährliche Kohlenstoffintensität der Schiffe bis 2025 um 2 Prozent, bis 2030 um 6 Prozent und bis 2050 um 75 Prozent sinkt (Vergleichsjahr 2020). Erreicht werden sollen die Ziele durch die Nutzung nachhaltigerer Kraftstoffe. Allerdings gibt es erhebliche Einschränkungen für diesen Vorschlag: Es gilt nur für Handelsschiffe mit einer Gesamttonnage von mehr als 5.000 Tonnen. Die Regelung umfasst zudem 100 Prozent der Fahrten innerhalb der EU, aber nur 50 Prozent der Fahrten zwischen EU-Häfen und Häfen in Drittländern.

Berichterstatter korrigiert Kommissionspfad nicht

Daran will auch Jörgen Warborn (EVP), schwedischer Europaabgeordneter und Berichterstatter für das Dossier im federführenden Verkehrsausschuss nichts ändern. Er hat seinen Berichtsentwurf Mitte vergangener Woche veröffentlicht. Warborn hält am Ambitionsniveau der Kommission fest, was für Unverständnis bei anderen Parlamentariern und Umweltorganisationen sorgt.

Die Kommission und die Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten hätten auf IMO-Ebene die Einschätzung gebilligt, dass die internationale Schifffahrt bis 2050 treibhausgasfrei werden muss, um die Pariser Ziele zu erreichen, sagt Tiemo Wölken (S&D), Berichterstatter für die Stellungnahme im assoziierten ENVI-Ausschuss. Er verweist auf den Abschlussbericht eines Treffens des Ausschusses für den Schutz der Meeresumwelt (MEPC) der IMO im Dezember 2021. Dort haben zahlreiche Länder ein entsprechendes Statement von Tonga unterstützt.

“Ich frage mich daher wirklich, warum der Berichterstatter das Kommissionsziel nicht dahingehend korrigiert, 100 Prozent emissionsfreie Kraftstoffe bis 2050 zu erreichen.” Wölken hatte in seinem Entwurf einer Stellungnahme sowohl die Senkung der Kohlenstoffintensität um 100 Prozent bis 2050 als auch die Einbeziehung aller inter-europäischen Fahrten vorgeschlagen.

Des Weiteren strebt der Sozialdemokrat nach mehr Anreizen für Kraftstoffanbieter und Schiffsbetreiber, grünen Wasserstoff zu verwenden. Dieser sei in der EU-Wasserstoffstrategie als besonders wichtig für die Schifffahrt eingestuft worden, so Wölken. Die Schifffahrt müsse jedoch mit anderen Sektoren um die knappen Vorräte grünen Wasserstoffs konkurrieren, weshalb er sich in den Bereichen, in denen es möglich ist, für die direkte Elektrifizierung ausspricht.

Davon profitiere schließlich auch die Wirtschaft: “Die von der Kommission durchgeführte Folgenabschätzung hat bestätigt, dass die Entwicklung der Technologien sowohl den Arbeitnehmer:innen als auch den bestehenden Unternehmen zugutekommen und neue Investitionen anziehen kann.” Die Ziele zu erhöhen ist laut Wölken daher nicht nur eine klimapolitische Notwendigkeit, sondern auch wirtschaftspolitisch geboten. In Warborns Berichtsentwurf findet Wasserstoff keine Erwähnung.

Biokraftstoffe für Schiffe trotz Flächenkonkurrenz

Stattdessen setzt Warborn auf die Nutzung von Biokraftstoffen auf Pflanzenbasis. Die Kommission hatte deren Verwendung für die Schifffahrt aufgrund der Flächenkonkurrenz im Agrarbereich ausgeschlossen. Damit wollte sie zudem verhindern, dass eine Verlagerung von Biokraftstoffen vom Straßen- auf den Seeverkehrssektor entsteht. Warborn will, dass Biokraftstoffe künftig nicht mehr ausgeschlossen werden und auf See zum Einsatz kommen können.

Jutta Paulus (Greens/EFA), Schattenberichterstatterin für das Dossier im Verkehrsausschuss, hält das mit Blick auf die derzeit drohende Nahrungsmittelkrise für “unverantwortlich”. Es sei erschreckend, dass der Kommissionsvorschlag durch den Parlamentsvorschlag so stark abgeschwächt werden soll.

Der Verkehrs- und Umwelt-Dachverband Transport & Environment (T&E) kritisiert vor allem, dass Warborn LNG als Alternativkraftstoff für Schiffsdiesel noch bis 2046 vorsieht. Damit mache er der fossilen Industrie ein Geschenk, sagt Faïg Abbasov, Programm-Direktor bei T&E für Schifffahrt. “Der neueste IPCC-Bericht von vergangener Woche hat sehr deutlich gemacht, dass Gas-basierte Kraftstoffe nicht in der Lage sind, die Schifffahrt adäquat zu dekarbonisieren.”

Dies sei besonders problematisch, da Europa sich derzeit bemühe, den Gasverbrauch zu senken, um unabhängiger von Russland zu werden, während Herr Warborn fossiles Gas in der Schifffahrt fördere, so Abbasov. Denn im Gegensatz zu anderen Sektoren, wie Haushalte, Energie und Industrie, würden in der Schifffahrt derzeit keine nennenswerten Mengen an Gas verbraucht. Eine Umstellung auf LNG würde die ohnehin schon knappen Ressourcen somit auf noch mehr Verwendungszwecke verteilen.

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Termine

13.04.2022 – 09:00-13:00 Uhr, online
Pflege Digital BW, Konferenz Digitale Kompetenzen für die Pflege – Konzepte für die Aus- und Fortbildung
Die Fortbildung der Pflege Digital BW möchte alle Beteiligten an der digitalen Transformation im Gesundheitswesen unterstützen und begleiten. INFOS

13.04.2022 – 09:00-12:00 Uhr
Next Community, Diskussion Mobile Apps
Die Next Community trifft sich zum Austausch über mobile Apps in der Verwaltung. INFOS & ANMELDUNG

13.04.2022 – 14:00-15:00 Uhr, online
EE, Seminar Crisis Response
The European Entrepreneurs (EE) address the protection of businesses from cyber-attacks and their ability to manage their IT security. INFOS & ANMELDUNG

19.04.2022 – 08:30-10:30 Uhr, Bremen
BVMW, Diskussion Politik-Talk mit Thomas Röwekamp
Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) tauscht sich mit Thomas Röwekamp (CDU-MdB, Mitglied im Verteidigungsausschuss und im Ausschuss Klimaschutz und Energie) aus. INFOS & ANMELDUNG

19.04.2022 – 19:00-20:30 Uhr, online
KAS, Diskussion Ist Wasserstoff der Game-Changer, Herr Kaufmann?
Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) diskutiert mit Dr. Stefan Kaufmann, Innovationsbeauftragter Grüner Wasserstoff beim Bundesministerium für Bildung und Forschung über die energiepolitischen Herausforderungen angesichts Russlands Überfall auf die Ukraine. INFOS & ANMELDUNG

19.04.2022 – 20:00-21:00 Uhr, online
Polis 180, Diskussion Europäische Wirtschaftspolitik
Polis 180 lädt zur Diskussion darüber ein, was den Binnenmarkt derzeit bewegt, welche Chancen und Herausforderungen vor den EU-27 liegen und was das für die Arbeit bei Polis 180 bedeutet. INFOS & ANMELDUNG

19.04.2022 – 20:30-22:30 Uhr, Hannover/online
VWS, Vortrag Wasserstoff – sauberer Energieträger von morgen?
Prof. Richard Hanke-Rauschenbach geht bei der Volkswagenstiftung (VWS) der Frage nach, welche energiepolitischen Erwartungen Wasserstoff bereits erfüllen kann und welche nicht. INFOS & ANMELDUNG

Frankreich: Die rechtsextreme Bedrohung für Europa

Marine Le Pen hat ihr Ziel erreicht. Zum zweiten Mal in ihrer politischen Karriere hat die 53-jährige Rechtsextreme den zweiten Wahlgang der Präsidentschaftswahlen in Frankreich erreicht. Damit kommt es am 24. April zum Duell mit Emmanuel Macron (44). Le Pen erreichte diesmal 23,41 Prozent der Stimmen, etwas mehr als 2017, aber mehr als vier Punkte hinter dem Präsidenten mit 27,6 Prozent. Ebenso knapp wie der erste Wahlgang könnte der zweite werden.

Während des Wahlwochenendes waren Umfragen verboten, doch schon die ersten Umfragen am Sonntag machten deutlich, was in Frankreich für Europa auf dem Spiel steht: die europäische Einheit und die Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich. Macron könnte danach die Stichwahl mit 51 bis 54 Prozent gegen Le Pen mit 46 bis 49 Prozent gewinnen. Besonders eng sahen die Meinungsforscher von Ifop mit 51 gegen 49 Prozent dieses Duell, und damit viel knapper als vor fünf Jahren, als Macron mit 66,1 Prozent gegen 33,9 Prozent für Le Pen gewann. Das Wählerpotenzial von Le Pen ist diesmal größer, mit dem Rechtsextremen Éric Zemmour im Hintergrund.

Macron rief umgehend zum “Bollwerk gegen die extreme Rechte” auf. Le Pen ermunterte dagegen “alle jene, die heute nicht Emmanuel Macron gewählt haben” sie zu unterstützen. In der Vergangenheit kam es immer zu einer Front gegen die extreme Rechte, wenn diese zu stark wurde. Doch Anhänger von Le Pen hoffen auf eine Anti-Macron-Front, weil dieser bei vielen in Frankreich unbeliebt ist und als “Präsident der Reichen” wahrgenommen wird.

Da ist auch das Hoffen auf Wähler aus dem Lager des Linken Jean-Luc Mélenchon, der mit 21,7 Prozent der Stimmen deutlich besser als erwartet abschnitt und nur knapp hinter Le Pen lag. Mélenchon rief am Wahlabend zwar dazu auf, keine Stimme an Rechtsextreme zu geben, und bezog damit stärker Position als 2017. Doch eine eindeutige Wahlempfehlung zugunsten Macrons wollte der Linkenkandidat nicht abgeben.

Völlig entgegengesetzte Ideen

Die Franzosen können nun zwischen zwei völlig entgegengesetzten Ideen für ihr Land und Europa wählen. Macron steht für eine proeuropäische Linie und ist gesellschaftlich und wirtschaftlich liberal. Es sei ein Frankreich der gehobenen Klassen gegen ein Frankreich der Angestellten und Arbeiter, der Städte gegen die Vorstädte, der europäischen Integration gegen die nationale Souveränität, interpretierte die Tageszeitung “Le Monde”. Macron setzte auf seine internationale Statur, Le Pen auf Kaufkraft im eigenen Land. “Die Franzosen wollten dieses Duell nicht, sie hofften auf neue und innovative Kandidaten”, analysierte der Politologe Bruno Cautrès.

Besonders außerhalb von Frankreich wurden Stimmen laut, dass Le Pen eine Bedrohung für Europa wäre. Das müsse das französische Volk verhindern, erklärte Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn am Montag: “Ich bin sehr beunruhigt, ich hoffe, wir werden Le Pen nicht als französische Präsidentin haben.” Das sei ein Bruch mit den EU-Werten und würde die Richtung der EU komplett ändern.

Le Pen machte in ihrer Rede nach dem ersten Wahlgang klar, worum es ihr geht: “Eine Entscheidung für die Gesellschaft, eine Entscheidung für die Zivilisation”. Dabei verwies sie immer wieder auf Frankreich: “Ich will Präsidentin aller Franzosen sein.” Macron dagegen thematisierte auch Europa: “Die Debatte, die wir haben werden, ist entscheidend für unser Land und Europa.”

Macrons glühende Rede für Europa in der Pariser Universität Sorbonne in seinem ersten Amtsjahr ist längst Teil der europäischen Geschichte – so wie die fehlenden Antworten auf Macrons Vorschläge aus Berlin. Im ersten Halbjahr dieses Jahres übt Frankreich die EU-Ratspräsidentschaft aus, und zeigt sich dabei sehr engagiert. Mit Macron würde die EU nicht geschwächt, sondern weiter gestärkt, die deutsch-französische Achse würde weiterarbeiten können. Projekte wie die gemeinsame Verteidigung, europäische Wirtschaftsprojekte oder Umweltschutz-Vorhaben könnten in Kontinuität zur ersten Amtszeit weiter entwickelt werden. Macron steht dabei für ein souveränes, starkes Europa, das bei Zukunftstechnologien in der Industrie und bei der Sicherheitspolitik unabhängiger werden soll. Schwerpunkte, die Frankreich fast automatisch eine gewichtige Rolle bei der Zukunft Europas geben würden.

Le Pen: Aus Kalkül weniger radikale Forderungen

Ganz anders die Vorstellungen Marine Le Pens. Sie hat ihre Haltung im Vergleich zu 2017 zwar geändert und will nicht mehr aus EU, Euro oder Schengenraum aussteigen, weil dies Wählerstimmen kosten könnte. Doch sie lehnt die “Diktatur aus Brüssel” ab, setzt sich für ein “Europa der Nationen” ein und will EU-Verträge neu verhandeln. Sie fordert vor allem: mehr Souveränität für Frankreich.

Experten sind der Ansicht, dass mit Le Pen eine Phase der Unsicherheit für Frankreich und Europa beginnen würde. Das Vertrauen in ihre Wirtschaftsexpertise ist gering, im Gegensatz zum Image Macrons. Frankreich würde sich unter Le Pen auf sich selbst zurückziehen. Le Pen plant ein “nationales und soziales Projekt”, das sich an das einfache Volk richten soll. Ein Schulterschluss mit den anderen extremen Rechten in Europa könnte die EU von innen aufweichen, auch ohne Frexit. Sie will auch Frankreichs EU-Budgetanteil kürzen und damit selbst Frankreichs Landwirte unterstützen. Macron dagegen präsentierte sich als Verteidiger eines “Projektes des Fortschritts, der französischen und europäischen Öffnung”.

Le Pen hatte sich 2017 als Bewunderin von Wladmir Putin gezeigt, seinen Angriff auf die Ukraine aber schnell verurteilt. Sollte sie gewählt werden, könnte sich die Position Frankreichs zum Ukrainekrieg oder dem Respekt der Menschenrechte in Ungarn ändern, ebenfalls zum Green Deal, dem europäischen Klimaschutzpaket. Und sollte Frankreich sich mit Le Pen gegen die Anwendung des Rechtsstaatsmechanismus gegenüber Ungarn aussprechen, wäre dieser kaum mehr durchsetzbar.

Ihre Wahl wäre nicht nur eine Gefahr für die EU, sondern auch für die Nato und das in einem Moment, zu dem Europa die größte militärische Bedrohung seit dem Zweiten Weltkrieg erlebt. Le Pen teilt die Kritik Russlands an der Nato und ist der Ansicht, dass Russland trotz allem wieder ein guter Partner für die EU werden könnte. Sie plädierte wiederholt für einen Ausstieg aus der Nato, was insbesondere in der derzeitigen Situation ein Problem darstellt, da es den Abzug der französischen Truppen bedeuten könnte, die in Osteuropa das Natogebiet schützen.

Vor dem ersten Wahlgang war Europa noch kein großes Wahlkampfthema, doch das könnte sich nun ändern. In Frankreich wird erwartet, dass Macron in den kommenden Tagen Le Pens rechtsextreme Einstellung und ihre Anti-Europa-Ideen zunehmend als Wahlkampfthemen für sich nutzen will.

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News

EU: Keine Entscheidung über Öl-Embargo

Die Außenminister der EU-Staaten haben noch keine Entscheidung über mögliche Einschränkungen von Öl-Importen aus Russland getroffen. Man habe nur eine allgemeine Diskussion geführt, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Montag nach einem Treffen der Minister in Luxemburg. Er betonte jedoch mit Blick auf weitere Sanktionen gegen Russlands wegen der Invasion in die Ukraine: “Nichts ist vom Tisch, einschließlich Sanktionen gegen Öl und Gas.”

Ukraine-Krieg: Sanktionen zunächst gegen Öl aus Russland

Borrell sprach sich dafür aus, einen Unterschied zwischen den beiden Energieträgern zu machen und mit Öl zu beginnen. So sei die Rechnung für Ölimporte im vergangenen Jahr vier Mal so hoch gewesen wie die für Gas, sagte er. Grundsätzlich sei es wichtig, die Energieabhängigkeit der EU so schnell wie möglich zu reduzieren. Die Entwicklung erneuerbarer Energien trage zur strategischen Autonomie der Staatengemeinschaft bei. Unterdessen warnte die OPEC, dass die Mitgliedstaaten die Ölförderung nicht so erhöhen könnten, dass dies die Förderkapazitäten Russlands vollständig ausgleichen könne.

Den russischen Krieg gegen die Ukraine beschrieb Borrell mit den Worten “Scheitern” und “Horror”. Die russische Armee hinterlasse getötete Zivilisten und zerstörte Städte. Die erwartete Offensive Russlands im Osten der Ukraine erhöhe die Bereitschaft der EU, die Ukraine militärisch zu unterstützen. Sein Vorschlag für weitere 500 Millionen Euro aus EU-Mitteln für die Lieferung von Waffen und Ausrüstung an die ukrainischen Streitkräfte sei jedoch noch nicht beschlossen worden, weil es dafür noch die Ratifizierung einiger nationaler Parlamente brauche.

“Kampf der Narrative”

Mit Blick auf den Krieg und seine Folgen sprach Borrell vom “Kampf der Narrative”. Russland mache die Sanktionen dafür verantwortlich, dass Lebensmittel knapp würden und Preise stiegen. Gründe dafür seien jedoch, dass Russland in der Ukraine Felder bombardiere und ukrainische Schiffe voll mit Weizen blockiere. “Sie bombardieren und zerstören die Weizenvorräte und verhindern, dass dieser Weizen exportiert wird.” Es sei Russland, das Hunger in der Welt verursache, nicht die EU mit ihren Sanktionen. dpa

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BMWK erwägt europäische Rohstoffbeschaffung

Die Bundesregierung will industriepolitische Hemmnisse für erneuerbare Energien systematisch erfassen und ausräumen. Mit Vertretern unter anderem der Solar- und Windenergieindustrie startete das Bundeswirtschaftsministerium dazu am Montag den Roundtable “Ausbau Produktionskapazitäten für die Energiewende. Der Branchendialog solle künftig alle sechs Monate stattfinden, kündigte Minister Robert Habeck nach dem virtuellen Treffen in Berlin an. Unter den besprochenen Themen waren demnach EU-Ausschreibungen, Zollfragen, mögliche Abnahmegarantien und die Versorgung mit Rohstoffen.  

Für Rohstoffe prüft das Ministerium laut Habeck gemeinsame Einkäufe auf EU-Ebene. Eine Arbeitsgruppe unter Leitung der Parlamentarischen Staatssekretärin Franziska Brantner erfasse derzeit Rohstoffströme und mögliche alternative Lieferketten. Diese Arbeit könnte nach Worten Habecks auch langfristig Teil einer deutschen Industriestrategie werden.

EU-Industriestrategie für Erneuerbare

Abnahmegarantien von Energieversorgern für Photovoltaik-Module aus europäischer Produktion hatte vor Kurzem der Hersteller Meyer Burger ins Spiel gebracht. CEO Gunter Erfurt hatte bei einer Veranstaltung der EU-Kommission auch Einfuhrzölle auf benötigte Materialien beklagt.

Der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) forderte gestern eine deutsche und europäische Industriestrategie für sämtliche erneuerbare Energien. Die Kommission arbeitet derzeit an separaten Strategien für Offshore-Wind und Solarenergie.

Die europäischen Produktionskapazitäten für Photovoltaik will der Verband SolarPower Europe schon bis 2025 auf 20 Gigawatt pro Jahr in allen Wertschöpfungsstufen erhöhen und fordert dazu einen Investitionsfonds von einer Milliarde Euro. Bei Solarzellen verfügt die EU derzeit nach Angaben des Verbands nur über Kapazitäten von 0,8 Gigawatt (GW) pro Jahr, bei Vorprodukten (Ingots, Wafer) von 1,7 GW und bei Modulen von 8,1 GW.

Derzeit bezieht die EU einen Großteil der Solarzellen und Module aus Drittstaaten, vor allem aus China. Angesichts der Rohstoffabhängigkeit von Russland werden auch Abhängigkeiten bei Erneuerbaren zunehmend kritisch gesehen. ber

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EU kündigt Treffen zu “Global Gateway” an

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hat für Juni ein großes Treffen zur Infrastruktur-Initiative und selbst ernannten “Belt and Road”-Alternative “Global Gateway” angekündigt. Zu der Veranstaltung Ende Juni würden rund 2.500 Teilnehmer in Brüssel erwartet, teilte die EU-Kommission am Montag mit. Online sollen sich demnach weitere 10.000 Menschen dem Hybrid-Event im Rahmen der Europäischen Entwicklungstage (EDD) zuschalten, hieß es in der Ankündigung. Wer die Teilnehmer genau sein werden, ließ die Brüsseler Behörde zunächst noch offen.

Die EU-Kommission will bei dem Treffen auch eine Bilanz der Strategie zur Mobilisierung von Investitionen für “Global Gateway” ziehen. Die EU-Kommission hatte angekündigt, für die Seidenstraßen-Konkurrenz rund 300 Milliarden Euro aufzubringen (Europe.Table berichtete). Ein großer Teil davon soll von der Privatwirtschaft zur Verfügung gestellt werden. Brüssel will bis Mitte des Jahres erste konkrete Projekte vorstellen, die mit “Global Gateway” finanziert werden. ari

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US-Konzern Dow beteiligt sich an Stader LNG-Projekt

Der US-Chemiekonzern Dow beteiligt sich an den Plänen zum Bau eines Terminals für verflüssigtes Erdgas (LNG) in Stade westlich von Hamburg. Der Konzern, der in Stade ein großes Werk betreibt, übernehme einen Minderheitsanteil an dem Konsortium Hanseatic Energy Hub (HEH), teilte das Unternehmen am Montag mit.

Zudem stelle Dow Gewerbeflächen für den Bau und Betrieb der Anlage zur Verfügung. Das Konsortium will bis 2026 ein LNG-Terminal mit einer Kapazität von 13,3 Milliarden Kubikmetern errichten. Rein rechnerisch könnten damit bis zu 15 Prozent des deutschen Erdgasbedarfs gedeckt werden. Dem Firmenbündnis gehören auch der belgische Netzbetreiber Fluxys sowie die Partners Group und die Buss Group an.

LNG-Terminal in Stadt trägt zur Energiewende Deutschlands bei

Dow hatte die Produktion in seinem Werk in Stade 1972 aufgenommen. Die Anlage gehört zu den größten Industriebetrieben in Niedersachsen. Mit der Partnerschaft bei dem LNG-Terminal in Stade könne Dow einen bedeutenden Beitrag zur Energiewende in Deutschland und zu dem Ziel einer Klimaneutralität 2045, erklärte der Konzern.

In Deutschland gibt es bislang kein LNG-Terminal. Die Bundesregierung will vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs die Abhängigkeit von Gaslieferungen aus Russland so schnell wie möglich reduzieren. LNG soll dabei eine wichtige Rolle spielen. LNG-Terminals sind auch in Wilhelmshaven und Brunsbüttel geplant. rtr

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Rosatom-Tochter wird finnisches Nuklearprojekt fortsetzen

Der staatliche russische Atomstromversorger Rosatom und seine finnische Tochtergesellschaft RAOS Project werden mit dem geplanten Atomkraftwerk in Finnland fortfahren, trotz der Ungewissheit über staatliche Genehmigungen seit Russlands Invasion in der Ukraine. Das teilte RAOS am Montag mit.

“Rosatom und RAOS Project erfüllen weiterhin ihre Verpflichtungen aus den unterzeichneten Vereinbarungen und Verträgen im Zusammenhang mit dem Projekt Hanhikivi 1”, teilte RAOS Project in einer E-Mail an Reuters mit. Seit Russland mit seiner sogenannten “Sonderoperation” in der Ukraine begonnen hat, hat der finnische Wirtschaftsminister Mika Lintila wiederholt erklärt, dass es für die Regierung “absolut unmöglich” sei, eine Baugenehmigung für das Hanhikivi-Projekt zu erteilen.

Die Anlage wurde von einem finnisch-russischen Konsortium mit dem Namen Fennovoima in Auftrag gegeben, an dem finnische Unternehmen wie Outokumpu, Fortum und SSAB zwei Drittel und die Rosatom-Tochter RAOS Voima den Rest halten. Viele der finnischen Anteilseigner haben öffentlich ihren Willen bekundet, aus dem Projekt auszusteigen und es abzuschreiben, sind aber nicht bereit, RAOS Project für die Verletzung bestehender Verträge und mögliche Entschädigungen zu bezahlen.

Baubeginn für das Atomkraftwerk in Finnland 2023 geplant

In der Zwischenzeit hat RAOS Project die vorbereitenden Bauarbeiten wie Verkabelung und Aushub am Standort der geplanten Anlage an der Nordwestküste Finnlands fortgesetzt, kann aber ohne staatliche Genehmigung nicht mit dem Bau des Atomkraftwerks beginnen. “RAOS Project Ltd als … Lieferant handelt auf der Grundlage und in Übereinstimmung mit dem im Dezember 2013 mit Fennovoima unterzeichneten Planungs-, Beschaffungs- und Bauvertrag”, schrieb das Unternehmen.

Fennovoima hatte damit gerechnet, von der Regierung bis zum Sommer 2022 eine Baugenehmigung für den Bau des 1,2-Gigawatt-Reaktors zu erhalten, während der Baubeginn für 2023 vorgesehen war. Die finnische Regierung war für eine Stellungnahme nicht unmittelbar erreichbar. rtr

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Baerbock: Serbien muss EU-Sanktionen mittragen

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat Serbien gewarnt, dass EU-Beitrittskandidaten die Sanktionen der EU gegen Russland mittragen müssen. “Wenn man Mitglied der EU werden will, was Serbien werden möchte, dann ist es zentral, in solchen Momenten auch die Außenpolitik der EU und entsprechend die Sanktionen mitzutragen”, sagte Baerbock am Montag in Luxemburg nach dem Treffen der EU-Außenminister:innen.

Hintergrund ist, dass die Regierung in Belgrad zwar in die EU strebt, aber weiter besondere Beziehungen zu Russland unterhalten möchte und sich deshalb den westlichen Sanktionen wegen der Invasion in der Ukraine nicht angeschlossen hat.

Baerbock forderte vom EU-Partner Bulgarien zudem, den Weg für die Aufnahme der EU-Beitrittsgespräche mit Albanien und Nordmazedonien freizumachen. Gerade in der jetzigen Lage sei es wichtig, die Beitrittsgespräche noch im ersten Halbjahr zu eröffnen. Die Bundesregierung hatte mehrfach kritisiert, dass EU-Länder den Beitrittsprozess blockieren, obwohl Länder wie Russland oder China verstärkt Einfluss auf dem Westbalkan ausübten. Baerbock sagte zudem, dass die EU-Außenminister sich einig gewesen seien, der Ukraine verstärkt Waffen zu liefern, damit sich das Land gegen die russischen Angriffe verteidigen kann. rtr

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Gazprombank soll ungarische Gas-Zahlungen von Euro in Rubel konvertieren

Ungarn will Gas aus Russland in Euro über die Gazprombank zahlen. Das erklärte Außenminister Peter Szijjartoam Montag. Diese werde die Zahlung in Rubel umwandeln, um eine neue, von Präsident Wladimir Putin aufgestellte Forderung zu erfüllen. Putin hatte Europa zuvor gewarnt, Gaslieferungen zu unterbrechen, wenn es nicht in Rubel zahlt. Die Tochtergesellschaft des ungarischen Energiekonzerns MVM, CEE Energy, würde die anstehende Rechnung in Euro bezahlen. Die Gazprombank würde die Zahlung dann in Rubel umwandeln und an die russische Gazprom Export überweisen würde, sagte Szijjarto auf einer Pressekonferenz.

Ungarn stellt sich damit gegen die Position der Europäischen Union. Diese hatte die Forderung Moskaus nach Zahlung in Rubeln abgelehnt. “Was die Zahlung in Rubel betrifft, so haben wir eine Lösung, die keine Sanktionen verletzt und gleichzeitig die Gasversorgung Ungarns sichert”, sagte Szijjarto. Er fügte hinzu, dass die Möglichkeit, Rechnungen in einer anderen Währung als dem Euro zu bezahlen, in einem bilateralen Vertrag zwischen CEE Energy und Gazprom Export enthalten sei, der im September abgeschlossen wurde und nun angepasst werden soll. Der ungarische Außenminister fügte hinzu, dass Ungarn, das den größten Teil seines Erdöls und Erdgases von Russland bezieht, ein gemeinsames Vorgehen der EU in dieser Frage ablehnt. Die Regierung in Budapest betrachte die Energielieferverträge als bilaterale Angelegenheit. rtr

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EU-Justizkommissar Reynders mit Spionagesoftware angegriffen

Reporter der Nachrichtenagentur Reuters haben durch zwei EU-Mitarbeiter und Dokumente Kenntnis davon erlangt, dass bei mehreren EU-Offiziellen im vergangenen Jahr ein Angriffsversuch mit Spyware israelischer Hersteller stattgefunden hat. Der prominenteste Betroffene: EU-Justizkommissar Didier Reynders. Neben ihm sollen weitere hochrangige Mitarbeiter der Kommission Opfer von Spionageversuchen geworden sein.

Vom Angriff auf die Mobilgeräte soll die Kommission demnach erst vom Hersteller Apple durch im November versandte Benachrichtigungen an potenziell betroffene Nutzer erfahren haben. Zwischen Februar und September 2021 sollen iPhones des betroffenen EU-Spitzenpersonals angegriffen worden sein.

Ob diese Angriffe erfolgreich und wer die Urheber waren, ist bislang nicht öffentlich bekannt. Allerdings gehören die infrage kommenden Angriffswerkzeuge zu jenen, die üblicherweise nur Staaten zur Verfügung gestellt werden. Reuters zitiert Sicherheitsforscher, wonach der Angriff mit dem Tool ForcedEntry des israelischen Herstellers NSO Group stattgefunden haben soll, berichtet aber auch, dass der ebenfalls israelische Anbieter QuaDream ein fast identisches Tool im Angebot habe. NSO bestritt, dass der Angriff mit seiner Software stattgefunden habe.

Ungarn & Polen nutzten die Pegasus-Software der NSO Group

Besondere Brisanz erhält der Bericht auch durch die bekannt gewordenen Nutzer entsprechender Software. Mit Ungarn und Polen sollen gleich zwei Mitgliedstaaten der EU die Spionage-Software Pegasus des israelischen Herstellers NSO Group gegen Regierungsgegner eingesetzt haben (Europe.Table berichtete), die mit Reynders und der Kommission in der Rechtstaatlichkeitsfrage über Kreuz liegen. Der Justizkommissar hatte zuletzt im Januar nationalstaatliche Untersuchungen des Spyware-Einsatzes in den jeweiligen Ländern angemahnt (Europe.Table berichtete).

Die EU-Kommission teilte am Montagmittag in Brüssel mit, dass sie zu Vorgängen der operativen Sicherheit prinzipiell keine Stellung nehme. Das Europaparlament hatte erst vor wenigen Wochen die Einsetzung eines Sonderausschusses zur Aufklärung des Einsatzes von Pegasus und vergleichbarer Software beschlossen (Europe.Table berichtete). fst/rtr

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Apple droht zusätzliche EU-Kartellklage im Musikstreaming-Streit

Apple droht einem Insider zufolge im Streit mit dem weltgrößten Musikstreaming-Anbieter Spotify in den kommenden Wochen eine zusätzliche EU-Kartellklage. Diese könnte einer Untersuchung folgen, die durch eine Beschwerde von Spotify ausgelöst wurde, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters von einer mit der Sache vertrauten Person.

EU-Klage gegen Apple nach Beschwerde von Spotify

Zusätzliche Klagen, die in einer ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte aufgeführt sind, werden in der Regel dann gegen Unternehmen erhoben, wenn die EU-Wettbewerbshüter neue Beweise gesammelt oder einige Elemente geändert haben, um ihre Argumente zu untermauern. Die EU-Kommission lehnte eine Stellungnahme ab. Von Apple war zunächst keine erhältlich.

Die Europäische Kommission hatte dem iPhone-Hersteller im vergangenen Jahr auf eine Beschwerde des Konkurrenten Spotify hin den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung bei Musikstreaming-Diensten vorgeworfen. Die Kommission beanstandete, dass Konkurrenten das In-App-Zahlungssystem von Apple nutzen müssen. Außerdem verbiete der US-Konzern den Rivalen, Nutzer von Apple-Geräten über günstigere Bezugsalternativen zu informieren. Das Verfahren ist eines von mehreren der EU-Wettbewerbshüter gegen Apple, die im Sommer 2020 eröffnet worden waren. rtr

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Öl-Embargo: EU-Staaten treffen keine Entscheidung NTV
“Zwei Wochen, um Putins Verbündete aus dem Élysée zu halten” – So reagiert Europa auf Frankreichs Wahl HANDELSBLATT
Habeck plant neue Anreize für kriselnde Ökostromindustrie SPIEGEL
Lindner plant Spritpreissenkung von Juni bis August NTV
Deutsch-britische “Stromautobahn” rückt näher NTV
EU-Verfahren gegen Apple: Erweiterte Beschwerde der Kommission erwartet HEISE
Bulgarien will gegen “Online-Trolle” vorgehen EURACTIV
“Dynamit”: Spyware-Angriff auch auf EU-Kommissar und EU-Angestellte HEISE

Portrait

Carole Dieschbourg: “Klimaschutz ordentlich hinkriegen”

Carole Dieschbourg ist luxemburgische Ministerin für Klima, Umwelt und nachhaltige Entwicklung.
Carole Dieschbourg ist luxemburgische Ministerin für Klima, Umwelt und nachhaltige Entwicklung.

Bereits als Kind begleitet Carole Dieschbourg ihre Eltern auf Anti-Atomkraft-Demos und steigt im Erwachsenenalter in den Mühlen-Betrieb der Familie ein, der ökologisch produziertes Mehl und fairen Kaffee aus der eigenen Rösterei anbietet. Heute hat die Ministerin ihren eigenen Bienenstock im Garten, doch ein naives Landei ist Carole Dieschbourg nicht.

Im Alter von 36 Jahren gewinnt Dieschbourgs politische Karriere an Fahrt. Als die noch unerfahrene und unbekannte Fraktionsvorsitzende der Grünen (“déi gréng”) 2013 überraschenderweise als Umweltministerin Regierungsmitglied wird, titeln die luxemburgischen Medien unter anderem “katholische Klimakämpferin”, “Risiko für die Grünen” und “Quotenministerin”. Doch spätestens im Dezember 2015 wendet sich das Blatt für Dieschbourg, als sie unter dem EU-Ratsvorsitz Luxemburgs zusammen mit über 150 Staatschefs das historische Pariser Klimaabkommen verhandelt. Nun feiert die Presse sie als “Stimme Europas”.

Seither geht die Umweltministerin in Sachen Klimaschutz nicht vom Gaspedal. Bis 2030 will Luxemburg die Emissionsrate der Treibhausgase um 55 Prozent reduzieren, während erneuerbare Energien 23 Prozent des Gesamtverbrauchs übernehmen sollen. Bei der Umsetzung soll “der Klimapakt” helfen. Ein Instrument, mit dem Carole Dieschbourg an vielen Baustellen der Klima- und Biodiversitätskrise gleichzeitig ansetzt, zum Beispiel Entwaldung, Einsatz von Pestiziden und Verschmutzung der Gewässer und Böden, sowie die Einführung von CO2-Preisen.

Mit Finanzspritzen und Vermittlung von Knowhow will der luxemburgische Staat seinen Gemeinden helfen, die ökologische Transition umzusetzen. Auch an Personal wird dabei nicht gespart. So bekommt jede Gemeinde einen Klimaschöffen gestellt, der die Entwicklungen begleitet.

Carole Dieschbourg: “Klimapolitik ist Friedenspolitik”

Carole Dieschbourg nutzt lieber leichte Sprache als hochgestochenes Vokabular, doch das hindert sie nicht daran, klare Worte zu finden. “No-Go” und “Greenwashing” fallen Anfang Januar im Interview mit der Ministerin über den Entwurf der EU-Kommission zur Taxonomie (Europe.Table berichtete). Doch als die sie im Februar der neuen Bundesregierung einen Höflichkeitsbesuch abstattete und der bei Podiumsdiskussion “Europe 2022” auftrat, ging es um mehr.

Klima und soziale Gerechtigkeit gehen für Dieschbourg Hand in Hand. Sie will den ökologischen Übergang schnell “hinbekommen”, aber dabei die Kosten für die Schwächsten und künftige Generationen so gering wie möglich halten. Sie stellt klar: “Steigende Energiepreise sind keine Folge von Klimapolitik.”

Im Gegenteil, klimafreundliche Politik sei der Schlüssel zur Unabhängigkeit von wirtschaftlichen und geopolitischen Faktoren. In Steffi Lemke, der Bundesumweltministerin, scheint Carole Dieschbourg eine Verbündete gefunden zu haben. Sowohl auf dem Podium als auch bei gemeinsamen Mittagessen diskutierten die beiden Grünen im Kanon über die Demokratisierung von Energie, Engpässe in globalen Lieferketten und über “ein Europa der Bürger, wo Diskussionen möglich sind und Diskussion nicht gleich Konflikt heißt.” Giorgia Grimaldi

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Europe.Table Redaktion

EUROPE.TABLE REDAKTION

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    • Nachhaltige Schiffskraftstoffe: Maritim-Sektor bleibt Problemkind
    • Frankreich: Die rechtsextreme Bedrohung für Europa
    • EU: Keine Entscheidung über Öl-Embargo
    • BMWK erwägt europäische Rohstoffbeschaffung
    • EU kündigt Treffen zu “Global Gateway” an
    • US-Konzern Dow beteiligt sich an Stader LNG-Projekt
    • Rosatom-Tochter wird finnisches Nuklearprojekt fortsetzen
    • Baerbock: Serbien muss EU-Sanktionen mittragen
    • Gazprombank soll ungarische Gas-Zahlungen von Euro in Rubel konvertieren
    • EU-Justizkommissar Reynders mit Spionagesoftware angegriffen
    • Apple droht zusätzliche EU-Kartellklage im Musikstreaming-Streit
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    • Carole Dieschbourg: “Klimaschutz ordentlich hinkriegen”
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    die Schifffahrt ist weiter ein Problemkind der Dekarbonisierung. Der maritime Sektor hängt hinterher und der Kommissionsvorschlag für das Fit-for-55-Dossier für nachhaltige Schiffskraftstoffe gilt als zu wenig ambitioniert. Nun verärgert der EP-Berichterstatter für das Dossier seine Kollegen, hat Lukas Scheid erfahren.

    Wird es knapp? Wie knapp wird es? Vor fünf Jahren wurde Emmanuel Macron mit deutlichem Abstand Präsident, die Rechtsextreme Marine Le Pen verlor die Stichwahl klar. Doch das ist diesmal nicht garantiert, analysiert Tanja Kuchenbecker.

    Beim Treffen der EU-Außenminister gestern hat es vorerst keine Entscheidung über ein Öl-Embargo gegeben. Aber: “Nichts ist vom Tisch, einschließlich Sanktionen gegen Öl und Gas”, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell.

    An den Tisch lädt Wirtschaftsminister Habeck: Der Roundtable “Ausbau Produktionskapazitäten für die Energiewende” mit Solar- und Windenergieindustrie soll Erneuerbaren den Weg freiräumen.

    In normalen Zeiten ein Riesenskandal: Der Spionageangriff auf EU-Justizkommissar Didier Reynders. Sein und Kommissionsmitarbeiter-Telefone sind im vergangenen Jahr Opfer von Anzapfversuchen geworden – im Verdacht steht Software eines Herstellers, dessen Dienste auch Polen und Ungarn in Anspruch nahmen. Ein Vorgang mit politischer Sprengkraft.

    Carole Dieschbourg, luxemburgische Ministerin für Klima, Umwelt und nachhaltige Entwicklung, wird heute von der Presse als “Stimme Europas” gefeiert. Nach welchen politischen Grundsätzen sie arbeitet, lesen Sie im Portrait.

    Ihre
    Lisa-Martina Klein
    Bild von Lisa-Martina  Klein

    Analyse

    Nachhaltige Schiffskraftstoffe: Maritim-Sektor bleibt Problemkind

    75 Prozent des EU-Außenhandels und 31 Prozent des EU-Binnenhandels gemessen am Volumen werden zu Wasser abgewickelt. Dazu kommen laut EU-Kommission jährlich 400 Millionen Schiffspassagiere in den Mitgliedstaaten, davon rund 14 Millionen auf Kreuzfahrtschiffen. Schiffe sind 2018 in der EU für 13,5 Prozent aller verkehrsbedingten Treibhausgasemissionen verantwortlich gewesen. Das Einsparungspotanzial von Emissionen ist entsprechend groß – wenn auch nicht so groß wie beim Straßenverkehr (71 Prozent) oder bei der Luftfahrt (14,4 Prozent).

    Schifffahrt hängt bei der Dekarbonisierung hinterher

    Nichtsdestotrotz hängt die Schifffahrt im Vergleich zur Straße oder zur Luft bei der Dekarbonisierung hinterher. Die UN-Weltschifffahrtsorganisation (IMO) ist nicht gerade bekannt für ihre Fortschrittlichkeit in dieser Hinsicht (Europe.Table berichtete). Und so sind die Erwartungen an Europa riesig, als Zugpferd voranzugehen. Der Kommissionsvorschlag blieb allerdings bereits hinter diesen Erwartungen zurück.

    Das Fit-for-55-Dossier für nachhaltige Schiffskraftstoffe (FuelEU Maritime) sieht vor, dass die durchschnittliche jährliche Kohlenstoffintensität der Schiffe bis 2025 um 2 Prozent, bis 2030 um 6 Prozent und bis 2050 um 75 Prozent sinkt (Vergleichsjahr 2020). Erreicht werden sollen die Ziele durch die Nutzung nachhaltigerer Kraftstoffe. Allerdings gibt es erhebliche Einschränkungen für diesen Vorschlag: Es gilt nur für Handelsschiffe mit einer Gesamttonnage von mehr als 5.000 Tonnen. Die Regelung umfasst zudem 100 Prozent der Fahrten innerhalb der EU, aber nur 50 Prozent der Fahrten zwischen EU-Häfen und Häfen in Drittländern.

    Berichterstatter korrigiert Kommissionspfad nicht

    Daran will auch Jörgen Warborn (EVP), schwedischer Europaabgeordneter und Berichterstatter für das Dossier im federführenden Verkehrsausschuss nichts ändern. Er hat seinen Berichtsentwurf Mitte vergangener Woche veröffentlicht. Warborn hält am Ambitionsniveau der Kommission fest, was für Unverständnis bei anderen Parlamentariern und Umweltorganisationen sorgt.

    Die Kommission und die Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten hätten auf IMO-Ebene die Einschätzung gebilligt, dass die internationale Schifffahrt bis 2050 treibhausgasfrei werden muss, um die Pariser Ziele zu erreichen, sagt Tiemo Wölken (S&D), Berichterstatter für die Stellungnahme im assoziierten ENVI-Ausschuss. Er verweist auf den Abschlussbericht eines Treffens des Ausschusses für den Schutz der Meeresumwelt (MEPC) der IMO im Dezember 2021. Dort haben zahlreiche Länder ein entsprechendes Statement von Tonga unterstützt.

    “Ich frage mich daher wirklich, warum der Berichterstatter das Kommissionsziel nicht dahingehend korrigiert, 100 Prozent emissionsfreie Kraftstoffe bis 2050 zu erreichen.” Wölken hatte in seinem Entwurf einer Stellungnahme sowohl die Senkung der Kohlenstoffintensität um 100 Prozent bis 2050 als auch die Einbeziehung aller inter-europäischen Fahrten vorgeschlagen.

    Des Weiteren strebt der Sozialdemokrat nach mehr Anreizen für Kraftstoffanbieter und Schiffsbetreiber, grünen Wasserstoff zu verwenden. Dieser sei in der EU-Wasserstoffstrategie als besonders wichtig für die Schifffahrt eingestuft worden, so Wölken. Die Schifffahrt müsse jedoch mit anderen Sektoren um die knappen Vorräte grünen Wasserstoffs konkurrieren, weshalb er sich in den Bereichen, in denen es möglich ist, für die direkte Elektrifizierung ausspricht.

    Davon profitiere schließlich auch die Wirtschaft: “Die von der Kommission durchgeführte Folgenabschätzung hat bestätigt, dass die Entwicklung der Technologien sowohl den Arbeitnehmer:innen als auch den bestehenden Unternehmen zugutekommen und neue Investitionen anziehen kann.” Die Ziele zu erhöhen ist laut Wölken daher nicht nur eine klimapolitische Notwendigkeit, sondern auch wirtschaftspolitisch geboten. In Warborns Berichtsentwurf findet Wasserstoff keine Erwähnung.

    Biokraftstoffe für Schiffe trotz Flächenkonkurrenz

    Stattdessen setzt Warborn auf die Nutzung von Biokraftstoffen auf Pflanzenbasis. Die Kommission hatte deren Verwendung für die Schifffahrt aufgrund der Flächenkonkurrenz im Agrarbereich ausgeschlossen. Damit wollte sie zudem verhindern, dass eine Verlagerung von Biokraftstoffen vom Straßen- auf den Seeverkehrssektor entsteht. Warborn will, dass Biokraftstoffe künftig nicht mehr ausgeschlossen werden und auf See zum Einsatz kommen können.

    Jutta Paulus (Greens/EFA), Schattenberichterstatterin für das Dossier im Verkehrsausschuss, hält das mit Blick auf die derzeit drohende Nahrungsmittelkrise für “unverantwortlich”. Es sei erschreckend, dass der Kommissionsvorschlag durch den Parlamentsvorschlag so stark abgeschwächt werden soll.

    Der Verkehrs- und Umwelt-Dachverband Transport & Environment (T&E) kritisiert vor allem, dass Warborn LNG als Alternativkraftstoff für Schiffsdiesel noch bis 2046 vorsieht. Damit mache er der fossilen Industrie ein Geschenk, sagt Faïg Abbasov, Programm-Direktor bei T&E für Schifffahrt. “Der neueste IPCC-Bericht von vergangener Woche hat sehr deutlich gemacht, dass Gas-basierte Kraftstoffe nicht in der Lage sind, die Schifffahrt adäquat zu dekarbonisieren.”

    Dies sei besonders problematisch, da Europa sich derzeit bemühe, den Gasverbrauch zu senken, um unabhängiger von Russland zu werden, während Herr Warborn fossiles Gas in der Schifffahrt fördere, so Abbasov. Denn im Gegensatz zu anderen Sektoren, wie Haushalte, Energie und Industrie, würden in der Schifffahrt derzeit keine nennenswerten Mengen an Gas verbraucht. Eine Umstellung auf LNG würde die ohnehin schon knappen Ressourcen somit auf noch mehr Verwendungszwecke verteilen.

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    Termine

    13.04.2022 – 09:00-13:00 Uhr, online
    Pflege Digital BW, Konferenz Digitale Kompetenzen für die Pflege – Konzepte für die Aus- und Fortbildung
    Die Fortbildung der Pflege Digital BW möchte alle Beteiligten an der digitalen Transformation im Gesundheitswesen unterstützen und begleiten. INFOS

    13.04.2022 – 09:00-12:00 Uhr
    Next Community, Diskussion Mobile Apps
    Die Next Community trifft sich zum Austausch über mobile Apps in der Verwaltung. INFOS & ANMELDUNG

    13.04.2022 – 14:00-15:00 Uhr, online
    EE, Seminar Crisis Response
    The European Entrepreneurs (EE) address the protection of businesses from cyber-attacks and their ability to manage their IT security. INFOS & ANMELDUNG

    19.04.2022 – 08:30-10:30 Uhr, Bremen
    BVMW, Diskussion Politik-Talk mit Thomas Röwekamp
    Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) tauscht sich mit Thomas Röwekamp (CDU-MdB, Mitglied im Verteidigungsausschuss und im Ausschuss Klimaschutz und Energie) aus. INFOS & ANMELDUNG

    19.04.2022 – 19:00-20:30 Uhr, online
    KAS, Diskussion Ist Wasserstoff der Game-Changer, Herr Kaufmann?
    Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) diskutiert mit Dr. Stefan Kaufmann, Innovationsbeauftragter Grüner Wasserstoff beim Bundesministerium für Bildung und Forschung über die energiepolitischen Herausforderungen angesichts Russlands Überfall auf die Ukraine. INFOS & ANMELDUNG

    19.04.2022 – 20:00-21:00 Uhr, online
    Polis 180, Diskussion Europäische Wirtschaftspolitik
    Polis 180 lädt zur Diskussion darüber ein, was den Binnenmarkt derzeit bewegt, welche Chancen und Herausforderungen vor den EU-27 liegen und was das für die Arbeit bei Polis 180 bedeutet. INFOS & ANMELDUNG

    19.04.2022 – 20:30-22:30 Uhr, Hannover/online
    VWS, Vortrag Wasserstoff – sauberer Energieträger von morgen?
    Prof. Richard Hanke-Rauschenbach geht bei der Volkswagenstiftung (VWS) der Frage nach, welche energiepolitischen Erwartungen Wasserstoff bereits erfüllen kann und welche nicht. INFOS & ANMELDUNG

    Frankreich: Die rechtsextreme Bedrohung für Europa

    Marine Le Pen hat ihr Ziel erreicht. Zum zweiten Mal in ihrer politischen Karriere hat die 53-jährige Rechtsextreme den zweiten Wahlgang der Präsidentschaftswahlen in Frankreich erreicht. Damit kommt es am 24. April zum Duell mit Emmanuel Macron (44). Le Pen erreichte diesmal 23,41 Prozent der Stimmen, etwas mehr als 2017, aber mehr als vier Punkte hinter dem Präsidenten mit 27,6 Prozent. Ebenso knapp wie der erste Wahlgang könnte der zweite werden.

    Während des Wahlwochenendes waren Umfragen verboten, doch schon die ersten Umfragen am Sonntag machten deutlich, was in Frankreich für Europa auf dem Spiel steht: die europäische Einheit und die Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich. Macron könnte danach die Stichwahl mit 51 bis 54 Prozent gegen Le Pen mit 46 bis 49 Prozent gewinnen. Besonders eng sahen die Meinungsforscher von Ifop mit 51 gegen 49 Prozent dieses Duell, und damit viel knapper als vor fünf Jahren, als Macron mit 66,1 Prozent gegen 33,9 Prozent für Le Pen gewann. Das Wählerpotenzial von Le Pen ist diesmal größer, mit dem Rechtsextremen Éric Zemmour im Hintergrund.

    Macron rief umgehend zum “Bollwerk gegen die extreme Rechte” auf. Le Pen ermunterte dagegen “alle jene, die heute nicht Emmanuel Macron gewählt haben” sie zu unterstützen. In der Vergangenheit kam es immer zu einer Front gegen die extreme Rechte, wenn diese zu stark wurde. Doch Anhänger von Le Pen hoffen auf eine Anti-Macron-Front, weil dieser bei vielen in Frankreich unbeliebt ist und als “Präsident der Reichen” wahrgenommen wird.

    Da ist auch das Hoffen auf Wähler aus dem Lager des Linken Jean-Luc Mélenchon, der mit 21,7 Prozent der Stimmen deutlich besser als erwartet abschnitt und nur knapp hinter Le Pen lag. Mélenchon rief am Wahlabend zwar dazu auf, keine Stimme an Rechtsextreme zu geben, und bezog damit stärker Position als 2017. Doch eine eindeutige Wahlempfehlung zugunsten Macrons wollte der Linkenkandidat nicht abgeben.

    Völlig entgegengesetzte Ideen

    Die Franzosen können nun zwischen zwei völlig entgegengesetzten Ideen für ihr Land und Europa wählen. Macron steht für eine proeuropäische Linie und ist gesellschaftlich und wirtschaftlich liberal. Es sei ein Frankreich der gehobenen Klassen gegen ein Frankreich der Angestellten und Arbeiter, der Städte gegen die Vorstädte, der europäischen Integration gegen die nationale Souveränität, interpretierte die Tageszeitung “Le Monde”. Macron setzte auf seine internationale Statur, Le Pen auf Kaufkraft im eigenen Land. “Die Franzosen wollten dieses Duell nicht, sie hofften auf neue und innovative Kandidaten”, analysierte der Politologe Bruno Cautrès.

    Besonders außerhalb von Frankreich wurden Stimmen laut, dass Le Pen eine Bedrohung für Europa wäre. Das müsse das französische Volk verhindern, erklärte Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn am Montag: “Ich bin sehr beunruhigt, ich hoffe, wir werden Le Pen nicht als französische Präsidentin haben.” Das sei ein Bruch mit den EU-Werten und würde die Richtung der EU komplett ändern.

    Le Pen machte in ihrer Rede nach dem ersten Wahlgang klar, worum es ihr geht: “Eine Entscheidung für die Gesellschaft, eine Entscheidung für die Zivilisation”. Dabei verwies sie immer wieder auf Frankreich: “Ich will Präsidentin aller Franzosen sein.” Macron dagegen thematisierte auch Europa: “Die Debatte, die wir haben werden, ist entscheidend für unser Land und Europa.”

    Macrons glühende Rede für Europa in der Pariser Universität Sorbonne in seinem ersten Amtsjahr ist längst Teil der europäischen Geschichte – so wie die fehlenden Antworten auf Macrons Vorschläge aus Berlin. Im ersten Halbjahr dieses Jahres übt Frankreich die EU-Ratspräsidentschaft aus, und zeigt sich dabei sehr engagiert. Mit Macron würde die EU nicht geschwächt, sondern weiter gestärkt, die deutsch-französische Achse würde weiterarbeiten können. Projekte wie die gemeinsame Verteidigung, europäische Wirtschaftsprojekte oder Umweltschutz-Vorhaben könnten in Kontinuität zur ersten Amtszeit weiter entwickelt werden. Macron steht dabei für ein souveränes, starkes Europa, das bei Zukunftstechnologien in der Industrie und bei der Sicherheitspolitik unabhängiger werden soll. Schwerpunkte, die Frankreich fast automatisch eine gewichtige Rolle bei der Zukunft Europas geben würden.

    Le Pen: Aus Kalkül weniger radikale Forderungen

    Ganz anders die Vorstellungen Marine Le Pens. Sie hat ihre Haltung im Vergleich zu 2017 zwar geändert und will nicht mehr aus EU, Euro oder Schengenraum aussteigen, weil dies Wählerstimmen kosten könnte. Doch sie lehnt die “Diktatur aus Brüssel” ab, setzt sich für ein “Europa der Nationen” ein und will EU-Verträge neu verhandeln. Sie fordert vor allem: mehr Souveränität für Frankreich.

    Experten sind der Ansicht, dass mit Le Pen eine Phase der Unsicherheit für Frankreich und Europa beginnen würde. Das Vertrauen in ihre Wirtschaftsexpertise ist gering, im Gegensatz zum Image Macrons. Frankreich würde sich unter Le Pen auf sich selbst zurückziehen. Le Pen plant ein “nationales und soziales Projekt”, das sich an das einfache Volk richten soll. Ein Schulterschluss mit den anderen extremen Rechten in Europa könnte die EU von innen aufweichen, auch ohne Frexit. Sie will auch Frankreichs EU-Budgetanteil kürzen und damit selbst Frankreichs Landwirte unterstützen. Macron dagegen präsentierte sich als Verteidiger eines “Projektes des Fortschritts, der französischen und europäischen Öffnung”.

    Le Pen hatte sich 2017 als Bewunderin von Wladmir Putin gezeigt, seinen Angriff auf die Ukraine aber schnell verurteilt. Sollte sie gewählt werden, könnte sich die Position Frankreichs zum Ukrainekrieg oder dem Respekt der Menschenrechte in Ungarn ändern, ebenfalls zum Green Deal, dem europäischen Klimaschutzpaket. Und sollte Frankreich sich mit Le Pen gegen die Anwendung des Rechtsstaatsmechanismus gegenüber Ungarn aussprechen, wäre dieser kaum mehr durchsetzbar.

    Ihre Wahl wäre nicht nur eine Gefahr für die EU, sondern auch für die Nato und das in einem Moment, zu dem Europa die größte militärische Bedrohung seit dem Zweiten Weltkrieg erlebt. Le Pen teilt die Kritik Russlands an der Nato und ist der Ansicht, dass Russland trotz allem wieder ein guter Partner für die EU werden könnte. Sie plädierte wiederholt für einen Ausstieg aus der Nato, was insbesondere in der derzeitigen Situation ein Problem darstellt, da es den Abzug der französischen Truppen bedeuten könnte, die in Osteuropa das Natogebiet schützen.

    Vor dem ersten Wahlgang war Europa noch kein großes Wahlkampfthema, doch das könnte sich nun ändern. In Frankreich wird erwartet, dass Macron in den kommenden Tagen Le Pens rechtsextreme Einstellung und ihre Anti-Europa-Ideen zunehmend als Wahlkampfthemen für sich nutzen will.

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    EU: Keine Entscheidung über Öl-Embargo

    Die Außenminister der EU-Staaten haben noch keine Entscheidung über mögliche Einschränkungen von Öl-Importen aus Russland getroffen. Man habe nur eine allgemeine Diskussion geführt, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Montag nach einem Treffen der Minister in Luxemburg. Er betonte jedoch mit Blick auf weitere Sanktionen gegen Russlands wegen der Invasion in die Ukraine: “Nichts ist vom Tisch, einschließlich Sanktionen gegen Öl und Gas.”

    Ukraine-Krieg: Sanktionen zunächst gegen Öl aus Russland

    Borrell sprach sich dafür aus, einen Unterschied zwischen den beiden Energieträgern zu machen und mit Öl zu beginnen. So sei die Rechnung für Ölimporte im vergangenen Jahr vier Mal so hoch gewesen wie die für Gas, sagte er. Grundsätzlich sei es wichtig, die Energieabhängigkeit der EU so schnell wie möglich zu reduzieren. Die Entwicklung erneuerbarer Energien trage zur strategischen Autonomie der Staatengemeinschaft bei. Unterdessen warnte die OPEC, dass die Mitgliedstaaten die Ölförderung nicht so erhöhen könnten, dass dies die Förderkapazitäten Russlands vollständig ausgleichen könne.

    Den russischen Krieg gegen die Ukraine beschrieb Borrell mit den Worten “Scheitern” und “Horror”. Die russische Armee hinterlasse getötete Zivilisten und zerstörte Städte. Die erwartete Offensive Russlands im Osten der Ukraine erhöhe die Bereitschaft der EU, die Ukraine militärisch zu unterstützen. Sein Vorschlag für weitere 500 Millionen Euro aus EU-Mitteln für die Lieferung von Waffen und Ausrüstung an die ukrainischen Streitkräfte sei jedoch noch nicht beschlossen worden, weil es dafür noch die Ratifizierung einiger nationaler Parlamente brauche.

    “Kampf der Narrative”

    Mit Blick auf den Krieg und seine Folgen sprach Borrell vom “Kampf der Narrative”. Russland mache die Sanktionen dafür verantwortlich, dass Lebensmittel knapp würden und Preise stiegen. Gründe dafür seien jedoch, dass Russland in der Ukraine Felder bombardiere und ukrainische Schiffe voll mit Weizen blockiere. “Sie bombardieren und zerstören die Weizenvorräte und verhindern, dass dieser Weizen exportiert wird.” Es sei Russland, das Hunger in der Welt verursache, nicht die EU mit ihren Sanktionen. dpa

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    • Erdgas

    BMWK erwägt europäische Rohstoffbeschaffung

    Die Bundesregierung will industriepolitische Hemmnisse für erneuerbare Energien systematisch erfassen und ausräumen. Mit Vertretern unter anderem der Solar- und Windenergieindustrie startete das Bundeswirtschaftsministerium dazu am Montag den Roundtable “Ausbau Produktionskapazitäten für die Energiewende. Der Branchendialog solle künftig alle sechs Monate stattfinden, kündigte Minister Robert Habeck nach dem virtuellen Treffen in Berlin an. Unter den besprochenen Themen waren demnach EU-Ausschreibungen, Zollfragen, mögliche Abnahmegarantien und die Versorgung mit Rohstoffen.  

    Für Rohstoffe prüft das Ministerium laut Habeck gemeinsame Einkäufe auf EU-Ebene. Eine Arbeitsgruppe unter Leitung der Parlamentarischen Staatssekretärin Franziska Brantner erfasse derzeit Rohstoffströme und mögliche alternative Lieferketten. Diese Arbeit könnte nach Worten Habecks auch langfristig Teil einer deutschen Industriestrategie werden.

    EU-Industriestrategie für Erneuerbare

    Abnahmegarantien von Energieversorgern für Photovoltaik-Module aus europäischer Produktion hatte vor Kurzem der Hersteller Meyer Burger ins Spiel gebracht. CEO Gunter Erfurt hatte bei einer Veranstaltung der EU-Kommission auch Einfuhrzölle auf benötigte Materialien beklagt.

    Der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) forderte gestern eine deutsche und europäische Industriestrategie für sämtliche erneuerbare Energien. Die Kommission arbeitet derzeit an separaten Strategien für Offshore-Wind und Solarenergie.

    Die europäischen Produktionskapazitäten für Photovoltaik will der Verband SolarPower Europe schon bis 2025 auf 20 Gigawatt pro Jahr in allen Wertschöpfungsstufen erhöhen und fordert dazu einen Investitionsfonds von einer Milliarde Euro. Bei Solarzellen verfügt die EU derzeit nach Angaben des Verbands nur über Kapazitäten von 0,8 Gigawatt (GW) pro Jahr, bei Vorprodukten (Ingots, Wafer) von 1,7 GW und bei Modulen von 8,1 GW.

    Derzeit bezieht die EU einen Großteil der Solarzellen und Module aus Drittstaaten, vor allem aus China. Angesichts der Rohstoffabhängigkeit von Russland werden auch Abhängigkeiten bei Erneuerbaren zunehmend kritisch gesehen. ber

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    EU kündigt Treffen zu “Global Gateway” an

    EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hat für Juni ein großes Treffen zur Infrastruktur-Initiative und selbst ernannten “Belt and Road”-Alternative “Global Gateway” angekündigt. Zu der Veranstaltung Ende Juni würden rund 2.500 Teilnehmer in Brüssel erwartet, teilte die EU-Kommission am Montag mit. Online sollen sich demnach weitere 10.000 Menschen dem Hybrid-Event im Rahmen der Europäischen Entwicklungstage (EDD) zuschalten, hieß es in der Ankündigung. Wer die Teilnehmer genau sein werden, ließ die Brüsseler Behörde zunächst noch offen.

    Die EU-Kommission will bei dem Treffen auch eine Bilanz der Strategie zur Mobilisierung von Investitionen für “Global Gateway” ziehen. Die EU-Kommission hatte angekündigt, für die Seidenstraßen-Konkurrenz rund 300 Milliarden Euro aufzubringen (Europe.Table berichtete). Ein großer Teil davon soll von der Privatwirtschaft zur Verfügung gestellt werden. Brüssel will bis Mitte des Jahres erste konkrete Projekte vorstellen, die mit “Global Gateway” finanziert werden. ari

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    US-Konzern Dow beteiligt sich an Stader LNG-Projekt

    Der US-Chemiekonzern Dow beteiligt sich an den Plänen zum Bau eines Terminals für verflüssigtes Erdgas (LNG) in Stade westlich von Hamburg. Der Konzern, der in Stade ein großes Werk betreibt, übernehme einen Minderheitsanteil an dem Konsortium Hanseatic Energy Hub (HEH), teilte das Unternehmen am Montag mit.

    Zudem stelle Dow Gewerbeflächen für den Bau und Betrieb der Anlage zur Verfügung. Das Konsortium will bis 2026 ein LNG-Terminal mit einer Kapazität von 13,3 Milliarden Kubikmetern errichten. Rein rechnerisch könnten damit bis zu 15 Prozent des deutschen Erdgasbedarfs gedeckt werden. Dem Firmenbündnis gehören auch der belgische Netzbetreiber Fluxys sowie die Partners Group und die Buss Group an.

    LNG-Terminal in Stadt trägt zur Energiewende Deutschlands bei

    Dow hatte die Produktion in seinem Werk in Stade 1972 aufgenommen. Die Anlage gehört zu den größten Industriebetrieben in Niedersachsen. Mit der Partnerschaft bei dem LNG-Terminal in Stade könne Dow einen bedeutenden Beitrag zur Energiewende in Deutschland und zu dem Ziel einer Klimaneutralität 2045, erklärte der Konzern.

    In Deutschland gibt es bislang kein LNG-Terminal. Die Bundesregierung will vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs die Abhängigkeit von Gaslieferungen aus Russland so schnell wie möglich reduzieren. LNG soll dabei eine wichtige Rolle spielen. LNG-Terminals sind auch in Wilhelmshaven und Brunsbüttel geplant. rtr

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    Rosatom-Tochter wird finnisches Nuklearprojekt fortsetzen

    Der staatliche russische Atomstromversorger Rosatom und seine finnische Tochtergesellschaft RAOS Project werden mit dem geplanten Atomkraftwerk in Finnland fortfahren, trotz der Ungewissheit über staatliche Genehmigungen seit Russlands Invasion in der Ukraine. Das teilte RAOS am Montag mit.

    “Rosatom und RAOS Project erfüllen weiterhin ihre Verpflichtungen aus den unterzeichneten Vereinbarungen und Verträgen im Zusammenhang mit dem Projekt Hanhikivi 1”, teilte RAOS Project in einer E-Mail an Reuters mit. Seit Russland mit seiner sogenannten “Sonderoperation” in der Ukraine begonnen hat, hat der finnische Wirtschaftsminister Mika Lintila wiederholt erklärt, dass es für die Regierung “absolut unmöglich” sei, eine Baugenehmigung für das Hanhikivi-Projekt zu erteilen.

    Die Anlage wurde von einem finnisch-russischen Konsortium mit dem Namen Fennovoima in Auftrag gegeben, an dem finnische Unternehmen wie Outokumpu, Fortum und SSAB zwei Drittel und die Rosatom-Tochter RAOS Voima den Rest halten. Viele der finnischen Anteilseigner haben öffentlich ihren Willen bekundet, aus dem Projekt auszusteigen und es abzuschreiben, sind aber nicht bereit, RAOS Project für die Verletzung bestehender Verträge und mögliche Entschädigungen zu bezahlen.

    Baubeginn für das Atomkraftwerk in Finnland 2023 geplant

    In der Zwischenzeit hat RAOS Project die vorbereitenden Bauarbeiten wie Verkabelung und Aushub am Standort der geplanten Anlage an der Nordwestküste Finnlands fortgesetzt, kann aber ohne staatliche Genehmigung nicht mit dem Bau des Atomkraftwerks beginnen. “RAOS Project Ltd als … Lieferant handelt auf der Grundlage und in Übereinstimmung mit dem im Dezember 2013 mit Fennovoima unterzeichneten Planungs-, Beschaffungs- und Bauvertrag”, schrieb das Unternehmen.

    Fennovoima hatte damit gerechnet, von der Regierung bis zum Sommer 2022 eine Baugenehmigung für den Bau des 1,2-Gigawatt-Reaktors zu erhalten, während der Baubeginn für 2023 vorgesehen war. Die finnische Regierung war für eine Stellungnahme nicht unmittelbar erreichbar. rtr

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    Baerbock: Serbien muss EU-Sanktionen mittragen

    Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat Serbien gewarnt, dass EU-Beitrittskandidaten die Sanktionen der EU gegen Russland mittragen müssen. “Wenn man Mitglied der EU werden will, was Serbien werden möchte, dann ist es zentral, in solchen Momenten auch die Außenpolitik der EU und entsprechend die Sanktionen mitzutragen”, sagte Baerbock am Montag in Luxemburg nach dem Treffen der EU-Außenminister:innen.

    Hintergrund ist, dass die Regierung in Belgrad zwar in die EU strebt, aber weiter besondere Beziehungen zu Russland unterhalten möchte und sich deshalb den westlichen Sanktionen wegen der Invasion in der Ukraine nicht angeschlossen hat.

    Baerbock forderte vom EU-Partner Bulgarien zudem, den Weg für die Aufnahme der EU-Beitrittsgespräche mit Albanien und Nordmazedonien freizumachen. Gerade in der jetzigen Lage sei es wichtig, die Beitrittsgespräche noch im ersten Halbjahr zu eröffnen. Die Bundesregierung hatte mehrfach kritisiert, dass EU-Länder den Beitrittsprozess blockieren, obwohl Länder wie Russland oder China verstärkt Einfluss auf dem Westbalkan ausübten. Baerbock sagte zudem, dass die EU-Außenminister sich einig gewesen seien, der Ukraine verstärkt Waffen zu liefern, damit sich das Land gegen die russischen Angriffe verteidigen kann. rtr

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    Gazprombank soll ungarische Gas-Zahlungen von Euro in Rubel konvertieren

    Ungarn will Gas aus Russland in Euro über die Gazprombank zahlen. Das erklärte Außenminister Peter Szijjartoam Montag. Diese werde die Zahlung in Rubel umwandeln, um eine neue, von Präsident Wladimir Putin aufgestellte Forderung zu erfüllen. Putin hatte Europa zuvor gewarnt, Gaslieferungen zu unterbrechen, wenn es nicht in Rubel zahlt. Die Tochtergesellschaft des ungarischen Energiekonzerns MVM, CEE Energy, würde die anstehende Rechnung in Euro bezahlen. Die Gazprombank würde die Zahlung dann in Rubel umwandeln und an die russische Gazprom Export überweisen würde, sagte Szijjarto auf einer Pressekonferenz.

    Ungarn stellt sich damit gegen die Position der Europäischen Union. Diese hatte die Forderung Moskaus nach Zahlung in Rubeln abgelehnt. “Was die Zahlung in Rubel betrifft, so haben wir eine Lösung, die keine Sanktionen verletzt und gleichzeitig die Gasversorgung Ungarns sichert”, sagte Szijjarto. Er fügte hinzu, dass die Möglichkeit, Rechnungen in einer anderen Währung als dem Euro zu bezahlen, in einem bilateralen Vertrag zwischen CEE Energy und Gazprom Export enthalten sei, der im September abgeschlossen wurde und nun angepasst werden soll. Der ungarische Außenminister fügte hinzu, dass Ungarn, das den größten Teil seines Erdöls und Erdgases von Russland bezieht, ein gemeinsames Vorgehen der EU in dieser Frage ablehnt. Die Regierung in Budapest betrachte die Energielieferverträge als bilaterale Angelegenheit. rtr

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    EU-Justizkommissar Reynders mit Spionagesoftware angegriffen

    Reporter der Nachrichtenagentur Reuters haben durch zwei EU-Mitarbeiter und Dokumente Kenntnis davon erlangt, dass bei mehreren EU-Offiziellen im vergangenen Jahr ein Angriffsversuch mit Spyware israelischer Hersteller stattgefunden hat. Der prominenteste Betroffene: EU-Justizkommissar Didier Reynders. Neben ihm sollen weitere hochrangige Mitarbeiter der Kommission Opfer von Spionageversuchen geworden sein.

    Vom Angriff auf die Mobilgeräte soll die Kommission demnach erst vom Hersteller Apple durch im November versandte Benachrichtigungen an potenziell betroffene Nutzer erfahren haben. Zwischen Februar und September 2021 sollen iPhones des betroffenen EU-Spitzenpersonals angegriffen worden sein.

    Ob diese Angriffe erfolgreich und wer die Urheber waren, ist bislang nicht öffentlich bekannt. Allerdings gehören die infrage kommenden Angriffswerkzeuge zu jenen, die üblicherweise nur Staaten zur Verfügung gestellt werden. Reuters zitiert Sicherheitsforscher, wonach der Angriff mit dem Tool ForcedEntry des israelischen Herstellers NSO Group stattgefunden haben soll, berichtet aber auch, dass der ebenfalls israelische Anbieter QuaDream ein fast identisches Tool im Angebot habe. NSO bestritt, dass der Angriff mit seiner Software stattgefunden habe.

    Ungarn & Polen nutzten die Pegasus-Software der NSO Group

    Besondere Brisanz erhält der Bericht auch durch die bekannt gewordenen Nutzer entsprechender Software. Mit Ungarn und Polen sollen gleich zwei Mitgliedstaaten der EU die Spionage-Software Pegasus des israelischen Herstellers NSO Group gegen Regierungsgegner eingesetzt haben (Europe.Table berichtete), die mit Reynders und der Kommission in der Rechtstaatlichkeitsfrage über Kreuz liegen. Der Justizkommissar hatte zuletzt im Januar nationalstaatliche Untersuchungen des Spyware-Einsatzes in den jeweiligen Ländern angemahnt (Europe.Table berichtete).

    Die EU-Kommission teilte am Montagmittag in Brüssel mit, dass sie zu Vorgängen der operativen Sicherheit prinzipiell keine Stellung nehme. Das Europaparlament hatte erst vor wenigen Wochen die Einsetzung eines Sonderausschusses zur Aufklärung des Einsatzes von Pegasus und vergleichbarer Software beschlossen (Europe.Table berichtete). fst/rtr

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    Apple droht zusätzliche EU-Kartellklage im Musikstreaming-Streit

    Apple droht einem Insider zufolge im Streit mit dem weltgrößten Musikstreaming-Anbieter Spotify in den kommenden Wochen eine zusätzliche EU-Kartellklage. Diese könnte einer Untersuchung folgen, die durch eine Beschwerde von Spotify ausgelöst wurde, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters von einer mit der Sache vertrauten Person.

    EU-Klage gegen Apple nach Beschwerde von Spotify

    Zusätzliche Klagen, die in einer ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte aufgeführt sind, werden in der Regel dann gegen Unternehmen erhoben, wenn die EU-Wettbewerbshüter neue Beweise gesammelt oder einige Elemente geändert haben, um ihre Argumente zu untermauern. Die EU-Kommission lehnte eine Stellungnahme ab. Von Apple war zunächst keine erhältlich.

    Die Europäische Kommission hatte dem iPhone-Hersteller im vergangenen Jahr auf eine Beschwerde des Konkurrenten Spotify hin den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung bei Musikstreaming-Diensten vorgeworfen. Die Kommission beanstandete, dass Konkurrenten das In-App-Zahlungssystem von Apple nutzen müssen. Außerdem verbiete der US-Konzern den Rivalen, Nutzer von Apple-Geräten über günstigere Bezugsalternativen zu informieren. Das Verfahren ist eines von mehreren der EU-Wettbewerbshüter gegen Apple, die im Sommer 2020 eröffnet worden waren. rtr

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    Presseschau

    Öl-Embargo: EU-Staaten treffen keine Entscheidung NTV
    “Zwei Wochen, um Putins Verbündete aus dem Élysée zu halten” – So reagiert Europa auf Frankreichs Wahl HANDELSBLATT
    Habeck plant neue Anreize für kriselnde Ökostromindustrie SPIEGEL
    Lindner plant Spritpreissenkung von Juni bis August NTV
    Deutsch-britische “Stromautobahn” rückt näher NTV
    EU-Verfahren gegen Apple: Erweiterte Beschwerde der Kommission erwartet HEISE
    Bulgarien will gegen “Online-Trolle” vorgehen EURACTIV
    “Dynamit”: Spyware-Angriff auch auf EU-Kommissar und EU-Angestellte HEISE

    Portrait

    Carole Dieschbourg: “Klimaschutz ordentlich hinkriegen”

    Carole Dieschbourg ist luxemburgische Ministerin für Klima, Umwelt und nachhaltige Entwicklung.
    Carole Dieschbourg ist luxemburgische Ministerin für Klima, Umwelt und nachhaltige Entwicklung.

    Bereits als Kind begleitet Carole Dieschbourg ihre Eltern auf Anti-Atomkraft-Demos und steigt im Erwachsenenalter in den Mühlen-Betrieb der Familie ein, der ökologisch produziertes Mehl und fairen Kaffee aus der eigenen Rösterei anbietet. Heute hat die Ministerin ihren eigenen Bienenstock im Garten, doch ein naives Landei ist Carole Dieschbourg nicht.

    Im Alter von 36 Jahren gewinnt Dieschbourgs politische Karriere an Fahrt. Als die noch unerfahrene und unbekannte Fraktionsvorsitzende der Grünen (“déi gréng”) 2013 überraschenderweise als Umweltministerin Regierungsmitglied wird, titeln die luxemburgischen Medien unter anderem “katholische Klimakämpferin”, “Risiko für die Grünen” und “Quotenministerin”. Doch spätestens im Dezember 2015 wendet sich das Blatt für Dieschbourg, als sie unter dem EU-Ratsvorsitz Luxemburgs zusammen mit über 150 Staatschefs das historische Pariser Klimaabkommen verhandelt. Nun feiert die Presse sie als “Stimme Europas”.

    Seither geht die Umweltministerin in Sachen Klimaschutz nicht vom Gaspedal. Bis 2030 will Luxemburg die Emissionsrate der Treibhausgase um 55 Prozent reduzieren, während erneuerbare Energien 23 Prozent des Gesamtverbrauchs übernehmen sollen. Bei der Umsetzung soll “der Klimapakt” helfen. Ein Instrument, mit dem Carole Dieschbourg an vielen Baustellen der Klima- und Biodiversitätskrise gleichzeitig ansetzt, zum Beispiel Entwaldung, Einsatz von Pestiziden und Verschmutzung der Gewässer und Böden, sowie die Einführung von CO2-Preisen.

    Mit Finanzspritzen und Vermittlung von Knowhow will der luxemburgische Staat seinen Gemeinden helfen, die ökologische Transition umzusetzen. Auch an Personal wird dabei nicht gespart. So bekommt jede Gemeinde einen Klimaschöffen gestellt, der die Entwicklungen begleitet.

    Carole Dieschbourg: “Klimapolitik ist Friedenspolitik”

    Carole Dieschbourg nutzt lieber leichte Sprache als hochgestochenes Vokabular, doch das hindert sie nicht daran, klare Worte zu finden. “No-Go” und “Greenwashing” fallen Anfang Januar im Interview mit der Ministerin über den Entwurf der EU-Kommission zur Taxonomie (Europe.Table berichtete). Doch als die sie im Februar der neuen Bundesregierung einen Höflichkeitsbesuch abstattete und der bei Podiumsdiskussion “Europe 2022” auftrat, ging es um mehr.

    Klima und soziale Gerechtigkeit gehen für Dieschbourg Hand in Hand. Sie will den ökologischen Übergang schnell “hinbekommen”, aber dabei die Kosten für die Schwächsten und künftige Generationen so gering wie möglich halten. Sie stellt klar: “Steigende Energiepreise sind keine Folge von Klimapolitik.”

    Im Gegenteil, klimafreundliche Politik sei der Schlüssel zur Unabhängigkeit von wirtschaftlichen und geopolitischen Faktoren. In Steffi Lemke, der Bundesumweltministerin, scheint Carole Dieschbourg eine Verbündete gefunden zu haben. Sowohl auf dem Podium als auch bei gemeinsamen Mittagessen diskutierten die beiden Grünen im Kanon über die Demokratisierung von Energie, Engpässe in globalen Lieferketten und über “ein Europa der Bürger, wo Diskussionen möglich sind und Diskussion nicht gleich Konflikt heißt.” Giorgia Grimaldi

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