den ukrainischen Streitkräften gelang am Montag der größte Vorstoß seit Beginn des Krieges. Im Süden des Landes durchbrachen sie die russischen Verteidigungsanlagen und rückten entlang des Flusses Dnipro vor, wodurch die Nachschublinien für Tausende russischer Truppen bedroht sind. Der Westen blickt derweil besorgt nach Moskau. Nachdem die Ukraine am Freitag einen Antrag auf den Beitritt zur Nato abgeschickt hatte, fürchtet man nun einen nuklearen Angriff Russlands auf Kiew. Eine Einigung über weitere Sanktionen steht bislang noch aus. Details lesen Sie in den News.
Im Atomland Frankreich drückt die Regierung beim Ausbau der erneuerbaren Energien aufs Gas. Ein neuer Gesetzentwurf sieht vor, dass Genehmigungen schneller erteilt und Gerichtsverfahren verkürzt werden sollen. Warum der Gesetzentwurf manchen Experten aber nicht weit genug geht, hat meine Kollegin Claire Stam aufgeschrieben.
Noch in dieser Woche will die EU-Kommission einen Aktionsplan mit weiteren Maßnahmen gegen die Energiekrise vorlegen. Am Freitag werden sich die Mitgliedsländer dann in Prag zu einem informellen Treffen zusammenfinden, um darüber zu diskutieren. Auf der Liste der Maßnahmen steht unter anderem die Stärkung der Liquidität von Unternehmen.
Er gilt als Favorit der französischen Regierung für den Chefposten beim staatlichen Energiekonzern EDF: Luc Rémont. Der 53-Jährige bringt mit, was man für die Mammutaufgabe der Reformierung von EDF mitbringen muss: Kontakte, Finanzwissen, Loyalität und internationale Industrieerfahrung. Wir stellen ihn im Portrait vor.
Während die Europäische Union ihre Ziele für erneuerbare Energien weiter erhöht, muss der Einsatz vor Ort beschleunigt werden, um diese Ziele zu erreichen. Das ist die Strategie, die Paris verfolgt: Vier Tage nach der Einweihung des ersten französischen Offshore-Windparks in Saint-Nazaire durch den französischen Präsidenten Emmanuel Macron machte die Regierung Nägel mit Köpfen und legte dem Ministerrat am Montag, 26. September, den Gesetzentwurf zur Beschleunigung der erneuerbaren Energien vor.
Dieser Text soll es laut dem Staatschef ermöglichen, das Tempo des Ausbaus der erneuerbaren Energien zu verdoppeln, indem die Zeit bis zur Fertigstellung halbiert wird. Er soll von einer Regulierungsmaßnahme begleitet werden, mit der die Fristen für Rechtsstreitigkeiten auf maximal 30 Monate verkürzt werden.
Im Jahr 2021 entfielen in Frankreich nur 19,3 Prozent des Bruttoendenergieverbrauchs auf erneuerbare Energien, was weit unter dem Ziel von 23,7 Prozent liegt. Auf See werden derzeit die ersten 80 Windkraftanlagen vor der Küste von Saint-Nazaire in Betrieb genommen, während in Europa bereits 5.700 Anlagen installiert sind. An Land hat Deutschland viermal so viele Masten aufgestellt wie Frankreich, obwohl das Land dichter besiedelt ist. “Unsere Nachbarn haben mehr, oft besser und vor allem schneller gemacht”, räumte Emmanuel Macron bei der Einweihung des ersten französischen Offshore-Windparks ein.
Um mit den europäischen Partnern gleichzuziehen, will der Präsident nun “viel schneller” vorgehen, insbesondere durch eine Verkürzung der Genehmigungsfristen. Frankreich sei nicht wegen fehlender Projekte im Rückstand, sondern “wegen unserer Verwaltungs- und Streitverfahren”, argumentiert die Ministerin für die Energiewende, Agnès Pannier-Runacher.
“Der Gesetzentwurf geht in die richtige Richtung, reicht aber keineswegs aus, um diesen Rückstand aufzuholen, da er die Onshore-Windenergie nicht berücksichtigt. Dies ist auf die politischen Gleichgewichtsspiele in der Nationalversammlung zurückzuführen”, erklärt Philippe Quirion, Forscher im Bereich Umwelt- und Energieökonomie und Forschungsdirektor am CNRS CIRED, Europe.Table. “Die Regierung hat keine absolute Mehrheit in der Nationalversammlung”, erinnert der Experte. “Die Rechte und die extreme Rechte sind gegen den Ausbau von Onshore-Windkraftanlagen. Auf der linken Seite des politischen Spektrums ist ein Großteil der Abgeordneten dafür, aber es scheint unwahrscheinlich, dass die linken Abgeordneten für den Regierungsentwurf stimmen wollen.”
In Bezug auf die Finanzierung von ENR-Projekten sieht der Gesetzentwurf nicht vor, die Einspeisetarife zwischen den verschiedenen Gebieten des Landes zu differenzieren, je nachdem, ob sie mehr oder weniger windig sind oder mehr oder weniger Sonne abbekommen. “Das wäre aber nötig”, betont Philippe Quirion. Warum ist das wichtig? Diese Bestimmung ermöglicht es, Projekte für erneuerbare Energien in französischen Regionen finanziell attraktiv zu machen, in denen sie noch nicht vorhanden sind. Das heißt, diese Bestimmung ermöglicht eine Entflechtung der Konzentration von ENR-Projekten. Philippe Quirion erklärt beispielsweise, dass sich die Onshore-Windparks in Frankreich hauptsächlich auf die Regionen Grand-Est und Hauts de France konzentrieren.
Darüber hinaus ist die Installation von schwimmenden Windkraftanlagen im Mittelmeer geplant – auch wenn dieser Aspekt nicht Teil des Gesetzentwurfs ist. Der Grund für die Entscheidung für schwimmende Windkraftanlagen ist, “dass die Tiefe des Meeresbodens im Mittelmeer zu groß ist, um fest installierte Windkraftanlagen zu installieren”, erklärt der Experte.
Parallel zum Gesetzentwurf zur Beschleunigung der erneuerbaren Energien hat die Regierung ebenfalls einen Vorentwurf für ein Gesetz verschickt, “das den Bau neuer Atomanlagen in der Nähe bestehender Atomstandorte beschleunigen soll”. “Die Regierung will auch den Ausbau der Kernenergie beschleunigen. Das wirft Fragen auf, weil die Nationale Kommission für die öffentliche Debatte ab dem 27. Oktober eine Debatte über die Zweckmäßigkeit dieses Ausbaus einleitet”, erklärt Philippe Quirion, der daran erinnert, dass der Ursprung der Debatte auf der Notwendigkeit – oder Nicht-Notwendigkeit – neuer Kernkraftwerke beruht.
Auch wenn Frankreich bei der Einführung erneuerbarer Energien unbestreitbar im Rückstand ist, “ist das Problem der Genehmigungserteilung nicht spezifisch für Frankreich”, stellt für Europe.Table Harriet Fox, Energie- und Klimaanalystin beim Think Tank Ember und Autorin einer im Juli veröffentlichten Studie zu diesem Thema, fest.
Nach geltendem EU-Recht darf die Erteilung von Genehmigungen für Projekte im Bereich erneuerbare Energien nicht länger als zwei Jahre dauern. Die Studie zeigt jedoch, dass in den 18 Ländern, die für Onshore-Windkraft-Projekte analysiert wurden, die durchschnittliche Zeit für die Erteilung von Genehmigungen durchweg die Zweijahresgrenze überschritten hat, in einigen Fällen sogar bis zu fünf Mal. Bei Solaranlagen wurde die Zweijahresgrenze in neun der zwölf untersuchten Länder überschritten, wobei die Fristen bis zu vier Jahre betrugen.
Bei den geplanten Ausbauraten werden nur vier der 27 EU-Länder (Finnland, Kroatien, Litauen und Schweden) einen jährlichen Zuwachs an Windenergiekapazitäten erreichen, der hoch genug ist, um die 1,5-Grad-Norm des Pariser Abkommens einzuhalten. Die EU als Ganzes ist auch nicht auf dem Weg, die erforderlichen Ausbauraten für Solarenergie zu erreichen. Harriet Fox nennt insbesondere den Mangel an Verwaltungspersonal, die fehlende Digitalisierung und die Aufteilung der Verfahren auf verschiedene Verwaltungsabteilungen als Hauptgründe für die Verzögerung.
Eine Situation in Europa, die eine große Herausforderung für den von der Europäischen Kommission vorgelegten REPowerEU-Plan darstellt. Dieser Plan zielt darauf ab, dass die EU bis 2030 eine Produktionskapazität für erneuerbare Energien von 1236 GW erreicht, im Vergleich zu einem Ziel von 1067 GW in den vorherigen Plänen, und eine installierte Kapazität von 513 GW im Jahr 2021. Wichtiges Detail: REPowerEU gibt keine Ziele auf nationaler Ebene an.
04.10.2022 – 14:30 Uhr, online
EBD, Vortrag De-Briefing Wettbewerbsfähigkeit
Die Europäische Bewegung Deutschland (EBD) lädt zum De-Briefing des Rats für Wettbewerbsfähigkeit. INFOS & ANMELDUNG
05.10.2022 – 09:00-10:00 Uhr, online
BVMW, Seminar Wachstum trotz Krise? Erfolgreiches Wachstum & Veränderungen in Krisenzeiten
Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) informiert über Strategien zu Wachstum in Krisenzeiten. INFOS & ANMELDUNG
05.10.2022 – 13:00-15:00 Uhr, online
ASEW, Seminar Verteilnetze der Zukunft – digital und verlässlich
Die Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (ASEW) widmet sich der Frage, wie eine stabile Energieversorgung weiterhin gewährleistet werden kann. INFOS & ANMELDUNG
05.10.2022 – 14:00-15:30 Uhr, online
FSR, Panel Discussion Capacity subscription contracts for the electricity markets
The Florence School of Regulation (FSR) addresses the challenges posed by an increasing penetration of renewables in the electricity system. INFOS & REGISTRATION
05.10.2022 – 14:30-16:00 Uhr, online
HE, Seminar Key design features for a European Hydrogen Market – Assessing the Hydrogen and Decarbonised Gas Package
Hydrogen Europe (HE) addresses the following questions: How can we quickly build an infrastructure capable of transporting 20 million tonnes of hydrogen? How to ensure the storage of large volumes of hydrogen? How can the hydrogen package respond to these challenges? INFOS & REGISTRATION
05.10.2022 – 14:00-17:00 Uhr, Karlsruhe
VDMA, Seminar Datengetriebene Prozesssteuerung – wie KI Ihren Weg zum Serienprozess vereinfacht
Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) widmet sich der Frage, wie Maschinenbauer mit den Herausforderungen von KI im Produktionsumfeld umgehen können. INFOS & ANMELDUNG
05.10.2022 – 17:00 Uhr, online
Aspen Institute, Diskussion State-to-State Dialogue: Subnationale Führungsrolle bei bezahlbarem Wohnraum und nachhaltiger Stadtentwicklung
Das Aspen Institute lädt zum Dialog zwischen deutschen und amerikanischen Staatsabgeordneten ein. INFOS & ANMELDUNG
05.10.2022 – 19:00-20:00 Uhr, online
HSS, Seminar Herausforderungen und Lösungsansätze der Energiewende
Die Hanns-Seidel-Stiftung (HSS) beleuchtet die aktuelle Lage der Energiewende in Bayern und Deutschland. INFOS & ANMELDUNG
06.10.2022 – 13:00-14:00 Uhr, online
DGAP, Diskussion Power Lunch mit Dr. Guntram Wolff – Unflattening the World
Die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) diskutiert, welche Auswirkungen Sanktionen auf den Welthandel haben, welche neuen Handels- und Investitionsströme sich abzeichnen, und wagen einen Ausblick auf mögliche Zukunftsszenarien. INFOS & ANMELDUNG
06.10.2022 – 16:30-06:30 Uhr, Washington D.C. (USA)
Eco, Conference Reawakening Digital Trade: Diverse Stakeholder Considerations Around The Future of the Trans-Atlantic Data Privacy Framework
Eco (Association of the Internet Industry) brings together senior officials from the U.S. government and the European Commission, along with data protection experts to discuss the latest developments in the implementation of the Trans-Atlantic Data Privacy Framework. INFOS & REGISTRATION
06.10.2022 – 18:00-19:30 Uhr, online
KAS, Vortrag Wohin steuert Italien?
Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) thematisiert die Bedeutung und mögliche Auswirkungen der Wahlen im drittgrößten Land der EU. INFOS & ANMELDUNG
06.10.2022 – 18:00-19:00 Uhr, Berlin/online
Die Zeit, Diskussion Eine Stunde ZEIT mit Friedrich Merz
Die Zeit diskutiert mit Friedrich Merz über die aktuellen Herausforderungen für Deutschland und die CDU. INFOS & ANMELDUNG
Bei einem Diplomatentreffen in Brüssel konnte gestern keine Einigung über das von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen angekündigte achte Sanktionspaket der EU gegen Russland erzielt werden. Die Gespräche zu diesem Thema werden am Dienstag fortgesetzt, bestätigten mehrere Diplomaten gegenüber Table.Media. Der Knackpunkt sei eine Obergrenze für den Ölpreis, hieß es.
Mit dem Sanktionspaket wolle man auf die Scheinreferenden in den von Russland besetzten Gebieten der Ukraine, die Mobilisierung weiterer Truppen und Präsident Wladimir Putins Drohung mit dem Einsatz von Atomwaffen reagieren, so von der Leyen.
Die EU hat bereits beschlossen, alle russischen Rohöleinfuhren auf dem Seeweg in die EU ab dem 5. Dezember zu stoppen. Nun soll eine neue Obergrenze für den Ölpreis unter den G7-Ländern bedeuten, dass Russland weltweit weniger an seinem Öl verdienen wird. Viele hoffen, dass bis zum EU-Gipfel am Freitag in Prag eine Einigung erzielt werden kann.
Russland hat vergangene Woche vier Gebiete der Ukraine annektiert und mit der teilweisen Mobilisierung von Hunderttausenden von Reservisten begonnen. Am vergangenen Freitag beantragte die Ukraine die NATO-Mitgliedschaft und forderte die von Russland kontrollierten Gebiete zurück. Generell wächst im Westen die Sorge vor einer massiven Eskalation des seit sieben Monaten andauernden Krieges, insbesondere im Hinblick auf die nukleare Bedrohung.
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte am Freitag, dass die Allianz trotz der Drohungen keine Veränderungen in ihrer nuklearen Haltung gesehen habe. Ein russischer Nuklearangriff auf Kiew hätte aber “schwerwiegende Folgen” für Moskau.
Unterdessen hat die Europäische Union eine Absichtserklärung über neue Finanzhilfen von fünf Milliarden Euro für die Ukraine unterzeichnet. “Das ist eine weitere Geste der EU, dass sie gewillt ist, die Ukraine beim Sieg in diesem Krieg, dem Wiederaufbau und dem Streben nach einer europäischen Zukunft zu unterstützen”, schrieb am Montag Ministerpräsident Denys Schmyhal auf Twitter. Der Regierungschef dankte von der Leyen und Vizepräsident der Kommission, Valdis Dombrovskis, für diese Hilfe, die als Kredit mit langer Laufzeit fließt.
Dombrovskis schrieb auf Twitter, das Geld werde für “sofortige Liquiditätsengpässe sowie Lohn- und Pensionszahlungen” verwendet. Ein erster Teil fließe Mitte Oktober, weitere zwei Tranchen später in diesem Jahr. Das Geld ist Teil eines im Mai angekündigten Hilfspakets über insgesamt neun Milliarden Euro. Eine Milliarde Euro wurde bereits Anfang August ausgezahlt. Ella Joyner mit dpa
Nachdem sich die EU-Mitgliedstaaten am vergangenen Freitag auf Energie-Notfallmaßnahmen geeinigt haben, werden sie sich am 7. Oktober in Prag zu einem informellen Treffen zusammenfinden. Dort werden sie die letzten Maßnahmen gegen die Energiekrise diskutieren, die auf der Grundlage eines Aktionsplans, den die Kommission in den nächsten Tagen vorlegen soll, ergriffen werden sollen.
“Wir werden die drei drängendsten – und miteinander verknüpften – Themen für uns alle erörtern, nämlich Russlands Krieg in der Ukraine, Energie und die wirtschaftliche Lage”, heißt es in der Einladung, die Ratspräsident Charles Michel an die Staats- und Regierungschefs der 27 Mitgliedstaaten geschickt hat.
Noch immer versuchen die Staats- und Regierungschefs das Gleichgewicht zwischen Haushaltshilfen und Energieeinsparung zu finden. In diesem brisanten Kontext forderten die Minister die Kommission auf, “sehr schnell” konkrete Vorschläge zu unterbreiten, und zwar mit einem “eindeutigen” Ziel, wie es ein Berater des Elysée-Palastes ausdrückte: Maßnahmen zur Senkung der Gaspreise und zur Senkung der Strompreise zu ergreifen.
Die Minister forderten mehrere konkrete Maßnahmen. Insbesondere soll der TTF-Index, also der Gaspreisindex, überarbeitet werden, der “heute nicht mehr die Realität der Versorgung widerspiegelt”. Außerdem sollen die gemeinsamen Gasbeschaffungsplattformen beschleunigt werden, um die Marktmacht zu stärken und die Preise zu senken, insbesondere die Preise für LNG-Gas.
Ebenfalls auf der Liste der “rasch” umzusetzenden Maßnahmen stehen die Nachschusspflichten, die Stärkung der Liquidität von Unternehmen und die Begrenzung der Preisvolatilität. Das bedeutet, dass die Kommission von den Ministern den Auftrag erhalten hat, “sehr schnell” Vorschläge auf der Grundlage ihres Non-Papers zu unterbreiten. “Es ist noch nicht klar, wann genau”, aber so, dass die Minister schnell über neue Notfallmaßnahmen entscheiden können, um die Gas- und Strompreise zu senken.
Am vergangenen Freitag verpflichteten sich die Europäer, ihren Stromverbrauch bis zum 31. März 2023 zu Spitzenzeiten, in denen Strom am teuersten ist, um “mindestens” 5 Prozent und im Durchschnitt um 10 Prozent zu senken. Sie einigten sich auch darauf, eine Abgabe auf die außerordentlichen Gewinne einzuführen, die Unternehmen aufgrund der hohen Energiepreise erwirtschaftet haben.
Diejenigen, die Strom zu niedrigen Kosten produzieren (Kernkraft, erneuerbare Energien, Braunkohle) und ihn zu Marktpreisen verkaufen, werden zwischen dem 1. Dezember und dem 30. Juni 2023 ihre Einnahmen abschöpfen, sobald die Megawattstunde 180 Euro übersteigt. Die Akteure im Bereich der fossilen Energie (Ölriesen, Raffinerien), deren Gewinne ebenfalls in die Höhe geschnellt sind, werden “2022 und/oder 2023” mit einem “solidarischen Beitrag” von mindestens 33 Prozent auf ihre überschüssigen Gewinne belastet. Insgesamt würden diese Regelungen mehr als 140 Milliarden Euro freisetzen, die die Mitgliedstaaten zur Unterstützung der am stärksten gefährdeten Haushalte und Unternehmen verwenden können.
Aber, und das wissen die Siebenundzwanzig, diese Maßnahmen reichen nicht aus. “Wir müssen mehr tun. Wir befinden uns in einem Energiekrieg mit Russland”, kommentierte der tschechische Industrieminister Jozef Sikela, dessen Land die rotierende EU-Ratspräsidentschaft innehat, am Freitag. Die französische Ministerin für die Energiewende, Agnès Pannier-Runacher, fügte hinzu: “Wir müssen viel schneller und viel weiter gehen”. cst
Die Europäische Kommission erklärte am Montag, sie spreche mit Deutschland über das geschnürte 200 Milliarden schwere Energiepaket. Länder wie Italien, Spanien oder Luxemburg hatten kritisiert, dass nicht alle Länder die finanziellen Mittel hätten, um solche Maßnahmen zu finanzieren und daher der Binnenmarkt verzerrt werden könnte.
Der “Abwehrschirm”, der unter anderem eine Gaspreisbremse und eine Senkung der Mehrwertsteuer für Kraftstoffe vorsieht, soll Unternehmen und Haushalte vor den Auswirkungen der steigenden Energiepreise schützen.
“Wir sind fest entschlossen, gleiche Wettbewerbsbedingungen und einen fairen Binnenmarkt zu erhalten und einen schädlichen Subventionswettlauf zu vermeiden”, sagte ein Sprecher der Europäischen Kommission auf einer Pressekonferenz. “Was ich sagen kann, ist, dass wir mit den deutschen Behörden in dieser Angelegenheit in Kontakt stehen”, fuhr der Sprecher fort, ohne näher darauf einzugehen. Er wies aber darauf hin, dass die Kommission auch mit anderen nationalen Behörden im Gespräch sei.
Die Kommission, die die Wettbewerbspolitik in der EU-27 überwacht, entscheidet über die Rechtmäßigkeit staatlicher Beihilfen, sobald sie von den Mitgliedstaaten über deren Pläne informiert wird. Der EU-Kommissar für den Binnenmarkt, der Franzose Thierry Breton, reagierte am Freitag in einem Tweet auf den deutschen Plan: “Wir müssen dringend darüber nachdenken, wie wir den Mitgliedstaaten – die nicht diesen fiskalischen Spielraum haben – die Möglichkeit bieten können, ihre Industrien und Unternehmen zu unterstützen.”
Das deutsche Paket übertrifft alles, was andere EU-Regierungen zur Seite gelegt haben. Bundesfinanzminister Christian Lindner verteidigte am Montag am Rande eines Treffens der Euro-Finanzminister in Luxemburg das Energie-Entlastungspaket angesichts internationaler Kritik. “Die Maßnahmen sind gemessen an der Größe der deutschen Volkswirtschaft und gemessen an der Laufzeit bis zum Jahr 2024 in der Proportion angemessen”, sagte Lindner. Sie entsprächen dem, was andere Staaten in Europa eingeführt hätten und seien daher “gewiss nicht überdimensioniert.”
Lindner betonte zudem abermals, dass Deutschland im kommenden Jahr die Schuldenbremse einhalten werde. Diese erlaubt es der Bundesregierung dann, nur begrenzt neue Schulden aufzunehmen. Der Abwehrschirm wird hingegen über ein sogenanntes Sondervermögen noch in diesem Jahr finanziert und soll dann nach und nach ausgezahlt werden. Der FDP-Politiker sagte, das Geld sei “sehr stark zweckgebunden, um wirtschaftliche Schäden in der besonders verletzbaren deutschen Volkswirtschaft abzuwenden.”
In Luxemburg berieten die Finanzminister der 19 Euro-Staaten am Montag über Schritte, wie die am schwersten betroffenen Sektoren vor explodierenden Energiepreisen geschützt werden können. In einem Entwurf für eine Erklärung der Finanzminister der Euro-Staaten hieß es, Maßnahmen der einzelnen Länder müssten koordiniert werden, um den grenzüberschreitenden Wettbewerb in der Europäischen Union zu schützen. rtr/dpa
Der Umweltausschuss des EU-Parlaments (ENVI) hat am Montag die Einigung der Berichterstatter von vergangener Woche bestätigt. Demnach soll das REPower-EU-Programm der EU-Kommission nicht durch Zertifikate aus der Marktstabilitätsreserve (MSR) des europäischen Emissionshandelssystems (ETS) teilfinanziert werden.
Ein fraktionsübergreifender Alternativvorschlag sieht vor, dass 20 Milliarden Euro stattdessen aus einem früheren Verkauf von Emissionsrechten, die für einen späteren Zeitpunkt vorgesehen waren, erlöst werden. Dieses sogenannte Frontloading bedeutet, dass Zertifikate, die ursprünglich erst zwischen 2026 und 2030 verkauft werden sollten, nun bereits bis 2025 auf dem Markt landen sollen.
Man brauche zwar frisches Geld, um den schnelleren Ausbau der erneuerbaren Energien und LNG-Terminals zu finanzieren, kommentiert Tiemo Wölken, klimapolitischer Sprecher der S&D-Fraktion. “Doch der Vorschlag der EU-Kommission, dafür Zertifikate aus der Reserve des europäischen Emissionshandels zu verkaufen, würde das Vertrauen in dieses Instrument beschädigen und zu Zusatzemissionen führen.” Für EU-Unternehmen bedeute das, dass sie in der Krise entlastet werden würden, ihre Dekarbonisierungspläne aber weiterhin umsetzen müssten, erklärte er.
Die Abstimmung im Plenum soll noch im Oktober stattfinden. luk
Am späten Montagabend hat der Verkehrsausschuss des EU-Parlaments (TRAN) den Bericht zum Auf- und Ausbau einer Ladeinfrastruktur (AFIR) mit deutlicher Mehrheit von 36 Stimmen dafür bei 2 Gegenstimmen angenommen. Die vorher ausgehandelten Kompromisse des Berichterstatters Ismail Ertug (S&D) bekamen wie erwartet allesamt breite Zustimmung.
Sie sehen vor, dass bis 2026 alle 60 Kilometer auf den europäischen Hauptverkehrsstraßen Ladestationen und bis 2028 alle 100 Kilometer Wasserstoff-Tankstellen vorhanden sein sollen. Zudem sollen Länder mit geringer E-Auto-Flotten verpflichtend 3 kW Ladeleistung pro neu zugelassenem E-Auto zubauen müssen. Bei größerer Flotte sinkt die zuzubauende Ladeleistung pro weiterem E-Auto ab. Ähnliche Zubau-Quoten sind auch für Plugin-Hybride vorgesehen (Europe.Table berichtete)
Die AFIR soll die Rahmenbedingungen für klimaneutralen Verkehr schaffen und dafür sorgen, dass alternative Kraftstoffe in ganz Europa gleichermaßen verfügbar und für alle zugänglich sind. Das Laden müsse so einfach wie das Tanken sein, fordert Ertug. “Mit dem Vorschlag des Europäischen Parlaments verbessern wir die Abdeckung und die Leistung der Ladestationen.” Kartenzahlung werde an allen Ladestationen Pflicht und man schaffe mehr Preistransparenz. Betreiber von Ladestationen müssten in Zukunft den Ad-hoc-Preis in “Preis pro kWh” vor dem Ladevorgang anzeigen, erklärt der SPD-Verkehrspolitiker.
Schattenberichterstatter Jens Gieseke (EVP) fordert nun die Mitgliedstaaten zum Handeln auf. Sie müssten “endlich ihre Hausaufgaben erledigen”, da sie beim Ausbau der Ladeinfrastruktur sowie von Wasserstofftankstellen “bisher deutlich zu wenig geleistet” hätten.
Keine Mehrheit bekam Ertug für seinen Änderungsantrag, der Strafen für Nicht-Einhaltung der verpflichtenden Ausbauziele für Mitgliedstaaten und Transparenzvorgaben für Ladestellenbetreiber vorsah. Giesekes EVP, die Renew-Fraktion sowie die ultrakonservative EKR sowie die rechte ID stimmten dagegen. Ertug will den Änderungsantrag bei der Abstimmung im Plenum Mitte Oktober allerdings noch einmal einbringen. luk
Am heutigen Dienstag stimmt das Europäische Parlament final über die Einführung einheitlicher Ladekabel in der EU ab. Dies soll dazu führen, dass Ladekabel für Smartphones, Tablets und Kameras häufiger wiederverwendet werden. Was nach einer kleinen Maßnahme klingt, hat erhebliche Auswirkungen. Verbraucher können nach Schätzungen der Kommission bis zu 250 Millionen Euro pro Jahr sparen, weil sie keine unnötigen Ladekabel mehr kaufen müssen. Zudem machen ausrangierte und ungenutzte Ladegeräte schätzungsweise 11.000 Tonnen Elektroschrott pro Jahr aus.
Am 7. Juni 2022 hatten sich die Verhandlungsführer des Parlaments und des Rates informell auf einen Kompromiss geeignet. Nach der Abstimmung im Parlament muss auch noch der Rat zustimmen. “Das einheitliche Ladekabel ist ein großer Erfolg für Klima– und Ressourcenschutz, da es europaweit bis zu 1.000 Tonnen Elektroschrott im Jahr einspart”, sagte die Vorsitzende des Verbraucherausschusses und Schattenberichterstatterin, Anna Cavazzini (Grüne), mit Blick auf die Abstimmung. Zwei Jahre nach Inkrafttreten dürfen dann nur noch Geräte mit einer USB-C-Ladebuchse auf den Markt kommen.
“Damit der Kabelsalat in unseren Technikschubladen auch wirklich ein Ende findet, hat das Europaparlament durchgesetzt, auch Laptops, E-Reader und Navigationsgeräte verpflichtend mit dem einheitlichen Ladekabel auszustatten”, sagte Cavazzini weiter. Für Laptops gilt jedoch eine Übergangszeit von 40 Monaten nach Inkrafttreten. Verbraucher können dann entscheiden, ob sie ein Gerät mit neuem Ladekabel kaufen oder ihr vorhandenes Ladekabel weiter nutzen möchten.
Am 30. November will die Kommission ein weiteres Gesetz auf den Weg bringen, das Verbraucher ebenfalls finanziell entlastet sowie den Ressourcenverbrauch und Emissionen reduziert: das Recht auf Reparatur. Das Parlament setze sich seit mehr als zehn Jahren dafür ein, erläuterte Cavazzini, die im Frühjahr von der Kommission einen Gesetzesvorschlag dazu forderte. Das Ziel des Gesetzes ist, dass Hersteller ihre Produkte so gestalten, dass sie langlebig und reparierbar per Design sind. Außerdem geht es darum, die geplante Alterung von Produkten (Obsoleszenz) zu verbieten und Ersatzteile billiger und leichter zugänglich zu machen.
Nach einer Umfrage von Eurobarometer meinen 79 Prozent der EU-Bürger, dass Hersteller verpflichtet sein sollten, die Reparatur von digitalen Geräten oder den Austausch ihrer Einzelteile einfacher zu gestalten. 77 Prozent würden ihre Geräte lieber reparieren als sie ersetzen. vis
Nachdem die EU-Kommission vergangene Woche eine öffentliche Konsultation zu einem EU-Rohstoffgesetz gestartet hat, sind weitere Informationen über ihre Pläne bekannt geworden. Das Maßnahmenpaket, das die Kommission Anfang des kommenden Jahres vorstellen will, soll auf vier Säulen basieren, wie Europe.Table erfuhr.
Zum einen sollen Kriterien für eine Priorisierung besonders kritischer Rohstoffe erarbeitet werden. Die bisherige Liste der Kommission aus dem Jahr 2020, die bis zum kommenden Jahr regulär überarbeitet wird, umfasst 30 Rohstoffe. Diese Zahl soll nun anhand solider Kriterien reduziert werden.
Das Rohstoff-Monitoring will die Kommission dynamischer gestalten und dazu ein Netzwerk aus zuständigen nationalen Behörden aufbauen. Erfahrung und Expertise aus den Mitgliedstaaten soll so auf europäischer Ebene gebündelt werden.
Alle Stufen der europäischen Wertschöpfungskette – Bergbau, Veredelung, Weiterverarbeitung und Recycling – sollen gestärkt werden, mit einem besonderen Fokus auf der Recyclingstufe. Um vor allem private Investitionen in den Sektor zu lenken, sollen strategische Projekte bestimmt werden. Diese könnten zum Beispiel von den Mitgliedstaaten vorgeschlagen und dann von der Kommission und dem Behörden-Netzwerk gemeinsam ausgewählt werden. Auch strategische Projekte in Drittländern seien eine Option. Zudem werden auch Maßnahmen wie eine strategische Lagerhaltung erwägt.
Die vierte Säule soll sein, gleiche Wettbewerbsbedingungen innerhalb der EU zu schaffen. Ein harmonisierter Ansatz sei notwendig. Ein besonderes Augenmerk liegt auch hier auf Recyclingprojekten auf nationaler Ebene. leo
Die Abgeordneten des Umweltausschusses im EU-Parlament (ENVI) haben am Montag eine Resolution mit ihren Forderungen für die Weltklimakonferenz 2022 in Sharm el Sheikh (COP27) angenommen. Sie fordern, dass die EU und alle G20-Staaten Führungsstärke zeigen und ihre national festgelegten Beiträge zur globalen Emissionsreduktion (NDCs) entsprechend aktualisieren, um die Lücke zum 1,5°C-Ziel zu schließen. Gleichzeitig machten die Abgeordneten aber auch klar, dass sie davon ausgehen, dass das Fit-for-55-Paket das EU-Ziel für 2030 erreichen wird.
Die Resolution hebt zudem die Bedeutung der Klimafinanzierung für erfolgreiche Klimaschutzmaßnahmen in weniger reichen Ländern hervor. Die Abgeordneten fordern alle Industrieländer auf, dass das Ziel einer jährlichen Klimafinanzierung in Höhe von 100 Milliarden US-Dollar erreicht wird und dass die Gelder bereits 2022 ausgezahlt werden. luk
Die konservative GERB-Partei des ehemaligen Ministerpräsidenten Bojko Borissow hat die Parlamentswahl in Bulgarien gewonnen. Nach Auszählung von 99 Prozent der Stimmen kam seine mitte-rechts Partei nach Angaben vom Montag auf 25,4 Prozent der Stimmen. Die liberale Bewegung “Wir setzen den Wandel fort” (PP) des im Juni gestürzten Regierungschefs Kiril Petkow kam demnach bei der Wahl am Sonntag auf 20,2 Prozent. Die Koalitionsverhandlungen dürften nach Einschätzung von Experten schwierig werden.
Laut Vessela Tcherneva, Leiterin des Sofia Büros des European Council on Foreign Relations, könnte die Abstimmung in Bulgarien zwei Arten von Koalitionen hervorbringen: eine Anti-Korruptionskoalition, in der die GERB unter Bojko Borissow keinen Platz finden würde. Oder eine geopolitische Koalition der Parteien der Mitte, die jedoch nur möglich wäre, wenn Borissow vom Vorsitz seiner Partei zurücktreten würde. Die dritte Option, eine GERB-geführte “Koalition der Hintergrundparteien”, ist ebenfalls möglich, aber höchst riskant für das Ansehen der wichtigsten politischen Kraft, die ebenfalls Mitglied der EVP im Europäischen Parlament ist.
Das Szenario, in dem es zu keiner Koalition kommt, würde die parlamentarische Demokratie in Bulgarien untergraben und das Gleichgewicht weiter in Richtung des prorussischen Präsidenten Radev verschieben. Borissow, der von Mai 2017 bis Mai 2021 Ministerpräsident Bulgariens war, musste im vergangenen Jahr nach Massenprotesten seinen Hut nehmen.
Die Parlamentswahl in dem EU-Mitgliedstaat Bulgarien war die vierte in nicht einmal zwei Jahren. Die Regierung Petkows war im Juni nach nur sechs Monaten im Amt zerbrochen. Eine der vier Parteien hatte die Koalition verlassen, die Unterstützung für eine Minderheitsregierung blieb aus. 2021 waren die Bulgaren bereits dreimal zur Wahl eines Parlaments aufgerufen. Der Wahlkampf wurde vom Ukraine-Krieg und den unsicheren Gas-Lieferungen beherrscht. Das EU-Land ist historisch und kulturell eng mit Russland verbunden. rtr/klm
Monatelang wurde ein Nachfolger für den staatlichen französischen Energiekonzern EDF gesucht. Luc Rémont, der vom französischen Elektrotechnik-Konzern Schneider Electric kommt, wurde nun vom Elyséepalast als neuer Chef vorschlagen. Er bringt internationale Industrieerfahrung und Finanzwissen mit und hat bereits im französischen Finanz- und Wirtschaftsministerium gearbeitet. Er soll den 67-jährigen Jean-Bernard Lévy, seit 2014 im Amt, an der Spitze ablösen. Das Mandat von Lévy läuft im März aus. Ein genauer Termin für die Ablösung ist noch nicht bekannt, vermutlich soll es aber früher als März sein. Es hieß, wenn der Nachfolger gefunden ist, tritt Lévy ab.
Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire hatte das Profil schon im Sommer definiert: “Jemand, der große industrielle Programme im Griff hat.” Die Person sollte auch einen “Sinn für Kompromisse” besitzen, um den Versorger zu reformieren und dabei Gewerkschaften und die EU-Kommission nicht zu verärgern. Rémont soll wie sein Vorgänger zunächst beide Ämter, das des Präsidenten und das des Generaldirektors, vereinigen. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass die Ämter doch wieder aufgeteilt werden. Der 53-jährige Rémont, der in der Öffentlichkeit wenig bekannt ist, war von Anfang an der Favorit der Regierung.
Christel Heydemann, seit einigen Monaten Generaldirektorin von Orange, hat bei Schneider Electric lange mit Rémont zusammengearbeitet. Sie sieht ihn als geeigneten Kandidaten. “Er hat viele Pluspunkte. Ein großes Wissen über das Wirtschafts- und Finanzministerium Bercy, Erfahrung als Bankier und bei Schneider beschäftigte er sich mit Energiewende”, erklärte sie gegenüber “Le Monde”. Zudem sei er international erfahren. Sie geht sogar so weit, zu sagen: “Ich bin ein großer Fan.”
Rémont steht vor der kolossalen Aufgabe, den maroden Versorger wieder in Schwung zu bringen. Fast die Hälfte der 56 Atomreaktoren liegen still, weil sie gewartet werden oder Korrosionsprobleme haben. Vor dem Winter sollen möglichst viele Kraftwerke wieder laufen. Das Programm von EDF ist sehr optimistisch und es gibt bereits seit einigen Wochen Verzögerungen, was europaweit für eine zusätzliche Unsicherheit in der Energiekrise sorgt. Das Magazin “L´Express” sieht es als eine “Herkulesaufgabe”, die Tageszeitung “Le Parisien” schrieb über Rémont: Er stehe “am Fuße eines Berges”.
Rémont muss seine vielfältige Erfahrung im öffentlichen und privaten Bereich unter Beweis stellen. Seit 2014 war er bei Schneider Electric, zuerst verantwortlich für die Frankreich-Aktivitäten. Rémont besuchte die Elitehochschule für Ingenieure Polytechnique und begann danach seine Karriere im Verteidigungsministerium, bevor er ins Wirtschafts- und Finanzministerium wechselte. Er war sieben Jahre bei der Investmentbank Merrill Lynch, unter anderem als Chef der französischen Filiale, was bei den finanziellen Problemen von EDF ein Vorteil ist. Der Versorger hat 43 Milliarden Euro Schulden, bedingt auch durch staatliche Maßnahmen, um die Elektrizitätstarife zu deckeln.
Er arbeitete zudem im Kabinett unter Nicolas Sarkozy und Thierry Breton, dem derzeitigen EU Kommissar für den Binnenmarkt, als diese Finanz- und Wirtschaftsminister waren. Damit hat Rémont auch einen Vertrauten in der EU, was sich in Zukunft bei Verhandlungen zum Thema Atomstrom als nützlich erweisen könnte. “Luc Rémont weiß genau, wie öffentliche Entscheidungen fallen, das ist sehr nützlich für einen EDF-Chef”, erklärte ein ehemaliger Berater von Sarkozy. Und er sei “sehr loyal.”
Loyalität gegenüber der Regierung wird er brauchen. Der Staat, der 84 Prozent an EDF hält, will den Versorger ganz übernehmen. Bei den Verhandlungen kam es in der letzten Zeit immer wieder zu Spannungen mit der Führung von EDF, vor allem mit dem Chef Lévy, der noch vom ehemaligen sozialistischen Präsidenten François Hollande bestimmt wurde. Außerdem muss das Programm der von Präsident Emmanuel Macron angekündigten neuen Hochdruckreaktoren EPR vorangebracht werden. Die ersten zwei sollen in Penly in Nordfrankreich gebaut werden. Alles zusammen wirkt fast wie eine unmögliche Aufgabe. Tanja Kuchenbecker
den ukrainischen Streitkräften gelang am Montag der größte Vorstoß seit Beginn des Krieges. Im Süden des Landes durchbrachen sie die russischen Verteidigungsanlagen und rückten entlang des Flusses Dnipro vor, wodurch die Nachschublinien für Tausende russischer Truppen bedroht sind. Der Westen blickt derweil besorgt nach Moskau. Nachdem die Ukraine am Freitag einen Antrag auf den Beitritt zur Nato abgeschickt hatte, fürchtet man nun einen nuklearen Angriff Russlands auf Kiew. Eine Einigung über weitere Sanktionen steht bislang noch aus. Details lesen Sie in den News.
Im Atomland Frankreich drückt die Regierung beim Ausbau der erneuerbaren Energien aufs Gas. Ein neuer Gesetzentwurf sieht vor, dass Genehmigungen schneller erteilt und Gerichtsverfahren verkürzt werden sollen. Warum der Gesetzentwurf manchen Experten aber nicht weit genug geht, hat meine Kollegin Claire Stam aufgeschrieben.
Noch in dieser Woche will die EU-Kommission einen Aktionsplan mit weiteren Maßnahmen gegen die Energiekrise vorlegen. Am Freitag werden sich die Mitgliedsländer dann in Prag zu einem informellen Treffen zusammenfinden, um darüber zu diskutieren. Auf der Liste der Maßnahmen steht unter anderem die Stärkung der Liquidität von Unternehmen.
Er gilt als Favorit der französischen Regierung für den Chefposten beim staatlichen Energiekonzern EDF: Luc Rémont. Der 53-Jährige bringt mit, was man für die Mammutaufgabe der Reformierung von EDF mitbringen muss: Kontakte, Finanzwissen, Loyalität und internationale Industrieerfahrung. Wir stellen ihn im Portrait vor.
Während die Europäische Union ihre Ziele für erneuerbare Energien weiter erhöht, muss der Einsatz vor Ort beschleunigt werden, um diese Ziele zu erreichen. Das ist die Strategie, die Paris verfolgt: Vier Tage nach der Einweihung des ersten französischen Offshore-Windparks in Saint-Nazaire durch den französischen Präsidenten Emmanuel Macron machte die Regierung Nägel mit Köpfen und legte dem Ministerrat am Montag, 26. September, den Gesetzentwurf zur Beschleunigung der erneuerbaren Energien vor.
Dieser Text soll es laut dem Staatschef ermöglichen, das Tempo des Ausbaus der erneuerbaren Energien zu verdoppeln, indem die Zeit bis zur Fertigstellung halbiert wird. Er soll von einer Regulierungsmaßnahme begleitet werden, mit der die Fristen für Rechtsstreitigkeiten auf maximal 30 Monate verkürzt werden.
Im Jahr 2021 entfielen in Frankreich nur 19,3 Prozent des Bruttoendenergieverbrauchs auf erneuerbare Energien, was weit unter dem Ziel von 23,7 Prozent liegt. Auf See werden derzeit die ersten 80 Windkraftanlagen vor der Küste von Saint-Nazaire in Betrieb genommen, während in Europa bereits 5.700 Anlagen installiert sind. An Land hat Deutschland viermal so viele Masten aufgestellt wie Frankreich, obwohl das Land dichter besiedelt ist. “Unsere Nachbarn haben mehr, oft besser und vor allem schneller gemacht”, räumte Emmanuel Macron bei der Einweihung des ersten französischen Offshore-Windparks ein.
Um mit den europäischen Partnern gleichzuziehen, will der Präsident nun “viel schneller” vorgehen, insbesondere durch eine Verkürzung der Genehmigungsfristen. Frankreich sei nicht wegen fehlender Projekte im Rückstand, sondern “wegen unserer Verwaltungs- und Streitverfahren”, argumentiert die Ministerin für die Energiewende, Agnès Pannier-Runacher.
“Der Gesetzentwurf geht in die richtige Richtung, reicht aber keineswegs aus, um diesen Rückstand aufzuholen, da er die Onshore-Windenergie nicht berücksichtigt. Dies ist auf die politischen Gleichgewichtsspiele in der Nationalversammlung zurückzuführen”, erklärt Philippe Quirion, Forscher im Bereich Umwelt- und Energieökonomie und Forschungsdirektor am CNRS CIRED, Europe.Table. “Die Regierung hat keine absolute Mehrheit in der Nationalversammlung”, erinnert der Experte. “Die Rechte und die extreme Rechte sind gegen den Ausbau von Onshore-Windkraftanlagen. Auf der linken Seite des politischen Spektrums ist ein Großteil der Abgeordneten dafür, aber es scheint unwahrscheinlich, dass die linken Abgeordneten für den Regierungsentwurf stimmen wollen.”
In Bezug auf die Finanzierung von ENR-Projekten sieht der Gesetzentwurf nicht vor, die Einspeisetarife zwischen den verschiedenen Gebieten des Landes zu differenzieren, je nachdem, ob sie mehr oder weniger windig sind oder mehr oder weniger Sonne abbekommen. “Das wäre aber nötig”, betont Philippe Quirion. Warum ist das wichtig? Diese Bestimmung ermöglicht es, Projekte für erneuerbare Energien in französischen Regionen finanziell attraktiv zu machen, in denen sie noch nicht vorhanden sind. Das heißt, diese Bestimmung ermöglicht eine Entflechtung der Konzentration von ENR-Projekten. Philippe Quirion erklärt beispielsweise, dass sich die Onshore-Windparks in Frankreich hauptsächlich auf die Regionen Grand-Est und Hauts de France konzentrieren.
Darüber hinaus ist die Installation von schwimmenden Windkraftanlagen im Mittelmeer geplant – auch wenn dieser Aspekt nicht Teil des Gesetzentwurfs ist. Der Grund für die Entscheidung für schwimmende Windkraftanlagen ist, “dass die Tiefe des Meeresbodens im Mittelmeer zu groß ist, um fest installierte Windkraftanlagen zu installieren”, erklärt der Experte.
Parallel zum Gesetzentwurf zur Beschleunigung der erneuerbaren Energien hat die Regierung ebenfalls einen Vorentwurf für ein Gesetz verschickt, “das den Bau neuer Atomanlagen in der Nähe bestehender Atomstandorte beschleunigen soll”. “Die Regierung will auch den Ausbau der Kernenergie beschleunigen. Das wirft Fragen auf, weil die Nationale Kommission für die öffentliche Debatte ab dem 27. Oktober eine Debatte über die Zweckmäßigkeit dieses Ausbaus einleitet”, erklärt Philippe Quirion, der daran erinnert, dass der Ursprung der Debatte auf der Notwendigkeit – oder Nicht-Notwendigkeit – neuer Kernkraftwerke beruht.
Auch wenn Frankreich bei der Einführung erneuerbarer Energien unbestreitbar im Rückstand ist, “ist das Problem der Genehmigungserteilung nicht spezifisch für Frankreich”, stellt für Europe.Table Harriet Fox, Energie- und Klimaanalystin beim Think Tank Ember und Autorin einer im Juli veröffentlichten Studie zu diesem Thema, fest.
Nach geltendem EU-Recht darf die Erteilung von Genehmigungen für Projekte im Bereich erneuerbare Energien nicht länger als zwei Jahre dauern. Die Studie zeigt jedoch, dass in den 18 Ländern, die für Onshore-Windkraft-Projekte analysiert wurden, die durchschnittliche Zeit für die Erteilung von Genehmigungen durchweg die Zweijahresgrenze überschritten hat, in einigen Fällen sogar bis zu fünf Mal. Bei Solaranlagen wurde die Zweijahresgrenze in neun der zwölf untersuchten Länder überschritten, wobei die Fristen bis zu vier Jahre betrugen.
Bei den geplanten Ausbauraten werden nur vier der 27 EU-Länder (Finnland, Kroatien, Litauen und Schweden) einen jährlichen Zuwachs an Windenergiekapazitäten erreichen, der hoch genug ist, um die 1,5-Grad-Norm des Pariser Abkommens einzuhalten. Die EU als Ganzes ist auch nicht auf dem Weg, die erforderlichen Ausbauraten für Solarenergie zu erreichen. Harriet Fox nennt insbesondere den Mangel an Verwaltungspersonal, die fehlende Digitalisierung und die Aufteilung der Verfahren auf verschiedene Verwaltungsabteilungen als Hauptgründe für die Verzögerung.
Eine Situation in Europa, die eine große Herausforderung für den von der Europäischen Kommission vorgelegten REPowerEU-Plan darstellt. Dieser Plan zielt darauf ab, dass die EU bis 2030 eine Produktionskapazität für erneuerbare Energien von 1236 GW erreicht, im Vergleich zu einem Ziel von 1067 GW in den vorherigen Plänen, und eine installierte Kapazität von 513 GW im Jahr 2021. Wichtiges Detail: REPowerEU gibt keine Ziele auf nationaler Ebene an.
04.10.2022 – 14:30 Uhr, online
EBD, Vortrag De-Briefing Wettbewerbsfähigkeit
Die Europäische Bewegung Deutschland (EBD) lädt zum De-Briefing des Rats für Wettbewerbsfähigkeit. INFOS & ANMELDUNG
05.10.2022 – 09:00-10:00 Uhr, online
BVMW, Seminar Wachstum trotz Krise? Erfolgreiches Wachstum & Veränderungen in Krisenzeiten
Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) informiert über Strategien zu Wachstum in Krisenzeiten. INFOS & ANMELDUNG
05.10.2022 – 13:00-15:00 Uhr, online
ASEW, Seminar Verteilnetze der Zukunft – digital und verlässlich
Die Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (ASEW) widmet sich der Frage, wie eine stabile Energieversorgung weiterhin gewährleistet werden kann. INFOS & ANMELDUNG
05.10.2022 – 14:00-15:30 Uhr, online
FSR, Panel Discussion Capacity subscription contracts for the electricity markets
The Florence School of Regulation (FSR) addresses the challenges posed by an increasing penetration of renewables in the electricity system. INFOS & REGISTRATION
05.10.2022 – 14:30-16:00 Uhr, online
HE, Seminar Key design features for a European Hydrogen Market – Assessing the Hydrogen and Decarbonised Gas Package
Hydrogen Europe (HE) addresses the following questions: How can we quickly build an infrastructure capable of transporting 20 million tonnes of hydrogen? How to ensure the storage of large volumes of hydrogen? How can the hydrogen package respond to these challenges? INFOS & REGISTRATION
05.10.2022 – 14:00-17:00 Uhr, Karlsruhe
VDMA, Seminar Datengetriebene Prozesssteuerung – wie KI Ihren Weg zum Serienprozess vereinfacht
Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) widmet sich der Frage, wie Maschinenbauer mit den Herausforderungen von KI im Produktionsumfeld umgehen können. INFOS & ANMELDUNG
05.10.2022 – 17:00 Uhr, online
Aspen Institute, Diskussion State-to-State Dialogue: Subnationale Führungsrolle bei bezahlbarem Wohnraum und nachhaltiger Stadtentwicklung
Das Aspen Institute lädt zum Dialog zwischen deutschen und amerikanischen Staatsabgeordneten ein. INFOS & ANMELDUNG
05.10.2022 – 19:00-20:00 Uhr, online
HSS, Seminar Herausforderungen und Lösungsansätze der Energiewende
Die Hanns-Seidel-Stiftung (HSS) beleuchtet die aktuelle Lage der Energiewende in Bayern und Deutschland. INFOS & ANMELDUNG
06.10.2022 – 13:00-14:00 Uhr, online
DGAP, Diskussion Power Lunch mit Dr. Guntram Wolff – Unflattening the World
Die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) diskutiert, welche Auswirkungen Sanktionen auf den Welthandel haben, welche neuen Handels- und Investitionsströme sich abzeichnen, und wagen einen Ausblick auf mögliche Zukunftsszenarien. INFOS & ANMELDUNG
06.10.2022 – 16:30-06:30 Uhr, Washington D.C. (USA)
Eco, Conference Reawakening Digital Trade: Diverse Stakeholder Considerations Around The Future of the Trans-Atlantic Data Privacy Framework
Eco (Association of the Internet Industry) brings together senior officials from the U.S. government and the European Commission, along with data protection experts to discuss the latest developments in the implementation of the Trans-Atlantic Data Privacy Framework. INFOS & REGISTRATION
06.10.2022 – 18:00-19:30 Uhr, online
KAS, Vortrag Wohin steuert Italien?
Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) thematisiert die Bedeutung und mögliche Auswirkungen der Wahlen im drittgrößten Land der EU. INFOS & ANMELDUNG
06.10.2022 – 18:00-19:00 Uhr, Berlin/online
Die Zeit, Diskussion Eine Stunde ZEIT mit Friedrich Merz
Die Zeit diskutiert mit Friedrich Merz über die aktuellen Herausforderungen für Deutschland und die CDU. INFOS & ANMELDUNG
Bei einem Diplomatentreffen in Brüssel konnte gestern keine Einigung über das von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen angekündigte achte Sanktionspaket der EU gegen Russland erzielt werden. Die Gespräche zu diesem Thema werden am Dienstag fortgesetzt, bestätigten mehrere Diplomaten gegenüber Table.Media. Der Knackpunkt sei eine Obergrenze für den Ölpreis, hieß es.
Mit dem Sanktionspaket wolle man auf die Scheinreferenden in den von Russland besetzten Gebieten der Ukraine, die Mobilisierung weiterer Truppen und Präsident Wladimir Putins Drohung mit dem Einsatz von Atomwaffen reagieren, so von der Leyen.
Die EU hat bereits beschlossen, alle russischen Rohöleinfuhren auf dem Seeweg in die EU ab dem 5. Dezember zu stoppen. Nun soll eine neue Obergrenze für den Ölpreis unter den G7-Ländern bedeuten, dass Russland weltweit weniger an seinem Öl verdienen wird. Viele hoffen, dass bis zum EU-Gipfel am Freitag in Prag eine Einigung erzielt werden kann.
Russland hat vergangene Woche vier Gebiete der Ukraine annektiert und mit der teilweisen Mobilisierung von Hunderttausenden von Reservisten begonnen. Am vergangenen Freitag beantragte die Ukraine die NATO-Mitgliedschaft und forderte die von Russland kontrollierten Gebiete zurück. Generell wächst im Westen die Sorge vor einer massiven Eskalation des seit sieben Monaten andauernden Krieges, insbesondere im Hinblick auf die nukleare Bedrohung.
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte am Freitag, dass die Allianz trotz der Drohungen keine Veränderungen in ihrer nuklearen Haltung gesehen habe. Ein russischer Nuklearangriff auf Kiew hätte aber “schwerwiegende Folgen” für Moskau.
Unterdessen hat die Europäische Union eine Absichtserklärung über neue Finanzhilfen von fünf Milliarden Euro für die Ukraine unterzeichnet. “Das ist eine weitere Geste der EU, dass sie gewillt ist, die Ukraine beim Sieg in diesem Krieg, dem Wiederaufbau und dem Streben nach einer europäischen Zukunft zu unterstützen”, schrieb am Montag Ministerpräsident Denys Schmyhal auf Twitter. Der Regierungschef dankte von der Leyen und Vizepräsident der Kommission, Valdis Dombrovskis, für diese Hilfe, die als Kredit mit langer Laufzeit fließt.
Dombrovskis schrieb auf Twitter, das Geld werde für “sofortige Liquiditätsengpässe sowie Lohn- und Pensionszahlungen” verwendet. Ein erster Teil fließe Mitte Oktober, weitere zwei Tranchen später in diesem Jahr. Das Geld ist Teil eines im Mai angekündigten Hilfspakets über insgesamt neun Milliarden Euro. Eine Milliarde Euro wurde bereits Anfang August ausgezahlt. Ella Joyner mit dpa
Nachdem sich die EU-Mitgliedstaaten am vergangenen Freitag auf Energie-Notfallmaßnahmen geeinigt haben, werden sie sich am 7. Oktober in Prag zu einem informellen Treffen zusammenfinden. Dort werden sie die letzten Maßnahmen gegen die Energiekrise diskutieren, die auf der Grundlage eines Aktionsplans, den die Kommission in den nächsten Tagen vorlegen soll, ergriffen werden sollen.
“Wir werden die drei drängendsten – und miteinander verknüpften – Themen für uns alle erörtern, nämlich Russlands Krieg in der Ukraine, Energie und die wirtschaftliche Lage”, heißt es in der Einladung, die Ratspräsident Charles Michel an die Staats- und Regierungschefs der 27 Mitgliedstaaten geschickt hat.
Noch immer versuchen die Staats- und Regierungschefs das Gleichgewicht zwischen Haushaltshilfen und Energieeinsparung zu finden. In diesem brisanten Kontext forderten die Minister die Kommission auf, “sehr schnell” konkrete Vorschläge zu unterbreiten, und zwar mit einem “eindeutigen” Ziel, wie es ein Berater des Elysée-Palastes ausdrückte: Maßnahmen zur Senkung der Gaspreise und zur Senkung der Strompreise zu ergreifen.
Die Minister forderten mehrere konkrete Maßnahmen. Insbesondere soll der TTF-Index, also der Gaspreisindex, überarbeitet werden, der “heute nicht mehr die Realität der Versorgung widerspiegelt”. Außerdem sollen die gemeinsamen Gasbeschaffungsplattformen beschleunigt werden, um die Marktmacht zu stärken und die Preise zu senken, insbesondere die Preise für LNG-Gas.
Ebenfalls auf der Liste der “rasch” umzusetzenden Maßnahmen stehen die Nachschusspflichten, die Stärkung der Liquidität von Unternehmen und die Begrenzung der Preisvolatilität. Das bedeutet, dass die Kommission von den Ministern den Auftrag erhalten hat, “sehr schnell” Vorschläge auf der Grundlage ihres Non-Papers zu unterbreiten. “Es ist noch nicht klar, wann genau”, aber so, dass die Minister schnell über neue Notfallmaßnahmen entscheiden können, um die Gas- und Strompreise zu senken.
Am vergangenen Freitag verpflichteten sich die Europäer, ihren Stromverbrauch bis zum 31. März 2023 zu Spitzenzeiten, in denen Strom am teuersten ist, um “mindestens” 5 Prozent und im Durchschnitt um 10 Prozent zu senken. Sie einigten sich auch darauf, eine Abgabe auf die außerordentlichen Gewinne einzuführen, die Unternehmen aufgrund der hohen Energiepreise erwirtschaftet haben.
Diejenigen, die Strom zu niedrigen Kosten produzieren (Kernkraft, erneuerbare Energien, Braunkohle) und ihn zu Marktpreisen verkaufen, werden zwischen dem 1. Dezember und dem 30. Juni 2023 ihre Einnahmen abschöpfen, sobald die Megawattstunde 180 Euro übersteigt. Die Akteure im Bereich der fossilen Energie (Ölriesen, Raffinerien), deren Gewinne ebenfalls in die Höhe geschnellt sind, werden “2022 und/oder 2023” mit einem “solidarischen Beitrag” von mindestens 33 Prozent auf ihre überschüssigen Gewinne belastet. Insgesamt würden diese Regelungen mehr als 140 Milliarden Euro freisetzen, die die Mitgliedstaaten zur Unterstützung der am stärksten gefährdeten Haushalte und Unternehmen verwenden können.
Aber, und das wissen die Siebenundzwanzig, diese Maßnahmen reichen nicht aus. “Wir müssen mehr tun. Wir befinden uns in einem Energiekrieg mit Russland”, kommentierte der tschechische Industrieminister Jozef Sikela, dessen Land die rotierende EU-Ratspräsidentschaft innehat, am Freitag. Die französische Ministerin für die Energiewende, Agnès Pannier-Runacher, fügte hinzu: “Wir müssen viel schneller und viel weiter gehen”. cst
Die Europäische Kommission erklärte am Montag, sie spreche mit Deutschland über das geschnürte 200 Milliarden schwere Energiepaket. Länder wie Italien, Spanien oder Luxemburg hatten kritisiert, dass nicht alle Länder die finanziellen Mittel hätten, um solche Maßnahmen zu finanzieren und daher der Binnenmarkt verzerrt werden könnte.
Der “Abwehrschirm”, der unter anderem eine Gaspreisbremse und eine Senkung der Mehrwertsteuer für Kraftstoffe vorsieht, soll Unternehmen und Haushalte vor den Auswirkungen der steigenden Energiepreise schützen.
“Wir sind fest entschlossen, gleiche Wettbewerbsbedingungen und einen fairen Binnenmarkt zu erhalten und einen schädlichen Subventionswettlauf zu vermeiden”, sagte ein Sprecher der Europäischen Kommission auf einer Pressekonferenz. “Was ich sagen kann, ist, dass wir mit den deutschen Behörden in dieser Angelegenheit in Kontakt stehen”, fuhr der Sprecher fort, ohne näher darauf einzugehen. Er wies aber darauf hin, dass die Kommission auch mit anderen nationalen Behörden im Gespräch sei.
Die Kommission, die die Wettbewerbspolitik in der EU-27 überwacht, entscheidet über die Rechtmäßigkeit staatlicher Beihilfen, sobald sie von den Mitgliedstaaten über deren Pläne informiert wird. Der EU-Kommissar für den Binnenmarkt, der Franzose Thierry Breton, reagierte am Freitag in einem Tweet auf den deutschen Plan: “Wir müssen dringend darüber nachdenken, wie wir den Mitgliedstaaten – die nicht diesen fiskalischen Spielraum haben – die Möglichkeit bieten können, ihre Industrien und Unternehmen zu unterstützen.”
Das deutsche Paket übertrifft alles, was andere EU-Regierungen zur Seite gelegt haben. Bundesfinanzminister Christian Lindner verteidigte am Montag am Rande eines Treffens der Euro-Finanzminister in Luxemburg das Energie-Entlastungspaket angesichts internationaler Kritik. “Die Maßnahmen sind gemessen an der Größe der deutschen Volkswirtschaft und gemessen an der Laufzeit bis zum Jahr 2024 in der Proportion angemessen”, sagte Lindner. Sie entsprächen dem, was andere Staaten in Europa eingeführt hätten und seien daher “gewiss nicht überdimensioniert.”
Lindner betonte zudem abermals, dass Deutschland im kommenden Jahr die Schuldenbremse einhalten werde. Diese erlaubt es der Bundesregierung dann, nur begrenzt neue Schulden aufzunehmen. Der Abwehrschirm wird hingegen über ein sogenanntes Sondervermögen noch in diesem Jahr finanziert und soll dann nach und nach ausgezahlt werden. Der FDP-Politiker sagte, das Geld sei “sehr stark zweckgebunden, um wirtschaftliche Schäden in der besonders verletzbaren deutschen Volkswirtschaft abzuwenden.”
In Luxemburg berieten die Finanzminister der 19 Euro-Staaten am Montag über Schritte, wie die am schwersten betroffenen Sektoren vor explodierenden Energiepreisen geschützt werden können. In einem Entwurf für eine Erklärung der Finanzminister der Euro-Staaten hieß es, Maßnahmen der einzelnen Länder müssten koordiniert werden, um den grenzüberschreitenden Wettbewerb in der Europäischen Union zu schützen. rtr/dpa
Der Umweltausschuss des EU-Parlaments (ENVI) hat am Montag die Einigung der Berichterstatter von vergangener Woche bestätigt. Demnach soll das REPower-EU-Programm der EU-Kommission nicht durch Zertifikate aus der Marktstabilitätsreserve (MSR) des europäischen Emissionshandelssystems (ETS) teilfinanziert werden.
Ein fraktionsübergreifender Alternativvorschlag sieht vor, dass 20 Milliarden Euro stattdessen aus einem früheren Verkauf von Emissionsrechten, die für einen späteren Zeitpunkt vorgesehen waren, erlöst werden. Dieses sogenannte Frontloading bedeutet, dass Zertifikate, die ursprünglich erst zwischen 2026 und 2030 verkauft werden sollten, nun bereits bis 2025 auf dem Markt landen sollen.
Man brauche zwar frisches Geld, um den schnelleren Ausbau der erneuerbaren Energien und LNG-Terminals zu finanzieren, kommentiert Tiemo Wölken, klimapolitischer Sprecher der S&D-Fraktion. “Doch der Vorschlag der EU-Kommission, dafür Zertifikate aus der Reserve des europäischen Emissionshandels zu verkaufen, würde das Vertrauen in dieses Instrument beschädigen und zu Zusatzemissionen führen.” Für EU-Unternehmen bedeute das, dass sie in der Krise entlastet werden würden, ihre Dekarbonisierungspläne aber weiterhin umsetzen müssten, erklärte er.
Die Abstimmung im Plenum soll noch im Oktober stattfinden. luk
Am späten Montagabend hat der Verkehrsausschuss des EU-Parlaments (TRAN) den Bericht zum Auf- und Ausbau einer Ladeinfrastruktur (AFIR) mit deutlicher Mehrheit von 36 Stimmen dafür bei 2 Gegenstimmen angenommen. Die vorher ausgehandelten Kompromisse des Berichterstatters Ismail Ertug (S&D) bekamen wie erwartet allesamt breite Zustimmung.
Sie sehen vor, dass bis 2026 alle 60 Kilometer auf den europäischen Hauptverkehrsstraßen Ladestationen und bis 2028 alle 100 Kilometer Wasserstoff-Tankstellen vorhanden sein sollen. Zudem sollen Länder mit geringer E-Auto-Flotten verpflichtend 3 kW Ladeleistung pro neu zugelassenem E-Auto zubauen müssen. Bei größerer Flotte sinkt die zuzubauende Ladeleistung pro weiterem E-Auto ab. Ähnliche Zubau-Quoten sind auch für Plugin-Hybride vorgesehen (Europe.Table berichtete)
Die AFIR soll die Rahmenbedingungen für klimaneutralen Verkehr schaffen und dafür sorgen, dass alternative Kraftstoffe in ganz Europa gleichermaßen verfügbar und für alle zugänglich sind. Das Laden müsse so einfach wie das Tanken sein, fordert Ertug. “Mit dem Vorschlag des Europäischen Parlaments verbessern wir die Abdeckung und die Leistung der Ladestationen.” Kartenzahlung werde an allen Ladestationen Pflicht und man schaffe mehr Preistransparenz. Betreiber von Ladestationen müssten in Zukunft den Ad-hoc-Preis in “Preis pro kWh” vor dem Ladevorgang anzeigen, erklärt der SPD-Verkehrspolitiker.
Schattenberichterstatter Jens Gieseke (EVP) fordert nun die Mitgliedstaaten zum Handeln auf. Sie müssten “endlich ihre Hausaufgaben erledigen”, da sie beim Ausbau der Ladeinfrastruktur sowie von Wasserstofftankstellen “bisher deutlich zu wenig geleistet” hätten.
Keine Mehrheit bekam Ertug für seinen Änderungsantrag, der Strafen für Nicht-Einhaltung der verpflichtenden Ausbauziele für Mitgliedstaaten und Transparenzvorgaben für Ladestellenbetreiber vorsah. Giesekes EVP, die Renew-Fraktion sowie die ultrakonservative EKR sowie die rechte ID stimmten dagegen. Ertug will den Änderungsantrag bei der Abstimmung im Plenum Mitte Oktober allerdings noch einmal einbringen. luk
Am heutigen Dienstag stimmt das Europäische Parlament final über die Einführung einheitlicher Ladekabel in der EU ab. Dies soll dazu führen, dass Ladekabel für Smartphones, Tablets und Kameras häufiger wiederverwendet werden. Was nach einer kleinen Maßnahme klingt, hat erhebliche Auswirkungen. Verbraucher können nach Schätzungen der Kommission bis zu 250 Millionen Euro pro Jahr sparen, weil sie keine unnötigen Ladekabel mehr kaufen müssen. Zudem machen ausrangierte und ungenutzte Ladegeräte schätzungsweise 11.000 Tonnen Elektroschrott pro Jahr aus.
Am 7. Juni 2022 hatten sich die Verhandlungsführer des Parlaments und des Rates informell auf einen Kompromiss geeignet. Nach der Abstimmung im Parlament muss auch noch der Rat zustimmen. “Das einheitliche Ladekabel ist ein großer Erfolg für Klima– und Ressourcenschutz, da es europaweit bis zu 1.000 Tonnen Elektroschrott im Jahr einspart”, sagte die Vorsitzende des Verbraucherausschusses und Schattenberichterstatterin, Anna Cavazzini (Grüne), mit Blick auf die Abstimmung. Zwei Jahre nach Inkrafttreten dürfen dann nur noch Geräte mit einer USB-C-Ladebuchse auf den Markt kommen.
“Damit der Kabelsalat in unseren Technikschubladen auch wirklich ein Ende findet, hat das Europaparlament durchgesetzt, auch Laptops, E-Reader und Navigationsgeräte verpflichtend mit dem einheitlichen Ladekabel auszustatten”, sagte Cavazzini weiter. Für Laptops gilt jedoch eine Übergangszeit von 40 Monaten nach Inkrafttreten. Verbraucher können dann entscheiden, ob sie ein Gerät mit neuem Ladekabel kaufen oder ihr vorhandenes Ladekabel weiter nutzen möchten.
Am 30. November will die Kommission ein weiteres Gesetz auf den Weg bringen, das Verbraucher ebenfalls finanziell entlastet sowie den Ressourcenverbrauch und Emissionen reduziert: das Recht auf Reparatur. Das Parlament setze sich seit mehr als zehn Jahren dafür ein, erläuterte Cavazzini, die im Frühjahr von der Kommission einen Gesetzesvorschlag dazu forderte. Das Ziel des Gesetzes ist, dass Hersteller ihre Produkte so gestalten, dass sie langlebig und reparierbar per Design sind. Außerdem geht es darum, die geplante Alterung von Produkten (Obsoleszenz) zu verbieten und Ersatzteile billiger und leichter zugänglich zu machen.
Nach einer Umfrage von Eurobarometer meinen 79 Prozent der EU-Bürger, dass Hersteller verpflichtet sein sollten, die Reparatur von digitalen Geräten oder den Austausch ihrer Einzelteile einfacher zu gestalten. 77 Prozent würden ihre Geräte lieber reparieren als sie ersetzen. vis
Nachdem die EU-Kommission vergangene Woche eine öffentliche Konsultation zu einem EU-Rohstoffgesetz gestartet hat, sind weitere Informationen über ihre Pläne bekannt geworden. Das Maßnahmenpaket, das die Kommission Anfang des kommenden Jahres vorstellen will, soll auf vier Säulen basieren, wie Europe.Table erfuhr.
Zum einen sollen Kriterien für eine Priorisierung besonders kritischer Rohstoffe erarbeitet werden. Die bisherige Liste der Kommission aus dem Jahr 2020, die bis zum kommenden Jahr regulär überarbeitet wird, umfasst 30 Rohstoffe. Diese Zahl soll nun anhand solider Kriterien reduziert werden.
Das Rohstoff-Monitoring will die Kommission dynamischer gestalten und dazu ein Netzwerk aus zuständigen nationalen Behörden aufbauen. Erfahrung und Expertise aus den Mitgliedstaaten soll so auf europäischer Ebene gebündelt werden.
Alle Stufen der europäischen Wertschöpfungskette – Bergbau, Veredelung, Weiterverarbeitung und Recycling – sollen gestärkt werden, mit einem besonderen Fokus auf der Recyclingstufe. Um vor allem private Investitionen in den Sektor zu lenken, sollen strategische Projekte bestimmt werden. Diese könnten zum Beispiel von den Mitgliedstaaten vorgeschlagen und dann von der Kommission und dem Behörden-Netzwerk gemeinsam ausgewählt werden. Auch strategische Projekte in Drittländern seien eine Option. Zudem werden auch Maßnahmen wie eine strategische Lagerhaltung erwägt.
Die vierte Säule soll sein, gleiche Wettbewerbsbedingungen innerhalb der EU zu schaffen. Ein harmonisierter Ansatz sei notwendig. Ein besonderes Augenmerk liegt auch hier auf Recyclingprojekten auf nationaler Ebene. leo
Die Abgeordneten des Umweltausschusses im EU-Parlament (ENVI) haben am Montag eine Resolution mit ihren Forderungen für die Weltklimakonferenz 2022 in Sharm el Sheikh (COP27) angenommen. Sie fordern, dass die EU und alle G20-Staaten Führungsstärke zeigen und ihre national festgelegten Beiträge zur globalen Emissionsreduktion (NDCs) entsprechend aktualisieren, um die Lücke zum 1,5°C-Ziel zu schließen. Gleichzeitig machten die Abgeordneten aber auch klar, dass sie davon ausgehen, dass das Fit-for-55-Paket das EU-Ziel für 2030 erreichen wird.
Die Resolution hebt zudem die Bedeutung der Klimafinanzierung für erfolgreiche Klimaschutzmaßnahmen in weniger reichen Ländern hervor. Die Abgeordneten fordern alle Industrieländer auf, dass das Ziel einer jährlichen Klimafinanzierung in Höhe von 100 Milliarden US-Dollar erreicht wird und dass die Gelder bereits 2022 ausgezahlt werden. luk
Die konservative GERB-Partei des ehemaligen Ministerpräsidenten Bojko Borissow hat die Parlamentswahl in Bulgarien gewonnen. Nach Auszählung von 99 Prozent der Stimmen kam seine mitte-rechts Partei nach Angaben vom Montag auf 25,4 Prozent der Stimmen. Die liberale Bewegung “Wir setzen den Wandel fort” (PP) des im Juni gestürzten Regierungschefs Kiril Petkow kam demnach bei der Wahl am Sonntag auf 20,2 Prozent. Die Koalitionsverhandlungen dürften nach Einschätzung von Experten schwierig werden.
Laut Vessela Tcherneva, Leiterin des Sofia Büros des European Council on Foreign Relations, könnte die Abstimmung in Bulgarien zwei Arten von Koalitionen hervorbringen: eine Anti-Korruptionskoalition, in der die GERB unter Bojko Borissow keinen Platz finden würde. Oder eine geopolitische Koalition der Parteien der Mitte, die jedoch nur möglich wäre, wenn Borissow vom Vorsitz seiner Partei zurücktreten würde. Die dritte Option, eine GERB-geführte “Koalition der Hintergrundparteien”, ist ebenfalls möglich, aber höchst riskant für das Ansehen der wichtigsten politischen Kraft, die ebenfalls Mitglied der EVP im Europäischen Parlament ist.
Das Szenario, in dem es zu keiner Koalition kommt, würde die parlamentarische Demokratie in Bulgarien untergraben und das Gleichgewicht weiter in Richtung des prorussischen Präsidenten Radev verschieben. Borissow, der von Mai 2017 bis Mai 2021 Ministerpräsident Bulgariens war, musste im vergangenen Jahr nach Massenprotesten seinen Hut nehmen.
Die Parlamentswahl in dem EU-Mitgliedstaat Bulgarien war die vierte in nicht einmal zwei Jahren. Die Regierung Petkows war im Juni nach nur sechs Monaten im Amt zerbrochen. Eine der vier Parteien hatte die Koalition verlassen, die Unterstützung für eine Minderheitsregierung blieb aus. 2021 waren die Bulgaren bereits dreimal zur Wahl eines Parlaments aufgerufen. Der Wahlkampf wurde vom Ukraine-Krieg und den unsicheren Gas-Lieferungen beherrscht. Das EU-Land ist historisch und kulturell eng mit Russland verbunden. rtr/klm
Monatelang wurde ein Nachfolger für den staatlichen französischen Energiekonzern EDF gesucht. Luc Rémont, der vom französischen Elektrotechnik-Konzern Schneider Electric kommt, wurde nun vom Elyséepalast als neuer Chef vorschlagen. Er bringt internationale Industrieerfahrung und Finanzwissen mit und hat bereits im französischen Finanz- und Wirtschaftsministerium gearbeitet. Er soll den 67-jährigen Jean-Bernard Lévy, seit 2014 im Amt, an der Spitze ablösen. Das Mandat von Lévy läuft im März aus. Ein genauer Termin für die Ablösung ist noch nicht bekannt, vermutlich soll es aber früher als März sein. Es hieß, wenn der Nachfolger gefunden ist, tritt Lévy ab.
Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire hatte das Profil schon im Sommer definiert: “Jemand, der große industrielle Programme im Griff hat.” Die Person sollte auch einen “Sinn für Kompromisse” besitzen, um den Versorger zu reformieren und dabei Gewerkschaften und die EU-Kommission nicht zu verärgern. Rémont soll wie sein Vorgänger zunächst beide Ämter, das des Präsidenten und das des Generaldirektors, vereinigen. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass die Ämter doch wieder aufgeteilt werden. Der 53-jährige Rémont, der in der Öffentlichkeit wenig bekannt ist, war von Anfang an der Favorit der Regierung.
Christel Heydemann, seit einigen Monaten Generaldirektorin von Orange, hat bei Schneider Electric lange mit Rémont zusammengearbeitet. Sie sieht ihn als geeigneten Kandidaten. “Er hat viele Pluspunkte. Ein großes Wissen über das Wirtschafts- und Finanzministerium Bercy, Erfahrung als Bankier und bei Schneider beschäftigte er sich mit Energiewende”, erklärte sie gegenüber “Le Monde”. Zudem sei er international erfahren. Sie geht sogar so weit, zu sagen: “Ich bin ein großer Fan.”
Rémont steht vor der kolossalen Aufgabe, den maroden Versorger wieder in Schwung zu bringen. Fast die Hälfte der 56 Atomreaktoren liegen still, weil sie gewartet werden oder Korrosionsprobleme haben. Vor dem Winter sollen möglichst viele Kraftwerke wieder laufen. Das Programm von EDF ist sehr optimistisch und es gibt bereits seit einigen Wochen Verzögerungen, was europaweit für eine zusätzliche Unsicherheit in der Energiekrise sorgt. Das Magazin “L´Express” sieht es als eine “Herkulesaufgabe”, die Tageszeitung “Le Parisien” schrieb über Rémont: Er stehe “am Fuße eines Berges”.
Rémont muss seine vielfältige Erfahrung im öffentlichen und privaten Bereich unter Beweis stellen. Seit 2014 war er bei Schneider Electric, zuerst verantwortlich für die Frankreich-Aktivitäten. Rémont besuchte die Elitehochschule für Ingenieure Polytechnique und begann danach seine Karriere im Verteidigungsministerium, bevor er ins Wirtschafts- und Finanzministerium wechselte. Er war sieben Jahre bei der Investmentbank Merrill Lynch, unter anderem als Chef der französischen Filiale, was bei den finanziellen Problemen von EDF ein Vorteil ist. Der Versorger hat 43 Milliarden Euro Schulden, bedingt auch durch staatliche Maßnahmen, um die Elektrizitätstarife zu deckeln.
Er arbeitete zudem im Kabinett unter Nicolas Sarkozy und Thierry Breton, dem derzeitigen EU Kommissar für den Binnenmarkt, als diese Finanz- und Wirtschaftsminister waren. Damit hat Rémont auch einen Vertrauten in der EU, was sich in Zukunft bei Verhandlungen zum Thema Atomstrom als nützlich erweisen könnte. “Luc Rémont weiß genau, wie öffentliche Entscheidungen fallen, das ist sehr nützlich für einen EDF-Chef”, erklärte ein ehemaliger Berater von Sarkozy. Und er sei “sehr loyal.”
Loyalität gegenüber der Regierung wird er brauchen. Der Staat, der 84 Prozent an EDF hält, will den Versorger ganz übernehmen. Bei den Verhandlungen kam es in der letzten Zeit immer wieder zu Spannungen mit der Führung von EDF, vor allem mit dem Chef Lévy, der noch vom ehemaligen sozialistischen Präsidenten François Hollande bestimmt wurde. Außerdem muss das Programm der von Präsident Emmanuel Macron angekündigten neuen Hochdruckreaktoren EPR vorangebracht werden. Die ersten zwei sollen in Penly in Nordfrankreich gebaut werden. Alles zusammen wirkt fast wie eine unmögliche Aufgabe. Tanja Kuchenbecker