immer wieder gab es Verzögerungen, doch am 23. Februar soll die Richtlinie zur nachhaltigen Unternehmensführung endlich kommen. Voraus gingen zwei negative Einschätzungen eines kommissionsinternen Gremiums, des Regulatory Scrutiny Board. Einige inhaltliche Punkte des Gesetzesvorschlags sind schon bekannt – so zeigt sich etwa, dass die Verordnung deutlich über das deutsche Lieferkettengesetz hinausgehen wird. Charlotte Wirth gibt einen Überblick.
Ein europäischer Gesundheitsdatenraum, der einen sicheren und transparenten Austausch von Daten im Gesundheitssektor ermöglicht – bis 2025 soll der European Health Data Space entstehen. Die französische Ratspräsidentschaft hat sich vorab Gedanken um die ethische Dimension der Digitalisierung des Gesundheitswesens gemacht und nun 16 Leitprinzipien vorgelegt. Eugenie Ankowitsch fasst die Grundsätze zusammen und zeigt anhand von Studien, wie aktuell die Debatte um ethische Fragen der Digitalisierung ist.
Als “Traumbesetzung” bezeichnete Außenministerin Annalena Baerbock Jennifer Morgan. Die Noch-Greenpeace-Chefin wird Baerbocks Sonderbeauftragte für internationale Klimapolitik. Morgan wird damit künftig die Klimakonferenzen vorbereiten, ihre Aufgaben dürften aber weit darüber hinaus gehen. Dabei wird sie allerdings eine ganze Reihe von Kolleg:innen haben, die ebenfalls mit Klimathemen auf internationaler Ebene betraut sind. Angesichts der Dringlichkeit der Aufgabe bleibe nur zu hoffen, dass sich die Ministerien nicht im Kompetenzgerangel verheddern, schreibt Lukas Scheid im Apéropa.
Am 23. Februar soll sie endlich kommen, die Richtlinie zur nachhaltigen Unternehmensführung – fast drei Jahre, nachdem Justizkommissar Didier Reynders ein Gesetz angekündigt hatte. Immer wieder kam es zu Verzögerungen. Letztlich scheiterte die Kommission auch an zwei negativen Einschätzungen des Regulatory Scrutiny Board (RSB), einem kommissionsinternen Gremium, welches die Qualität der Folgenabschätzungen von Gesetzesvorschlägen prüfen soll.
Dieses Mal kann das RSB der Kommission nicht mehr zum Verhängnis werden: Die Prozeduren des RSB sehen vor, dass nach zwei negativen Einschätzungen des Gremiums der zuständige Vizepräsident, Maroš Šefčovič, die Gesetze durchwinken kann. Das hat er in diesem Fall getan.
Ob und inwiefern die federführenden Kommissare Thierry Breton und Reynders die Einschätzung des RSB berücksichtigt haben, ist unklar: Die Kommission hält die Berichte des Gremiums so lange unter Verschluss, bis das Kollegium das entsprechende Gesetzesprojekt annimmt. Trotz einer Anfrage des Handelsausschusses des EU-Parlamentes wollte die Kommission die RSB-Stellungnahme nicht herausgeben.
Das EU-Parlament kritisiert, das RSB habe in diesem Fall sein Mandat überschritten: “Das Gutachten ist sehr politisch”, findet etwa Bernd Lange, der die Stellungnahme einsehen konnte: “Da wurde sehr stark die Argumentation des europäischen Unternehmerverbandes aufgriffen, wonach das Gesetz angeblich gegen die marktwirtschaftlichen Interessen von Unternehmen geht”, sagte der SPD-Europaabgeordnete jüngst in einem Interview.
Das EU-Parlament befürchtet, dass das Lieferkettengesetz weiter verwässert wurde: “Es ist unabdingbar, dass die Kommission ihre Ambitionen hochhält und ein effizientes Gesetz liefert”, fordert die Grünen-Politikerin Anna Cavazzini. Die menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflicht müsse sich durch die ganze Wertschöpfungskette ziehen und KMU zumindest in Hochrisikobranchen unter das Gesetz fallen.
Aktuell befindet sich der Gesetzesvorschlag prozedural in der kommissionsinternen Abstimmung. Einige inhaltliche Eckpunkte sind inzwischen bekannt. Die persönliche Haftung von Unternehmensführern etwa wurde herausgenommen. Das ist keine Überraschung, denn bei dem Punkt handelte es sich um einen der größten Streitpunkte unter den Kommissaren. Lange war unklar, ob die Kommission das Element in ein zweites Gesetz auslagert. Nun scheint klar: Es wird ganz gekippt.
Auch das Importverbot für Produkte aus Zwangsarbeit wird nicht im finalen Text enthalten sein. Es handelte sich hierbei um eine Forderung Ursula von der Leyens (Europe.Table berichtete). Eigentlich hätte die Umsetzung des Verbots in das Ressort von Handelskommissar Valdis Dombrovskis gehört – doch dieser weigerte sich, das Vorhaben umzusetzen. Nun aber bleibt ihm keine Wahl, und Dombrovskis arbeitet nach Informationen von Europe.Table bereits an einer Initiative zur Produktentnahme (product withdrawal mechanism).
Die EU-Kommission wird indes argumentieren, dass das Handelsverbot implizit im Gesetz enthalten ist: Ziel des Lieferkettengesetzes ist es schließlich zu vermeiden, dass Produkte, die unter Menschenrechtsverletzungen – demnach auch Zwangsarbeit – hergestellt wurden, auf den europäischen Markt gelangen.
Didier Reynders konnte seine Ambitionen zumindest zum Teil aufrecht halten. So haben sich Reynders und Breton auf folgenden Kompromiss geeinigt: Die Reichweite des Gesetzes ist geringer, dafür gilt die Sorgfaltspflicht für die betroffenen Betriebe für die gesamte Wertschöpfungskette.
Rund 10.000 europäische Unternehmen werden sich demnach wohl auf eine gesetzliche Sorgfaltspflicht einstellen müssen. Die Schwelle für Unternehmen soll dem Vernehmen nach bei 500 Mitarbeitern und 150 Millionen Euro Jahresumsatz liegen. Damit ginge das europäische Gesetz weiter als das deutsche Lieferkettengesetz. Letztes gilt im ersten Jahr für Unternehmen ab 3.000 Mitarbeitern, später für Betriebe ab 1.000 Mitarbeitern. Zudem begrenzt sich hier die Sorgfaltspflicht auf Tier 1, also die erste Stufe der Lieferketten.
Dabei hatte der damalige Wirtschaftsminister Peter Altmaier den Industrieverbänden zugesagt, das europäische Gesetz werde nicht weitergehen als das deutsche. Entsprechend übte Berlin auch starken Druck auf Kommissionspräsidentin von der Leyen aus. In der neuen Bundesregierung setzt sich die SPD nun aber dafür ein, auf EU-Ebene über das mühsam in der GroKo ausgehandelte Gesetz hinauszugehen. Widerstand dagegen ist am ehesten von der FDP zu erwarten. Die von den Liberalen besetzten Ministerien sind hier aber gar nicht zuständig.
Kritik an den Kommissionsplänen kommt aus dem Maschinen- und Anlagenbau. “Ein Sorgfaltspflichtengesetz, das die gesamte Lieferkette und einen breiten Anwendungsbereich umfasst, würde für international vernetzte Mittelständler ganz erhebliche Belastungen mit sich bringen“, sagt Holger Kunze, Leiter des Brüsseler Büros des VDMA. “Für viele unserer Mitgliedsunternehmen wäre es überhaupt nicht mehr umsetzbar.”
Die deutsche Industrie wird sich denn auch nicht dafür begeistern, dass der Kommissionstext eine zivilrechtliche Haftung vorsieht. Und zwar für Schäden und Menschenrechtsverletzungen, die infolge einer Verletzung der Sorgfaltspflicht entstehen. Vorstellbar ist ein Artikel nach der Vorlage des EU-Parlaments: Darin gibt es eine Ausnahme für “Unternehmen, die nachweisen, dass sie im Einklang mit dieser Richtlinie alle gebotene Sorgfalt haben walten lassen, um den betreffenden Schaden zu vermeiden, oder dass der Schaden auch dann eingetreten wäre, wenn alle gebotene Sorgfalt angewandt worden wäre.”
Die zivilrechtliche Haftung war ursprünglich auch im deutschen Gesetz angedacht, doch Entwicklungsminister Gerd Müller musste auf Druck von Altmaier und der Industrieverbände zurückrudern. Allerdings haben sich diese Woche rund 100 europäische und deutsche Unternehmen und Investoren für ein Gesetz inklusive einer Haftungsregel für Betroffene eingesetzt. Darunter auch Ikea, Danone oder Epson.
Neben den Betrieben ab 500 Mitarbeitern wird ebenfalls eine Sorgfaltspflicht für Wirtschaftszweige mit einem hohen Risiko gelten. Sie soll wahrscheinlich Unternehmen ab 250 Mitarbeitern treffen, eine endgültige Entscheidung hat die Kommission laut informierten Kreise noch nicht gefasst.
Für Richard Gardiner von der NGO Global Witness wäre das ein Schritt in die richtige Richtung: “Die Kommission tut das Richtige, wenn sie Hochrisikobranchen einbezieht. Aber die Unternehmen müssen dann auch wirklich zur Rechenschaft gezogen werden.” Das bedeute, dass die Opfer auch vor EU-Gerichten klagen können müssten.
Um welche Sektoren es sich bei den Hochrisikobranchen genau handelt, ist noch nicht ersichtlich. Das EU-Parlament forderte in seinem Bericht, dass die Kommission diese Branchen festlegen müsse. Einen Eindruck kann aber ein Rechtsgutachten der Initiative Lieferkettengesetz bieten, das solche Branchen aufgeschlüsselt hat. Die Anwälte beriefen sich auf den Forschungsbericht des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zur Achtung von Menschenrechten entlang globaler Wertschöpfungsketten von 2020 und der Statistischen Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen Gemeinschaft (NACE). Das Rechtsgutachten listet 16 Branchen mit hohem Risiko auf, darunter die Autoindustrie, Chemie, ITK, Bergbau und Rüstung.
Anstatt der Haftung für Unternehmenschefs wird das Gesetz eine deutlich abgeschwächte Aufsichtspflicht enthalten. Wenn Mängel oder Probleme in der Lieferkette festgestellt werden, soll der Aufsichtsrat einen Plan für deren Behebung absegnen.
Zudem sieht das Gesetz verwaltungsrechtliche Sanktionen für Unternehmen, aber auch dessen Direktoren vor, sofern sie der Sorgfaltspflicht nicht nachkommen. Allerdings gibt die Kommission hier die Verantwortung an die Mitgliedstaaten ab. Sie sollen festlegen, welche Behörden zuständig sind und wie hoch die Strafen ausfallen können.
Bei der Konfliktmineralienverordnung, die bereits in Kraft ist, ist die Kommission ähnlich vorgegangen (Europe.Table berichtete). Hier prüfen die zuständigen Behörden der Mitgliedsstaaten etwa die Sorgfaltspflichtsberichte der betroffenen Unternehmen. Sind diese unzulänglich oder fehlen gänzlich, so können die Mitgliedsstaaten administrative Sanktionen erheben.
Die Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten sind enorm. Die Sanktionen reichen von 50.000 Euro in Deutschland bis hin zu 726 Euro in Österreich. In Luxemburg hat das Parlament das Rahmengesetz, auf dessen Basis die Strafen überhaupt erst verhängt werden können, bis heute nicht verabschiedet.
Wie weit die Sorgfaltspflicht in puncto Umweltschutz reicht, ist noch nicht ganz klar. Unter das Gesetz fallen Biodiversität und Ökosysteme sowie Umweltschäden. Wahrscheinlich ebenfalls aufgenommen werden die Auswirkungen auf den Klimawandel und die Ziele des Pariser Abkommens. Mit Till Hoppe
Bis 2025 soll der European Health Data Space (EHDS) entstehen. Die französische EU-Ratspräsidentschaft hat vorab Leitprinzipien als ethischen Rahmen für die Digitalisierung im Gesundheitswesen vorgelegt.
Im Februar 2020 hat die EU-Kommission die europäische Datenstrategie beschlossen. Der im Rahmen dieser Strategie vorgesehene Gesundheitsdatenraum soll es ermöglichen, Gesundheitsdaten sicher über die Grenzen der EU-Länder hinweg nach einheitlichen Standards auszutauschen. Damit soll nicht nur die Gesundheitsversorgung (Primärnutzung) verbessert, sondern auch die Nutzung der Gesundheitsdaten in der Forschung (Sekundärnutzung) gefördert werden. Derzeit arbeitet die Europäische Kommission an einem Legislativvorschlag, der im April 2022 vorgelegt werden soll.
Bereits im Programm zur EU-Ratspräsidentschaft betonten die Franzosen die Bedeutung von anspruchsvollen ethischen Standards zum Schutz der sensiblen Gesundheitsdaten. Bei der Konferenz “Staatsbürgerschaft, Ethik und Gesundheitsdaten” hat die französische EU-Ratspräsidentschaft nun Leitprinzipien präsentiert, die einen ethischen Rahmen für die Digitalisierung im Gesundheitswesen definieren.
“Die Ziele, die wir mit der Schaffung des European Health Data Space (EHDS) verfolgen, werden ohne das Vertrauen der Bürger:innen nicht erreicht”, sagte der französische Gesundheitsminister Olivier Véran. “Der EHDS wird für und mit den Bürger:innen geschaffen oder gar nicht.”
Insgesamt handelt es sich um 16 ethische Grundsätze, die den europäischen Werten Ausdruck verleihen sollen:
Die ethischen Leitprinzipien sparen absichtlich die Aspekte der Sicherheit oder der Interoperabilität aus, die an anderen Stellen geregelt werden, und sollen regelmäßig aktualisiert werden. Modalitäten zur Umsetzung der Prinzipien will das eHealth-Netzwerk bei seinem Treffen am 1. und 2. Juni 2022 in Paris herausarbeiten. Zu dem Netzwerk, gegründet auf Basis der EU-Richtlinie zur grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung, gehören die für die Digitalisierung des Gesundheitswesens zuständigen Vertreter der EU-Mitgliedstaaten.
Die teilnehmenden Gesundheitsminister der Europäischen Union und die Europäische Kommission – vertreten von der Generaldirektorin für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Sandra Gallina und dem stellvertretenden Generaldirektor für Kommunikationsnetze, Inhalte und Technologien, Roberto Viola – begrüßten die französische Initiative zu europäischen ethischen Leitprinzipien bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens. Inwiefern die ethischen Leitprinzipien verbindlich für die Akteure sein sollen, bleibt jedoch unklar.
Die parlamentarische Staatssekretärin Sabine Dittmar (SPD) betonte etwa, dass aus den Beschlüssen der Konferenz zu ethischen Prinzipien keine Verpflichtung für die Mitgliedstaaten erwachsen könne, konkrete Maßnahmen zu ergreifen. Die angestrebte Ausrichtung von digitaler Gesundheit an europäischen Werten und Prinzipien müsse vielmehr in anderen Gremien diskutiert und konkretisiert werden.
Dennoch, so Ditmar, sei ein ethischer Rahmen wichtig, auch um den Unterschied bei der Nutzung der Digitalisierung in anderen Regionen der Welt zu verdeutlichen. “Weder maximale Profitsteigerung noch vollständige staatliche Kontrollmöglichkeiten sind das Ziel unserer Digitalisierungsanstrengungen”, sagte sie.
Die finnische Gesundheitsministerin Ingvild Kjerkol betonte, dass die Umsetzung der Digitalisierung im Gesundheitswesen mit einer intensiven Diskussion der ethischen Fragen einhergehen muss. Das zeige die Erfahrung bei der Schaffung des finnischen Gesundheitsdatenraums. Auch in Bezug auf den europäischen Gesundheitsdatenraum müsse eine einheitliche europäische Position erarbeitet werden.
Dass die Themen, die mit den Leitprinzipien angesprochen werden, aktuell sind und weiter an Relevanz gewinnen, belegen unterschiedliche Untersuchungen. Eine noch unveröffentlichte Studie von Ernst & Young Frankreich soll zeigen, dass etwa der Zugang zur digitalen Technik in den europäischen Ländern noch sehr unterschiedlich ist.
Nur wenige Länder haben ethische Fragen explizit auf der Agenda, wie Loïc Chabanier, Partner EY Consulting France, bei der Vorstellung der Vorabergebnisse sagte. Da die technologischen Entwicklungen vor allem von Fachleuten vorangetrieben werden, rückten die ethischen Aspekte nur langsam in den Vordergrund. Das gelte auch für die Nachhaltigkeit.
Die wichtigsten Themen rund um die Digitalisierung seien in den europäischen Ländern höchst unterschiedlich entwickelt. Während Sicherheit, Datenschutz und Datenmanagement bereits sehr gut geregelt seien, stehen Governance und Ethik noch am Anfang.
Der digitale Wandel könne die Gesundheit aller Menschen auf der ganzen Welt nur dann verbessern, wenn die digitale Technologie im öffentlichen Interesse und nicht von Profitstreben gesteuert werde, betonen die Autoren eines neuen Berichts mit dem Titel “Governing Health Futures 2030: growing up in a digital world” von Lancet und Financial Times. Werte wie Demokratie, Gleichheit, Solidarität, Inklusion und Menschenrechte müssten in den Mittelpunkt gestellt werden.
Der Bericht arbeitet heraus, wie eine unzureichende Steuerung in Verbindung mit der Anhäufung von Daten und Macht durch die großen Technologieunternehmen und Regierungen zum Zwecke der Überwachung gesundheitliche Ungleichheiten verschärfen, das Vertrauen untergraben und die Menschenrechte gefährden.
Die Lancet-FT-Kommission, bestehend aus 19 führenden Experten aus 14 Ländern und den Bereichen globale Gesundheit, Medizin, Public Health, Psychologie, digitale Medien, Sozialwissenschaften, Wirtschaft und Politik, fordert einen neuen radikalen Ansatz. Es seien umfassende Reformen nötig, um das Vertrauen der Öffentlichkeit zu stärken, die Governance digitaler Technologien und der Gesundheitsdaten rasch zu verbessern und gerechtere Anwendungen für die Gesundheitsversorgung zu entwickeln.
11.02.2022 – 10:00-11:00 Uhr, online
DIHK, Seminar EU-Beihilfeleitlinien Klima, Umwelt und Energie einfach erklärt
Die Referent:innen des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) stellen die Kapitel der neuen Beihilfeleitlinien der EU für Klima, Umwelt und Energie vor. INFOS & ANMELDUNG
11.02.2022 – 13:30-15:00 Uhr, online
Digital Europe, Seminar Data centres: powering the green and digital transition in Europe
This event will highlight current sustainability efforts and opportunities for the data center industry to help achieve the EU’s climate goals. REGISTRATION
14.02.2022 – 12:00 Uhr
BVMW, Konferenz Tag des deutschen Mittelstands
Beim Tag des deutschen Mittelstands werden Themen wie der Fachkräftemangel, der Wasserstoff-Hochlauf und die Rolle von Künstlicher Intelligenz vorgestellt und diskutiert. INFOS & ANMELDUNG
14.02.2022 – 12:00-13:30 Uhr, online
DGAP, Discussion The Future of Cross-Border Crisis Management in Europe
The German Council on Foreign Relations (DGAP) speakers will discuss the impact of the Corona pandemic on cross-border regions as well as the future of cross-border cooperation and the role of the EU. INFOS & REGISTRATION
14.02-18.02.2022, online
Conference EU-Africa Business Forum 2022
The European Commission, the African Union Commission and business associations from the EU and Africa organize the 7th EU-Africa Business Forum and create an opportunity for exchange and discussion. INFOS & REGISTRATION
15.02.2022 – 14:45-16:15 Uhr, online
SP, Seminar epaLEP als Pflegefachsprache digital nutzen – der Schlüssel zur Interoperabilität
Die Referenten der Veranstaltung von Springer Pflege (SP) werden Fragen rund um Interoperabilität und Personalbemessung in der Pflege behandeln. ANMELDUNG
15.02.2022 – 20:00-21:30 Uhr, online
Polis 180, Diskussion Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik
Bei diesem offenen Treffen sollen die Lage an der russischen Grenze, politische Lösungsansätze und mögliche Auswirkungen auf die europäische Sicherheitsarchitektur diskutiert werden. INFOS & ANMELDUNG
Der Anteil des Europäischen Emissionshandels (ETS) an der aktuellen Strompreisentwicklung sei zwar sehr gering. Allerdings müsse auch dieser “kleine Anteil an der verzweifelten Lage vieler Familien und Unternehmen” in den Blick genommen werden, sagte der ETS-Berichterstatter des EU-Parlaments, Peter Liese (EVP), am Mittwoch vor Journalisten.
Der CDU-Europaabgeordnete hatte seinen Berichtsentwurf Mitte Januar vorgestellt (Europe.Table berichtete), kündigte nun aber an, am ETS weiterarbeiten zu wollen, “um es berechenbarer und robuster gegen Marktmanipulation zu machen”. Vorstellbar sei demnach, der Kommission Eingriffe in den Markt zu ermöglichen, wenn der Preisanstieg zu stark ist. Ein solcher Mechanismus wurde bereits mehrfach gefordert, von Liese in seinem Entwurf bislang jedoch nicht berücksichtigt. Der Abgeordnete betont: “Nicht jede Lösung, die einfach aussieht, ist wirklich hilfreich. Wir brauchen gezielte Interventionen nach einer sorgfältigen Evaluation”.
Die Ankündigung ist Teil eines Vier-Punkte-Plans, den Liese als Reaktion auf die derzeitige Energiekrise in Europa vorschlägt. Zu den Forderungen gehört auch, das Ambitionsniveau des Emissionshandelssystems nicht noch weiter zu erhöhen als von der Kommission vorgesehen. Entsprechende Forderungen kommen insbesondere von Umweltschützern.
Außerdem müssten Steuern und Abgaben auf Energie, insbesondere auf erneuerbaren Strom, deutlich gesenkt und bestenfalls komplett abgeschafft werden. Investitionen in erneuerbare Energien und Energieeffizienz seien zu erhöhen, um unabhängiger von fossilen Brennstoffen zu werden. til
Die EU-Kommission hat gestern das Arbeitsprogramm für den Europäischen Innovationsrat (EIC) beschlossen. Damit ist nun klarer, wie die EU in der dritten Säule des Horizon-Europe-Forschungsförderungsprogramms künftig ihre Innovationsförderung betreiben will.
Mit dem Arbeitsprogramm ist der Europäische Innovationsrat weiter auf dem Weg zum regulären Betrieb. Nachdem das Gremium 2018 bis 2020 bereits als Testlauf installiert worden war, wurde es 2021 verstetigt. Wesentliche Veränderungen des Arbeitsprogramms 2022 betreffen dabei zum einen die Art und Weise der Antragstellung. Der Aufwand für Antragsteller war bislang schon beim Erstantrag enorm, während nur ein Bruchteil der Anträge positiv beschieden wurde. Hier soll das Verfahren künftig im ersten Schritt deutlich erleichtert werden.
Aber auch bei den Fördermethoden und den beim EIC gezielt im Fokus stehenden Forschungsbereichen gibt es deutliche Veränderungen. EU-Forschungskommissarin Mariya Gabriel freute sich gestern insbesondere darüber, dass der EIC nun auch speziell “Innovationsleistungen von Frauen und von weiblich geführten Start-ups” fördern soll.
Dem Europäischen Innovationsrat stehen drei unterschiedliche Instrumente zur Verfügung, mit denen Forscher an Hochschulen oder Unternehmen verschiedener Größenordnungen gefördert werden sollen. Diese zielen dabei auf unterschiedliche “Technology Readiness Level” (TRL), also den Status entsprechend einer die jeweilige Innovation beurteilenden Klassifizierung. Die Förderung ist so angelegt, dass eine Innovation im Idealfall alle drei Instrumente durchlaufen kann.
Bis zu vier Millionen Euro Förderung können Forscher für Projekte aus dem mit insgesamt 350 Millionen Euro budgetierten Pathfinder-Programm erhalten. Davon sind 167 Millionen für die sogenannten “Pathfinder Challenges” reserviert. Diese Challenges sind 2022 die Forschung im Bereich CO2- und Stickstoff-Management und -Einlagerung, mittel- und langfristige Energiespeichersysteme, die Erforschung genetischer Ursachen kardiovaskulärer Erkrankungen (Cardiogenomics), Technologien für eine kontinuierliche Gesundheitsfürsorge, DNA-basierte digitale Speichertechniken sowie neue Ansätze im Bereich Quantencomputing.
Das zweite Instrument ist die Finanzierung des Forschungstransfers in die tatsächliche Anwendung: Bereits zuvor geförderte Forschungen, die das Experimentierstadium bereits verlassen haben, können bis zu 2,5 Millionen Euro – im Einzelfall auch mehr – aus dem EIC Transition-Topf erhalten, in dem insgesamt 131 Millionen Euro liegen. Hiervon sind 60,5 Millionen Euro für bestimmte Themenbereiche reserviert.
Den größten Teil der Gelder des Europäischen Innovationsrates macht jedoch der dritte Bereich aus: Dem EIC-Accelerator stehen fast 1,2 Milliarden Euro zur Verfügung. Mit diesen Geldern sollen grundsätzlich KMU und unter bestimmten Umständen mittelgroße Unternehmen mit maximal 499 Mitarbeitern bei der Skalierung ihrer Innovationsvorhaben unterstützt werden.
Der EIC-Accelerator ist kein klassisches Forschungsförderprogramm, sondern ein Investitionsvehikel für Beteiligungen. Damit sollen auch private Investoren für Risikoinvestitionen gewonnen werden. Laut Angaben der Kommission gelang dies zuletzt gut: Die ersten 14 Investitionen sollen ein Privatkapital-Matching in 2,7-facher Höhe der EIC-Investition erzielt haben.
Auch beim Accelerator-Programm gibt es einen grundsätzlich offenen Bereich (630 Millionen Euro) und einen zweiten, an spezifischen Zielen ausgerichteten Teil (537 Millionen Euro). Dieser steht für Vorhaben zur Verfügung in den Bereichen Pharma, strategische Gesundheitstechnologien wie Gentherapien, Nachhaltigkeit bei Rohstoffen, Quantentechnologie, Edge Computing, Daten- und Signalnutzung in der Weltraumtechnologie und Weltraumtechnologie als solche, Sicherheitstechnologie, Finanz- und Bezahlinfrastrukturen und -dienstleistungen. fst
Zum Einsatz der umstrittenen Spionagesoftware Pegasus des israelischen Herstellers NSO Group in der EU will das Europäische Parlament nun einen Sonderausschuss einsetzen (Europe.Table berichtete). Ein entsprechender Antrag der Renew-Gruppe habe grundsätzlich eine Mehrheit gefunden, so die Abgeordneten Sophie In ‘t Veld und Róża Thun. Der genaue Einsetzungsbeschluss werde noch zwischen den Fraktionsvorsitzenden abgestimmt.
Insbesondere die Vorgänge in Polen und in Ungarn (Europe.Table berichtete), bei denen Oppositionelle, Staatsanwälte und Journalisten von staatlichen Stellen ausgespäht wurden, dürften dann im Fokus der parlamentarischen Aufarbeitung im EP stehen.
Ein Sonderausschuss des Europäischen Parlamentes verfügt, anders als ein Untersuchungsausschuss im Bundestag, nicht über das Recht, Zeugen vorzuladen oder Akten aus Nationalstaaten anzufordern. Allerdings haben frühere Sonderausschüsse, etwa zur Echelon-Affäre oder zur NSA-Spionage, öffentliches Gewicht entfalten können. fst
Die Gasbranche in Deutschland rechnet nach drastischen Preissteigerungen im vergangenen Jahr mit weiteren Turbulenzen. “Das kann durchaus auch ein Blick in die Zukunft unserer Energieversorgung sein”, sagte Timm Kehler, Geschäftsführer des Verbandes “Zukunft Gas“, am Mittwoch zur Bilanz 2021.
Extremes Wetter und die geopolitische Lage trügen dazu bei. Die umstrittene Gas-Pipeline Nord Stream 2 sei allein von der Kapazität vielleicht nicht nötig für die Versorgung Europas. “Wir erwarten aber durchaus, dass diese neue Importroute schon preisdämpfend wirken kann“, sagte Kehler. Dem Verband zufolge ist zudem klar, dass die derzeitigen Lieferungen mit Blick auf den nächsten Winter nicht ausreichten: “Wir brauchen einfach mehr Gas als aktuell verfügbar, um die Speicher aufzufüllen”, sagte Handelsexperte Gregor Pett.
Zuletzt hatte Deutschland verstärkt Flüssiggas (LNG) importiert, was aber schon wegen der Transportkosten normalerweise teurer als Pipeline-Gas ist. Dieses kann laut Gas-Verband auch durch LNG in Deutschland nicht komplett ersetzt werden. Wirtschaftsminister Robert Habeck will mit staatlichen Anreizen den Bau von LNG-Häfen auch in Deutschland anstoßen.
Zudem will er für die Versorgungssicherheit dafür sorgen, dass die Speicher künftig besser gefüllt sind als vor diesem Winter. Dafür erwägt er entweder eine staatliche Reserve oder Vorgaben an die Wirtschaft für Mindestfüllstände. Beim Verband Zukunft Gas trifft dies auf Skepsis: “Ich warne deutlich davor, dass wir hier zu tiefe Eingriffe in ein etabliertes Marktsystem vornehmen”, sagte Kehler. rtr
Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) hat ihr neues Zentrum für die Sammlung und Auswertung öffentlicher Gesundheitsdaten der Mitgliedstaaten arbeitsfähig aufgestellt. Sogenannte Real World Evidence (RWE), also Echtdaten aus Krankenhäusern und Arztpraxen, wurden bereits vorher für die behördlichen Medizin-Prüfverfahren eingesetzt. Doch durch die Fortschritte in der Datenverarbeitung erhofft sich die EMA, erhebliches Potenzial zu heben.
In einem Statement vom Mittwoch hat die Behörde bekannt gegeben, dass das “Koordinierungszentrum für Datenanalyse und Realdatenabfragenetzwerk” (DARWIN EU) nun in der Lage sei, Realdaten auf Anfrage an die Europäischen Arzneimittelbehörde und die Aufsichtsbehörden der Mitgliedstaaten zu übermitteln.
Wahrscheinlich im Laufe des Jahres würde das Zentrum auch Anfragen nationaler Behörden beantworten können, um Leistungen und Vergütungssätze für neue Medikamente ermitteln zu können, sagte Peter Arlett, Leiter der Taskforce Datenanalyse und Methoden bei der EMA zu Reuters.
Die Echtdaten sollen die Häufigkeit der zu behandelnden Krankheit, die Größe der Patientengruppe und die Sicherheit und Wirksamkeit von Medikamenten und Vakzinen umfassen. “Bis 2025 erwarten wir, dass Darwin in der Lage ist, über 100 Beobachtungsstudien mit Echtdaten jährlich durchzuführen”, sagt Arlett. Diese Daten würden Kontrollgruppen-Daten aus der Forschung ergänzen. rtr
Angesichts des enormen Bedarfs an erneuerbaren Energien und Rohstoffen bei der Transformation zu Elektromobilität dringt Deutschlands Autoindustrie auf Bündnisse mit anderen Ländern. Die Menge werde nicht allein in Europa hergestellt werden können, sagte VDA-Chefin Hildegard Müller am Mittwoch bei einer Videokonferenz mit Journalisten.
Deutschland brauche daher engagierte Programme für Energie- und Rohstoffpartnerschaften, eine aktive Rohstoff-Außenpolitik. “Die weltweiten Märkte für Energiepartnerschaften werden schon verteilt – aktuell noch weitgehend ohne Deutschland. Wenn wir hier nicht schnell handeln, gehen wir leer aus”, mahnte die VDA-Chefin. China etwa sichert seinen riesigen Rohstoffhunger in Afrika.
Deutschland müsse schneller aktiv werden und strategisch vorgehen, betonte Müller. Mit Blick auf den Umbau der Industrie forderte sie ein Ende der theoretischen Debatten über die Klimaziele. Der Fokus liege nun auf der Infrastruktur und den Rahmenbedingungen. Auch hier komme Deutschland nicht schnell genug voran: Der Ausbau der Ladeinfrastruktur halte nicht Schritt mit dem Hochlauf der Elektromobilität. Wenn Deutschland sein bescheidenes Tempo beibehalte, würden 2030 gerade einmal rund 160.000 Ladepunkte erreicht – ein Sechstel der angestrebten eine Million.
Die Bundesregierung sollte daher möglichst schnell zu einem Ladegipfel einladen, erneuerte Müller einen schon früher gemachten Vorschlag. Dazu sollten alle Akteure an einen Tisch geholt werden – von Tankstellenbetreibern, der Wohnungswirtschaft, Parkraumunternehmen, dem Handel über die Energiewirtschaft, Netzbetreiber, die Logistikbranche, Kommunen bis hin zur Autoindustrie.
Um die schnell wachsende Zahl an Elektroautos mit Energie zu versorgen, müsse außerdem der Ausbau des Stromnetzes entschlossener vorangetrieben werden. Bei der Digitalisierung könne Deutschland sein Potenzial nicht ausschöpfen, da es immer noch kein flächendeckendes 5G-Netz gebe. Europa müsse sich beim Aufbau von Halbleiter-Fabriken und einer Batterieproduktion sputen. Wichtig sei eine zeitnahe Umsetzung der Pläne, damit die Wertschöpfung für die Autoindustrie nicht in andere Regionen abwandere. rtr
Höhere Kosten, mehr Bürokratie, viele Verspätungen: Ein Ausschuss des britischen Parlaments hat eine negative Bilanz des EU-Austritts gezogen. “Eines der großen Versprechen des Brexits war es, britische Unternehmen zu befreien, um ihnen den Spielraum zu geben, ihre Produktivität zu maximieren”, sagte die Vorsitzende des Rechenschaftsausschusses, Meg Hillier, von der Labour-Partei zu der am Mittwoch aktuell vorgestellten Untersuchung zum EU-Austritt. “Doch die einzigen erkennbaren Auswirkungen sind bisher erhöhte Kosten, Papierkram und Verzögerungen an der Grenze.”
Deutliche Bremsspuren hat der Brexit etwa im deutsch-britischen Außenhandel hinterlassen. So fielen die deutschen Exporte in das Vereinigte Königreich im vergangenen Jahr um 2,6 Prozent, während sie insgesamt um 14 Prozent auf den Rekordwert von 1375,5 Milliarden Euro zulegten. Die britischen Exporte nach Deutschland brachen 2021 sogar um 8,5 Prozent ein, während die deutschen Importe insgesamt um 7,1 Prozent zulegten.
Die Brexit-Befürworter räumten ein, dass der EU-Abschied kurzfristig für zusätzliche Kosten sorgen könnte. Langfristig würden sich aber erhebliche politische und wirtschaftliche Vorteile ergeben. Der Ausschuss wies in seiner Untersuchung darauf hin, dass die Regierung noch viel zu tun habe, um den grenzüberschreitenden Handel zu erleichtern.
Seit gut einem Jahr ist Großbritannien nicht mehr in der Zollunion und im Binnenmarkt. Durch das mit der EU vereinbarte Handels- und Kooperationsabkommen wurden zwar höhere Zölle vermieden. Allerdings werden nun Prüfbescheinigungen oder weitere Dokumente und Anforderungen verlangt, die den Grenzübertritt zeitaufwendiger und komplizierter machen und so höhere Handelskosten verursachen. rtr
Darf ich als Inhaberin einer Bäckerei den Impfstatus meiner Angestellten abfragen? Was soll die neu installierte Kamera auf dem Marktplatz – darf die Stadtverwaltung das überhaupt? Und welche Software kann bedenkenlos in den Schulen verwendet werden? Für Fragen dieser Art sind Dieter Kugelmann (58), der Landesbeauftrage für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Rheinland-Pfalz, und sein Team die Ansprechpartner.
Der Verantwortungsbereich des Juristen erstreckt sich aber nicht nur auf die Gesetzesanwendung. Als Mitglied der Datenschutzkonferenz nimmt er auch auf Gesetzgebungsverfahren Einfluss.
In der Debatte um datenschutzrechtliche Bedenken rund um Software schaut das dann beispielsweise so aus: Bei der Nutzung von MS Word werden alle Anschläge ‘mitgeschnitten’. Wird in den Schulen MS Office verwendet, lassen sich aus diesen Daten Rückschlüsse auf die Leistungsfähigkeit von Schülern ziehen, die potenziell zu deren Ungunsten ausfallen können.
Es sei wichtig, so Dieter Kugelmann, weder einseitig zu alarmieren, dass die Datenkraken unsere Kinder ausbeuten, noch, dass durch übertriebene Datenschutz-Maßnahmen das Lernen erschwert werde: “Wir müssen schauen, wie wir zwischen beiden Positionen einigermaßen vernünftig lavieren können.”
Das geschieht auch in Rücksprache mit einem scheinbar übermächtigen Akteur wie Microsoft, der wegen Konzernen wie BASF durchaus ein Interesse an der Zusammenarbeit mit dem Standort Rheinland-Pfalz hat.
Zufrieden zeigt sich Kugelmann, wenn er von der materiellen Rechtsgrundlage des deutschen und europäischen Datenschutzrechts spricht. Es sei hingegen die Rechtsanwendung, bei der er und seine Kollegen besser ansetzen müssen. Mit der Datenschutz-Grundverordnung sei ihnen ein gutes Instrument an die Hand gegeben worden, “aber es hapert an der Durchsetzung, an der harmonisierten Durchsetzung”.
Zwar seien die vom europäischen Datenschutzausschuss verfassten gemeinsamen Leitlinien vielversprechend, aber die Kooperation zwischen den Behörden sei weiterhin ausbaufähig. So müssen insbesondere für Irland und Luxemburg Methoden gefunden werden (Europe.Table berichtete), die verhindern, “dass die zuständigen Behörden die Verfahren auf die lange Bank schieben”.
Laut Koalitionsvertrag der neuen Regierung sollen der Datenschutzkonferenz rechtlich verbindliche Beschlüsse ermöglicht werden – ein ungewöhnliches Zugeständnis an ein unabhängiges Gremium. Kugelmann war im vergangenen Jahr Vorsitzender des Arbeitskreises, der im Moment ein Gutachten über die rechtliche Durchsetzbarkeit dieses Vorhabens erstellen lässt. Sollte dies gelingen, “dann können wir, wenn wir in Deutschland mit einer Stimme sprechen, unsere Stimme in Europa noch besser betonen“.
So könnten frühzeitig und deutlich die Weichen für Digitalisierungsprozesse gestellt werden, bei denen stets gilt, dass Datenschutz Grundrechtsschutz ist. Zu Zwecken der Emissionsreduktion für die Nutzung von Smart Grids sei der Gebrauch personenbezogener Daten aber womöglich in einem gewissen Rahmen zulässig. Die Spezifika seien aber erst noch in Zusammenarbeit mit Forschung und Wirtschaft zu eruieren. Julius Schwarzwälder
Mit großen Worten des Lobes hat Außenministerin Annalena Baerbock gestern ihre künftige Staatssekretärin vorgestellt. Ab 1. März wird die Noch-Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan formell zunächst Sonderbeauftragte für internationale Klimapolitik im Auswärtigen Amt. Die US-Amerikanerin hat die deutsche Staatsbürgerschaft bereits beantragt und soll zeitnah dann auch offiziell ins Amt der Staatssekretärin eingeführt werden.
Baerbock nannte die Ernennung Morgans eine “Traumbesetzung”, die nicht nur viele Jahre Erfahrung mitbringe, sondern auch bestens vernetzt sei in der internationalen Klimapolitik.
Nun stellt sich jedoch mehr denn je die Frage, wie die Kompetenzen in der Bundesregierung bei der Klimaaußenpolitik verteilt sind. Die Nominierung von Morgan zeigt, dass das AA dieses Thema selbst bespielen wird. Das dürfte sich nicht nur auf die Weltklimakonferenzen beschränken, wo erstmals das AA Deutschland federführend repräsentieren wird – bisher war es das Umweltministerium.
Morgan will darüber hinaus mit Vertreter:innen anderer Staaten sprechen, Bündnisse schließen und vor allem die schwächsten und am meisten vom Klimawandel betroffenen Länder unterstützen. Eine Aufgabe, die auch das Entwicklungsministerium mit Ex-Umweltministerin Svenja Schulze als Chefin und dem langjährigen Klimapolitikexperten Jochen Flasbarth als Staatssekretär für sich beansprucht.
Außerdem im AA: Staatsministerin für Europa und Klima Anna Lührmann. Man könnte meinen, Lührmann sei für die Kombination beider Begriffe zuständig – also für die europäische Klimapolitik. Die hat schließlich sehr viel mit Klimaaußenpolitik zu tun. Tatsächlich aber liegt die europäische Klimapolitik in Robert Habecks Wirtschafts- und Klimaschutzministerium. BMWK-Staatssekretär Patrick Graichen vertrat deshalb auch die Bundesregierung beim EU-Umweltrat im Dezember – zusammen mit Umweltministerin Steffi Lemke.
Und dann sind da im BMWK ja auch noch Europa-Staatssekretär Sven Giegold und die erfahrene Europapolitikerin und Parlamentarische Staatssekretärin Franziska Brantner.
Was macht also die AA-Staatsministerin für Europa und Klima, Anna Lührmann? Aus Regierungskreisen heißt es, Lührmann sei für internationale Klimapolitik jenseits der EU zuständig. Der Titel Staatsministerin für Europa und Klima beziehe sich nicht aufeinander. Na, das soll mal jemand verstehen.
Die Konsequenz ist, dass quasi jede Disziplin der Klimapolitik von mindestens zwei Ministerien behandelt wird. Auf die Frage, wie die Kompetenzen nun verteilt sind, antwortete Baerbock am Mittwoch ausweichend: Man stehe nicht in Konkurrenz mit anderen Ministerien, sondern im Miteinander. Dazu gehören laut Baerbock auch Landwirtschaftsministerium und Innenministerium.
“Miteinander” – das klingt schön, aber eben auch kompliziert. Es wäre nicht das erste Mal, dass Ministerien sich in Kompetenzgerangel verheddern. Und angesichts der Dringlichkeit des klimapolitischen Handelns, wie es die Regierung ja selbst stets betont, kann sie das eigentlich nicht gebrauchen. Lukas Scheid
immer wieder gab es Verzögerungen, doch am 23. Februar soll die Richtlinie zur nachhaltigen Unternehmensführung endlich kommen. Voraus gingen zwei negative Einschätzungen eines kommissionsinternen Gremiums, des Regulatory Scrutiny Board. Einige inhaltliche Punkte des Gesetzesvorschlags sind schon bekannt – so zeigt sich etwa, dass die Verordnung deutlich über das deutsche Lieferkettengesetz hinausgehen wird. Charlotte Wirth gibt einen Überblick.
Ein europäischer Gesundheitsdatenraum, der einen sicheren und transparenten Austausch von Daten im Gesundheitssektor ermöglicht – bis 2025 soll der European Health Data Space entstehen. Die französische Ratspräsidentschaft hat sich vorab Gedanken um die ethische Dimension der Digitalisierung des Gesundheitswesens gemacht und nun 16 Leitprinzipien vorgelegt. Eugenie Ankowitsch fasst die Grundsätze zusammen und zeigt anhand von Studien, wie aktuell die Debatte um ethische Fragen der Digitalisierung ist.
Als “Traumbesetzung” bezeichnete Außenministerin Annalena Baerbock Jennifer Morgan. Die Noch-Greenpeace-Chefin wird Baerbocks Sonderbeauftragte für internationale Klimapolitik. Morgan wird damit künftig die Klimakonferenzen vorbereiten, ihre Aufgaben dürften aber weit darüber hinaus gehen. Dabei wird sie allerdings eine ganze Reihe von Kolleg:innen haben, die ebenfalls mit Klimathemen auf internationaler Ebene betraut sind. Angesichts der Dringlichkeit der Aufgabe bleibe nur zu hoffen, dass sich die Ministerien nicht im Kompetenzgerangel verheddern, schreibt Lukas Scheid im Apéropa.
Am 23. Februar soll sie endlich kommen, die Richtlinie zur nachhaltigen Unternehmensführung – fast drei Jahre, nachdem Justizkommissar Didier Reynders ein Gesetz angekündigt hatte. Immer wieder kam es zu Verzögerungen. Letztlich scheiterte die Kommission auch an zwei negativen Einschätzungen des Regulatory Scrutiny Board (RSB), einem kommissionsinternen Gremium, welches die Qualität der Folgenabschätzungen von Gesetzesvorschlägen prüfen soll.
Dieses Mal kann das RSB der Kommission nicht mehr zum Verhängnis werden: Die Prozeduren des RSB sehen vor, dass nach zwei negativen Einschätzungen des Gremiums der zuständige Vizepräsident, Maroš Šefčovič, die Gesetze durchwinken kann. Das hat er in diesem Fall getan.
Ob und inwiefern die federführenden Kommissare Thierry Breton und Reynders die Einschätzung des RSB berücksichtigt haben, ist unklar: Die Kommission hält die Berichte des Gremiums so lange unter Verschluss, bis das Kollegium das entsprechende Gesetzesprojekt annimmt. Trotz einer Anfrage des Handelsausschusses des EU-Parlamentes wollte die Kommission die RSB-Stellungnahme nicht herausgeben.
Das EU-Parlament kritisiert, das RSB habe in diesem Fall sein Mandat überschritten: “Das Gutachten ist sehr politisch”, findet etwa Bernd Lange, der die Stellungnahme einsehen konnte: “Da wurde sehr stark die Argumentation des europäischen Unternehmerverbandes aufgriffen, wonach das Gesetz angeblich gegen die marktwirtschaftlichen Interessen von Unternehmen geht”, sagte der SPD-Europaabgeordnete jüngst in einem Interview.
Das EU-Parlament befürchtet, dass das Lieferkettengesetz weiter verwässert wurde: “Es ist unabdingbar, dass die Kommission ihre Ambitionen hochhält und ein effizientes Gesetz liefert”, fordert die Grünen-Politikerin Anna Cavazzini. Die menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflicht müsse sich durch die ganze Wertschöpfungskette ziehen und KMU zumindest in Hochrisikobranchen unter das Gesetz fallen.
Aktuell befindet sich der Gesetzesvorschlag prozedural in der kommissionsinternen Abstimmung. Einige inhaltliche Eckpunkte sind inzwischen bekannt. Die persönliche Haftung von Unternehmensführern etwa wurde herausgenommen. Das ist keine Überraschung, denn bei dem Punkt handelte es sich um einen der größten Streitpunkte unter den Kommissaren. Lange war unklar, ob die Kommission das Element in ein zweites Gesetz auslagert. Nun scheint klar: Es wird ganz gekippt.
Auch das Importverbot für Produkte aus Zwangsarbeit wird nicht im finalen Text enthalten sein. Es handelte sich hierbei um eine Forderung Ursula von der Leyens (Europe.Table berichtete). Eigentlich hätte die Umsetzung des Verbots in das Ressort von Handelskommissar Valdis Dombrovskis gehört – doch dieser weigerte sich, das Vorhaben umzusetzen. Nun aber bleibt ihm keine Wahl, und Dombrovskis arbeitet nach Informationen von Europe.Table bereits an einer Initiative zur Produktentnahme (product withdrawal mechanism).
Die EU-Kommission wird indes argumentieren, dass das Handelsverbot implizit im Gesetz enthalten ist: Ziel des Lieferkettengesetzes ist es schließlich zu vermeiden, dass Produkte, die unter Menschenrechtsverletzungen – demnach auch Zwangsarbeit – hergestellt wurden, auf den europäischen Markt gelangen.
Didier Reynders konnte seine Ambitionen zumindest zum Teil aufrecht halten. So haben sich Reynders und Breton auf folgenden Kompromiss geeinigt: Die Reichweite des Gesetzes ist geringer, dafür gilt die Sorgfaltspflicht für die betroffenen Betriebe für die gesamte Wertschöpfungskette.
Rund 10.000 europäische Unternehmen werden sich demnach wohl auf eine gesetzliche Sorgfaltspflicht einstellen müssen. Die Schwelle für Unternehmen soll dem Vernehmen nach bei 500 Mitarbeitern und 150 Millionen Euro Jahresumsatz liegen. Damit ginge das europäische Gesetz weiter als das deutsche Lieferkettengesetz. Letztes gilt im ersten Jahr für Unternehmen ab 3.000 Mitarbeitern, später für Betriebe ab 1.000 Mitarbeitern. Zudem begrenzt sich hier die Sorgfaltspflicht auf Tier 1, also die erste Stufe der Lieferketten.
Dabei hatte der damalige Wirtschaftsminister Peter Altmaier den Industrieverbänden zugesagt, das europäische Gesetz werde nicht weitergehen als das deutsche. Entsprechend übte Berlin auch starken Druck auf Kommissionspräsidentin von der Leyen aus. In der neuen Bundesregierung setzt sich die SPD nun aber dafür ein, auf EU-Ebene über das mühsam in der GroKo ausgehandelte Gesetz hinauszugehen. Widerstand dagegen ist am ehesten von der FDP zu erwarten. Die von den Liberalen besetzten Ministerien sind hier aber gar nicht zuständig.
Kritik an den Kommissionsplänen kommt aus dem Maschinen- und Anlagenbau. “Ein Sorgfaltspflichtengesetz, das die gesamte Lieferkette und einen breiten Anwendungsbereich umfasst, würde für international vernetzte Mittelständler ganz erhebliche Belastungen mit sich bringen“, sagt Holger Kunze, Leiter des Brüsseler Büros des VDMA. “Für viele unserer Mitgliedsunternehmen wäre es überhaupt nicht mehr umsetzbar.”
Die deutsche Industrie wird sich denn auch nicht dafür begeistern, dass der Kommissionstext eine zivilrechtliche Haftung vorsieht. Und zwar für Schäden und Menschenrechtsverletzungen, die infolge einer Verletzung der Sorgfaltspflicht entstehen. Vorstellbar ist ein Artikel nach der Vorlage des EU-Parlaments: Darin gibt es eine Ausnahme für “Unternehmen, die nachweisen, dass sie im Einklang mit dieser Richtlinie alle gebotene Sorgfalt haben walten lassen, um den betreffenden Schaden zu vermeiden, oder dass der Schaden auch dann eingetreten wäre, wenn alle gebotene Sorgfalt angewandt worden wäre.”
Die zivilrechtliche Haftung war ursprünglich auch im deutschen Gesetz angedacht, doch Entwicklungsminister Gerd Müller musste auf Druck von Altmaier und der Industrieverbände zurückrudern. Allerdings haben sich diese Woche rund 100 europäische und deutsche Unternehmen und Investoren für ein Gesetz inklusive einer Haftungsregel für Betroffene eingesetzt. Darunter auch Ikea, Danone oder Epson.
Neben den Betrieben ab 500 Mitarbeitern wird ebenfalls eine Sorgfaltspflicht für Wirtschaftszweige mit einem hohen Risiko gelten. Sie soll wahrscheinlich Unternehmen ab 250 Mitarbeitern treffen, eine endgültige Entscheidung hat die Kommission laut informierten Kreise noch nicht gefasst.
Für Richard Gardiner von der NGO Global Witness wäre das ein Schritt in die richtige Richtung: “Die Kommission tut das Richtige, wenn sie Hochrisikobranchen einbezieht. Aber die Unternehmen müssen dann auch wirklich zur Rechenschaft gezogen werden.” Das bedeute, dass die Opfer auch vor EU-Gerichten klagen können müssten.
Um welche Sektoren es sich bei den Hochrisikobranchen genau handelt, ist noch nicht ersichtlich. Das EU-Parlament forderte in seinem Bericht, dass die Kommission diese Branchen festlegen müsse. Einen Eindruck kann aber ein Rechtsgutachten der Initiative Lieferkettengesetz bieten, das solche Branchen aufgeschlüsselt hat. Die Anwälte beriefen sich auf den Forschungsbericht des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zur Achtung von Menschenrechten entlang globaler Wertschöpfungsketten von 2020 und der Statistischen Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen Gemeinschaft (NACE). Das Rechtsgutachten listet 16 Branchen mit hohem Risiko auf, darunter die Autoindustrie, Chemie, ITK, Bergbau und Rüstung.
Anstatt der Haftung für Unternehmenschefs wird das Gesetz eine deutlich abgeschwächte Aufsichtspflicht enthalten. Wenn Mängel oder Probleme in der Lieferkette festgestellt werden, soll der Aufsichtsrat einen Plan für deren Behebung absegnen.
Zudem sieht das Gesetz verwaltungsrechtliche Sanktionen für Unternehmen, aber auch dessen Direktoren vor, sofern sie der Sorgfaltspflicht nicht nachkommen. Allerdings gibt die Kommission hier die Verantwortung an die Mitgliedstaaten ab. Sie sollen festlegen, welche Behörden zuständig sind und wie hoch die Strafen ausfallen können.
Bei der Konfliktmineralienverordnung, die bereits in Kraft ist, ist die Kommission ähnlich vorgegangen (Europe.Table berichtete). Hier prüfen die zuständigen Behörden der Mitgliedsstaaten etwa die Sorgfaltspflichtsberichte der betroffenen Unternehmen. Sind diese unzulänglich oder fehlen gänzlich, so können die Mitgliedsstaaten administrative Sanktionen erheben.
Die Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten sind enorm. Die Sanktionen reichen von 50.000 Euro in Deutschland bis hin zu 726 Euro in Österreich. In Luxemburg hat das Parlament das Rahmengesetz, auf dessen Basis die Strafen überhaupt erst verhängt werden können, bis heute nicht verabschiedet.
Wie weit die Sorgfaltspflicht in puncto Umweltschutz reicht, ist noch nicht ganz klar. Unter das Gesetz fallen Biodiversität und Ökosysteme sowie Umweltschäden. Wahrscheinlich ebenfalls aufgenommen werden die Auswirkungen auf den Klimawandel und die Ziele des Pariser Abkommens. Mit Till Hoppe
Bis 2025 soll der European Health Data Space (EHDS) entstehen. Die französische EU-Ratspräsidentschaft hat vorab Leitprinzipien als ethischen Rahmen für die Digitalisierung im Gesundheitswesen vorgelegt.
Im Februar 2020 hat die EU-Kommission die europäische Datenstrategie beschlossen. Der im Rahmen dieser Strategie vorgesehene Gesundheitsdatenraum soll es ermöglichen, Gesundheitsdaten sicher über die Grenzen der EU-Länder hinweg nach einheitlichen Standards auszutauschen. Damit soll nicht nur die Gesundheitsversorgung (Primärnutzung) verbessert, sondern auch die Nutzung der Gesundheitsdaten in der Forschung (Sekundärnutzung) gefördert werden. Derzeit arbeitet die Europäische Kommission an einem Legislativvorschlag, der im April 2022 vorgelegt werden soll.
Bereits im Programm zur EU-Ratspräsidentschaft betonten die Franzosen die Bedeutung von anspruchsvollen ethischen Standards zum Schutz der sensiblen Gesundheitsdaten. Bei der Konferenz “Staatsbürgerschaft, Ethik und Gesundheitsdaten” hat die französische EU-Ratspräsidentschaft nun Leitprinzipien präsentiert, die einen ethischen Rahmen für die Digitalisierung im Gesundheitswesen definieren.
“Die Ziele, die wir mit der Schaffung des European Health Data Space (EHDS) verfolgen, werden ohne das Vertrauen der Bürger:innen nicht erreicht”, sagte der französische Gesundheitsminister Olivier Véran. “Der EHDS wird für und mit den Bürger:innen geschaffen oder gar nicht.”
Insgesamt handelt es sich um 16 ethische Grundsätze, die den europäischen Werten Ausdruck verleihen sollen:
Die ethischen Leitprinzipien sparen absichtlich die Aspekte der Sicherheit oder der Interoperabilität aus, die an anderen Stellen geregelt werden, und sollen regelmäßig aktualisiert werden. Modalitäten zur Umsetzung der Prinzipien will das eHealth-Netzwerk bei seinem Treffen am 1. und 2. Juni 2022 in Paris herausarbeiten. Zu dem Netzwerk, gegründet auf Basis der EU-Richtlinie zur grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung, gehören die für die Digitalisierung des Gesundheitswesens zuständigen Vertreter der EU-Mitgliedstaaten.
Die teilnehmenden Gesundheitsminister der Europäischen Union und die Europäische Kommission – vertreten von der Generaldirektorin für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Sandra Gallina und dem stellvertretenden Generaldirektor für Kommunikationsnetze, Inhalte und Technologien, Roberto Viola – begrüßten die französische Initiative zu europäischen ethischen Leitprinzipien bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens. Inwiefern die ethischen Leitprinzipien verbindlich für die Akteure sein sollen, bleibt jedoch unklar.
Die parlamentarische Staatssekretärin Sabine Dittmar (SPD) betonte etwa, dass aus den Beschlüssen der Konferenz zu ethischen Prinzipien keine Verpflichtung für die Mitgliedstaaten erwachsen könne, konkrete Maßnahmen zu ergreifen. Die angestrebte Ausrichtung von digitaler Gesundheit an europäischen Werten und Prinzipien müsse vielmehr in anderen Gremien diskutiert und konkretisiert werden.
Dennoch, so Ditmar, sei ein ethischer Rahmen wichtig, auch um den Unterschied bei der Nutzung der Digitalisierung in anderen Regionen der Welt zu verdeutlichen. “Weder maximale Profitsteigerung noch vollständige staatliche Kontrollmöglichkeiten sind das Ziel unserer Digitalisierungsanstrengungen”, sagte sie.
Die finnische Gesundheitsministerin Ingvild Kjerkol betonte, dass die Umsetzung der Digitalisierung im Gesundheitswesen mit einer intensiven Diskussion der ethischen Fragen einhergehen muss. Das zeige die Erfahrung bei der Schaffung des finnischen Gesundheitsdatenraums. Auch in Bezug auf den europäischen Gesundheitsdatenraum müsse eine einheitliche europäische Position erarbeitet werden.
Dass die Themen, die mit den Leitprinzipien angesprochen werden, aktuell sind und weiter an Relevanz gewinnen, belegen unterschiedliche Untersuchungen. Eine noch unveröffentlichte Studie von Ernst & Young Frankreich soll zeigen, dass etwa der Zugang zur digitalen Technik in den europäischen Ländern noch sehr unterschiedlich ist.
Nur wenige Länder haben ethische Fragen explizit auf der Agenda, wie Loïc Chabanier, Partner EY Consulting France, bei der Vorstellung der Vorabergebnisse sagte. Da die technologischen Entwicklungen vor allem von Fachleuten vorangetrieben werden, rückten die ethischen Aspekte nur langsam in den Vordergrund. Das gelte auch für die Nachhaltigkeit.
Die wichtigsten Themen rund um die Digitalisierung seien in den europäischen Ländern höchst unterschiedlich entwickelt. Während Sicherheit, Datenschutz und Datenmanagement bereits sehr gut geregelt seien, stehen Governance und Ethik noch am Anfang.
Der digitale Wandel könne die Gesundheit aller Menschen auf der ganzen Welt nur dann verbessern, wenn die digitale Technologie im öffentlichen Interesse und nicht von Profitstreben gesteuert werde, betonen die Autoren eines neuen Berichts mit dem Titel “Governing Health Futures 2030: growing up in a digital world” von Lancet und Financial Times. Werte wie Demokratie, Gleichheit, Solidarität, Inklusion und Menschenrechte müssten in den Mittelpunkt gestellt werden.
Der Bericht arbeitet heraus, wie eine unzureichende Steuerung in Verbindung mit der Anhäufung von Daten und Macht durch die großen Technologieunternehmen und Regierungen zum Zwecke der Überwachung gesundheitliche Ungleichheiten verschärfen, das Vertrauen untergraben und die Menschenrechte gefährden.
Die Lancet-FT-Kommission, bestehend aus 19 führenden Experten aus 14 Ländern und den Bereichen globale Gesundheit, Medizin, Public Health, Psychologie, digitale Medien, Sozialwissenschaften, Wirtschaft und Politik, fordert einen neuen radikalen Ansatz. Es seien umfassende Reformen nötig, um das Vertrauen der Öffentlichkeit zu stärken, die Governance digitaler Technologien und der Gesundheitsdaten rasch zu verbessern und gerechtere Anwendungen für die Gesundheitsversorgung zu entwickeln.
11.02.2022 – 10:00-11:00 Uhr, online
DIHK, Seminar EU-Beihilfeleitlinien Klima, Umwelt und Energie einfach erklärt
Die Referent:innen des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) stellen die Kapitel der neuen Beihilfeleitlinien der EU für Klima, Umwelt und Energie vor. INFOS & ANMELDUNG
11.02.2022 – 13:30-15:00 Uhr, online
Digital Europe, Seminar Data centres: powering the green and digital transition in Europe
This event will highlight current sustainability efforts and opportunities for the data center industry to help achieve the EU’s climate goals. REGISTRATION
14.02.2022 – 12:00 Uhr
BVMW, Konferenz Tag des deutschen Mittelstands
Beim Tag des deutschen Mittelstands werden Themen wie der Fachkräftemangel, der Wasserstoff-Hochlauf und die Rolle von Künstlicher Intelligenz vorgestellt und diskutiert. INFOS & ANMELDUNG
14.02.2022 – 12:00-13:30 Uhr, online
DGAP, Discussion The Future of Cross-Border Crisis Management in Europe
The German Council on Foreign Relations (DGAP) speakers will discuss the impact of the Corona pandemic on cross-border regions as well as the future of cross-border cooperation and the role of the EU. INFOS & REGISTRATION
14.02-18.02.2022, online
Conference EU-Africa Business Forum 2022
The European Commission, the African Union Commission and business associations from the EU and Africa organize the 7th EU-Africa Business Forum and create an opportunity for exchange and discussion. INFOS & REGISTRATION
15.02.2022 – 14:45-16:15 Uhr, online
SP, Seminar epaLEP als Pflegefachsprache digital nutzen – der Schlüssel zur Interoperabilität
Die Referenten der Veranstaltung von Springer Pflege (SP) werden Fragen rund um Interoperabilität und Personalbemessung in der Pflege behandeln. ANMELDUNG
15.02.2022 – 20:00-21:30 Uhr, online
Polis 180, Diskussion Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik
Bei diesem offenen Treffen sollen die Lage an der russischen Grenze, politische Lösungsansätze und mögliche Auswirkungen auf die europäische Sicherheitsarchitektur diskutiert werden. INFOS & ANMELDUNG
Der Anteil des Europäischen Emissionshandels (ETS) an der aktuellen Strompreisentwicklung sei zwar sehr gering. Allerdings müsse auch dieser “kleine Anteil an der verzweifelten Lage vieler Familien und Unternehmen” in den Blick genommen werden, sagte der ETS-Berichterstatter des EU-Parlaments, Peter Liese (EVP), am Mittwoch vor Journalisten.
Der CDU-Europaabgeordnete hatte seinen Berichtsentwurf Mitte Januar vorgestellt (Europe.Table berichtete), kündigte nun aber an, am ETS weiterarbeiten zu wollen, “um es berechenbarer und robuster gegen Marktmanipulation zu machen”. Vorstellbar sei demnach, der Kommission Eingriffe in den Markt zu ermöglichen, wenn der Preisanstieg zu stark ist. Ein solcher Mechanismus wurde bereits mehrfach gefordert, von Liese in seinem Entwurf bislang jedoch nicht berücksichtigt. Der Abgeordnete betont: “Nicht jede Lösung, die einfach aussieht, ist wirklich hilfreich. Wir brauchen gezielte Interventionen nach einer sorgfältigen Evaluation”.
Die Ankündigung ist Teil eines Vier-Punkte-Plans, den Liese als Reaktion auf die derzeitige Energiekrise in Europa vorschlägt. Zu den Forderungen gehört auch, das Ambitionsniveau des Emissionshandelssystems nicht noch weiter zu erhöhen als von der Kommission vorgesehen. Entsprechende Forderungen kommen insbesondere von Umweltschützern.
Außerdem müssten Steuern und Abgaben auf Energie, insbesondere auf erneuerbaren Strom, deutlich gesenkt und bestenfalls komplett abgeschafft werden. Investitionen in erneuerbare Energien und Energieeffizienz seien zu erhöhen, um unabhängiger von fossilen Brennstoffen zu werden. til
Die EU-Kommission hat gestern das Arbeitsprogramm für den Europäischen Innovationsrat (EIC) beschlossen. Damit ist nun klarer, wie die EU in der dritten Säule des Horizon-Europe-Forschungsförderungsprogramms künftig ihre Innovationsförderung betreiben will.
Mit dem Arbeitsprogramm ist der Europäische Innovationsrat weiter auf dem Weg zum regulären Betrieb. Nachdem das Gremium 2018 bis 2020 bereits als Testlauf installiert worden war, wurde es 2021 verstetigt. Wesentliche Veränderungen des Arbeitsprogramms 2022 betreffen dabei zum einen die Art und Weise der Antragstellung. Der Aufwand für Antragsteller war bislang schon beim Erstantrag enorm, während nur ein Bruchteil der Anträge positiv beschieden wurde. Hier soll das Verfahren künftig im ersten Schritt deutlich erleichtert werden.
Aber auch bei den Fördermethoden und den beim EIC gezielt im Fokus stehenden Forschungsbereichen gibt es deutliche Veränderungen. EU-Forschungskommissarin Mariya Gabriel freute sich gestern insbesondere darüber, dass der EIC nun auch speziell “Innovationsleistungen von Frauen und von weiblich geführten Start-ups” fördern soll.
Dem Europäischen Innovationsrat stehen drei unterschiedliche Instrumente zur Verfügung, mit denen Forscher an Hochschulen oder Unternehmen verschiedener Größenordnungen gefördert werden sollen. Diese zielen dabei auf unterschiedliche “Technology Readiness Level” (TRL), also den Status entsprechend einer die jeweilige Innovation beurteilenden Klassifizierung. Die Förderung ist so angelegt, dass eine Innovation im Idealfall alle drei Instrumente durchlaufen kann.
Bis zu vier Millionen Euro Förderung können Forscher für Projekte aus dem mit insgesamt 350 Millionen Euro budgetierten Pathfinder-Programm erhalten. Davon sind 167 Millionen für die sogenannten “Pathfinder Challenges” reserviert. Diese Challenges sind 2022 die Forschung im Bereich CO2- und Stickstoff-Management und -Einlagerung, mittel- und langfristige Energiespeichersysteme, die Erforschung genetischer Ursachen kardiovaskulärer Erkrankungen (Cardiogenomics), Technologien für eine kontinuierliche Gesundheitsfürsorge, DNA-basierte digitale Speichertechniken sowie neue Ansätze im Bereich Quantencomputing.
Das zweite Instrument ist die Finanzierung des Forschungstransfers in die tatsächliche Anwendung: Bereits zuvor geförderte Forschungen, die das Experimentierstadium bereits verlassen haben, können bis zu 2,5 Millionen Euro – im Einzelfall auch mehr – aus dem EIC Transition-Topf erhalten, in dem insgesamt 131 Millionen Euro liegen. Hiervon sind 60,5 Millionen Euro für bestimmte Themenbereiche reserviert.
Den größten Teil der Gelder des Europäischen Innovationsrates macht jedoch der dritte Bereich aus: Dem EIC-Accelerator stehen fast 1,2 Milliarden Euro zur Verfügung. Mit diesen Geldern sollen grundsätzlich KMU und unter bestimmten Umständen mittelgroße Unternehmen mit maximal 499 Mitarbeitern bei der Skalierung ihrer Innovationsvorhaben unterstützt werden.
Der EIC-Accelerator ist kein klassisches Forschungsförderprogramm, sondern ein Investitionsvehikel für Beteiligungen. Damit sollen auch private Investoren für Risikoinvestitionen gewonnen werden. Laut Angaben der Kommission gelang dies zuletzt gut: Die ersten 14 Investitionen sollen ein Privatkapital-Matching in 2,7-facher Höhe der EIC-Investition erzielt haben.
Auch beim Accelerator-Programm gibt es einen grundsätzlich offenen Bereich (630 Millionen Euro) und einen zweiten, an spezifischen Zielen ausgerichteten Teil (537 Millionen Euro). Dieser steht für Vorhaben zur Verfügung in den Bereichen Pharma, strategische Gesundheitstechnologien wie Gentherapien, Nachhaltigkeit bei Rohstoffen, Quantentechnologie, Edge Computing, Daten- und Signalnutzung in der Weltraumtechnologie und Weltraumtechnologie als solche, Sicherheitstechnologie, Finanz- und Bezahlinfrastrukturen und -dienstleistungen. fst
Zum Einsatz der umstrittenen Spionagesoftware Pegasus des israelischen Herstellers NSO Group in der EU will das Europäische Parlament nun einen Sonderausschuss einsetzen (Europe.Table berichtete). Ein entsprechender Antrag der Renew-Gruppe habe grundsätzlich eine Mehrheit gefunden, so die Abgeordneten Sophie In ‘t Veld und Róża Thun. Der genaue Einsetzungsbeschluss werde noch zwischen den Fraktionsvorsitzenden abgestimmt.
Insbesondere die Vorgänge in Polen und in Ungarn (Europe.Table berichtete), bei denen Oppositionelle, Staatsanwälte und Journalisten von staatlichen Stellen ausgespäht wurden, dürften dann im Fokus der parlamentarischen Aufarbeitung im EP stehen.
Ein Sonderausschuss des Europäischen Parlamentes verfügt, anders als ein Untersuchungsausschuss im Bundestag, nicht über das Recht, Zeugen vorzuladen oder Akten aus Nationalstaaten anzufordern. Allerdings haben frühere Sonderausschüsse, etwa zur Echelon-Affäre oder zur NSA-Spionage, öffentliches Gewicht entfalten können. fst
Die Gasbranche in Deutschland rechnet nach drastischen Preissteigerungen im vergangenen Jahr mit weiteren Turbulenzen. “Das kann durchaus auch ein Blick in die Zukunft unserer Energieversorgung sein”, sagte Timm Kehler, Geschäftsführer des Verbandes “Zukunft Gas“, am Mittwoch zur Bilanz 2021.
Extremes Wetter und die geopolitische Lage trügen dazu bei. Die umstrittene Gas-Pipeline Nord Stream 2 sei allein von der Kapazität vielleicht nicht nötig für die Versorgung Europas. “Wir erwarten aber durchaus, dass diese neue Importroute schon preisdämpfend wirken kann“, sagte Kehler. Dem Verband zufolge ist zudem klar, dass die derzeitigen Lieferungen mit Blick auf den nächsten Winter nicht ausreichten: “Wir brauchen einfach mehr Gas als aktuell verfügbar, um die Speicher aufzufüllen”, sagte Handelsexperte Gregor Pett.
Zuletzt hatte Deutschland verstärkt Flüssiggas (LNG) importiert, was aber schon wegen der Transportkosten normalerweise teurer als Pipeline-Gas ist. Dieses kann laut Gas-Verband auch durch LNG in Deutschland nicht komplett ersetzt werden. Wirtschaftsminister Robert Habeck will mit staatlichen Anreizen den Bau von LNG-Häfen auch in Deutschland anstoßen.
Zudem will er für die Versorgungssicherheit dafür sorgen, dass die Speicher künftig besser gefüllt sind als vor diesem Winter. Dafür erwägt er entweder eine staatliche Reserve oder Vorgaben an die Wirtschaft für Mindestfüllstände. Beim Verband Zukunft Gas trifft dies auf Skepsis: “Ich warne deutlich davor, dass wir hier zu tiefe Eingriffe in ein etabliertes Marktsystem vornehmen”, sagte Kehler. rtr
Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) hat ihr neues Zentrum für die Sammlung und Auswertung öffentlicher Gesundheitsdaten der Mitgliedstaaten arbeitsfähig aufgestellt. Sogenannte Real World Evidence (RWE), also Echtdaten aus Krankenhäusern und Arztpraxen, wurden bereits vorher für die behördlichen Medizin-Prüfverfahren eingesetzt. Doch durch die Fortschritte in der Datenverarbeitung erhofft sich die EMA, erhebliches Potenzial zu heben.
In einem Statement vom Mittwoch hat die Behörde bekannt gegeben, dass das “Koordinierungszentrum für Datenanalyse und Realdatenabfragenetzwerk” (DARWIN EU) nun in der Lage sei, Realdaten auf Anfrage an die Europäischen Arzneimittelbehörde und die Aufsichtsbehörden der Mitgliedstaaten zu übermitteln.
Wahrscheinlich im Laufe des Jahres würde das Zentrum auch Anfragen nationaler Behörden beantworten können, um Leistungen und Vergütungssätze für neue Medikamente ermitteln zu können, sagte Peter Arlett, Leiter der Taskforce Datenanalyse und Methoden bei der EMA zu Reuters.
Die Echtdaten sollen die Häufigkeit der zu behandelnden Krankheit, die Größe der Patientengruppe und die Sicherheit und Wirksamkeit von Medikamenten und Vakzinen umfassen. “Bis 2025 erwarten wir, dass Darwin in der Lage ist, über 100 Beobachtungsstudien mit Echtdaten jährlich durchzuführen”, sagt Arlett. Diese Daten würden Kontrollgruppen-Daten aus der Forschung ergänzen. rtr
Angesichts des enormen Bedarfs an erneuerbaren Energien und Rohstoffen bei der Transformation zu Elektromobilität dringt Deutschlands Autoindustrie auf Bündnisse mit anderen Ländern. Die Menge werde nicht allein in Europa hergestellt werden können, sagte VDA-Chefin Hildegard Müller am Mittwoch bei einer Videokonferenz mit Journalisten.
Deutschland brauche daher engagierte Programme für Energie- und Rohstoffpartnerschaften, eine aktive Rohstoff-Außenpolitik. “Die weltweiten Märkte für Energiepartnerschaften werden schon verteilt – aktuell noch weitgehend ohne Deutschland. Wenn wir hier nicht schnell handeln, gehen wir leer aus”, mahnte die VDA-Chefin. China etwa sichert seinen riesigen Rohstoffhunger in Afrika.
Deutschland müsse schneller aktiv werden und strategisch vorgehen, betonte Müller. Mit Blick auf den Umbau der Industrie forderte sie ein Ende der theoretischen Debatten über die Klimaziele. Der Fokus liege nun auf der Infrastruktur und den Rahmenbedingungen. Auch hier komme Deutschland nicht schnell genug voran: Der Ausbau der Ladeinfrastruktur halte nicht Schritt mit dem Hochlauf der Elektromobilität. Wenn Deutschland sein bescheidenes Tempo beibehalte, würden 2030 gerade einmal rund 160.000 Ladepunkte erreicht – ein Sechstel der angestrebten eine Million.
Die Bundesregierung sollte daher möglichst schnell zu einem Ladegipfel einladen, erneuerte Müller einen schon früher gemachten Vorschlag. Dazu sollten alle Akteure an einen Tisch geholt werden – von Tankstellenbetreibern, der Wohnungswirtschaft, Parkraumunternehmen, dem Handel über die Energiewirtschaft, Netzbetreiber, die Logistikbranche, Kommunen bis hin zur Autoindustrie.
Um die schnell wachsende Zahl an Elektroautos mit Energie zu versorgen, müsse außerdem der Ausbau des Stromnetzes entschlossener vorangetrieben werden. Bei der Digitalisierung könne Deutschland sein Potenzial nicht ausschöpfen, da es immer noch kein flächendeckendes 5G-Netz gebe. Europa müsse sich beim Aufbau von Halbleiter-Fabriken und einer Batterieproduktion sputen. Wichtig sei eine zeitnahe Umsetzung der Pläne, damit die Wertschöpfung für die Autoindustrie nicht in andere Regionen abwandere. rtr
Höhere Kosten, mehr Bürokratie, viele Verspätungen: Ein Ausschuss des britischen Parlaments hat eine negative Bilanz des EU-Austritts gezogen. “Eines der großen Versprechen des Brexits war es, britische Unternehmen zu befreien, um ihnen den Spielraum zu geben, ihre Produktivität zu maximieren”, sagte die Vorsitzende des Rechenschaftsausschusses, Meg Hillier, von der Labour-Partei zu der am Mittwoch aktuell vorgestellten Untersuchung zum EU-Austritt. “Doch die einzigen erkennbaren Auswirkungen sind bisher erhöhte Kosten, Papierkram und Verzögerungen an der Grenze.”
Deutliche Bremsspuren hat der Brexit etwa im deutsch-britischen Außenhandel hinterlassen. So fielen die deutschen Exporte in das Vereinigte Königreich im vergangenen Jahr um 2,6 Prozent, während sie insgesamt um 14 Prozent auf den Rekordwert von 1375,5 Milliarden Euro zulegten. Die britischen Exporte nach Deutschland brachen 2021 sogar um 8,5 Prozent ein, während die deutschen Importe insgesamt um 7,1 Prozent zulegten.
Die Brexit-Befürworter räumten ein, dass der EU-Abschied kurzfristig für zusätzliche Kosten sorgen könnte. Langfristig würden sich aber erhebliche politische und wirtschaftliche Vorteile ergeben. Der Ausschuss wies in seiner Untersuchung darauf hin, dass die Regierung noch viel zu tun habe, um den grenzüberschreitenden Handel zu erleichtern.
Seit gut einem Jahr ist Großbritannien nicht mehr in der Zollunion und im Binnenmarkt. Durch das mit der EU vereinbarte Handels- und Kooperationsabkommen wurden zwar höhere Zölle vermieden. Allerdings werden nun Prüfbescheinigungen oder weitere Dokumente und Anforderungen verlangt, die den Grenzübertritt zeitaufwendiger und komplizierter machen und so höhere Handelskosten verursachen. rtr
Darf ich als Inhaberin einer Bäckerei den Impfstatus meiner Angestellten abfragen? Was soll die neu installierte Kamera auf dem Marktplatz – darf die Stadtverwaltung das überhaupt? Und welche Software kann bedenkenlos in den Schulen verwendet werden? Für Fragen dieser Art sind Dieter Kugelmann (58), der Landesbeauftrage für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Rheinland-Pfalz, und sein Team die Ansprechpartner.
Der Verantwortungsbereich des Juristen erstreckt sich aber nicht nur auf die Gesetzesanwendung. Als Mitglied der Datenschutzkonferenz nimmt er auch auf Gesetzgebungsverfahren Einfluss.
In der Debatte um datenschutzrechtliche Bedenken rund um Software schaut das dann beispielsweise so aus: Bei der Nutzung von MS Word werden alle Anschläge ‘mitgeschnitten’. Wird in den Schulen MS Office verwendet, lassen sich aus diesen Daten Rückschlüsse auf die Leistungsfähigkeit von Schülern ziehen, die potenziell zu deren Ungunsten ausfallen können.
Es sei wichtig, so Dieter Kugelmann, weder einseitig zu alarmieren, dass die Datenkraken unsere Kinder ausbeuten, noch, dass durch übertriebene Datenschutz-Maßnahmen das Lernen erschwert werde: “Wir müssen schauen, wie wir zwischen beiden Positionen einigermaßen vernünftig lavieren können.”
Das geschieht auch in Rücksprache mit einem scheinbar übermächtigen Akteur wie Microsoft, der wegen Konzernen wie BASF durchaus ein Interesse an der Zusammenarbeit mit dem Standort Rheinland-Pfalz hat.
Zufrieden zeigt sich Kugelmann, wenn er von der materiellen Rechtsgrundlage des deutschen und europäischen Datenschutzrechts spricht. Es sei hingegen die Rechtsanwendung, bei der er und seine Kollegen besser ansetzen müssen. Mit der Datenschutz-Grundverordnung sei ihnen ein gutes Instrument an die Hand gegeben worden, “aber es hapert an der Durchsetzung, an der harmonisierten Durchsetzung”.
Zwar seien die vom europäischen Datenschutzausschuss verfassten gemeinsamen Leitlinien vielversprechend, aber die Kooperation zwischen den Behörden sei weiterhin ausbaufähig. So müssen insbesondere für Irland und Luxemburg Methoden gefunden werden (Europe.Table berichtete), die verhindern, “dass die zuständigen Behörden die Verfahren auf die lange Bank schieben”.
Laut Koalitionsvertrag der neuen Regierung sollen der Datenschutzkonferenz rechtlich verbindliche Beschlüsse ermöglicht werden – ein ungewöhnliches Zugeständnis an ein unabhängiges Gremium. Kugelmann war im vergangenen Jahr Vorsitzender des Arbeitskreises, der im Moment ein Gutachten über die rechtliche Durchsetzbarkeit dieses Vorhabens erstellen lässt. Sollte dies gelingen, “dann können wir, wenn wir in Deutschland mit einer Stimme sprechen, unsere Stimme in Europa noch besser betonen“.
So könnten frühzeitig und deutlich die Weichen für Digitalisierungsprozesse gestellt werden, bei denen stets gilt, dass Datenschutz Grundrechtsschutz ist. Zu Zwecken der Emissionsreduktion für die Nutzung von Smart Grids sei der Gebrauch personenbezogener Daten aber womöglich in einem gewissen Rahmen zulässig. Die Spezifika seien aber erst noch in Zusammenarbeit mit Forschung und Wirtschaft zu eruieren. Julius Schwarzwälder
Mit großen Worten des Lobes hat Außenministerin Annalena Baerbock gestern ihre künftige Staatssekretärin vorgestellt. Ab 1. März wird die Noch-Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan formell zunächst Sonderbeauftragte für internationale Klimapolitik im Auswärtigen Amt. Die US-Amerikanerin hat die deutsche Staatsbürgerschaft bereits beantragt und soll zeitnah dann auch offiziell ins Amt der Staatssekretärin eingeführt werden.
Baerbock nannte die Ernennung Morgans eine “Traumbesetzung”, die nicht nur viele Jahre Erfahrung mitbringe, sondern auch bestens vernetzt sei in der internationalen Klimapolitik.
Nun stellt sich jedoch mehr denn je die Frage, wie die Kompetenzen in der Bundesregierung bei der Klimaaußenpolitik verteilt sind. Die Nominierung von Morgan zeigt, dass das AA dieses Thema selbst bespielen wird. Das dürfte sich nicht nur auf die Weltklimakonferenzen beschränken, wo erstmals das AA Deutschland federführend repräsentieren wird – bisher war es das Umweltministerium.
Morgan will darüber hinaus mit Vertreter:innen anderer Staaten sprechen, Bündnisse schließen und vor allem die schwächsten und am meisten vom Klimawandel betroffenen Länder unterstützen. Eine Aufgabe, die auch das Entwicklungsministerium mit Ex-Umweltministerin Svenja Schulze als Chefin und dem langjährigen Klimapolitikexperten Jochen Flasbarth als Staatssekretär für sich beansprucht.
Außerdem im AA: Staatsministerin für Europa und Klima Anna Lührmann. Man könnte meinen, Lührmann sei für die Kombination beider Begriffe zuständig – also für die europäische Klimapolitik. Die hat schließlich sehr viel mit Klimaaußenpolitik zu tun. Tatsächlich aber liegt die europäische Klimapolitik in Robert Habecks Wirtschafts- und Klimaschutzministerium. BMWK-Staatssekretär Patrick Graichen vertrat deshalb auch die Bundesregierung beim EU-Umweltrat im Dezember – zusammen mit Umweltministerin Steffi Lemke.
Und dann sind da im BMWK ja auch noch Europa-Staatssekretär Sven Giegold und die erfahrene Europapolitikerin und Parlamentarische Staatssekretärin Franziska Brantner.
Was macht also die AA-Staatsministerin für Europa und Klima, Anna Lührmann? Aus Regierungskreisen heißt es, Lührmann sei für internationale Klimapolitik jenseits der EU zuständig. Der Titel Staatsministerin für Europa und Klima beziehe sich nicht aufeinander. Na, das soll mal jemand verstehen.
Die Konsequenz ist, dass quasi jede Disziplin der Klimapolitik von mindestens zwei Ministerien behandelt wird. Auf die Frage, wie die Kompetenzen nun verteilt sind, antwortete Baerbock am Mittwoch ausweichend: Man stehe nicht in Konkurrenz mit anderen Ministerien, sondern im Miteinander. Dazu gehören laut Baerbock auch Landwirtschaftsministerium und Innenministerium.
“Miteinander” – das klingt schön, aber eben auch kompliziert. Es wäre nicht das erste Mal, dass Ministerien sich in Kompetenzgerangel verheddern. Und angesichts der Dringlichkeit des klimapolitischen Handelns, wie es die Regierung ja selbst stets betont, kann sie das eigentlich nicht gebrauchen. Lukas Scheid