von einem “großen Erfolg” und “ambitionierten Zielen” sprach das Bundeswirtschaftsministerium, nachdem die Energieminister gestern ihre Positionen zur Erneuerbaren- und zur Energieeffizienz-Richtlinie verabschiedet hatten. Doch blieb der Rat bei den Zielen in mehreren Punkten hinter dem zurück, was Kommission und Parlament angesichts der aktuellen Energiekrise durchsetzen wollen. Geschwächt wurde etwa die Ambition für den Einsatz von Wasserstoff in der Industrie. Energiekommissarin Kadri Simson, für gewöhnlich eher zurückhaltend, übte deutliche Kritik. Und auch Sven Giegold (Grüne), Staatssekretär im BMWK, sagte: “Da kann es eigentlich nur grüner werden.” Die Details hat Manuel Berkel.
Nach den G7 auf Schloss Elmau folgt der dritte Teil des Gipfelmarathons: Heute Abend startet der Nato-Gipfel in Madrid. Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine hat Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg die größte “Generalüberholung der Militärallianz” seit dem Ende des Kalten Krieges angekündigt. Die Zahl der schnellen Eingreifkräfte NRF soll massiv verstärkt werden – von derzeit 40.000 auf 300.000 Soldatinnen und Soldaten. Ein Schwerpunkt des Gipfels wird die Verabschiedung eines neuen strategischen Konzepts sein, in dem erstmals auch China erwähnt werden soll. Gesprächsbedarf gibt es außerdem zu den Forderungen der Türkei und zur Aufstockung des gemeinsamen Haushalts, wie Stephan Israel berichtet.
Auf die allgemeinen Ausrichtungen der Energieminister vom Montag folgten lobende Worte aus Berlin. Von einem “großen Erfolg” und “ambitionierten Zielen” schreibt das Bundeswirtschaftsministerium. Doch es war dessen Staatssekretär Sven Giegold (Grüne), der in einer Videobotschaft vor dem Ratsgebäude einen anderen Ton anschlug. Über den bevorstehenden Trilog mit dem Parlament sagte der ehemalige Europaabgeordnete: “Da kann es eigentlich nur grüner werden.”
Zwar sprach sich der Rat für höhere Ziele aus als in den geltenden Fassungen der Richtlinie für erneuerbare Energien und Energieeffizienz – doch die fallen in mehreren Punkten hinter das zurück, was Kommission und Parlament in der aktuellen Energiekrise durchsetzen wollen.
Die Effizienz-Ziele bleiben bei den neun Prozent aus dem ursprünglichen Kommissionsvorschlag vom Juli 2021. Angesichts der Gaskrise hatten Energiekommissarin Kadri Simson und das Parlament zuletzt aber 13 Prozent gefordert. Als Erfolg wertet das BMWK allerdings, dass zumindest das Ziel für End-Energie erstmals verpflichtend sein soll. Einsparungen bei der Primär-Energie bleiben dagegen freiwillig. Damit eröffnen sich größere Spielräume für die energieintensive Produktion von Wasserstoff oder auch die Ausweitung der Kohleverstromung, um der Gasknappheit zu begegnen.
Zeigen muss sich noch, wie handfest die Möglichkeiten der Kommission sind, auf Zielverfehlungen zu reagieren. Auch wenn das EU-weite Ziel für die End-Energie verpflichtend ist, gibt es für die Mitgliedsstaaten nur freiwillige nationale Ziele. Deutschland hat durchgesetzt, dass die Kommission Möglichkeiten zur Nachsteuerung bekommt und die nationalen Regierungen bei Zielverfehlungen nachsteuern müssen, falls sich die nationalen Pläne nicht zum EU-weiten Ziel aufaddieren. In der Praxis dürfte viel von Sanktionsmöglichkeiten abhängen.
Bei erneuerbaren Energien schreckt der Rat vor deutlich höheren Ambitionen zurück. Er will das Ziel für 2030 zwar von 32 auf 40 Prozent erhöhen, allerdings nicht auf 45 Prozent, wie es die Kommission und das Parlament jüngst gefordert hatten (Europe.Table berichtete). Geschwächt wurde auch die Ambition für den Einsatz von Wasserstoff in der Industrie. Das Ziel von 50 Prozent flüssigen oder gasförmigen erneuerbaren Kraftstoffen nicht biogenen Ursprungs (RFNBOs) wurde auf 2035 verschoben (Europe.Table berichtete), bis 2030 sollen es nur mindestens 35 Prozent sein.
Ungewöhnlich deutlich hatte die sonst eher zurückhaltende Energiekommissarin diese Verwässerung vor den Energieministern kritisiert. Durch die Ankündigungen aus der Industrie seien deutlich höhere Wasserstoff-Ziele umsetzbar, sagte Simson.
Beschlossen werden sollen mit der Richtlinie für erneuerbare Energien auch Erleichterungen für die Planung und Genehmigung. Greifen sollen die Vereinfachungen vor allem in sogenannten Go-to-Areas für Solar- und Windparks (Europe.Table berichtete). Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) begrüßte den Ansatz und sagte, er wolle ihn ausweiten. Die Idee der Go-to-Areas solle sich in allen für erneuerbare Energien relevanten Rechtsakten wiederfinden. Er hoffe auf einen Ratsbeschluss im September, sagte der Minister. Alle Ziele für Erneuerbare existierten sonst nur auf dem Papier.
Endgültig angenommen hat der Rat die Verordnung zur Gasspeicherung (Europe.Table berichtete). Sie schreibt verpflichtende EU-weite Mindestfüllstände für Gasspeicher von 80 Prozent bis zum Beginn des Winters vor. In den Folgejahren sollen es 90 Prozent sein. Die Verordnung führt außerdem ein Zertifizierungsverfahren für Betreiber von Gasspeichern ein.
Es soll der wichtigste Gipfel der Militärallianz seit Jahrzehnten werden. Angesichts der Bedrohung durch Russland und des Kriegs in der Ukraine will die Nato sich deutlich besser aufstellen. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg kündigte an, die Zahl der schnellen Eingreifkräfte NRF von derzeit 40.000 auf 300.000 Soldatinnen und Soldaten auszubauen. Vergessen die Zeit, als Frankreichs Präsident Emmanuel Macron der Nato den “Hirntod” attestierte. Spätestens der russische Angriff auf die Ukraine war der Elektroschock, der die Allianz wieder zum Leben erweckt hat.
Der Gipfel beginnt heute Abend mit einem Galadiner bei Spaniens König Felipe VI. Am ersten Gipfeltag am Mittwoch sollen die Staats- und Regierungschefs das neue strategische Konzept verabschieden, in dem erstmals auch die Bedrohung durch China Thema sein soll. Ukraines Präsident Wolodimir Selenski wird per Video zugeschaltet. Am Nachmittag stoßen die Staats- und Regierungschefs Georgiens sowie Japans, Südkoreas, Australiens und Neuseelands hinzu. Am Donnerstag ist der Fokus auf die südliche Nachbarschaft, mit Tunesien und Mauretanien als Gäste. Offen ist, ob es auf dem Gipfel mit der offiziellen Einladung Finnlands und Schwedens in die Nato klappt.
Die Staats- und Regierungschefs der 30 Nato-Mitglieder sollen auf dem Gipfel die “verstärkte Vorwärtspräsenz” entlang der Ostflanke beschließen. Bisher war die Präsenz dort eher symbolisch. Nach der russischen Annexion der Krim 2014 hatte das Bündnis in die drei baltischen Staaten und Polen erstmals rotierende Kampfbataillone geschickt. Damit wollte die Allianz sich zumindest formell an die Nato-Russland-Grundakte von 1997 halten, die permanente Truppenstationierungen untersagt.
Deutschland führt bereits in Litauen als Rahmennation die multilaterale Battlegroup. Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine haben die Bündnispartner begonnen, diese Gefechtsverbände zu verstärken und zusätzlich Truppen auch in die Slowakei, nach Ungarn, Bulgarien und insbesondere Rumänien zu schicken. Es ging darum, Moskau zu signalisieren, dass ein Angriff auf Estland oder Litauen immer ein Angriff auf das Bündnis wäre. Im Nato-Jargon ist die Rede vom “Stolperdraht”.
Nun reicht aus Sicht der Nato die symbolische Präsenz der Einheiten mit einer Stärke von 1200 Soldaten pro Land nicht mehr. Die Bündnispartner wollen für jedes Land vom Baltikum bis nach Rumänien jeweils eine multinationale Brigade von 3000 bis 5000 Frauen und Männern bestimmen. Deutschland hat ein Modell vorgeschlagen, das andere Rahmennationen übernehmen könnten. Die Brigaden sollen demnach größtenteils im Heimatland stationiert bleiben, vor Ort aber einen fixen Stab einrichten, regelmäßig im Gelände üben, schweres Kriegsgerät sowie Munition deponieren und im Ernstfall kurzfristig abrufbereit sein. Man verspricht sich davon mehr Flexibilität und natürlich auch geringere Kosten.
Zweiter Schwerpunkt ist die Verabschiedung des neuen strategischen Konzepts. Das aktuelle Lagebild ist hoffnungslos veraltet. Als es 2010 verabschiedet wurde, saß der damalige russische Präsident Dmitri Medwedew noch als willkommener Gast mit am Tisch, und Moskau wurde als “strategischer Partner” gepriesen. Die Nato hat tatsächlich lange versucht, mit Moskau eine Zusammenarbeit aufzubauen. Kurz vor dem Angriff auf die Ukraine hat sich Russland ganz aus dem Nato-Russland-Rat zurückgezogen: “Russland ist heute die größte und direkteste Bedrohung für unsere Sicherheit”, sagte Jens Stoltenberg am Montag. Ähnlich dürfte die Formulierung auch im strategischen Konzept lauten.
Erstmals soll dort auch China erwähnt werden. Ist China ein Feind, systemischer Rivale, ein möglicher Partner oder eine Mischung von allem? Experten der Verbündeten dürften noch bis zum Start des Gipfels am Mittwoch an Formulierungen feilen. Die USA sehen China und Russland auf ähnlicher Stufe als Gefahr. Ein Teil der Europäer mit Deutschland an der Spitze will jedoch zwischen den beiden Ländern einen klaren Unterschied machen. Russland sei für die Nato die hauptsächliche Herausforderung. Die Beziehungen zu China seien vielschichtiger als zu Russland (Europe.Table berichtete), da gebe es nicht nur Risiken, so Diplomaten.
Eigentlich sollte die Aufnahme der beiden Länder nur eine Formsache sein: Finnland und Schweden haben kurz nach Beginn des Überfalls Russlands auf die Ukraine mitgeteilt, der Nato beitreten zu wollen (Europe.Table berichtete). Doch im letzten Moment hat Präsident Recep Tayyip Erdoğan ein Veto eingelegt. Die beiden Länder sollen zuerst türkische Bedingungen erfüllen. Erdoğan wirft Finnland und insbesondere Schweden vor, auf ihrem Territorium nicht entschlossen genug gegen Sympathisanten der verbotenen Kurdenorganisation PKK vorzugehen.
Nicht alle türkischen Forderungen sind transparent. Möglicherweise geht es Erdoğan auch um Beschränkungen von Waffenausfuhren, die einige Nato-Mitglieder als Reaktion auf das Vorgehen der türkischen Streitkräfte gegen Kurden in Syrien verhängt haben. Oder er will erreichen, dass US-Präsident Joe Biden die Lieferung von F-16-Kampfflugzeugen zulässt, die blockiert ist, seitdem die Türkei ein russisches Flugabwehrsystem gekauft hat.
Er sei froh, dass Präsident Erdogan seine Einladung angenommen habe, heute in Madrid noch vor Beginn des Gipfels mit dem finnischen Präsidenten Sauli Niinistö und Schwedens Premierministerin Magdalena Andersson zusammenzutreffen, sagte Stoltenberg am Montag. Er könne nichts versprechen, aber alles werde getan, um Fortschritte zu erzielen, denn die Beitrittsgesuche Finnlands und Schwedens seien “historisch”.
Im Nato-Hauptquartier hatte man zuletzt die Erwartungen eher gedämpft. Möglicherweise brauche man für einen Deal und den formellen Start der Aufnahmegespräche etwas mehr Zeit. Schwedens Haltung gegenüber der PKK sei glasklar, sagte Premierministerin Andersson nach einem Treffen mit Stoltenberg am Montag in Brüssel. Zudem seien Gesetzesänderungen in Vorbereitung, um die Mitgliedschaft in terroristischen Organisationen besser verfolgen zu können.
Kein Nato-Gipfel ohne Diskussion um Lastenteilung und Geld: So heftig wie beim Gipfel mit Donald Trump dürfte es aber mit Abstand nicht zugehen. Der damalige US-Präsident hatte den europäischen Verbündeten einst vorgeworfen, zu wenig für die gemeinsame Sicherheit auszugeben und sogar mit dem Austritt gedroht. Joe Biden kommt als Freund und überzeugter Transatlantiker. Ohnehin sieht es bei der Lastenteilung inzwischen zumindest auf dem Papier besser aus. 2022 werde das achte Jahr in Folge sein, in dem die europäischen Verbündeten und Kanada mehr für Verteidigung ausgeben hätten, sagte Stoltenberg.
Der Nato-Generalsekretär bezifferte die zusätzlichen Investitionen seit 2014 auf 350 Milliarden Dollar. Neun Mitgliedstaaten hätten zudem inzwischen das Zwei-Prozent-Ziel der Verteidigungsausgaben erreicht. 19 Nato-Staaten planten, dies bis 2024 zu tun, darunter auch Deutschland. Das Zwei-Prozent-Ziel wird aber laut Stoltenberg immer mehr als Minimum gesehen, nicht als Obergrenze.
Umstritten war bis zuletzt der eher bescheidene gemeinsame Haushalt der Militärallianz von rund 2,6 Milliarden Euro pro Jahr, den Stoltenberg anheben möchte. Mit den Mitteln werden das Hauptquartier, die Kommandostrukturen und die AWACS-Flugzeuge zur Luftraumüberwachung finanziert. Frankreich war bisher dagegen, das Budget aufzustocken, aus dem Stoltenberg Truppensteller entlang der Ostflanke entlasten und gemeinsame Kapazitäten etwa im Kampf gegen hybride Kriegsführung finanzieren möchte.
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Eco (Verband der Internetwirtschaft) gibt einen Überblick zum europäischen Data Act und zum aktuellen Stand der Diskussionen. INFOS & ANMELDUNG
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BVMW, Vortrag Bürokratie pur? Auswirkungen der EU-Nachhaltigkeitsberichtspflicht auf den Mittelstand
Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) beschäftigt sich mit dem Konzept der “Doppelten Wesentlichkeit” im Kontext der Nachhaltigkeitsberichtspflicht. INFOS & ANMELDUNG
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CESI, Conference Summer Days 2022 – Ensuring fair green-digital transitions in Europe
The European Confederation of Independent Trade Unions (CESI) invites experts and representatives from think tanks, trade unions, employer organisations, institutions, and the civil society to debate ways to ensure that Europe’s bounce-back from the pandemic targets climate neutrality, digitalisation and social fairness and opportunities alike. INFOS & REGISTRATION
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EASE Energy Security Needs Energy Storage
The European Association for Storage of Energy (EASE) discusses the REPowerEU Action Plan and the role that energy storage has to play in ensuring energy security. INFOS & ANMELDUNG
30.06.2022 – 12:00-13:00 Uhr, Brüssel (Belgien)
DIHK, Diskussion EU-Japan: Starke Partner in unsicheren Zeiten?
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) beschäftigt sich mit den Auswirkungen aktueller globaler Entwicklungen auf die Beziehungen zwischen der EU und Japan. INFOS & ANMELDUNG
30.06.2022 – 15:00-17:00 Uhr, online
DIHK, Seminar Taxonomie: Worauf müssen sich Banken und Unternehmen einstellen?
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) widmet sich den Risiken und Potenzialen von Regulierungsmaßnahmen für KMU. INFOS & ANMELDUNG
30.06.2022 – 17:00-19:00 Uhr, online
HBS, Diskussion Green Cities 2035: Sonne & Wind – Energiewende vor Ort gestalten
Die Heinrich-Böll-Stiftung (HBS) beschäftigt sich mit Fragen rund um die geplanten Maßnahmen zur Erreichung der Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern. INFOS & ANMELDUNG
Bei den Beratungen der Staats- und Regierungschefs der G7 auf Schloss Elmau standen gestern auch die Hilfe für die Ukraine und die Reaktionen auf den russischen Angriffskrieg auf dem Programm. Man wolle die russische Wirtschaft weltweit weiter isolieren, heißt es in der am Montag veröffentlichten Erklärung. Die G7-Länder wollen etwa die Sanktionen gegen Russland und die Einnahmen des Landes aus Rohstoffverkäufen reduzieren. Man stünde kurz vor einer Einigung, sich hinter einen Preisdeckel für russisches Öl zu stellen, sagte ein US-Offizieller am Montag.
Die USA haben sich bereits vom russischen Öl verabschiedet, die EU will das bis spätestens Ende des Jahres tun (Europe.Table berichtete). Und doch wirken die Sanktionen nur bedingt, weil andere Staaten weiter russisches Öl beziehen, allen voran China und Indien. Die USA wollen diese Lücken mit dem Preisdeckel schließen.
Dabei hoffen sie auf zwei Effekte: Zuletzt war es so, dass Russlands Einnahmen wegen massiv gestiegener Öl- und Gaspreise trotz der westlichen Sanktionen gar gestiegen sind. Das würde der Preisdeckel verhindern. Zum anderen würden mit einem Preisdeckel angesichts der steigenden Inflation die negativen Wirkungen für Drittmärkte und Konsumenten weltweit begrenzt werden.
Nur: Ein solcher Preisdeckel für russisches Öl würde nur funktionieren, wenn Indien und China sich beteiligen. Indien war am Montag eins von fünf Gastländern, die beim G7 präsent waren. Auf den indischen Premierminister gingen die G7 ein. Mit China müssten sie erst noch reden.
Ebenfalls auf die USA geht der Vorstoß eines Importverbots für russisches Gold zurück. Damit würden Russland Milliardeneinnahmen aus diesem wichtigen Exportgut wegbrechen, glaubt US-Präsident Joe Biden. Die Europäer sind den Plänen gegenüber durchaus aufgeschlossen. “Der tatsächliche Einfluss auf den Goldmarkt dürfte aber zu gering sein, um die Preisentwicklung dauerhaft zu beeinflussen”, meint hingegen Rohstoffexperte Carsten Fritsch von der Commerzbank.
Russland zählt zwar nach Angaben des Branchenverbandes World Gold Council mit einer Minenproduktion von 330 Tonnen im vergangenen Jahr zu den wichtigsten Goldproduzenten. “Allerdings dürfte nur ein geringer Teil der russischen Produktion in den Westen gegangen sein”, sagt Fritsch. Experte Alexander Zumpfe vom Handelshaus Heraeus verwies auf die großen Nachfrageländer China und Indien. Dies mache “eine unmittelbare Knappheit auf dem Goldmarkt unwahrscheinlich”, sagte Zumpfe. Auch hierfür würde also China gebraucht werden. Bundeskanzler Olaf Scholz sagte zudem, dass das Gold-Embargo noch nicht als gemeinsame G7-Position beschlossen werden könne, weil es zuvor eine Abstimmung innerhalb der EU bedürfe.
Im Kampf gegen den Klimawandel bekennen sich die G7-Länder zur Möglichkeit eines internationalen Klimaklubs, um international vergleichbare Standards bei Klimaschutzanstrengungen zu entwickeln (Europe.Table berichtete). In einer am Montag veröffentlichten Erklärung zur Klimapolitik wird aber eine ausdrückliche Unterstützung für den von Kanzler Olaf Scholz seit Langem geforderten Klimaklub vermieden. Stattdessen heißt es nur, dass Pläne und Partnerschaften für globale Infrastruktur und Investitionen “zu den Zielen eines offenen und integrativen Klimaklubs beitragen können, indem sie politische Reformen und die Umgestaltung der Industrie und des Energiesektors im Einklang” ermöglichten.
Vor allem die USA hatten Vorbehalte angemeldet, weil es in den Vereinigten Staaten keine CO2-Besteuerung wie etwa in der EU gibt. Scholz hatte dagegen seine Idee genau damit begründet, dass man eine Vergleichbarkeit der unterschiedlichen nationalen Anstrengungen brauche, um einen Handelskrieg über Klimaschutz-Maßnahmen zu vermeiden. Der Klimaklub könnte aber auch noch in der Abschlusserklärung der G7 erwähnt werden, die am Dienstag veröffentlicht werden soll.
Christoph Bals, politischer Geschäftsführer bei der NGO Germanwatch, geht aber nicht davon aus, dass die Form der Klimaclubs noch unter der deutschen G7-Präsidentschaft in allen Details geklärt wird. Man werde voraussichtlich bis Ende des Jahres einen Prozess für deren Entwicklung ins Leben rufen, sagte er am Montag. Die Ausgestaltung müsste entsprechend von den Folgepräsidentschaften vorangetrieben werden. Dieser Gipfel sei nur der Startpunkt, so Bals.
Positiv bewerteten Umweltorganisationen am Montag zudem, dass in der Zusammenfassung des G7-Vorsitzes vom Montag keine Rede von Investitionen in fossile Infrastruktur in Schwellen- oder Entwicklungsländer war. Umweltschützer befürchten, dass in der Abschlusserklärung Investitionen beispielsweise in die Erschließung neuer Gasfelder als Notwendigkeit eingestuft werden, um die Kohleverstromung in den Ländern zu reduzieren. flee, rtr, luk
Russland steht offenbar vor dem ersten Zahlungsausfall auf Auslandsschulden seit mehr als 100 Jahren. In der Nacht auf Montag lief eine 30-Tage-Frist aus, innerhalb derer fällige Zinsen auf zwei Staatsanleihen in Auslandswährung zu zahlen waren. Es geht um insgesamt rund 100 Millionen US-Dollar (94,7 Mio Euro). Haben die Anleger das Geld nicht erhalten, wovon angesichts scharfer Finanzsanktionen des Westens auszugehen ist, wäre es der erste Zahlungsausfall auf Auslandsschulden seit dem Jahr 1918.
Die russische Regierung bestreitet nicht, dass Zinszahlungen nicht bei Gläubigern angekommen sind. Sie besteht aber darauf, die Zahlungen geleistet zu haben und streitet einen Zahlungsausfall daher ab. Die Zahlung sei noch im Mai erfolgt, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Montag der Agentur Interfax zufolge. Dass die Mittel vom Clearinghaus Euroclear wegen der westlichen Sanktionen gegen Russland blockiert worden seien (Europe.Table berichtete), sei “nicht unser Problem”, sagte er.
Die Hintergründe des aktuellen Falls sind kompliziert und suchen ihren historischen Vergleich. Russland betont, wirtschaftlich in der Lage und auch Willens zu sein, seine Schulden zu bedienen. Dem stehen jedoch scharfe Sanktionen vornehmlich westlicher Länder entgegen, die als Reaktion auf den Krieg Russlands gegen die Ukraine ergriffen wurden. Deswegen kann Moskau weder auf den Großteil seiner Finanzreserven im westlichen Ausland zugreifen, noch heimische Reserven an westliche Gläubiger weiterleiten.
Große Ratingagenturen, die normalerweise einen Zahlungsausfall feststellen würden, dürfen dies sanktionsbedingt derzeit nicht. Gläubigergemeinschaften, die versuchen könnten, ihre Ansprüche gegenüber Russland juristisch durchsetzen, sind bisher noch nicht öffentlich in Erscheinung getreten. Russlands Finanzminister Anton Siluanow hatte den drohenden Zahlungsausfall in der vergangenen Woche als “Farce” bezeichnet. Jeder, der die Vorgänge verstehe, wisse, dass es sich nicht um einen Zahlungsausfall handele.
Fachleute äußerten sich zunächst eher vorsichtig zu der Angelegenheit. Der sich abzeichnende Zahlungsausfall dürfte eher symbolischen Charakter haben, sagten Analysten der Dekabank. Hintergrund ist, dass die unmittelbaren Folgen eines russischen Zahlungsausfalls zunächst als eher begrenzt gelten können. Zum einen ist Russland nicht stark verschuldet. Zum anderen liegt ein nur geringer Teil der Staatsschulden in den Händen ausländischer Gläubiger.
Die mittelfristigen Folgen des Ausfalls sind unterdessen schwer abzusehen. Zunächst müssten mindestens 25 Prozent der betroffenen Gläubiger einen formellen Zahlungsausfall feststellen. Ob sich daraus ein sogenannter Cross-Default ergeben würde, ist gegenwärtig fraglich. In diesem Fall würden nicht nur die vom aktuellen Zahlungsausfall betroffenen Anleihen, sondern alle Auslandsschulden Russlands als notleidend gelten.
Diesen Fall wollte Russland zwar zuletzt ausschließen. Ob solch einseitigen Schritte aber vor internationalen Gerichten Bestand hätten, kann zumindest als zweifelhaft gelten. In der Folge könnte sich also ein längerer juristischer Streit zwischen Russland und seinen Gläubigern anbahnen. dpa
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck setzt im Umgang mit der derzeitigen Gas-Krise auf Solidarität zwischen den EU-Ländern. “Kein Land kann auf sich selbst angewiesen sein”, sagte der Grünen-Politiker vor dem Treffen der für Energie zuständigen Minister in Luxemburg. “Eine Versorgungskrise in einem Land führt zu einer Wirtschaftskrise im anderen Land.”
Der Minister unterzeichnete am Rande des Treffens eine Absichtserklärung mit seinen Kollegen aus Tschechien, Polen, Slowakei, Österreich und Ungarn, in der eine verstärkte regionale Zusammenarbeit im Falle von Stromversorgungskrisen vereinbart wird. Das Memorandum of Understanding solle eine wichtige Ausgangsbasis bilden für die weitere Zusammenarbeit zwischen den Ländern im Krisenfall, so das Wirtschaftsministerium.
Habeck sagte, Deutschland sei bereit, seine Nachbarländer zu unterstützen – und umgekehrt. “Wir würden überhaupt nicht vorankommen, wenn wir in dieser Situation nicht auf Frankreich, auf Belgien, auf die Niederlande, auch auf Norwegen zurückgreifen könnten, die uns ja unterstützen”, sagte er. Auch Algerien erhöhe die Gasmengen, die über Italien geliefert würden.
Die USA haben ihre Exporte von Flüssiggas nach Europa zuletzt sogar fast verdreifacht, wie es in einer gemeinsamen Mitteilung von US-Präsident Joe Biden und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen heißt. Die weltweiten LNG-Exporte nach Europa seien seit März im Vergleich zu 2021 um 75 Prozent gestiegen. Man arbeite zusammen, um die Abhängigkeit Europas von russischer Energie zu beenden. tho/dpa/rtr
85 Prozent des Kraftstoffes für Flugzeuge sollen bis 2050 nachhaltig sein. Die Mitglieder des Verkehrsausschusses im EU-Parlament (TRAN) stimmten am Montagnachmittag über den Gesetzesvorschlag ReFuelEU Aviation ab (Europe.Table berichtete). Ab 2025 soll der Anteil sogenannter Sustainable Aviation Fuels (SAF) am Gesamtverbrauch des europäischen Flugverkehrs bei 2 Prozent liegen und bis 2040 auf 37 Prozent ansteigen. 2050 soll die Quote schließlich bei 85 Prozent liegen, wobei das Potenzial von Strom und Wasserstoff im Gesamtkraftstoffmix berücksichtigt werden soll. Die Kommission hatte 32 Prozent für 2040 und 63 Prozent für 2050 vorgeschlagen.
Die EU-Verkehrspolitiker wollen dafür ab 2023 einen Fonds für nachhaltige Luftfahrt einrichten, um die Dekarbonisierung des Sektors zu beschleunigen und Investitionen in nachhaltige Flugkraftstoffe, innovative Flugzeugantriebstechnologien und die Forschung für neue Triebwerke zu unterstützen.
Die Abgeordneten passten auch die Definition des SAF-Begriffs an. Bislang wurden darunter synthetische Kraftstoffe gefasst sowie bestimmte Biokraftstoffe, die aus land- oder forstwirtschaftlichen Rückständen, Algen, Bioabfällen oder gebrauchtem Speiseöl hergestellt werden. Der TRAN-Vorschlag sieht vor, dass wiederverwertbare kohlenstoffhaltige Kraftstoffe, die aus Abfällen und Abgasen aus dem Produktionsprozess von Industrieanlagen hergestellt werden, darunter fallen.
Biokraftstoffe, die aus tierischen Fetten oder Destillaten hergestellt werden, sollen dagegen nur bis 2034 im Kraftstoffmix des Luftverkehrs verwendet werden. Kraftstoffe auf Basis von Futter- und Nahrungsmittelpflanzen sowie aus Palmöl wurden jedoch ausgeschlossen. Im Juli wird das Plenum über den Bericht abstimmen. luk
Mehrere Wirtschaftsverbände fordern angesichts der drohenden Rezession neue politische Impulse zum Abbau von Hemmnissen im gemeinsamen Markt. “Unternehmen erleben den Binnenmarkt nicht mehr als echtes Freihandelsgebiet”, kritisieren Business Europe, Eurochambres, Digitaleurope, Euro Commerce und der European Round Table in einer gemeinsamen Erklärung. In den vergangenen zehn Jahren habe es kaum noch Bemühungen zum Abbau von Hindernissen gegeben.
EU-Gesetzgebung gebe den Mitgliedstaaten häufig zu viel Spielraum bei der Umsetzung in nationale Vorschriften, kritisieren die Verbände. Gerade kleinere und mittelständische Unternehmen täten sich schwer mit abweichenden rechtlichen Erfordernissen in den einzelnen Ländern. Statt luftiger Bekenntnisse zum Binnenmarkt in den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates brauche es konkrete Verbesserungen.
Neue Regulierung solle daher entweder auf eine volle Harmonisierung der Rechtsvorschriften setzen oder auf das Ursprungslandprinzip, das ein gewisses Maß an Vertrauen zwischen den nationalen Verwaltungen erfordere. Um der Fragmentierung vorzubeugen, solle die Agenda für die bessere Rechtsetzung durch einen Binnenmarkttest ergänzt werden, fordern die Wirtschaftsvertreter. Um exzessive Regulierung der Unternehmen zu vermeiden, solle überdies das 1-in-1-out-Prinzip konsequent angewandt werden, das Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zum Amtsantritt versprochen hatte. tho
Bulgariens Präsident Rumen Radew (Europe.Table berichtete) hat am Montag Gespräche mit den politischen Parteien aufgenommen, um Neuwahlen zu verhindern. Die Regierungskoalition des reformorientierten Ministerpräsidenten Kiril Petkow war in der vergangenen Woche durch ein Misstrauensvotum gestürzt worden.
Petkow hofft auf die Unterstützung von mindestens sechs weiteren Abgeordneten, mit denen er eine absolute Mehrheit erreichen würde. Analysten bleiben jedoch skeptisch und rechnen mit Neuwahlen im Herbst. Es wären die vierten Wahlen in Bulgarien seit 2021.
Am Montag nahm Radew Konsultationen mit der zweitgrößten Partei im Parlament, der Mitte-Rechts-Partei GERB, auf. Petkows PP-Partei hatte um einen Aufschub der Gespräche gebeten, bis das Parlament Ende dieser Woche über die von ihm vorgeschlagenen Haushaltsänderungen abstimmt. “Die Bulgaren sind zu Recht besorgt über die steigenden Preise, den andauernden Krieg und die Ungewissheit, die diese Krisen mit sich bringen”, sagte Radew im Vorfeld der Gespräche.
GERB-Vertreter sagten Radew, ihre Partei werde nicht versuchen, eine Regierung zu bilden, falls Petkow scheitert. Wenn Petkows PP, GERB und eine weitere politische Partei im Parlament sich nicht zu einer Regierung zusammenfinden, muss Radew ein Übergangskabinett ernennen und innerhalb von zwei Monaten vorgezogene Neuwahlen ausrufen.
Petkow macht Korruption und prorussischen Einfluss für den Zusammenbruch seiner Regierung verantwortlich. Seine Befürchtung sei, so Petkow, dass ein von Radew ernanntes Interimskabinett die Entscheidung Bulgariens, russisches Gas nicht in Rubel zu bezahlen, rückgängig machen könnte. Vergangene Woche hat das bulgarische Parlament sich für eine Aufhebung des Vetos gegen den Beginn von EU-Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien ausgesprochen (Europe.Table berichtete). rtr/sas
Das Gesicht der deutschen Elektro- und Digitalindustrie in Brüssel trägt den Titel des Dr. phil. in Politikwissenschaft, Vergleichender Literaturwissenschaft und Kunstgeschichte. Passt das zusammen? Wenn Oliver Blank, Leiter European Affairs beim Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) erzählt, wie er dorthin gekommen ist, ergibt sich durchaus ein roter Faden.
“Ich wollte ursprünglich Journalist werden und fürs Feuilleton oder den Wirtschaftsteil der FAZ schreiben. Danach habe ich meine Studienfächer ausgewählt.” Das Interesse verschiebt sich dann aber immer mehr in Richtung Politik. Nach einem Masterstudium in den USA, ersten Berufserfahrungen in einer Werbeagentur und der Promotion hat er seine Bestimmung gefunden: Die Schnittstelle zwischen Politik und Wirtschaft ist es, die ihn interessiert. “Da landen Sie recht schnell bei einem Verband.”
Sein erster Verbands-Arbeitgeber wird der VDMA. Alles richtet sich damals kurz vor der Jahrtausendwende an den Themen Informationstechnologie und Europa aus. Blank geht nach Brüssel und gründet dort 1999 den Verband EICTA mit, der sich 2009 in Digitaleurope umbenennt. Vier Jahre lang baut er die Strukturen vor Ort auf. “Das war mein erster europäischer Job. So kam ich in diese Welt hinein.” Auch privat änderte sich für Blank einiges. 2001 kommt seine Tochter auf die Welt, 2002 sein Sohn. Die junge Familie pendelt zwischen Brüssel und Frankfurt am Main.
Da kommt 2003 das Angebot, die Hauptgeschäftsführung des ZVEI in Frankfurt zu verstärken, genau richtig. Blank ist damals einer der wenigen, die keinen Ingenieurshintergrund haben. Doch seine Kompetenzen sind es, die gebraucht werden, etwa Kommunikationsstärke und politisches Verständnis. Denn er soll den europäischen Verbandszweig aufbauen.
Schon bald fühlt sich Oliver Blank in der Branche zu Hause. “Was mich bis heute an der Elektroindustrie fasziniert ist, dass sie sehr mittelständisch geprägt ist und man merkt, wie wichtig die kleinen und mittelständischen Unternehmen für Europa sind”, erzählt er. Mit ihnen zusammenzuarbeiten, mache ihm “riesigen Spaß”, da ihr Engagement für die Gesellschaft keine Modeerscheinung, sondern schon immer Teil ihrer Motivation sei. “Sie engagieren sich in ihren Regionen, machen viel im Bildungs- und Weiterbildungsbereich. Die machen das, was man heute Corporate Social Responsibility nennt, schon seit Jahrzehnten.”
Als die Kinder größer werden, geht er zurück nach Brüssel. Er baut das Brüsseler Büro des Zentralverbands Elektrotechnik- und Elektronikindustrie auf. Das Büro wächst, weitet seinen Tätigkeitsbereich unter seiner Leitung von Europa auf China aus und seit Mai dieses Jahres auch auf alles Internationale. “Ich war immer gut darin, neue Dinge anzuschieben”, sagt Blank. Nie sei er irgendwo hingegangen, wo es bereits fertige Strukturen gab. Ein weiterer beruflicher Schwerpunkt: Menschen zusammenzubringen, auch solche mit unterschiedlichen Ansichten und Positionen – und somit Kompromisse zu ermöglichen.
Die internationale Entwicklung und die zunehmende Polarisierung machen ihm daher große Sorgen. Sowohl der Krieg in Europa als auch die Abschottung Chinas und nicht zuletzt die Ungewissheit, wohin sich die USA trotz aller Euphorie an der neuen transatlantischen Partnerschaft in den nächsten Jahren entwickeln, machen es schwieriger, Menschen miteinander ins Gespräch zu bringen. “Die globalen Herausforderungen sind im Moment sehr groß, der Orientierungsbedarf bei unseren Mitgliedsfirmen ist extrem hoch“, sagt Blank.
Analysen und Prognosen werden immer wichtiger. Parallel befindet sich die Politik immer häufiger im Krisenmodus und kann immer weniger gestalten, habe er das Gefühl. Komplexität, Schnelligkeit und eine ständige Prioritätensetzung sind auch in seinem Arbeitsalltag angekommen. “Das war zu Beginn der 2000er Jahre noch nicht so. Da hatten viele EU-Kommissare noch nicht mal einen Computer auf dem Schreibtisch.”
Am Ende eines anstrengenden Tages schaltet Oliver Blank gern mal beim Kochen ab. “Da bin ich dann monothematisch unterwegs”, sagt er. Heißt: Er denkt an nichts anderes als an das Gericht, das er gerade zubereitet. Ulrike Christl
von einem “großen Erfolg” und “ambitionierten Zielen” sprach das Bundeswirtschaftsministerium, nachdem die Energieminister gestern ihre Positionen zur Erneuerbaren- und zur Energieeffizienz-Richtlinie verabschiedet hatten. Doch blieb der Rat bei den Zielen in mehreren Punkten hinter dem zurück, was Kommission und Parlament angesichts der aktuellen Energiekrise durchsetzen wollen. Geschwächt wurde etwa die Ambition für den Einsatz von Wasserstoff in der Industrie. Energiekommissarin Kadri Simson, für gewöhnlich eher zurückhaltend, übte deutliche Kritik. Und auch Sven Giegold (Grüne), Staatssekretär im BMWK, sagte: “Da kann es eigentlich nur grüner werden.” Die Details hat Manuel Berkel.
Nach den G7 auf Schloss Elmau folgt der dritte Teil des Gipfelmarathons: Heute Abend startet der Nato-Gipfel in Madrid. Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine hat Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg die größte “Generalüberholung der Militärallianz” seit dem Ende des Kalten Krieges angekündigt. Die Zahl der schnellen Eingreifkräfte NRF soll massiv verstärkt werden – von derzeit 40.000 auf 300.000 Soldatinnen und Soldaten. Ein Schwerpunkt des Gipfels wird die Verabschiedung eines neuen strategischen Konzepts sein, in dem erstmals auch China erwähnt werden soll. Gesprächsbedarf gibt es außerdem zu den Forderungen der Türkei und zur Aufstockung des gemeinsamen Haushalts, wie Stephan Israel berichtet.
Auf die allgemeinen Ausrichtungen der Energieminister vom Montag folgten lobende Worte aus Berlin. Von einem “großen Erfolg” und “ambitionierten Zielen” schreibt das Bundeswirtschaftsministerium. Doch es war dessen Staatssekretär Sven Giegold (Grüne), der in einer Videobotschaft vor dem Ratsgebäude einen anderen Ton anschlug. Über den bevorstehenden Trilog mit dem Parlament sagte der ehemalige Europaabgeordnete: “Da kann es eigentlich nur grüner werden.”
Zwar sprach sich der Rat für höhere Ziele aus als in den geltenden Fassungen der Richtlinie für erneuerbare Energien und Energieeffizienz – doch die fallen in mehreren Punkten hinter das zurück, was Kommission und Parlament in der aktuellen Energiekrise durchsetzen wollen.
Die Effizienz-Ziele bleiben bei den neun Prozent aus dem ursprünglichen Kommissionsvorschlag vom Juli 2021. Angesichts der Gaskrise hatten Energiekommissarin Kadri Simson und das Parlament zuletzt aber 13 Prozent gefordert. Als Erfolg wertet das BMWK allerdings, dass zumindest das Ziel für End-Energie erstmals verpflichtend sein soll. Einsparungen bei der Primär-Energie bleiben dagegen freiwillig. Damit eröffnen sich größere Spielräume für die energieintensive Produktion von Wasserstoff oder auch die Ausweitung der Kohleverstromung, um der Gasknappheit zu begegnen.
Zeigen muss sich noch, wie handfest die Möglichkeiten der Kommission sind, auf Zielverfehlungen zu reagieren. Auch wenn das EU-weite Ziel für die End-Energie verpflichtend ist, gibt es für die Mitgliedsstaaten nur freiwillige nationale Ziele. Deutschland hat durchgesetzt, dass die Kommission Möglichkeiten zur Nachsteuerung bekommt und die nationalen Regierungen bei Zielverfehlungen nachsteuern müssen, falls sich die nationalen Pläne nicht zum EU-weiten Ziel aufaddieren. In der Praxis dürfte viel von Sanktionsmöglichkeiten abhängen.
Bei erneuerbaren Energien schreckt der Rat vor deutlich höheren Ambitionen zurück. Er will das Ziel für 2030 zwar von 32 auf 40 Prozent erhöhen, allerdings nicht auf 45 Prozent, wie es die Kommission und das Parlament jüngst gefordert hatten (Europe.Table berichtete). Geschwächt wurde auch die Ambition für den Einsatz von Wasserstoff in der Industrie. Das Ziel von 50 Prozent flüssigen oder gasförmigen erneuerbaren Kraftstoffen nicht biogenen Ursprungs (RFNBOs) wurde auf 2035 verschoben (Europe.Table berichtete), bis 2030 sollen es nur mindestens 35 Prozent sein.
Ungewöhnlich deutlich hatte die sonst eher zurückhaltende Energiekommissarin diese Verwässerung vor den Energieministern kritisiert. Durch die Ankündigungen aus der Industrie seien deutlich höhere Wasserstoff-Ziele umsetzbar, sagte Simson.
Beschlossen werden sollen mit der Richtlinie für erneuerbare Energien auch Erleichterungen für die Planung und Genehmigung. Greifen sollen die Vereinfachungen vor allem in sogenannten Go-to-Areas für Solar- und Windparks (Europe.Table berichtete). Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) begrüßte den Ansatz und sagte, er wolle ihn ausweiten. Die Idee der Go-to-Areas solle sich in allen für erneuerbare Energien relevanten Rechtsakten wiederfinden. Er hoffe auf einen Ratsbeschluss im September, sagte der Minister. Alle Ziele für Erneuerbare existierten sonst nur auf dem Papier.
Endgültig angenommen hat der Rat die Verordnung zur Gasspeicherung (Europe.Table berichtete). Sie schreibt verpflichtende EU-weite Mindestfüllstände für Gasspeicher von 80 Prozent bis zum Beginn des Winters vor. In den Folgejahren sollen es 90 Prozent sein. Die Verordnung führt außerdem ein Zertifizierungsverfahren für Betreiber von Gasspeichern ein.
Es soll der wichtigste Gipfel der Militärallianz seit Jahrzehnten werden. Angesichts der Bedrohung durch Russland und des Kriegs in der Ukraine will die Nato sich deutlich besser aufstellen. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg kündigte an, die Zahl der schnellen Eingreifkräfte NRF von derzeit 40.000 auf 300.000 Soldatinnen und Soldaten auszubauen. Vergessen die Zeit, als Frankreichs Präsident Emmanuel Macron der Nato den “Hirntod” attestierte. Spätestens der russische Angriff auf die Ukraine war der Elektroschock, der die Allianz wieder zum Leben erweckt hat.
Der Gipfel beginnt heute Abend mit einem Galadiner bei Spaniens König Felipe VI. Am ersten Gipfeltag am Mittwoch sollen die Staats- und Regierungschefs das neue strategische Konzept verabschieden, in dem erstmals auch die Bedrohung durch China Thema sein soll. Ukraines Präsident Wolodimir Selenski wird per Video zugeschaltet. Am Nachmittag stoßen die Staats- und Regierungschefs Georgiens sowie Japans, Südkoreas, Australiens und Neuseelands hinzu. Am Donnerstag ist der Fokus auf die südliche Nachbarschaft, mit Tunesien und Mauretanien als Gäste. Offen ist, ob es auf dem Gipfel mit der offiziellen Einladung Finnlands und Schwedens in die Nato klappt.
Die Staats- und Regierungschefs der 30 Nato-Mitglieder sollen auf dem Gipfel die “verstärkte Vorwärtspräsenz” entlang der Ostflanke beschließen. Bisher war die Präsenz dort eher symbolisch. Nach der russischen Annexion der Krim 2014 hatte das Bündnis in die drei baltischen Staaten und Polen erstmals rotierende Kampfbataillone geschickt. Damit wollte die Allianz sich zumindest formell an die Nato-Russland-Grundakte von 1997 halten, die permanente Truppenstationierungen untersagt.
Deutschland führt bereits in Litauen als Rahmennation die multilaterale Battlegroup. Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine haben die Bündnispartner begonnen, diese Gefechtsverbände zu verstärken und zusätzlich Truppen auch in die Slowakei, nach Ungarn, Bulgarien und insbesondere Rumänien zu schicken. Es ging darum, Moskau zu signalisieren, dass ein Angriff auf Estland oder Litauen immer ein Angriff auf das Bündnis wäre. Im Nato-Jargon ist die Rede vom “Stolperdraht”.
Nun reicht aus Sicht der Nato die symbolische Präsenz der Einheiten mit einer Stärke von 1200 Soldaten pro Land nicht mehr. Die Bündnispartner wollen für jedes Land vom Baltikum bis nach Rumänien jeweils eine multinationale Brigade von 3000 bis 5000 Frauen und Männern bestimmen. Deutschland hat ein Modell vorgeschlagen, das andere Rahmennationen übernehmen könnten. Die Brigaden sollen demnach größtenteils im Heimatland stationiert bleiben, vor Ort aber einen fixen Stab einrichten, regelmäßig im Gelände üben, schweres Kriegsgerät sowie Munition deponieren und im Ernstfall kurzfristig abrufbereit sein. Man verspricht sich davon mehr Flexibilität und natürlich auch geringere Kosten.
Zweiter Schwerpunkt ist die Verabschiedung des neuen strategischen Konzepts. Das aktuelle Lagebild ist hoffnungslos veraltet. Als es 2010 verabschiedet wurde, saß der damalige russische Präsident Dmitri Medwedew noch als willkommener Gast mit am Tisch, und Moskau wurde als “strategischer Partner” gepriesen. Die Nato hat tatsächlich lange versucht, mit Moskau eine Zusammenarbeit aufzubauen. Kurz vor dem Angriff auf die Ukraine hat sich Russland ganz aus dem Nato-Russland-Rat zurückgezogen: “Russland ist heute die größte und direkteste Bedrohung für unsere Sicherheit”, sagte Jens Stoltenberg am Montag. Ähnlich dürfte die Formulierung auch im strategischen Konzept lauten.
Erstmals soll dort auch China erwähnt werden. Ist China ein Feind, systemischer Rivale, ein möglicher Partner oder eine Mischung von allem? Experten der Verbündeten dürften noch bis zum Start des Gipfels am Mittwoch an Formulierungen feilen. Die USA sehen China und Russland auf ähnlicher Stufe als Gefahr. Ein Teil der Europäer mit Deutschland an der Spitze will jedoch zwischen den beiden Ländern einen klaren Unterschied machen. Russland sei für die Nato die hauptsächliche Herausforderung. Die Beziehungen zu China seien vielschichtiger als zu Russland (Europe.Table berichtete), da gebe es nicht nur Risiken, so Diplomaten.
Eigentlich sollte die Aufnahme der beiden Länder nur eine Formsache sein: Finnland und Schweden haben kurz nach Beginn des Überfalls Russlands auf die Ukraine mitgeteilt, der Nato beitreten zu wollen (Europe.Table berichtete). Doch im letzten Moment hat Präsident Recep Tayyip Erdoğan ein Veto eingelegt. Die beiden Länder sollen zuerst türkische Bedingungen erfüllen. Erdoğan wirft Finnland und insbesondere Schweden vor, auf ihrem Territorium nicht entschlossen genug gegen Sympathisanten der verbotenen Kurdenorganisation PKK vorzugehen.
Nicht alle türkischen Forderungen sind transparent. Möglicherweise geht es Erdoğan auch um Beschränkungen von Waffenausfuhren, die einige Nato-Mitglieder als Reaktion auf das Vorgehen der türkischen Streitkräfte gegen Kurden in Syrien verhängt haben. Oder er will erreichen, dass US-Präsident Joe Biden die Lieferung von F-16-Kampfflugzeugen zulässt, die blockiert ist, seitdem die Türkei ein russisches Flugabwehrsystem gekauft hat.
Er sei froh, dass Präsident Erdogan seine Einladung angenommen habe, heute in Madrid noch vor Beginn des Gipfels mit dem finnischen Präsidenten Sauli Niinistö und Schwedens Premierministerin Magdalena Andersson zusammenzutreffen, sagte Stoltenberg am Montag. Er könne nichts versprechen, aber alles werde getan, um Fortschritte zu erzielen, denn die Beitrittsgesuche Finnlands und Schwedens seien “historisch”.
Im Nato-Hauptquartier hatte man zuletzt die Erwartungen eher gedämpft. Möglicherweise brauche man für einen Deal und den formellen Start der Aufnahmegespräche etwas mehr Zeit. Schwedens Haltung gegenüber der PKK sei glasklar, sagte Premierministerin Andersson nach einem Treffen mit Stoltenberg am Montag in Brüssel. Zudem seien Gesetzesänderungen in Vorbereitung, um die Mitgliedschaft in terroristischen Organisationen besser verfolgen zu können.
Kein Nato-Gipfel ohne Diskussion um Lastenteilung und Geld: So heftig wie beim Gipfel mit Donald Trump dürfte es aber mit Abstand nicht zugehen. Der damalige US-Präsident hatte den europäischen Verbündeten einst vorgeworfen, zu wenig für die gemeinsame Sicherheit auszugeben und sogar mit dem Austritt gedroht. Joe Biden kommt als Freund und überzeugter Transatlantiker. Ohnehin sieht es bei der Lastenteilung inzwischen zumindest auf dem Papier besser aus. 2022 werde das achte Jahr in Folge sein, in dem die europäischen Verbündeten und Kanada mehr für Verteidigung ausgeben hätten, sagte Stoltenberg.
Der Nato-Generalsekretär bezifferte die zusätzlichen Investitionen seit 2014 auf 350 Milliarden Dollar. Neun Mitgliedstaaten hätten zudem inzwischen das Zwei-Prozent-Ziel der Verteidigungsausgaben erreicht. 19 Nato-Staaten planten, dies bis 2024 zu tun, darunter auch Deutschland. Das Zwei-Prozent-Ziel wird aber laut Stoltenberg immer mehr als Minimum gesehen, nicht als Obergrenze.
Umstritten war bis zuletzt der eher bescheidene gemeinsame Haushalt der Militärallianz von rund 2,6 Milliarden Euro pro Jahr, den Stoltenberg anheben möchte. Mit den Mitteln werden das Hauptquartier, die Kommandostrukturen und die AWACS-Flugzeuge zur Luftraumüberwachung finanziert. Frankreich war bisher dagegen, das Budget aufzustocken, aus dem Stoltenberg Truppensteller entlang der Ostflanke entlasten und gemeinsame Kapazitäten etwa im Kampf gegen hybride Kriegsführung finanzieren möchte.
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BVMW, Vortrag Bürokratie pur? Auswirkungen der EU-Nachhaltigkeitsberichtspflicht auf den Mittelstand
Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) beschäftigt sich mit dem Konzept der “Doppelten Wesentlichkeit” im Kontext der Nachhaltigkeitsberichtspflicht. INFOS & ANMELDUNG
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The European Confederation of Independent Trade Unions (CESI) invites experts and representatives from think tanks, trade unions, employer organisations, institutions, and the civil society to debate ways to ensure that Europe’s bounce-back from the pandemic targets climate neutrality, digitalisation and social fairness and opportunities alike. INFOS & REGISTRATION
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EASE Energy Security Needs Energy Storage
The European Association for Storage of Energy (EASE) discusses the REPowerEU Action Plan and the role that energy storage has to play in ensuring energy security. INFOS & ANMELDUNG
30.06.2022 – 12:00-13:00 Uhr, Brüssel (Belgien)
DIHK, Diskussion EU-Japan: Starke Partner in unsicheren Zeiten?
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) beschäftigt sich mit den Auswirkungen aktueller globaler Entwicklungen auf die Beziehungen zwischen der EU und Japan. INFOS & ANMELDUNG
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DIHK, Seminar Taxonomie: Worauf müssen sich Banken und Unternehmen einstellen?
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) widmet sich den Risiken und Potenzialen von Regulierungsmaßnahmen für KMU. INFOS & ANMELDUNG
30.06.2022 – 17:00-19:00 Uhr, online
HBS, Diskussion Green Cities 2035: Sonne & Wind – Energiewende vor Ort gestalten
Die Heinrich-Böll-Stiftung (HBS) beschäftigt sich mit Fragen rund um die geplanten Maßnahmen zur Erreichung der Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern. INFOS & ANMELDUNG
Bei den Beratungen der Staats- und Regierungschefs der G7 auf Schloss Elmau standen gestern auch die Hilfe für die Ukraine und die Reaktionen auf den russischen Angriffskrieg auf dem Programm. Man wolle die russische Wirtschaft weltweit weiter isolieren, heißt es in der am Montag veröffentlichten Erklärung. Die G7-Länder wollen etwa die Sanktionen gegen Russland und die Einnahmen des Landes aus Rohstoffverkäufen reduzieren. Man stünde kurz vor einer Einigung, sich hinter einen Preisdeckel für russisches Öl zu stellen, sagte ein US-Offizieller am Montag.
Die USA haben sich bereits vom russischen Öl verabschiedet, die EU will das bis spätestens Ende des Jahres tun (Europe.Table berichtete). Und doch wirken die Sanktionen nur bedingt, weil andere Staaten weiter russisches Öl beziehen, allen voran China und Indien. Die USA wollen diese Lücken mit dem Preisdeckel schließen.
Dabei hoffen sie auf zwei Effekte: Zuletzt war es so, dass Russlands Einnahmen wegen massiv gestiegener Öl- und Gaspreise trotz der westlichen Sanktionen gar gestiegen sind. Das würde der Preisdeckel verhindern. Zum anderen würden mit einem Preisdeckel angesichts der steigenden Inflation die negativen Wirkungen für Drittmärkte und Konsumenten weltweit begrenzt werden.
Nur: Ein solcher Preisdeckel für russisches Öl würde nur funktionieren, wenn Indien und China sich beteiligen. Indien war am Montag eins von fünf Gastländern, die beim G7 präsent waren. Auf den indischen Premierminister gingen die G7 ein. Mit China müssten sie erst noch reden.
Ebenfalls auf die USA geht der Vorstoß eines Importverbots für russisches Gold zurück. Damit würden Russland Milliardeneinnahmen aus diesem wichtigen Exportgut wegbrechen, glaubt US-Präsident Joe Biden. Die Europäer sind den Plänen gegenüber durchaus aufgeschlossen. “Der tatsächliche Einfluss auf den Goldmarkt dürfte aber zu gering sein, um die Preisentwicklung dauerhaft zu beeinflussen”, meint hingegen Rohstoffexperte Carsten Fritsch von der Commerzbank.
Russland zählt zwar nach Angaben des Branchenverbandes World Gold Council mit einer Minenproduktion von 330 Tonnen im vergangenen Jahr zu den wichtigsten Goldproduzenten. “Allerdings dürfte nur ein geringer Teil der russischen Produktion in den Westen gegangen sein”, sagt Fritsch. Experte Alexander Zumpfe vom Handelshaus Heraeus verwies auf die großen Nachfrageländer China und Indien. Dies mache “eine unmittelbare Knappheit auf dem Goldmarkt unwahrscheinlich”, sagte Zumpfe. Auch hierfür würde also China gebraucht werden. Bundeskanzler Olaf Scholz sagte zudem, dass das Gold-Embargo noch nicht als gemeinsame G7-Position beschlossen werden könne, weil es zuvor eine Abstimmung innerhalb der EU bedürfe.
Im Kampf gegen den Klimawandel bekennen sich die G7-Länder zur Möglichkeit eines internationalen Klimaklubs, um international vergleichbare Standards bei Klimaschutzanstrengungen zu entwickeln (Europe.Table berichtete). In einer am Montag veröffentlichten Erklärung zur Klimapolitik wird aber eine ausdrückliche Unterstützung für den von Kanzler Olaf Scholz seit Langem geforderten Klimaklub vermieden. Stattdessen heißt es nur, dass Pläne und Partnerschaften für globale Infrastruktur und Investitionen “zu den Zielen eines offenen und integrativen Klimaklubs beitragen können, indem sie politische Reformen und die Umgestaltung der Industrie und des Energiesektors im Einklang” ermöglichten.
Vor allem die USA hatten Vorbehalte angemeldet, weil es in den Vereinigten Staaten keine CO2-Besteuerung wie etwa in der EU gibt. Scholz hatte dagegen seine Idee genau damit begründet, dass man eine Vergleichbarkeit der unterschiedlichen nationalen Anstrengungen brauche, um einen Handelskrieg über Klimaschutz-Maßnahmen zu vermeiden. Der Klimaklub könnte aber auch noch in der Abschlusserklärung der G7 erwähnt werden, die am Dienstag veröffentlicht werden soll.
Christoph Bals, politischer Geschäftsführer bei der NGO Germanwatch, geht aber nicht davon aus, dass die Form der Klimaclubs noch unter der deutschen G7-Präsidentschaft in allen Details geklärt wird. Man werde voraussichtlich bis Ende des Jahres einen Prozess für deren Entwicklung ins Leben rufen, sagte er am Montag. Die Ausgestaltung müsste entsprechend von den Folgepräsidentschaften vorangetrieben werden. Dieser Gipfel sei nur der Startpunkt, so Bals.
Positiv bewerteten Umweltorganisationen am Montag zudem, dass in der Zusammenfassung des G7-Vorsitzes vom Montag keine Rede von Investitionen in fossile Infrastruktur in Schwellen- oder Entwicklungsländer war. Umweltschützer befürchten, dass in der Abschlusserklärung Investitionen beispielsweise in die Erschließung neuer Gasfelder als Notwendigkeit eingestuft werden, um die Kohleverstromung in den Ländern zu reduzieren. flee, rtr, luk
Russland steht offenbar vor dem ersten Zahlungsausfall auf Auslandsschulden seit mehr als 100 Jahren. In der Nacht auf Montag lief eine 30-Tage-Frist aus, innerhalb derer fällige Zinsen auf zwei Staatsanleihen in Auslandswährung zu zahlen waren. Es geht um insgesamt rund 100 Millionen US-Dollar (94,7 Mio Euro). Haben die Anleger das Geld nicht erhalten, wovon angesichts scharfer Finanzsanktionen des Westens auszugehen ist, wäre es der erste Zahlungsausfall auf Auslandsschulden seit dem Jahr 1918.
Die russische Regierung bestreitet nicht, dass Zinszahlungen nicht bei Gläubigern angekommen sind. Sie besteht aber darauf, die Zahlungen geleistet zu haben und streitet einen Zahlungsausfall daher ab. Die Zahlung sei noch im Mai erfolgt, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Montag der Agentur Interfax zufolge. Dass die Mittel vom Clearinghaus Euroclear wegen der westlichen Sanktionen gegen Russland blockiert worden seien (Europe.Table berichtete), sei “nicht unser Problem”, sagte er.
Die Hintergründe des aktuellen Falls sind kompliziert und suchen ihren historischen Vergleich. Russland betont, wirtschaftlich in der Lage und auch Willens zu sein, seine Schulden zu bedienen. Dem stehen jedoch scharfe Sanktionen vornehmlich westlicher Länder entgegen, die als Reaktion auf den Krieg Russlands gegen die Ukraine ergriffen wurden. Deswegen kann Moskau weder auf den Großteil seiner Finanzreserven im westlichen Ausland zugreifen, noch heimische Reserven an westliche Gläubiger weiterleiten.
Große Ratingagenturen, die normalerweise einen Zahlungsausfall feststellen würden, dürfen dies sanktionsbedingt derzeit nicht. Gläubigergemeinschaften, die versuchen könnten, ihre Ansprüche gegenüber Russland juristisch durchsetzen, sind bisher noch nicht öffentlich in Erscheinung getreten. Russlands Finanzminister Anton Siluanow hatte den drohenden Zahlungsausfall in der vergangenen Woche als “Farce” bezeichnet. Jeder, der die Vorgänge verstehe, wisse, dass es sich nicht um einen Zahlungsausfall handele.
Fachleute äußerten sich zunächst eher vorsichtig zu der Angelegenheit. Der sich abzeichnende Zahlungsausfall dürfte eher symbolischen Charakter haben, sagten Analysten der Dekabank. Hintergrund ist, dass die unmittelbaren Folgen eines russischen Zahlungsausfalls zunächst als eher begrenzt gelten können. Zum einen ist Russland nicht stark verschuldet. Zum anderen liegt ein nur geringer Teil der Staatsschulden in den Händen ausländischer Gläubiger.
Die mittelfristigen Folgen des Ausfalls sind unterdessen schwer abzusehen. Zunächst müssten mindestens 25 Prozent der betroffenen Gläubiger einen formellen Zahlungsausfall feststellen. Ob sich daraus ein sogenannter Cross-Default ergeben würde, ist gegenwärtig fraglich. In diesem Fall würden nicht nur die vom aktuellen Zahlungsausfall betroffenen Anleihen, sondern alle Auslandsschulden Russlands als notleidend gelten.
Diesen Fall wollte Russland zwar zuletzt ausschließen. Ob solch einseitigen Schritte aber vor internationalen Gerichten Bestand hätten, kann zumindest als zweifelhaft gelten. In der Folge könnte sich also ein längerer juristischer Streit zwischen Russland und seinen Gläubigern anbahnen. dpa
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck setzt im Umgang mit der derzeitigen Gas-Krise auf Solidarität zwischen den EU-Ländern. “Kein Land kann auf sich selbst angewiesen sein”, sagte der Grünen-Politiker vor dem Treffen der für Energie zuständigen Minister in Luxemburg. “Eine Versorgungskrise in einem Land führt zu einer Wirtschaftskrise im anderen Land.”
Der Minister unterzeichnete am Rande des Treffens eine Absichtserklärung mit seinen Kollegen aus Tschechien, Polen, Slowakei, Österreich und Ungarn, in der eine verstärkte regionale Zusammenarbeit im Falle von Stromversorgungskrisen vereinbart wird. Das Memorandum of Understanding solle eine wichtige Ausgangsbasis bilden für die weitere Zusammenarbeit zwischen den Ländern im Krisenfall, so das Wirtschaftsministerium.
Habeck sagte, Deutschland sei bereit, seine Nachbarländer zu unterstützen – und umgekehrt. “Wir würden überhaupt nicht vorankommen, wenn wir in dieser Situation nicht auf Frankreich, auf Belgien, auf die Niederlande, auch auf Norwegen zurückgreifen könnten, die uns ja unterstützen”, sagte er. Auch Algerien erhöhe die Gasmengen, die über Italien geliefert würden.
Die USA haben ihre Exporte von Flüssiggas nach Europa zuletzt sogar fast verdreifacht, wie es in einer gemeinsamen Mitteilung von US-Präsident Joe Biden und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen heißt. Die weltweiten LNG-Exporte nach Europa seien seit März im Vergleich zu 2021 um 75 Prozent gestiegen. Man arbeite zusammen, um die Abhängigkeit Europas von russischer Energie zu beenden. tho/dpa/rtr
85 Prozent des Kraftstoffes für Flugzeuge sollen bis 2050 nachhaltig sein. Die Mitglieder des Verkehrsausschusses im EU-Parlament (TRAN) stimmten am Montagnachmittag über den Gesetzesvorschlag ReFuelEU Aviation ab (Europe.Table berichtete). Ab 2025 soll der Anteil sogenannter Sustainable Aviation Fuels (SAF) am Gesamtverbrauch des europäischen Flugverkehrs bei 2 Prozent liegen und bis 2040 auf 37 Prozent ansteigen. 2050 soll die Quote schließlich bei 85 Prozent liegen, wobei das Potenzial von Strom und Wasserstoff im Gesamtkraftstoffmix berücksichtigt werden soll. Die Kommission hatte 32 Prozent für 2040 und 63 Prozent für 2050 vorgeschlagen.
Die EU-Verkehrspolitiker wollen dafür ab 2023 einen Fonds für nachhaltige Luftfahrt einrichten, um die Dekarbonisierung des Sektors zu beschleunigen und Investitionen in nachhaltige Flugkraftstoffe, innovative Flugzeugantriebstechnologien und die Forschung für neue Triebwerke zu unterstützen.
Die Abgeordneten passten auch die Definition des SAF-Begriffs an. Bislang wurden darunter synthetische Kraftstoffe gefasst sowie bestimmte Biokraftstoffe, die aus land- oder forstwirtschaftlichen Rückständen, Algen, Bioabfällen oder gebrauchtem Speiseöl hergestellt werden. Der TRAN-Vorschlag sieht vor, dass wiederverwertbare kohlenstoffhaltige Kraftstoffe, die aus Abfällen und Abgasen aus dem Produktionsprozess von Industrieanlagen hergestellt werden, darunter fallen.
Biokraftstoffe, die aus tierischen Fetten oder Destillaten hergestellt werden, sollen dagegen nur bis 2034 im Kraftstoffmix des Luftverkehrs verwendet werden. Kraftstoffe auf Basis von Futter- und Nahrungsmittelpflanzen sowie aus Palmöl wurden jedoch ausgeschlossen. Im Juli wird das Plenum über den Bericht abstimmen. luk
Mehrere Wirtschaftsverbände fordern angesichts der drohenden Rezession neue politische Impulse zum Abbau von Hemmnissen im gemeinsamen Markt. “Unternehmen erleben den Binnenmarkt nicht mehr als echtes Freihandelsgebiet”, kritisieren Business Europe, Eurochambres, Digitaleurope, Euro Commerce und der European Round Table in einer gemeinsamen Erklärung. In den vergangenen zehn Jahren habe es kaum noch Bemühungen zum Abbau von Hindernissen gegeben.
EU-Gesetzgebung gebe den Mitgliedstaaten häufig zu viel Spielraum bei der Umsetzung in nationale Vorschriften, kritisieren die Verbände. Gerade kleinere und mittelständische Unternehmen täten sich schwer mit abweichenden rechtlichen Erfordernissen in den einzelnen Ländern. Statt luftiger Bekenntnisse zum Binnenmarkt in den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates brauche es konkrete Verbesserungen.
Neue Regulierung solle daher entweder auf eine volle Harmonisierung der Rechtsvorschriften setzen oder auf das Ursprungslandprinzip, das ein gewisses Maß an Vertrauen zwischen den nationalen Verwaltungen erfordere. Um der Fragmentierung vorzubeugen, solle die Agenda für die bessere Rechtsetzung durch einen Binnenmarkttest ergänzt werden, fordern die Wirtschaftsvertreter. Um exzessive Regulierung der Unternehmen zu vermeiden, solle überdies das 1-in-1-out-Prinzip konsequent angewandt werden, das Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zum Amtsantritt versprochen hatte. tho
Bulgariens Präsident Rumen Radew (Europe.Table berichtete) hat am Montag Gespräche mit den politischen Parteien aufgenommen, um Neuwahlen zu verhindern. Die Regierungskoalition des reformorientierten Ministerpräsidenten Kiril Petkow war in der vergangenen Woche durch ein Misstrauensvotum gestürzt worden.
Petkow hofft auf die Unterstützung von mindestens sechs weiteren Abgeordneten, mit denen er eine absolute Mehrheit erreichen würde. Analysten bleiben jedoch skeptisch und rechnen mit Neuwahlen im Herbst. Es wären die vierten Wahlen in Bulgarien seit 2021.
Am Montag nahm Radew Konsultationen mit der zweitgrößten Partei im Parlament, der Mitte-Rechts-Partei GERB, auf. Petkows PP-Partei hatte um einen Aufschub der Gespräche gebeten, bis das Parlament Ende dieser Woche über die von ihm vorgeschlagenen Haushaltsänderungen abstimmt. “Die Bulgaren sind zu Recht besorgt über die steigenden Preise, den andauernden Krieg und die Ungewissheit, die diese Krisen mit sich bringen”, sagte Radew im Vorfeld der Gespräche.
GERB-Vertreter sagten Radew, ihre Partei werde nicht versuchen, eine Regierung zu bilden, falls Petkow scheitert. Wenn Petkows PP, GERB und eine weitere politische Partei im Parlament sich nicht zu einer Regierung zusammenfinden, muss Radew ein Übergangskabinett ernennen und innerhalb von zwei Monaten vorgezogene Neuwahlen ausrufen.
Petkow macht Korruption und prorussischen Einfluss für den Zusammenbruch seiner Regierung verantwortlich. Seine Befürchtung sei, so Petkow, dass ein von Radew ernanntes Interimskabinett die Entscheidung Bulgariens, russisches Gas nicht in Rubel zu bezahlen, rückgängig machen könnte. Vergangene Woche hat das bulgarische Parlament sich für eine Aufhebung des Vetos gegen den Beginn von EU-Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien ausgesprochen (Europe.Table berichtete). rtr/sas
Das Gesicht der deutschen Elektro- und Digitalindustrie in Brüssel trägt den Titel des Dr. phil. in Politikwissenschaft, Vergleichender Literaturwissenschaft und Kunstgeschichte. Passt das zusammen? Wenn Oliver Blank, Leiter European Affairs beim Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) erzählt, wie er dorthin gekommen ist, ergibt sich durchaus ein roter Faden.
“Ich wollte ursprünglich Journalist werden und fürs Feuilleton oder den Wirtschaftsteil der FAZ schreiben. Danach habe ich meine Studienfächer ausgewählt.” Das Interesse verschiebt sich dann aber immer mehr in Richtung Politik. Nach einem Masterstudium in den USA, ersten Berufserfahrungen in einer Werbeagentur und der Promotion hat er seine Bestimmung gefunden: Die Schnittstelle zwischen Politik und Wirtschaft ist es, die ihn interessiert. “Da landen Sie recht schnell bei einem Verband.”
Sein erster Verbands-Arbeitgeber wird der VDMA. Alles richtet sich damals kurz vor der Jahrtausendwende an den Themen Informationstechnologie und Europa aus. Blank geht nach Brüssel und gründet dort 1999 den Verband EICTA mit, der sich 2009 in Digitaleurope umbenennt. Vier Jahre lang baut er die Strukturen vor Ort auf. “Das war mein erster europäischer Job. So kam ich in diese Welt hinein.” Auch privat änderte sich für Blank einiges. 2001 kommt seine Tochter auf die Welt, 2002 sein Sohn. Die junge Familie pendelt zwischen Brüssel und Frankfurt am Main.
Da kommt 2003 das Angebot, die Hauptgeschäftsführung des ZVEI in Frankfurt zu verstärken, genau richtig. Blank ist damals einer der wenigen, die keinen Ingenieurshintergrund haben. Doch seine Kompetenzen sind es, die gebraucht werden, etwa Kommunikationsstärke und politisches Verständnis. Denn er soll den europäischen Verbandszweig aufbauen.
Schon bald fühlt sich Oliver Blank in der Branche zu Hause. “Was mich bis heute an der Elektroindustrie fasziniert ist, dass sie sehr mittelständisch geprägt ist und man merkt, wie wichtig die kleinen und mittelständischen Unternehmen für Europa sind”, erzählt er. Mit ihnen zusammenzuarbeiten, mache ihm “riesigen Spaß”, da ihr Engagement für die Gesellschaft keine Modeerscheinung, sondern schon immer Teil ihrer Motivation sei. “Sie engagieren sich in ihren Regionen, machen viel im Bildungs- und Weiterbildungsbereich. Die machen das, was man heute Corporate Social Responsibility nennt, schon seit Jahrzehnten.”
Als die Kinder größer werden, geht er zurück nach Brüssel. Er baut das Brüsseler Büro des Zentralverbands Elektrotechnik- und Elektronikindustrie auf. Das Büro wächst, weitet seinen Tätigkeitsbereich unter seiner Leitung von Europa auf China aus und seit Mai dieses Jahres auch auf alles Internationale. “Ich war immer gut darin, neue Dinge anzuschieben”, sagt Blank. Nie sei er irgendwo hingegangen, wo es bereits fertige Strukturen gab. Ein weiterer beruflicher Schwerpunkt: Menschen zusammenzubringen, auch solche mit unterschiedlichen Ansichten und Positionen – und somit Kompromisse zu ermöglichen.
Die internationale Entwicklung und die zunehmende Polarisierung machen ihm daher große Sorgen. Sowohl der Krieg in Europa als auch die Abschottung Chinas und nicht zuletzt die Ungewissheit, wohin sich die USA trotz aller Euphorie an der neuen transatlantischen Partnerschaft in den nächsten Jahren entwickeln, machen es schwieriger, Menschen miteinander ins Gespräch zu bringen. “Die globalen Herausforderungen sind im Moment sehr groß, der Orientierungsbedarf bei unseren Mitgliedsfirmen ist extrem hoch“, sagt Blank.
Analysen und Prognosen werden immer wichtiger. Parallel befindet sich die Politik immer häufiger im Krisenmodus und kann immer weniger gestalten, habe er das Gefühl. Komplexität, Schnelligkeit und eine ständige Prioritätensetzung sind auch in seinem Arbeitsalltag angekommen. “Das war zu Beginn der 2000er Jahre noch nicht so. Da hatten viele EU-Kommissare noch nicht mal einen Computer auf dem Schreibtisch.”
Am Ende eines anstrengenden Tages schaltet Oliver Blank gern mal beim Kochen ab. “Da bin ich dann monothematisch unterwegs”, sagt er. Heißt: Er denkt an nichts anderes als an das Gericht, das er gerade zubereitet. Ulrike Christl