Table.Briefing: China

Covid-Pille aus China + Wall-Street-Banken in China

  • Pharmafirma entwickelt Pille gegen Covid
  • Großbanken spüren Abhängigkeit von China
  • Baltische Delegation in Taiwan
  • EU stockt Etat für Gegen-Seidenstraße auf
  • Audis neues Projekt mit FAW verzögert sich
  • Bahn bündelt Seidenstraßen-Geschäft
  • Solidarität mit Corona-Bloggerin Zhang Zhan
  • Disney+ zensiert Simpsons-Folge
  • Xinjiang-Dokumente durchgesickert
  • Portrait: China-Pionier Jürgen Kracht von Fiducia
Liebe Leserin, lieber Leser,

in Deutschland schießen die Corona-Zahlen durch die Decke. Täglich verkündet das Robert-Koch-Institut neue Höchstwerte. Auch in China ist die Inzidenz durch den jüngsten Ausbruch in zwanzig Provinzen angestiegen – auf 0,004. Man scheint die Lage also derzeit unter Kontrolle zu haben. Unser Autorenteam in Peking stellt in seiner Analyse fest, dass die Entscheider um Xi Jinping dennoch keine Änderungen an der strikten Null-Covid-Strategie vornehmen. Eine plötzliche Freigabe würde nach Vorhersage von Experten zu einem Aufflammen der Pandemie führen.

Nun gibt es praktisch nur noch einen Weg aus den scharfen Corona-Maßnahmen: neuartige Medikamente, mit denen sich die Krankheit trotz Ausbreitung des Erregers behandeln ließe. Chinesische Unternehmen forschen daher mit Hochdruck an einem intravenösen Mittel oder Anti-Corona-Pillen. Es gibt sogar bereits erste hoffnungsvolle Zwischenergebnisse.

Es war ein Witz, der dem Chef von JP Morgan fast im Halse stecken geblieben wäre. Denn mit der witzig gemeinten Vorhersage, sein Bankhaus werde länger bestehen als die ebenso alte Kommunistische Partei, sorgte er für großes Entsetzen – in China, aber auch bei den eigenen Investoren. Ning Wang nimmt diese Anekdote zum Anlass, um zu zeigen, wie groß inzwischen die Abhängigkeit der Wall-Street-Banken vom guten Willen der Führung in Peking geworden ist. Verblüffend: Durch die Liberalisierung des chinesischen Marktes nimmt Pekings Einfluss sogar noch weiter zu.

Viele neue Erkenntnisse bei der Lektüre wünscht

Ihr
Michael Radunski
Bild von Michael  Radunski

Analyse

Arznei gegen Corona als Ausweg aus Null-Covid

Durch die weltweit rasante Verbreitung der neuen Virus-Variante Omikron fühlt sich China in seiner strikten Null-Covid-Strategie bekräftigt. “Die Omikron-Variante startet eine neue Angriffswelle, und es ist China, das diese Invasion am besten abwehren kann”, kommentierte die  Staatszeitung Global Times am Montag beinahe schadenfroh. China sei zu einer “uneinnehmbaren Festung”gegen die Ausbreitung des Virus geworden.

Tatsächlich ist es China durch strenge Maßnahmen gelungen, das Infektionsgeschehen weitestgehend unter Kontrolle zu halten (China.Table berichtete). Als wirksam bei der Verhinderung neuer Varianten hat sich vor allem die mehrwöchige Hotelquarantäne erwiesen, die jeder, der ins Land will, über sich ergehen lassen muss. Auch die Bereitschaft, Regionen kurzfristig in den Lockdown zu schicken, helfen den Behörden dabei, die Lage im Griff zu behalten. Ein weiteres Instrument dafür sind Massentests. Bei der jüngsten Corona-Welle, die sich seit Oktober an Infektionen in mehr als 20 Provinzen gezeigt hat, lag die Zahl der neuen Fälle pro Tag im Schnitt bei weniger als 50. Eine Inzidenz von nicht einmal 0,004 also. 

Die Sterblichkeitsrate ist entscheidend

Zwar wächst auch in China die Kritik an derart strengen Maßnahmen (China.Table berichtete), doch es scheint klar: China ist nicht bereit, etwas an seinem Vorgehen zu ändern, solange es auch nur ansatzweise so viele Infektionen und Todesopfer hinnehmen müsste, wie man im Westen offenbar für vertretbar hält. Der chinesische Top-Virologe Zhong Nanshan nannte im November eine Sterblichkeitsrate von 0,1 Prozent, ab der über eine Öffnung des Landes nachgedacht werden könnte.  

Neben einer fast vollständig geimpften Bevölkerung dürfte ein wirksames Anti-Covid-Medikament notwendig sein, um sich diesem Ziel anzunähern. Der US-Konzern Pfizer gab kürzlich bekannt, dass seine neue Covid-Pille Paxlovid das Risiko einer Krankenhauseinweisung oder eines Todesfalls um 89 Prozent senken konnte. Voraussetzung dafür war, das Mittel innerhalb von drei Tagen nach Auftreten von Symptomen zu geben. Kurz davor hatte bereits Konkurrent Merck die Anti-Corona-Pille Molnupiravir angekündigt, die Todesfälle bei Hochrisikopatienten in einer klinischen Studie um immerhin die Hälfte reduzieren konnte. 

Chinas lückenhaftes Gesundheitssystem

Auch chinesische Unternehmen machen stetige Fortschritte bei der Erforschung von Covid-Medikamenten. Laut Behördenangaben sind sowohl intravenöse Mittel als auch mehrere Anti-Covid-Pillen in Arbeit. Große Hoffnung wurde zuletzt etwa durch ein Präparat von Kintor Pharmaceutical geweckt, einem Pharmaunternehmen aus der ostchinesischen Stadt Suzhou. Eine erste im Mai vorgelegte Studie zur Anti-Covid-Pille von Kintor hatte ergeben, dass die Todesfälle bei brasilianischen Krankenhauspatienten durch das Mittel um 77 Prozent gesenkt werden konnten. Die Ergebnisse wurden damals von einigen Experten allerdings als “zu schön, um wahr zu sein” bezeichnet. Die Ergebnisse abschließender klinischer Tests sollen laut Angaben von Kintor noch im Dezember veröffentlicht werden. 

Kintor-Chef Tong Youzhi ist jedenfalls überzeugt, dass sein Medikament den Durchbruch schaffen und China zu einer Rückkehr zur Normalität verhelfen werde. “Die Dringlichkeit für wirksame Covid-Medikamente ist in China nicht geringer als anderswo, wenn wir unser Leben vor der Pandemie wiedererlangen wollen”, sagte Tong gegenüber Bloomberg. Ohne ein wirksames Medikament werde Chinas lückenhaftes Gesundheitssystem sofort überlastet, sollten die Grenzen geöffnet werden, glaubt Tong, dessen Unternehmen seinen Wert an der Hongkonger Börse in diesem Jahr mehr als versechsfachen konnte. 

Keine Alternative zum Impfen

Tatsächlich könnte China laut Gesundheitsexperten im Falle eines unkontrollierten Ausbruchs aus zwei Gründen besonders schwer getroffen werden: Erstens hatte kaum ein Chinese bisher Kontakt zum Coronavirus, weshalb so gut wie keine natürliche Immunität besteht. Zudem gelten die chinesischen Impfstoffe im Vergleich zu westlichen Präparaten als weniger effektiv.

Dennoch heißt es auch von offizieller Stelle, dass ein wirksames Covid-Medikament China dazu veranlassen könnte, die Maßnahmen zumindest etwas zu lockern. Eine wirksame Behandlungsmethode könnte “ein entscheidender Faktor” bei solchen Überlegungen sein, sagte Gao Fu, Direktor des chinesischen Zentrums für die Kontrolle und Prävention von Krankheiten, bereits im September in einem Interview mit Staatsmedien. In Kombination mit Impfungen würden Medikamente beim Übergang zur Koexistenz mit dem Virus helfen. 

Covid-Pillen könnten jedoch mit Sicherheit nicht an die Stelle von Impfstoffen treten, warnte der chinesische Immunologe Zhuang Shilihe. Selbst wenn antivirale Medikamente auf den Markt kommen, sei es notwendig, Impfungen und Auffrischungsimpfungen zu fördern, da Medikamente allein das Infektionsrisiko nicht senken könnten, so Zhuang. Jörn Petring/Gregor Koppenburg 

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    Die Abhängigkeit der Wall Street von China wächst

    Es sollte ein Scherz sein, und er fing ganz staatstragend an: “Die Kommunistische Partei feiert ihr 100-jähriges Bestehen, genauso wie JPMorgan”, sagte Jamie Dimon. Denn die US-Bank JP Morgan Chase feiert in diesem Jahr ihr 100-Jähriges-Bestehen in China. Doch dann fügte Dimon spontan noch einen Satz hinzu, der den Spruch zu einem Desaster machte. “Und ich wette, wir werden länger durchhalten.” Kichernd ergänzte er noch: “Das kann ich in China nicht sagen. Sie hören wahrscheinlich sowieso zu.”

    Dimons unbedachte Worte waren eine kolossale Fehleinschätzung – doch mit seiner Vermutung, dass in China mitgehört werde, lag er genau richtig. Bereits am folgenden Tag musste er sich öffentlich entschuldigen: “Ich bedauere die Aussage, die ich nicht hätte machen sollen. Ich habe versucht, die Stärke und Langlebigkeit unseres Unternehmens zu betonen”, stellte Dimon in einem Statement klar. Und seine Reue reichte noch weiter: “Es ist nie richtig, über eine Gruppe von Leuten Witze zu machen oder sie zu verunglimpfen. Egal ob es sich dabei um ein Land, dessen Führung oder Teile der Gesellschaft und der Kultur handelt”, ergänzte Dimon.

    Eine öffentliche Bemerkung, die das politische Überleben der Kommunistischen Partei infrage stellt, ist für multinationale Unternehmen heutzutage absolutes Sperrgebiet. “Dimons Entschuldigung zeigt, wie viel Respekt ausländische Unternehmen der chinesischen Regierung entgegenbringen müssen, um in guter Gnade zu bleiben und Zugang zu den Märkten des Landes zu erhalten”, sagte Eswar Prasad, Professor an der Cornell University dem US-Finanzsender CNBC.

    Dimons Bemerkungen fielen auf einer Veranstaltung des Boston College. Das Publikum im Saal und auf den sozialen Medien war besonders auf seine Aussagen zum chinesischen Markt gespannt. Denn Dimon war wenige Tage zuvor in die Kritik geraten, als er bei der Einreise nach Hongkong eine Sonderbehandlung in Anspruch genommen hatte: Dort durfte er für eine eintägige Reise in die Finanzmetropole die dreiwöchige Quarantäneregel umgehen. Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam rechtfertigte die Bevorzugung des Spitzenmanagers mit der Stellung seiner Bank, die “Schlüsselgeschäften” in Hongkong nachgehe.

    Marktreform als Strategie zur engeren Kontrolle der Banken

    Lams Erklärung sagt viel aus über die Finanzbeziehungen zwischen Washington und Peking. Die Wall-Street-Banken wollen ihr Chinageschäft ausbauen. Sie sind vor allem auf das Vermögen der chinesischen Mittelschicht aus. Peking wiederum will die daraus resultierenden Abhängigkeiten nutzen, um politische Sanktionen aufzuweichen und sich zudem international in ein besseres Licht zu rücken.

    Globale Finanzzentren sollten grenzüberschreitende Finanzierungen erleichtern, “anstatt zu Plattformen und Instrumenten zu werden, die Regierungen verwenden, um andere Länder zu sanktionieren”, meint Yi Huiman. Er ist Vorsitzender der chinesischen Wertpapieraufsichtsbehörde (CSRC). Die Aussage machte er im September auf einer von der World Federation of Exchanges organisierten Konferenz. Dabei handelt es sich um den Weltverband der Wertpapierbörsen. Yi kritisierte damit die Vereinigten Staaten, ohne sie ausdrücklich beim Namen zu nennen.

    Der härtere Kurs Chinas gegen amerikanische Finanzinstitutionen ist auch eine Reaktion auf die aggressive Handelspolitik der USA. Donald Trump versuchte gesetzlich, ausländische Unternehmen aus dem Handel an den US-Börsen zu drängen: Plötzlich mussten sie mussten nachweisen, nicht unter Kontrolle einer ausländischen Regierung zu stehen. Das Gesetz war zwar allgemein formuliert, doch Trump hatte damit eindeutig chinesische Firmen ins Visier genommen. Und sein Nachfolger Joe Biden hat bislang den China-Kurs seines Vorgängers nicht wesentlich entschärft.

    Nun kommt also die Retourkutsche aus China. Zwar hat Peking seit 2018 den Zugang zum eigenen Finanzmarkt deutlich verbessert. Das hat in erster Linie dazu geführt, dass die Banken ihre Geschäftein China ausweiten konnten – was jetzt wiederum ihre Unsicherheiten erhöht. Denn inzwischen ist alles längst nicht mehr sicher, dass sich Chinas Märkte weiter öffnen werden. Durch das harte Vorgehen gegen private Technologieunternehmen wie dem Mitfahrdienstanbieter Didi, dem Internetriesen Tencent oder dem E-Commerce-Anbieter Alibaba, hat Staats- und Parteichef Xi Jinping deutlich gemacht, dass er die Wirtschaft wieder unter politische Kontrolle bringen will (China.Table berichtete).

    Ausländische Investoren waren deshalb im Sommer so nervös und verunsichert, dass Fang Xinghai, der stellvertretende Vorsitzende der chinesischen Wertpapieraufsichtsbehörde, es für notwendig hielt, die Führungskräfte von Blackrock, Goldman Sachs und anderen Finanzinstituten auf einem Treffen zu beruhigen.

    Banken einladen und dann an die kurze Leine nehmen

    Peking fährt eine Doppelstrategie: Auf der einen Seite lässt es die internationalen Institute auf den eigenen Markt, wo sie zur Modernisierung der Branche beitragen. Zugleich will man aber dafür sorgen, dass die Aktionen der erfolgshungrigen Wall-Street-Banker strikt reguliert und eingehegt werden. Eine unbedachte Bemerkung wie die von JP-Morgan-Chef Dimon reicht da aus, um einen donnernden Schuss vor den Bug zu erhalten.

    Klar ist: Aller Regulierungswut zum Trotz will Peking die Beteiligung ausländischer Banken stärken, da man sie für die Entwicklungen der heimischen Finanzmärkte als wichtig ansieht. Hier haben sich die Befürworter einer Öffnung gegen die Hardliner in der Partei durchgesetzt: Im Herbst vergangenen Jahres erklärte Chen Yulu, stellvertretender Gouverneur der chinesischen Zentralbank PBOC, China habe die Beschränkungen für ausländische Beteiligungen in den Bereichen Bankwesen, Wertpapiere, Termingeschäfte und Fondsverwaltung aufgehoben und Beschränkungen für die Qualifikation der Anteilseigner verringert (China.Table berichtete).

    Seit 2018 die Barrieren für ausländische Finanzinstitutionen schrittweise abgebaut werden, haben Goldman Sachs, Morgan Stanley, UBS und Credit Suisse ihre bisherigen Joint-Ventures im Wertpapiergeschäft mehrheitlich übernommen. Vier weitere Banken, wie JP Morgan, die japanischen Finanzinstitute Nomura und Daiwa Securities, sowie DBS Bank aus Singapur, haben in China eigene Wertpapiergeschäfte gegründet, die sie entweder mehrheitlich oder gar zu 100 Prozent besitzen. Europäische Banken hinken im Vergleich etwas hinterher, viele warten derzeit noch auf die Genehmigungen zur Gründung von Wertpapierfirmen durch die chinesischen Behörden – wie die französische Bank BNP Paribas und die britische Standard Chartered.

    Nervosität unter ausländischen Investoren steigt trotz Öffnung

    Finanzmarktexperten mahnen jedoch vermehrt zur Vorsicht, wenn es um den chinesischen Markt geht. Ein transparenter, offener Finanzmarkt sei durch die bisherigen Öffnungen noch nicht entstanden. So musste sich beispielsweise der US-Vermögensverwalter Blackrock bereit erklären, die Daten seiner chinesischen Kunden in China zu speichern. Auch haben die aktuellen Kampagnen Xis an der Beständigkeit und Vorhersehbarkeit der chinesischen Reformpolitik gekratzt. Weil eben nicht klar sei, ob und wann Peking die Reißleine ziehe, könnte JP Morgan laut Unternehmensunterlagen bis zu 20 Milliarden US-Dollar in China verlieren, berichtet der Finanznachrichtendienst Bloomberg.

    Ein kürzlich gescheiterter Deal der Investmentgruppe Blackstone hat die potenziellen Gefahren von Geschäften in China nochmals verdeutlicht. Der Deal scheiterte, obwohl der Mitbegründer des Unternehmens, Stephen Schwarzman, dem Land so verbunden war, dass er gemeinhin als “China-Flüsterer” des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump galt. Dennoch gelang es ihm nicht, wie geplant die Immobilien der Soho-Group in Shanghai für drei Milliarden US-Dollar vom Ehepaar Pan Shiyi und Zhang Xin zu übernehmen.

    Die internationalen Finanzinstitute stecken also in der Zwickmühle: Einerseits wollen sie unbedingt auf einem der größten Märkte der Welt mitmischen. Andererseits müssen sie lernen, dass dort nach chinesischen Regeln gespielt wird. Und so hat auch Jamie Dimon nach seinen launigen Worten schnell eingesehen, dass er nicht viel Zeit hat, um etwaige Missverständnisse aus der Welt zu räumen, die das Chinageschäft seiner Bank belasten könnten. Er hätte sonst seinen Mitarbeitern und Investoren einen Bärendienst erwiesen.

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      Baltische Abgeordnete besuchen Taiwan

      Es ist ein Schritt, der die tiefere Zusammenarbeit zwischen den baltischen Staaten und Taiwan demonstrieren soll: Am Montag haben Parlamentarier aus Estland, Lettland und Litauen Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen besucht. Tsai begrüßte persönlich die Gruppe, die in den kommenden Tagen am “Open Parliament Forum” teilnehmen wird. Taiwan und die baltischen Staaten haben ähnliche Erfahrungen gemacht beim Ausbrechen aus einer autoritären Herrschaft und im Kampf für Freiheit”, sagte Tsai am Montag in Taipeh. Die Demokratie, die man heute genieße, sei hart erkämpft worden.

      Man sei nach Taiwan gekommen, um seine Solidarität mit der Insel auszudrücken, sagte Matas Maldeikis, der die litauische Delegation anführt. Er hoffe, bald ein litauisches Handelsbüro in Taiwan eröffnen zu können. Es solle helfen, die Partnerschaft zwischen Taiwan und Litauen weiter zu verstärken, erklärte Maldeikis laut der Nachrichtenseite Euronews.

      Mitte November hatte Taiwan ein offizielles Verbindungsbüro in Litauen eröffnet, welches de-facto als Botschaft dient (China.Table berichtete). Daraufhin hatten sich das Verhältnis zwischen China und Litauen dramatisch verschlechtert. So stufte die Volksrepublik offiziell ihre diplomatischen Beziehungen zu dem baltischen Staat herab (China.Table berichtete). China zog seinen Botschafter aus Litauen ab, stoppte den Schienen-Frachtverkehr und erteilte dem Land keine Einfuhrgenehmigungen mehr für Lebensmittel (China.Table berichtete). rad

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        Audis Joint-Venture mit FAW verzögert sich

        Ein geplantes Gemeinschaftsunternehmen von Audi und FAW in China wird offenbar erst mit Verspätung seine Arbeit aufnehmen können. Das berichtet das Magazin “Automobilwoche” am Montag exklusiv. Immerhin werde die notwendige Lizenz nach einer Intervention des Bundeswirtschaftsministeriums in Peking nun Anfang Dezember erteilt. Der Bau des gemeinsamen Werks könnte dann im kommenden Jahr beginnen, heißt es in dem Bericht weiter. Quellen für diese Information werden allerdings nicht genannt. Eine Audi-Sprecherin sagte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, es gebe Verzögerungen bei der Projektfreigabe. Das Unternehmen stehe ständig im Austausch mit dem Partner FAW und den Behörden. Die Vorbereitungen für den Baustart liefen weiter.

        Audi und FAW wollen gemeinsam in China verschiedene Audi-Elektromodelle auf Basis der gemeinsam mit Porsche entwickelten Plattform PPE produzieren. Die Leitung des Joint-Ventures soll der China-erfahrene Audi-Manager Helmut Stettner übernehmen (China.Table berichtete). Die Deutschen sollen die Mehrheit an dem Gemeinschaftsunternehmen halten. Schon jetzt produzieren Audi und FAW in China gemeinsam mehrere Elektroautos. rad

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          Bahn bündelt Seidenstraßen-Routen

          Die Frachttochter der Deutschen Bahn fasst den Betrieb der Strecken nach China in einem eigenen Unternehmen zusammen. Die DB Cargo Transasia soll den Marktanteil der Schiene an den Fernost-Strecken erhöhen. Das Unternehmen beschäftigt zu diesem Zweck bereits 23 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den Standorten Shanghai und Xi’an. Eine schnelle Expansion ist geplant. Der Geschäftsbereich hat 2018 als Verbindungsbüro mit zwei Mitarbeitern begonnen. Chef von DB Cargo Transasia ist Frank Schulze, der schon das Verbindungsbüro mitaufgebaut hat. fin

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            Deutsche Unterstützung für inhaftierte Bloggerin

            Mit einer konzertierten Aktion haben Journalisten und Menschenrechtler auf die Freilassung der chinesischen Corona-Bloggerin Zhang Zhan gedrängt. Am Montagvormittag nutzten

            • Amnesty International,
            • der Autorenverbands PEN,
            • Reporter ohne Grenzen,
            • die Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union sowie der
            • Deutsche Journalisten-Verband

            den Kurznachrichtendienst Twitter für eine Flut an entsprechenden Postings.

            Die Tweets sind verbunden mit einem Appell an den kommenden Bundeskanzler Olaf Scholz und dessen Vertrauten, Wolgang Schmidt, sowie an die kommende Außenministerin Annalena Baerbock und deren Vorgänger Heiko Maas. Die Autoren und Verbände bitten die Politik, sich für die Bürgerjournalistin bei der chinesischen Regierung einzusetzen. Die inhaftierte Frau ist in einen Hungerstreik getreten und kämpft nach Angaben ihrer Familie um ihr Leben (China.Table berichtete).

            Zhang hatte Anfang 2020, kurz nach dem Ausbruch von Covid-19, begonnen, aus der Stadt Wuhan zu berichten, dem Ursprungsort der Pandemie. An der staatlichen Zensur vorbei lieferte sie Bilder und Eindrücke, die ein anderes Bild von der Lage in der Stadt und vom Krisenmanagement der Behörden zeichneten als offizielle Verlautbarungen. Zhang ist für ihre Berichte zu vier Jahren Haft verurteilt worden. grz

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              Disney zensiert Simpsons in Hongkong

              Der Streaminganbieter Disney+ hat eine chinakritische Episode der Cartoon-Reihe Simpsons aus seinem Angebot in Hongkong genommen. Die Folge aus dem Jahr 2005 handelt von einem Besuch der glubschäugigen US-Familie in Peking und zieht diverse satirische Verbindungen zum Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens, zu Staatsgründer Mao Zedong oder der Besetzung Tibets.

              Beispielsweise zeigt sie eine Gedenktafel, deren Aufschrift daran erinnert, dass 1989 auf dem Platz “nichts passiert” sei. In einer anderen Szene steht Hauptcharakter Homer Simpson vor dem aufgebahrten Leichnam von Staatsgründer Mao Zedong und sagt: “Schau an, wie er schläft. Wie ein kleiner Engel, der 50 Millionen Menschen getötet hat.”

              Eine offizielle Begründung von Disney+ für die Selbstzensur seines Programms stand am Montag noch aus. Zwar gilt in China seit vergangenem Monat ein Gesetz, das die Ausstrahlung von Filmen verbietet, die in den Augen des Parlaments als Angriff auf die nationale Sicherheit verstanden werden können. Allerdings gilt das Gesetz nicht für Streamingdienste.

              Im Juli 2020 wurde in Hongkong jedoch das Nationale Sicherheitsgesetz eingeführt, das es nach Meinung von Rechtsexperten den Ermittlungsbehörden ermöglicht, jegliche Form politischen Dissens strafrechtlich zu verfolgen. Die Simpsons-Episode richtet sich zwar nicht gegen Hongkong, sondern gegen die Volksrepublik. Allerdings hat der Einfluss Pekings auf Hongkong in den vergangenen zwei Jahren extrem zugenommen. grz

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                Leak: KP-Führung befahl Lager in Xinjiang

                Der Xinjiang-Forscher Adrian Zenz hat Auszüge aus einer Reihe von Parteidokumenten veröffentlicht, die eine direkte Beteiligung der KP-Spitze an der Planung von Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang belegen sollen. Es handelt sich um 317 Seiten Text, die ein anonymer Hinweisgeber der Organisation “Uyghur Tribunal” zugespielt hat. Zenz zeigt sich überzeugt, dass das Material echt ist. Es würde belegen, dass Staatspräsident Xi Jinping persönlich in einer Reihe von streng geheimen Reden die Einrichtung von Lagern und die Schaffung eines Polizeistaats in der Autonomen Region vorgegeben hat. Xi soll demnach auch den Anstoß für die “Optimierung der Bevölkerungsstruktur” gegeben haben, einem Euphemismus für erzwungene Geburtenkontrolle.

                Zenz ist aus verschiedenen Gründen umstritten, hat jedoch immer wieder durch brisante Analysen der Lage im abgeriegelten Xinjiang Aufsehen erregt, die sorgfältig belegt sind (China.Table berichtete). Die neu aufgetauchten Dokumente sind nach seiner Aussage als “streng geheim” eingestuft. In der Geschichte der Volksrepublik seien noch nie Parteipapiere mit dieser Geheimhaltungsstufe öffentlich geworden. fin

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                  Presseschau

                  Leaked papers link Xinjiang crackdown with China leadership THE GUARDIAN (PAY)
                  North Korean fugitive captured after 40 days on the run in China INDEPENDENT
                  Disney’s Missing ‘Simpsons’ Episode in Hong Kong Raises Censorship Fears WSJ (PAY)
                  China’s Xi Pledges Additional 1 Billion Vaccine Doses to Africa BLOOMBERG (PAY)
                  Chinese nucleic acid test kit makers ready to join global battle against Omicron GLOBALTIMES (STAATSMEDIUM)
                  Chinas Null-Covid-Strategie: Ein “perfektes System”? TAGESSCHAU
                  Der 300-Milliarden-Euro-Plan: Die EU stemmt sich gegen Chinas Seidenstraße HANDELSBLATT (PAY)
                  Menschenrechte in China: Twitter-Aktion unterstützt inhaftierte Bloggerin Zhang Zhan SPIEGEL
                  Audi-Joint-Venture in China gerät in Verzug N-TV
                  Knorr-Bremse stimmt auf Wachstum ein – Gegenwind aus China HANDELSBLATT (PAY)

                  Portrait

                  Jürgen Kracht – China-Pionier der ersten Stunde

                  Jürgen Kracht ist Gründer der Fiducia Management Consultants
                  Jürgen Kracht ist Gründer der Fiducia Management Consultants

                  Drei Leitsätze begleiten Jürgen Kracht, seit er vor fast 50 Jahren nach Hongkong kam: “Gemeinsamkeiten suchen, persönliche Beziehungen aufbauen und dem Gegenüber vertrauen – aber das Überprüfen nicht vergessen.” Den Zusatz mit der Überprüfung hatte der ehemalige amerikanische Präsident Ronald Reagan in den 1980er-Jahren bei Abrüstungsverhandlungen mit der Sowjetunion zum geflügelten Wort erhoben. In China sei es gut, seinem Geschäftspartner und seinen Angestellten zu vertrauen, sagt Kracht. “Chinesische Verhandlungspartner sind aber erprobte Meister darin, ‘Ja’ zu sagen. Später merkt man dann, dass dies eigentlich ein ‘Nein’ war.” Aber bis dahin haben sie bereits ihren ursprünglichen Plan umgesetzt: “C’est la Vie.”

                  Der gebürtige Ostwestfale kam bereits in den frühen 1970er-Jahren nach Hongkong und kennt die Volksrepublik noch aus einer Zeit, als der Zugang zu der wichtigen Exportmesse in Guangzhou lediglich zweimal im Jahr möglich war. Investments gab es nicht, Handel war kaum existent. Seither hat er die vier Phasen des chinesischen Aufstiegs miterlebt: Abschottung, Öffnung, Boom und seit kurzen wieder Abschottung. Im Jahr 1982 gründete Kracht zusammen mit seiner Frau in Hongkong die Beratungsfirma Fiducia – lateinisch für “Vertrauen”. Seitdem unterstützt er deutsche Unternehmen beim Einstieg in den chinesischen Markt.

                  Das Tagesgeschäft hat der 74-Jährige mittlerweile an seinen Sohn weitergegeben. Seinen analytischen Blick auf den Aufstieg Chinas bringt Kracht allerdings weiterhin ein. Aus der Vergangenheit zu lernen hilft ihm dabei, die Entwicklungen der Gegenwart zu verstehen. Vor vier Jahren hat er ein Buch über 300 Jahre Handelsgeschichte zwischen Europa und China geschrieben.

                  Der Maschinenbau erreicht deutsches Niveau

                  Vor diesem weitgefassten Hintergrund sieht Kracht auch den Sinn der chinesischen Abschottung in den vergangenen Jahren. “Beim Maschinenbau befindet sich China mittlerweile größtenteils auf einem Niveau mit Deutschland. Was die digitale Technologie angeht, hat uns China längst abgehängt.” Das wirtschaftspolitische Konzept der “Dual Circulation“, also der zwei Kreisläufe mit einem immer stärkeren Binnenmarkt, werde den Trend noch weiter verstärken, prophezeit Kracht.

                  Nun gehe es für China darum, den rasanten Boom und den Erfolg der vergangenen Jahrzehnte zu sichern und seine Abhängigkeit von Importen zu überwinden. Dieser Prozess wird weitreichende Folgen haben. So hat sich im Zuge dieser Entwicklung bereits das chinesische Selbstverständnis gewandelt: “Ausländische Unternehmen mussten mittlerweile lernen, ihren chinesischen Mitarbeitern oder Kunden auf Augenhöhe zu begegnen – Überheblichkeit ist fehl am Platze.” Der Boom und der Reichtum der vergangenen Jahre hätten – verständlicherweise – den Nationalstolz erhöht. Eine Arroganz wie früher, als man China noch als globale Werkbank sah, könnten sich ausländische Firmen in China längst nicht mehr leisten.

                  Naivität oder Arroganz seien seiner Erfahrung nach überhaupt die häufigsten Gründe für das Scheitern ausländischer Unternehmen in China, berichtet Kracht. In den kommenden Jahren dürfte es immer schwerer werden, den richtigen Ton zu treffen. Kracht kann zwar die Details der nächsten Entwicklungsphase nicht voraussehen. Doch er hat einen wichtigen Rat für die alte Heimat Deutschland: “Um mit der Weltmacht China mithalten zu können, müsste Deutschland jeden verfügbaren Euro in Bildung stecken.” David Renke

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                    Jan Timm ist jetzt Experte für Materialplanung bei Daimler Greater China am Standort Zhenjiang. Bisher hat er sich in Deutschland mit Anlaufmanagement beschäftigt.

                    Nils Griesbach, Key Account Manager bei Kerry Logistics, ist nach fünf Jahren in Shanghai nach Bremen zurückgekehrt. Kerry Logistics ist eine Frachtfirma aus Hongkong.

                    • Daimler

                    Dessert

                    Mit Covid haben die leeren Regale bei Walmart in Shenzhen nichts zu tun, schließlich existiert die Krankheit in China kaum. Der Handelskonzern schließt derzeit in China einen Laden nach dem anderen und verkauft seine Waren ab. Die Kunden bestellen Lebensmittel inzwischen lieber per App, statt mühsam in Geschäften einkaufen zu gehen.

                    China.Table Redaktion

                    CHINA.TABLE REDAKTION

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                      • Portrait: China-Pionier Jürgen Kracht von Fiducia
                      Liebe Leserin, lieber Leser,

                      in Deutschland schießen die Corona-Zahlen durch die Decke. Täglich verkündet das Robert-Koch-Institut neue Höchstwerte. Auch in China ist die Inzidenz durch den jüngsten Ausbruch in zwanzig Provinzen angestiegen – auf 0,004. Man scheint die Lage also derzeit unter Kontrolle zu haben. Unser Autorenteam in Peking stellt in seiner Analyse fest, dass die Entscheider um Xi Jinping dennoch keine Änderungen an der strikten Null-Covid-Strategie vornehmen. Eine plötzliche Freigabe würde nach Vorhersage von Experten zu einem Aufflammen der Pandemie führen.

                      Nun gibt es praktisch nur noch einen Weg aus den scharfen Corona-Maßnahmen: neuartige Medikamente, mit denen sich die Krankheit trotz Ausbreitung des Erregers behandeln ließe. Chinesische Unternehmen forschen daher mit Hochdruck an einem intravenösen Mittel oder Anti-Corona-Pillen. Es gibt sogar bereits erste hoffnungsvolle Zwischenergebnisse.

                      Es war ein Witz, der dem Chef von JP Morgan fast im Halse stecken geblieben wäre. Denn mit der witzig gemeinten Vorhersage, sein Bankhaus werde länger bestehen als die ebenso alte Kommunistische Partei, sorgte er für großes Entsetzen – in China, aber auch bei den eigenen Investoren. Ning Wang nimmt diese Anekdote zum Anlass, um zu zeigen, wie groß inzwischen die Abhängigkeit der Wall-Street-Banken vom guten Willen der Führung in Peking geworden ist. Verblüffend: Durch die Liberalisierung des chinesischen Marktes nimmt Pekings Einfluss sogar noch weiter zu.

                      Viele neue Erkenntnisse bei der Lektüre wünscht

                      Ihr
                      Michael Radunski
                      Bild von Michael  Radunski

                      Analyse

                      Arznei gegen Corona als Ausweg aus Null-Covid

                      Durch die weltweit rasante Verbreitung der neuen Virus-Variante Omikron fühlt sich China in seiner strikten Null-Covid-Strategie bekräftigt. “Die Omikron-Variante startet eine neue Angriffswelle, und es ist China, das diese Invasion am besten abwehren kann”, kommentierte die  Staatszeitung Global Times am Montag beinahe schadenfroh. China sei zu einer “uneinnehmbaren Festung”gegen die Ausbreitung des Virus geworden.

                      Tatsächlich ist es China durch strenge Maßnahmen gelungen, das Infektionsgeschehen weitestgehend unter Kontrolle zu halten (China.Table berichtete). Als wirksam bei der Verhinderung neuer Varianten hat sich vor allem die mehrwöchige Hotelquarantäne erwiesen, die jeder, der ins Land will, über sich ergehen lassen muss. Auch die Bereitschaft, Regionen kurzfristig in den Lockdown zu schicken, helfen den Behörden dabei, die Lage im Griff zu behalten. Ein weiteres Instrument dafür sind Massentests. Bei der jüngsten Corona-Welle, die sich seit Oktober an Infektionen in mehr als 20 Provinzen gezeigt hat, lag die Zahl der neuen Fälle pro Tag im Schnitt bei weniger als 50. Eine Inzidenz von nicht einmal 0,004 also. 

                      Die Sterblichkeitsrate ist entscheidend

                      Zwar wächst auch in China die Kritik an derart strengen Maßnahmen (China.Table berichtete), doch es scheint klar: China ist nicht bereit, etwas an seinem Vorgehen zu ändern, solange es auch nur ansatzweise so viele Infektionen und Todesopfer hinnehmen müsste, wie man im Westen offenbar für vertretbar hält. Der chinesische Top-Virologe Zhong Nanshan nannte im November eine Sterblichkeitsrate von 0,1 Prozent, ab der über eine Öffnung des Landes nachgedacht werden könnte.  

                      Neben einer fast vollständig geimpften Bevölkerung dürfte ein wirksames Anti-Covid-Medikament notwendig sein, um sich diesem Ziel anzunähern. Der US-Konzern Pfizer gab kürzlich bekannt, dass seine neue Covid-Pille Paxlovid das Risiko einer Krankenhauseinweisung oder eines Todesfalls um 89 Prozent senken konnte. Voraussetzung dafür war, das Mittel innerhalb von drei Tagen nach Auftreten von Symptomen zu geben. Kurz davor hatte bereits Konkurrent Merck die Anti-Corona-Pille Molnupiravir angekündigt, die Todesfälle bei Hochrisikopatienten in einer klinischen Studie um immerhin die Hälfte reduzieren konnte. 

                      Chinas lückenhaftes Gesundheitssystem

                      Auch chinesische Unternehmen machen stetige Fortschritte bei der Erforschung von Covid-Medikamenten. Laut Behördenangaben sind sowohl intravenöse Mittel als auch mehrere Anti-Covid-Pillen in Arbeit. Große Hoffnung wurde zuletzt etwa durch ein Präparat von Kintor Pharmaceutical geweckt, einem Pharmaunternehmen aus der ostchinesischen Stadt Suzhou. Eine erste im Mai vorgelegte Studie zur Anti-Covid-Pille von Kintor hatte ergeben, dass die Todesfälle bei brasilianischen Krankenhauspatienten durch das Mittel um 77 Prozent gesenkt werden konnten. Die Ergebnisse wurden damals von einigen Experten allerdings als “zu schön, um wahr zu sein” bezeichnet. Die Ergebnisse abschließender klinischer Tests sollen laut Angaben von Kintor noch im Dezember veröffentlicht werden. 

                      Kintor-Chef Tong Youzhi ist jedenfalls überzeugt, dass sein Medikament den Durchbruch schaffen und China zu einer Rückkehr zur Normalität verhelfen werde. “Die Dringlichkeit für wirksame Covid-Medikamente ist in China nicht geringer als anderswo, wenn wir unser Leben vor der Pandemie wiedererlangen wollen”, sagte Tong gegenüber Bloomberg. Ohne ein wirksames Medikament werde Chinas lückenhaftes Gesundheitssystem sofort überlastet, sollten die Grenzen geöffnet werden, glaubt Tong, dessen Unternehmen seinen Wert an der Hongkonger Börse in diesem Jahr mehr als versechsfachen konnte. 

                      Keine Alternative zum Impfen

                      Tatsächlich könnte China laut Gesundheitsexperten im Falle eines unkontrollierten Ausbruchs aus zwei Gründen besonders schwer getroffen werden: Erstens hatte kaum ein Chinese bisher Kontakt zum Coronavirus, weshalb so gut wie keine natürliche Immunität besteht. Zudem gelten die chinesischen Impfstoffe im Vergleich zu westlichen Präparaten als weniger effektiv.

                      Dennoch heißt es auch von offizieller Stelle, dass ein wirksames Covid-Medikament China dazu veranlassen könnte, die Maßnahmen zumindest etwas zu lockern. Eine wirksame Behandlungsmethode könnte “ein entscheidender Faktor” bei solchen Überlegungen sein, sagte Gao Fu, Direktor des chinesischen Zentrums für die Kontrolle und Prävention von Krankheiten, bereits im September in einem Interview mit Staatsmedien. In Kombination mit Impfungen würden Medikamente beim Übergang zur Koexistenz mit dem Virus helfen. 

                      Covid-Pillen könnten jedoch mit Sicherheit nicht an die Stelle von Impfstoffen treten, warnte der chinesische Immunologe Zhuang Shilihe. Selbst wenn antivirale Medikamente auf den Markt kommen, sei es notwendig, Impfungen und Auffrischungsimpfungen zu fördern, da Medikamente allein das Infektionsrisiko nicht senken könnten, so Zhuang. Jörn Petring/Gregor Koppenburg 

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                        Die Abhängigkeit der Wall Street von China wächst

                        Es sollte ein Scherz sein, und er fing ganz staatstragend an: “Die Kommunistische Partei feiert ihr 100-jähriges Bestehen, genauso wie JPMorgan”, sagte Jamie Dimon. Denn die US-Bank JP Morgan Chase feiert in diesem Jahr ihr 100-Jähriges-Bestehen in China. Doch dann fügte Dimon spontan noch einen Satz hinzu, der den Spruch zu einem Desaster machte. “Und ich wette, wir werden länger durchhalten.” Kichernd ergänzte er noch: “Das kann ich in China nicht sagen. Sie hören wahrscheinlich sowieso zu.”

                        Dimons unbedachte Worte waren eine kolossale Fehleinschätzung – doch mit seiner Vermutung, dass in China mitgehört werde, lag er genau richtig. Bereits am folgenden Tag musste er sich öffentlich entschuldigen: “Ich bedauere die Aussage, die ich nicht hätte machen sollen. Ich habe versucht, die Stärke und Langlebigkeit unseres Unternehmens zu betonen”, stellte Dimon in einem Statement klar. Und seine Reue reichte noch weiter: “Es ist nie richtig, über eine Gruppe von Leuten Witze zu machen oder sie zu verunglimpfen. Egal ob es sich dabei um ein Land, dessen Führung oder Teile der Gesellschaft und der Kultur handelt”, ergänzte Dimon.

                        Eine öffentliche Bemerkung, die das politische Überleben der Kommunistischen Partei infrage stellt, ist für multinationale Unternehmen heutzutage absolutes Sperrgebiet. “Dimons Entschuldigung zeigt, wie viel Respekt ausländische Unternehmen der chinesischen Regierung entgegenbringen müssen, um in guter Gnade zu bleiben und Zugang zu den Märkten des Landes zu erhalten”, sagte Eswar Prasad, Professor an der Cornell University dem US-Finanzsender CNBC.

                        Dimons Bemerkungen fielen auf einer Veranstaltung des Boston College. Das Publikum im Saal und auf den sozialen Medien war besonders auf seine Aussagen zum chinesischen Markt gespannt. Denn Dimon war wenige Tage zuvor in die Kritik geraten, als er bei der Einreise nach Hongkong eine Sonderbehandlung in Anspruch genommen hatte: Dort durfte er für eine eintägige Reise in die Finanzmetropole die dreiwöchige Quarantäneregel umgehen. Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam rechtfertigte die Bevorzugung des Spitzenmanagers mit der Stellung seiner Bank, die “Schlüsselgeschäften” in Hongkong nachgehe.

                        Marktreform als Strategie zur engeren Kontrolle der Banken

                        Lams Erklärung sagt viel aus über die Finanzbeziehungen zwischen Washington und Peking. Die Wall-Street-Banken wollen ihr Chinageschäft ausbauen. Sie sind vor allem auf das Vermögen der chinesischen Mittelschicht aus. Peking wiederum will die daraus resultierenden Abhängigkeiten nutzen, um politische Sanktionen aufzuweichen und sich zudem international in ein besseres Licht zu rücken.

                        Globale Finanzzentren sollten grenzüberschreitende Finanzierungen erleichtern, “anstatt zu Plattformen und Instrumenten zu werden, die Regierungen verwenden, um andere Länder zu sanktionieren”, meint Yi Huiman. Er ist Vorsitzender der chinesischen Wertpapieraufsichtsbehörde (CSRC). Die Aussage machte er im September auf einer von der World Federation of Exchanges organisierten Konferenz. Dabei handelt es sich um den Weltverband der Wertpapierbörsen. Yi kritisierte damit die Vereinigten Staaten, ohne sie ausdrücklich beim Namen zu nennen.

                        Der härtere Kurs Chinas gegen amerikanische Finanzinstitutionen ist auch eine Reaktion auf die aggressive Handelspolitik der USA. Donald Trump versuchte gesetzlich, ausländische Unternehmen aus dem Handel an den US-Börsen zu drängen: Plötzlich mussten sie mussten nachweisen, nicht unter Kontrolle einer ausländischen Regierung zu stehen. Das Gesetz war zwar allgemein formuliert, doch Trump hatte damit eindeutig chinesische Firmen ins Visier genommen. Und sein Nachfolger Joe Biden hat bislang den China-Kurs seines Vorgängers nicht wesentlich entschärft.

                        Nun kommt also die Retourkutsche aus China. Zwar hat Peking seit 2018 den Zugang zum eigenen Finanzmarkt deutlich verbessert. Das hat in erster Linie dazu geführt, dass die Banken ihre Geschäftein China ausweiten konnten – was jetzt wiederum ihre Unsicherheiten erhöht. Denn inzwischen ist alles längst nicht mehr sicher, dass sich Chinas Märkte weiter öffnen werden. Durch das harte Vorgehen gegen private Technologieunternehmen wie dem Mitfahrdienstanbieter Didi, dem Internetriesen Tencent oder dem E-Commerce-Anbieter Alibaba, hat Staats- und Parteichef Xi Jinping deutlich gemacht, dass er die Wirtschaft wieder unter politische Kontrolle bringen will (China.Table berichtete).

                        Ausländische Investoren waren deshalb im Sommer so nervös und verunsichert, dass Fang Xinghai, der stellvertretende Vorsitzende der chinesischen Wertpapieraufsichtsbehörde, es für notwendig hielt, die Führungskräfte von Blackrock, Goldman Sachs und anderen Finanzinstituten auf einem Treffen zu beruhigen.

                        Banken einladen und dann an die kurze Leine nehmen

                        Peking fährt eine Doppelstrategie: Auf der einen Seite lässt es die internationalen Institute auf den eigenen Markt, wo sie zur Modernisierung der Branche beitragen. Zugleich will man aber dafür sorgen, dass die Aktionen der erfolgshungrigen Wall-Street-Banker strikt reguliert und eingehegt werden. Eine unbedachte Bemerkung wie die von JP-Morgan-Chef Dimon reicht da aus, um einen donnernden Schuss vor den Bug zu erhalten.

                        Klar ist: Aller Regulierungswut zum Trotz will Peking die Beteiligung ausländischer Banken stärken, da man sie für die Entwicklungen der heimischen Finanzmärkte als wichtig ansieht. Hier haben sich die Befürworter einer Öffnung gegen die Hardliner in der Partei durchgesetzt: Im Herbst vergangenen Jahres erklärte Chen Yulu, stellvertretender Gouverneur der chinesischen Zentralbank PBOC, China habe die Beschränkungen für ausländische Beteiligungen in den Bereichen Bankwesen, Wertpapiere, Termingeschäfte und Fondsverwaltung aufgehoben und Beschränkungen für die Qualifikation der Anteilseigner verringert (China.Table berichtete).

                        Seit 2018 die Barrieren für ausländische Finanzinstitutionen schrittweise abgebaut werden, haben Goldman Sachs, Morgan Stanley, UBS und Credit Suisse ihre bisherigen Joint-Ventures im Wertpapiergeschäft mehrheitlich übernommen. Vier weitere Banken, wie JP Morgan, die japanischen Finanzinstitute Nomura und Daiwa Securities, sowie DBS Bank aus Singapur, haben in China eigene Wertpapiergeschäfte gegründet, die sie entweder mehrheitlich oder gar zu 100 Prozent besitzen. Europäische Banken hinken im Vergleich etwas hinterher, viele warten derzeit noch auf die Genehmigungen zur Gründung von Wertpapierfirmen durch die chinesischen Behörden – wie die französische Bank BNP Paribas und die britische Standard Chartered.

                        Nervosität unter ausländischen Investoren steigt trotz Öffnung

                        Finanzmarktexperten mahnen jedoch vermehrt zur Vorsicht, wenn es um den chinesischen Markt geht. Ein transparenter, offener Finanzmarkt sei durch die bisherigen Öffnungen noch nicht entstanden. So musste sich beispielsweise der US-Vermögensverwalter Blackrock bereit erklären, die Daten seiner chinesischen Kunden in China zu speichern. Auch haben die aktuellen Kampagnen Xis an der Beständigkeit und Vorhersehbarkeit der chinesischen Reformpolitik gekratzt. Weil eben nicht klar sei, ob und wann Peking die Reißleine ziehe, könnte JP Morgan laut Unternehmensunterlagen bis zu 20 Milliarden US-Dollar in China verlieren, berichtet der Finanznachrichtendienst Bloomberg.

                        Ein kürzlich gescheiterter Deal der Investmentgruppe Blackstone hat die potenziellen Gefahren von Geschäften in China nochmals verdeutlicht. Der Deal scheiterte, obwohl der Mitbegründer des Unternehmens, Stephen Schwarzman, dem Land so verbunden war, dass er gemeinhin als “China-Flüsterer” des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump galt. Dennoch gelang es ihm nicht, wie geplant die Immobilien der Soho-Group in Shanghai für drei Milliarden US-Dollar vom Ehepaar Pan Shiyi und Zhang Xin zu übernehmen.

                        Die internationalen Finanzinstitute stecken also in der Zwickmühle: Einerseits wollen sie unbedingt auf einem der größten Märkte der Welt mitmischen. Andererseits müssen sie lernen, dass dort nach chinesischen Regeln gespielt wird. Und so hat auch Jamie Dimon nach seinen launigen Worten schnell eingesehen, dass er nicht viel Zeit hat, um etwaige Missverständnisse aus der Welt zu räumen, die das Chinageschäft seiner Bank belasten könnten. Er hätte sonst seinen Mitarbeitern und Investoren einen Bärendienst erwiesen.

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                          News

                          Baltische Abgeordnete besuchen Taiwan

                          Es ist ein Schritt, der die tiefere Zusammenarbeit zwischen den baltischen Staaten und Taiwan demonstrieren soll: Am Montag haben Parlamentarier aus Estland, Lettland und Litauen Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen besucht. Tsai begrüßte persönlich die Gruppe, die in den kommenden Tagen am “Open Parliament Forum” teilnehmen wird. Taiwan und die baltischen Staaten haben ähnliche Erfahrungen gemacht beim Ausbrechen aus einer autoritären Herrschaft und im Kampf für Freiheit”, sagte Tsai am Montag in Taipeh. Die Demokratie, die man heute genieße, sei hart erkämpft worden.

                          Man sei nach Taiwan gekommen, um seine Solidarität mit der Insel auszudrücken, sagte Matas Maldeikis, der die litauische Delegation anführt. Er hoffe, bald ein litauisches Handelsbüro in Taiwan eröffnen zu können. Es solle helfen, die Partnerschaft zwischen Taiwan und Litauen weiter zu verstärken, erklärte Maldeikis laut der Nachrichtenseite Euronews.

                          Mitte November hatte Taiwan ein offizielles Verbindungsbüro in Litauen eröffnet, welches de-facto als Botschaft dient (China.Table berichtete). Daraufhin hatten sich das Verhältnis zwischen China und Litauen dramatisch verschlechtert. So stufte die Volksrepublik offiziell ihre diplomatischen Beziehungen zu dem baltischen Staat herab (China.Table berichtete). China zog seinen Botschafter aus Litauen ab, stoppte den Schienen-Frachtverkehr und erteilte dem Land keine Einfuhrgenehmigungen mehr für Lebensmittel (China.Table berichtete). rad

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                            Audis Joint-Venture mit FAW verzögert sich

                            Ein geplantes Gemeinschaftsunternehmen von Audi und FAW in China wird offenbar erst mit Verspätung seine Arbeit aufnehmen können. Das berichtet das Magazin “Automobilwoche” am Montag exklusiv. Immerhin werde die notwendige Lizenz nach einer Intervention des Bundeswirtschaftsministeriums in Peking nun Anfang Dezember erteilt. Der Bau des gemeinsamen Werks könnte dann im kommenden Jahr beginnen, heißt es in dem Bericht weiter. Quellen für diese Information werden allerdings nicht genannt. Eine Audi-Sprecherin sagte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, es gebe Verzögerungen bei der Projektfreigabe. Das Unternehmen stehe ständig im Austausch mit dem Partner FAW und den Behörden. Die Vorbereitungen für den Baustart liefen weiter.

                            Audi und FAW wollen gemeinsam in China verschiedene Audi-Elektromodelle auf Basis der gemeinsam mit Porsche entwickelten Plattform PPE produzieren. Die Leitung des Joint-Ventures soll der China-erfahrene Audi-Manager Helmut Stettner übernehmen (China.Table berichtete). Die Deutschen sollen die Mehrheit an dem Gemeinschaftsunternehmen halten. Schon jetzt produzieren Audi und FAW in China gemeinsam mehrere Elektroautos. rad

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                              Die Frachttochter der Deutschen Bahn fasst den Betrieb der Strecken nach China in einem eigenen Unternehmen zusammen. Die DB Cargo Transasia soll den Marktanteil der Schiene an den Fernost-Strecken erhöhen. Das Unternehmen beschäftigt zu diesem Zweck bereits 23 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den Standorten Shanghai und Xi’an. Eine schnelle Expansion ist geplant. Der Geschäftsbereich hat 2018 als Verbindungsbüro mit zwei Mitarbeitern begonnen. Chef von DB Cargo Transasia ist Frank Schulze, der schon das Verbindungsbüro mitaufgebaut hat. fin

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                                Deutsche Unterstützung für inhaftierte Bloggerin

                                Mit einer konzertierten Aktion haben Journalisten und Menschenrechtler auf die Freilassung der chinesischen Corona-Bloggerin Zhang Zhan gedrängt. Am Montagvormittag nutzten

                                • Amnesty International,
                                • der Autorenverbands PEN,
                                • Reporter ohne Grenzen,
                                • die Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union sowie der
                                • Deutsche Journalisten-Verband

                                den Kurznachrichtendienst Twitter für eine Flut an entsprechenden Postings.

                                Die Tweets sind verbunden mit einem Appell an den kommenden Bundeskanzler Olaf Scholz und dessen Vertrauten, Wolgang Schmidt, sowie an die kommende Außenministerin Annalena Baerbock und deren Vorgänger Heiko Maas. Die Autoren und Verbände bitten die Politik, sich für die Bürgerjournalistin bei der chinesischen Regierung einzusetzen. Die inhaftierte Frau ist in einen Hungerstreik getreten und kämpft nach Angaben ihrer Familie um ihr Leben (China.Table berichtete).

                                Zhang hatte Anfang 2020, kurz nach dem Ausbruch von Covid-19, begonnen, aus der Stadt Wuhan zu berichten, dem Ursprungsort der Pandemie. An der staatlichen Zensur vorbei lieferte sie Bilder und Eindrücke, die ein anderes Bild von der Lage in der Stadt und vom Krisenmanagement der Behörden zeichneten als offizielle Verlautbarungen. Zhang ist für ihre Berichte zu vier Jahren Haft verurteilt worden. grz

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                                  Disney zensiert Simpsons in Hongkong

                                  Der Streaminganbieter Disney+ hat eine chinakritische Episode der Cartoon-Reihe Simpsons aus seinem Angebot in Hongkong genommen. Die Folge aus dem Jahr 2005 handelt von einem Besuch der glubschäugigen US-Familie in Peking und zieht diverse satirische Verbindungen zum Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens, zu Staatsgründer Mao Zedong oder der Besetzung Tibets.

                                  Beispielsweise zeigt sie eine Gedenktafel, deren Aufschrift daran erinnert, dass 1989 auf dem Platz “nichts passiert” sei. In einer anderen Szene steht Hauptcharakter Homer Simpson vor dem aufgebahrten Leichnam von Staatsgründer Mao Zedong und sagt: “Schau an, wie er schläft. Wie ein kleiner Engel, der 50 Millionen Menschen getötet hat.”

                                  Eine offizielle Begründung von Disney+ für die Selbstzensur seines Programms stand am Montag noch aus. Zwar gilt in China seit vergangenem Monat ein Gesetz, das die Ausstrahlung von Filmen verbietet, die in den Augen des Parlaments als Angriff auf die nationale Sicherheit verstanden werden können. Allerdings gilt das Gesetz nicht für Streamingdienste.

                                  Im Juli 2020 wurde in Hongkong jedoch das Nationale Sicherheitsgesetz eingeführt, das es nach Meinung von Rechtsexperten den Ermittlungsbehörden ermöglicht, jegliche Form politischen Dissens strafrechtlich zu verfolgen. Die Simpsons-Episode richtet sich zwar nicht gegen Hongkong, sondern gegen die Volksrepublik. Allerdings hat der Einfluss Pekings auf Hongkong in den vergangenen zwei Jahren extrem zugenommen. grz

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                                    Leak: KP-Führung befahl Lager in Xinjiang

                                    Der Xinjiang-Forscher Adrian Zenz hat Auszüge aus einer Reihe von Parteidokumenten veröffentlicht, die eine direkte Beteiligung der KP-Spitze an der Planung von Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang belegen sollen. Es handelt sich um 317 Seiten Text, die ein anonymer Hinweisgeber der Organisation “Uyghur Tribunal” zugespielt hat. Zenz zeigt sich überzeugt, dass das Material echt ist. Es würde belegen, dass Staatspräsident Xi Jinping persönlich in einer Reihe von streng geheimen Reden die Einrichtung von Lagern und die Schaffung eines Polizeistaats in der Autonomen Region vorgegeben hat. Xi soll demnach auch den Anstoß für die “Optimierung der Bevölkerungsstruktur” gegeben haben, einem Euphemismus für erzwungene Geburtenkontrolle.

                                    Zenz ist aus verschiedenen Gründen umstritten, hat jedoch immer wieder durch brisante Analysen der Lage im abgeriegelten Xinjiang Aufsehen erregt, die sorgfältig belegt sind (China.Table berichtete). Die neu aufgetauchten Dokumente sind nach seiner Aussage als “streng geheim” eingestuft. In der Geschichte der Volksrepublik seien noch nie Parteipapiere mit dieser Geheimhaltungsstufe öffentlich geworden. fin

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                                      Jürgen Kracht – China-Pionier der ersten Stunde

                                      Jürgen Kracht ist Gründer der Fiducia Management Consultants
                                      Jürgen Kracht ist Gründer der Fiducia Management Consultants

                                      Drei Leitsätze begleiten Jürgen Kracht, seit er vor fast 50 Jahren nach Hongkong kam: “Gemeinsamkeiten suchen, persönliche Beziehungen aufbauen und dem Gegenüber vertrauen – aber das Überprüfen nicht vergessen.” Den Zusatz mit der Überprüfung hatte der ehemalige amerikanische Präsident Ronald Reagan in den 1980er-Jahren bei Abrüstungsverhandlungen mit der Sowjetunion zum geflügelten Wort erhoben. In China sei es gut, seinem Geschäftspartner und seinen Angestellten zu vertrauen, sagt Kracht. “Chinesische Verhandlungspartner sind aber erprobte Meister darin, ‘Ja’ zu sagen. Später merkt man dann, dass dies eigentlich ein ‘Nein’ war.” Aber bis dahin haben sie bereits ihren ursprünglichen Plan umgesetzt: “C’est la Vie.”

                                      Der gebürtige Ostwestfale kam bereits in den frühen 1970er-Jahren nach Hongkong und kennt die Volksrepublik noch aus einer Zeit, als der Zugang zu der wichtigen Exportmesse in Guangzhou lediglich zweimal im Jahr möglich war. Investments gab es nicht, Handel war kaum existent. Seither hat er die vier Phasen des chinesischen Aufstiegs miterlebt: Abschottung, Öffnung, Boom und seit kurzen wieder Abschottung. Im Jahr 1982 gründete Kracht zusammen mit seiner Frau in Hongkong die Beratungsfirma Fiducia – lateinisch für “Vertrauen”. Seitdem unterstützt er deutsche Unternehmen beim Einstieg in den chinesischen Markt.

                                      Das Tagesgeschäft hat der 74-Jährige mittlerweile an seinen Sohn weitergegeben. Seinen analytischen Blick auf den Aufstieg Chinas bringt Kracht allerdings weiterhin ein. Aus der Vergangenheit zu lernen hilft ihm dabei, die Entwicklungen der Gegenwart zu verstehen. Vor vier Jahren hat er ein Buch über 300 Jahre Handelsgeschichte zwischen Europa und China geschrieben.

                                      Der Maschinenbau erreicht deutsches Niveau

                                      Vor diesem weitgefassten Hintergrund sieht Kracht auch den Sinn der chinesischen Abschottung in den vergangenen Jahren. “Beim Maschinenbau befindet sich China mittlerweile größtenteils auf einem Niveau mit Deutschland. Was die digitale Technologie angeht, hat uns China längst abgehängt.” Das wirtschaftspolitische Konzept der “Dual Circulation“, also der zwei Kreisläufe mit einem immer stärkeren Binnenmarkt, werde den Trend noch weiter verstärken, prophezeit Kracht.

                                      Nun gehe es für China darum, den rasanten Boom und den Erfolg der vergangenen Jahrzehnte zu sichern und seine Abhängigkeit von Importen zu überwinden. Dieser Prozess wird weitreichende Folgen haben. So hat sich im Zuge dieser Entwicklung bereits das chinesische Selbstverständnis gewandelt: “Ausländische Unternehmen mussten mittlerweile lernen, ihren chinesischen Mitarbeitern oder Kunden auf Augenhöhe zu begegnen – Überheblichkeit ist fehl am Platze.” Der Boom und der Reichtum der vergangenen Jahre hätten – verständlicherweise – den Nationalstolz erhöht. Eine Arroganz wie früher, als man China noch als globale Werkbank sah, könnten sich ausländische Firmen in China längst nicht mehr leisten.

                                      Naivität oder Arroganz seien seiner Erfahrung nach überhaupt die häufigsten Gründe für das Scheitern ausländischer Unternehmen in China, berichtet Kracht. In den kommenden Jahren dürfte es immer schwerer werden, den richtigen Ton zu treffen. Kracht kann zwar die Details der nächsten Entwicklungsphase nicht voraussehen. Doch er hat einen wichtigen Rat für die alte Heimat Deutschland: “Um mit der Weltmacht China mithalten zu können, müsste Deutschland jeden verfügbaren Euro in Bildung stecken.” David Renke

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                                        China.Table Redaktion

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