Table.Briefing: Europe

Russland-Geschäfte nach Sanktionen + Russische Medien + Gasspeicher + IPCC-Bericht

  • Strafmaßnahmen würgen Russland-Geschäft ab
  • Sanktions-Monitoring
  • Russische Medien zu Folgen der Sanktionen
  • Bruegel warnt vor “Subventionskrieg” um Gas
  • IPCC-Bericht: Europa drohen Wasserknappheit und Ernteausfälle
  • Termine
  • EP und mehrere Staaten drängen auf EU-Beitritt der Ukraine
  • EU-Energieminister wollen Ukraine an Stromnetz anschließen
  • Mutmaßliche Cyberattacke auf Satellitennetz betrifft deutsche Windenergieanlagen
  • Kraftstoffimporteure rechnen mit Preissteigerungen
  • EU kündigt Gipfel mit China an
  • Standpunkt: Die wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs
Liebe Leserin, lieber Leser,

die westlichen Sanktionen nach Russlands Angriff auf die Ukraine zeigen offenbar erste Wirkung. Für westliche Investoren stehe “eine grundsätzliche Neubewertung der Wirtschafts- und Handelsbeziehungen mit Russland im Licht von Wladimir Putins systematischer Aggression” an, sagte etwa VDMA-Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann. Till Hoppe fasst die Stimmung zusammen. 

In Russland gibt man sich betont unbeeindruckt. “Aber bisher ist doch noch nichts passiert!” – so die Antwort von Putins Pressesprecher auf die Frage, ob Maßnahmen zur Unterstützung der Bürger und der Wirtschaft geplant seien. In russischen Zeitungen ist zu lesen, dass die Sanktionen keine Auswirkungen auf das Leben der Menschen hätten. Eugenie Ankowitsch hat einen Blick in die russischen Medien geworfen. Neben allerlei Beschwichtigungen ist sie dabei auch auf besorgte Stimmen gestoßen.  

In Deutschland soll künftig ein mehrstufiges Verfahren dafür sorgen, dass die Gasspeicher zu bestimmten Terminen einen festgelegten Mindestfüllstand erreichen. Das will die Bundesregierung mit einem Gesetz zur Nationalen Gasreserve festschreiben. Manuel Berkel erläutert die Hintergründe des Verfahrens und lässt Experten zu Wort kommen, die vor einem “Subventionskrieg” um Gas warnen – und vor einem Szenario, das bislang kaum im Gespräch ist: Was tun, falls Russland die Märkte mit Gas flutet?

Betrübliche Nachrichten gibt es auch vom Weltklimarat. Im Falle einer Erderwärmung von 2 Grad könnte ein Drittel der Bevölkerung in Südeuropa an Wasserknappheit leiden – das ist eine der Prognosen des neuen IPCC-Berichts. Dieser aktuelle Bericht widmet sich insbesondere der Frage, welche Möglichkeiten der Anpassung an den Klimawandel es gibt – etwa, um die Versorgung mit Nahrungsmitteln zu sichern. Lukas Scheid fasst die wichtigsten Ergebnisse und Reaktionen zusammen. 

Ihre
Sarah Schaefer
Bild von Sarah  Schaefer

Analyse

Sanktionen würgen Russland-Geschäft ab

Valdis Dombrovskis wurde deutlich: “Wenn Russland seine Aggression nicht beendet, wird es ein Pariastaat werden”, sagte der für Handel verantwortliche Vizepräsident der EU-Kommission gestern. Die EU und ihre Partner seien notfalls bereit, noch härtere Sanktionen gegen Russland zu verhängen – auch wenn dies auch in der EU weniger Wachstum und höhere Inflation bedeute. “Das ist Preis, um Demokratie und Frieden zu verteidigen”, sagte der Lette im Handelsausschuss des Europaparlaments.

Das westliche Sanktionspaket, insbesondere die massiven Beschränkungen für russische Banken und die Exportrestriktionen, würgt das Russland-Geschäft europäischer Unternehmen weitgehend ab. Der dänische Logistikriese Maersk verkündete gestern, er erwäge angesichts der verhängten Sanktionen alle Container-Buchungen von und nach Russland auszusetzen. Das betreffe sowohl der Frachttransport auf See als auch über Land.

Schweiz schließt sich den EU-Sanktionen gegen Russland an

Da die EU auch ihren Luftraum für Flugzeuge aus Russland geschlossen hat, und Russland sich gestern dafür revanchierte, ist der Luftfrachtverkehr zum Erliegen gekommen. Auch die Schlupflöcher werden kleiner: Die Schweiz schloss sich gestern nach längerem Zögern einigen der EU-Strafmaßnahmen an, sperrte seinen Luftraum für Maschinen aus Russland und verhängte Sanktionen gegen Präsident Wladimir Putin, Außenminister Sergej Lawrow und Hunderte Abgeordnete und Offizielle. Dombrovskis lobte die Entscheidung des traditionell neutralen Landes als “großen Schritt”.

Russland bemüht sich, den Schaden zu begrenzen. Putin ordnete unter anderem weitreichende Kapitalkontrollen an, russische Bürger dürfen demnach kein Geld mehr auf Auslandskonten überweisen (Europe.Table berichtete).

Ansturm auf Kanzleien

Doch Sanktionen und die öffentliche Empörung über Russlands Angriffskrieg führen zu einem Exodus westlicher Investoren. Nach BP trennte sich auch der norwegische Energiekonzern Equinor von seinen Joint Ventures in Russland. Am Abend kündigte auch Shell an, seine Zusammenarbeit mit Gazprom zu beenden, zu der auch die Finanzierung der Ostseepipeline Nord Stream 2 gehört. Der europäische Fußballverband UEFA kündigte seine Sponsorenverträge mit dem russischen Energieriesen.

Die Sanktionen gegen etliche russische Banken erschweren die Abwicklung von Geschäften mit Partnern in Russland enorm – “sie blockieren effektiv russische Exporte und Importe”, so Dombrovskis. Hinzu kommen die verschärften Exportrestriktionen für Dual-Use- und viele Hightech-Güter (Europe.Table berichtete), die etwa den Maschinenbau und die Elektronikindustrie treffen. Die EU-Sanktionen bedeuteten “eine grundsätzliche Neubewertung der Wirtschafts- und Handelsbeziehungen mit Russland im Licht von Wladimir Putins systematischer Aggression”, sagte VDMA-Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann.

Die neuen Lieferverbote erfassten weite Teile der Branche, so Brodtmann, sie beträfen Exporte im Volumen von mehreren Hundert Millionen Euro. Es gelte nun, die Sanktionsbedingungen und deren Auswirkungen im Detail zu analysieren.

Spezialisierte Anwaltskanzleien verzeichnen gerade einen Ansturm ihrer Mandanten. “Viele Unternehmen überdenken ihre Investitionen in Russland derzeit, weil sie sich dadurch rechtlich und politisch angreifbar machen“, sagt Roland Stein, Partner bei der Kanzlei Blomstein. Geschäfte mit Partnern dort seien zwar grundsätzlich weiterhin möglich, aber schwierig.

Wenige Ausnahmen bei Ausfuhrbeschränkungen

Die am vergangenen Freitag verschärften EU-Ausfuhrbeschränkungen engen den Spielraum stark ein. Güter, die zivil und militärisch genutzt werden können, dürfen kaum noch nach Russland geliefert werden, auch Finanzierungs- und Wartungsleistungen sind untersagt. Die Ausnahmen seien sehr eng gefasst, sagt Stein. Dazu zählen etwa medizinische Einsatzzwecke oder Software-Updates.

Daneben verbieten die neuen Regeln die Lieferung von zahlreichen Hightech-Gütern, die nicht auf der Dual-Use-Liste stehen. Dafür wurde ein neuer Annex VII der Verordnung hinzugefügt, die etwa Halbleiter, Sensoren oder Laser auflistet.

Nach Genehmigung der nationalen Aufsichtsbehörde können einige andere Dual-Use-Technologien exportiert werden, etwa wenn sie gemeinsamen Raumfahrtprojekten dienen oder der Sicherheit in der Schifffahrt. Genehmigt werden können auch Lieferungen, deren Verträge vor dem 26. Februar abgeschlossen wurden und die bis zum 1. Mai bei den Behörden angemeldet wurden.

  • Europapolitik
  • Finanzen
  • Handel

Sanktions-Monitoring

Sanktions-Monitoring

Die Europäische Union und die Schweiz haben mit verschiedenen Sanktionen auf die Invasion Russlands in der Ukraine reagiert. Hier finden Sie die verhängten EU-Sanktionen (soweit im Amtsblatt der EU veröffentlicht) sowie die Sanktionen der Schweiz.

Europäische Union

Rechtsvorschrift L40
Durchführungsverordnung (EU) 2022/236 des Rates vom 21. Februar 2022 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen

Beschluss (GASP) 2022/241 des Rates vom 21. Februar 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/145/GASP über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen
Details

Rechtsvorschrift L42 I
Verordnung (EU) 2022/259 des Rates vom 23. Februar 2022 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014

Durchführungsverordnung (EU) 2022/260 des Rates vom 23. Februar 2022 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014

Durchführungsverordnung (EU) 2022/261 des Rates vom 23. Februar 2022 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014

Verordnung (EU) 2022/262 des Rates vom 23. Februar 2022 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren

Verordnung (EU) 2022/263 des Rates vom 23. Februar 2022 über restriktive Maßnahmen als Reaktion auf die Anerkennung der nicht von der Regierung kontrollierten Gebiete der ukrainischen Regionen Donezk und Luhansk und die Entsendung russischer Streitkräfte in diese Gebiete

Beschluss (GASP) 2022/264 des Rates Vom 23. Februar 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/512/GASP über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren

Beschluss (GASP) 2022/265 des Rates vom 23. Februar 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/145/GASP

Beschluss (GASP) 2022/266 des Rates vom 23 Februar 2022 über restriktive Maßnahmen als Reaktion auf die Anerkennung der nicht von der Regierung kontrollierten Gebiete der ukrainischen Regionen Donezk und Luhansk und die Anordnung der Entsendung russischer Streitkräfte in diese Gebiete

Beschluss (GASP) 2022/267 des Rates vom 23. Februar 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/145/GASP
Details

Rechtsvorschrift L48
Beschluss (GASP) 2022/327 des Rates vom 25. Februar 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/512/GASP
Details

Rechtsvorschrift L49
Verordnung (EU) 2022/328 des Rates vom 25. Februar 2022 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014
Details

Rechtsvorschrift L50
Beschluss (GASP) 2022/329 des Rates vom 25. Februar 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/145/GASP
Details

Rechtsvorschrift L51
Verordnung (EU) 2022/330 des Rates vom 25. Februar 2022 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014
Details

Rechtsvorschrift L52
Beschluss (GASP) 2022/331 des Rates vom 25. Februar 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/145/GASP
Details

Rechtsvorschrift L53
Durchführungsverordnung (EU) 2022/332 des Rates vom 25. Februar 2022 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014
Details

Rechtsvorschrift L54
Beschluss (EU) 2022/333 des Rates vom 25. Februar 2022 über die teilweise Aussetzung der Anwendung des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Russischen Föderation über die Erleichterung der Ausstellung von Visa für Bürger der Europäischen Union und für Staatsangehörige der Russischen Föderation
Details

Rechtsvorschrift L57
Verordnung (EU) 2022/334 des Rates vom 28. Februar 2022 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 883/2014 des Rates über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren

Beschluss (GASP) 2022/335 des Rates vom 28. Februar 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/512/GASP
Details

Rechtsvorschrift L58
Durchführungsverordnung (EU) 2022/336 des Rates vom 28. Februar 2022 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014
Details

Rechtsvorschrift L59
Beschluss (GASP) 2022/337 des Rates vom 28. Februar 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/145/GASP
Details

Rechtsvorschrift L61
Beschluss (EU) 2022/333 des Rates vom 25. Februar 2022 über die teilweise Aussetzung der Anwendung des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Russischen Föderation über die Erleichterung der Ausstellung von Visa für Bürger der Europäischen Union und für Staatsangehörige der Russischen Föderation
Details

Rechtsvorschrift L63
Verordnung (EU) 2022/345 des Rates vom 1. März 2022 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014.

Beschluss (GASP) 2022/346 des Rates vom 1. März 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/512/GASP
Details

Rechtsvorschrift L65
Verordnung (EU) 2022/350 des Rates vom 1. März 2022 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014

Beschluss (GASP) 2022/351 des Rates vom 1. März 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/512/GASP
Details

Rechtsvorschfrift L66
Durchführungsverordnung (EU) 2022/353 des Rates vom 2. März 2022 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014

Beschluss (GASP) 2022/354 des Rates vom 2. März 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/145/GASP
Details

Rechtsvorschfrift L70
Durchführungsverordnung (EU) 2022/375 des Rates vom 3. März 2022 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 208/2014 über restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Personen, Organisationen und Einrichtungen angesichts der Lage in der Ukraine

Beschluss (GASP) 2022/376 des Rates vom 3. März 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/119/ GASP über restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Personen, Organisationen und Einrichtungen angesichts der Lage in der Ukraine
Details

Rechtsvorschfrift L80
Durchführungsverordnung (EU) 2022/396 des Rates vom 9. März 2022 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014

Beschluss (GASP) 2022/397 des Rates vom 9. März 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/145/GASP
Details

Rechtsvorschfrift L81
Verordnung (EU) 2022/394 des Rates vom 9. März 2022 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014

Beschluss (GASP) 2022/395 des Rates vom 9. März 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/512/GASP
Details

Rechtsvorschfrift L82
Verordnung (EU) 2022/398 des Rates vom 9. März 2022 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 765/2006 des Rates über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Belarus und der Beteiligung von Belarus an der russischen Aggression gegen die Ukraine

Beschluss (GASP) 2022/399 des Rates vom 9. März 2022 zur Änderung des Beschlusses 2012/642/GASP über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Belarus und der Beteiligung von Belarus an der Aggression Russlands gegen die Ukraine
Details

Rechtsvorschfrift L84
Durchführungsverordnung (EU) 2022/408 des Rates vom 10. März 2022 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014

Beschluss (GASP) 2022/411 des Rates vom 10. März 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/145/GASP
Details

Rechtsvorschfrift L87 I
Durchführungsverordnung (EU) 2022/427 des Rates vom 15. März 2022 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014

Verordnung (EU) 2022/428 des Rates vom 15. März 2022 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014

Beschluss (GASP) 2022/429 des Rates vom 15. März 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/145/GASP

Beschluss (GASP) 2022/430 des Rates vom 15. März 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/512/GASP
Details

Rechtsvorschrift L110
Verordnung (EU) 2022/580 des Rates vom 8. April 2022 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014

Durchführungsverordnung (EU) 2022/581 des Rates vom 8. April 2022 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014

Beschluss (GASP) 2022/582 des Rates vom 8. April 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/145/GASP
Details

Rechtsvorschrift L111
Verordnung (EU) 2022/576 des Rates vom 8. April 2022 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014

Verordnung (EU) 2022/577 des Rates vom 8. April 2022 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 765/2006

Beschluss (GASP) 2022/578 des Rates vom 8. April 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/512/GASP

Beschluss (GASP) 2022/579 des Rates vom 8. April 2022 zur Änderung des Beschlusses 2012/642/GASP
Details

Rechtsvorschrift L153
Durchführungsverordnung (EU) 2022/876 des Rates vom 3. Juni 2022 zur Durchführung des Artikels 8a Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 765/2006

Verordnung (EU) 2022/877 des Rates vom 3. Juni 2022 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 765/2006

Durchführungsverordnung (EU) 2022/878 des Rates vom 3. Juni 2022 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014

Verordnung (EU) 2022/879 des Rates vom 3. Juni 2022 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014

Verordnung (EU) 2022/880 des Rates vom 3. Juni 2022 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014

Durchführungsbeschluss (GASP) 2022/881 des Rates vom 3. Juni 2022 zur Durchführung des Beschlusses 2012/642/GASP

Beschluss (GASP) 2022/882 des Rates vom 3. Juni 2022 zur Änderung des Beschlusses 2012/642/GASP

Beschluss (GASP) 2022/883 des Rates vom 3. Juni 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/145/GASP

Beschluss (GASP) 2022/884 des Rates vom 3. Juni 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/512/GASP

Beschluss (GASP) 2022/885 des Rates vom 3. Juni 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/145/GASP
Details

Die Sanktionen gelten ab der Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union, sofern dort nicht ein anderes Inkrafttreten vermerkt ist. In Deutschland ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle der Ansprechpartner für alle Fragen rund um Exportkontrollen. Es betreibt unter der Telefonnummer +06196 908-1237 eine Hotline zum Thema.

Schweiz

Sanktionen vom 25.02.2022
Änderung der Verordnung vom 27. August 2014 über Massnahmen zur Vermeidung der Umgehung internationaler Sanktionen im Zusammenhang mit der Situation in der Ukraine
Details

Sanktionen vom 28.02.2022
Änderung der Verordnung vom 27. August 2014
Details

Sanktionen vom 04.03.2022
Verordnung vom 4. März 2022 über Massnahmen im Zusammenhang mit der Situation in der Ukraine
Details

Sanktionen vom 15.03.2022
Änderung der Verordnung vom 4. März 2022
Details

Sanktionen vom 25.03.2022
Änderung der Verordnung vom 4. März 2022
Details

Sanktionen vom 13.04.2022
Änderung der Verordnung vom 4. März 2022
Details

Sanktionen vom 04.05.2022
Änderung der Verordnung vom 4. März 2022
Details

Der aktuelle Stand aller schweizer Sanktionen findet sich hier.

Sanktionen in Russland: “Bisher ist doch nichts passiert!”

“Aber bisher ist doch noch nichts passiert!”, antwortete der Pressesprecher des russischen Präsidenten Dmitri Peskow bei seinem werktäglichen Pressebriefing am Montag auf die Frage, ob Maßnahmen zur Unterstützung der Bürger und der Wirtschaft geplant seien. Kurz zuvor hatte die EU die angekündigten schwerwiegenden Sanktionen gegen die russische Zentralbank in Kraft gesetzt.

Die russische Notenbank hat daraufhin mit einer massiven Zinsanhebung versucht, den Rubel-Absturz zu mildern. Der Leitzins stieg von 9,5 auf 20 Prozent. Heimische Unternehmen sollen zudem 80 Prozent ihrer Deviseneinnahmen verkaufen, verkündeten Zentralbank und Finanzministerium. Geholfen hat es nicht. Der Dollar stieg am Montagmorgen zeitweise um fast 42 Prozent auf ein historisches Rekordhoch von 119 Rubel. Am Freitag musste man noch rund 84 Rubel für einen Dollar zahlen. Die russische Zentralbank kündigte außerdem an, dass die Moskauer Börse “aufgrund der aktuellen Situation” am Montag nicht öffnen wird. Auch der Derivatemarkt blieb geschlossen.

Sanktionen gegen Russland angeblich keine großen Auswirkungen

Doch die Sanktionen hätten zunächst keine großen Auswirkungen für das tägliche Leben der Bürger:innen in Russland. Das schreibt etwa die Zeitung “Komsomolskaja Pravda” in einem Artikel zu den wichtigsten Fragen im Zusammenhang mit westlichen Sanktionen. “Unser Land ist nun schon seit mehreren Jahren durch diese Sanktionen eingeschüchtert worden”, so der Autor. In dieser Zeit sei es gelungen, eine Alternative zur internationalen Finanzinfrastruktur zu schaffen: nämlich das Mir-Zahlungssystem (als Ersatz für VISA und MasterCard), das Financial Messaging System (als Ersatz für SWIFT) und das Speedy Payment System (als Ersatz für Einzelhandelstransaktionen durch Telefonüberweisungen).

“Die Abkopplung unseres Landes von SWIFT und VISA/MasterCard werden keinerlei Auswirkungen auf die inländischen Transaktionen haben”, heißt es weiter. “Sie können Geld von Ihrer Karte abheben, in Geschäften bezahlen und Geld an andere Personen überweisen.”

Impulsivität und Panik seien fehl am Platz, betonte Evgenia Lazareva, Leiterin des Projekts “Für die Rechte der Kreditnehmer” der Allrussischen Volksfront (ONF) in der Zeitung “Izwestija”. Das russische Finanz- und Wirtschaftssystem sei autark. Das Jahr 2014 habe gezeigt, dass die Wechselkurse und Aktien wieder erstarken und die Versuche, Devisen aufzukaufen und der Panik nachzugeben, schadeten. Voreilige Entscheidungen können dazu führen, dass jemand eine Währung zu einem überhöhten Kurs kauft, was in der Zukunft zu einigen Verlusten führen wird, warnte FG-Finam-Analyst Andrey Maslov.

Industrieausrüstung vs. Verbrauchsgüter

Andere Experten erwarten jedoch durchaus große Auswirkungen der Sanktionen auf die Verbraucher:innen in Russland. Wenn die russischen Banken von SWIFT abgekoppelt werden, müsse man sich zwischen Ausrüstung für die Ölförderung oder Waren für die Menschen entscheiden, heißt es in einem Artikel der kremlkritischen Zeitung “Novaja Gazeta”.

Die Unternehmen würden Prioritäten setzen müssen – “grob gesagt, entscheiden, was wichtiger ist: Transaktionen für den Kauf von Industrieanlagen für die russische Industrie und Erdölförderung oder die Bezahlung von Containern mit Damenstiefeln und Kinderspielzeug”, heißt es weiter. Es sei absehbar, dass sich die Unternehmen für die Industrieanlagen entscheiden würden. Für andere Produkte bedeute das: weniger Vielfalt, höhere Preise, auch wenn die Waren im Inland produziert werden, lautet seine Prognose.

Überhaupt scheint das Einfrieren der Zentralbankreserven höhere Wellen zu schlagen als die Abkopplung Russlands von SWIFT (Europe.Table berichtete). Die russische Regierung sei davon überrascht worden, behauptet der renommierte russische Wirtschaftswissenschaftler Sergei Guriev, bis 2019 Chefökonom der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, in einem Interview mit dem unabhängigen russischsprachigen Online-Portal “Meduza”.

Doch die Entscheidung zu SWIFT sei dennoch ein wichtiges symbolisches Zeichen gewesen. “Obwohl aus meiner Sicht die Sanktionen gegen die Zentralbank viel schmerzhafter sind als die Abschaltung von SWIFT, zeigt die Abschaltung selbst, dass das, was gestern noch als zu beängstigend galt, jetzt diskutiert und umgesetzt wird”, sagte er.

Müssen Russen ihre Devisen abgeben?

Die Situation ist seiner Einschätzung nach ernster als 2014 nach der Krim-Annexion. Damals habe es Reserven gegeben und die Zentralbank habe gewusst, was sie tun konnte und was nicht. Zwar seien die Ölpreise heute hoch, es sei aber nicht klar, ob die russischen Ölexporteure in der Lage sein werden, dieses Öl zu verkaufen und die Dollar, die sie dafür bekommen, nach Russland zu transferieren. Es ist für Guriev ein realistisches Szenario, dass Russen ihre Dollar-Ersparnisse zwangsweise zu dem von der Regierung festgelegten Kurs in Rubel umtauschen müssen.

Davor haben einige Russen offenbar Angst. In den westlichen Medien und in den sozialen Netzwerken mehren sich die Berichte über leere Bankomaten und vergebliche Versuche der Menschen, Fremdwährungen wie Dollar und Euro abzuheben. Russischen Massenmedien beschwichtigen jedoch. Russische Banken hätten zwar eine erhöhte Nachfrage der Bevölkerung nach Devisengeschäften festgestellt, gaben die Pressedienste der Kreditinstitute auf Nachfrage der russischen Nachrichtenagentur TASS zu. Nach den Statistiken der Standard-Bank etwa ist die Gesamtzahl der Bargeldtransaktionen in den vergangenen Tagen im Vergleich zur Vorwoche um 41 Prozent gestiegen. Die Devisenvorräte würden aber ausreichen, um den Währungsumtausch wie gewohnt zu ermöglichen.

  • Finanzen
  • Gesellschaft
  • Sanktionen

Bruegel warnt vor “Subventionskrieg” um Gas

Bei den gegenwärtigen Preisen würde das Speichern von 700 Terrawattstunden Gas für die gesamte EU mindestens 70 Milliarden Euro kosten – gegenüber 10 Milliarden Euro in früheren Jahren, schrieb Bruegel-Analyst Simone Tagliapietra auf Twitter.

In Deutschland soll künftig ein mehrstufiges Verfahren greifen, um zu bestimmten Terminen auf festgelegte Mindestfüllstände der Gasspeicher zu kommen. Ab August sollen es zunächst 65 Prozent sein, ab Oktober 80 Prozent, heißt es aus Kreisen des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWK). Nach dem Höhepunkt im Dezember sollen auch Pflichten greifen, das gespeicherte Gas dem Markt wieder zur Verfügung zu stellen. Bis zum 1. Februar sollen Füllstände von mindestens 40 Prozent erreicht werden. Am Montag ging das Gesetz in die Ressortabstimmung, in Kraft treten soll es zum 1. Mai.

Vorrangig befüllen sollen die Speicher weiterhin die Marktteilnehmer. Bei Bedarf soll der Marktgebietsverantwortliche, die Trading Hub Europe GmbH, aber künftig in mehreren Schritten Gas über Ausschreibungen beschaffen, sogenannte Strategic Storage Based Options (SSBO).

Gas-Speicher: Bruegel warnt vor EU-Subventionskrieg 

Umfrage: Wären Sie bereit, höhere Energiepreise zu zahlen, wenn die Energie-Abhängigkeit von Russland dafür schnell reduziert werden könnte?

“Nutzen die Speichernutzer von ihnen gebuchte Kapazitäten nicht, werden sie ihnen entzogen und dem Marktgebietsverantwortlichen zur Verfügung gestellt”, heißt es weiter aus den Kreisen. “Dieser lässt sie entweder von Marktakteuren im Wege der Ausschreibung von SSBOs befüllen oder kauft selber Gas ein, um dieses einzuspeichern. Der Entzugsmechanismus soll dazu führen, dass zum einen eine Hortung von Kapazitäten vermieden wird und zum anderen eine Befüllung der gebuchten Kapazitäten angereizt wird. Die anfallenden Kosten dieser Instrumente werden auf die Netznutzer umgelegt.”

Speicher für Gas innerhalb der EU koordinieren

Gas-Speicherverpflichtungen funktionieren nach einem neuen Beitrag von Bruegel aber nur dann gut, wenn sie europaweit koordiniert werden: “Ansonsten könnten EU-Staaten einander überbieten, um ihre Speicher bei begrenztem Angebot zu füllen.” Solch ein “Subventionskrieg” würde zu höheren Preisen für alle führen, der Gasanbieter reicher mache, ohne signifikant höhere Importe zu ermöglichen.

Bekannt ist, dass sich Deutschland in Fragen der Regulierung und Versorgungssicherheit mit dem Pentalateralen Forum abspricht, also Österreich, der Schweiz, Frankreich und den Benelux-Staaten. Genauere Angaben zur Koordinierung der Gasreserven waren im BMWK nicht zu erfahren. Als Quelle für zusätzliche LNG-Lieferungen gelten derzeit offenbar nicht vorrangig die USA. Die Gespräche, von denen er wisse, zielten nicht auf Amerika, sondern Erdgas aus dem arabischen Raum, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Rande des Energieministerrates in Brüssel.

Gas-Speicher: Bruegel warnt vor EU-Subventionskrieg 

Umfrage: Wären Sie bereit, höhere Energiepreise zu zahlen, wenn die Energie-Abhängigkeit von Russland dafür schnell reduziert werden könnte? - nach Parteien

Im Zusammenhang mit Russland warnte Bruegel vor einem bislang wenig beachteten möglichen Schritt von Gazprom. Herrschte bisher allein die Sorge vor einem Stopp der Lieferungen aus Langfristverträgen, analysierte der Think-Tank die Folgen möglicherweise wieder zunehmender Spot-Lieferungen, die der Gaskonzern in den vergangenen Monaten weitgehend eingestellt hatte.

Falls Russland die Märkte gegenüber dem aktuellen Stand mit Gas flute, könne es zu einem Preisverfall kommen. Gashändler könnten sich aus diesem Grund mit Käufen und dem Füllen der Speicher zu den derzeit hohen Preisen zurückhalten, um später keine Verluste zu machen.

“Die EU sollte Unternehmen, die Gas speichern, besonders in den verwundbarsten EU-Staaten finanzielle Sicherheiten vor einem solchen Szenario bieten”, schreibt Bruegel. Vorstellbar seien Differenzverträge für den Fall, dass die Preise im kommenden Winter wieder unter 70 Euro pro Megawattstunde fallen. Solche Differenzverträge hatte auch die EU-Kommission im Entwurf ihrer Kommunikation zu Energiepreisen ins Spiel gebracht (Europe.Table berichtete). Die finale Fassung sollte ursprünglich am kommenden Mittwoch vorgestellt werden, dies wurde aber kurzfristig verschoben.

  • Energie
  • Energiepreise
  • Erdgas
  • Europapolitik
  • Finanzen

IPCC-Bericht: Europa drohen Wasserknappheit und Ernteausfälle

In Südeuropa könnte ein Drittel der Bevölkerung an Wasserknappheit leiden, im Falle einer Erderwärmung von 2 Grad. Bei 3 Grad würde sich dieses Risiko verdoppeln. So steht es im zweiten Bericht von insgesamt drei Teilberichten des sechsten Weltklimarat-Sachstandsberichtes des IPCC, der am Montag vorgestellt wurde.

Für viele Städte in West- und Mitteleuropa dürfte das Risiko von Wasserknappheit bei 3 Grad Erderwärmung stark zunehmen. Gleichzeitig droht sich der durch saisonale Extremniederschläge und Flussüberschwemmungen verursachte Schaden zu verdoppeln. Die Autoren des Berichts prognostizieren, dass die Hochwasserschäden an den Küsten bis zum Ende des 21. Jahrhunderts um mindestens das Zehnfache ansteigen würden. Bei den derzeitigen Anpassungsmaßnahmen, darin sind sich die Wissenschaftler sicher, könnte es sogar noch früher dazu kommen.

Weltklimarat veröffentlicht IPCC-Bericht: Die Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme in verschiedenen Sektoren und Regionen. Quelle: IPCC
Die Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme in verschiedenen Sektoren und Regionen. Quelle: IPCC

Mit den aktuellen Maßnahmen der globalen Klimapolitik steuert der Planet laut dem Climate Action Tracker auf eine Erwärmung von 2,5 bis 2,9 Grad zu (Europe.Table berichtete)- noch nicht umgesetzte Ankündigungen und Zielvorhaben nicht mit einberechnet. Ein solcher Temperaturanstieg würde auch die Nahrungsmittelversorgung Europas enorm bedrohen. Im Laufe des 21. Jahrhunderts könnte die landwirtschaftliche Produktion erhebliche Verluste erleiden, die auch durch zusätzliche Kapazitäten Nordeuropas in Folge der Erderwärmung nicht ausgeglichen werden könnten, schreiben die IPCC-Autoren.

Kurzfristige Maßnahmen, die die globale Erwärmung auf annähernd 1,5 Grad begrenzen, würden die prognostizierten Verluste und Schäden zwar erheblich verringern, können sie aber nicht vollständig beseitigen. Deshalb legt der zweite Teilbericht besonderen Fokus auf Anpassungsmöglichkeiten.

Man könne etwas tun, sagt Hermann Lotze-Campen, Leiter der Forschungsabteilung Klimaresilienz am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). “Ein wirksamer Schutz von 30 bis 50 Prozent der Flächen zu Land und zu Wasser kann helfen, nicht nur wichtige Ökosysteme zu stabilisieren, sondern auch die Nahrungsmittelversorgung zu sichern.” Zudem könne eine möglichst pflanzenbasierte Ernährung die Konkurrenz um Land und Wasser verringern und regionale Anpassungsspielräume vergrößern, so der PIK-Forscher.

Adaptionsmöglichkeiten in Europa bestehen laut IPCC-Bericht in Vegetationsbedeckung, Änderung der Anbaumethoden und der Nutzpflanzen- und Tierarten sowie wechselnder Bepflanzung. Dazu kommen prophylaktische Agrarökologie und Waldbewirtschaftung, um Waldbrände zu verhindern und Wälder resilienter gegenüber klimatischen Veränderungen zu machen. Um Wasserknappheiten zu verhindern, sollten zudem die Wasserwiederverwendung, Frühwarnsysteme sowie die Landnutzung optimiert werden.

Weltklimarat veröffentlicht mit IPCC-Bericht Anpassungsmöglichkeiten

In der Zusammenfassung für Entscheidungsträger:innen, die zusammen mit dem IPCC-Bericht vom Weltklimarat veröffentlicht wurde, heißt es, Anpassungspotenziale seien noch nicht ausgeschöpft und könnten vor allem im globalen Süden einen Unterschied machen. Dabei geht es vor allem um eine geeignete Klimafinanzierung. Der überwiegende Teil der globalen Klimafinanzierung sei in die Eindämmung des Klimawandels gegangen, heißt es. Nur ein kleiner Teil sei in die Anpassung geflossen.

Dazu müsse der Zugang zu Finanzmitteln für die Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen verbessert werden, heißt es vom IPCC. Öffentliche Finanzmittel könnten dabei eine Hebelwirkung auf die Anpassungsfinanzierung des Privatsektors ausüben, indem sie Regulierungs-, Kosten- und Markthindernisse beseitigen, beispielsweise durch öffentlich-private Partnerschaften.

Hier seien die reichsten Länder gefragt, sagt Rixa Schwarz, Leiterin des Teams Internationale Klimapolitik bei Germanwatch. Die G7 müssten sicherstellen, dass die von den Industrieländern eigentlich bereits bis 2020 zugesagten 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr für Klimaschutz und Klimaanpassung dieses Jahr erreicht würden. Die Mittel für Klimaanpassung in diesem Paket müssten dabei “mindestens verdoppelt” werden, so Schwarz.

Auch aus Deutschland erhofft sie sich mehr Engagement. Noch nicht einmal der jährliche Betrag von 6 Milliarden Euro ab 2025, der noch von der ehemaligen Kanzlerin Angela Merkel zugesagt worden war, sei bislang in der mittelfristigen Finanzplanung abgesichert. Daher fordert Germanwatch eine Aufstockung auf jährlich mindestens 8 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt für Klimaschutz und -anpassung im globalen Süden.

Vorsorgepläne für Folgen des Klimawandels

Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) versprach am Montag prompt, die Bundesregierung werde die Klimaanpassung konsequent angehen. “Mit dem Sofortprogramm Klimaanpassung erweitern und ergänzen wir bestehende Maßnahmen. Darüber hinaus arbeiten wir an einer dauerhaften Finanzierung der Klimaanpassung.” Den Umfang dieser Finanzierung nannte Lemke nicht. Die Staatsministerin für Europa und Klima, Anna Lührmann, betonte außerdem, dass große Industriestaaten bei der Klimaanpassung und dessen Finanzierung nun weiter voranschreiten und andere Länder mitnehmen müssen.

Jörn Birkmann, Koordinierender Leitautor des Berichts, wies zudem darauf hin, dass die Politik nicht erst nach Extremwetterereignissen, wenn die Folgen des Klimawandels unmittelbar spürbar sind, über Anpassungsmaßnahmen sprechen solle. Man müsse für solche Fälle Vorsorgepläne in der Schublade haben.

Die IPCC-Autoren weisen allerdings auch darauf hin, dass Verluste und Schäden als Folge des Klimawandels zunehmen werden. Bei einer Erwärmung von mehr als 1,5 Grad würden einige ökosystembasierte Anpassungsmaßnahmen ihre Wirksamkeit verlieren. Menschliche und natürliche Systeme könnten dadurch an ihre Anpassungsgrenzen stoßen. Besonders gefährdet: Warmwasserkorallenriffs, Küstenfeuchtgebiete, Regenwälder sowie Polar- und Bergökosysteme.

Insgesamt 270 Autoren aus 67 Ländern haben mehr als 34.000 wissenschaftliche Beiträge für den zweiten Teilbericht ausgewertet. Der erste Teilbericht war im August 2021 erschienen (Europe.Table berichtete). Der dritte Teilbericht soll bereits Anfang April veröffentlicht werden und Möglichkeiten zur Abmilderung des Klimawandels aufzeigen. Der vollständige sechste Sachstandsbericht des IPCC soll im September 2022 erscheinen.

  • Finanzen
  • Green Deal
  • Klima & Umwelt
  • Klimaschutz
  • Klimaziele

Termine

02.03.2022 – 18:00-20:00 Uhr, online
HSS, Seminar Krieg in Europa – Putin macht Ernst
Das Seminar der Hanns-Seidel-Stiftung (HSS) beschäftigt sich mit dem russisch-ukrainischen Krieg. INFOS & ANMELDUNG

02.03.2022 – 19:00-20:00 Uhr, online
BVMW, Workshop Nachhaltigkeit im Mittelstand – Strategische Ansätze zwischen Klima, Kosten, Menschenrechten
Der Workshop des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW) widmet sich der strategischen, rechtlichen und praktischen Dimension des Nachhaltigkeitsbegriffs für Unternehmen. INFOS & ANMELDUNG

03.03.2022 – 09:00-14:30 Uhr, online
ZVEI, Konferenz Material Compliance Declaration und SCIP-Datenbank – Aktuelle Vorgaben, Softwarelösungen und praktische Umsetzung
Die Konferenz des Verbands der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI) diskutiert die steigenden regulatorischen Anforderungen in der Lieferkette. INFOS & ANMELDUNG

03.03.2022 – 10:00-12:00 Uhr, online
ASEW, Seminar Erfahrungsaustausch Öffentliche Ladeinfrastruktur
Das Seminar des Effizienz-Netzwerks für Stadtwerke (ASEW) dient zum Austausch über aktuelle Förderprogramme, die Anrechnung im THG-Quotenhandel und Standortkriterien von öffentlicher Ladeinfrastruktur. INFOS & ANMELDUNG

03.03.2022 – 10:30-12:00 Uhr, online
EC, Workshop Digitalisation of the energy system – Prosumer data exchanges to enable seamless flexibility integration into TSO-DSO markets
The European Commission’s (EC) workshop addresses the shift towards a more connected mobility, smart buildings and industries, and a more integrated energy system in the light of attempts at climate neutrality by 2050.
INFOS & REGISTRATION

03.03.2022 – 15:00-17:00 Uhr, online
Mittelstand 4.0, Workshop KI im Gesundheitswesen – ambulanter Dienst und stationäre Pflegeeinrichtungen
Der Workshop von Mittelstand 4.0 informiert über die sozio-technischen Herausforderungen bei der Einführung von KI in mittleren und kleinen Unternehmen. INFOS & ANMELDUNG

03.03.2022 – 17:00-18:30 Uhr, Chemnitz
BVMW, Vortrag Digitale Geschäftsmodelle und deren Nutzen im Unternehmensalltag der KMU
Der Vortrag des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW) setzt sich mit der praktischen Umsetzung von digitalen Geschäftsmodellen bei kleinen und mittleren Unternehmen auseinander. INFOS & ANMELDUNG

News

EU-Parlament und mehrere Staaten drängen auf EU-Beitritt der Ukraine

Eine für diesen Dienstag zur Abstimmung stehende Resolution des EU-Parlaments dringt auf den EU-Beitritt der Ukraine. In dem Text werden die EU-Institutionen aufgefordert, dem Land den Status eines EU-Beitrittskandidaten zu verleihen. In der Zwischenzeit soll der Resolution zufolge weiter darauf hingearbeitet werden, den ukrainischen Markt in den Binnenmarkt der EU zu integrieren. Die Resolution liegt der Deutschen Presse-Agentur vor. Sie ist den Angaben zufolge zwischen den Fraktionen abgestimmt worden, mit Ausnahme der rechtsnationalen ID-Fraktion.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj pocht angesichts des russischen Angriffs auf den EU-Beitritt der Ukraine. “Wir wenden uns an die EU zur unverzüglichen Aufnahme der Ukraine nach einer neuen speziellen Prozedur”, sagte Selenskyj am Montag.

“Wenn Präsident Selenskyj um die EU-Mitgliedschaft bittet, dann bittet er um Frieden, Freiheit und Demokratie für sein Land”, sagte der Vorsitzende der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, Manfred Weber (CSU). Die Mitgliedschaft sei zwar ein langwieriger Prozess, dennoch laute das Signal: “Die Ukraine gehört zur EU.”

Unterstützung von acht ost- und zentraleuropäischen Staaten

Die Präsidenten von acht ost- und zentraleuropäischen Staaten fordern ebenfalls, der Ukraine sofort den Status eines Beitrittskandidaten zur EU zuzubilligen und Beitritts-Verhandlungen zu beginnen. “Wir, die Präsidenten der EU-Mitgliedsstaaten Republik Bulgarien, Tschechische Republik, Republik Estland, Republik Lettland, Republik Litauen, Republik Polen, Slowakische Republik und Republik Slowenien sind der festen Überzeugung, dass die Ukraine eine sofortige EU-Beitrittsperspektive verdient“, heißt es in einem offenen Brief.

Ein Sprecher der Europäischen Kommission dämpfte allerdings die Erwartungen auf einen raschen Beitritt. Es gebe einen Prozess für die Beitrittsverhandlungen, um EU-Mitglied zu werden, sagte der Sprecher. Die endgültige Entscheidung liege bei den EU-Ländern und nicht der Kommission. Bevor Länder EU-Mitglieder werden können, müssen sie die geltenden EU-Gesetze in nationales Recht umsetzen und eine Reihe von Kriterien erfüllen.

Baerbock zurückhaltend zu schnellem EU-Beitritt der Ukraine

Auch Außenministerin Annalena Baerbock hat sich zurückhaltend zu einem raschen EU-Beitritt des Landes geäußert. Allen sei bewusst, “dass ein EU-Beitritt nichts ist, was man in einigen Monaten vollzieht”, sagte die Grünen-Politikerin am Montag nach einem Treffen mit ihrem slowenischen Kollegen Anže Logar in Berlin. Vielmehr ziehe ein solches Vorhaben einen intensiven und tiefgreifenden Transformationsprozess mit sich. Zugleich betonte Baerbock: “Die Ukraine ist Teil des Hauses Europa.”

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat nach eigenen Angaben eine formelle Bitte um die Aufnahme seines Landes in die Europäische Union unterzeichnet. Aus hochrangigen EU-Kreisen verlautet, dies könne für die Staats- und Regierungschefs ein Thema bei einem inoffiziellen Gipfel im März sein. Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte sich am Sonntag für einen Beitritt der Ukraine ausgesprochen (Europe.Table berichtete). dpa/rtr

  • Europapolitik

EU-Energieminister wollen Ukraine an Stromnetz anschließen

Die EU-Energieminister haben am Montag bei einem außerordentlichen Treffen in Brüssel beraten, wie sie Europas Versorgungssicherheit stärken können. Im Fokus waren auch die besonderen Bedürfnisse der Ukraine seit dem russischen Angriff: “Wir sind zusammengekommen, um eine solide und solidarische Antwort zu geben”, sagte die französische Ratsvorsitzende und Umweltministerin Barbara Pompili am Abend.

Das Stromnetz der Ukraine sei seit dem vergangenen Donnerstag nicht mehr mit dem russischen Netz Russlands verbunden und funktioniere nur noch im “Isolationsmodus”, also quasi als Insel. Das Risiko eines Blackouts steige damit. Die Ukraine würde ihr Stromnetz gerne mit jenem der EU koppeln, was ohnehin schon länger geplant war und wofür am Tag des russischen Einmarsches ein Test lief. Eigentlich hätte die Ukraine nach dem Test wieder ans russische Netz angeschlossen werden sollen, wozu es nach dem Angriff jetzt nicht mehr kommt.

Stromnetz der Ukraine soll an EU angeschlossen werden

Die Ukraine hat die EU um einen Notfallanschluss gebeten. Der Anschluss des Stromnetzes der Ukraine an jenes der benachbarten EU-Staaten müsse nun beschleunigt vorangetrieben werden, sagte Pompili. Dafür müssten aber technische Probleme gelöst werden. Die Kommission, die Mitgliedstaaten und die Netzwerkagentur Entso-e intensivierten die entsprechenden Arbeiten.

EU-Energiekommissarin Kadri Simson wies darauf hin, dass auch Moldawiens Stromnetz im Isolationsmodus funktioniert und zusammen mit der Ukraine an das europäische Netz gekoppelt werden müsste. Der politische Wille sei groß, den für nächstes Jahr geplanten Anschluss vorzuziehen. Dies werde innerhalb von “einigen Tagen bis wenigen Wochen” möglich sein. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck begrüßte das Vorhaben: “Selbstverständlich unterstützen wir, dass die Ukraine schneller mit Europa ein gemeinsames Stromnetz bekommt.” Allerdings müsse sichergestellt werden, dass das ukrainische Netz nach europäischen Standards sicher und robust gegen Cyberangriffe sei.

Krieg als Wendepunkt für Energiesystem

Thema beim Treffen waren auch Treibstofflieferungen und die Sicherheit der Atomkraftwerke in der Ukraine. Der Krieg gegen die Ukraine sei nicht nur ein Wendepunkt für die Sicherheitsarchitektur in Europa, sondern auch für das Energiesystem, sagte Kommissarin Simson. Besprochen wurde beim Treffen auch die Frage künftiger strategischer Gasreserven, die Entwicklung der Energiepreise und der Green Deal.

Barbara Pompili betonte, der französische EU-Ratsvorsitz wolle unabhängig von der aktuellen Krise die Arbeiten am Gesetzespaket Fit for 55 vorantreiben: “Wir wollen klar die Verhandlungen über das Paket intensivieren”, sagte die Ministerin. Erneuerbare Energien und Energieeffizenz seien der beste Weg, um Europas Energieabhängigkeit zu reduzieren. Aktuell gebe es zwar keine Gefahr für die Versorgungssicherheit. Für die nächste Wintersaison sei aber eine Diversifizierung unter anderem mit mehr LNG-Terminals und neuen Lieferverträgen nötig.

“Wir wollen uns auf alle Eventualitäten vorbereiten”, sagte sie auch mit Blick auf steigende Energiepreise. Die Mitgliedstaaten hätten die EU-Kommission deshalb beauftragt, die geplante Mitteilung zu den Energiepreisen zu aktualisieren. Die Kommission wollte ihre Mitteilung bereits diesen Mittwoch präsentieren, eine Ergänzung des sogenannten Werkzeugkastens vom vergangenen Jahr (Europe.Table berichtete). Es brauche angesichts der Krise außergewöhnliche Instrumente, derer sich die Mitgliedstaaten bedienen könnten, um die Konsumentinnen und Konsumenten zu schützen, sagte Pompili.

Der Fokus werde neben Fragen der Preisentwicklung und den strategischen Gasreserven noch deutlicher darauf gerichtet sein, wie die EU ihre Versorgungssicherheit stärken könne, hieß es aus Kommissionskreisen. Die Kommission will die Mitteilung mit leichter Verzögerung möglicherweise in ihrer Sitzung am nächsten Dienstag in Straßburg verabschieden. sti

  • Energie
  • Europapolitik
  • Strom

Mutmaßliche Cyberattacke auf Satellitennetz betrifft deutsche Windenergieanlagen

Ein mutmaßlicher Angriff auf den Satellitennetzbetreiber Viasat hat auch Folgen für deutsche Windkraftanlagen. Die Steuerung und Überwachung von Windkraftanlagen, die über das Satellitensystem KA-SAT des Betreibers Viasat kommunizieren, ist auf diesem Wege derzeit nicht funktionsfähig.

5.800 Windkraftanlagen von Angriff auf Viasat betroffen

“Betroffen von dem Verbindungsausfall sind seit Donnerstag insgesamt 5.800 WEA in Zentraleuropa mit einer Gesamtleistung von 11 Gigawatt“, teilt der Windkraftanlagenbetreiber Enercon mit. Eine Gefahr für die Anlagen bestehe nicht, sie liefen derzeit im Automatikmodus und könnten sich grundsätzlich autark und selbstständig regulieren.

Wohl keine Folgen für Stabilität des Stromnetzes

Zwar sei die Wartung eingeschränkt, “Auswirkungen auf die Stromnetzstabilität sind allerdings aufgrund redundanter Kommunikationsmöglichkeiten der zuständigen Netzbetreiber derzeit nicht zu erwarten“, erklärte das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Die Behörde ist gemeinsam mit der Bundesnetzagentur für die Cybersicherheit von Energieanlagen zuständig.

Der Betreiber des KA-SAT-Systems Viasat teilte auf Anfrage von Europe.Table mit, dass es einen teilweisen Netzwerkausfall gebe. Dieser betreffe Breitbandkunden in der Ukraine und im Rest Europas. “Unsere Untersuchung ist noch nicht abgeschlossen, derzeit glauben wir, dass die Ursache ein Cybervorfall ist.”

Die Firma mit Sitz in den USA habe Strafverfolgungsbehörden und Regierungsstellen eingeschaltet, auch ein externer Dienstleister sei einbezogen. Der Ausfall des KA-SAT-Systems fällt zeitlich mit dem Angriff auf die Ukraine zusammen. Insgesamt sollen rund 30.000 Satellitenterminals ausgefallen sein. fst

  • Cybersicherheit
  • Daten
  • Digitalisierung
  • Energie
  • Windkraft

Kraftstoffimporteure rechnen mit Preissteigerungen

Nach den EU-Sanktionen für Raffinerietechnologie rechnen Kraftstoff-Importeure selbst bei einem möglichen Totalausfall von Ölprodukten aus Russland zwar mit höheren Preisen, aber nicht mit Engpässen. Russland exportiere jährlich acht bis zehn Millionen Tonnen Mineralölprodukte nach Deutschland, vor allem Diesel und in geringerem Maße auch Heizöl, sagte Hans Wenck, Geschäftsführer des Außenhandelsverbands für Mineralöl und Energie, zu Europe.Table. “Diese Mengen auszugleichen, ist nicht ganz simpel. Was aber nicht passieren wird, ist, dass die Tankstellen trockenlaufen”, so Wenck.

Sanktionen gegen Russland: Kraftstoff-Exporte sinken

Noch ist allerdings unklar, ob, wann und wie stark die russischen Exporte sinken werden. Die EU-Kommission geht nach Angaben einer Sprecherin vom Freitag davon aus, dass die Sanktionen gegen russische Raffinerien zwar die dortige Wirtschaft treffen werden, aber keinen Einfluss auf Europas Verbraucher haben.

In der Nacht auf Samstag hat die EU die Durchführungsbestimmungen für ihre neuen Energiesanktionen veröffentlicht. Ein unmittelbares Embargo für Rohöl und Ölprodukte wird es nicht geben. Anders als nach der Annexion der Krim 2014 sind auch keine weiteren Technologien für besonders anspruchsvolle Explorationen neuer Öl- und Gasfelder betroffen.

Euro-6-Norm als Marktbarriere

Die aktuellen Sanktionen beziehen sich vielmehr allein auf Ausrüstung für Ölraffinerien. So möchte die Staatengemeinschaft erreichen, dass russische Hersteller von Ölprodukten nicht mehr in der Lage sind, die hohen technischen Anforderungen nach der Euro-6-Norm zu erfüllen. Importe in die Europäische Union seien dann nicht mehr möglich.

Die Sanktionen werden einen signifikanten Effekt auf die Exporte in die EU haben, sagte die Kommissionssprecherin. Im Jahr 2019 habe Russland mit der Ausfuhr von Ölprodukten in die EU 24 Milliarden Euro eingenommen. Wann sich die indirekten Importbeschränkungen bemerkbar machen werden, ist aber vorerst noch offen.

Raffineriekapazitäten in Indien, höhere Preise für Mitteldestillate

Freie Raffineriekapazitäten für schwefelarme Diesel-Kraftstoffe gäbe es dem Außenhandelsverband zufolge vor allem in Indien. Auch in Deutschland seien die Raffinerien noch nicht voll ausgelastet. Allein könnten inländische Produzenten einen vollständigen Ausfall russischer Mitteldestillate aber nicht decken, sagte Wenck. Auch die USA könnten diese Art von Ölprodukten derzeit nur schwer liefern, sie seien selbst Importeur.

Trotzdem rechnet der Verbandsvertreter weiter mit einer ausreichenden Versorgung über alternative Lieferanten auf den Weltmärkten: “Bei den hohen Margen in Westeuropa wird hier genug ankommen. Für Mitteldestillate wird es allerdings Preiserhöhungen geben.”

Der Brennstoffverband En2X erklärte, sich nicht an Preisspekulationen beteiligen zu wollen, verwies aber allgemein auf möglicherweise höhere Transportkosten für Seewege. ber

  • Energie
  • Energiepreise
  • Handel
  • Technologie

EU kündigt Gipfel mit China an

Am 1. April werden die EU und China nach Angaben von EU-Kommissionsvize Valdis Dombrovskis einen Gipfel abhalten. Ziel sei es, die wachsenden Spannungen zwischen den beiden Seiten abzubauen, erklärte er am Montag.

EU-China-Gipfel soll Zusammenarbeit verbessern

“Wir wissen, dass sich unsere Beziehungen zu China in einer komplizierten Phase befinden”, sagte er vor dem Handelsausschuss des EU-Parlaments. Es müsse auf der höchsten politischen Ebene geschaut werden, “inwieweit wir unsere Zusammenarbeit verbessern und ausrichten können”.

Aus EU-Kreisen verlautete, es werde sich vermutlich um einen virtuellen Gipfel handeln. Ob die russische Invasion der Ukraine Thema sein werde, sagte Dombrovskis nicht. Die EU sieht China bei einigen Themen als strategischen Rivalen, bei anderen wie den Kampf gegen den Klimawandel dagegen als Partner. rtr

  • China
  • Europapolitik
  • International
  • Klima & Umwelt
  • Klimaziele

Presseschau

Russische Truppenbewegungen: EU gibt Satelliteninformationen an die Ukraine HEISE
EU will offenbar Gewinne von Gasversorgern abschöpfen SPIEGEL
Bundesregierung schreibt Mindestfüllstände für Gasspeicher vor SPIEGEL
Schweiz übernimmt EU-Sanktionen gegen Russland ZEIT
Frankreich will sanktionierten Russen Besitz entziehen NTV
Habeck plant nationale Kohlereserve für 30 Wintertage SPIEGEL
Bund strebt 100 Prozent Ökostrom bis 2035 an NTV
Regierung will Kapazität der Meereswindparks verneunfachen SPIEGEL
EU will Investitionen in soziale Firmen fördern NTV
EU-Parlament verschiebt Abstimmung über Bitcoin-Verbot HEISE

Standpunkt

Die wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs

Von Jason Furman
Russland-Ukraine-Krieg: Folgen für die Weltwirtschaft 
Jason Furman war Vorsitzender des Rates der Wirtschaftsberater von US-Präsident Obama und ist Professor für die Praxis der Wirtschaftspolitik an der Harvard Kennedy School.
Jason Furman war Vorsitzender des Rates der Wirtschaftsberater von US-Präsident Obama und ist Professor für die Praxis der Wirtschaftspolitik an der Harvard Kennedy School.

Dieser Krieg ist äußerst tragisch, vor allem für das ukrainische Volk, aber auch für das russische und die globale Ordnung im Allgemeinen. Wenn so etwas passiert, erwarten wir, dass sich alle schlimmen Folgen in jeder Dimension, auch in der Wirtschaft, gleich dramatisch auswirken. Aber die Wirtschaft funktioniert so nicht.

Die Finanzmärkte reagierten zwar rasch auf die Nachricht vom Einmarsch Russlands. Der MSCI All Country World Index, ein führender globaler Aktienindex, fiel auf den niedrigsten Stand seit fast einem Jahr. Der Ölpreis stieg auf über 100 Dollar pro Barrel, während die europäischen Erdgaspreise zunächst um fast 70 Prozent in die Höhe schnellten.

Diese Energiepreiserhöhungen werden sich negativ auf die Weltwirtschaft auswirken. Europa ist besonders gefährdet, da es in den letzten Jahren wenig getan hat, um seine Abhängigkeit von russischem Gas zu verringern, und in einigen Fällen – insbesondere in Deutschland, das aus der Kernenergie ausgestiegen istdiese sogar noch verschärft hat.

Öl importierende Länder werden durch höhere Preise Gegenwind bekommen. Die Vereinigten Staaten sind besser abgesichert: Da ihre Ölproduktion dem Ölverbrauch entspricht, ist teureres Öl für das BIP ungefähr neutral. Höhere Ölpreise werden jedoch den US-Verbrauchern schaden und lediglich Unternehmen und Arbeitnehmern zugutekommen, die mit der Öl- und Gasindustrie verbunden sind. Der Preisanstieg wird auch die Inflation anheizen, die in den USA, Europa und anderen fortgeschrittenen Volkswirtschaften bereits auf dem höchsten Stand seit einer Generation ist.

Russland ist gut auf Sanktionen vorbereitet

Eine Perspektive auf diese unmittelbaren Folgen ist jedoch angebracht. Mit 100 US-Dollar pro Barrel liegt der Ölpreis etwa ein Viertel unter dem inflationsbereinigten Preis der Jahre 2011 bis 2014. Außerdem sind die Preise für Öltermingeschäfte niedriger als die Barpreise, was darauf hindeutet, dass der Markt davon ausgeht, dass dieser Anstieg nur vorübergehend ist. Die Zentralbanken dürften daher die Ereignisse in der Ukraine weitgehend ignorieren und als Reaktion auf die höhere Gesamtinflation weder mit einer Straffung warten noch diese beschleunigen. Zudem sind die globalen Aktienmärkte im letzten Jahr weiter gestiegen.

Auch wenn der russische Aktienmarkt seit Beginn der Invasion deutlich gefallen ist, dürften die westlichen Sanktionen keine unmittelbaren dramatischen Auswirkungen haben. Sanktionen haben selten Erfolg; sie sind einfach nicht das wirtschaftliche Äquivalent zu den Bomben, die Russland derzeit auf die Ukraine abwirft.

Außerdem ist Russland besser als die meisten anderen Länder darauf vorbereitet, Sanktionen zu überstehen. Das Land erwirtschaftet einen enormen Leistungsbilanzüberschuss und hat Devisenreserven in Rekordhöhe von 630 Milliarden Dollar angehäuft – ausreichend, um die Importe von fast zwei Jahren zu decken. Und während Russland von den Einnahmen aus Europa abhängig ist, sind die Europäer von Russlands Öl und Gas abhängig, die kurzfristig noch schwieriger zu ersetzen sein könnten.

Folgen für die Weltwirtschaft weniger schweigend als für Russland

Längerfristig wird Russland jedoch wahrscheinlich der größte wirtschaftliche Verlierer des Konflikts seinnach der Ukraine, deren Verluste weit über das hinausgehen, was in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung gemessen werden kann. Russlands Wirtschaft und das Wohlergehen seiner Bevölkerung stagnieren seit der Annexion der Krim durch den Kreml 2014. Die Folgen der aktuellen, groß angelegten Invasion werden im Laufe der Zeit mit ziemlicher Sicherheit noch gravierender sein.

Die Sanktionen werden zunehmend ihren Tribut fordern, und Russlands zunehmende Isolation sowie die erhöhte Unsicherheit der Investoren werden den Handel und andere Wirtschaftsbeziehungen schwächen. Darüber hinaus ist zu erwarten, dass Europa seine Abhängigkeit von Russland bei fossilen Brennstoffen verringern wird.

Die längerfristigen wirtschaftlichen Folgen für den Rest der Welt werden weitaus weniger schwerwiegend sein als für Russland, aber sie werden für die politischen Entscheidungsträger eine anhaltende Herausforderung darstellen. Es besteht die – wenn auch relativ unwahrscheinliche – Gefahr, dass die höhere kurzfristige Inflation in zunehmend abgekoppelte Inflationserwartungen einfließt und somit anhält. In diesem Fall wird die ohnehin schon schwierige Aufgabe der Zentralbanken noch komplizierter werden.

Unsicherheit schadet der Wirtschaft

Darüber hinaus werden die Verteidigungshaushalte in Europa, den USA und einigen anderen Ländern wahrscheinlich steigen, um der zunehmend gefährlichen globalen Situation Rechnung zu tragen. Dies wird das BIP-Wachstum nicht verringern, aber es wird den Wohlstand der Menschen schmälern, da die für die Verteidigung aufgewendeten Mittel nicht für den Konsum oder für Investitionen in Bildung, Gesundheitsversorgung oder Infrastruktur verwendet werden können.

Die mittel- und langfristigen Folgen des Einmarsches von Russland in der Ukraine für die Weltwirtschaft werden von Entscheidungen abhängen. Mit seinem Einmarsch hat Russland bereits eine schreckliche Entscheidung getroffen. Die USA, die Europäische Union und andere Regierungen haben erste Entscheidungen über Sanktionen getroffen, aber es bleibt abzuwarten, wie Russland auf diese reagieren wird oder ob weitere Sanktionen verhängt werden. In dem Maße, in dem die Sanktionen und Gegenmaßnahmen eskalieren, werden die Kosten höher sein – in erster Linie für Russland, aber auch bis zu einem gewissen Grad für die übrige Weltwirtschaft.

Die globalen Wirtschaftsbeziehungen sind ein Positivsummenspiel, und die zunehmende Isolierung Russlands wird einen kleinen positiven Faktor beseitigen. Unsicherheit ist generell nie gut für die Wirtschaft.

Doch während die Welt weiterhin auf die russische Invasion reagiert, erscheinen die Sorgen um das BIP im Vergleich dazu gering. Viel wichtiger ist eine Welt, in der sich Menschen und Länder sicher fühlen können. Und dafür lohnt es sich, zu zahlen – sogar mehr, als die führenden Politiker der Welt bisher gezahlt haben.

In Kooperation mit Project Syndicate, 2022. Aus dem Englischen übersetzt von Andreas Hubig.

  • Energie
  • Erdgas
  • Finanzen

Europe.Table Redaktion

EUROPE.TABLE REDAKTION

Licenses:
    • Strafmaßnahmen würgen Russland-Geschäft ab
    • Sanktions-Monitoring
    • Russische Medien zu Folgen der Sanktionen
    • Bruegel warnt vor “Subventionskrieg” um Gas
    • IPCC-Bericht: Europa drohen Wasserknappheit und Ernteausfälle
    • Termine
    • EP und mehrere Staaten drängen auf EU-Beitritt der Ukraine
    • EU-Energieminister wollen Ukraine an Stromnetz anschließen
    • Mutmaßliche Cyberattacke auf Satellitennetz betrifft deutsche Windenergieanlagen
    • Kraftstoffimporteure rechnen mit Preissteigerungen
    • EU kündigt Gipfel mit China an
    • Standpunkt: Die wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    die westlichen Sanktionen nach Russlands Angriff auf die Ukraine zeigen offenbar erste Wirkung. Für westliche Investoren stehe “eine grundsätzliche Neubewertung der Wirtschafts- und Handelsbeziehungen mit Russland im Licht von Wladimir Putins systematischer Aggression” an, sagte etwa VDMA-Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann. Till Hoppe fasst die Stimmung zusammen. 

    In Russland gibt man sich betont unbeeindruckt. “Aber bisher ist doch noch nichts passiert!” – so die Antwort von Putins Pressesprecher auf die Frage, ob Maßnahmen zur Unterstützung der Bürger und der Wirtschaft geplant seien. In russischen Zeitungen ist zu lesen, dass die Sanktionen keine Auswirkungen auf das Leben der Menschen hätten. Eugenie Ankowitsch hat einen Blick in die russischen Medien geworfen. Neben allerlei Beschwichtigungen ist sie dabei auch auf besorgte Stimmen gestoßen.  

    In Deutschland soll künftig ein mehrstufiges Verfahren dafür sorgen, dass die Gasspeicher zu bestimmten Terminen einen festgelegten Mindestfüllstand erreichen. Das will die Bundesregierung mit einem Gesetz zur Nationalen Gasreserve festschreiben. Manuel Berkel erläutert die Hintergründe des Verfahrens und lässt Experten zu Wort kommen, die vor einem “Subventionskrieg” um Gas warnen – und vor einem Szenario, das bislang kaum im Gespräch ist: Was tun, falls Russland die Märkte mit Gas flutet?

    Betrübliche Nachrichten gibt es auch vom Weltklimarat. Im Falle einer Erderwärmung von 2 Grad könnte ein Drittel der Bevölkerung in Südeuropa an Wasserknappheit leiden – das ist eine der Prognosen des neuen IPCC-Berichts. Dieser aktuelle Bericht widmet sich insbesondere der Frage, welche Möglichkeiten der Anpassung an den Klimawandel es gibt – etwa, um die Versorgung mit Nahrungsmitteln zu sichern. Lukas Scheid fasst die wichtigsten Ergebnisse und Reaktionen zusammen. 

    Ihre
    Sarah Schaefer
    Bild von Sarah  Schaefer

    Analyse

    Sanktionen würgen Russland-Geschäft ab

    Valdis Dombrovskis wurde deutlich: “Wenn Russland seine Aggression nicht beendet, wird es ein Pariastaat werden”, sagte der für Handel verantwortliche Vizepräsident der EU-Kommission gestern. Die EU und ihre Partner seien notfalls bereit, noch härtere Sanktionen gegen Russland zu verhängen – auch wenn dies auch in der EU weniger Wachstum und höhere Inflation bedeute. “Das ist Preis, um Demokratie und Frieden zu verteidigen”, sagte der Lette im Handelsausschuss des Europaparlaments.

    Das westliche Sanktionspaket, insbesondere die massiven Beschränkungen für russische Banken und die Exportrestriktionen, würgt das Russland-Geschäft europäischer Unternehmen weitgehend ab. Der dänische Logistikriese Maersk verkündete gestern, er erwäge angesichts der verhängten Sanktionen alle Container-Buchungen von und nach Russland auszusetzen. Das betreffe sowohl der Frachttransport auf See als auch über Land.

    Schweiz schließt sich den EU-Sanktionen gegen Russland an

    Da die EU auch ihren Luftraum für Flugzeuge aus Russland geschlossen hat, und Russland sich gestern dafür revanchierte, ist der Luftfrachtverkehr zum Erliegen gekommen. Auch die Schlupflöcher werden kleiner: Die Schweiz schloss sich gestern nach längerem Zögern einigen der EU-Strafmaßnahmen an, sperrte seinen Luftraum für Maschinen aus Russland und verhängte Sanktionen gegen Präsident Wladimir Putin, Außenminister Sergej Lawrow und Hunderte Abgeordnete und Offizielle. Dombrovskis lobte die Entscheidung des traditionell neutralen Landes als “großen Schritt”.

    Russland bemüht sich, den Schaden zu begrenzen. Putin ordnete unter anderem weitreichende Kapitalkontrollen an, russische Bürger dürfen demnach kein Geld mehr auf Auslandskonten überweisen (Europe.Table berichtete).

    Ansturm auf Kanzleien

    Doch Sanktionen und die öffentliche Empörung über Russlands Angriffskrieg führen zu einem Exodus westlicher Investoren. Nach BP trennte sich auch der norwegische Energiekonzern Equinor von seinen Joint Ventures in Russland. Am Abend kündigte auch Shell an, seine Zusammenarbeit mit Gazprom zu beenden, zu der auch die Finanzierung der Ostseepipeline Nord Stream 2 gehört. Der europäische Fußballverband UEFA kündigte seine Sponsorenverträge mit dem russischen Energieriesen.

    Die Sanktionen gegen etliche russische Banken erschweren die Abwicklung von Geschäften mit Partnern in Russland enorm – “sie blockieren effektiv russische Exporte und Importe”, so Dombrovskis. Hinzu kommen die verschärften Exportrestriktionen für Dual-Use- und viele Hightech-Güter (Europe.Table berichtete), die etwa den Maschinenbau und die Elektronikindustrie treffen. Die EU-Sanktionen bedeuteten “eine grundsätzliche Neubewertung der Wirtschafts- und Handelsbeziehungen mit Russland im Licht von Wladimir Putins systematischer Aggression”, sagte VDMA-Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann.

    Die neuen Lieferverbote erfassten weite Teile der Branche, so Brodtmann, sie beträfen Exporte im Volumen von mehreren Hundert Millionen Euro. Es gelte nun, die Sanktionsbedingungen und deren Auswirkungen im Detail zu analysieren.

    Spezialisierte Anwaltskanzleien verzeichnen gerade einen Ansturm ihrer Mandanten. “Viele Unternehmen überdenken ihre Investitionen in Russland derzeit, weil sie sich dadurch rechtlich und politisch angreifbar machen“, sagt Roland Stein, Partner bei der Kanzlei Blomstein. Geschäfte mit Partnern dort seien zwar grundsätzlich weiterhin möglich, aber schwierig.

    Wenige Ausnahmen bei Ausfuhrbeschränkungen

    Die am vergangenen Freitag verschärften EU-Ausfuhrbeschränkungen engen den Spielraum stark ein. Güter, die zivil und militärisch genutzt werden können, dürfen kaum noch nach Russland geliefert werden, auch Finanzierungs- und Wartungsleistungen sind untersagt. Die Ausnahmen seien sehr eng gefasst, sagt Stein. Dazu zählen etwa medizinische Einsatzzwecke oder Software-Updates.

    Daneben verbieten die neuen Regeln die Lieferung von zahlreichen Hightech-Gütern, die nicht auf der Dual-Use-Liste stehen. Dafür wurde ein neuer Annex VII der Verordnung hinzugefügt, die etwa Halbleiter, Sensoren oder Laser auflistet.

    Nach Genehmigung der nationalen Aufsichtsbehörde können einige andere Dual-Use-Technologien exportiert werden, etwa wenn sie gemeinsamen Raumfahrtprojekten dienen oder der Sicherheit in der Schifffahrt. Genehmigt werden können auch Lieferungen, deren Verträge vor dem 26. Februar abgeschlossen wurden und die bis zum 1. Mai bei den Behörden angemeldet wurden.

    • Europapolitik
    • Finanzen
    • Handel

    Sanktions-Monitoring

    Sanktions-Monitoring

    Die Europäische Union und die Schweiz haben mit verschiedenen Sanktionen auf die Invasion Russlands in der Ukraine reagiert. Hier finden Sie die verhängten EU-Sanktionen (soweit im Amtsblatt der EU veröffentlicht) sowie die Sanktionen der Schweiz.

    Europäische Union

    Rechtsvorschrift L40
    Durchführungsverordnung (EU) 2022/236 des Rates vom 21. Februar 2022 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen

    Beschluss (GASP) 2022/241 des Rates vom 21. Februar 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/145/GASP über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen
    Details

    Rechtsvorschrift L42 I
    Verordnung (EU) 2022/259 des Rates vom 23. Februar 2022 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014

    Durchführungsverordnung (EU) 2022/260 des Rates vom 23. Februar 2022 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014

    Durchführungsverordnung (EU) 2022/261 des Rates vom 23. Februar 2022 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014

    Verordnung (EU) 2022/262 des Rates vom 23. Februar 2022 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren

    Verordnung (EU) 2022/263 des Rates vom 23. Februar 2022 über restriktive Maßnahmen als Reaktion auf die Anerkennung der nicht von der Regierung kontrollierten Gebiete der ukrainischen Regionen Donezk und Luhansk und die Entsendung russischer Streitkräfte in diese Gebiete

    Beschluss (GASP) 2022/264 des Rates Vom 23. Februar 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/512/GASP über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren

    Beschluss (GASP) 2022/265 des Rates vom 23. Februar 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/145/GASP

    Beschluss (GASP) 2022/266 des Rates vom 23 Februar 2022 über restriktive Maßnahmen als Reaktion auf die Anerkennung der nicht von der Regierung kontrollierten Gebiete der ukrainischen Regionen Donezk und Luhansk und die Anordnung der Entsendung russischer Streitkräfte in diese Gebiete

    Beschluss (GASP) 2022/267 des Rates vom 23. Februar 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/145/GASP
    Details

    Rechtsvorschrift L48
    Beschluss (GASP) 2022/327 des Rates vom 25. Februar 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/512/GASP
    Details

    Rechtsvorschrift L49
    Verordnung (EU) 2022/328 des Rates vom 25. Februar 2022 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014
    Details

    Rechtsvorschrift L50
    Beschluss (GASP) 2022/329 des Rates vom 25. Februar 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/145/GASP
    Details

    Rechtsvorschrift L51
    Verordnung (EU) 2022/330 des Rates vom 25. Februar 2022 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014
    Details

    Rechtsvorschrift L52
    Beschluss (GASP) 2022/331 des Rates vom 25. Februar 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/145/GASP
    Details

    Rechtsvorschrift L53
    Durchführungsverordnung (EU) 2022/332 des Rates vom 25. Februar 2022 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014
    Details

    Rechtsvorschrift L54
    Beschluss (EU) 2022/333 des Rates vom 25. Februar 2022 über die teilweise Aussetzung der Anwendung des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Russischen Föderation über die Erleichterung der Ausstellung von Visa für Bürger der Europäischen Union und für Staatsangehörige der Russischen Föderation
    Details

    Rechtsvorschrift L57
    Verordnung (EU) 2022/334 des Rates vom 28. Februar 2022 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 883/2014 des Rates über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren

    Beschluss (GASP) 2022/335 des Rates vom 28. Februar 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/512/GASP
    Details

    Rechtsvorschrift L58
    Durchführungsverordnung (EU) 2022/336 des Rates vom 28. Februar 2022 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014
    Details

    Rechtsvorschrift L59
    Beschluss (GASP) 2022/337 des Rates vom 28. Februar 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/145/GASP
    Details

    Rechtsvorschrift L61
    Beschluss (EU) 2022/333 des Rates vom 25. Februar 2022 über die teilweise Aussetzung der Anwendung des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Russischen Föderation über die Erleichterung der Ausstellung von Visa für Bürger der Europäischen Union und für Staatsangehörige der Russischen Föderation
    Details

    Rechtsvorschrift L63
    Verordnung (EU) 2022/345 des Rates vom 1. März 2022 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014.

    Beschluss (GASP) 2022/346 des Rates vom 1. März 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/512/GASP
    Details

    Rechtsvorschrift L65
    Verordnung (EU) 2022/350 des Rates vom 1. März 2022 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014

    Beschluss (GASP) 2022/351 des Rates vom 1. März 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/512/GASP
    Details

    Rechtsvorschfrift L66
    Durchführungsverordnung (EU) 2022/353 des Rates vom 2. März 2022 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014

    Beschluss (GASP) 2022/354 des Rates vom 2. März 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/145/GASP
    Details

    Rechtsvorschfrift L70
    Durchführungsverordnung (EU) 2022/375 des Rates vom 3. März 2022 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 208/2014 über restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Personen, Organisationen und Einrichtungen angesichts der Lage in der Ukraine

    Beschluss (GASP) 2022/376 des Rates vom 3. März 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/119/ GASP über restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Personen, Organisationen und Einrichtungen angesichts der Lage in der Ukraine
    Details

    Rechtsvorschfrift L80
    Durchführungsverordnung (EU) 2022/396 des Rates vom 9. März 2022 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014

    Beschluss (GASP) 2022/397 des Rates vom 9. März 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/145/GASP
    Details

    Rechtsvorschfrift L81
    Verordnung (EU) 2022/394 des Rates vom 9. März 2022 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014

    Beschluss (GASP) 2022/395 des Rates vom 9. März 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/512/GASP
    Details

    Rechtsvorschfrift L82
    Verordnung (EU) 2022/398 des Rates vom 9. März 2022 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 765/2006 des Rates über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Belarus und der Beteiligung von Belarus an der russischen Aggression gegen die Ukraine

    Beschluss (GASP) 2022/399 des Rates vom 9. März 2022 zur Änderung des Beschlusses 2012/642/GASP über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Belarus und der Beteiligung von Belarus an der Aggression Russlands gegen die Ukraine
    Details

    Rechtsvorschfrift L84
    Durchführungsverordnung (EU) 2022/408 des Rates vom 10. März 2022 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014

    Beschluss (GASP) 2022/411 des Rates vom 10. März 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/145/GASP
    Details

    Rechtsvorschfrift L87 I
    Durchführungsverordnung (EU) 2022/427 des Rates vom 15. März 2022 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014

    Verordnung (EU) 2022/428 des Rates vom 15. März 2022 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014

    Beschluss (GASP) 2022/429 des Rates vom 15. März 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/145/GASP

    Beschluss (GASP) 2022/430 des Rates vom 15. März 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/512/GASP
    Details

    Rechtsvorschrift L110
    Verordnung (EU) 2022/580 des Rates vom 8. April 2022 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014

    Durchführungsverordnung (EU) 2022/581 des Rates vom 8. April 2022 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014

    Beschluss (GASP) 2022/582 des Rates vom 8. April 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/145/GASP
    Details

    Rechtsvorschrift L111
    Verordnung (EU) 2022/576 des Rates vom 8. April 2022 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014

    Verordnung (EU) 2022/577 des Rates vom 8. April 2022 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 765/2006

    Beschluss (GASP) 2022/578 des Rates vom 8. April 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/512/GASP

    Beschluss (GASP) 2022/579 des Rates vom 8. April 2022 zur Änderung des Beschlusses 2012/642/GASP
    Details

    Rechtsvorschrift L153
    Durchführungsverordnung (EU) 2022/876 des Rates vom 3. Juni 2022 zur Durchführung des Artikels 8a Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 765/2006

    Verordnung (EU) 2022/877 des Rates vom 3. Juni 2022 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 765/2006

    Durchführungsverordnung (EU) 2022/878 des Rates vom 3. Juni 2022 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014

    Verordnung (EU) 2022/879 des Rates vom 3. Juni 2022 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014

    Verordnung (EU) 2022/880 des Rates vom 3. Juni 2022 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014

    Durchführungsbeschluss (GASP) 2022/881 des Rates vom 3. Juni 2022 zur Durchführung des Beschlusses 2012/642/GASP

    Beschluss (GASP) 2022/882 des Rates vom 3. Juni 2022 zur Änderung des Beschlusses 2012/642/GASP

    Beschluss (GASP) 2022/883 des Rates vom 3. Juni 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/145/GASP

    Beschluss (GASP) 2022/884 des Rates vom 3. Juni 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/512/GASP

    Beschluss (GASP) 2022/885 des Rates vom 3. Juni 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/145/GASP
    Details

    Die Sanktionen gelten ab der Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union, sofern dort nicht ein anderes Inkrafttreten vermerkt ist. In Deutschland ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle der Ansprechpartner für alle Fragen rund um Exportkontrollen. Es betreibt unter der Telefonnummer +06196 908-1237 eine Hotline zum Thema.

    Schweiz

    Sanktionen vom 25.02.2022
    Änderung der Verordnung vom 27. August 2014 über Massnahmen zur Vermeidung der Umgehung internationaler Sanktionen im Zusammenhang mit der Situation in der Ukraine
    Details

    Sanktionen vom 28.02.2022
    Änderung der Verordnung vom 27. August 2014
    Details

    Sanktionen vom 04.03.2022
    Verordnung vom 4. März 2022 über Massnahmen im Zusammenhang mit der Situation in der Ukraine
    Details

    Sanktionen vom 15.03.2022
    Änderung der Verordnung vom 4. März 2022
    Details

    Sanktionen vom 25.03.2022
    Änderung der Verordnung vom 4. März 2022
    Details

    Sanktionen vom 13.04.2022
    Änderung der Verordnung vom 4. März 2022
    Details

    Sanktionen vom 04.05.2022
    Änderung der Verordnung vom 4. März 2022
    Details

    Der aktuelle Stand aller schweizer Sanktionen findet sich hier.

    Sanktionen in Russland: “Bisher ist doch nichts passiert!”

    “Aber bisher ist doch noch nichts passiert!”, antwortete der Pressesprecher des russischen Präsidenten Dmitri Peskow bei seinem werktäglichen Pressebriefing am Montag auf die Frage, ob Maßnahmen zur Unterstützung der Bürger und der Wirtschaft geplant seien. Kurz zuvor hatte die EU die angekündigten schwerwiegenden Sanktionen gegen die russische Zentralbank in Kraft gesetzt.

    Die russische Notenbank hat daraufhin mit einer massiven Zinsanhebung versucht, den Rubel-Absturz zu mildern. Der Leitzins stieg von 9,5 auf 20 Prozent. Heimische Unternehmen sollen zudem 80 Prozent ihrer Deviseneinnahmen verkaufen, verkündeten Zentralbank und Finanzministerium. Geholfen hat es nicht. Der Dollar stieg am Montagmorgen zeitweise um fast 42 Prozent auf ein historisches Rekordhoch von 119 Rubel. Am Freitag musste man noch rund 84 Rubel für einen Dollar zahlen. Die russische Zentralbank kündigte außerdem an, dass die Moskauer Börse “aufgrund der aktuellen Situation” am Montag nicht öffnen wird. Auch der Derivatemarkt blieb geschlossen.

    Sanktionen gegen Russland angeblich keine großen Auswirkungen

    Doch die Sanktionen hätten zunächst keine großen Auswirkungen für das tägliche Leben der Bürger:innen in Russland. Das schreibt etwa die Zeitung “Komsomolskaja Pravda” in einem Artikel zu den wichtigsten Fragen im Zusammenhang mit westlichen Sanktionen. “Unser Land ist nun schon seit mehreren Jahren durch diese Sanktionen eingeschüchtert worden”, so der Autor. In dieser Zeit sei es gelungen, eine Alternative zur internationalen Finanzinfrastruktur zu schaffen: nämlich das Mir-Zahlungssystem (als Ersatz für VISA und MasterCard), das Financial Messaging System (als Ersatz für SWIFT) und das Speedy Payment System (als Ersatz für Einzelhandelstransaktionen durch Telefonüberweisungen).

    “Die Abkopplung unseres Landes von SWIFT und VISA/MasterCard werden keinerlei Auswirkungen auf die inländischen Transaktionen haben”, heißt es weiter. “Sie können Geld von Ihrer Karte abheben, in Geschäften bezahlen und Geld an andere Personen überweisen.”

    Impulsivität und Panik seien fehl am Platz, betonte Evgenia Lazareva, Leiterin des Projekts “Für die Rechte der Kreditnehmer” der Allrussischen Volksfront (ONF) in der Zeitung “Izwestija”. Das russische Finanz- und Wirtschaftssystem sei autark. Das Jahr 2014 habe gezeigt, dass die Wechselkurse und Aktien wieder erstarken und die Versuche, Devisen aufzukaufen und der Panik nachzugeben, schadeten. Voreilige Entscheidungen können dazu führen, dass jemand eine Währung zu einem überhöhten Kurs kauft, was in der Zukunft zu einigen Verlusten führen wird, warnte FG-Finam-Analyst Andrey Maslov.

    Industrieausrüstung vs. Verbrauchsgüter

    Andere Experten erwarten jedoch durchaus große Auswirkungen der Sanktionen auf die Verbraucher:innen in Russland. Wenn die russischen Banken von SWIFT abgekoppelt werden, müsse man sich zwischen Ausrüstung für die Ölförderung oder Waren für die Menschen entscheiden, heißt es in einem Artikel der kremlkritischen Zeitung “Novaja Gazeta”.

    Die Unternehmen würden Prioritäten setzen müssen – “grob gesagt, entscheiden, was wichtiger ist: Transaktionen für den Kauf von Industrieanlagen für die russische Industrie und Erdölförderung oder die Bezahlung von Containern mit Damenstiefeln und Kinderspielzeug”, heißt es weiter. Es sei absehbar, dass sich die Unternehmen für die Industrieanlagen entscheiden würden. Für andere Produkte bedeute das: weniger Vielfalt, höhere Preise, auch wenn die Waren im Inland produziert werden, lautet seine Prognose.

    Überhaupt scheint das Einfrieren der Zentralbankreserven höhere Wellen zu schlagen als die Abkopplung Russlands von SWIFT (Europe.Table berichtete). Die russische Regierung sei davon überrascht worden, behauptet der renommierte russische Wirtschaftswissenschaftler Sergei Guriev, bis 2019 Chefökonom der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, in einem Interview mit dem unabhängigen russischsprachigen Online-Portal “Meduza”.

    Doch die Entscheidung zu SWIFT sei dennoch ein wichtiges symbolisches Zeichen gewesen. “Obwohl aus meiner Sicht die Sanktionen gegen die Zentralbank viel schmerzhafter sind als die Abschaltung von SWIFT, zeigt die Abschaltung selbst, dass das, was gestern noch als zu beängstigend galt, jetzt diskutiert und umgesetzt wird”, sagte er.

    Müssen Russen ihre Devisen abgeben?

    Die Situation ist seiner Einschätzung nach ernster als 2014 nach der Krim-Annexion. Damals habe es Reserven gegeben und die Zentralbank habe gewusst, was sie tun konnte und was nicht. Zwar seien die Ölpreise heute hoch, es sei aber nicht klar, ob die russischen Ölexporteure in der Lage sein werden, dieses Öl zu verkaufen und die Dollar, die sie dafür bekommen, nach Russland zu transferieren. Es ist für Guriev ein realistisches Szenario, dass Russen ihre Dollar-Ersparnisse zwangsweise zu dem von der Regierung festgelegten Kurs in Rubel umtauschen müssen.

    Davor haben einige Russen offenbar Angst. In den westlichen Medien und in den sozialen Netzwerken mehren sich die Berichte über leere Bankomaten und vergebliche Versuche der Menschen, Fremdwährungen wie Dollar und Euro abzuheben. Russischen Massenmedien beschwichtigen jedoch. Russische Banken hätten zwar eine erhöhte Nachfrage der Bevölkerung nach Devisengeschäften festgestellt, gaben die Pressedienste der Kreditinstitute auf Nachfrage der russischen Nachrichtenagentur TASS zu. Nach den Statistiken der Standard-Bank etwa ist die Gesamtzahl der Bargeldtransaktionen in den vergangenen Tagen im Vergleich zur Vorwoche um 41 Prozent gestiegen. Die Devisenvorräte würden aber ausreichen, um den Währungsumtausch wie gewohnt zu ermöglichen.

    • Finanzen
    • Gesellschaft
    • Sanktionen

    Bruegel warnt vor “Subventionskrieg” um Gas

    Bei den gegenwärtigen Preisen würde das Speichern von 700 Terrawattstunden Gas für die gesamte EU mindestens 70 Milliarden Euro kosten – gegenüber 10 Milliarden Euro in früheren Jahren, schrieb Bruegel-Analyst Simone Tagliapietra auf Twitter.

    In Deutschland soll künftig ein mehrstufiges Verfahren greifen, um zu bestimmten Terminen auf festgelegte Mindestfüllstände der Gasspeicher zu kommen. Ab August sollen es zunächst 65 Prozent sein, ab Oktober 80 Prozent, heißt es aus Kreisen des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWK). Nach dem Höhepunkt im Dezember sollen auch Pflichten greifen, das gespeicherte Gas dem Markt wieder zur Verfügung zu stellen. Bis zum 1. Februar sollen Füllstände von mindestens 40 Prozent erreicht werden. Am Montag ging das Gesetz in die Ressortabstimmung, in Kraft treten soll es zum 1. Mai.

    Vorrangig befüllen sollen die Speicher weiterhin die Marktteilnehmer. Bei Bedarf soll der Marktgebietsverantwortliche, die Trading Hub Europe GmbH, aber künftig in mehreren Schritten Gas über Ausschreibungen beschaffen, sogenannte Strategic Storage Based Options (SSBO).

    Gas-Speicher: Bruegel warnt vor EU-Subventionskrieg 

Umfrage: Wären Sie bereit, höhere Energiepreise zu zahlen, wenn die Energie-Abhängigkeit von Russland dafür schnell reduziert werden könnte?

    “Nutzen die Speichernutzer von ihnen gebuchte Kapazitäten nicht, werden sie ihnen entzogen und dem Marktgebietsverantwortlichen zur Verfügung gestellt”, heißt es weiter aus den Kreisen. “Dieser lässt sie entweder von Marktakteuren im Wege der Ausschreibung von SSBOs befüllen oder kauft selber Gas ein, um dieses einzuspeichern. Der Entzugsmechanismus soll dazu führen, dass zum einen eine Hortung von Kapazitäten vermieden wird und zum anderen eine Befüllung der gebuchten Kapazitäten angereizt wird. Die anfallenden Kosten dieser Instrumente werden auf die Netznutzer umgelegt.”

    Speicher für Gas innerhalb der EU koordinieren

    Gas-Speicherverpflichtungen funktionieren nach einem neuen Beitrag von Bruegel aber nur dann gut, wenn sie europaweit koordiniert werden: “Ansonsten könnten EU-Staaten einander überbieten, um ihre Speicher bei begrenztem Angebot zu füllen.” Solch ein “Subventionskrieg” würde zu höheren Preisen für alle führen, der Gasanbieter reicher mache, ohne signifikant höhere Importe zu ermöglichen.

    Bekannt ist, dass sich Deutschland in Fragen der Regulierung und Versorgungssicherheit mit dem Pentalateralen Forum abspricht, also Österreich, der Schweiz, Frankreich und den Benelux-Staaten. Genauere Angaben zur Koordinierung der Gasreserven waren im BMWK nicht zu erfahren. Als Quelle für zusätzliche LNG-Lieferungen gelten derzeit offenbar nicht vorrangig die USA. Die Gespräche, von denen er wisse, zielten nicht auf Amerika, sondern Erdgas aus dem arabischen Raum, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Rande des Energieministerrates in Brüssel.

    Gas-Speicher: Bruegel warnt vor EU-Subventionskrieg 

Umfrage: Wären Sie bereit, höhere Energiepreise zu zahlen, wenn die Energie-Abhängigkeit von Russland dafür schnell reduziert werden könnte? - nach Parteien

    Im Zusammenhang mit Russland warnte Bruegel vor einem bislang wenig beachteten möglichen Schritt von Gazprom. Herrschte bisher allein die Sorge vor einem Stopp der Lieferungen aus Langfristverträgen, analysierte der Think-Tank die Folgen möglicherweise wieder zunehmender Spot-Lieferungen, die der Gaskonzern in den vergangenen Monaten weitgehend eingestellt hatte.

    Falls Russland die Märkte gegenüber dem aktuellen Stand mit Gas flute, könne es zu einem Preisverfall kommen. Gashändler könnten sich aus diesem Grund mit Käufen und dem Füllen der Speicher zu den derzeit hohen Preisen zurückhalten, um später keine Verluste zu machen.

    “Die EU sollte Unternehmen, die Gas speichern, besonders in den verwundbarsten EU-Staaten finanzielle Sicherheiten vor einem solchen Szenario bieten”, schreibt Bruegel. Vorstellbar seien Differenzverträge für den Fall, dass die Preise im kommenden Winter wieder unter 70 Euro pro Megawattstunde fallen. Solche Differenzverträge hatte auch die EU-Kommission im Entwurf ihrer Kommunikation zu Energiepreisen ins Spiel gebracht (Europe.Table berichtete). Die finale Fassung sollte ursprünglich am kommenden Mittwoch vorgestellt werden, dies wurde aber kurzfristig verschoben.

    • Energie
    • Energiepreise
    • Erdgas
    • Europapolitik
    • Finanzen

    IPCC-Bericht: Europa drohen Wasserknappheit und Ernteausfälle

    In Südeuropa könnte ein Drittel der Bevölkerung an Wasserknappheit leiden, im Falle einer Erderwärmung von 2 Grad. Bei 3 Grad würde sich dieses Risiko verdoppeln. So steht es im zweiten Bericht von insgesamt drei Teilberichten des sechsten Weltklimarat-Sachstandsberichtes des IPCC, der am Montag vorgestellt wurde.

    Für viele Städte in West- und Mitteleuropa dürfte das Risiko von Wasserknappheit bei 3 Grad Erderwärmung stark zunehmen. Gleichzeitig droht sich der durch saisonale Extremniederschläge und Flussüberschwemmungen verursachte Schaden zu verdoppeln. Die Autoren des Berichts prognostizieren, dass die Hochwasserschäden an den Küsten bis zum Ende des 21. Jahrhunderts um mindestens das Zehnfache ansteigen würden. Bei den derzeitigen Anpassungsmaßnahmen, darin sind sich die Wissenschaftler sicher, könnte es sogar noch früher dazu kommen.

    Weltklimarat veröffentlicht IPCC-Bericht: Die Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme in verschiedenen Sektoren und Regionen. Quelle: IPCC
    Die Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme in verschiedenen Sektoren und Regionen. Quelle: IPCC

    Mit den aktuellen Maßnahmen der globalen Klimapolitik steuert der Planet laut dem Climate Action Tracker auf eine Erwärmung von 2,5 bis 2,9 Grad zu (Europe.Table berichtete)- noch nicht umgesetzte Ankündigungen und Zielvorhaben nicht mit einberechnet. Ein solcher Temperaturanstieg würde auch die Nahrungsmittelversorgung Europas enorm bedrohen. Im Laufe des 21. Jahrhunderts könnte die landwirtschaftliche Produktion erhebliche Verluste erleiden, die auch durch zusätzliche Kapazitäten Nordeuropas in Folge der Erderwärmung nicht ausgeglichen werden könnten, schreiben die IPCC-Autoren.

    Kurzfristige Maßnahmen, die die globale Erwärmung auf annähernd 1,5 Grad begrenzen, würden die prognostizierten Verluste und Schäden zwar erheblich verringern, können sie aber nicht vollständig beseitigen. Deshalb legt der zweite Teilbericht besonderen Fokus auf Anpassungsmöglichkeiten.

    Man könne etwas tun, sagt Hermann Lotze-Campen, Leiter der Forschungsabteilung Klimaresilienz am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). “Ein wirksamer Schutz von 30 bis 50 Prozent der Flächen zu Land und zu Wasser kann helfen, nicht nur wichtige Ökosysteme zu stabilisieren, sondern auch die Nahrungsmittelversorgung zu sichern.” Zudem könne eine möglichst pflanzenbasierte Ernährung die Konkurrenz um Land und Wasser verringern und regionale Anpassungsspielräume vergrößern, so der PIK-Forscher.

    Adaptionsmöglichkeiten in Europa bestehen laut IPCC-Bericht in Vegetationsbedeckung, Änderung der Anbaumethoden und der Nutzpflanzen- und Tierarten sowie wechselnder Bepflanzung. Dazu kommen prophylaktische Agrarökologie und Waldbewirtschaftung, um Waldbrände zu verhindern und Wälder resilienter gegenüber klimatischen Veränderungen zu machen. Um Wasserknappheiten zu verhindern, sollten zudem die Wasserwiederverwendung, Frühwarnsysteme sowie die Landnutzung optimiert werden.

    Weltklimarat veröffentlicht mit IPCC-Bericht Anpassungsmöglichkeiten

    In der Zusammenfassung für Entscheidungsträger:innen, die zusammen mit dem IPCC-Bericht vom Weltklimarat veröffentlicht wurde, heißt es, Anpassungspotenziale seien noch nicht ausgeschöpft und könnten vor allem im globalen Süden einen Unterschied machen. Dabei geht es vor allem um eine geeignete Klimafinanzierung. Der überwiegende Teil der globalen Klimafinanzierung sei in die Eindämmung des Klimawandels gegangen, heißt es. Nur ein kleiner Teil sei in die Anpassung geflossen.

    Dazu müsse der Zugang zu Finanzmitteln für die Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen verbessert werden, heißt es vom IPCC. Öffentliche Finanzmittel könnten dabei eine Hebelwirkung auf die Anpassungsfinanzierung des Privatsektors ausüben, indem sie Regulierungs-, Kosten- und Markthindernisse beseitigen, beispielsweise durch öffentlich-private Partnerschaften.

    Hier seien die reichsten Länder gefragt, sagt Rixa Schwarz, Leiterin des Teams Internationale Klimapolitik bei Germanwatch. Die G7 müssten sicherstellen, dass die von den Industrieländern eigentlich bereits bis 2020 zugesagten 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr für Klimaschutz und Klimaanpassung dieses Jahr erreicht würden. Die Mittel für Klimaanpassung in diesem Paket müssten dabei “mindestens verdoppelt” werden, so Schwarz.

    Auch aus Deutschland erhofft sie sich mehr Engagement. Noch nicht einmal der jährliche Betrag von 6 Milliarden Euro ab 2025, der noch von der ehemaligen Kanzlerin Angela Merkel zugesagt worden war, sei bislang in der mittelfristigen Finanzplanung abgesichert. Daher fordert Germanwatch eine Aufstockung auf jährlich mindestens 8 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt für Klimaschutz und -anpassung im globalen Süden.

    Vorsorgepläne für Folgen des Klimawandels

    Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) versprach am Montag prompt, die Bundesregierung werde die Klimaanpassung konsequent angehen. “Mit dem Sofortprogramm Klimaanpassung erweitern und ergänzen wir bestehende Maßnahmen. Darüber hinaus arbeiten wir an einer dauerhaften Finanzierung der Klimaanpassung.” Den Umfang dieser Finanzierung nannte Lemke nicht. Die Staatsministerin für Europa und Klima, Anna Lührmann, betonte außerdem, dass große Industriestaaten bei der Klimaanpassung und dessen Finanzierung nun weiter voranschreiten und andere Länder mitnehmen müssen.

    Jörn Birkmann, Koordinierender Leitautor des Berichts, wies zudem darauf hin, dass die Politik nicht erst nach Extremwetterereignissen, wenn die Folgen des Klimawandels unmittelbar spürbar sind, über Anpassungsmaßnahmen sprechen solle. Man müsse für solche Fälle Vorsorgepläne in der Schublade haben.

    Die IPCC-Autoren weisen allerdings auch darauf hin, dass Verluste und Schäden als Folge des Klimawandels zunehmen werden. Bei einer Erwärmung von mehr als 1,5 Grad würden einige ökosystembasierte Anpassungsmaßnahmen ihre Wirksamkeit verlieren. Menschliche und natürliche Systeme könnten dadurch an ihre Anpassungsgrenzen stoßen. Besonders gefährdet: Warmwasserkorallenriffs, Küstenfeuchtgebiete, Regenwälder sowie Polar- und Bergökosysteme.

    Insgesamt 270 Autoren aus 67 Ländern haben mehr als 34.000 wissenschaftliche Beiträge für den zweiten Teilbericht ausgewertet. Der erste Teilbericht war im August 2021 erschienen (Europe.Table berichtete). Der dritte Teilbericht soll bereits Anfang April veröffentlicht werden und Möglichkeiten zur Abmilderung des Klimawandels aufzeigen. Der vollständige sechste Sachstandsbericht des IPCC soll im September 2022 erscheinen.

    • Finanzen
    • Green Deal
    • Klima & Umwelt
    • Klimaschutz
    • Klimaziele

    Termine

    02.03.2022 – 18:00-20:00 Uhr, online
    HSS, Seminar Krieg in Europa – Putin macht Ernst
    Das Seminar der Hanns-Seidel-Stiftung (HSS) beschäftigt sich mit dem russisch-ukrainischen Krieg. INFOS & ANMELDUNG

    02.03.2022 – 19:00-20:00 Uhr, online
    BVMW, Workshop Nachhaltigkeit im Mittelstand – Strategische Ansätze zwischen Klima, Kosten, Menschenrechten
    Der Workshop des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW) widmet sich der strategischen, rechtlichen und praktischen Dimension des Nachhaltigkeitsbegriffs für Unternehmen. INFOS & ANMELDUNG

    03.03.2022 – 09:00-14:30 Uhr, online
    ZVEI, Konferenz Material Compliance Declaration und SCIP-Datenbank – Aktuelle Vorgaben, Softwarelösungen und praktische Umsetzung
    Die Konferenz des Verbands der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI) diskutiert die steigenden regulatorischen Anforderungen in der Lieferkette. INFOS & ANMELDUNG

    03.03.2022 – 10:00-12:00 Uhr, online
    ASEW, Seminar Erfahrungsaustausch Öffentliche Ladeinfrastruktur
    Das Seminar des Effizienz-Netzwerks für Stadtwerke (ASEW) dient zum Austausch über aktuelle Förderprogramme, die Anrechnung im THG-Quotenhandel und Standortkriterien von öffentlicher Ladeinfrastruktur. INFOS & ANMELDUNG

    03.03.2022 – 10:30-12:00 Uhr, online
    EC, Workshop Digitalisation of the energy system – Prosumer data exchanges to enable seamless flexibility integration into TSO-DSO markets
    The European Commission’s (EC) workshop addresses the shift towards a more connected mobility, smart buildings and industries, and a more integrated energy system in the light of attempts at climate neutrality by 2050.
    INFOS & REGISTRATION

    03.03.2022 – 15:00-17:00 Uhr, online
    Mittelstand 4.0, Workshop KI im Gesundheitswesen – ambulanter Dienst und stationäre Pflegeeinrichtungen
    Der Workshop von Mittelstand 4.0 informiert über die sozio-technischen Herausforderungen bei der Einführung von KI in mittleren und kleinen Unternehmen. INFOS & ANMELDUNG

    03.03.2022 – 17:00-18:30 Uhr, Chemnitz
    BVMW, Vortrag Digitale Geschäftsmodelle und deren Nutzen im Unternehmensalltag der KMU
    Der Vortrag des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW) setzt sich mit der praktischen Umsetzung von digitalen Geschäftsmodellen bei kleinen und mittleren Unternehmen auseinander. INFOS & ANMELDUNG

    News

    EU-Parlament und mehrere Staaten drängen auf EU-Beitritt der Ukraine

    Eine für diesen Dienstag zur Abstimmung stehende Resolution des EU-Parlaments dringt auf den EU-Beitritt der Ukraine. In dem Text werden die EU-Institutionen aufgefordert, dem Land den Status eines EU-Beitrittskandidaten zu verleihen. In der Zwischenzeit soll der Resolution zufolge weiter darauf hingearbeitet werden, den ukrainischen Markt in den Binnenmarkt der EU zu integrieren. Die Resolution liegt der Deutschen Presse-Agentur vor. Sie ist den Angaben zufolge zwischen den Fraktionen abgestimmt worden, mit Ausnahme der rechtsnationalen ID-Fraktion.

    Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj pocht angesichts des russischen Angriffs auf den EU-Beitritt der Ukraine. “Wir wenden uns an die EU zur unverzüglichen Aufnahme der Ukraine nach einer neuen speziellen Prozedur”, sagte Selenskyj am Montag.

    “Wenn Präsident Selenskyj um die EU-Mitgliedschaft bittet, dann bittet er um Frieden, Freiheit und Demokratie für sein Land”, sagte der Vorsitzende der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, Manfred Weber (CSU). Die Mitgliedschaft sei zwar ein langwieriger Prozess, dennoch laute das Signal: “Die Ukraine gehört zur EU.”

    Unterstützung von acht ost- und zentraleuropäischen Staaten

    Die Präsidenten von acht ost- und zentraleuropäischen Staaten fordern ebenfalls, der Ukraine sofort den Status eines Beitrittskandidaten zur EU zuzubilligen und Beitritts-Verhandlungen zu beginnen. “Wir, die Präsidenten der EU-Mitgliedsstaaten Republik Bulgarien, Tschechische Republik, Republik Estland, Republik Lettland, Republik Litauen, Republik Polen, Slowakische Republik und Republik Slowenien sind der festen Überzeugung, dass die Ukraine eine sofortige EU-Beitrittsperspektive verdient“, heißt es in einem offenen Brief.

    Ein Sprecher der Europäischen Kommission dämpfte allerdings die Erwartungen auf einen raschen Beitritt. Es gebe einen Prozess für die Beitrittsverhandlungen, um EU-Mitglied zu werden, sagte der Sprecher. Die endgültige Entscheidung liege bei den EU-Ländern und nicht der Kommission. Bevor Länder EU-Mitglieder werden können, müssen sie die geltenden EU-Gesetze in nationales Recht umsetzen und eine Reihe von Kriterien erfüllen.

    Baerbock zurückhaltend zu schnellem EU-Beitritt der Ukraine

    Auch Außenministerin Annalena Baerbock hat sich zurückhaltend zu einem raschen EU-Beitritt des Landes geäußert. Allen sei bewusst, “dass ein EU-Beitritt nichts ist, was man in einigen Monaten vollzieht”, sagte die Grünen-Politikerin am Montag nach einem Treffen mit ihrem slowenischen Kollegen Anže Logar in Berlin. Vielmehr ziehe ein solches Vorhaben einen intensiven und tiefgreifenden Transformationsprozess mit sich. Zugleich betonte Baerbock: “Die Ukraine ist Teil des Hauses Europa.”

    Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat nach eigenen Angaben eine formelle Bitte um die Aufnahme seines Landes in die Europäische Union unterzeichnet. Aus hochrangigen EU-Kreisen verlautet, dies könne für die Staats- und Regierungschefs ein Thema bei einem inoffiziellen Gipfel im März sein. Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte sich am Sonntag für einen Beitritt der Ukraine ausgesprochen (Europe.Table berichtete). dpa/rtr

    • Europapolitik

    EU-Energieminister wollen Ukraine an Stromnetz anschließen

    Die EU-Energieminister haben am Montag bei einem außerordentlichen Treffen in Brüssel beraten, wie sie Europas Versorgungssicherheit stärken können. Im Fokus waren auch die besonderen Bedürfnisse der Ukraine seit dem russischen Angriff: “Wir sind zusammengekommen, um eine solide und solidarische Antwort zu geben”, sagte die französische Ratsvorsitzende und Umweltministerin Barbara Pompili am Abend.

    Das Stromnetz der Ukraine sei seit dem vergangenen Donnerstag nicht mehr mit dem russischen Netz Russlands verbunden und funktioniere nur noch im “Isolationsmodus”, also quasi als Insel. Das Risiko eines Blackouts steige damit. Die Ukraine würde ihr Stromnetz gerne mit jenem der EU koppeln, was ohnehin schon länger geplant war und wofür am Tag des russischen Einmarsches ein Test lief. Eigentlich hätte die Ukraine nach dem Test wieder ans russische Netz angeschlossen werden sollen, wozu es nach dem Angriff jetzt nicht mehr kommt.

    Stromnetz der Ukraine soll an EU angeschlossen werden

    Die Ukraine hat die EU um einen Notfallanschluss gebeten. Der Anschluss des Stromnetzes der Ukraine an jenes der benachbarten EU-Staaten müsse nun beschleunigt vorangetrieben werden, sagte Pompili. Dafür müssten aber technische Probleme gelöst werden. Die Kommission, die Mitgliedstaaten und die Netzwerkagentur Entso-e intensivierten die entsprechenden Arbeiten.

    EU-Energiekommissarin Kadri Simson wies darauf hin, dass auch Moldawiens Stromnetz im Isolationsmodus funktioniert und zusammen mit der Ukraine an das europäische Netz gekoppelt werden müsste. Der politische Wille sei groß, den für nächstes Jahr geplanten Anschluss vorzuziehen. Dies werde innerhalb von “einigen Tagen bis wenigen Wochen” möglich sein. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck begrüßte das Vorhaben: “Selbstverständlich unterstützen wir, dass die Ukraine schneller mit Europa ein gemeinsames Stromnetz bekommt.” Allerdings müsse sichergestellt werden, dass das ukrainische Netz nach europäischen Standards sicher und robust gegen Cyberangriffe sei.

    Krieg als Wendepunkt für Energiesystem

    Thema beim Treffen waren auch Treibstofflieferungen und die Sicherheit der Atomkraftwerke in der Ukraine. Der Krieg gegen die Ukraine sei nicht nur ein Wendepunkt für die Sicherheitsarchitektur in Europa, sondern auch für das Energiesystem, sagte Kommissarin Simson. Besprochen wurde beim Treffen auch die Frage künftiger strategischer Gasreserven, die Entwicklung der Energiepreise und der Green Deal.

    Barbara Pompili betonte, der französische EU-Ratsvorsitz wolle unabhängig von der aktuellen Krise die Arbeiten am Gesetzespaket Fit for 55 vorantreiben: “Wir wollen klar die Verhandlungen über das Paket intensivieren”, sagte die Ministerin. Erneuerbare Energien und Energieeffizenz seien der beste Weg, um Europas Energieabhängigkeit zu reduzieren. Aktuell gebe es zwar keine Gefahr für die Versorgungssicherheit. Für die nächste Wintersaison sei aber eine Diversifizierung unter anderem mit mehr LNG-Terminals und neuen Lieferverträgen nötig.

    “Wir wollen uns auf alle Eventualitäten vorbereiten”, sagte sie auch mit Blick auf steigende Energiepreise. Die Mitgliedstaaten hätten die EU-Kommission deshalb beauftragt, die geplante Mitteilung zu den Energiepreisen zu aktualisieren. Die Kommission wollte ihre Mitteilung bereits diesen Mittwoch präsentieren, eine Ergänzung des sogenannten Werkzeugkastens vom vergangenen Jahr (Europe.Table berichtete). Es brauche angesichts der Krise außergewöhnliche Instrumente, derer sich die Mitgliedstaaten bedienen könnten, um die Konsumentinnen und Konsumenten zu schützen, sagte Pompili.

    Der Fokus werde neben Fragen der Preisentwicklung und den strategischen Gasreserven noch deutlicher darauf gerichtet sein, wie die EU ihre Versorgungssicherheit stärken könne, hieß es aus Kommissionskreisen. Die Kommission will die Mitteilung mit leichter Verzögerung möglicherweise in ihrer Sitzung am nächsten Dienstag in Straßburg verabschieden. sti

    • Energie
    • Europapolitik
    • Strom

    Mutmaßliche Cyberattacke auf Satellitennetz betrifft deutsche Windenergieanlagen

    Ein mutmaßlicher Angriff auf den Satellitennetzbetreiber Viasat hat auch Folgen für deutsche Windkraftanlagen. Die Steuerung und Überwachung von Windkraftanlagen, die über das Satellitensystem KA-SAT des Betreibers Viasat kommunizieren, ist auf diesem Wege derzeit nicht funktionsfähig.

    5.800 Windkraftanlagen von Angriff auf Viasat betroffen

    “Betroffen von dem Verbindungsausfall sind seit Donnerstag insgesamt 5.800 WEA in Zentraleuropa mit einer Gesamtleistung von 11 Gigawatt“, teilt der Windkraftanlagenbetreiber Enercon mit. Eine Gefahr für die Anlagen bestehe nicht, sie liefen derzeit im Automatikmodus und könnten sich grundsätzlich autark und selbstständig regulieren.

    Wohl keine Folgen für Stabilität des Stromnetzes

    Zwar sei die Wartung eingeschränkt, “Auswirkungen auf die Stromnetzstabilität sind allerdings aufgrund redundanter Kommunikationsmöglichkeiten der zuständigen Netzbetreiber derzeit nicht zu erwarten“, erklärte das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Die Behörde ist gemeinsam mit der Bundesnetzagentur für die Cybersicherheit von Energieanlagen zuständig.

    Der Betreiber des KA-SAT-Systems Viasat teilte auf Anfrage von Europe.Table mit, dass es einen teilweisen Netzwerkausfall gebe. Dieser betreffe Breitbandkunden in der Ukraine und im Rest Europas. “Unsere Untersuchung ist noch nicht abgeschlossen, derzeit glauben wir, dass die Ursache ein Cybervorfall ist.”

    Die Firma mit Sitz in den USA habe Strafverfolgungsbehörden und Regierungsstellen eingeschaltet, auch ein externer Dienstleister sei einbezogen. Der Ausfall des KA-SAT-Systems fällt zeitlich mit dem Angriff auf die Ukraine zusammen. Insgesamt sollen rund 30.000 Satellitenterminals ausgefallen sein. fst

    • Cybersicherheit
    • Daten
    • Digitalisierung
    • Energie
    • Windkraft

    Kraftstoffimporteure rechnen mit Preissteigerungen

    Nach den EU-Sanktionen für Raffinerietechnologie rechnen Kraftstoff-Importeure selbst bei einem möglichen Totalausfall von Ölprodukten aus Russland zwar mit höheren Preisen, aber nicht mit Engpässen. Russland exportiere jährlich acht bis zehn Millionen Tonnen Mineralölprodukte nach Deutschland, vor allem Diesel und in geringerem Maße auch Heizöl, sagte Hans Wenck, Geschäftsführer des Außenhandelsverbands für Mineralöl und Energie, zu Europe.Table. “Diese Mengen auszugleichen, ist nicht ganz simpel. Was aber nicht passieren wird, ist, dass die Tankstellen trockenlaufen”, so Wenck.

    Sanktionen gegen Russland: Kraftstoff-Exporte sinken

    Noch ist allerdings unklar, ob, wann und wie stark die russischen Exporte sinken werden. Die EU-Kommission geht nach Angaben einer Sprecherin vom Freitag davon aus, dass die Sanktionen gegen russische Raffinerien zwar die dortige Wirtschaft treffen werden, aber keinen Einfluss auf Europas Verbraucher haben.

    In der Nacht auf Samstag hat die EU die Durchführungsbestimmungen für ihre neuen Energiesanktionen veröffentlicht. Ein unmittelbares Embargo für Rohöl und Ölprodukte wird es nicht geben. Anders als nach der Annexion der Krim 2014 sind auch keine weiteren Technologien für besonders anspruchsvolle Explorationen neuer Öl- und Gasfelder betroffen.

    Euro-6-Norm als Marktbarriere

    Die aktuellen Sanktionen beziehen sich vielmehr allein auf Ausrüstung für Ölraffinerien. So möchte die Staatengemeinschaft erreichen, dass russische Hersteller von Ölprodukten nicht mehr in der Lage sind, die hohen technischen Anforderungen nach der Euro-6-Norm zu erfüllen. Importe in die Europäische Union seien dann nicht mehr möglich.

    Die Sanktionen werden einen signifikanten Effekt auf die Exporte in die EU haben, sagte die Kommissionssprecherin. Im Jahr 2019 habe Russland mit der Ausfuhr von Ölprodukten in die EU 24 Milliarden Euro eingenommen. Wann sich die indirekten Importbeschränkungen bemerkbar machen werden, ist aber vorerst noch offen.

    Raffineriekapazitäten in Indien, höhere Preise für Mitteldestillate

    Freie Raffineriekapazitäten für schwefelarme Diesel-Kraftstoffe gäbe es dem Außenhandelsverband zufolge vor allem in Indien. Auch in Deutschland seien die Raffinerien noch nicht voll ausgelastet. Allein könnten inländische Produzenten einen vollständigen Ausfall russischer Mitteldestillate aber nicht decken, sagte Wenck. Auch die USA könnten diese Art von Ölprodukten derzeit nur schwer liefern, sie seien selbst Importeur.

    Trotzdem rechnet der Verbandsvertreter weiter mit einer ausreichenden Versorgung über alternative Lieferanten auf den Weltmärkten: “Bei den hohen Margen in Westeuropa wird hier genug ankommen. Für Mitteldestillate wird es allerdings Preiserhöhungen geben.”

    Der Brennstoffverband En2X erklärte, sich nicht an Preisspekulationen beteiligen zu wollen, verwies aber allgemein auf möglicherweise höhere Transportkosten für Seewege. ber

    • Energie
    • Energiepreise
    • Handel
    • Technologie

    EU kündigt Gipfel mit China an

    Am 1. April werden die EU und China nach Angaben von EU-Kommissionsvize Valdis Dombrovskis einen Gipfel abhalten. Ziel sei es, die wachsenden Spannungen zwischen den beiden Seiten abzubauen, erklärte er am Montag.

    EU-China-Gipfel soll Zusammenarbeit verbessern

    “Wir wissen, dass sich unsere Beziehungen zu China in einer komplizierten Phase befinden”, sagte er vor dem Handelsausschuss des EU-Parlaments. Es müsse auf der höchsten politischen Ebene geschaut werden, “inwieweit wir unsere Zusammenarbeit verbessern und ausrichten können”.

    Aus EU-Kreisen verlautete, es werde sich vermutlich um einen virtuellen Gipfel handeln. Ob die russische Invasion der Ukraine Thema sein werde, sagte Dombrovskis nicht. Die EU sieht China bei einigen Themen als strategischen Rivalen, bei anderen wie den Kampf gegen den Klimawandel dagegen als Partner. rtr

    • China
    • Europapolitik
    • International
    • Klima & Umwelt
    • Klimaziele

    Presseschau

    Russische Truppenbewegungen: EU gibt Satelliteninformationen an die Ukraine HEISE
    EU will offenbar Gewinne von Gasversorgern abschöpfen SPIEGEL
    Bundesregierung schreibt Mindestfüllstände für Gasspeicher vor SPIEGEL
    Schweiz übernimmt EU-Sanktionen gegen Russland ZEIT
    Frankreich will sanktionierten Russen Besitz entziehen NTV
    Habeck plant nationale Kohlereserve für 30 Wintertage SPIEGEL
    Bund strebt 100 Prozent Ökostrom bis 2035 an NTV
    Regierung will Kapazität der Meereswindparks verneunfachen SPIEGEL
    EU will Investitionen in soziale Firmen fördern NTV
    EU-Parlament verschiebt Abstimmung über Bitcoin-Verbot HEISE

    Standpunkt

    Die wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs

    Von Jason Furman
    Russland-Ukraine-Krieg: Folgen für die Weltwirtschaft 
Jason Furman war Vorsitzender des Rates der Wirtschaftsberater von US-Präsident Obama und ist Professor für die Praxis der Wirtschaftspolitik an der Harvard Kennedy School.
    Jason Furman war Vorsitzender des Rates der Wirtschaftsberater von US-Präsident Obama und ist Professor für die Praxis der Wirtschaftspolitik an der Harvard Kennedy School.

    Dieser Krieg ist äußerst tragisch, vor allem für das ukrainische Volk, aber auch für das russische und die globale Ordnung im Allgemeinen. Wenn so etwas passiert, erwarten wir, dass sich alle schlimmen Folgen in jeder Dimension, auch in der Wirtschaft, gleich dramatisch auswirken. Aber die Wirtschaft funktioniert so nicht.

    Die Finanzmärkte reagierten zwar rasch auf die Nachricht vom Einmarsch Russlands. Der MSCI All Country World Index, ein führender globaler Aktienindex, fiel auf den niedrigsten Stand seit fast einem Jahr. Der Ölpreis stieg auf über 100 Dollar pro Barrel, während die europäischen Erdgaspreise zunächst um fast 70 Prozent in die Höhe schnellten.

    Diese Energiepreiserhöhungen werden sich negativ auf die Weltwirtschaft auswirken. Europa ist besonders gefährdet, da es in den letzten Jahren wenig getan hat, um seine Abhängigkeit von russischem Gas zu verringern, und in einigen Fällen – insbesondere in Deutschland, das aus der Kernenergie ausgestiegen istdiese sogar noch verschärft hat.

    Öl importierende Länder werden durch höhere Preise Gegenwind bekommen. Die Vereinigten Staaten sind besser abgesichert: Da ihre Ölproduktion dem Ölverbrauch entspricht, ist teureres Öl für das BIP ungefähr neutral. Höhere Ölpreise werden jedoch den US-Verbrauchern schaden und lediglich Unternehmen und Arbeitnehmern zugutekommen, die mit der Öl- und Gasindustrie verbunden sind. Der Preisanstieg wird auch die Inflation anheizen, die in den USA, Europa und anderen fortgeschrittenen Volkswirtschaften bereits auf dem höchsten Stand seit einer Generation ist.

    Russland ist gut auf Sanktionen vorbereitet

    Eine Perspektive auf diese unmittelbaren Folgen ist jedoch angebracht. Mit 100 US-Dollar pro Barrel liegt der Ölpreis etwa ein Viertel unter dem inflationsbereinigten Preis der Jahre 2011 bis 2014. Außerdem sind die Preise für Öltermingeschäfte niedriger als die Barpreise, was darauf hindeutet, dass der Markt davon ausgeht, dass dieser Anstieg nur vorübergehend ist. Die Zentralbanken dürften daher die Ereignisse in der Ukraine weitgehend ignorieren und als Reaktion auf die höhere Gesamtinflation weder mit einer Straffung warten noch diese beschleunigen. Zudem sind die globalen Aktienmärkte im letzten Jahr weiter gestiegen.

    Auch wenn der russische Aktienmarkt seit Beginn der Invasion deutlich gefallen ist, dürften die westlichen Sanktionen keine unmittelbaren dramatischen Auswirkungen haben. Sanktionen haben selten Erfolg; sie sind einfach nicht das wirtschaftliche Äquivalent zu den Bomben, die Russland derzeit auf die Ukraine abwirft.

    Außerdem ist Russland besser als die meisten anderen Länder darauf vorbereitet, Sanktionen zu überstehen. Das Land erwirtschaftet einen enormen Leistungsbilanzüberschuss und hat Devisenreserven in Rekordhöhe von 630 Milliarden Dollar angehäuft – ausreichend, um die Importe von fast zwei Jahren zu decken. Und während Russland von den Einnahmen aus Europa abhängig ist, sind die Europäer von Russlands Öl und Gas abhängig, die kurzfristig noch schwieriger zu ersetzen sein könnten.

    Folgen für die Weltwirtschaft weniger schweigend als für Russland

    Längerfristig wird Russland jedoch wahrscheinlich der größte wirtschaftliche Verlierer des Konflikts seinnach der Ukraine, deren Verluste weit über das hinausgehen, was in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung gemessen werden kann. Russlands Wirtschaft und das Wohlergehen seiner Bevölkerung stagnieren seit der Annexion der Krim durch den Kreml 2014. Die Folgen der aktuellen, groß angelegten Invasion werden im Laufe der Zeit mit ziemlicher Sicherheit noch gravierender sein.

    Die Sanktionen werden zunehmend ihren Tribut fordern, und Russlands zunehmende Isolation sowie die erhöhte Unsicherheit der Investoren werden den Handel und andere Wirtschaftsbeziehungen schwächen. Darüber hinaus ist zu erwarten, dass Europa seine Abhängigkeit von Russland bei fossilen Brennstoffen verringern wird.

    Die längerfristigen wirtschaftlichen Folgen für den Rest der Welt werden weitaus weniger schwerwiegend sein als für Russland, aber sie werden für die politischen Entscheidungsträger eine anhaltende Herausforderung darstellen. Es besteht die – wenn auch relativ unwahrscheinliche – Gefahr, dass die höhere kurzfristige Inflation in zunehmend abgekoppelte Inflationserwartungen einfließt und somit anhält. In diesem Fall wird die ohnehin schon schwierige Aufgabe der Zentralbanken noch komplizierter werden.

    Unsicherheit schadet der Wirtschaft

    Darüber hinaus werden die Verteidigungshaushalte in Europa, den USA und einigen anderen Ländern wahrscheinlich steigen, um der zunehmend gefährlichen globalen Situation Rechnung zu tragen. Dies wird das BIP-Wachstum nicht verringern, aber es wird den Wohlstand der Menschen schmälern, da die für die Verteidigung aufgewendeten Mittel nicht für den Konsum oder für Investitionen in Bildung, Gesundheitsversorgung oder Infrastruktur verwendet werden können.

    Die mittel- und langfristigen Folgen des Einmarsches von Russland in der Ukraine für die Weltwirtschaft werden von Entscheidungen abhängen. Mit seinem Einmarsch hat Russland bereits eine schreckliche Entscheidung getroffen. Die USA, die Europäische Union und andere Regierungen haben erste Entscheidungen über Sanktionen getroffen, aber es bleibt abzuwarten, wie Russland auf diese reagieren wird oder ob weitere Sanktionen verhängt werden. In dem Maße, in dem die Sanktionen und Gegenmaßnahmen eskalieren, werden die Kosten höher sein – in erster Linie für Russland, aber auch bis zu einem gewissen Grad für die übrige Weltwirtschaft.

    Die globalen Wirtschaftsbeziehungen sind ein Positivsummenspiel, und die zunehmende Isolierung Russlands wird einen kleinen positiven Faktor beseitigen. Unsicherheit ist generell nie gut für die Wirtschaft.

    Doch während die Welt weiterhin auf die russische Invasion reagiert, erscheinen die Sorgen um das BIP im Vergleich dazu gering. Viel wichtiger ist eine Welt, in der sich Menschen und Länder sicher fühlen können. Und dafür lohnt es sich, zu zahlen – sogar mehr, als die führenden Politiker der Welt bisher gezahlt haben.

    In Kooperation mit Project Syndicate, 2022. Aus dem Englischen übersetzt von Andreas Hubig.

    • Energie
    • Erdgas
    • Finanzen

    Europe.Table Redaktion

    EUROPE.TABLE REDAKTION

    Licenses:

      Jetzt kostenlos anmelden und sofort weiterlesen

      Keine Bankdaten. Keine automatische Verlängerung.

      Sie haben bereits das Table.Briefing Abonnement?

      Anmelden und weiterlesen