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Xinjiang ist eine autonome Region im Nordwesten der Volksrepublik China. International ist das Gebiet vor allem wegen Menschenrechtsverbrechen der Kommunistischen Partei gegen die dort lebenden Uiguren bekannt. Die Table.Media-Redaktion hat alle News dazu.
China: Uigurisches Autonomes Gebiet Xinjiang
Offiziell bezeichnet die Kommunistische Partei das Gebiet als Uigurisches Autonomes Gebiet Xinjiang. Die uigurische Unabhängigkeitsbewegung nennt die Region Ostturkestan. Gemeint ist ein Gebiet, das etwa fünfmal so groß ist wie Deutschland. Damit ist Xinjiang flächenmäßig die größte der 33 Verwaltungseinheiten Chinas. Rund 26 Millionen Menschen leben hier. Damit liegt das Gebiet auf Rang 21 von 33.
Xinjiang ist seitjeher die Heimat verschiedenster muslimischer ethnischer Gruppen. Unter ihnen sind die Uiguren die größte. Seit Xinjiang im Jahr 1949 in die Volksrepublik China eingegliedert wurde, kommt es immer wieder zu Konflikten zwischen Han-Chinesen und Uiguren. Der Kommunistischen Partei wird vorgeworfen, die einheimische Kultur durch die eigene ersetzen zu wollen. Um das zu erreichen, kommt es in Xinjian zu massiven Menschenrechtsverletzungen, wie die Nichtregierungsorganisation Human Rights Watch berichtet. Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages spricht gar von Völkermord, die Regierung Kanadas von Genozid.
Was bedeutet Xinjiang?
Xinjiang ist eine von fünf autonomen Regionen in China. Die anderen vier sind Guangxi, die innere Mongolei, Ningxia und Tibet. Schon früh war Xinjiang von enormer Bedeutung für die Volksrepublik China. Denn das Gebiet am Tienschan („Himmelsgebirge“) war bereits in der Han-Dynastie (206 v. Chr. bis 220 n. Chr.) teil der Seidenstraße. Die Region trug damals noch den Namen Xiyu, was so viel wie „westliche Gebiete“ bedeutet. Der heutige Name Xinjiang geht auf das Jahr 1884 zurück und bedeutet „Neue Grenze“.
Der hohe Anteil muslimischer Bewohner geht auf das Mittelalter zurück. Damals siedelten sich immer mehr Muslime in der Region an. Das Gebiet war stark umkämpft. Zwar konnte unter der letzten Kaiserdynastie Chinas das Gebiet von den Mongolen befreit werden, doch wurden die Bewohner der Gegend fortan als Untertanen der Chinesen betrachtet. Als die Qing-Dynastie zerbrach war Xinjiang kurz selbstständig.
Xinjiang: Geschichte der größten Region Chinas
Im Jahr 1933 baute Sheng Shicai in Xinjiang eine Militärdiktatur auf. Als Antwort darauf spaltete sich im Süden des Landes die Islamische Republik Ostturkestan ab. Mit Hilfe des sowjetischen Militärs schlug Sheng Shicai diese Unruhen nieder. Er verbündete sich mit der Guomindang und regierte Xinjiang mit harter Hand. Die „Drei-Regionen-Revolution“ beendete seine Herrschaft. Wieder riefen Muslime die Republik Ostturkestan aus, die aber von keinem Staat anerkannt wurde. Mit der Gründung der Volksrepublik China im Jahr 1949 gliederte die kommunistische Partei auch Xinjiang ein.
Damit stand Xinjiang unter der Kontrolle der Regierung in Peking. Die gründete im Jahr 1955 das Uigurische Autonome Gebiet Xinjiang. Sowohl von der Kulturrevolution (1966 bis 1976) wie auch vom anschließenden Wirtschaftswunder war die Region im Nordwesten genauso betroffen wie die anderen Gebiete der Volksrepublik.
Xinjiang: Größte Region Chinas
Xinjiang ist die flächenmäßig größte Region in China und nimmt ein Sechstel der Volksrepublik ein. Mit fast 1,7 Millionen Quadratkilometer ist das Gebiet fünfmal so groß wie Deutschland. Die Grenzlinie von 5.600 Kilometern macht ein Viertel der Grenzlinie Chinas aus. Durch seine Lage im Nordwesten des Landes grenzt Xinjiang an insgesamt sieben Staaten an:
Mongolei
Tadschikistan
Kirgisistan
Einen großen Teil des Gebietes nimmt das Tarimbecken ein, die Heimat der Uiguren. Darin liegt auch die Taklamakan-Wüste. Wichtig für Xinjiang ist außerdem die Turfansenke. Sie liegt bis zu 155 Meter unter dem Meeresspiegel, wodurch es dort sehr warm ist. Dank des Bewässerungssystems von Turpan, einem unterirdischen Brunnensystem, ist die Gegend sehr fruchtbar.
Xinjiang: Landwirtschaftliche Bedeutung
Durch die fruchtbare Turfansenke ist die Landwirtschaft in Xinjiang von enormer Bedeutung. Nicht nur für die Region selbst, sondern für die gesamte Volksrepublik China. So werden hier Weintrauben, Melonen, Birnen, Tomaten, Getreide und Zuckerrüben angebaut. Viehzucht ist hingegen weniger verbreitet. Lediglich im Norden des Gebietes sind Schafe weit verbreitet.
Für die administrative Organisation der Landwirtschaft ist in das Xinjiang Produktions- und Aufbau-Korps (XPCC), auch „Bingtuan“, zuständig. Eine paramilitärische Organisation, die 1954 auf Anordnung von Mao Zedong gegründet wurde. Sie sollte die Grenzgebiete wirtschaftlich entwickeln. Die Kommunistische Partei setzte dafür 175.000 Militärs ein. Zwar wurde das XPCC 1975 während der Kulturrevolution aufgelöst, doch kam es zu einer Neugründung im Jahr 1981. Weil nach dem Einmarsch der Sowjetunion in Afghanistan 1979 die Mudschahidin schnell an Macht gewannen, sollte die XPCC wieder das Grenzgebiet stabilisieren.
Was ist das Xinjiang Produktions- und Aufbau-Korps?
Das Xinjiang Produktions- und Aufbau-Korps (XPCC) gilt als verlängerter Arm der Regierung in Peking. Das Bingtuan koordiniert die Kolonisierung des Gebietes im Nordwesten Chinas. So baute das Korps allein bis ins Jahr 2001 über 2.000 Siedlungen, die zu über 90 Prozent von Han-Chinesen bezogen wurden, wie die Schweizerische Flüchtlingshilfe bekannt gab. Auch würde das XPCC eigene Gefängnisse unterhalten, in denen auch politisch-oppositionelle Uiguren inhaftiert seien.
Für die Kommunistische Partei Chinas sei das XPCC enorm wichtig, um direkt Einfluss auf die Region Xinjiang üben zu können, ohne sich mit regionalen Regierungen auseinandersetzen zu müssen, fasst die Schweizerische Flüchtlingshilfe die Rolle des Bingtuan zusammen. So würde die paramilitärische Organisation bereits seit fünf Jahrzehnten gezielt Han-Chinesen ansiedeln, um deren wirtschaftlichen und politischen Einfluss in der Heimat der Uiguren zu stärken.
Warum ist Xinjiang wichtig für China?
Xinjiang ist für China wegen seine enormen Kohle-, Erdöl- und Gasvorkommen wichtig. Ein Fünftel der Förderung dieser Rohstoffe in China kommt aus Xinjiang. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Baumwolle. 85 Prozent der chinesischen Baumwolle stammt aus diesem Gebiet. Das sind mehr als ein Fünftel der gesamten Weltproduktion. Rund 70 Prozent dieser Menge wird noch per Hand gepflückt.
Für seine Studie hat Adrian Zenz Regierungsdokumente und Berichte staatlicher Medien ausgewertet und führt aus, dass Zwangsarbeiter diesen Job machen müssen. Die chinesische Regierung bestreitet den Vorwurf.
Wer produziert in Xinjiang?
In seinem Report „Uyghurs for Sale“ listet der australische Think Tank Australian Strategic Policy Institute (ASPI) insgesamt 82 international bekannte Firmen auf, die in Xinjiang Geschäfte machen. Sie könnten zumindest indirekt von der Zwangsarbeit der Uiguren profitieren. Auch viele deutsche Firmen sind dabei.
Das ist brisant. Denn der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags bewertet den Umgang mit den Uiguren als Völkermord und schreibt von einer „Pflicht zum Abbruch der Geschäftsbeziehungen“ für deutsche Firmen in Xinjiang. Davon betroffen wären laut ASPI unter anderem Adidas, BMW, Bosch, Mercedes-Benz, Nike, Puma, Siemens und Volkswagen. Aber auch große Konzerne anderer Länder unterhalten Geschäftsbeziehungen in Xinjiang. So werden unter anderem auch Amazon, Apple, General Motors, Google, Microsoft, Nintendo, Samsung und Sony vorgeworfen, von der Unterdrückung der Uiguren zu profitieren.
Wie viele Uiguren gibt es?
Weltweit gibt es rund 15 Millionen Uiguren, schätzt die Studie „Identity and Mobilization in Transnational Societies: A Case Study of Uyghur Diasporic Nationalism“. Rund zehn Millionen davon leben in Xinjiang, die meisten im Tarimbecken, ein Gebiet im Süden Xinjiangs. Das sind 0,75 Prozent der Gesamtbevölkerung Chinas. Zwischen 1978 und 2020 hatte sich die Bevölkerung der Uiguren in China beinahe verdoppelt, weil die Minderheit von der mittlerweile abgeschafften Ein-Kind- und Zwei-Kind-Politik ausgenommen war.
Der Anteil der Han-Chinesen in Xinjiang ist traditionell hoch. Bereits im 19. Jahrhundert machten sie etwa 30 Prozent der Bevölkerung aus, während der Anteil der Uiguren 60 Prozent betrug. Heute machen sie nur noch 46 Prozent der Bevölkerung Xinjiangs aus. Rebiya Kadeer, eine uigurische Menschenrechtsaktivistin, wirft der Kommunistischen Partei eine Sinisierung vor. Die heimische Kultur der Uiguren werde gezielt in den Hintergrund gedrängt.
Chinas Völkermord an den Uiguren
Die Berichte über einen gezielten Kampf gegen die Uiguren gehen aber weit über eine kulturelle Übernahme hinaus. So veröffentlichte der deutsche China-Forscher Adrian Zenz eine Studie. Darin zeigt er auf, dass die Geburtenrate in Xinjiang in den Jahren 2015 bis 2018 um durchschnittlich 24 Prozent zurückgegangen ist. Zenz führt das auf Zwangs-Sterilisationen und -Schwangerschaftsabbrüche zurück.
Darüber hinaus schätzen die Vereinten Nationen, dass etwa eine Million Menschen in Xinjiang in Internierungslagern festgehalten würden. Das australische Aspi-Institut hat 380 solcher Lager in der Region ausgemacht. Die Kommunistische Partei bestreitet die Existenz der Lager nicht, nennt sie aber „Ausbildungszentren“, in denen „Lernkurse“ angeboten werden würden. Die sogenannten „Xuexu Ban“. Das harte Vorgehen begründet die Regierung mit dem Kampf gegen islamistischen Terror.
Beweise für die Zwangsarbeit in Xinjiang
Laut der Recherche des Australian Strategic Policy Institute würden die Insassen dieser Lager auch als Zwangsarbeiter eingesetzt. Nach ihrer Recherche seien in den Jahren 2017 bis 2019 insgesamt mindestens 80.000 Uiguren von den Lagern direkt in Fabriken gebracht worden.
Zurückverfolgen konnte der Think Tank Zwangsarbeit zu Highbroad Advanced Material. Das Unternehmen stellt unter anderem Beleuchtungsmodule und LCD-Komponenten her, die sie an den Displayhersteller BOE Technology Group liefern würden. Das Unternehmen wiederum liefert seine Produkte unter anderem an BMW, Jaguar Land Rover, Mercedes-Benz und Volkswagen, wie es in der Studie „Uyghurs for Sale“ heißt. Die Autohersteller werden von Highbroad Advanced Material selbst als Kunden genannt. Zumindest Jaguar Land Rover bestreitet eine Zusammenarbeit.
News zu Xinjiang
Xinjiang ist sowohl für den Export als auch für die eigene Rohstoff- und Nahrungsmittelversorgung ein extrem wichtiges Gebiet für die Volksrepublik China. Doch die Kommunistische Partei steht wegen ihres Umgangs mit den Uiguren international in der Kritik. Geschäftsbeziehungen gestalten sich so schwieriger. Ein wichtiger Punkt. Gerade im Hinblick auf die Neue Seidenstraße. Alle relevanten News und Entwicklungen rund um Xinjiang gibt es von der Table.Media-Redaktion.