Table.Briefing: China

Olympische Sponsoren + Grüner Konsum

  • Kontroverse Winterspiele bringen Geldgeber in die Zwickmühle
  • China will den grünen Konsum fördern
  • Weniger Autoverkäufe
  • Halbleiterhersteller will massiv aufstocken
  • Chinesische Geschäfte im Südpazifik in Brand
  • Virtueller EU-China-Gipfel für Frühjahr geplant
  • Eileen Gu erlebt chinesische Zensur
  • Porträt: BDI-Vorstand sieht Chinas Veränderungen kritisch
Liebe Leserin, lieber Leser,

Sportveranstaltungen wie eine Fußball-Weltmeisterschaft, der US-amerikanische Super Bowl oder die Olympischen Spiele nehmen im Marketing großer Unternehmen eine immer wichtigere Rolle ein. Kein Wunder also, dass beim Abschluss eines Werbevertrags mit dem Internationalen Olympischen Komitee in den jeweiligen PR-Abteilungen die Sektkorken knallen.

Doch bei den aktuellen Winterspielen im Peking sehen sich die großen Sponsoren unverhofft mit einer Problemlage konfrontiert. Wie einzelne Konzerne mit den drängenden Fragen der Spiele umgehen: Wie soll man auf die harsche Kritik am Gastgeberland China umgehen? Wie sich zu Produktionspartnern in Xinjiang oder dem diplomatischen Boykott etlicher Regierungen positionieren? Ning Wang zeigt, in welchem Dilemma die Olympia-Sponsoren stecken – und wie sie durch teilweise aberwitzige Manöver versuchen, unbeschadet aus der Lage herauszukommen.

Es ist ein kompliziertes Bild, das China in Sachen Umweltschutz abgibt. Einerseits ist man der größte Klimasünder der Welt, produziert in dutzenden Meilern tonnenweise strahlenden Atommüll und verbrennt massenhaft dreckige Kohle. Andererseits hat man in Peking erkannt, dass sich das Land dem Klimawandel nicht entziehen kann. Deshalb will man sich zum Vorreiter in Sachen Klimaschutz aufschwingen.

Unternehmen sollen in Zukunft ihre Produkte und Dienstleistungen klimaneutral, nachhaltig – kurz: umweltfreundlich anbieten. So sieht es jedenfalls der neue Klimaschutz-Plan der Zentralregierung vor. Nico Beckert hat sich die Vorgaben aus Peking genauer angeschaut und zeigt, welche Probleme auf dem Weg zu nachhaltigem Konsum noch gelöst werden müssen. Ansonsten werden sich die wohlklingenden Vorhaben schnell als klimafreundliches Trugbild entpuppen.

Viele neue Erkenntnisse bei der Lektüre wünscht

Ihr
Michael Radunski
Bild von Michael  Radunski

Analyse

Olympia-Sponsoren in der Zwickmühle

Die Sponsoren der Olympischen Spiele sind bei Peking 2022 in einer Zwickmühle und müssen zwischen den Forderungen navigieren.
Eigentlich ein Erfolg für die Unternehmen: Die Vorsitzenden von Coca-Cola und Mengniu verkünden im Juni 2019 ihre Partnerschaft mit dem IOC.

Auch bei den diesjährigen Olympischen Winterspielen in Peking zählen US-Unternehmen wieder zu den wichtigsten Sponsoren. Ob Coca-Cola, Procter & Gamble, Airbnb, Intel oder Visa – sie alle gehören zu den 13 “Top-Partnern” des Weltevents. Für die jeweiligen PR-Manager ist es ein großer Erfolg, ihr Unternehmen bei einem der wichtigsten Sportereignisse der Welt untergebracht zu haben.

Denn Olympische Spiele sind für Unternehmen ein Selbstläufer: Eine riesige Bühne, auf der die weltweit besten Sportler:innen neue Rekorde aufstellen. Höher, schneller, weiter! Millionen von Menschen sehen zu. Und die Marken sind überall präsent: auf Anzügen, Ausrüstung, Essen, Getränken und Snacks.

Doch Grund zu feiern hatten die PR-Abteilungen dieses Mal eher wenig. Als die US-Regierung nur wenige Wochen vor Beginn der Olympischen Winterspiele einen diplomatischen Boykott aufruft, schrillen in den Firmenzentralen die Alarmglocken. Nächtliche Zoommeetings und stundenlange Telefonate waren die Folge, wie Mark DiMassimo jüngst dem Fernsehsender CNN erzählte.

Der Gründer und Kreativchef der New Yorker Werbeagentur DiGo berichtet, dass vor allem eine Frage im Zentrum der hektischen Diskussionen stand: Was bedeutet dieser diplomatische Boykott für die Sponsoren? Denn keiner wollte seine Produkte in Verbindung zu “Genozid-Spielen” sehen. So hatten Stimmen aus den USA die Spiele betitelt, um auf die Lage der Uiguren in Xinjiang aufmerksam zu machen. Hintergrund sind die massiven Menschenrechtsverletzungen der chinesischen Regierung in Xinjiang.

Betroffen sind nicht nur US-Firmen. Unter den olympischen Sponsoren befinden sich auch der Münchner Versicherer Allianz, der japanische Autohersteller Toyota, oder die französische Technologieberatung Atos. Auch die Schweizer Uhrenmarke Omega ist Sponsor. Sie hat zudem die US-chinesische Freestyle-Skierin Eileen Gu als Markenbotschafterin gewonnen (China.Table berichtete). Gu hat bereits eine Goldmedaille geholt – und Omega wird es gefreut haben. Denn Olympia-Sieger:in bleibt man fürs Leben.  

Doch außerhalb der Sportarenen überwiegt bei den Sponsoren dieses Jahr die Skepsis. Ein medienwirksamer Auftritt vor Ort in Peking gilt vielen Unternehmen als weniger gewinnbringend. Zu viele Probleme könnte eine gesteigerte Aufmerksamkeit im Zusammenhang mit den kontrovers diskutierten Spielen mit sich bringen. Politische und gesellschaftliche Komponenten überschatten die sportlichen Aspekte.

Sponsoring trotz Olympia-Blase und Menschenrechtsverletzungen

In welcher Zwickmühle die Unternehmen dieses Mal stecken, zeigt der Fall Coca-Cola. So hatte man eigens für diese Winterspiele landesweit Türme aus golden leuchtenden Getränkedosen aufbauen lassen – eine Sonderedition, die der US-Hersteller für die Spiele in Peking entwerfen hat lassen. Aber: Während der Spiele stehen die goldenen Dosen lediglich in den Supermärkten der Volksrepublik. Auf große Marketingveranstaltungen wie bei den Sommerspielen 2008, die auch in den USA oder Europa wahrgenommen werden könnten, verzichtet der Konzern lieber. Auch PR-Events über Sozialmedien finden nicht statt.

Ein weiteres Problem: Menschenrechtsorganisationen werfen den Konzernen vor, “die Gelegenheit vertan zu haben”, China für seine “erschreckende Menschenrechtsbilanz” anzuprangern. “Unternehmen müssen wissen, dass sie gemäß den UN-Leitprinzipien zu Wirtschaft und Menschenrechten dafür verantwortlich sind, Menschenrechtsrisiken zu identifizieren und zu mindern. Die Unterstützung der Reputationswäsche [der] chinesischen Regierung riskiert, dass sie sich an diesen Missbräuchen mitschuldig machen”, warnte Wang Yaqiu, ein leitender China-Forscher bei Human Rights Watch schon im November.

Coca-Colas Problem heißt vor allem Mengniu. Die Amerikaner sind eine Partnerschaft mit der chinesischen Molkerei eingegangen. Die aber betreibt in der Region Xinjiang eine Abfüllanlage. Und selbst wenn das prinzipiell nichts Anrüchiges sein muss, könnte allein diese Verbindung Misstrauen gegenüber Coca-Cola wecken.

Der US-Chiphersteller Intel kam angesichts des Drucks gehörig ins Schlingern: Zunächst forderte der Konzern seine Zulieferer auf, keine Produkte zu verwenden, die in Xinjiang hergestellt wurden (China.Table berichtete). Doch dann folgte der Kotau vor Peking, als sich Intel für seine Aufforderung wieder öffentlich entschuldigte. Es ginge lediglich um “die Einhaltung amerikanischer Gesetze”, verkündete Intel Ende Dezember über den chinesischen Kurznachrichtendienst Weibo. Man muss wissen: Ein Viertel seines weltweiten Umsatzes verdient Intel auf dem chinesischen Markt.

Sport und Sponsoring als Gratwanderung

Stephan Wöllenstein, der jahrelang für VW in China gearbeitet hat, zuletzt als VW China-CEO, sagte jüngst im Interview mit der WirtschaftsWoche: “Grundsätzlich glauben wir aber, dass Sport Menschen unterschiedlicher Herkunft zusammenbringt und den Dialog zwischen den Ländern und Völkern der Welt fördern kann.”

In nur einem Satz wird deutlich, wie unreflektierte PR-Sprüche nachgeredet werden und selbst erfahrene Konzernchefs, die Augen vor der Realität verschließen. Sport lässt sich nicht mehr getrennt von Werten oder Moral betrachten. So sind die internationalen Top-Fußballspieler längst nicht mehr nur Sportler, sondern zu Vorbildern für Millionen Jugendliche geworden. VW sponsert Fußball, da er, laut Wöllenstein, die “Nummer-eins-Sportart in vielen Märkten ist”.

Bei der Frage nach den Arbeitsbedingungen in den chinesischen Werken von VW in Xinjiang betont Wöllenstein, dass der Konzern sich an die “Guiding Principles on Business & Human Rights” der Vereinten Nationen hält, wenn es um Wirtschaft und Menschenrechte geht. Große Sportverbände und Klubs machen es sich noch einfacher und verweisen stets auf ihre unpolitische Rolle und die verbindende Kraft des Sports.

Der Versicherungskonzern Allianz, der seit kurzem zu den weltweiten Sponsoren des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) gehört, hat im vergangenen Jahr die Zulassung für eine eigene Lebensversicherungssparte in China bekommen (China.Table berichtete). Doch den Preis, den Unternehmen wie die Allianz für den Zugang zum chinesischen Markt und seinen Konsumenten zahlen, ist unter Umständen sehr hoch. Sie riskieren, ihre westlichen Kunden immer mehr zu vergrämen.

Ob die Rechnung – größerer Markt = viel mehr Kunden – aufgeht, ist ungewiss. Denn nicht nur westliche Kunden sind zunehmend verstimmt. Auch immer mehr Chinesen wenden sich heimischen Marken zu (China.Table berichtete). Denn die Ressourcen der chinesischen Propaganda, mit der die Kommunistische Partei in China immer mehr Nationalismus erzeugt, sind wahrscheinlich größer als jedes Sponsoring-Budget ausländischer Unternehmen.

  • Menschenrechte
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Chinas Klimaziele und der grüne Anstrich

Aus keinem Land der Welt importiert Deutschland so viel Kleidung und Textilien wie aus China. Erst die Ramsch-Preise der Kleidung aus der Volksrepublik und anderen asiatischen Ländern haben den Massenkonsum von Billigkleidung im Westen ermöglicht. Da mutet es schon leicht skurril an, dass Peking jetzt die eigenen Bürger dazu anhält, Kleidung “vernünftig und angemessen, entsprechend dem tatsächlichen Bedarf” zu kaufen.

Scheinbar hat man in Peking erkannt, dass die im Westen verbreitete Wegwerf-Mentalität, die auch längst im Reich der Mitte angekommen ist, nicht nachhaltig ist und mit den eigenen Klimaziele kollidiert. Die Regierung hat sich ambitioniert klingende Ziele gesetzt. Bis 2025 soll der “Marktanteil von grünen und CO₂-armen Produkten erheblich steigen”. Zudem sollen “Extravaganz und Verschwendung wirksam eingedämmt werden”. Bis 2030 sollen grüne und CO₂-arme Produkte sogar zum “Mainstream” werden. Das geht aus einem neuen Plan zur Förderung des grünen Konsums hervor. Die Planer haben acht Sektoren ausgemacht, in denen der nachhaltige Konsum gestärkt werden soll:

  • Lebensmittel – beispielsweise durch die Einschränkung von Lebensmittelverschwendung
  • Kleidung – durch den Kauf von Schuluniformen mit Nachhaltigkeits-Zertifikaten
  • Wohnen – durch den Bau nachhaltiger Wohngebäude
  • Haushaltsprodukte – durch den Kauf energiesparender Haushaltsgeräte
  • Transport und Mobilität – durch die Förderung von Fahrzeugen mit alternativem Antrieb
  • Kultur und Tourismus
  • Strom
  • Öffentliche Einrichtungen – durch die Förderung der nachhaltigen Beschaffung öffentlicher Institutionen

Chinas Konsumenten geben sich nachhaltig

Bei den Konsumenten im Reich der Mitte könnte der Aufruf zum grünen Konsum auf Zustimmung treffen. In einer Umfrage der Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers gaben 72 Prozent der Befragten an, von Unternehmen zu kaufen, die “sich bewusst für den Umweltschutz einsetzen und ihn unterstützen”. Ebenfalls 72 Prozent gaben an, beim Konsum auf Nachhaltigkeits-Zertifikate zu achten. Allerdings sind solche Umfragen mit Vorsicht zu genießen.

Auch im internationalen Vergleich schneidet zumindest die junge Generation von Chinesen gut ab. Laut einer neuen Erhebung des Credit Suisse Research Institute sagen mehr als 60 Prozent der 1000 befragten Chines:innen, dass sie ihren Konsum auf umweltfreundlichere Produkte verlagert haben oder nur noch solche Produkte kaufen. In Deutschland lag die Quote demnach nur bei knapp über 40 Prozent. Ein gewisser Anteil der Befragten wird das eigene Verhalten besser darstellen, als es in Wahrheit ist. Das Spannende an der Credit Suisse-Umfrage ist: Mehr als die Hälfte der befragten Chines:innen vertrauen den Nachhaltigkeits-Versprechen von Unternehmen nicht. Und es gibt in der Tat Anzeichen dafür, dass diese Skepsis durchaus berechtigt ist.

Chinas Unternehmen: Viel grüner Schein

Chinesische Unternehmen geben sich in ihrer Außendarstellung zunehmend als nachhaltig. Immer häufiger benutzen sie Schlagwörter wie “Klimaneutralität”, “Nachhaltigkeit” oder “umweltfreundlich”, um ihre Produkte und Dienstleistungen zu bewerben. Doch wenn es darum geht, ihre Emissionen zu veröffentlichen und konkrete Fortschritte zu veranschaulichen, herrscht häufig noch Schweigen.

Bisher gibt es kaum Kontrollinstanzen, die Klimaversprechen chinesischer Unternehmen überwachen. “Es gibt keinen nationalen Standard oder Mechanismus, um alle Behauptungen der Unternehmen über Klimaneutralität zu überprüfen”, sagt die Klimaexpertin Yan Qin gegenüber dem Nachrichtendienst Bloomberg. Während es in Europa Medien und unabhängige Organisationen gebe, die Klimaversprechen kritisch hinterfragen, sei China von einem Top-Down-Ansatz geprägt, bei dem der Staat kontrollierend eingreifen müsse.

Auch bei der Nachhaltigkeits-Berichterstattung chinesischer Unternehmen gibt es große Lücken. Zwar veröffentlichen mittlerweile viele der größten, an chinesischen Börsen notierten Unternehmen einen ESG-Bericht mit Informationen zu Umwelt-, sozialen und Governance-Fragen. ESG steht hierbei für Environmental, Social and Governance. Aber in der Vergangenheit wurden nur wenige dieser Berichte von unabhängigen Prüfern begutachtet (China.Table berichtete).

Nur 26 Prozent der ESG-Berichte der CSI-300-Unternehmen enthalten überhaupt Informationen über die von den jeweiligen Unternehmen verursachten Treibhausgasemissionen. “Insgesamt sind die von den chinesischen Unternehmen offengelegten ESG-Daten noch unzureichend“, schreiben die Unternehmensberater von Dezan-Shira. Auch eine jüngste Reform der Berichterstattung ist kaum ausreichend, da sie nicht alle (börsennotierten) Unternehmen umfasst (China.Table berichtete).

Peking will Zertifikate für Grünen Konsum verbessern

In Peking scheint man diese Probleme erkannt zu haben. So will man die Standards, Zertifizierungs- und Kennzeichnungssysteme für nachhaltige Produkte und Dienstleistungen ausbauen und internationalen Standards angleichen. Auch Standards zum Energiesparen sollen verbessert werden. Zudem will die Regierung Standards für Treibhausgasemissionen für Schlüsselindustrien und -produkte entwickeln. Bei “wichtigen Produkten” will die Regierung auch prüfen, ob sie Standards für den CO₂-Fußabdruck dieser Produkte einführen wird.

Insgesamt bleiben die Vorhaben, um Grünen Konsum zu fördern, noch recht vage. “Der Plan ist eher ein Aufruf zum Handeln als ein Rezept zur Lösung der anstehenden Probleme”, sagen die Experten der Beratungsagentur Trivium China. Die große Herausforderung beim grünen Konsum sei es, den Menschen den Nutzen zu veranschaulichen.

Bei E-Autos hatte die Regierung auf finanzielle Förderung und Steuererleichterungen für die Konsumenten gesetzt. Doch für andere Konsumgüter sei das kaum möglich. “Die Regierung muss Wege finden, Anreize für die Verbraucher zu schaffen, ohne jedem Verbrauchssegment Milliarden von Renminbi zukommen zu lassen”, so die Einschätzung der Berater.

  • Klima
  • Nachhaltiger Konsum
  • Nachhaltigkeit
  • Umwelt

News

Weniger Autoverkäufe

In China wurden im Januar lediglich 2,1 Millionen Autos verkauft. Das entspricht einem Rückgang von 4,5 Prozent im Vergleich zum Vormonat. Das geht aus den Zahlen der China Passenger Car Association hervor, die am Montag bekannt gegeben wurden. Gründe für den Rückgang seien Fabrikschließungen aufgrund der Corona-Politik sowie die Feiertage um das chinesische Neujahrsfest.

Allerdings gab es auch Positives für die Branche zu berichten: So hat sich der Absatz von Autos mit alternativen Antrieben mehr als verdoppelt – auf 347.000 Fahrzeuge. Der US-Hersteller Tesla war hierbei mit seiner neuen Fabrik in Shanghai Marktführer im Januar. Von den rund 60.000 verkauften Fahrzeugen wurden demnach rund 40.000 ins Ausland exportiert. rad

  • Autoindustrie

Chipmangel: SMIC will Produktion verdoppeln

Der chinesische Halbleiterhersteller SMIC will die Produktion von Mikrochips in den kommenden drei Jahren verdoppeln. Das sagte Firmenchef Zhao Haijun am Freitag gegenüber Investoren. China mache sich dadurch von Einfuhren aus dem Ausland etwas unabhängiger und sorge zugleich insgesamt für eine Entlastung des Marktes. Dafür sollen Standorte in Peking, Shanghai und Shenzhen kräftig ausgebaut werden. Ziel sei der Aufbau einer “regionalen Lieferkette”.

Zhao wurde bei dem Gespräch auch auf die Möglichkeit angesprochen, dass in der zyklischen Halbleiterbranche Überkapazitäten entstehen, wenn nun alle Anbieter wegen akuter Knappheit gleichzeitig ihre Kapazitäten ausweiten. Bisher habe SMIC nur einen Marktanteil von sechs Prozent. Die Nachfrage in China werde das Angebot auf absehbare Zeit überschreiten. fin

  • Chips
  • Halbleiter
  • Technologie

Salomonen: Gewalt gegen Chinesen

Drei Jahre nach Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit der Volksrepublik China ist im Inselstaat Salomonen im Südpazifik neue Gewalt gegen chinesische Staatsbürger ausgebrochen. In der Hauptstadt Honiara wurde am Wochenende ein Gebäude in Brand gesetzt und zerstört. Eine Person wurde leicht verletzt. Erstmals waren vor drei Monaten bei Protesten zahlreiche Geschäfte und Einrichtungen chinesischer Herkunft von gewalttätigen Demonstranten angezündet worden.

Hintergrund der Eskalation sind Korruptionsvorwürfe gegen Premierminister Manasseh Sogavare. Ihm wird vorgeworfen, Parlamentsmitglieder mit Geldzahlungen beeinflusst zu haben. Die Mittel stammen aus einem nationalen Entwicklungsfonds, der von China finanziert wird.

Zu den Demonstrationen im vergangenen November hatte eine Gruppe namens Malaita for Democracy aufgerufen. Sie hat ihren Sitz in der Provinz Malaita, eine halbe Flugstunde von der Hauptstadt Honiara entfernt. Die Gruppe ist eine pro-taiwanische Vereinigung örtlicher Politiker, die sich gegen den “switch” ausgesprochen hatte. Damit ist die Beendigung diplomatischer Beziehungen zu dem Inselstaat Taiwan und die gleichzeitige Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu Peking im Jahr 2019 gemeint.

Die Salomonen sind ein Inselstaat mit 680.000 Einwohnern im Südpazifik, östlich von Papua-Neuguinea. Die Region gewinnt durch das Kräftemessen der USA und China zunehmend an geostrategischer Bedeutung. Nach dem “switch” hatte auch die US-Regierung kürzlich angekündigt, ihre Beziehungen zu den Salomonen vertiefen zu wollen. grz

  • Geopolitik
  • Taiwan
  • USA

EU-China-Gipfeltreffen im April

Nach mehreren Verzögerungen soll Anfang April ein EU-China-Gipfeltreffen stattfinden. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen, EU-Ratschef Charles Michel sowie Chinas Staatspräsident Xi Jinping und Ministerpräsident Li Keqiang sollen dazu am 1. April virtuell zusammenfinden, wie mehrere EU-Quellen China.Table bestätigten. Seit Mitte des vergangenen Jahres wurde nach einem Datum für den Gipfel gesucht (China.Table berichtete). Auch ein persönliches Zusammentreffen wurde bislang nicht ausgeschlossen. Der letzte EU-China-Gipfel fand im Juni 2020 ebenfalls nur virtuell statt. ari

  • EU
  • Geopolitik
  • Xi Jinping

Olympia Ticker – Gold und eine neue Kontroverse um Eileen Gu

Xu Mengtao bei einer Schraube hoch über dem Flutlicht in Peking
Salto über dem Flutlicht: Chinas Xu Mengtao auf dem Flug zu Gold

Der Montag war ein Olympia-Tag mit vergleichsweise wenigen Medaillen. Aber eine davon holte China bei den Aerials der Damen. Derweil entlud sich in sozialen Medien Frust über den chinesisch-amerikanischen Freestyle-Star Eileen Gu und ihre Privilegien.

  • Xu Mengtao brüllte ihre Freude in den rieselnden Schnee, minutenlang. Die 31-Jährige holte mit einem geschraubten Dreifachsalto Gold bei den Ski-Freestyle-Aerials, bei denen sich die Athleten von einer Sprungschanze mit fast senkrecht nach oben weisender Absprungfläche in die Höhe katapultieren und sich dort drehen und wenden. Es ist Xus größter Erfolg ihrer Karriere. 2014 hatte sie in Sotschi Silber geholt. Bereits am Donnerstag war sie dicht am Sieg. Im Mixed-Wettkampf verhinderte nur der Sturz eines Teamkollegen einen chinesischen Sieg. Am Ende wurde es Silber.
  • Einen Achtungserfolg fuhr China bei der Olympia-Premiere des Monobob der Frauen ein: Bei dem klaren Sieg der Weltmeisterin Kaillie Humphries aus den USA landeten mit Huai Mingming auf Rang sechs und Ying Qing auf Rang neunb gleich zwei Chinesinnen in den Top Ten. Beste Deutsche war Laura Nolte auf dem undankbaren vierten Platz.
  • In der auf Montag verschobenen Qualifikation im Ski-Slopestyle haderte Chinas Superstar Eileen Gu nach dem ersten Lauf. Dank eines starken zweiten Durchgangs aber wurde die 18-Jährige am Ende Dritte und zog ins Finale ein. Während sie im Zielraum auf ihr Ergebnis wartete, gönnte sich die 18-Jährige eine gefüllte Teigtasche. Abseits der Piste verwickelt sich die amerikanisch-chinesische Athletin mit unklarer Staatsbürgerschaft (China.Table berichtete) allerdings zunehmend in politische Kontroversen. Zuletzt geriet sie sogar unter Beschuss chinesischer Fans. Eine Nutzerin hatte sie auf Instagram aufgefordert, Stellung zur Internetzensur zu beziehen. Die Kritik lautete, sie sei privilegiert und könne anders als die meisten Normalbürger in der Volksrepublik ungehindert im Netz surfen. Daraufhin antwortete Gu lapidar, es könne sich doch jeder einen VPN-Tunnel herunterladen. Damit entzog sie sich zum wiederholten Mal einer unangenehmen Debatte. Doch dieses Mal hagelte es Kritik auch auf der chinesischen Plattform Weibo. Und am Ende griff auch noch die Zensur ein: Die Screenshots auf Weibo wurden gelöscht, die verärgerte User von Gus unsensiblem Instagram-Post dort gepostet hatten. Ob dieser Vorgang Eileen Gu stärker sensibilisieren wird, bleibt abzuwarten. ck
  • Olympia
  • Sport

Presseschau

Chinas Behörden schneiden Handlungsstrang bei “Friends” raus TAGESSPIEGEL
Russia and China forge closer ties as U.S. preoccupied with struggles at home. NBCNEWS
Für deutsche Autobauer sind die goldenen Zeiten in China vorbei HANDELSBLATT
For China, Hosting the Olympics Is Worth Every Billion NYTIMES
Peking 2022: Xu holt Chinas Winter-Olympia-Rekord DW
Chinas Kunstshow SPIEGEL
Why Is Kamila Valieva, the Russian Skater at the Center of the Olympic Doping Case, Allowed to Compete? WSJ
Schweizer Fondue? Tiktok-Video aus Kantine im Olympiadorf in Peking geht viral EURONEWS
Uigurische Fackelläuferin: China versteckt sein Feigenblatt STANDARD
China’s tech giants push toward an $8 trillion metaverse opportunity – one that will be highly regulated CNBC
COVID: Why are rapid tests banned in China? DW
Hong Kong “overwhelmed” as COVID infections hit record REUTERS
A Succession Drama, Chinese Style, Starring Xi Jinping NYTIMES
Tesla sold 59,845 China-made vehicles in January -CPCA REUTERS
China, Not SpaceX, May Be Source of Rocket Part Crashing Into Moon NYTIMES
India Takes Aim at China’s Trade Coercion Against Australia BLOOMBERG

Portrait

Wolfgang Niedermark – “Nationalistische Töne vergiften die Atmosphäre”

Wolfgang Niedermark, Mitglied der Haupgeschäftsführung des BDI im Portrait über seine Erfahrungen in China und Hongkong.
Wolfgang Niedermark – Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI)

Wenn Wolfgang Niedermark von China spricht, schwingt Bedauern mit. Seit Oktober 2020 ist der 56-jährige Gelsenkirchener Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI). Beruflich wie privat hat er die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, kulturelle Vielfalt und gesellschaftliche Dynamik Chinas während vieler Jahre vor Ort mitverfolgt. “Da ich viele positive Erlebnisse mit den Menschen Chinas erleben durfte”, sagt er, “treibt mich das auf die Seite jener, die voller Sympathie und mit guter Laune mit China zusammenarbeiten wollen”. 

Andererseits, und das sei das große “Aber”, habe der nationalistische Kurs der Kommunistischen Partei vieles so stark verschlechtert, dass es schwierig sei, diese positive Grundhaltung zu behalten. “Der totalitäre Kurs unter Xi Jinping treibt uns, wie vielen anderen, die Sorgenfalten auf die Stirn.” 

Von Asien war Niedermark bereits während seines Studiums der Wirtschaftsgeografie an der Universität Münster angetan. Insbesondere von Indien war er begeistert, das er als Student mit dem Rucksack bereiste. In Indien hatte er sich mit seiner Frau verlobt, die Kinder habe das Paar später auf die Reisen durch Südostasien “mitgeschleppt”. Sie seien eine “pazifische Familie”, sagt er, hätten in Seoul und Hongkong gelebt und sich dort sehr wohlgefühlt.

Ursprünglich wollte Niedermark vor allem in Indien arbeiten, doch in China habe es schließlich mehr Dynamik gegeben. Ab 1998 leitete er die Geschäfte des Ostasiatischen Vereins in Hamburg und war zudem Mitglied in der Geschäftsführung des Asien-Pazifik-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft. 

Die Verhärtung “liegt weniger an uns im Westen”

Intensiv mit China und seinen Menschen in Kontakt kam er erstmals 2003, als er am Aufbau des Zeitschriftengeschäfts für die heutige Bauer Media Group in Asien mitwirkte. “Das war eine faszinierende Erfahrung”, sagt er. “Die Chinesen hatten damals eine unglaubliche Begeisterung für unsere Themen aus dem Westen, eine Lust und Neugier aufeinander.” Umgekehrt erging es Niedermark genauso. Die gleiche Erfahrung machte er während der dreijährigen Kampagne “Deutschland und China gemeinsam in Bewegung” zur Expo 2010 in Schanghai.  

In Hongkong übernahm Niedermark 2016 die Leitung der Außenhandelskammer, nachdem er bei der BASF AG für mehrere Jahre das Berliner Büro geleitet hatte. Hongkong war lange ein Sehnsuchtsort: “Ich mag Orte, wo Ost und West zusammenfließen.” Doch nachdem er mit seiner Frau und den beiden Söhnen dorthin gezogen war, konnte er hautnah miterleben, wie das Prinzip “ein Land, zwei Systeme” abgeschafft wurde. 

Als Beispiel dient eine Anekdote: Im ersten Jahr in Hongkong hätten ihn höfliche Verkehrspolizisten fast entschuldigend mit einer Buße versehen. Vier Jahre später wurde er von einer Streife herausgewunken, obwohl er kein klares Verkehrsdelikt begangen hatte. “Sie beschimpften mich als eingebildeten Ausländer.” Das sei nur eine von vielen Geschichten davon, wie nationalistische Töne in China die Atmosphäre vergiftet haben.

Diese Verhärtung habe sich auch in den politischen Beziehungen niedergeschlagen: “Das liegt weniger an uns im Westen, sondern daran, dass sich China heute anders präsentiert“, sagt Niedermark. Das könne man bereits seit einigen Jahren beobachten. Bloß: Wie man umgehen soll, darauf habe Deutschland, ja der ganze Westen, noch keine klaren Antworten gefunden. “Wir befinden uns in einer Zwischenphase, in der die alten Verhältnisse zwar noch leidlich funktionieren, neue Umgangs- und Kooperationsformen aber noch nicht geboren sind.” Durch diese Phase der Missverständnisse und des Misstrauens müsse man nun durch, sagt Niedermark, bevor man hoffentlich wieder ein konstruktives Miteinander finde. Adrian Meyer

  • China Strategie 2022
  • Handel
  • Hongkong
  • Industrie

Personalien

Cathryn Clüver Ashbrook, bisherige Direktorin und Geschäftsführerin der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), hat die Organisation am Montag mit sofortiger Wirkung verlassen. Grund seien unterschiedliche Auffassungen zur künftigen strategischen Ausrichtung der DGAP. Clüver Ashbrook hatte die Leitung der DGAP erst im vergangenen Jahr übernommen. Zuvor war sie über ein Jahrzehnt an der Harvard University als Geschäftsführerin für zwei große Forschungsprogramme zuständig: das “Future of Diplomacy Project” und das Project on Europe and the Transatlantic Relationship”.

Dessert

Abseits aller olympischen Wettkämpfe steht am heutigen Dienstag ein weit wichtigeres Fest in China an: das Laternen- beziehungsweise Yuanxiao-Fest (元宵节, Yuánxiāojié). An diesem Tag werden riesige Laternenausstellungen veranstaltet, wobei vor allem Tierkreiszeichen beliebt sind. Und so basteln die Kinder in Wenzhou dieses Jahr Tiger-Laternen. Es ist der Abschluss des mehrtägigen Neujahrsfests in China.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

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    Doch bei den aktuellen Winterspielen im Peking sehen sich die großen Sponsoren unverhofft mit einer Problemlage konfrontiert. Wie einzelne Konzerne mit den drängenden Fragen der Spiele umgehen: Wie soll man auf die harsche Kritik am Gastgeberland China umgehen? Wie sich zu Produktionspartnern in Xinjiang oder dem diplomatischen Boykott etlicher Regierungen positionieren? Ning Wang zeigt, in welchem Dilemma die Olympia-Sponsoren stecken – und wie sie durch teilweise aberwitzige Manöver versuchen, unbeschadet aus der Lage herauszukommen.

    Es ist ein kompliziertes Bild, das China in Sachen Umweltschutz abgibt. Einerseits ist man der größte Klimasünder der Welt, produziert in dutzenden Meilern tonnenweise strahlenden Atommüll und verbrennt massenhaft dreckige Kohle. Andererseits hat man in Peking erkannt, dass sich das Land dem Klimawandel nicht entziehen kann. Deshalb will man sich zum Vorreiter in Sachen Klimaschutz aufschwingen.

    Unternehmen sollen in Zukunft ihre Produkte und Dienstleistungen klimaneutral, nachhaltig – kurz: umweltfreundlich anbieten. So sieht es jedenfalls der neue Klimaschutz-Plan der Zentralregierung vor. Nico Beckert hat sich die Vorgaben aus Peking genauer angeschaut und zeigt, welche Probleme auf dem Weg zu nachhaltigem Konsum noch gelöst werden müssen. Ansonsten werden sich die wohlklingenden Vorhaben schnell als klimafreundliches Trugbild entpuppen.

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    Michael Radunski
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    Olympia-Sponsoren in der Zwickmühle

    Die Sponsoren der Olympischen Spiele sind bei Peking 2022 in einer Zwickmühle und müssen zwischen den Forderungen navigieren.
    Eigentlich ein Erfolg für die Unternehmen: Die Vorsitzenden von Coca-Cola und Mengniu verkünden im Juni 2019 ihre Partnerschaft mit dem IOC.

    Auch bei den diesjährigen Olympischen Winterspielen in Peking zählen US-Unternehmen wieder zu den wichtigsten Sponsoren. Ob Coca-Cola, Procter & Gamble, Airbnb, Intel oder Visa – sie alle gehören zu den 13 “Top-Partnern” des Weltevents. Für die jeweiligen PR-Manager ist es ein großer Erfolg, ihr Unternehmen bei einem der wichtigsten Sportereignisse der Welt untergebracht zu haben.

    Denn Olympische Spiele sind für Unternehmen ein Selbstläufer: Eine riesige Bühne, auf der die weltweit besten Sportler:innen neue Rekorde aufstellen. Höher, schneller, weiter! Millionen von Menschen sehen zu. Und die Marken sind überall präsent: auf Anzügen, Ausrüstung, Essen, Getränken und Snacks.

    Doch Grund zu feiern hatten die PR-Abteilungen dieses Mal eher wenig. Als die US-Regierung nur wenige Wochen vor Beginn der Olympischen Winterspiele einen diplomatischen Boykott aufruft, schrillen in den Firmenzentralen die Alarmglocken. Nächtliche Zoommeetings und stundenlange Telefonate waren die Folge, wie Mark DiMassimo jüngst dem Fernsehsender CNN erzählte.

    Der Gründer und Kreativchef der New Yorker Werbeagentur DiGo berichtet, dass vor allem eine Frage im Zentrum der hektischen Diskussionen stand: Was bedeutet dieser diplomatische Boykott für die Sponsoren? Denn keiner wollte seine Produkte in Verbindung zu “Genozid-Spielen” sehen. So hatten Stimmen aus den USA die Spiele betitelt, um auf die Lage der Uiguren in Xinjiang aufmerksam zu machen. Hintergrund sind die massiven Menschenrechtsverletzungen der chinesischen Regierung in Xinjiang.

    Betroffen sind nicht nur US-Firmen. Unter den olympischen Sponsoren befinden sich auch der Münchner Versicherer Allianz, der japanische Autohersteller Toyota, oder die französische Technologieberatung Atos. Auch die Schweizer Uhrenmarke Omega ist Sponsor. Sie hat zudem die US-chinesische Freestyle-Skierin Eileen Gu als Markenbotschafterin gewonnen (China.Table berichtete). Gu hat bereits eine Goldmedaille geholt – und Omega wird es gefreut haben. Denn Olympia-Sieger:in bleibt man fürs Leben.  

    Doch außerhalb der Sportarenen überwiegt bei den Sponsoren dieses Jahr die Skepsis. Ein medienwirksamer Auftritt vor Ort in Peking gilt vielen Unternehmen als weniger gewinnbringend. Zu viele Probleme könnte eine gesteigerte Aufmerksamkeit im Zusammenhang mit den kontrovers diskutierten Spielen mit sich bringen. Politische und gesellschaftliche Komponenten überschatten die sportlichen Aspekte.

    Sponsoring trotz Olympia-Blase und Menschenrechtsverletzungen

    In welcher Zwickmühle die Unternehmen dieses Mal stecken, zeigt der Fall Coca-Cola. So hatte man eigens für diese Winterspiele landesweit Türme aus golden leuchtenden Getränkedosen aufbauen lassen – eine Sonderedition, die der US-Hersteller für die Spiele in Peking entwerfen hat lassen. Aber: Während der Spiele stehen die goldenen Dosen lediglich in den Supermärkten der Volksrepublik. Auf große Marketingveranstaltungen wie bei den Sommerspielen 2008, die auch in den USA oder Europa wahrgenommen werden könnten, verzichtet der Konzern lieber. Auch PR-Events über Sozialmedien finden nicht statt.

    Ein weiteres Problem: Menschenrechtsorganisationen werfen den Konzernen vor, “die Gelegenheit vertan zu haben”, China für seine “erschreckende Menschenrechtsbilanz” anzuprangern. “Unternehmen müssen wissen, dass sie gemäß den UN-Leitprinzipien zu Wirtschaft und Menschenrechten dafür verantwortlich sind, Menschenrechtsrisiken zu identifizieren und zu mindern. Die Unterstützung der Reputationswäsche [der] chinesischen Regierung riskiert, dass sie sich an diesen Missbräuchen mitschuldig machen”, warnte Wang Yaqiu, ein leitender China-Forscher bei Human Rights Watch schon im November.

    Coca-Colas Problem heißt vor allem Mengniu. Die Amerikaner sind eine Partnerschaft mit der chinesischen Molkerei eingegangen. Die aber betreibt in der Region Xinjiang eine Abfüllanlage. Und selbst wenn das prinzipiell nichts Anrüchiges sein muss, könnte allein diese Verbindung Misstrauen gegenüber Coca-Cola wecken.

    Der US-Chiphersteller Intel kam angesichts des Drucks gehörig ins Schlingern: Zunächst forderte der Konzern seine Zulieferer auf, keine Produkte zu verwenden, die in Xinjiang hergestellt wurden (China.Table berichtete). Doch dann folgte der Kotau vor Peking, als sich Intel für seine Aufforderung wieder öffentlich entschuldigte. Es ginge lediglich um “die Einhaltung amerikanischer Gesetze”, verkündete Intel Ende Dezember über den chinesischen Kurznachrichtendienst Weibo. Man muss wissen: Ein Viertel seines weltweiten Umsatzes verdient Intel auf dem chinesischen Markt.

    Sport und Sponsoring als Gratwanderung

    Stephan Wöllenstein, der jahrelang für VW in China gearbeitet hat, zuletzt als VW China-CEO, sagte jüngst im Interview mit der WirtschaftsWoche: “Grundsätzlich glauben wir aber, dass Sport Menschen unterschiedlicher Herkunft zusammenbringt und den Dialog zwischen den Ländern und Völkern der Welt fördern kann.”

    In nur einem Satz wird deutlich, wie unreflektierte PR-Sprüche nachgeredet werden und selbst erfahrene Konzernchefs, die Augen vor der Realität verschließen. Sport lässt sich nicht mehr getrennt von Werten oder Moral betrachten. So sind die internationalen Top-Fußballspieler längst nicht mehr nur Sportler, sondern zu Vorbildern für Millionen Jugendliche geworden. VW sponsert Fußball, da er, laut Wöllenstein, die “Nummer-eins-Sportart in vielen Märkten ist”.

    Bei der Frage nach den Arbeitsbedingungen in den chinesischen Werken von VW in Xinjiang betont Wöllenstein, dass der Konzern sich an die “Guiding Principles on Business & Human Rights” der Vereinten Nationen hält, wenn es um Wirtschaft und Menschenrechte geht. Große Sportverbände und Klubs machen es sich noch einfacher und verweisen stets auf ihre unpolitische Rolle und die verbindende Kraft des Sports.

    Der Versicherungskonzern Allianz, der seit kurzem zu den weltweiten Sponsoren des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) gehört, hat im vergangenen Jahr die Zulassung für eine eigene Lebensversicherungssparte in China bekommen (China.Table berichtete). Doch den Preis, den Unternehmen wie die Allianz für den Zugang zum chinesischen Markt und seinen Konsumenten zahlen, ist unter Umständen sehr hoch. Sie riskieren, ihre westlichen Kunden immer mehr zu vergrämen.

    Ob die Rechnung – größerer Markt = viel mehr Kunden – aufgeht, ist ungewiss. Denn nicht nur westliche Kunden sind zunehmend verstimmt. Auch immer mehr Chinesen wenden sich heimischen Marken zu (China.Table berichtete). Denn die Ressourcen der chinesischen Propaganda, mit der die Kommunistische Partei in China immer mehr Nationalismus erzeugt, sind wahrscheinlich größer als jedes Sponsoring-Budget ausländischer Unternehmen.

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    Chinas Klimaziele und der grüne Anstrich

    Aus keinem Land der Welt importiert Deutschland so viel Kleidung und Textilien wie aus China. Erst die Ramsch-Preise der Kleidung aus der Volksrepublik und anderen asiatischen Ländern haben den Massenkonsum von Billigkleidung im Westen ermöglicht. Da mutet es schon leicht skurril an, dass Peking jetzt die eigenen Bürger dazu anhält, Kleidung “vernünftig und angemessen, entsprechend dem tatsächlichen Bedarf” zu kaufen.

    Scheinbar hat man in Peking erkannt, dass die im Westen verbreitete Wegwerf-Mentalität, die auch längst im Reich der Mitte angekommen ist, nicht nachhaltig ist und mit den eigenen Klimaziele kollidiert. Die Regierung hat sich ambitioniert klingende Ziele gesetzt. Bis 2025 soll der “Marktanteil von grünen und CO₂-armen Produkten erheblich steigen”. Zudem sollen “Extravaganz und Verschwendung wirksam eingedämmt werden”. Bis 2030 sollen grüne und CO₂-arme Produkte sogar zum “Mainstream” werden. Das geht aus einem neuen Plan zur Förderung des grünen Konsums hervor. Die Planer haben acht Sektoren ausgemacht, in denen der nachhaltige Konsum gestärkt werden soll:

    • Lebensmittel – beispielsweise durch die Einschränkung von Lebensmittelverschwendung
    • Kleidung – durch den Kauf von Schuluniformen mit Nachhaltigkeits-Zertifikaten
    • Wohnen – durch den Bau nachhaltiger Wohngebäude
    • Haushaltsprodukte – durch den Kauf energiesparender Haushaltsgeräte
    • Transport und Mobilität – durch die Förderung von Fahrzeugen mit alternativem Antrieb
    • Kultur und Tourismus
    • Strom
    • Öffentliche Einrichtungen – durch die Förderung der nachhaltigen Beschaffung öffentlicher Institutionen

    Chinas Konsumenten geben sich nachhaltig

    Bei den Konsumenten im Reich der Mitte könnte der Aufruf zum grünen Konsum auf Zustimmung treffen. In einer Umfrage der Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers gaben 72 Prozent der Befragten an, von Unternehmen zu kaufen, die “sich bewusst für den Umweltschutz einsetzen und ihn unterstützen”. Ebenfalls 72 Prozent gaben an, beim Konsum auf Nachhaltigkeits-Zertifikate zu achten. Allerdings sind solche Umfragen mit Vorsicht zu genießen.

    Auch im internationalen Vergleich schneidet zumindest die junge Generation von Chinesen gut ab. Laut einer neuen Erhebung des Credit Suisse Research Institute sagen mehr als 60 Prozent der 1000 befragten Chines:innen, dass sie ihren Konsum auf umweltfreundlichere Produkte verlagert haben oder nur noch solche Produkte kaufen. In Deutschland lag die Quote demnach nur bei knapp über 40 Prozent. Ein gewisser Anteil der Befragten wird das eigene Verhalten besser darstellen, als es in Wahrheit ist. Das Spannende an der Credit Suisse-Umfrage ist: Mehr als die Hälfte der befragten Chines:innen vertrauen den Nachhaltigkeits-Versprechen von Unternehmen nicht. Und es gibt in der Tat Anzeichen dafür, dass diese Skepsis durchaus berechtigt ist.

    Chinas Unternehmen: Viel grüner Schein

    Chinesische Unternehmen geben sich in ihrer Außendarstellung zunehmend als nachhaltig. Immer häufiger benutzen sie Schlagwörter wie “Klimaneutralität”, “Nachhaltigkeit” oder “umweltfreundlich”, um ihre Produkte und Dienstleistungen zu bewerben. Doch wenn es darum geht, ihre Emissionen zu veröffentlichen und konkrete Fortschritte zu veranschaulichen, herrscht häufig noch Schweigen.

    Bisher gibt es kaum Kontrollinstanzen, die Klimaversprechen chinesischer Unternehmen überwachen. “Es gibt keinen nationalen Standard oder Mechanismus, um alle Behauptungen der Unternehmen über Klimaneutralität zu überprüfen”, sagt die Klimaexpertin Yan Qin gegenüber dem Nachrichtendienst Bloomberg. Während es in Europa Medien und unabhängige Organisationen gebe, die Klimaversprechen kritisch hinterfragen, sei China von einem Top-Down-Ansatz geprägt, bei dem der Staat kontrollierend eingreifen müsse.

    Auch bei der Nachhaltigkeits-Berichterstattung chinesischer Unternehmen gibt es große Lücken. Zwar veröffentlichen mittlerweile viele der größten, an chinesischen Börsen notierten Unternehmen einen ESG-Bericht mit Informationen zu Umwelt-, sozialen und Governance-Fragen. ESG steht hierbei für Environmental, Social and Governance. Aber in der Vergangenheit wurden nur wenige dieser Berichte von unabhängigen Prüfern begutachtet (China.Table berichtete).

    Nur 26 Prozent der ESG-Berichte der CSI-300-Unternehmen enthalten überhaupt Informationen über die von den jeweiligen Unternehmen verursachten Treibhausgasemissionen. “Insgesamt sind die von den chinesischen Unternehmen offengelegten ESG-Daten noch unzureichend“, schreiben die Unternehmensberater von Dezan-Shira. Auch eine jüngste Reform der Berichterstattung ist kaum ausreichend, da sie nicht alle (börsennotierten) Unternehmen umfasst (China.Table berichtete).

    Peking will Zertifikate für Grünen Konsum verbessern

    In Peking scheint man diese Probleme erkannt zu haben. So will man die Standards, Zertifizierungs- und Kennzeichnungssysteme für nachhaltige Produkte und Dienstleistungen ausbauen und internationalen Standards angleichen. Auch Standards zum Energiesparen sollen verbessert werden. Zudem will die Regierung Standards für Treibhausgasemissionen für Schlüsselindustrien und -produkte entwickeln. Bei “wichtigen Produkten” will die Regierung auch prüfen, ob sie Standards für den CO₂-Fußabdruck dieser Produkte einführen wird.

    Insgesamt bleiben die Vorhaben, um Grünen Konsum zu fördern, noch recht vage. “Der Plan ist eher ein Aufruf zum Handeln als ein Rezept zur Lösung der anstehenden Probleme”, sagen die Experten der Beratungsagentur Trivium China. Die große Herausforderung beim grünen Konsum sei es, den Menschen den Nutzen zu veranschaulichen.

    Bei E-Autos hatte die Regierung auf finanzielle Förderung und Steuererleichterungen für die Konsumenten gesetzt. Doch für andere Konsumgüter sei das kaum möglich. “Die Regierung muss Wege finden, Anreize für die Verbraucher zu schaffen, ohne jedem Verbrauchssegment Milliarden von Renminbi zukommen zu lassen”, so die Einschätzung der Berater.

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    News

    Weniger Autoverkäufe

    In China wurden im Januar lediglich 2,1 Millionen Autos verkauft. Das entspricht einem Rückgang von 4,5 Prozent im Vergleich zum Vormonat. Das geht aus den Zahlen der China Passenger Car Association hervor, die am Montag bekannt gegeben wurden. Gründe für den Rückgang seien Fabrikschließungen aufgrund der Corona-Politik sowie die Feiertage um das chinesische Neujahrsfest.

    Allerdings gab es auch Positives für die Branche zu berichten: So hat sich der Absatz von Autos mit alternativen Antrieben mehr als verdoppelt – auf 347.000 Fahrzeuge. Der US-Hersteller Tesla war hierbei mit seiner neuen Fabrik in Shanghai Marktführer im Januar. Von den rund 60.000 verkauften Fahrzeugen wurden demnach rund 40.000 ins Ausland exportiert. rad

    • Autoindustrie

    Chipmangel: SMIC will Produktion verdoppeln

    Der chinesische Halbleiterhersteller SMIC will die Produktion von Mikrochips in den kommenden drei Jahren verdoppeln. Das sagte Firmenchef Zhao Haijun am Freitag gegenüber Investoren. China mache sich dadurch von Einfuhren aus dem Ausland etwas unabhängiger und sorge zugleich insgesamt für eine Entlastung des Marktes. Dafür sollen Standorte in Peking, Shanghai und Shenzhen kräftig ausgebaut werden. Ziel sei der Aufbau einer “regionalen Lieferkette”.

    Zhao wurde bei dem Gespräch auch auf die Möglichkeit angesprochen, dass in der zyklischen Halbleiterbranche Überkapazitäten entstehen, wenn nun alle Anbieter wegen akuter Knappheit gleichzeitig ihre Kapazitäten ausweiten. Bisher habe SMIC nur einen Marktanteil von sechs Prozent. Die Nachfrage in China werde das Angebot auf absehbare Zeit überschreiten. fin

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    • Technologie

    Salomonen: Gewalt gegen Chinesen

    Drei Jahre nach Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit der Volksrepublik China ist im Inselstaat Salomonen im Südpazifik neue Gewalt gegen chinesische Staatsbürger ausgebrochen. In der Hauptstadt Honiara wurde am Wochenende ein Gebäude in Brand gesetzt und zerstört. Eine Person wurde leicht verletzt. Erstmals waren vor drei Monaten bei Protesten zahlreiche Geschäfte und Einrichtungen chinesischer Herkunft von gewalttätigen Demonstranten angezündet worden.

    Hintergrund der Eskalation sind Korruptionsvorwürfe gegen Premierminister Manasseh Sogavare. Ihm wird vorgeworfen, Parlamentsmitglieder mit Geldzahlungen beeinflusst zu haben. Die Mittel stammen aus einem nationalen Entwicklungsfonds, der von China finanziert wird.

    Zu den Demonstrationen im vergangenen November hatte eine Gruppe namens Malaita for Democracy aufgerufen. Sie hat ihren Sitz in der Provinz Malaita, eine halbe Flugstunde von der Hauptstadt Honiara entfernt. Die Gruppe ist eine pro-taiwanische Vereinigung örtlicher Politiker, die sich gegen den “switch” ausgesprochen hatte. Damit ist die Beendigung diplomatischer Beziehungen zu dem Inselstaat Taiwan und die gleichzeitige Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu Peking im Jahr 2019 gemeint.

    Die Salomonen sind ein Inselstaat mit 680.000 Einwohnern im Südpazifik, östlich von Papua-Neuguinea. Die Region gewinnt durch das Kräftemessen der USA und China zunehmend an geostrategischer Bedeutung. Nach dem “switch” hatte auch die US-Regierung kürzlich angekündigt, ihre Beziehungen zu den Salomonen vertiefen zu wollen. grz

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    • Taiwan
    • USA

    EU-China-Gipfeltreffen im April

    Nach mehreren Verzögerungen soll Anfang April ein EU-China-Gipfeltreffen stattfinden. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen, EU-Ratschef Charles Michel sowie Chinas Staatspräsident Xi Jinping und Ministerpräsident Li Keqiang sollen dazu am 1. April virtuell zusammenfinden, wie mehrere EU-Quellen China.Table bestätigten. Seit Mitte des vergangenen Jahres wurde nach einem Datum für den Gipfel gesucht (China.Table berichtete). Auch ein persönliches Zusammentreffen wurde bislang nicht ausgeschlossen. Der letzte EU-China-Gipfel fand im Juni 2020 ebenfalls nur virtuell statt. ari

    • EU
    • Geopolitik
    • Xi Jinping

    Olympia Ticker – Gold und eine neue Kontroverse um Eileen Gu

    Xu Mengtao bei einer Schraube hoch über dem Flutlicht in Peking
    Salto über dem Flutlicht: Chinas Xu Mengtao auf dem Flug zu Gold

    Der Montag war ein Olympia-Tag mit vergleichsweise wenigen Medaillen. Aber eine davon holte China bei den Aerials der Damen. Derweil entlud sich in sozialen Medien Frust über den chinesisch-amerikanischen Freestyle-Star Eileen Gu und ihre Privilegien.

    • Xu Mengtao brüllte ihre Freude in den rieselnden Schnee, minutenlang. Die 31-Jährige holte mit einem geschraubten Dreifachsalto Gold bei den Ski-Freestyle-Aerials, bei denen sich die Athleten von einer Sprungschanze mit fast senkrecht nach oben weisender Absprungfläche in die Höhe katapultieren und sich dort drehen und wenden. Es ist Xus größter Erfolg ihrer Karriere. 2014 hatte sie in Sotschi Silber geholt. Bereits am Donnerstag war sie dicht am Sieg. Im Mixed-Wettkampf verhinderte nur der Sturz eines Teamkollegen einen chinesischen Sieg. Am Ende wurde es Silber.
    • Einen Achtungserfolg fuhr China bei der Olympia-Premiere des Monobob der Frauen ein: Bei dem klaren Sieg der Weltmeisterin Kaillie Humphries aus den USA landeten mit Huai Mingming auf Rang sechs und Ying Qing auf Rang neunb gleich zwei Chinesinnen in den Top Ten. Beste Deutsche war Laura Nolte auf dem undankbaren vierten Platz.
    • In der auf Montag verschobenen Qualifikation im Ski-Slopestyle haderte Chinas Superstar Eileen Gu nach dem ersten Lauf. Dank eines starken zweiten Durchgangs aber wurde die 18-Jährige am Ende Dritte und zog ins Finale ein. Während sie im Zielraum auf ihr Ergebnis wartete, gönnte sich die 18-Jährige eine gefüllte Teigtasche. Abseits der Piste verwickelt sich die amerikanisch-chinesische Athletin mit unklarer Staatsbürgerschaft (China.Table berichtete) allerdings zunehmend in politische Kontroversen. Zuletzt geriet sie sogar unter Beschuss chinesischer Fans. Eine Nutzerin hatte sie auf Instagram aufgefordert, Stellung zur Internetzensur zu beziehen. Die Kritik lautete, sie sei privilegiert und könne anders als die meisten Normalbürger in der Volksrepublik ungehindert im Netz surfen. Daraufhin antwortete Gu lapidar, es könne sich doch jeder einen VPN-Tunnel herunterladen. Damit entzog sie sich zum wiederholten Mal einer unangenehmen Debatte. Doch dieses Mal hagelte es Kritik auch auf der chinesischen Plattform Weibo. Und am Ende griff auch noch die Zensur ein: Die Screenshots auf Weibo wurden gelöscht, die verärgerte User von Gus unsensiblem Instagram-Post dort gepostet hatten. Ob dieser Vorgang Eileen Gu stärker sensibilisieren wird, bleibt abzuwarten. ck
    • Olympia
    • Sport

    Presseschau

    Chinas Behörden schneiden Handlungsstrang bei “Friends” raus TAGESSPIEGEL
    Russia and China forge closer ties as U.S. preoccupied with struggles at home. NBCNEWS
    Für deutsche Autobauer sind die goldenen Zeiten in China vorbei HANDELSBLATT
    For China, Hosting the Olympics Is Worth Every Billion NYTIMES
    Peking 2022: Xu holt Chinas Winter-Olympia-Rekord DW
    Chinas Kunstshow SPIEGEL
    Why Is Kamila Valieva, the Russian Skater at the Center of the Olympic Doping Case, Allowed to Compete? WSJ
    Schweizer Fondue? Tiktok-Video aus Kantine im Olympiadorf in Peking geht viral EURONEWS
    Uigurische Fackelläuferin: China versteckt sein Feigenblatt STANDARD
    China’s tech giants push toward an $8 trillion metaverse opportunity – one that will be highly regulated CNBC
    COVID: Why are rapid tests banned in China? DW
    Hong Kong “overwhelmed” as COVID infections hit record REUTERS
    A Succession Drama, Chinese Style, Starring Xi Jinping NYTIMES
    Tesla sold 59,845 China-made vehicles in January -CPCA REUTERS
    China, Not SpaceX, May Be Source of Rocket Part Crashing Into Moon NYTIMES
    India Takes Aim at China’s Trade Coercion Against Australia BLOOMBERG

    Portrait

    Wolfgang Niedermark – “Nationalistische Töne vergiften die Atmosphäre”

    Wolfgang Niedermark, Mitglied der Haupgeschäftsführung des BDI im Portrait über seine Erfahrungen in China und Hongkong.
    Wolfgang Niedermark – Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI)

    Wenn Wolfgang Niedermark von China spricht, schwingt Bedauern mit. Seit Oktober 2020 ist der 56-jährige Gelsenkirchener Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI). Beruflich wie privat hat er die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, kulturelle Vielfalt und gesellschaftliche Dynamik Chinas während vieler Jahre vor Ort mitverfolgt. “Da ich viele positive Erlebnisse mit den Menschen Chinas erleben durfte”, sagt er, “treibt mich das auf die Seite jener, die voller Sympathie und mit guter Laune mit China zusammenarbeiten wollen”. 

    Andererseits, und das sei das große “Aber”, habe der nationalistische Kurs der Kommunistischen Partei vieles so stark verschlechtert, dass es schwierig sei, diese positive Grundhaltung zu behalten. “Der totalitäre Kurs unter Xi Jinping treibt uns, wie vielen anderen, die Sorgenfalten auf die Stirn.” 

    Von Asien war Niedermark bereits während seines Studiums der Wirtschaftsgeografie an der Universität Münster angetan. Insbesondere von Indien war er begeistert, das er als Student mit dem Rucksack bereiste. In Indien hatte er sich mit seiner Frau verlobt, die Kinder habe das Paar später auf die Reisen durch Südostasien “mitgeschleppt”. Sie seien eine “pazifische Familie”, sagt er, hätten in Seoul und Hongkong gelebt und sich dort sehr wohlgefühlt.

    Ursprünglich wollte Niedermark vor allem in Indien arbeiten, doch in China habe es schließlich mehr Dynamik gegeben. Ab 1998 leitete er die Geschäfte des Ostasiatischen Vereins in Hamburg und war zudem Mitglied in der Geschäftsführung des Asien-Pazifik-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft. 

    Die Verhärtung “liegt weniger an uns im Westen”

    Intensiv mit China und seinen Menschen in Kontakt kam er erstmals 2003, als er am Aufbau des Zeitschriftengeschäfts für die heutige Bauer Media Group in Asien mitwirkte. “Das war eine faszinierende Erfahrung”, sagt er. “Die Chinesen hatten damals eine unglaubliche Begeisterung für unsere Themen aus dem Westen, eine Lust und Neugier aufeinander.” Umgekehrt erging es Niedermark genauso. Die gleiche Erfahrung machte er während der dreijährigen Kampagne “Deutschland und China gemeinsam in Bewegung” zur Expo 2010 in Schanghai.  

    In Hongkong übernahm Niedermark 2016 die Leitung der Außenhandelskammer, nachdem er bei der BASF AG für mehrere Jahre das Berliner Büro geleitet hatte. Hongkong war lange ein Sehnsuchtsort: “Ich mag Orte, wo Ost und West zusammenfließen.” Doch nachdem er mit seiner Frau und den beiden Söhnen dorthin gezogen war, konnte er hautnah miterleben, wie das Prinzip “ein Land, zwei Systeme” abgeschafft wurde. 

    Als Beispiel dient eine Anekdote: Im ersten Jahr in Hongkong hätten ihn höfliche Verkehrspolizisten fast entschuldigend mit einer Buße versehen. Vier Jahre später wurde er von einer Streife herausgewunken, obwohl er kein klares Verkehrsdelikt begangen hatte. “Sie beschimpften mich als eingebildeten Ausländer.” Das sei nur eine von vielen Geschichten davon, wie nationalistische Töne in China die Atmosphäre vergiftet haben.

    Diese Verhärtung habe sich auch in den politischen Beziehungen niedergeschlagen: “Das liegt weniger an uns im Westen, sondern daran, dass sich China heute anders präsentiert“, sagt Niedermark. Das könne man bereits seit einigen Jahren beobachten. Bloß: Wie man umgehen soll, darauf habe Deutschland, ja der ganze Westen, noch keine klaren Antworten gefunden. “Wir befinden uns in einer Zwischenphase, in der die alten Verhältnisse zwar noch leidlich funktionieren, neue Umgangs- und Kooperationsformen aber noch nicht geboren sind.” Durch diese Phase der Missverständnisse und des Misstrauens müsse man nun durch, sagt Niedermark, bevor man hoffentlich wieder ein konstruktives Miteinander finde. Adrian Meyer

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    Personalien

    Cathryn Clüver Ashbrook, bisherige Direktorin und Geschäftsführerin der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), hat die Organisation am Montag mit sofortiger Wirkung verlassen. Grund seien unterschiedliche Auffassungen zur künftigen strategischen Ausrichtung der DGAP. Clüver Ashbrook hatte die Leitung der DGAP erst im vergangenen Jahr übernommen. Zuvor war sie über ein Jahrzehnt an der Harvard University als Geschäftsführerin für zwei große Forschungsprogramme zuständig: das “Future of Diplomacy Project” und das Project on Europe and the Transatlantic Relationship”.

    Dessert

    Abseits aller olympischen Wettkämpfe steht am heutigen Dienstag ein weit wichtigeres Fest in China an: das Laternen- beziehungsweise Yuanxiao-Fest (元宵节, Yuánxiāojié). An diesem Tag werden riesige Laternenausstellungen veranstaltet, wobei vor allem Tierkreiszeichen beliebt sind. Und so basteln die Kinder in Wenzhou dieses Jahr Tiger-Laternen. Es ist der Abschluss des mehrtägigen Neujahrsfests in China.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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