die USA eskalieren ihren schwelenden Konflikt mit China. Sie haben angekündigt, keine Regierungsvertreter zu den Olympischen Spielen nach Peking zu schicken. Damit sendet Präsident Joe Biden eine deutlich unfreundliche Botschaft. Auf diesen diplomatischen Boykott muss China entsprechend reagieren, schließlich hat Xi Jinping seine Person und sein Land als stark und durchsetzungsfähig stilisiert. Es wird also nicht bei dieser Ankündigung in Bezug auf ein Sportereignis bleiben. Weitere Störungen im Welthandel sind jetzt absolut möglich.
Die neue Außenministerin Annalena Baerbock erhält damit eine Steilvorlage für ihre eigene, menschenrechtsorientierte Außenpolitik. Sie hat angekündigt, die Lage in Xinjiang nicht zu ignorieren und sich um transatlantische Abstimmung zu bemühen. Wenn Deutschland den USA tatsächlich in den Boykott folgt, wäre der Effekt allerdings nicht noch einmal so heftig wie jetzt. China könnte das mit dem schlechten Einfluss der USA erklären und die Beziehungen vorerst weiterführen. Denn China braucht Verbündete. Ganz klar ist jetzt aber: Die Zeit der heftigen geopolitischen Konflikte hat nicht zusammen mit der Ära Trump geendet.
Wie sehr sich die Einstellung zu China in den vergangenen Jahren gewandelt hat, zeigt auch der Rückblick auf die Geschichte der WTO-Mitgliedschaft des Landes. “Wandel durch Handel” lautete ein beliebter Glaubenssatz der Optimisten Anfang der 2000er-Jahre. Wenn “der Westen” China in die internationale Handelsordnung einbeziehe und die Im- und Exporte stiegen, werde China schon bald die internationalen Spielregeln einhalten und sich zu einer Marktwirtschaft entwickeln. So der Gedanke. In der Rückschau wirkt das reichlich naiv. Zum 20. Jubiläum des Beitritts Chinas zur Welthandelsorganisation (WTO) ist die Bilanz durchwachsen, berichtet Felix Lee. Zwar wuchs der globale Handel, doch im Westen gingen viele Industriearbeitsplätze verloren – in den USA verödeten ganze Landstriche. Umgekehrt sind viele Segmente des chinesischen Marktes für Ausländer weiterhin verschlossen.
Wie heftig die resultierenden Konflikte sind, zeigt sich auch in der Gegenreaktion der USA gegenüber chinesischen Firmen. Washington schließt mehr und mehr von ihnen vom eigenen Finanzmarkt aus und hat nun eine Verschärfung der Aufsicht angekündigt. Wie das ins Gesamtbild der Auseinandersetzungen passt, analysiert Ning Wang.
Die Gründe, warum Deutschland trotz der aktuell schwierigen Fahrwasser für chinesische Unternehmen attraktiv ist und bleibt, kennt kaum jemand besser als Feng Xingliang. Er war lange Europachef des chinesischen Baumaschinenherstellers Sany in Deutschland, bevor er zum Leiter der Repräsentanzen von NRW.Global Business in Beijing und Guangzhou wurde und chinesische Investitionen für NRW anwirbt. Im Interview mit Frank Sieren erklärt er, welche Stärken den Standort Deutschland weiterhin ausmachen.
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Feng Xingliang ist Spezialist dafür, chinesische Investoren nach Deutschland zu holen: Er leitet die Repräsentanzen von NRW.Global Business in Beijing und Guangzhou – und Nordrhein-Westfalen zieht fast ein Drittel der Investitionen an, die von China nach Deutschland fließen. Ein Großteil davon hat der 57-Jährige selbst vermittelt. Erfahrungen sammelte Feng bei deutschen Hidden Champions und als Europa-Chef des größten chinesischen Baumaschinenherstellers Sany. Im Jahr 2009 warb ihn der damalige CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers für den Standort NRW ab.
Mit China.Table spricht Feng über die Attraktivität des Standorts Deutschlands für chinesische Unternehmen und über die Fehler chinesischer Unternehmen in Deutschland. Er registriert in der deutschen Wirtschaft weiterhin eine große Offenheit dafür, sich in China zu engagieren. Das Gespräch führte Frank Sieren. Sie können das Interview in voller Länge als Video ansehen.
Herr Feng, interessieren sich chinesische Investoren unter diesen schwierigen politischen Umständen noch für Deutschland?
Wir haben immer noch sehr viele Investitionsanfragen von chinesischer Seite. Es gibt genug chinesische Investoren, die ins Ausland gehen wollen. Einerseits wollen und müssen sie ihre Geschäfte internationalisieren – auch wenn es schwieriger ist als früher, Geld im Ausland zu investieren, weil sich Peking die Art der Investitionen viel genauer anschaut als früher. Denn es gibt natürlich auch einige chinesische private Unternehmer, die ja gerne ihr Geld in Sicherheit bringen wollten, anstatt sich zu internationalisieren. Sie haben dann Fußballmannschaften, Hotelketten oder Weinberge gekauft. Aber anderseits ist auch der chinesischen Regierung klar, dass Chinas Unternehmen multinational werden müssen. Und zwischen den beiden Polen – Kapitalflucht und Global Player – muss sie nun abwägen.
Welche Erfahrungen machen die chinesischen Unternehmen in Deutschland?
Eine lange Lernkurve liegt hinter ihnen. Angefangen hat es in den 90er-Jahren, so ungefähr bei einem Entwicklungsstand von einem Bruttoinlandsprodukt von 5000 US-Dollar pro Kopf an der Kaufkraft gemessen. In dieser Zeit hat TCL den traditionellen Fernsehhersteller Schneider gekauft. Das war keine gelungene Transaktion, weil von Anfang an die Zieldefinition falsch war. TCL war auf das technische Knowhow und die Strategie, die europäische Antidumping-Politik zu umgehen, fokussiert, und weniger auf das richtige Management des übernommenen Unternehmens. Aber man hatte hier eben noch keinerlei Erfahrung. Doch dann hat man immer mehr gelernt und es gab einen stetigen Zuwachs. Zwei Höhepunkte: Der Baumaschinenkonzern Sany übernimmt 2012 den deutschen Betonpumpenhersteller Putzmeister, den Weltmarktführer, und der Haushaltsgerätekonzern Midea übernimmt 2016 den Augsburger Roboterhersteller Kuka.
Dann kam jedoch der Einbruch, die Ernüchterung.
Ja. Der Höhepunkt kam in NRW im Jahr 2016 mit 96 Ansiedlungen. Und der Rückgang des chinesischen Engagements im Ausland kam gleich von zwei Seiten. Peking schaut inzwischen genauer auf die Qualität und Nachhaltigkeit der Investitionen. Die Amerikaner unter Präsident Donald Trump begannen ihrerseits, die Unternehmen stärker zu screenen. Und in Europa, besonders in Deutschland, ist die Diskussion um den sogenannten Ausverkauf Deutschlands losgegangen, was dazu geführt hat, dass das deutsche Wirtschaftsministerium ein Prüfungssystem eingeführt hat, wenn man mehr als 25 Prozent der Anteile kauft. Ab 2019 wurde dann schon ab zehn Prozent geprüft und die Prüfungszeit wurde verlängert und beträgt nun vier Monate.
Chinesische Unternehmen sind weniger willkommen in Deutschland?
Nein, nicht unbedingt, aber der Honeymoon ist vorbei. Um den Roboterhersteller Kuka gab es bereits 2016 eine große Auseinandersetzung. Es gab keinen wirklich ernsthaften Interessenten aus dem Westen, die Chinesen haben mit Abstand das Meiste geboten und mit dem Zugang zum chinesischen Markt gelockt. Die Gegner des Verkaufs waren überzeugt, dass man eine solche Schlüsseltechnologie nicht an China verkaufen darf. Das hat die Welle an Investitionen kleiner werden lassen. Und was NRW betrifft, sind wir weiterhin auf dem Vormarsch, so haben wir bis 2021 bestandsmäßig circa ein Drittel aller chinesischen neuen Ansiedlungen in Deutschland. 2020 war unser Anteil mit 84 neuen Ansiedlungen sogar über 40 Prozent, das heißt, unser Anteil an den gesamten Ansiedlungen in Deutschland ist gestiegen.
Warum gelingt Ihnen das?
NRW ist das Powerhouse Deutschlands. Es schafft gut 20 Prozent von Deutschlands Wirtschaftskraft. Wäre es ein unabhängiges Land, würde es im Vergleich zu anderen Ländern weltweit auf Platz 19 stehen. Ich kann auf Anhieb mindestens zehn Gründe nennen, die für NRW als einen wichtigen Wirtschafts- und Investitionsstandort sprechen.
Aber die Landeshauptstadt Düsseldorf ist in China nicht so bekannt wie München, Hamburg oder Berlin.
Düsseldorf ist sehr beliebt bei Asiaten insgesamt. Die Japaner haben diesen Trend begründet. Früher hat man gesagt, Düsseldorf sei Japans größte Kolonie in Europa. Heute leben in Düsseldorf rund 5.000 Japaner, aber inzwischen sind es auch wohl so 4.000 Chinesen. Wir Chinesen werden bald die Japaner überholen. Allein Düsseldorf hat über 600 chinesische Unternehmen.
Welche Unternehmen sind das?
Zum Beispiel die Telekomausrüster Huawei und ZTE aus Shenzhen und Guangzhou. Oder die Smartphone-Anbieter Xiaomi, Oppo oder Vivo. Sie alle haben ihre Europazentralen in Düsseldorf.
Wie überzeugen Sie die chinesischen Unternehmen, nach NRW zu kommen?
Wir warten nicht, bis die Unternehmen zu uns kommen, sondern wir gehen zu ihnen, bevor sie überhaupt wissen, dass sie zu uns wollen. Wir haben fünf Büros in China: in Peking, Shanghai, Nanjing, Guangzhou und Chengdu. Dadurch sind wir mit Abstand die größte China-Auslands-Repräsentanz eines deutschen Bundeslandes und bieten unser Knowhow aktiv an. Zudem machen wir sehr viele Veranstaltungen zu Themen wie Elektromobilität, künstliche Intelligenz, Energiewende, Smart City oder auch Biotechnologie.
Wenn jetzt ein chinesischer Unternehmer oder ein Top-Manager zu Ihnen kommt, wie läuft das Gespräch ab?
Viele unserer Wettbewerber in Europa machen den Fehler, zu kleinteilig zu denken. Wir sagen, wir sitzen im Herzen Europas: Im Umkreis von 500 Kilometern leben 160 Millionen Menschen. Und wir sind Teil der führenden Wirtschaftsnation Europas, die allein 30 Prozent des produzierenden Gewerbes beherbergt. Als Logistikstandort wurde NRW von der Weltbank sogar auf Platz 1 gesetzt.
Aber die tollen deutschen Autos werden anderswo hergestellt.
Anderswo zusammengebaut. Ein Drittel derer Zulieferer sitzen in NRW. Ein Drittel eines Daimlers oder BMWs kommt von uns.
Ist es inzwischen nicht schwieriger für Deutschland zu werben angesichts der politischen Konfrontation zwischen Deutschland und China und den Sanktionen?
Ja. Die Wirtschaft wird zunehmend politisiert und ideologisiert. Das halte ich weder für gut und noch für nötig, aber es ist nicht überraschend. Denn die Stimmung wird schon länger immer angespannter. Ganz früher im 16. Jahrhundert war das Land ein Vorbild für Europa. Leibniz, Montesquieu und Voltaire waren begeistert von China. Leibniz hat sogar gefordert, Chinesen sollten helfen, Deutschland zu retten, indem China Missionare nach Deutschland schickte. Doch dann wurde China wirtschaftlich schwach, später kommunistisch/sozialistisch und das Image schlecht. Nun da China wieder stärker wird, könnte das Image wieder besser werden. Doch das Gegenteil passiert, weil China zunehmend als Wettbewerber oder potenzieller Gegner empfunden wird. Nicht etwa wie früher als Vorbild. Das ist bedauerlich.
Haben die chinesischen Investoren nicht auch selbst dazu beigetragen, indem sie die gekauften deutschen Unternehmen ausgehöhlt und deren Knowhow nach China transferiert haben?
Das gab es, ist aber mindestens 15 Jahre her. Die neureichen Chinesen, die nach Deutschland kamen, wussten nicht recht, wie sie sich verhalten sollten. Sie waren viel zu auftrumpfend, überheblich und siegesgewiss. Das hat sich inzwischen geändert. Die meisten Unternehmen verhalten sich lobenswert. Die skeptische Stimmung in der Politik und in Teilen der Bevölkerung ist geblieben. Denn die neuen Wettbewerber Chinas haben andere Vorstellungen und Werte. Das mulmige Gefühl, das dabei entsteht, spiegelt sich in den Medien wider.
Aber ist die Sorge nicht auch weiterhin berechtigt, dass, wenn ich als Arbeitnehmer von einem Chinesen übernommen werde, sehr schnell ein anderer Wind in der Firma weht.
Natürlich wollen die neuen chinesischen Eigentümer auch einiges anders machen. Aber die Frage ist, ob das wirklich mit dem Stichwort Manchester-Kapitalismus beschrieben werden kann oder doch nicht inzwischen durchaus sozialer ist. Die Chinesen sagen dazu “sozialistische Marktwirtschaft”, die Deutschen “soziale Marktwirtschaft”.
Und der Abfluss des Knowhows nach China und das Ausbluten der Unternehmen?
Also von einem solchen Fall habe ich in vergangenen 10 bis 15 Jahren nicht gehört. Die Unternehmen wollen ja im Gegenteil ihr Europa-Geschäft ausbauen, die Marketing- und Servicenetzwerke der Europäer übernehmen. Außerdem ist das Knowhow vielfach in den Köpfen der deutschen Mitarbeiter. Die aber kann man nicht mitnehmen.
Welche anderen Fehler machen chinesische Firmen in Deutschland?
In Deutschland sollten sich chinesische Investoren unbedingt an die Gesetze halten, in China spielen die persönlichen Beziehungen eine große Rolle. Ein anderer Unterschied ist die Gewerkschaften, die in den deutschen Unternehmen sehr viel zu sagen haben, auch wenn ihnen das Unternehmen nicht gehört. An ihnen kommt man schwer vorbei. Man ist als chinesischer Investor gut beraten, frühzeitig auf die Rechte der Mitarbeiter einzugehen, wenn man eine wichtige Entscheidung für das Unternehmen trifft. Und das dritte Thema sind die Steuern. Chinesische Investoren haben immer wieder putzige Ideen, wie man die vermeiden kann. Sie illegal zu vermeiden, sollte man tunlichst lassen. Egal, ob es große oder kleine Summen sind.
Sie vermitteln nun zwischen den Kulturen. Wie sind Sie nach Deutschland gekommen? Warum haben Sie angefangen, Germanistik zu studieren?
Das war ein Zufall, den ich nicht bereue. 1980 habe ich die Universitätsaufnahmeprüfung mit sehr guten Leistungen bestanden. Damals konnte man fünf Wunschuniversitäten aufschreiben. Ich habe die Beijing Foreign Studies University auf die erste Stelle gesetzt, dazu das Fach Englisch, mein Lehrer hat vorsichtshalber das Zusatzfach Deutsch hinzugefügt, das nur wenige Bewerber wählten. Also wurde ich für das Fach Deutsch genommen. Ich habe es nicht bereut und wurde schließlich Chinas erster Doktorand im Fach Germanistik.
Und dann sind sie 1989 mit einem Stipendium nach Deutschland gegangen.
In Deutschland ist mir klar geworden, dass mir die althochdeutschen und neuhochdeutschen Seminare doch zu unpraktisch und trocken sind. Ich wollte etwas Realitätsbezogenes lernen. Also habe ich in Heidelberg auf Volkswirtschaft umgesattelt. Danach wollte ich noch einmal promovieren, mit einem Stipendium der Friedrich-Naumann-Stiftung. Aber inzwischen war ich verheiratet, wir hatten eine Tochter und ich habe dann entschieden, für eine deutsche Firma zu arbeiten, die jemanden für ihr Asiengeschäft suchte.
Und dann sind Sie 2003 nach ein paar Zwischenstationen bei Sany gelandet, dem größten Baumaschinenhersteller Chinas, der sich damals mit seinen Maschinen nach Europa gewagt hat. Das war eine große Herausforderung für Sie, oder?
Ja, eine sehr, sehr große Herausforderung. Ich habe diesen Job nicht gesucht. Der Sany-Chef ist zu mir gekommen und hat ihn mir angeboten. Ich habe erst kurz gezögert und dann ja gesagt. Auf der Messe Bauma 2004 in München, der größten Baumaschinen-Messe der Welt, hatte ich meinen ersten Auftritt. Mit damals 400.000 Besuchern eine gigantische Messe. Und ich dazwischen, durchaus nervös, mit einem 150 Quadratmeter kleinen Stand, um die ganzen Maschinen auszustellen. Und weil ich der einzige im Unternehmen war, der einen ausländischen Pass hatte, wurde ich bald in die ganze Welt geschickt. Nach Las Vegas, Paris und zu den verschiedenen europäischen Städten. Später dann versuchte Sany immer wieder, wenn möglich, den größten Stand auf jeder Messe zu haben.
War es schwierig als jemand, der lange in Deutschland gelebt hat, nun in einem chinesischen Unternehmen zu arbeiten?
Es hat Spaß gemacht, war aber nicht immer einfach. Zwischendurch wurde ich von einem Vorgesetzten, der nicht der hellste war und offensichtlich weniger verdient hat als ich, so schikaniert, dass ich dem Unternehmen den Rücken gekehrt habe. Nach einem halben Jahr haben sie mich zurückgeholt und mich zum Assistant President gemacht, damit mich niemand mehr ärgern konnte.
Und was hat Sie bewogen, dann zu der Investment-Organisation eines deutschen Bundeslandes zu wechseln?
Entscheidend waren der damalige CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers, den ich durch mein Investment-Projekt von Sany kennengelernt hatte und vor allem Petra Wassner, meine spätere Chefin. Sie hat mir ein gutes Angebot gemacht. Denn beide wussten, wie wichtig China für NRW sein könnte. Das war ziemlich fortschrittlich damals. Und so habe ich deren Repräsentanz in Beijing aufgebaut.
Und was hat Sie dort nach langer Zeit in Deutschland am meisten überrascht?
Mir fiel auf, wie schnell die Chinesen geworden waren. Eine Geschäftsreise wurde manchmal von einer Stunde auf die andere entschieden. Sie sind nun sehr ehrgeizig und legen Wert auf Bildung, Geld und Karriere. Und manche sind maßlos. Sie verzehnfachen die Verkaufszahlen für das kommende Jahr einfach, obwohl sie wussten, das sind unrealistische Ziele und schauen dann mal, wo man rauskommt. Die Menschen wechseln unglaublich schnell ihre Jobs. Und ihren Erfolg zeigen sie sofort durch Kleidung, Schmuck und Autos. Die Deutschen sind bescheidener und sparsamer.
Wie lange sind bei diesem Tempo chinesische Unternehmen überhaupt noch an deutschen Unternehmen interessiert?
Die Welt wird multipolar bleiben. Kein Land kann alles allein und ist überall spitze – auch China nicht. Im Maschinenbau und anderen Spitzentechnologien ist Deutschland immer noch führend. Auch wenn China weiter aufholt, gibt es für Deutschland immer noch große Spielräume. Und selbst dann wird es noch Spezialgebiete geben, wo die Deutschen besser sind. Deshalb finde ich es schade, dass aufgrund der politischen Konfrontationen durch Sanktionen, die Investitionsvereinbarung zwischen Deutschland und der EU nicht ratifiziert wird. Aber auch so werden wir nicht arbeitslos. Wir haben in den nächsten 20 Jahren noch genug zu tun. Chinesen wollen und müssen weiter stärker im Ausland investieren. Die Investitionen werden sich noch verstärken.
Wie erklären Sie einem chinesischen Investor die uneinigen, sich oft widersprechenden EU-Länder?
Im Allgemeinen wissen die Chinesen über Europa mehr als die Europäer über China. Insofern werden sie nicht von dem verwirrenden Alltag in Europa überrascht. Allerdings wundern sie sich doch darüber. Sie finden den Brexit bedauerlich und sind erstaunt, dass die EU das einfach so hinnimmt. Und sie fragen sich, warum es den Europäern so schwerfällt zu verstehen, dass sie nur gemeinsam stark genug sind.
Ist es nicht ein Vorteil für China, wenn die EU uneinig ist?
Die meisten chinesischen Investoren sehen das nicht so. Für sie ist ein homogener, verlässlicher EU-Markt wichtiger. Und Sie schätzen die EU-Staaten durchaus realistisch ein. Ein chinesischer Minister hat mir einmal gesagt, er unterscheide zwei Kategorien von europäischen Staaten: Die kleinen Staaten und die kleinen Staaten, die glauben, sie wären groß. Das ist zwar nicht die ganze Wahrheit, aber für mich wäre ein einheitliches Europa enorm wichtig!
An diese Rede wird Bill Clinton sicherlich nicht gern erinnert. Es war im März 1999. Vor beiden Häusern des US-Kongresses warb der damalige US-Präsident für den Beitritt Chinas zur Welthandelsorganisation (WTO). Die Welt werde nicht mehr die gleiche sein, versprach er. Das bevölkerungsreichste Land der Welt würde seine Märkte öffnen. Und die US-Amerikaner mit ihrem Weizen und Mais, den Hollywood-Filmen, Fords und GMs sind ganz vorne dabei. Mit mehr Freihandel würde es zudem ein freieres China geben, gab sich Clinton zuversichtlich. Doch es kam anders.
In diesen Tagen jährt sich Chinas Beitritt zur WTO zum 20. Mal. Das kommunistische Regime regiert weiter mit harter Hand. Für die USA und auch andere Industrieländer hat sich das Versprechen eines neuen Absatzmarktes zwar erfüllt. Aber China hat weit mehr profitiert. Heute werden mehr als 80 Prozent der weltweit verkauften Kühlschränke in der Volksrepublik hergestellt, 70 Prozent aller Mobiltelefone und jedes zweite Paar Schuhe. War die Handelsbilanz zwischen China und den USA 2003 noch weitgehend ausgeglichen, verzeichnen vor allem die USA im Handel mit China Jahr für Jahr neue Rekorddefizite. Und es sind längst nicht nur Billigprodukte, mit denen China die Welt überschwemmt. Laptops, Flachbildschirme, Drohnen, Elektroautos – allein 2020 hat China weltweit mehr als eine halbe Billion US-Dollar mehr aus- als eingeführt.
“Ja, Chinas WTO-Beitritt war erwartungsgemäß ein Erfolg”, sagt Pascal Lamy. Er war zwischen 1999 und 2004 EU-Handelskommissar und ab 2005 als WTO-Generaldirektor auch nach Chinas Beitritt an den Verhandlungen mit der chinesischen Führung maßgeblich beteiligt. “Die Weltwirtschaft wurde von der Leine gelassen, sagte er am Freitag auf einem Webinar des Berliner China-Thinktanks Merics zum Thema: “Chinas 20. WTO-Jubiläum – Anlass zum Feiern?” China importierte kräftig und modernisierte seine Wirtschaft, schildert Lamy. Verbraucher anderswo profitierten von niedrigeren Preisen, weil China mit einem riesigen Arbeitsheer günstig und in großen Mengen zu produzieren wusste. Für Lamy ist klar: “Ein Gewinn.”
Tatsächlich hatte China zur Jahrtausendwende vor allem zwei Vorteile: Geringe Arbeits- und Umweltschutzbestimmungen und ein riesiges Heer an Arbeitskräften, das bereit war, zu Löhnen zu schuften, die im Westen undenkbar waren. Zugleich schrumpfte die Erde, weil der Transport der Waren kaum noch etwas kostete und das Internet die entferntesten Standorte miteinander verband. Chinas Exporte schossen in die Höhe, ebenso der Lebensstandard. Lebte vor dem WTO-Beitritt noch jeder vierte Chinese unter der Armutsgrenze, sind es heute weniger als zehn Prozent. Ein Drittel der Bevölkerung kann sich ein eigenes Auto leisten, Eigentumswohnung und Weltreisen. Von diesem neuen Wohlstand profitierten auch ausländische Unternehmen. Doch in den Industrieländern selbst schaffte Chinas Beitritt auch viele Verlierer. Insbesondere in den USA, gingen genau jene Industriearbeitsplätze verloren, die sich in China entwickelten.
Aus deutscher Sicht fällt die Bilanz durchwachsen aus. Deutschland selbst ist Exportnation und hat von Chinas Einbindung in den Weltmarkt unter den OECD-Ländern mit am meisten profitiert. EU-Handelskammer-Chef Jörg Wuttke, der für den Chemieriesen BASF seit 2017 Geschäftsführender Generalbevollmächtigter in China ist, schildert beim Merics-Webinar aus Peking zugeschaltet: “Als ich kam, machte BASF in China etwa weniger als zwei Milliarden US-Dollar Umsatz. Jetzt sind wir bei über elf Milliarden. Und wir haben ein 10-Milliarden-Dollar-Projekt im Bau.” Ohne Chinas Beitritt zur WTO wäre all das nicht möglich gewesen.
Dennoch haben sich gewisse Erwartungen auch aus Sicht der deutschen Wirtschaft nicht erfüllt: Als “Katalysator für weitreichende Strukturreformen” sollte die Einbindung wirken und “freies unternehmerisches Handeln in China fördern”, schreibt der Industrieverband BDI in einem jüngst erschienenem Papier. “Diese Hoffnungen wurden weitestgehend enttäuscht.” Worüber sich der BDI vor allem ärgert: Spätestens seit 2016 sollte China als Marktwirtschaft behandelt werden und nicht mehr die Vorteile genießen, die Entwicklungsländern im internationalen Handel zugestanden werden. Das sahen die Beitrittsregelungen explizit vor.
So sehr die WTO-Aufnahme Chinas Wirtschaft beflügelte – frei ist sie bis heute nicht. Vielmehr versteht es China, seine Märkte nur so weit zu öffnen, wie es dem Land Vorteile bringt. Auch die EU-Handelskammer beklagt regelmäßig, dass ausländische Unternehmen in China konsequent benachteiligt werden. “Die weitverbreitete Erwartung, dass sich das Land tatsächlich in eine offene und hauptsächlich marktbasierte Volkswirtschaft entwickelt, wurde nicht erfüllt”, schreibt denn auch der BDI in seinem Papier.
“Die chinesische Regierung versteht es, die Spielräume der WTO-Regeln für sich zu nutzen und tut oft nur das Minimum, um Verpflichtungen nachzukommen.” Außerdem nehme die chinesische Regierung ebenfalls anders als zugesagt, “übermäßig Einfluss auf die Wirtschaftsaktivitäten” etwa durch Preiskontrollen, Beihilfen und Justizbeeinflussung. 99 der 100 größten börsennotierten Unternehmen in China seien weiter mehrheitlich in Staatshand. Auch das sei anders vereinbart gewesen, beschwert sich der BDI.
Die auf dem Merics-Webinar ebenfalls zugeschaltete ehemalige stellvertretende US-Handelsbeauftragte für China, Audrey Winter, versucht aus den gemachten Erfahrungen dennoch Positives zu ziehen. “Wir haben in dieser Zeit viel über China und sein System und seine Schnittstellen zu unseren Systemen gelernt.” Das sei wichtig zu wissen, denn bei Handelsverhandlungen stecke der Teufel immer im Detail. Und weitere Verhandlungen stünden ja an. Eine aus ihrer Sicht wichtige Lektion: “Wir haben gelernt, dass China gar nicht beabsichtigt, eine echte Marktwirtschaft zu werden.”
Diese Woche werden sich mehr als 100 Länder virtuell zum sogenannten Demokratie-Gipfel treffen. Initiator sind die USA. Themen des virtuellen Treffens am 9. und 10. Dezember sind der Kampf gegen autoritäre Herrschaftssysteme, die Bekämpfung von Korruption sowie die Förderung der Menschenrechte. Es ist klar erkennbar, welches Land die Führung in Washington mit einer solchen Agenda vor allem im Blick hat: China.
Dort ist man entsprechend aufgebracht (China.Table berichtete). 30 Jahre nach Ende des Kalten Krieges wolle Amerika wieder die Welt spalten in “wir” und “die”, klagt die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua. “Washington behauptet, mit diesem Treffen wolle man gemeinsame Werte fördern. Wirklich? Jeder mit nüchternem Verstand durchschaut diese List sofort: Die Veranstaltung hat nichts mit der Fortentwicklung der Demokratie zu tun, sondern nur mit der Sicherung der amerikanischen Vormachtstellung in der Welt.”
Doch China belässt es nicht mehr nur bei solcher verbal vorgetragenen Kritik. Es geht in solchen Systemkonflikten zunehmend in die Offensive. Und so präsentierte der Staatsrat der Volksrepublik am vergangenen Samstag ein offizielles Weißbuch mit dem Titel “China: Demokratie, die funktioniert”. In dem Papier wird Chinas eigene Demokratie vorgestellt. Ihr Name: 全过程民主 (quánguòchéng mínzhu), was als “whole-process people’s democracy” übersetzt werden kann. Das ist ein Begriff, den Staatspräsident Xi Jinping erstmals 2019 in Shanghai benutzte. Eine offizielle deutsche Übersetzung ist noch nicht geprägt. Er lässt sich vorläufig vielleicht als “ganzheitlich-prozedurale Demokratie” übersetzen. Xi sagte damals:
“Wir folgen dem Pfad einer sozialistischen, politischen Entwicklung mit chinesischen Eigenschaften und die Volksdemokratie in China ist eine Quánguòchéng Mínzhu. Alle wichtigen legislativen Entscheidungen werden aufgrund von wissenschaftlichen und demokratischen Prozessen getroffen, die in Einklang stehen mit Verfahren und demokratischen Überlegungen.”
“我们走的是一条中国特色社会主义政治发展道路,人民民主是一种全过程的民主,所有的重大立法决策都是依照程序、经过民主酝酿,通过科学决策、民主决策产生的。希望你们再接再厉,为发展中国特色社会主义民主继续作贡献.”
Seither wird whole-process people’s democracy (全过程民主) verwendet für die Idee, dass Chinas Einparteiensystem im Grunde eine einzigartige Anwendung demokratischer Prinzipien sei. Es handelt sich um ein klassisches Beispiel für eine feststehende Phrase, die in der Welt der KP Chinas ihre eigene, festgelegte Bedeutung hat (China.Table berichtete).
Am Samstag bei der Vorstellung des Demokratie-Weißbuches erklärten mehrere Funktionäre der Kommunistischen Partei das Konzept der Quánguòchéng Mínzhu (全过程民主) einer breiten Öffentlichkeit. Es handele sich um ein “neues Modell von Demokratie, das China entwickelt hat”. Die Bewertung jener Demokratie lieferten die KP-Offiziellen gleich mit: Chinas Demokratie sei umfangreicher, authentischer und effektiver als die amerikanische Demokratie.
Tian Peiyan, Vize-Direktor des Policy Research Office des Zentralkomitees der KP China, führte am Samstag in Peking den Kontrast zur US-amerikanischen Demokratie weiter aus: US-Politiker würden willkürliche Versprechen abgeben, nur um gewählt zu werden. Vordergründig akzeptieren sie durch Wahlen eine Kontrolle durch die Bevölkerung, aber in Wirklichkeit hätten die Bürger nach einer Wahl keine Einflussmöglichkeit mehr – und müssten bis zur nächsten Wahl hilflos dem Handeln der Regierung zusehen.
In China ist das dem staatlichen Politologen Tian zufolge anders – und sogar viel besser: “Parteimitglieder und Führer aller Ebenen müssen eine umfassende Kontrolle durch die Partei und die Bevölkerung akzeptieren, um so zu garantieren, dass die Macht, die man von der Bevölkerung erhalten hat, auch zum Wohle des Volkes eingesetzt wird”, erklärte Tian.
Andere chinesische Experten bekräftigen die Vorstellung von der überlegenen chinesischen Demokratie. Zhu Zheng, Professor an der China Universität für Politik- und Rechtswissenschaften, ist überzeugt, das Konzept sei für westliche Beobachter sicherlich schwer zu verstehen, da der Begriff Demokratie im Westen längst nur noch klischee- und schablonenhaft benutzt werde. In einem Beitrag für den chinesischen Fernsehsender CGTN verdeutlicht er die beiden Schwerpunkte der chinesischen Quánguòchéng Mínzhu: Zum einen stünden die Menschen im Mittelpunkt – und das garantiere die Kommunistische Partei seit nunmehr 100 Jahren. Zum anderen liege dem chinesischen System ein kontinuierlicher Prozess zugrunde. Während im Westen die Bürger nur alle vier oder fünf Jahre kurz vor dem nächsten Wahlgang gehört würden, hätten die Menschen in China nicht nur das Recht zu wählen, sondern zudem das Recht, sich in den Entscheidungs- und Regierungsvorgang einzubringen.
Am Ende seines Beitrags offenbart Zhu allerdings noch einen weiteren wichtigen Aspekt hinter dem chinesischen “Demokratie-Modell”: China wolle sich damit vom Westen absetzen. Man strebe damit ein eigenes Narrativ an, um Reformen zu rechtfertigen und durchzusetzen.
Im Grunde besteht der Begriff aus zwei Teilen: Während “whole-process” relativ neu ist und die Beziehung zwischen Bevölkerung und Regierung in einem sozialistischen System mit chinesischen Eigenschaften definiert, wirkt “people’s democracy” wie eine Referenz auf die 人民民主专政 (rénmín mínzhu zhuānzhèng), die “demokratische Diktatur des Volkes” wie sie in der Präambel der Volksrepublik proklamiert wird. In diesem Sinne ist damit gemeint, dass die Kommunistische Partei Chinas den Staat repräsentiert und die Regierung im Namen der Bevölkerung bildet.
Einzug in die internationale Politik fand Quánguòchéng Mínzhu vor einigen Wochen, als Xi Jinping mit seinem US-amerikanischen Amtskollegen Joe Biden telefonierte (China.Table berichtete). Darin versuchte Biden die Auseinandersetzung zwischen China und den USA in einen größeren Zusammenhang zu setzen, in dem er auf den Kampf zwischen Autokratie und Demokratie verwies. Xi widersprach mit dem Hinweis, China sei eine “whole-process democracy”. Demokratie sei keine maßgeschneiderte Sonderanfertigung (定制的产品 dingzhide chanpin), die für alle Länder der Welt passe. Und weiter: Andere Formen von Demokratie auszuschließen, lediglich weil sie anders sind, ist selbst ein undemokratisches Verhalten, zitiert die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua den chinesischen Präsidenten.
Um die Vorteile des chinesischen Systems zu belegen, verweist man in China auf die Erfolge der vergangenen Jahre:
Im Gegensatz dazu stehe die Bilanz der USA. Genannt sind Gewaltkriminalität, massive Drogenprobleme und die marode Infrastruktur des Landes. Auch der Sturm auf das Kapitol am 6. Januar nach der von Donald Trump verlorenen Präsidentenwahl gilt hier als Anzeichen für die Schwäche des US-Systems.
Doch die innere Verfasstheit von den USA und China betreffe längst nicht nur die Bevölkerung im jeweiligen Land, sondern schlage sich auch in der Außenpolitik nieder. China sei derart stabil und gut regiert, dass es mit Programmen wie der “Belt-and-Road”-Initiative immer mehr Ländern der Welt helfen könne. Was sich die USA hingegen in den vergangenen Jahrzehnten außenpolitisch geleistet habe, verdeutlichte vergangene Woche der Sprecher des chinesischen Außenministeriums Wang Wenbin in Peking. “Im Namen der Demokratieförderung verhängt Amerika einseitige Sanktionen, beginnt militärische Interventionen in anderen Ländern, tötet hunderttausende Zivilisten, verletzt und vertreibt Millionen Menschen.”
Die nationalistische Zeitung “Global Times” hat zu diesem Anlass eigens eine Serie über die “wahre Natur der amerikanischen Demokratie” gestartet, in der sie die hegemonialen Sünden der US-Demokratie entlarven will. Kurz zusammengefasst: Krieg, Blutvergießen und Chaos in der Welt.
Angesichts dessen ist für China der von den USA initiierte “Demokratie-Gipfel” nicht mehr als eine Farce. Vize-Außenminister Le Yucheng stellte in einer Rede auf dem kurzfristig organisierten “Dialog über Demokratie” klar, worum es Amerika in Wirklichkeit gehe: Manche Länder benutzen neuerdings Demokratie “als ein politisches Werkzeug für selbstsüchtige Gewinne, sie bilden Blöcke, um Teilung und Konfrontation in die Welt zu bringen”.
Außenamtssprecher Wang verwies in einer Pressekonferenz auf eine wachsende Zahl an Ländern, die die chinesische Sicht teilen würden. Medien in Ägypten, Saudi-Arabien und Israel bezeichneten den Demokratie-Gipfel als amerikanisches Hilfsmittel, um sich in die inneren Angelegenheiten anderer Länder einzumischen und die eigene Hegemonie zu sichern. Besonders gerne führt Peking hierbei auch ein Mitglied der Europäischen Union als Kronzeugen an: Ungarn. “Der ungarische Außenminister Péter Szijjártó hat klargemacht, dass dieser Gipfel die Charakterzüge amerikanischer Innenpolitik trage”, sagte Wang.
Chinas Kritik am “Demokratie-Gipfel” sorgte international für Schlagzeilen. Sie kommt laut und aggressiv daher, ist dabei jedoch vor allem eines: vorhersehbar. Weitaus wichtiger ist der Prozess, den Xi Jinping vor rund zwei Jahren in Gang gesetzt hat und der am Samstag mit der Vorlage eines Weißbuches zur “chinesischen Demokratie” einen vorläufigen Höhepunkt erreichte.
Neudeutsch würde man diesen Vorgang “Wording” oder “Framing” nennen; China geht darum, ein eigenes Narrativ zu schaffen. Das bedeutet: Mit seinem eigenen “Demokratie-Modell” macht sich Peking daran, die westliche Deutungshoheit über den Begriff Demokratie herauszufordern. Die Folgen könnten gravierend sein – und weit über den Gipfel in Washington hinausreichen.
Es sind Steueroasen wie die Cayman Islands, die chinesische Unternehmen nutzen, um ihre wahren Strukturen zu verschleiern. Sie gründen dort Variable Interest Entity (VIE)-Gesellschaften, um im Ausland an die Börsen zu gehen. Alibaba, Baidu, Didi, Tencent – fast alle großen chinesische Technologie-Unternehmen, die an den US-Börsen gelistet sind, greifen zu diesem Konstrukt. Das Ziel? Pekings Beschränkungen zu umgehen, die es erschweren, dass ausländische Investoren in chinesische Tech-Firmen investieren.
Denn eigentlich ist es ausländischen Investoren verboten, sich am Technologiesektor der Volksrepublik zu beteiligen. Peking will in diesem Sektor die Nase vorn haben, um seinen Einfluss weltweit zu vergrößern. Doch durch VIE-Konstrukte werden Investitionen durch Ausländer möglich (China.Table berichtete).
Die Behörden in Peking hatten bei den Technologie-Unternehmen lange weggeschaut, wenn sie Kapital an den US-Börsen eingesammelt haben. Laut Berechnungen von Bloomberg haben 34 chinesische Unternehmen in den ersten sieben Monaten dieses Jahres durch IPOs an den US-Börsen rund 13 Milliarden US-Dollar von Investoren erhalten. Dabei gibt es seit 2018 Bestrebungen, dass chinesische Unternehmen Aktien an den Börsen in Hongkong oder in China platzieren sollen statt im Ausland.
Für Aufruhr sorgte Mitte vergangener Woche die Nachricht, dass die KP ihren Techunternehmen den Börsengang im Ausland komplett untersagen will. Dem widersprach die Pekinger Börsenaufsicht CSRC umgehend und stellte die Meldung schlicht als “Fake News” dar. Auffällig ist, dass die US-Börsenaufsicht einen Tag nach der chinesischen Ankündigung bekannt gab, künftig ausländische Aktiengesellschaften, die in den Vereinigten Staaten notiert sind, von der Börse nehmen zu können, wenn ihre Wirtschaftsprüfer den Auskunftsersuchen der US-Regulierungsbehörden nicht nachkommen.
SEC-Chef Gary Gensler begründete den Schritt damit, dass China und Hongkong nicht mit der US-Bilanzaufsicht Public Company Accounting Oversight Board PCAOB zusammenarbeiten und Inspektionen verweigern. Peking argumentiert, bei einer Zusammenarbeit mit der Bilanzaufsicht drohten sensible Daten chinesischer Unternehmen an ausländische Regierungen oder Wettbewerber zu gelangen.
Die chinesische Börsenaufsicht sah sich noch am Sonntag genötigt, eine eigene Erklärung auf ihrer Webseite zu veröffentlichen. Sie ist als Reaktion auf Medienberichte zu verstehen, dass China plane, Unternehmen den Börsengang an ausländische Aktienmärkte durch Variable Interest Entities (VIEs) zu verbieten.
Die chinesische Börsenaufsicht kritisiert die USA darin: Obwohl “effektive Wege der Zusammenarbeit durch Pilotinspektionen” zustande gekommen seien, hätten “einige Kräfte in der US-Politik die Kapitalmarktregulierung in den letzten Jahren politisiert, um die in den USA notierten chinesischen Unternehmen grundlos zu unterdrücken und zum Delisting zu zwingen”.
Seit Monaten erhitzt das Problem um die VIEs die Gemüter bei den ausländischen Investoren, die in chinesische Unternehmen wie Alibaba, Tencent, Didi oder Baidu investiert haben. Sie fühlen sich betrogen. Denn VIEs sind eigentlich nur Unternehmenshüllen, die keinen Wert haben.
“Diese Briefkastenfirmen (…) beschaffen Kapital an US-Börsen, aber sie übertragen nicht das Eigentum von der Betreibergesellschaft an amerikanische Investoren”, schrieb US-Börsenaufsicht-Chef Gary Gensler im September in einem Leitartikel im Wall Street Journal. Die Anleger sind nicht geschützt und halten auch keine Anteile an den Firmen in China. Immerhin hatte die SEC vor einiger Zeit reagiert und im September die Hürden für chinesische Börsengänge in den USA erhöht. Erst wenn neue Offenlegungspflichten in Kraft getreten sind, die es den Anlegern erlauben, die Risiken der VIE-Strukturen zu erkennen, sollen chinesische Unternehmen für Börsengänge in den USA zugelassen werden.
Nach dem Bilanzskandal der chinesischen Kaffeehauskette Luckin 2020, die an der US-Technologiebörse Nasdaq gelistet war, hatte der ehemalige US-Präsident Donald Trump die Offenlegungspflichten für börsennotierte Unternehmen aus dem Ausland noch verschärft. Vor dem Hintergrund des Handelsstreits, den Trump mit der Volksrepublik führte, zielen die Offenlegungspflichten vor allem auf chinesische Unternehmen ab.
Allerdings gilt bis zur Umsetzung der neuen Regulierung eine drei Jahre lange Übergangsfrist, weshalb Experten den Zahlen von chinesischen Unternehmen nach wie vor nicht trauen.
Für Pekings schnelles Umdenken bei ausländischen Listings ist auch der Fahrdienstanbieter Didi verantwortlich. Das Unternehmen hatte noch im Juni sein Börsendebüt in New York entgegen der Bedenken der chinesischen Behörden durchgedrückt (China.Table berichtete). Seitdem wird gegen Didi wegen Datenmissbrauch ermittelt und zuletzt hatte Peking angekündigt, Teile des Unternehmens unter staatliche Kontrolle bringen zu wollen.
Am Donnerstag vergangener Woche kündigte Didi Chuxing an, sich von der Wall Street zurückziehen zu wollen (China.Table berichtete). Stattdessen wolle man bis März ein Börsendebüt in Hongkong voranbringen. “Chinesische Hinterlegungsscheine (ADS) werden mit steigenden regulatorischen Herausforderungen von US-amerikanischen wie auch chinesischen Behörden konfrontiert”, sagte Fondsmanager Wang Qi von MegaTrust Investment. Er ist der Meinung, dass ein Delisting alles einfacher mache.”
Didi hatte bei seinem IPO an der Wall Street 4,4 Milliarden US-Dollar eingesammelt. Das war der zweitgrößte Börsengang eines chinesischen Konzerns in den USA seit der Neuemission des E-Commerce-Giganten Alibaba im Jahr 2014. Doch seitdem sind Didi-Titel in den USA um 44 Prozent gefallen.
Peking maßregelt bereits seit mehr als einem Jahr seine Technologieunternehmen. Ihnen wird Monopolmissbrauch, Nichteinhaltung von Arbeitnehmerschutzregeln, aber auch schlechter Einfluss auf die Jugendlichen im Land und Verstößen gegen Verbraucherrechte vorgeworfen. Firmen wie Didi mussten nicht nur Strafgelder bezahlen, sondern auch schmerzliche Wertverluste hinnehmen. So ist Didis Börsenwert um 42 Milliarden US-Dollar eingebrochen, nachdem die Cyberaufsichtsbehörde der App verboten hatte neue Nutzer zu registrieren.
Doch Didis erzwungener Abgang von der New York Börse steht nur als Beispiel für viele andere Unternehmen, die noch folgen werden. Und es geht Peking vor allem um die Daten, die diese Unternehmen in den Boomjahren von ihren Nutzern gesammelt haben. Bereits im Juli teilte die Cyberspace-Behörde CAC mit, dass jedes Unternehmen, das einen Börsengang im Ausland plane und mehr als eine Million Nutzer habe, eine Genehmigung beantragen müsse.
Washingtons neuster Schritt spielt Peking dabei in die Hände – denn nun kann die Regierung die Maßnahmen unter dem Vorwand des Datenschutzes begründen und sich zudem als Kämpfer für eine “gesündere und nachhaltigere Entwicklung der Plattformökonomie” darstellen.
Die USA werden keine diplomatischen oder offiziellen Vertreter zu den Olympischen Winterspielen in Peking schicken. Washington verzichtet auf die Entsendung einer diplomatischen Delegation “angesichts des anhaltenden Völkermords und der Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Xinjiang”, erklärte die Pressesprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, am Montag. Die Sportlerinnen und Sportler nehmen aber wie geplant an den Spielen teil, betonte Psaki. “Wir werden die Athleten von zu Hause aus unterstützen”, so die Sprecherin. Angesichts der Lage in Xinjiang könne jedoch nicht “business as usual” stattfinden.
Die USA werden auch künftig auf die Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang hinweisen, kündigte Psaki an. Der diplomatische Boykott sei nur ein Teil des Engagements für die Region. Auf die Frage, warum die Regierung nicht einen kompletten Boykott vollziehe, antwortete Psaki: “Ich glaube nicht, dass es der richtige Schritt ist, Sportler zu bestrafen.”
China reagierte noch am Montag auf die Entscheidung Bidens. Die Botschaft in Washington nannte sie einen “politischen Winkelzug” ohne jeden Einfluss auf den Erfolg der Spiele. “Es wurde ohnehin keine Einladung an US-Politiker ausgesprochen, deshalb ist dieser sogenannte diplomatische Boykott null und nichtig”, so ein Botschaftssprecher in einer E-Mail an die Nachrichtenagentur Reuters. Es handele sich um eine “Verzerrung des olympischen Geistes”.
Zuvor hatte Peking den USA zuvor für den Fall eines Olympia-Boykotts mit einem Bruch von Handelsbeziehungen gedroht. Die Regierung in Peking werde dann “Gegenmaßnahmen” ergreifen, erklärte das chinesische Außenministerium am Montag vor der US-Entscheidung. “Wenn die USA darauf bestehen, absichtlich an ihrem Kurs festzuhalten, wird China entschlossen gegensteuern”, sagte ein Sprecher des Außenministeriums. Diejenigen, die zu einem Fernbleiben aufriefen, sollten damit aufhören, “um den Dialog und die Zusammenarbeit zwischen China und den USA in wichtigen Bereichen nicht zu beeinträchtigen”.
Die USA hatten das Internationale Olympische Komitee (IOC) dazu aufgefordert, die Olympischen Winterspiele im Februar 2022 wegen Missachtung von Menschenrechten in China zu verschieben. Auch in weiteren Staaten gab es bisher Aufrufe, die Spiele zu boykottieren. Litauen hatte bereits angedeutet, keine Offiziellen entsenden zu wollen. Der Schritt wäre angesichts der derzeitigen Spannungen jedoch auch nur wenig überraschend.
Auch die künftige deutsche Außenministerin zeigte sich einem diplomatischen Olympia-Boykott gegenüber China.Table nicht abgeneigt (China.Table). Annalena Baerbock hatte zudem angekündigt, ihre Politik stärker mit traditionellen Verbündeten wie den USA oder den EU-Nachbarn koordinieren zu wollen. Am Montag bekräftigte Baerbock noch einmal ihre Haltung, Deutschland im Systemwettbewerb mit China zu sehen und daraus Konsequenzen ziehen zu wollen. “Neben Kooperation sind wir aber auch Wettbewerber, wenn wir uns die zentralen wirtschaftspolitischen Themen unserer Zeit anschauen”, sagte die Grünen-Politikerin bei einem Parteitreffen zum Koalitionsvertrag. Sie befürworte eine gemeinsame EU-Politik gegenüber China. ari/rtr/fin
Die Europäische Union hat ihre Sanktionen gegen vier chinesische Beamte und eine Organisation wegen Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang verlängert. Die Strafmaßnahmen gelten nun bis Ende Dezember 2022, wie der EU-Rat am Montag mitteilte. Die EU hatte sich im März auf die Sanktionen verständigt, Peking reagierte seinerseits mit Strafmaßnahmen. Seither liegt das Investitionsabkommen CAI auf Eis.
Die EU-Sanktionen treffen Zhu Hailun, den ehemaligen stellvertretenden Vorsitzenden der KPCh in Xinjiang, sowie Wang Junzheng, Parteisekretär des Xinjiang Produktions- und Aufbaukorps (Xinjiang Production and Construction Corps. XPCC), einer wirtschaftlichen und paramilitärischen Organisationseinheit in Xinjiang, die der Zentralregierung in Peking unterstellt ist. Laut EU ist sie auch für die Verwaltung von Haftzentren zuständig.
Die Strafmaßnahmen richten sich außerdem gegen Wang Mingshan, Mitglied des Ständigen Ausschusses der KPCh Xinjiang und Chen Mingguo, Direktor des Xinjiang Public Security Bureau (PSB), der regionalen Sicherheitsbehörde in der Provinz. Das zu XPCC gehörige PSB ist zudem separat als Organisation mit auf der Sanktionsliste.
Für die Betroffenen gilt ein Einreiseverbot für die EU, außerdem werden ihre Vermögen eingefroren. Zudem dürfen sie keine finanziellen Mittel oder wirtschaftliche Unterstützung aus der Europäischen Union von Organisationen oder Einzelpersonen bekommen. ari
China will mit der Fusion von fünf Unternehmen zu einem staatlichen Logistikkonzern Lieferketten-Probleme besser in den Griff bekommen. Der neue Konzern namens China Logistics Group solle internationale Handelsverbindungen und Frachtdienstleistungen entwickeln und so die globalen Lieferketten organisieren, berichtete der Staatssender CCTV am Montag.
Zusammengeführt worden seien China Railway Materials, China National Materials Storage and Transportation Group, die Shenzhen-Tochter der Huamao International Freight Ltd, China Logistics und die China National Packaging Corporation. Zudem werden sich China Eastern Airlines, COSCO Shipping und China Merchants Group als strategische Partner beteiligen.
Die Corona-Pandemie sorgt seit Monaten für Unterbrechungen und Engpässen bei den globalen Lieferketten (China.Table berichtete). Der neue staatliche Logistikriese ist dem Sender CCTV zufolge in 30 chinesischen Provinzen und allen fünf Kontinenten aktiv. rtr
Trotz der Corona-Pandemie sind die Umsätze von weltweit führenden Rüstungsfirmen gestiegen. Die 100 größten Hersteller setzten insgesamt 531 Milliarden US-Dollar (470 Milliarden Euro) um – ein Plus von 1,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, wie das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri heute bekannt gab. US-Unternehmen führten mit Abstand, dahinter folgen Rüstungsfirmen aus China.
Chinesische Firmen entwickelten sich zu einigen der “fortschrittlichsten Militärtechnologieproduzenten der Welt”, wie Nan Tian, leitender Wissenschaftler bei Sipri, sagte. So kommen die fünf chinesischen Rüstungsfirmen in der Rangliste auf 13 Prozent des Gesamt-Umsatzes. China liegt damit zwar weit hinter den USA (54 Prozent der gesamten Waffenverkäufe), aber noch vor Großbritannien.
Chinesische Firmen verkauften laut Sipri Rüstungsgüter im Wert von schätzungsweise 66,8 Milliarden Dollar – 1,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Die chinesischen Hersteller profitierten in den vergangenen Jahren von den militärischen Modernisierungsprogrammen des Landes sowie der Verschmelzung von militärischen und zivilen Projekten, sagte Nan Tian der Nachrichtenagentur AFP.
Insgesamt beliefen sich die Waffenverkäufe der Unternehmen in den Top 100 mit Sitz außerhalb der USA, Chinas, Russland und Europa auf 43,1 Milliarden Dollar – ein Anstieg von 3,4 Prozent im Vergleich zu 2019. Dies entsprach jedoch nur 8,1 Prozent des Gesamtumsatzes der 100 größten Hersteller. niw
China und Afrika wollen ihre Beziehungen auf allen Ebenen ausbauen. Das ist das Ergebnis des achten “Forum on China-Africa Cooperation” (FOCAC), das vergangene Woche in Senegals Hauptstadt Dakar abgehalten wurde. Die Volksrepublik und fast alle Staaten Afrikas – bis auf Eswatini, das diplomatische Beziehungen zu Taiwan unterhält – nahmen teil. Die Zusagen für wirtschaftliche Unterstützung in Höhe von insgesamt 40 Milliarden US-Dollar lagen jedoch deutlich unter den 60 Milliarden US-Dollar, die auf dem letzten FOCAC im Jahr 2018 zugesagt wurden.
Zuletzt waren die chinesisch-afrikanischen Beziehungen negativ beeinträchtig worden: Neben hohen Schulden, die auf afrikanischer Seite durch gemeinsame Infrastrukturprojekte entstanden, verlangsamte auch die Coronapandemie die Zusammenarbeit (China.Table berichtete). Laut dem chinesischen Handelsminister Wang Wentao erholt sich die Kooperation jedoch. China habe in den ersten neun Monaten dieses Jahres 2,5 Milliarden US-Dollar in Afrika investiert, so Wang.
Chinas Präsident Xi Jinping hatte die Konferenz mit einer Videobotschaft eröffnet. Dabei kündigte Xi unter anderem an, Afrika im Kampf gegen Covid-19 mit einer Milliarde Impfdosen aus China unterstützen zu wollen. Von diesen sollen 600.000 kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Darüber hinaus sollen Direktinvestitionen chinesischer Unternehmen auf mehr als zehn Milliarden US-Dollar angehoben werden, um die Wirtschaft Afrikas nach der Pandemie bei der Industrialisierung zu unterstützen.
Chinas Direktinvestitionen in Afrika stiegen bis Ende des Jahres 2020 auf einen Wert von mehr als 56 Milliarden US-Dollar an, erklärte Wirtschaftswissenschaftler Robert Kappel anlässlich des FOCAC in China.Table. Das Forum wurde im Jahr 2000 gegründet und findet alle drei Jahre abwechselnd in China und auf dem afrikanischen Kontinent statt. Seit Beginn sind 53 afrikanische Staaten Teil des Kooperationsforums. niw
Brüssel muss die Vorlage des geplanten EU-Lieferkettengesetzes erneut verschieben. Wie es in EU-Kreisen heißt, hat der Ausschuss für Regulierungskontrolle erneut Einwände gegen das Vorhaben geltend gemacht. Der Vorschlag könnte sich demnach sogar bis Februar oder März 2022 verzögern. Auf der aktualisierten Agenda der EU-Kommission taucht der zuletzt für den 8. Dezember terminierte Vorschlag nicht mehr auf. In Kreisen der Behörde hieß es, es werde weiter unter Hochdruck an dem Gesetz gearbeitet. Allerdings gehe “Qualität über Geschwindigkeit”.
Das EU-Lieferkettengesetz soll weiter gehen als das deutsche Gesetz, das im Januar 2023 in Kraft tritt. Unternehmen müssten dann bei sämtlichen Zulieferern kontrollieren, ob sie die Bedingungen einhalten. In der Industrie gibt es erhebliche Vorbehalte gegen ein Gesetz, das den Unternehmen derartig weitreichende Sorgfaltspflichten für die sozialen und ökologischen Bedingungen bei ihren Lieferanten aufbürden könnte. Besonders umstritten sind die Fragen der Klagemöglichkeiten Betroffener in Drittstaaten und die Haftung des Managements. Auch gibt es von Unternehmensseite her Zweifel an der Umsetzung der Vorgaben in der Praxis. Das gilt vor allem in Regionen wie Xinjiang, wo praktisch keine unabhängigen Audits mehr möglich sind.
Das Regulatory Scrutiny Board, ein Gremium aus Kommissionsbeamten und externen Experten, hatte bereits im Frühsommer einen ersten Entwurf von Justizkommissar Didier Reynders wegen Mängeln zurückgewiesen. Seitdem ist Industriekommissar Thierry Breton für das Thema mitverantwortlich. tho/chw
Bytedance, die Muttergesellschaft der beliebten Social-Media-Plattform Tiktok, hat eine nicht ganz so geheime Geheimwaffe. Ihre leistungsstarken Algorithmen sind in der Lage, die Vorlieben der Nutzer genau vorherzusagen und ihnen Inhalte zu empfehlen, die sie tatsächlich sehen wollen. Das verlängert die Verweildauer an den Bildschirmen erheblich. Aber Bytedance muss auf den Einsatz dieser Waffe vielleicht bald verzichten – oder zumindest ihre Klinge stumpfen.
Die Betreiber von Internetplattformen in China sehen sich mit einer Reihe neuer Datenvorschriften konfrontiert, die die Nutzung von Empfehlungsalgorithmen einschränken könnten. Das Gesetz zum Schutz persönlicher Daten, das Anfang November in Kraft getreten ist, schreibt den Plattformen vor, dass sie ihren Nutzern die Möglichkeit geben müssen, personalisierte Inhalte und gezielte Werbung abzulehnen.
Doch China könnte bald noch viel weitergehen. Die chinesische Internetaufsichtsbehörde, die Cyberspace Administration of China (CAC), hat vor kurzem einen neuen Richtlinienentwurf veröffentlicht, der eine Reihe von Beschränkungen für die Erhebung und Verarbeitung von Daten und deren grenzüberschreitende Übertragung vorsieht. Insbesondere müssen Apps die ausdrückliche Zustimmung der Nutzer einholen, bevor sie Daten sammeln oder verwenden, um personalisierte Empfehlungen auszusprechen. Mit anderen Worten: Der Einzelne muss sich für die Personalisierung entscheiden, anstatt dagegen, wie es derzeit der Fall ist.
Diese Politik könnte dazu beitragen, die Geschäftsmodelle von Online-Plattformen wie Douyin (die in China verwendete Version von Tiktok) und Taobao (eine Online-Einkaufsplattform der Alibaba-Gruppe) zu untergraben. Das kann wiederum weitreichende Auswirkungen auf künftige Innovationen im chinesischen Technologiesektor haben. Der Grund ist einfach: Wenn sie gefragt werden, entscheiden möglicherweise viele Nutzer, dass die personalisierten Empfehlungen es nicht wert sind, ihre Privatsphäre aufzugeben.
Nachfragen macht den Unterschied. Als Apple die Option, das Tracking durch Apps abzulehnen, in seinen komplizierten Datenschutzeinstellungen verbarg, nahmen sich nur 25 Prozent der Nutzer die Zeit, sie zu finden und abzulehnen. Als das Unternehmen jedoch anfing, iPhone-Nutzer aufzufordern, das Tracking abzulehnen, nahmen 84 Prozent diese Möglichkeit wahr.
Die neue Opt-out-Politik von Apple, die das Unternehmen im April letzten Jahres für sein iPhone iOS eingeführt hat, ist für US-Tech-Unternehmen wie Facebook, deren Geschäftsmodelle auf der Sammlung von Nutzerdaten und dem Verkauf gezielter Werbung beruhen, verheerend. Einer Schätzung zufolge kostet die Änderung der Apple-Politik Facebook, Snapchat, Twitter und Youtube in der zweiten Hälfte des Jahres 2021 zusammen fast zehn Milliarden US-Dollar an Einnahmen – oder zwölf Prozent ihrer Gesamteinnahmen. Online-Werber, die nun viel mehr bezahlen müssen, um potenzielle Kunden zu erreichen, geraten in Panik.
Dies ist ein bedrohliches Zeichen für Chinas Technologieunternehmen – nicht zuletzt, weil der Entwurf der CAC-Datenverordnung weit über die neue Regel von Apple hinausgeht. Während Apple verlangt, dass Apps eine Erlaubnis einholen, bevor sie die Daten eines Nutzers an Dritte weitergeben, würden die neuen chinesischen Maßnahmen verlangen, dass Apps das Einverständnis des Nutzers einholen, um die Daten selbst zu verwenden.
Die von China vorgeschlagene Zustimmungspflicht scheint auch strenger zu sein als die Allgemeine Datenschutzverordnung der Europäischen Union – derzeit eine der strengsten Datenschutzvorschriften der Welt. Während die DSGVO von den Plattformen verlangt, dass sie die Zustimmung der Nutzer einholen, bevor sie Daten sammeln und verarbeiten, ist für die Aktivierung von Empfehlungsdiensten keine spezifische Zustimmung erforderlich.
Chinesischen Plattformen werden sich mit ziemlicher Sicherheit bei der Regierung dafür werben, dass die Verordnung nicht umgesetzt wird. Sollte Peking sich weigern, auf sie zu hören, werden sie wahrscheinlich versuchen, die Vorschrift zu umgehen, indem sie die Funktionen ihrer Apps umgestalten, was allerdings Zeit in Anspruch nehmen und ernsthafte Risiken mit sich bringen wird.
Doch für die CAC sind die Schwierigkeiten privater Technologieunternehmen möglicherweise nicht von Belang. Es ist zwar unmöglich, genau zu sagen, was in die Kosten-Nutzen-Analyse der vorgeschlagenen Opt-in-Anforderung eingeflossen ist, aber es scheint klar zu sein, dass die Förderung des Unternehmenswachstums und der technologischen Innovation nicht zum Mandat der CAC gehört. Was aber will sie dann?
Als eine der interventionistischsten Regierungsstellen des Landes untersteht die CAC der Zentralen Kommission für Cyberspace-Angelegenheiten unter dem Vorsitz von Präsident Xi Jinping. Seit 2013 wurde ihre Kompetenz erheblich erweitert, unter anderem durch die Übernahme anderer Cybersicherheitsbehörden.
Im Juli sorgte die CAC für Schlagzeilen, als sie den Mitfahrdienstanbieter Didi Chuxing nur zwei Tage nach dessen Börsengang in New York mit einer Cybersicherheitsprüfung überraschte (China.Table berichtete). In der Folge ordnete die CAC Cybersecurity-Checks für alle datenintensiven Tech-Unternehmen an, die eine Notierung im Ausland planen, und etablierte sich damit als Gatekeeper für die Kapitalbeschaffung im Ausland.
Da Daten das Lebenselixier der Plattformökonomie sind, hat die CAC erheblichen Spielraum, um ihren bürokratischen Zuständigkeitsbereich zu erweitern. Und wenn der neue Verordnungsentwurf ein Hinweis darauf ist, plant sie, genau das zu tun. Sie will die Mauern um die “Gärten” der Internetplattformen einreißen und gegen andere unfaire Preisbildungspraktiken vorgehen. Algorithmen können beispielsweise bestimmen, welche Preise für bestimmte Produkte auf Online-Plattformen angezeigt werden. Je nach Nachfrage und User können sie kurzfristig in die Höhe schießen, was einer algorithmischen Preisdiskriminierung gleichkommt.
Ermutigt durch den Vorstoß der Regierung, die Tech-Giganten zu zügeln, hat die CAC große regulatorische Ambitionen. In den kommenden Jahren werden ihre Bemühungen, diese zu verwirklichen, eine wichtige Rolle dabei spielen, die Entwicklung von Plattformunternehmen – und technologischen Innovationen – in China zu bestimmen.
Angela Huyue Zhang, Juraprofessorin, ist Direktorin des Zentrums für chinesisches Recht an der Universität von Hongkong. Sie ist Autorin von Chinese Antitrust Exceptionalism: How the Rise of China Challenges Global Regulation. Aus dem Englischen von Eva Göllner.
Copyright: Project Syndicate, 2021.
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die USA eskalieren ihren schwelenden Konflikt mit China. Sie haben angekündigt, keine Regierungsvertreter zu den Olympischen Spielen nach Peking zu schicken. Damit sendet Präsident Joe Biden eine deutlich unfreundliche Botschaft. Auf diesen diplomatischen Boykott muss China entsprechend reagieren, schließlich hat Xi Jinping seine Person und sein Land als stark und durchsetzungsfähig stilisiert. Es wird also nicht bei dieser Ankündigung in Bezug auf ein Sportereignis bleiben. Weitere Störungen im Welthandel sind jetzt absolut möglich.
Die neue Außenministerin Annalena Baerbock erhält damit eine Steilvorlage für ihre eigene, menschenrechtsorientierte Außenpolitik. Sie hat angekündigt, die Lage in Xinjiang nicht zu ignorieren und sich um transatlantische Abstimmung zu bemühen. Wenn Deutschland den USA tatsächlich in den Boykott folgt, wäre der Effekt allerdings nicht noch einmal so heftig wie jetzt. China könnte das mit dem schlechten Einfluss der USA erklären und die Beziehungen vorerst weiterführen. Denn China braucht Verbündete. Ganz klar ist jetzt aber: Die Zeit der heftigen geopolitischen Konflikte hat nicht zusammen mit der Ära Trump geendet.
Wie sehr sich die Einstellung zu China in den vergangenen Jahren gewandelt hat, zeigt auch der Rückblick auf die Geschichte der WTO-Mitgliedschaft des Landes. “Wandel durch Handel” lautete ein beliebter Glaubenssatz der Optimisten Anfang der 2000er-Jahre. Wenn “der Westen” China in die internationale Handelsordnung einbeziehe und die Im- und Exporte stiegen, werde China schon bald die internationalen Spielregeln einhalten und sich zu einer Marktwirtschaft entwickeln. So der Gedanke. In der Rückschau wirkt das reichlich naiv. Zum 20. Jubiläum des Beitritts Chinas zur Welthandelsorganisation (WTO) ist die Bilanz durchwachsen, berichtet Felix Lee. Zwar wuchs der globale Handel, doch im Westen gingen viele Industriearbeitsplätze verloren – in den USA verödeten ganze Landstriche. Umgekehrt sind viele Segmente des chinesischen Marktes für Ausländer weiterhin verschlossen.
Wie heftig die resultierenden Konflikte sind, zeigt sich auch in der Gegenreaktion der USA gegenüber chinesischen Firmen. Washington schließt mehr und mehr von ihnen vom eigenen Finanzmarkt aus und hat nun eine Verschärfung der Aufsicht angekündigt. Wie das ins Gesamtbild der Auseinandersetzungen passt, analysiert Ning Wang.
Die Gründe, warum Deutschland trotz der aktuell schwierigen Fahrwasser für chinesische Unternehmen attraktiv ist und bleibt, kennt kaum jemand besser als Feng Xingliang. Er war lange Europachef des chinesischen Baumaschinenherstellers Sany in Deutschland, bevor er zum Leiter der Repräsentanzen von NRW.Global Business in Beijing und Guangzhou wurde und chinesische Investitionen für NRW anwirbt. Im Interview mit Frank Sieren erklärt er, welche Stärken den Standort Deutschland weiterhin ausmachen.
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Feng Xingliang ist Spezialist dafür, chinesische Investoren nach Deutschland zu holen: Er leitet die Repräsentanzen von NRW.Global Business in Beijing und Guangzhou – und Nordrhein-Westfalen zieht fast ein Drittel der Investitionen an, die von China nach Deutschland fließen. Ein Großteil davon hat der 57-Jährige selbst vermittelt. Erfahrungen sammelte Feng bei deutschen Hidden Champions und als Europa-Chef des größten chinesischen Baumaschinenherstellers Sany. Im Jahr 2009 warb ihn der damalige CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers für den Standort NRW ab.
Mit China.Table spricht Feng über die Attraktivität des Standorts Deutschlands für chinesische Unternehmen und über die Fehler chinesischer Unternehmen in Deutschland. Er registriert in der deutschen Wirtschaft weiterhin eine große Offenheit dafür, sich in China zu engagieren. Das Gespräch führte Frank Sieren. Sie können das Interview in voller Länge als Video ansehen.
Herr Feng, interessieren sich chinesische Investoren unter diesen schwierigen politischen Umständen noch für Deutschland?
Wir haben immer noch sehr viele Investitionsanfragen von chinesischer Seite. Es gibt genug chinesische Investoren, die ins Ausland gehen wollen. Einerseits wollen und müssen sie ihre Geschäfte internationalisieren – auch wenn es schwieriger ist als früher, Geld im Ausland zu investieren, weil sich Peking die Art der Investitionen viel genauer anschaut als früher. Denn es gibt natürlich auch einige chinesische private Unternehmer, die ja gerne ihr Geld in Sicherheit bringen wollten, anstatt sich zu internationalisieren. Sie haben dann Fußballmannschaften, Hotelketten oder Weinberge gekauft. Aber anderseits ist auch der chinesischen Regierung klar, dass Chinas Unternehmen multinational werden müssen. Und zwischen den beiden Polen – Kapitalflucht und Global Player – muss sie nun abwägen.
Welche Erfahrungen machen die chinesischen Unternehmen in Deutschland?
Eine lange Lernkurve liegt hinter ihnen. Angefangen hat es in den 90er-Jahren, so ungefähr bei einem Entwicklungsstand von einem Bruttoinlandsprodukt von 5000 US-Dollar pro Kopf an der Kaufkraft gemessen. In dieser Zeit hat TCL den traditionellen Fernsehhersteller Schneider gekauft. Das war keine gelungene Transaktion, weil von Anfang an die Zieldefinition falsch war. TCL war auf das technische Knowhow und die Strategie, die europäische Antidumping-Politik zu umgehen, fokussiert, und weniger auf das richtige Management des übernommenen Unternehmens. Aber man hatte hier eben noch keinerlei Erfahrung. Doch dann hat man immer mehr gelernt und es gab einen stetigen Zuwachs. Zwei Höhepunkte: Der Baumaschinenkonzern Sany übernimmt 2012 den deutschen Betonpumpenhersteller Putzmeister, den Weltmarktführer, und der Haushaltsgerätekonzern Midea übernimmt 2016 den Augsburger Roboterhersteller Kuka.
Dann kam jedoch der Einbruch, die Ernüchterung.
Ja. Der Höhepunkt kam in NRW im Jahr 2016 mit 96 Ansiedlungen. Und der Rückgang des chinesischen Engagements im Ausland kam gleich von zwei Seiten. Peking schaut inzwischen genauer auf die Qualität und Nachhaltigkeit der Investitionen. Die Amerikaner unter Präsident Donald Trump begannen ihrerseits, die Unternehmen stärker zu screenen. Und in Europa, besonders in Deutschland, ist die Diskussion um den sogenannten Ausverkauf Deutschlands losgegangen, was dazu geführt hat, dass das deutsche Wirtschaftsministerium ein Prüfungssystem eingeführt hat, wenn man mehr als 25 Prozent der Anteile kauft. Ab 2019 wurde dann schon ab zehn Prozent geprüft und die Prüfungszeit wurde verlängert und beträgt nun vier Monate.
Chinesische Unternehmen sind weniger willkommen in Deutschland?
Nein, nicht unbedingt, aber der Honeymoon ist vorbei. Um den Roboterhersteller Kuka gab es bereits 2016 eine große Auseinandersetzung. Es gab keinen wirklich ernsthaften Interessenten aus dem Westen, die Chinesen haben mit Abstand das Meiste geboten und mit dem Zugang zum chinesischen Markt gelockt. Die Gegner des Verkaufs waren überzeugt, dass man eine solche Schlüsseltechnologie nicht an China verkaufen darf. Das hat die Welle an Investitionen kleiner werden lassen. Und was NRW betrifft, sind wir weiterhin auf dem Vormarsch, so haben wir bis 2021 bestandsmäßig circa ein Drittel aller chinesischen neuen Ansiedlungen in Deutschland. 2020 war unser Anteil mit 84 neuen Ansiedlungen sogar über 40 Prozent, das heißt, unser Anteil an den gesamten Ansiedlungen in Deutschland ist gestiegen.
Warum gelingt Ihnen das?
NRW ist das Powerhouse Deutschlands. Es schafft gut 20 Prozent von Deutschlands Wirtschaftskraft. Wäre es ein unabhängiges Land, würde es im Vergleich zu anderen Ländern weltweit auf Platz 19 stehen. Ich kann auf Anhieb mindestens zehn Gründe nennen, die für NRW als einen wichtigen Wirtschafts- und Investitionsstandort sprechen.
Aber die Landeshauptstadt Düsseldorf ist in China nicht so bekannt wie München, Hamburg oder Berlin.
Düsseldorf ist sehr beliebt bei Asiaten insgesamt. Die Japaner haben diesen Trend begründet. Früher hat man gesagt, Düsseldorf sei Japans größte Kolonie in Europa. Heute leben in Düsseldorf rund 5.000 Japaner, aber inzwischen sind es auch wohl so 4.000 Chinesen. Wir Chinesen werden bald die Japaner überholen. Allein Düsseldorf hat über 600 chinesische Unternehmen.
Welche Unternehmen sind das?
Zum Beispiel die Telekomausrüster Huawei und ZTE aus Shenzhen und Guangzhou. Oder die Smartphone-Anbieter Xiaomi, Oppo oder Vivo. Sie alle haben ihre Europazentralen in Düsseldorf.
Wie überzeugen Sie die chinesischen Unternehmen, nach NRW zu kommen?
Wir warten nicht, bis die Unternehmen zu uns kommen, sondern wir gehen zu ihnen, bevor sie überhaupt wissen, dass sie zu uns wollen. Wir haben fünf Büros in China: in Peking, Shanghai, Nanjing, Guangzhou und Chengdu. Dadurch sind wir mit Abstand die größte China-Auslands-Repräsentanz eines deutschen Bundeslandes und bieten unser Knowhow aktiv an. Zudem machen wir sehr viele Veranstaltungen zu Themen wie Elektromobilität, künstliche Intelligenz, Energiewende, Smart City oder auch Biotechnologie.
Wenn jetzt ein chinesischer Unternehmer oder ein Top-Manager zu Ihnen kommt, wie läuft das Gespräch ab?
Viele unserer Wettbewerber in Europa machen den Fehler, zu kleinteilig zu denken. Wir sagen, wir sitzen im Herzen Europas: Im Umkreis von 500 Kilometern leben 160 Millionen Menschen. Und wir sind Teil der führenden Wirtschaftsnation Europas, die allein 30 Prozent des produzierenden Gewerbes beherbergt. Als Logistikstandort wurde NRW von der Weltbank sogar auf Platz 1 gesetzt.
Aber die tollen deutschen Autos werden anderswo hergestellt.
Anderswo zusammengebaut. Ein Drittel derer Zulieferer sitzen in NRW. Ein Drittel eines Daimlers oder BMWs kommt von uns.
Ist es inzwischen nicht schwieriger für Deutschland zu werben angesichts der politischen Konfrontation zwischen Deutschland und China und den Sanktionen?
Ja. Die Wirtschaft wird zunehmend politisiert und ideologisiert. Das halte ich weder für gut und noch für nötig, aber es ist nicht überraschend. Denn die Stimmung wird schon länger immer angespannter. Ganz früher im 16. Jahrhundert war das Land ein Vorbild für Europa. Leibniz, Montesquieu und Voltaire waren begeistert von China. Leibniz hat sogar gefordert, Chinesen sollten helfen, Deutschland zu retten, indem China Missionare nach Deutschland schickte. Doch dann wurde China wirtschaftlich schwach, später kommunistisch/sozialistisch und das Image schlecht. Nun da China wieder stärker wird, könnte das Image wieder besser werden. Doch das Gegenteil passiert, weil China zunehmend als Wettbewerber oder potenzieller Gegner empfunden wird. Nicht etwa wie früher als Vorbild. Das ist bedauerlich.
Haben die chinesischen Investoren nicht auch selbst dazu beigetragen, indem sie die gekauften deutschen Unternehmen ausgehöhlt und deren Knowhow nach China transferiert haben?
Das gab es, ist aber mindestens 15 Jahre her. Die neureichen Chinesen, die nach Deutschland kamen, wussten nicht recht, wie sie sich verhalten sollten. Sie waren viel zu auftrumpfend, überheblich und siegesgewiss. Das hat sich inzwischen geändert. Die meisten Unternehmen verhalten sich lobenswert. Die skeptische Stimmung in der Politik und in Teilen der Bevölkerung ist geblieben. Denn die neuen Wettbewerber Chinas haben andere Vorstellungen und Werte. Das mulmige Gefühl, das dabei entsteht, spiegelt sich in den Medien wider.
Aber ist die Sorge nicht auch weiterhin berechtigt, dass, wenn ich als Arbeitnehmer von einem Chinesen übernommen werde, sehr schnell ein anderer Wind in der Firma weht.
Natürlich wollen die neuen chinesischen Eigentümer auch einiges anders machen. Aber die Frage ist, ob das wirklich mit dem Stichwort Manchester-Kapitalismus beschrieben werden kann oder doch nicht inzwischen durchaus sozialer ist. Die Chinesen sagen dazu “sozialistische Marktwirtschaft”, die Deutschen “soziale Marktwirtschaft”.
Und der Abfluss des Knowhows nach China und das Ausbluten der Unternehmen?
Also von einem solchen Fall habe ich in vergangenen 10 bis 15 Jahren nicht gehört. Die Unternehmen wollen ja im Gegenteil ihr Europa-Geschäft ausbauen, die Marketing- und Servicenetzwerke der Europäer übernehmen. Außerdem ist das Knowhow vielfach in den Köpfen der deutschen Mitarbeiter. Die aber kann man nicht mitnehmen.
Welche anderen Fehler machen chinesische Firmen in Deutschland?
In Deutschland sollten sich chinesische Investoren unbedingt an die Gesetze halten, in China spielen die persönlichen Beziehungen eine große Rolle. Ein anderer Unterschied ist die Gewerkschaften, die in den deutschen Unternehmen sehr viel zu sagen haben, auch wenn ihnen das Unternehmen nicht gehört. An ihnen kommt man schwer vorbei. Man ist als chinesischer Investor gut beraten, frühzeitig auf die Rechte der Mitarbeiter einzugehen, wenn man eine wichtige Entscheidung für das Unternehmen trifft. Und das dritte Thema sind die Steuern. Chinesische Investoren haben immer wieder putzige Ideen, wie man die vermeiden kann. Sie illegal zu vermeiden, sollte man tunlichst lassen. Egal, ob es große oder kleine Summen sind.
Sie vermitteln nun zwischen den Kulturen. Wie sind Sie nach Deutschland gekommen? Warum haben Sie angefangen, Germanistik zu studieren?
Das war ein Zufall, den ich nicht bereue. 1980 habe ich die Universitätsaufnahmeprüfung mit sehr guten Leistungen bestanden. Damals konnte man fünf Wunschuniversitäten aufschreiben. Ich habe die Beijing Foreign Studies University auf die erste Stelle gesetzt, dazu das Fach Englisch, mein Lehrer hat vorsichtshalber das Zusatzfach Deutsch hinzugefügt, das nur wenige Bewerber wählten. Also wurde ich für das Fach Deutsch genommen. Ich habe es nicht bereut und wurde schließlich Chinas erster Doktorand im Fach Germanistik.
Und dann sind sie 1989 mit einem Stipendium nach Deutschland gegangen.
In Deutschland ist mir klar geworden, dass mir die althochdeutschen und neuhochdeutschen Seminare doch zu unpraktisch und trocken sind. Ich wollte etwas Realitätsbezogenes lernen. Also habe ich in Heidelberg auf Volkswirtschaft umgesattelt. Danach wollte ich noch einmal promovieren, mit einem Stipendium der Friedrich-Naumann-Stiftung. Aber inzwischen war ich verheiratet, wir hatten eine Tochter und ich habe dann entschieden, für eine deutsche Firma zu arbeiten, die jemanden für ihr Asiengeschäft suchte.
Und dann sind Sie 2003 nach ein paar Zwischenstationen bei Sany gelandet, dem größten Baumaschinenhersteller Chinas, der sich damals mit seinen Maschinen nach Europa gewagt hat. Das war eine große Herausforderung für Sie, oder?
Ja, eine sehr, sehr große Herausforderung. Ich habe diesen Job nicht gesucht. Der Sany-Chef ist zu mir gekommen und hat ihn mir angeboten. Ich habe erst kurz gezögert und dann ja gesagt. Auf der Messe Bauma 2004 in München, der größten Baumaschinen-Messe der Welt, hatte ich meinen ersten Auftritt. Mit damals 400.000 Besuchern eine gigantische Messe. Und ich dazwischen, durchaus nervös, mit einem 150 Quadratmeter kleinen Stand, um die ganzen Maschinen auszustellen. Und weil ich der einzige im Unternehmen war, der einen ausländischen Pass hatte, wurde ich bald in die ganze Welt geschickt. Nach Las Vegas, Paris und zu den verschiedenen europäischen Städten. Später dann versuchte Sany immer wieder, wenn möglich, den größten Stand auf jeder Messe zu haben.
War es schwierig als jemand, der lange in Deutschland gelebt hat, nun in einem chinesischen Unternehmen zu arbeiten?
Es hat Spaß gemacht, war aber nicht immer einfach. Zwischendurch wurde ich von einem Vorgesetzten, der nicht der hellste war und offensichtlich weniger verdient hat als ich, so schikaniert, dass ich dem Unternehmen den Rücken gekehrt habe. Nach einem halben Jahr haben sie mich zurückgeholt und mich zum Assistant President gemacht, damit mich niemand mehr ärgern konnte.
Und was hat Sie bewogen, dann zu der Investment-Organisation eines deutschen Bundeslandes zu wechseln?
Entscheidend waren der damalige CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers, den ich durch mein Investment-Projekt von Sany kennengelernt hatte und vor allem Petra Wassner, meine spätere Chefin. Sie hat mir ein gutes Angebot gemacht. Denn beide wussten, wie wichtig China für NRW sein könnte. Das war ziemlich fortschrittlich damals. Und so habe ich deren Repräsentanz in Beijing aufgebaut.
Und was hat Sie dort nach langer Zeit in Deutschland am meisten überrascht?
Mir fiel auf, wie schnell die Chinesen geworden waren. Eine Geschäftsreise wurde manchmal von einer Stunde auf die andere entschieden. Sie sind nun sehr ehrgeizig und legen Wert auf Bildung, Geld und Karriere. Und manche sind maßlos. Sie verzehnfachen die Verkaufszahlen für das kommende Jahr einfach, obwohl sie wussten, das sind unrealistische Ziele und schauen dann mal, wo man rauskommt. Die Menschen wechseln unglaublich schnell ihre Jobs. Und ihren Erfolg zeigen sie sofort durch Kleidung, Schmuck und Autos. Die Deutschen sind bescheidener und sparsamer.
Wie lange sind bei diesem Tempo chinesische Unternehmen überhaupt noch an deutschen Unternehmen interessiert?
Die Welt wird multipolar bleiben. Kein Land kann alles allein und ist überall spitze – auch China nicht. Im Maschinenbau und anderen Spitzentechnologien ist Deutschland immer noch führend. Auch wenn China weiter aufholt, gibt es für Deutschland immer noch große Spielräume. Und selbst dann wird es noch Spezialgebiete geben, wo die Deutschen besser sind. Deshalb finde ich es schade, dass aufgrund der politischen Konfrontationen durch Sanktionen, die Investitionsvereinbarung zwischen Deutschland und der EU nicht ratifiziert wird. Aber auch so werden wir nicht arbeitslos. Wir haben in den nächsten 20 Jahren noch genug zu tun. Chinesen wollen und müssen weiter stärker im Ausland investieren. Die Investitionen werden sich noch verstärken.
Wie erklären Sie einem chinesischen Investor die uneinigen, sich oft widersprechenden EU-Länder?
Im Allgemeinen wissen die Chinesen über Europa mehr als die Europäer über China. Insofern werden sie nicht von dem verwirrenden Alltag in Europa überrascht. Allerdings wundern sie sich doch darüber. Sie finden den Brexit bedauerlich und sind erstaunt, dass die EU das einfach so hinnimmt. Und sie fragen sich, warum es den Europäern so schwerfällt zu verstehen, dass sie nur gemeinsam stark genug sind.
Ist es nicht ein Vorteil für China, wenn die EU uneinig ist?
Die meisten chinesischen Investoren sehen das nicht so. Für sie ist ein homogener, verlässlicher EU-Markt wichtiger. Und Sie schätzen die EU-Staaten durchaus realistisch ein. Ein chinesischer Minister hat mir einmal gesagt, er unterscheide zwei Kategorien von europäischen Staaten: Die kleinen Staaten und die kleinen Staaten, die glauben, sie wären groß. Das ist zwar nicht die ganze Wahrheit, aber für mich wäre ein einheitliches Europa enorm wichtig!
An diese Rede wird Bill Clinton sicherlich nicht gern erinnert. Es war im März 1999. Vor beiden Häusern des US-Kongresses warb der damalige US-Präsident für den Beitritt Chinas zur Welthandelsorganisation (WTO). Die Welt werde nicht mehr die gleiche sein, versprach er. Das bevölkerungsreichste Land der Welt würde seine Märkte öffnen. Und die US-Amerikaner mit ihrem Weizen und Mais, den Hollywood-Filmen, Fords und GMs sind ganz vorne dabei. Mit mehr Freihandel würde es zudem ein freieres China geben, gab sich Clinton zuversichtlich. Doch es kam anders.
In diesen Tagen jährt sich Chinas Beitritt zur WTO zum 20. Mal. Das kommunistische Regime regiert weiter mit harter Hand. Für die USA und auch andere Industrieländer hat sich das Versprechen eines neuen Absatzmarktes zwar erfüllt. Aber China hat weit mehr profitiert. Heute werden mehr als 80 Prozent der weltweit verkauften Kühlschränke in der Volksrepublik hergestellt, 70 Prozent aller Mobiltelefone und jedes zweite Paar Schuhe. War die Handelsbilanz zwischen China und den USA 2003 noch weitgehend ausgeglichen, verzeichnen vor allem die USA im Handel mit China Jahr für Jahr neue Rekorddefizite. Und es sind längst nicht nur Billigprodukte, mit denen China die Welt überschwemmt. Laptops, Flachbildschirme, Drohnen, Elektroautos – allein 2020 hat China weltweit mehr als eine halbe Billion US-Dollar mehr aus- als eingeführt.
“Ja, Chinas WTO-Beitritt war erwartungsgemäß ein Erfolg”, sagt Pascal Lamy. Er war zwischen 1999 und 2004 EU-Handelskommissar und ab 2005 als WTO-Generaldirektor auch nach Chinas Beitritt an den Verhandlungen mit der chinesischen Führung maßgeblich beteiligt. “Die Weltwirtschaft wurde von der Leine gelassen, sagte er am Freitag auf einem Webinar des Berliner China-Thinktanks Merics zum Thema: “Chinas 20. WTO-Jubiläum – Anlass zum Feiern?” China importierte kräftig und modernisierte seine Wirtschaft, schildert Lamy. Verbraucher anderswo profitierten von niedrigeren Preisen, weil China mit einem riesigen Arbeitsheer günstig und in großen Mengen zu produzieren wusste. Für Lamy ist klar: “Ein Gewinn.”
Tatsächlich hatte China zur Jahrtausendwende vor allem zwei Vorteile: Geringe Arbeits- und Umweltschutzbestimmungen und ein riesiges Heer an Arbeitskräften, das bereit war, zu Löhnen zu schuften, die im Westen undenkbar waren. Zugleich schrumpfte die Erde, weil der Transport der Waren kaum noch etwas kostete und das Internet die entferntesten Standorte miteinander verband. Chinas Exporte schossen in die Höhe, ebenso der Lebensstandard. Lebte vor dem WTO-Beitritt noch jeder vierte Chinese unter der Armutsgrenze, sind es heute weniger als zehn Prozent. Ein Drittel der Bevölkerung kann sich ein eigenes Auto leisten, Eigentumswohnung und Weltreisen. Von diesem neuen Wohlstand profitierten auch ausländische Unternehmen. Doch in den Industrieländern selbst schaffte Chinas Beitritt auch viele Verlierer. Insbesondere in den USA, gingen genau jene Industriearbeitsplätze verloren, die sich in China entwickelten.
Aus deutscher Sicht fällt die Bilanz durchwachsen aus. Deutschland selbst ist Exportnation und hat von Chinas Einbindung in den Weltmarkt unter den OECD-Ländern mit am meisten profitiert. EU-Handelskammer-Chef Jörg Wuttke, der für den Chemieriesen BASF seit 2017 Geschäftsführender Generalbevollmächtigter in China ist, schildert beim Merics-Webinar aus Peking zugeschaltet: “Als ich kam, machte BASF in China etwa weniger als zwei Milliarden US-Dollar Umsatz. Jetzt sind wir bei über elf Milliarden. Und wir haben ein 10-Milliarden-Dollar-Projekt im Bau.” Ohne Chinas Beitritt zur WTO wäre all das nicht möglich gewesen.
Dennoch haben sich gewisse Erwartungen auch aus Sicht der deutschen Wirtschaft nicht erfüllt: Als “Katalysator für weitreichende Strukturreformen” sollte die Einbindung wirken und “freies unternehmerisches Handeln in China fördern”, schreibt der Industrieverband BDI in einem jüngst erschienenem Papier. “Diese Hoffnungen wurden weitestgehend enttäuscht.” Worüber sich der BDI vor allem ärgert: Spätestens seit 2016 sollte China als Marktwirtschaft behandelt werden und nicht mehr die Vorteile genießen, die Entwicklungsländern im internationalen Handel zugestanden werden. Das sahen die Beitrittsregelungen explizit vor.
So sehr die WTO-Aufnahme Chinas Wirtschaft beflügelte – frei ist sie bis heute nicht. Vielmehr versteht es China, seine Märkte nur so weit zu öffnen, wie es dem Land Vorteile bringt. Auch die EU-Handelskammer beklagt regelmäßig, dass ausländische Unternehmen in China konsequent benachteiligt werden. “Die weitverbreitete Erwartung, dass sich das Land tatsächlich in eine offene und hauptsächlich marktbasierte Volkswirtschaft entwickelt, wurde nicht erfüllt”, schreibt denn auch der BDI in seinem Papier.
“Die chinesische Regierung versteht es, die Spielräume der WTO-Regeln für sich zu nutzen und tut oft nur das Minimum, um Verpflichtungen nachzukommen.” Außerdem nehme die chinesische Regierung ebenfalls anders als zugesagt, “übermäßig Einfluss auf die Wirtschaftsaktivitäten” etwa durch Preiskontrollen, Beihilfen und Justizbeeinflussung. 99 der 100 größten börsennotierten Unternehmen in China seien weiter mehrheitlich in Staatshand. Auch das sei anders vereinbart gewesen, beschwert sich der BDI.
Die auf dem Merics-Webinar ebenfalls zugeschaltete ehemalige stellvertretende US-Handelsbeauftragte für China, Audrey Winter, versucht aus den gemachten Erfahrungen dennoch Positives zu ziehen. “Wir haben in dieser Zeit viel über China und sein System und seine Schnittstellen zu unseren Systemen gelernt.” Das sei wichtig zu wissen, denn bei Handelsverhandlungen stecke der Teufel immer im Detail. Und weitere Verhandlungen stünden ja an. Eine aus ihrer Sicht wichtige Lektion: “Wir haben gelernt, dass China gar nicht beabsichtigt, eine echte Marktwirtschaft zu werden.”
Diese Woche werden sich mehr als 100 Länder virtuell zum sogenannten Demokratie-Gipfel treffen. Initiator sind die USA. Themen des virtuellen Treffens am 9. und 10. Dezember sind der Kampf gegen autoritäre Herrschaftssysteme, die Bekämpfung von Korruption sowie die Förderung der Menschenrechte. Es ist klar erkennbar, welches Land die Führung in Washington mit einer solchen Agenda vor allem im Blick hat: China.
Dort ist man entsprechend aufgebracht (China.Table berichtete). 30 Jahre nach Ende des Kalten Krieges wolle Amerika wieder die Welt spalten in “wir” und “die”, klagt die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua. “Washington behauptet, mit diesem Treffen wolle man gemeinsame Werte fördern. Wirklich? Jeder mit nüchternem Verstand durchschaut diese List sofort: Die Veranstaltung hat nichts mit der Fortentwicklung der Demokratie zu tun, sondern nur mit der Sicherung der amerikanischen Vormachtstellung in der Welt.”
Doch China belässt es nicht mehr nur bei solcher verbal vorgetragenen Kritik. Es geht in solchen Systemkonflikten zunehmend in die Offensive. Und so präsentierte der Staatsrat der Volksrepublik am vergangenen Samstag ein offizielles Weißbuch mit dem Titel “China: Demokratie, die funktioniert”. In dem Papier wird Chinas eigene Demokratie vorgestellt. Ihr Name: 全过程民主 (quánguòchéng mínzhu), was als “whole-process people’s democracy” übersetzt werden kann. Das ist ein Begriff, den Staatspräsident Xi Jinping erstmals 2019 in Shanghai benutzte. Eine offizielle deutsche Übersetzung ist noch nicht geprägt. Er lässt sich vorläufig vielleicht als “ganzheitlich-prozedurale Demokratie” übersetzen. Xi sagte damals:
“Wir folgen dem Pfad einer sozialistischen, politischen Entwicklung mit chinesischen Eigenschaften und die Volksdemokratie in China ist eine Quánguòchéng Mínzhu. Alle wichtigen legislativen Entscheidungen werden aufgrund von wissenschaftlichen und demokratischen Prozessen getroffen, die in Einklang stehen mit Verfahren und demokratischen Überlegungen.”
“我们走的是一条中国特色社会主义政治发展道路,人民民主是一种全过程的民主,所有的重大立法决策都是依照程序、经过民主酝酿,通过科学决策、民主决策产生的。希望你们再接再厉,为发展中国特色社会主义民主继续作贡献.”
Seither wird whole-process people’s democracy (全过程民主) verwendet für die Idee, dass Chinas Einparteiensystem im Grunde eine einzigartige Anwendung demokratischer Prinzipien sei. Es handelt sich um ein klassisches Beispiel für eine feststehende Phrase, die in der Welt der KP Chinas ihre eigene, festgelegte Bedeutung hat (China.Table berichtete).
Am Samstag bei der Vorstellung des Demokratie-Weißbuches erklärten mehrere Funktionäre der Kommunistischen Partei das Konzept der Quánguòchéng Mínzhu (全过程民主) einer breiten Öffentlichkeit. Es handele sich um ein “neues Modell von Demokratie, das China entwickelt hat”. Die Bewertung jener Demokratie lieferten die KP-Offiziellen gleich mit: Chinas Demokratie sei umfangreicher, authentischer und effektiver als die amerikanische Demokratie.
Tian Peiyan, Vize-Direktor des Policy Research Office des Zentralkomitees der KP China, führte am Samstag in Peking den Kontrast zur US-amerikanischen Demokratie weiter aus: US-Politiker würden willkürliche Versprechen abgeben, nur um gewählt zu werden. Vordergründig akzeptieren sie durch Wahlen eine Kontrolle durch die Bevölkerung, aber in Wirklichkeit hätten die Bürger nach einer Wahl keine Einflussmöglichkeit mehr – und müssten bis zur nächsten Wahl hilflos dem Handeln der Regierung zusehen.
In China ist das dem staatlichen Politologen Tian zufolge anders – und sogar viel besser: “Parteimitglieder und Führer aller Ebenen müssen eine umfassende Kontrolle durch die Partei und die Bevölkerung akzeptieren, um so zu garantieren, dass die Macht, die man von der Bevölkerung erhalten hat, auch zum Wohle des Volkes eingesetzt wird”, erklärte Tian.
Andere chinesische Experten bekräftigen die Vorstellung von der überlegenen chinesischen Demokratie. Zhu Zheng, Professor an der China Universität für Politik- und Rechtswissenschaften, ist überzeugt, das Konzept sei für westliche Beobachter sicherlich schwer zu verstehen, da der Begriff Demokratie im Westen längst nur noch klischee- und schablonenhaft benutzt werde. In einem Beitrag für den chinesischen Fernsehsender CGTN verdeutlicht er die beiden Schwerpunkte der chinesischen Quánguòchéng Mínzhu: Zum einen stünden die Menschen im Mittelpunkt – und das garantiere die Kommunistische Partei seit nunmehr 100 Jahren. Zum anderen liege dem chinesischen System ein kontinuierlicher Prozess zugrunde. Während im Westen die Bürger nur alle vier oder fünf Jahre kurz vor dem nächsten Wahlgang gehört würden, hätten die Menschen in China nicht nur das Recht zu wählen, sondern zudem das Recht, sich in den Entscheidungs- und Regierungsvorgang einzubringen.
Am Ende seines Beitrags offenbart Zhu allerdings noch einen weiteren wichtigen Aspekt hinter dem chinesischen “Demokratie-Modell”: China wolle sich damit vom Westen absetzen. Man strebe damit ein eigenes Narrativ an, um Reformen zu rechtfertigen und durchzusetzen.
Im Grunde besteht der Begriff aus zwei Teilen: Während “whole-process” relativ neu ist und die Beziehung zwischen Bevölkerung und Regierung in einem sozialistischen System mit chinesischen Eigenschaften definiert, wirkt “people’s democracy” wie eine Referenz auf die 人民民主专政 (rénmín mínzhu zhuānzhèng), die “demokratische Diktatur des Volkes” wie sie in der Präambel der Volksrepublik proklamiert wird. In diesem Sinne ist damit gemeint, dass die Kommunistische Partei Chinas den Staat repräsentiert und die Regierung im Namen der Bevölkerung bildet.
Einzug in die internationale Politik fand Quánguòchéng Mínzhu vor einigen Wochen, als Xi Jinping mit seinem US-amerikanischen Amtskollegen Joe Biden telefonierte (China.Table berichtete). Darin versuchte Biden die Auseinandersetzung zwischen China und den USA in einen größeren Zusammenhang zu setzen, in dem er auf den Kampf zwischen Autokratie und Demokratie verwies. Xi widersprach mit dem Hinweis, China sei eine “whole-process democracy”. Demokratie sei keine maßgeschneiderte Sonderanfertigung (定制的产品 dingzhide chanpin), die für alle Länder der Welt passe. Und weiter: Andere Formen von Demokratie auszuschließen, lediglich weil sie anders sind, ist selbst ein undemokratisches Verhalten, zitiert die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua den chinesischen Präsidenten.
Um die Vorteile des chinesischen Systems zu belegen, verweist man in China auf die Erfolge der vergangenen Jahre:
Im Gegensatz dazu stehe die Bilanz der USA. Genannt sind Gewaltkriminalität, massive Drogenprobleme und die marode Infrastruktur des Landes. Auch der Sturm auf das Kapitol am 6. Januar nach der von Donald Trump verlorenen Präsidentenwahl gilt hier als Anzeichen für die Schwäche des US-Systems.
Doch die innere Verfasstheit von den USA und China betreffe längst nicht nur die Bevölkerung im jeweiligen Land, sondern schlage sich auch in der Außenpolitik nieder. China sei derart stabil und gut regiert, dass es mit Programmen wie der “Belt-and-Road”-Initiative immer mehr Ländern der Welt helfen könne. Was sich die USA hingegen in den vergangenen Jahrzehnten außenpolitisch geleistet habe, verdeutlichte vergangene Woche der Sprecher des chinesischen Außenministeriums Wang Wenbin in Peking. “Im Namen der Demokratieförderung verhängt Amerika einseitige Sanktionen, beginnt militärische Interventionen in anderen Ländern, tötet hunderttausende Zivilisten, verletzt und vertreibt Millionen Menschen.”
Die nationalistische Zeitung “Global Times” hat zu diesem Anlass eigens eine Serie über die “wahre Natur der amerikanischen Demokratie” gestartet, in der sie die hegemonialen Sünden der US-Demokratie entlarven will. Kurz zusammengefasst: Krieg, Blutvergießen und Chaos in der Welt.
Angesichts dessen ist für China der von den USA initiierte “Demokratie-Gipfel” nicht mehr als eine Farce. Vize-Außenminister Le Yucheng stellte in einer Rede auf dem kurzfristig organisierten “Dialog über Demokratie” klar, worum es Amerika in Wirklichkeit gehe: Manche Länder benutzen neuerdings Demokratie “als ein politisches Werkzeug für selbstsüchtige Gewinne, sie bilden Blöcke, um Teilung und Konfrontation in die Welt zu bringen”.
Außenamtssprecher Wang verwies in einer Pressekonferenz auf eine wachsende Zahl an Ländern, die die chinesische Sicht teilen würden. Medien in Ägypten, Saudi-Arabien und Israel bezeichneten den Demokratie-Gipfel als amerikanisches Hilfsmittel, um sich in die inneren Angelegenheiten anderer Länder einzumischen und die eigene Hegemonie zu sichern. Besonders gerne führt Peking hierbei auch ein Mitglied der Europäischen Union als Kronzeugen an: Ungarn. “Der ungarische Außenminister Péter Szijjártó hat klargemacht, dass dieser Gipfel die Charakterzüge amerikanischer Innenpolitik trage”, sagte Wang.
Chinas Kritik am “Demokratie-Gipfel” sorgte international für Schlagzeilen. Sie kommt laut und aggressiv daher, ist dabei jedoch vor allem eines: vorhersehbar. Weitaus wichtiger ist der Prozess, den Xi Jinping vor rund zwei Jahren in Gang gesetzt hat und der am Samstag mit der Vorlage eines Weißbuches zur “chinesischen Demokratie” einen vorläufigen Höhepunkt erreichte.
Neudeutsch würde man diesen Vorgang “Wording” oder “Framing” nennen; China geht darum, ein eigenes Narrativ zu schaffen. Das bedeutet: Mit seinem eigenen “Demokratie-Modell” macht sich Peking daran, die westliche Deutungshoheit über den Begriff Demokratie herauszufordern. Die Folgen könnten gravierend sein – und weit über den Gipfel in Washington hinausreichen.
Es sind Steueroasen wie die Cayman Islands, die chinesische Unternehmen nutzen, um ihre wahren Strukturen zu verschleiern. Sie gründen dort Variable Interest Entity (VIE)-Gesellschaften, um im Ausland an die Börsen zu gehen. Alibaba, Baidu, Didi, Tencent – fast alle großen chinesische Technologie-Unternehmen, die an den US-Börsen gelistet sind, greifen zu diesem Konstrukt. Das Ziel? Pekings Beschränkungen zu umgehen, die es erschweren, dass ausländische Investoren in chinesische Tech-Firmen investieren.
Denn eigentlich ist es ausländischen Investoren verboten, sich am Technologiesektor der Volksrepublik zu beteiligen. Peking will in diesem Sektor die Nase vorn haben, um seinen Einfluss weltweit zu vergrößern. Doch durch VIE-Konstrukte werden Investitionen durch Ausländer möglich (China.Table berichtete).
Die Behörden in Peking hatten bei den Technologie-Unternehmen lange weggeschaut, wenn sie Kapital an den US-Börsen eingesammelt haben. Laut Berechnungen von Bloomberg haben 34 chinesische Unternehmen in den ersten sieben Monaten dieses Jahres durch IPOs an den US-Börsen rund 13 Milliarden US-Dollar von Investoren erhalten. Dabei gibt es seit 2018 Bestrebungen, dass chinesische Unternehmen Aktien an den Börsen in Hongkong oder in China platzieren sollen statt im Ausland.
Für Aufruhr sorgte Mitte vergangener Woche die Nachricht, dass die KP ihren Techunternehmen den Börsengang im Ausland komplett untersagen will. Dem widersprach die Pekinger Börsenaufsicht CSRC umgehend und stellte die Meldung schlicht als “Fake News” dar. Auffällig ist, dass die US-Börsenaufsicht einen Tag nach der chinesischen Ankündigung bekannt gab, künftig ausländische Aktiengesellschaften, die in den Vereinigten Staaten notiert sind, von der Börse nehmen zu können, wenn ihre Wirtschaftsprüfer den Auskunftsersuchen der US-Regulierungsbehörden nicht nachkommen.
SEC-Chef Gary Gensler begründete den Schritt damit, dass China und Hongkong nicht mit der US-Bilanzaufsicht Public Company Accounting Oversight Board PCAOB zusammenarbeiten und Inspektionen verweigern. Peking argumentiert, bei einer Zusammenarbeit mit der Bilanzaufsicht drohten sensible Daten chinesischer Unternehmen an ausländische Regierungen oder Wettbewerber zu gelangen.
Die chinesische Börsenaufsicht sah sich noch am Sonntag genötigt, eine eigene Erklärung auf ihrer Webseite zu veröffentlichen. Sie ist als Reaktion auf Medienberichte zu verstehen, dass China plane, Unternehmen den Börsengang an ausländische Aktienmärkte durch Variable Interest Entities (VIEs) zu verbieten.
Die chinesische Börsenaufsicht kritisiert die USA darin: Obwohl “effektive Wege der Zusammenarbeit durch Pilotinspektionen” zustande gekommen seien, hätten “einige Kräfte in der US-Politik die Kapitalmarktregulierung in den letzten Jahren politisiert, um die in den USA notierten chinesischen Unternehmen grundlos zu unterdrücken und zum Delisting zu zwingen”.
Seit Monaten erhitzt das Problem um die VIEs die Gemüter bei den ausländischen Investoren, die in chinesische Unternehmen wie Alibaba, Tencent, Didi oder Baidu investiert haben. Sie fühlen sich betrogen. Denn VIEs sind eigentlich nur Unternehmenshüllen, die keinen Wert haben.
“Diese Briefkastenfirmen (…) beschaffen Kapital an US-Börsen, aber sie übertragen nicht das Eigentum von der Betreibergesellschaft an amerikanische Investoren”, schrieb US-Börsenaufsicht-Chef Gary Gensler im September in einem Leitartikel im Wall Street Journal. Die Anleger sind nicht geschützt und halten auch keine Anteile an den Firmen in China. Immerhin hatte die SEC vor einiger Zeit reagiert und im September die Hürden für chinesische Börsengänge in den USA erhöht. Erst wenn neue Offenlegungspflichten in Kraft getreten sind, die es den Anlegern erlauben, die Risiken der VIE-Strukturen zu erkennen, sollen chinesische Unternehmen für Börsengänge in den USA zugelassen werden.
Nach dem Bilanzskandal der chinesischen Kaffeehauskette Luckin 2020, die an der US-Technologiebörse Nasdaq gelistet war, hatte der ehemalige US-Präsident Donald Trump die Offenlegungspflichten für börsennotierte Unternehmen aus dem Ausland noch verschärft. Vor dem Hintergrund des Handelsstreits, den Trump mit der Volksrepublik führte, zielen die Offenlegungspflichten vor allem auf chinesische Unternehmen ab.
Allerdings gilt bis zur Umsetzung der neuen Regulierung eine drei Jahre lange Übergangsfrist, weshalb Experten den Zahlen von chinesischen Unternehmen nach wie vor nicht trauen.
Für Pekings schnelles Umdenken bei ausländischen Listings ist auch der Fahrdienstanbieter Didi verantwortlich. Das Unternehmen hatte noch im Juni sein Börsendebüt in New York entgegen der Bedenken der chinesischen Behörden durchgedrückt (China.Table berichtete). Seitdem wird gegen Didi wegen Datenmissbrauch ermittelt und zuletzt hatte Peking angekündigt, Teile des Unternehmens unter staatliche Kontrolle bringen zu wollen.
Am Donnerstag vergangener Woche kündigte Didi Chuxing an, sich von der Wall Street zurückziehen zu wollen (China.Table berichtete). Stattdessen wolle man bis März ein Börsendebüt in Hongkong voranbringen. “Chinesische Hinterlegungsscheine (ADS) werden mit steigenden regulatorischen Herausforderungen von US-amerikanischen wie auch chinesischen Behörden konfrontiert”, sagte Fondsmanager Wang Qi von MegaTrust Investment. Er ist der Meinung, dass ein Delisting alles einfacher mache.”
Didi hatte bei seinem IPO an der Wall Street 4,4 Milliarden US-Dollar eingesammelt. Das war der zweitgrößte Börsengang eines chinesischen Konzerns in den USA seit der Neuemission des E-Commerce-Giganten Alibaba im Jahr 2014. Doch seitdem sind Didi-Titel in den USA um 44 Prozent gefallen.
Peking maßregelt bereits seit mehr als einem Jahr seine Technologieunternehmen. Ihnen wird Monopolmissbrauch, Nichteinhaltung von Arbeitnehmerschutzregeln, aber auch schlechter Einfluss auf die Jugendlichen im Land und Verstößen gegen Verbraucherrechte vorgeworfen. Firmen wie Didi mussten nicht nur Strafgelder bezahlen, sondern auch schmerzliche Wertverluste hinnehmen. So ist Didis Börsenwert um 42 Milliarden US-Dollar eingebrochen, nachdem die Cyberaufsichtsbehörde der App verboten hatte neue Nutzer zu registrieren.
Doch Didis erzwungener Abgang von der New York Börse steht nur als Beispiel für viele andere Unternehmen, die noch folgen werden. Und es geht Peking vor allem um die Daten, die diese Unternehmen in den Boomjahren von ihren Nutzern gesammelt haben. Bereits im Juli teilte die Cyberspace-Behörde CAC mit, dass jedes Unternehmen, das einen Börsengang im Ausland plane und mehr als eine Million Nutzer habe, eine Genehmigung beantragen müsse.
Washingtons neuster Schritt spielt Peking dabei in die Hände – denn nun kann die Regierung die Maßnahmen unter dem Vorwand des Datenschutzes begründen und sich zudem als Kämpfer für eine “gesündere und nachhaltigere Entwicklung der Plattformökonomie” darstellen.
Die USA werden keine diplomatischen oder offiziellen Vertreter zu den Olympischen Winterspielen in Peking schicken. Washington verzichtet auf die Entsendung einer diplomatischen Delegation “angesichts des anhaltenden Völkermords und der Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Xinjiang”, erklärte die Pressesprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, am Montag. Die Sportlerinnen und Sportler nehmen aber wie geplant an den Spielen teil, betonte Psaki. “Wir werden die Athleten von zu Hause aus unterstützen”, so die Sprecherin. Angesichts der Lage in Xinjiang könne jedoch nicht “business as usual” stattfinden.
Die USA werden auch künftig auf die Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang hinweisen, kündigte Psaki an. Der diplomatische Boykott sei nur ein Teil des Engagements für die Region. Auf die Frage, warum die Regierung nicht einen kompletten Boykott vollziehe, antwortete Psaki: “Ich glaube nicht, dass es der richtige Schritt ist, Sportler zu bestrafen.”
China reagierte noch am Montag auf die Entscheidung Bidens. Die Botschaft in Washington nannte sie einen “politischen Winkelzug” ohne jeden Einfluss auf den Erfolg der Spiele. “Es wurde ohnehin keine Einladung an US-Politiker ausgesprochen, deshalb ist dieser sogenannte diplomatische Boykott null und nichtig”, so ein Botschaftssprecher in einer E-Mail an die Nachrichtenagentur Reuters. Es handele sich um eine “Verzerrung des olympischen Geistes”.
Zuvor hatte Peking den USA zuvor für den Fall eines Olympia-Boykotts mit einem Bruch von Handelsbeziehungen gedroht. Die Regierung in Peking werde dann “Gegenmaßnahmen” ergreifen, erklärte das chinesische Außenministerium am Montag vor der US-Entscheidung. “Wenn die USA darauf bestehen, absichtlich an ihrem Kurs festzuhalten, wird China entschlossen gegensteuern”, sagte ein Sprecher des Außenministeriums. Diejenigen, die zu einem Fernbleiben aufriefen, sollten damit aufhören, “um den Dialog und die Zusammenarbeit zwischen China und den USA in wichtigen Bereichen nicht zu beeinträchtigen”.
Die USA hatten das Internationale Olympische Komitee (IOC) dazu aufgefordert, die Olympischen Winterspiele im Februar 2022 wegen Missachtung von Menschenrechten in China zu verschieben. Auch in weiteren Staaten gab es bisher Aufrufe, die Spiele zu boykottieren. Litauen hatte bereits angedeutet, keine Offiziellen entsenden zu wollen. Der Schritt wäre angesichts der derzeitigen Spannungen jedoch auch nur wenig überraschend.
Auch die künftige deutsche Außenministerin zeigte sich einem diplomatischen Olympia-Boykott gegenüber China.Table nicht abgeneigt (China.Table). Annalena Baerbock hatte zudem angekündigt, ihre Politik stärker mit traditionellen Verbündeten wie den USA oder den EU-Nachbarn koordinieren zu wollen. Am Montag bekräftigte Baerbock noch einmal ihre Haltung, Deutschland im Systemwettbewerb mit China zu sehen und daraus Konsequenzen ziehen zu wollen. “Neben Kooperation sind wir aber auch Wettbewerber, wenn wir uns die zentralen wirtschaftspolitischen Themen unserer Zeit anschauen”, sagte die Grünen-Politikerin bei einem Parteitreffen zum Koalitionsvertrag. Sie befürworte eine gemeinsame EU-Politik gegenüber China. ari/rtr/fin
Die Europäische Union hat ihre Sanktionen gegen vier chinesische Beamte und eine Organisation wegen Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang verlängert. Die Strafmaßnahmen gelten nun bis Ende Dezember 2022, wie der EU-Rat am Montag mitteilte. Die EU hatte sich im März auf die Sanktionen verständigt, Peking reagierte seinerseits mit Strafmaßnahmen. Seither liegt das Investitionsabkommen CAI auf Eis.
Die EU-Sanktionen treffen Zhu Hailun, den ehemaligen stellvertretenden Vorsitzenden der KPCh in Xinjiang, sowie Wang Junzheng, Parteisekretär des Xinjiang Produktions- und Aufbaukorps (Xinjiang Production and Construction Corps. XPCC), einer wirtschaftlichen und paramilitärischen Organisationseinheit in Xinjiang, die der Zentralregierung in Peking unterstellt ist. Laut EU ist sie auch für die Verwaltung von Haftzentren zuständig.
Die Strafmaßnahmen richten sich außerdem gegen Wang Mingshan, Mitglied des Ständigen Ausschusses der KPCh Xinjiang und Chen Mingguo, Direktor des Xinjiang Public Security Bureau (PSB), der regionalen Sicherheitsbehörde in der Provinz. Das zu XPCC gehörige PSB ist zudem separat als Organisation mit auf der Sanktionsliste.
Für die Betroffenen gilt ein Einreiseverbot für die EU, außerdem werden ihre Vermögen eingefroren. Zudem dürfen sie keine finanziellen Mittel oder wirtschaftliche Unterstützung aus der Europäischen Union von Organisationen oder Einzelpersonen bekommen. ari
China will mit der Fusion von fünf Unternehmen zu einem staatlichen Logistikkonzern Lieferketten-Probleme besser in den Griff bekommen. Der neue Konzern namens China Logistics Group solle internationale Handelsverbindungen und Frachtdienstleistungen entwickeln und so die globalen Lieferketten organisieren, berichtete der Staatssender CCTV am Montag.
Zusammengeführt worden seien China Railway Materials, China National Materials Storage and Transportation Group, die Shenzhen-Tochter der Huamao International Freight Ltd, China Logistics und die China National Packaging Corporation. Zudem werden sich China Eastern Airlines, COSCO Shipping und China Merchants Group als strategische Partner beteiligen.
Die Corona-Pandemie sorgt seit Monaten für Unterbrechungen und Engpässen bei den globalen Lieferketten (China.Table berichtete). Der neue staatliche Logistikriese ist dem Sender CCTV zufolge in 30 chinesischen Provinzen und allen fünf Kontinenten aktiv. rtr
Trotz der Corona-Pandemie sind die Umsätze von weltweit führenden Rüstungsfirmen gestiegen. Die 100 größten Hersteller setzten insgesamt 531 Milliarden US-Dollar (470 Milliarden Euro) um – ein Plus von 1,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, wie das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri heute bekannt gab. US-Unternehmen führten mit Abstand, dahinter folgen Rüstungsfirmen aus China.
Chinesische Firmen entwickelten sich zu einigen der “fortschrittlichsten Militärtechnologieproduzenten der Welt”, wie Nan Tian, leitender Wissenschaftler bei Sipri, sagte. So kommen die fünf chinesischen Rüstungsfirmen in der Rangliste auf 13 Prozent des Gesamt-Umsatzes. China liegt damit zwar weit hinter den USA (54 Prozent der gesamten Waffenverkäufe), aber noch vor Großbritannien.
Chinesische Firmen verkauften laut Sipri Rüstungsgüter im Wert von schätzungsweise 66,8 Milliarden Dollar – 1,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Die chinesischen Hersteller profitierten in den vergangenen Jahren von den militärischen Modernisierungsprogrammen des Landes sowie der Verschmelzung von militärischen und zivilen Projekten, sagte Nan Tian der Nachrichtenagentur AFP.
Insgesamt beliefen sich die Waffenverkäufe der Unternehmen in den Top 100 mit Sitz außerhalb der USA, Chinas, Russland und Europa auf 43,1 Milliarden Dollar – ein Anstieg von 3,4 Prozent im Vergleich zu 2019. Dies entsprach jedoch nur 8,1 Prozent des Gesamtumsatzes der 100 größten Hersteller. niw
China und Afrika wollen ihre Beziehungen auf allen Ebenen ausbauen. Das ist das Ergebnis des achten “Forum on China-Africa Cooperation” (FOCAC), das vergangene Woche in Senegals Hauptstadt Dakar abgehalten wurde. Die Volksrepublik und fast alle Staaten Afrikas – bis auf Eswatini, das diplomatische Beziehungen zu Taiwan unterhält – nahmen teil. Die Zusagen für wirtschaftliche Unterstützung in Höhe von insgesamt 40 Milliarden US-Dollar lagen jedoch deutlich unter den 60 Milliarden US-Dollar, die auf dem letzten FOCAC im Jahr 2018 zugesagt wurden.
Zuletzt waren die chinesisch-afrikanischen Beziehungen negativ beeinträchtig worden: Neben hohen Schulden, die auf afrikanischer Seite durch gemeinsame Infrastrukturprojekte entstanden, verlangsamte auch die Coronapandemie die Zusammenarbeit (China.Table berichtete). Laut dem chinesischen Handelsminister Wang Wentao erholt sich die Kooperation jedoch. China habe in den ersten neun Monaten dieses Jahres 2,5 Milliarden US-Dollar in Afrika investiert, so Wang.
Chinas Präsident Xi Jinping hatte die Konferenz mit einer Videobotschaft eröffnet. Dabei kündigte Xi unter anderem an, Afrika im Kampf gegen Covid-19 mit einer Milliarde Impfdosen aus China unterstützen zu wollen. Von diesen sollen 600.000 kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Darüber hinaus sollen Direktinvestitionen chinesischer Unternehmen auf mehr als zehn Milliarden US-Dollar angehoben werden, um die Wirtschaft Afrikas nach der Pandemie bei der Industrialisierung zu unterstützen.
Chinas Direktinvestitionen in Afrika stiegen bis Ende des Jahres 2020 auf einen Wert von mehr als 56 Milliarden US-Dollar an, erklärte Wirtschaftswissenschaftler Robert Kappel anlässlich des FOCAC in China.Table. Das Forum wurde im Jahr 2000 gegründet und findet alle drei Jahre abwechselnd in China und auf dem afrikanischen Kontinent statt. Seit Beginn sind 53 afrikanische Staaten Teil des Kooperationsforums. niw
Brüssel muss die Vorlage des geplanten EU-Lieferkettengesetzes erneut verschieben. Wie es in EU-Kreisen heißt, hat der Ausschuss für Regulierungskontrolle erneut Einwände gegen das Vorhaben geltend gemacht. Der Vorschlag könnte sich demnach sogar bis Februar oder März 2022 verzögern. Auf der aktualisierten Agenda der EU-Kommission taucht der zuletzt für den 8. Dezember terminierte Vorschlag nicht mehr auf. In Kreisen der Behörde hieß es, es werde weiter unter Hochdruck an dem Gesetz gearbeitet. Allerdings gehe “Qualität über Geschwindigkeit”.
Das EU-Lieferkettengesetz soll weiter gehen als das deutsche Gesetz, das im Januar 2023 in Kraft tritt. Unternehmen müssten dann bei sämtlichen Zulieferern kontrollieren, ob sie die Bedingungen einhalten. In der Industrie gibt es erhebliche Vorbehalte gegen ein Gesetz, das den Unternehmen derartig weitreichende Sorgfaltspflichten für die sozialen und ökologischen Bedingungen bei ihren Lieferanten aufbürden könnte. Besonders umstritten sind die Fragen der Klagemöglichkeiten Betroffener in Drittstaaten und die Haftung des Managements. Auch gibt es von Unternehmensseite her Zweifel an der Umsetzung der Vorgaben in der Praxis. Das gilt vor allem in Regionen wie Xinjiang, wo praktisch keine unabhängigen Audits mehr möglich sind.
Das Regulatory Scrutiny Board, ein Gremium aus Kommissionsbeamten und externen Experten, hatte bereits im Frühsommer einen ersten Entwurf von Justizkommissar Didier Reynders wegen Mängeln zurückgewiesen. Seitdem ist Industriekommissar Thierry Breton für das Thema mitverantwortlich. tho/chw
Bytedance, die Muttergesellschaft der beliebten Social-Media-Plattform Tiktok, hat eine nicht ganz so geheime Geheimwaffe. Ihre leistungsstarken Algorithmen sind in der Lage, die Vorlieben der Nutzer genau vorherzusagen und ihnen Inhalte zu empfehlen, die sie tatsächlich sehen wollen. Das verlängert die Verweildauer an den Bildschirmen erheblich. Aber Bytedance muss auf den Einsatz dieser Waffe vielleicht bald verzichten – oder zumindest ihre Klinge stumpfen.
Die Betreiber von Internetplattformen in China sehen sich mit einer Reihe neuer Datenvorschriften konfrontiert, die die Nutzung von Empfehlungsalgorithmen einschränken könnten. Das Gesetz zum Schutz persönlicher Daten, das Anfang November in Kraft getreten ist, schreibt den Plattformen vor, dass sie ihren Nutzern die Möglichkeit geben müssen, personalisierte Inhalte und gezielte Werbung abzulehnen.
Doch China könnte bald noch viel weitergehen. Die chinesische Internetaufsichtsbehörde, die Cyberspace Administration of China (CAC), hat vor kurzem einen neuen Richtlinienentwurf veröffentlicht, der eine Reihe von Beschränkungen für die Erhebung und Verarbeitung von Daten und deren grenzüberschreitende Übertragung vorsieht. Insbesondere müssen Apps die ausdrückliche Zustimmung der Nutzer einholen, bevor sie Daten sammeln oder verwenden, um personalisierte Empfehlungen auszusprechen. Mit anderen Worten: Der Einzelne muss sich für die Personalisierung entscheiden, anstatt dagegen, wie es derzeit der Fall ist.
Diese Politik könnte dazu beitragen, die Geschäftsmodelle von Online-Plattformen wie Douyin (die in China verwendete Version von Tiktok) und Taobao (eine Online-Einkaufsplattform der Alibaba-Gruppe) zu untergraben. Das kann wiederum weitreichende Auswirkungen auf künftige Innovationen im chinesischen Technologiesektor haben. Der Grund ist einfach: Wenn sie gefragt werden, entscheiden möglicherweise viele Nutzer, dass die personalisierten Empfehlungen es nicht wert sind, ihre Privatsphäre aufzugeben.
Nachfragen macht den Unterschied. Als Apple die Option, das Tracking durch Apps abzulehnen, in seinen komplizierten Datenschutzeinstellungen verbarg, nahmen sich nur 25 Prozent der Nutzer die Zeit, sie zu finden und abzulehnen. Als das Unternehmen jedoch anfing, iPhone-Nutzer aufzufordern, das Tracking abzulehnen, nahmen 84 Prozent diese Möglichkeit wahr.
Die neue Opt-out-Politik von Apple, die das Unternehmen im April letzten Jahres für sein iPhone iOS eingeführt hat, ist für US-Tech-Unternehmen wie Facebook, deren Geschäftsmodelle auf der Sammlung von Nutzerdaten und dem Verkauf gezielter Werbung beruhen, verheerend. Einer Schätzung zufolge kostet die Änderung der Apple-Politik Facebook, Snapchat, Twitter und Youtube in der zweiten Hälfte des Jahres 2021 zusammen fast zehn Milliarden US-Dollar an Einnahmen – oder zwölf Prozent ihrer Gesamteinnahmen. Online-Werber, die nun viel mehr bezahlen müssen, um potenzielle Kunden zu erreichen, geraten in Panik.
Dies ist ein bedrohliches Zeichen für Chinas Technologieunternehmen – nicht zuletzt, weil der Entwurf der CAC-Datenverordnung weit über die neue Regel von Apple hinausgeht. Während Apple verlangt, dass Apps eine Erlaubnis einholen, bevor sie die Daten eines Nutzers an Dritte weitergeben, würden die neuen chinesischen Maßnahmen verlangen, dass Apps das Einverständnis des Nutzers einholen, um die Daten selbst zu verwenden.
Die von China vorgeschlagene Zustimmungspflicht scheint auch strenger zu sein als die Allgemeine Datenschutzverordnung der Europäischen Union – derzeit eine der strengsten Datenschutzvorschriften der Welt. Während die DSGVO von den Plattformen verlangt, dass sie die Zustimmung der Nutzer einholen, bevor sie Daten sammeln und verarbeiten, ist für die Aktivierung von Empfehlungsdiensten keine spezifische Zustimmung erforderlich.
Chinesischen Plattformen werden sich mit ziemlicher Sicherheit bei der Regierung dafür werben, dass die Verordnung nicht umgesetzt wird. Sollte Peking sich weigern, auf sie zu hören, werden sie wahrscheinlich versuchen, die Vorschrift zu umgehen, indem sie die Funktionen ihrer Apps umgestalten, was allerdings Zeit in Anspruch nehmen und ernsthafte Risiken mit sich bringen wird.
Doch für die CAC sind die Schwierigkeiten privater Technologieunternehmen möglicherweise nicht von Belang. Es ist zwar unmöglich, genau zu sagen, was in die Kosten-Nutzen-Analyse der vorgeschlagenen Opt-in-Anforderung eingeflossen ist, aber es scheint klar zu sein, dass die Förderung des Unternehmenswachstums und der technologischen Innovation nicht zum Mandat der CAC gehört. Was aber will sie dann?
Als eine der interventionistischsten Regierungsstellen des Landes untersteht die CAC der Zentralen Kommission für Cyberspace-Angelegenheiten unter dem Vorsitz von Präsident Xi Jinping. Seit 2013 wurde ihre Kompetenz erheblich erweitert, unter anderem durch die Übernahme anderer Cybersicherheitsbehörden.
Im Juli sorgte die CAC für Schlagzeilen, als sie den Mitfahrdienstanbieter Didi Chuxing nur zwei Tage nach dessen Börsengang in New York mit einer Cybersicherheitsprüfung überraschte (China.Table berichtete). In der Folge ordnete die CAC Cybersecurity-Checks für alle datenintensiven Tech-Unternehmen an, die eine Notierung im Ausland planen, und etablierte sich damit als Gatekeeper für die Kapitalbeschaffung im Ausland.
Da Daten das Lebenselixier der Plattformökonomie sind, hat die CAC erheblichen Spielraum, um ihren bürokratischen Zuständigkeitsbereich zu erweitern. Und wenn der neue Verordnungsentwurf ein Hinweis darauf ist, plant sie, genau das zu tun. Sie will die Mauern um die “Gärten” der Internetplattformen einreißen und gegen andere unfaire Preisbildungspraktiken vorgehen. Algorithmen können beispielsweise bestimmen, welche Preise für bestimmte Produkte auf Online-Plattformen angezeigt werden. Je nach Nachfrage und User können sie kurzfristig in die Höhe schießen, was einer algorithmischen Preisdiskriminierung gleichkommt.
Ermutigt durch den Vorstoß der Regierung, die Tech-Giganten zu zügeln, hat die CAC große regulatorische Ambitionen. In den kommenden Jahren werden ihre Bemühungen, diese zu verwirklichen, eine wichtige Rolle dabei spielen, die Entwicklung von Plattformunternehmen – und technologischen Innovationen – in China zu bestimmen.
Angela Huyue Zhang, Juraprofessorin, ist Direktorin des Zentrums für chinesisches Recht an der Universität von Hongkong. Sie ist Autorin von Chinese Antitrust Exceptionalism: How the Rise of China Challenges Global Regulation. Aus dem Englischen von Eva Göllner.
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