die Olympischen Winterspiele in Peking befinden sich auf der Zielgeraden. Am Sonntag findet im “Vogelnest” die große Abschlussfeier statt. Ob die Gastgeber und das IOC auch ein bisschen froh sind, dass die Spiele nun enden? Peking und das Olympische Komitee standen in den letzten beiden Wochen im Fokus der Kritik.
Jetzt haben Menschenrechtler und die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) – immerhin eine Sonderorganisation der UN – noch einmal kritisch nachgefragt, wie es um die Lage der Menschenrechte in Xinjiang bestellt ist, wie Marcel Grzanna schreibt. Dabei stand auch erneut die Frage im Raum, ob der IOC-Ausrüster Anta tatsächlich auf Zwangsarbeit verzichtet.
Derweil steuern seit Mitte Januar Frachtflüge aus dem Westen Xinjiangs Flughäfen in Budapest und Lüttich an. Wir können nur hoffen, dass die Aufmerksamkeit der internationalen Öffentlichkeit für die wichtigen Fragen der Menschenrechte nicht mit dem olympischen Scheinwerferlicht verschwindet. Wir werden selbstverständlich weiter am Ball bleiben.
Die Thematik Xinjiang ist auch bei Volkswagen keine Unbekannte. Stand der Konzern doch wegen einer Fabrik in der Uiguren-Region in der Kritik. Derzeit plagen den Autobauer allerdings andere Sorgen: Die Umsätze in der Volksrepublik schwächeln, der Absatz von E-Autos bleibt hinter den eigenen Erwartungen zurück. War Volkswagen einst absoluter Marktführer, hat die Konkurrenz, vor allem jene aus China selbst, massiv aufgeholt, berichtet Frank Sieren. Volkswagen zeigt sich optimistisch, die Kunden in China doch noch von den eigenen E-Autos überzeugen zu können. Aber was bleibt den Unternehmenslenkern auch anderes übrig, als gute Stimmung zu beschwören? Unser Korrespondent vor Ort ist weit weniger optimistisch.
Human Rights Watch (HRW) und die Coalition to End Forced Labour in the Uyghur Region (EUFL) werfen dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) mangelnde Transparenz vor. Der Verband schaffe keine endgültige Gewissheit, ob die Kleidung seines chinesischen Ausrüsters Anta tatsächlich ohne den Einsatz von Zwangsarbeit uigurischer Arbeiter in Xinjiang hergestellt wird. Die Vorwürfe folgen auf das unrühmliche Verhalten des IOC im Fall der Tennisspielerin Peng Shuai (China.Table berichtete).
Seit Monaten drängen EUFL und HRW darauf, das IOC möge detailliert darstellen, wie es die Lieferkette von Anta geprüft habe. Das IOC reagierte im Januar mit einer Stellungnahme. Die Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte würden eingehalten. Nach entsprechenden Kontrollen durch Dritte sei das IOC zu diesem Fazit gekommen. Verantwortlich für die Kontrollen seien unabhängige Audit-Institutionen, die für ihre Prüfung den direkten Kontakt mit den Arbeitern gesucht hätten, hieß es. Das Ergebnis: Alles sauber. Anta verwende nicht einmal Baumwolle in der Kleidung, mit der die IOC-Mitglieder ausgestattet werden.
Die Menschenrechtsorganisationen geben sich damit nicht zufrieden und haken weiter nach. Die IOC-Stellungnahme enthalte erhebliche Lücken. Den Ergebnissen der Prüfung mangele es an Transparenz und an einer Analyse der Beschaffungspraktiken von Zulieferern, kritisierten sie. Das IOC hat bislang nicht auf die Forderung nach einer Nachbesserung reagiert.
Seit 2019 und noch bis Ende des Jahres ist Anta der offizielle IOC-Ausrüster. Schon bei den Sommerspielen 2021 in Tokio trugen die Funktionäre dessen Logo auf der Brust. Doch erst mit den Winterspielen in Peking hat sich das IOC zu seiner Sorgfaltspflicht im Rahmen der UN-Leitprinzipien bekannt.
Die Forderung, die vorhandenen Informationslücken zu schließen, folgte zeitnah zur Veröffentlichung des jüngsten Berichts der International Labour Organization (ILO) der Vereinten Nationen. Deren Expertenkommission hatte Ende vergangener Woche die Lage in Xinjiang scharf kritisiert und die chinesische Regierung aufgefordert, die Arbeitsbedingungen in der Region internationalen Standards anzugleichen.
“Der Ausschuss drückt seine tiefe Besorgnis über die politischen Direktiven aus, die in zahlreichen nationalen und regionalen regulatorischen Dokumenten zum Ausdruck gebracht wird”, heißt es in dem ILO-Bericht. 2020 hatte ein internationales Konsortium von Journalisten im Rahmen der China Cables unter anderem belegt, dass Zwangsarbeit als eine von zahlreichen Maßnahmen zur Sinisierung der uigurischen Bevölkerungsminderheit von den Behörden angeordnet worden ist. Peking hatte die Vorwürfe zurückgewiesen.
Der ILO-Bericht sorgte erwartungsgemäß für kontroverse Reaktionen. Die USA, die den Import von Produkten aus Xinjiang verboten haben, begrüßten den Inhalt des Berichts und forderten China dazu auf, die Zustände zu beheben. Die chinesische Vertretung am Sitz der UN-Menschenrechtskommission in Genf dagegen twitterte: “Als ILO-Mitgliedsstaat ist die chinesische Regierung fest entschlossen, den uneingeschränkten Zugang zu produktiver und frei gewählter Beschäftigung und menschenwürdiger Arbeit für alle ethnischen Minderheiten Chinas, einschließlich der Uiguren in Xinjiang, zu respektieren, zu fördern und zu verwirklichen.”
In ihrem Bericht greift die ILO-Expertenkommission im Wesentlichen zahlreiche Vorwürfe des Internationalen Gewerkschaftsbundes (IGB) der vergangenen beiden Jahre auf. Demnach verletze die Volksrepublik die internationalen Konventionen durch ein “weit verbreitetes und systematisches” Zwangsarbeitsprogramm. Betroffen seien Uiguren, türkische und andere muslimische Minderheiten. Sie würden “unter Verletzung des Rechts auf freie Wahl der Beschäftigung nach Artikel 1 Absatz 2 des Übereinkommens Nr. 122” für landwirtschaftliche und industrielle Aktivitäten in der gesamten Autonomen Region Xinjiang eingesetzt.
Der IGB geht davon aus, dass vor allem die Insassen der Internierungslager in Xinjiang betroffen sind. Seiner Schätzung nach sind dort bis zu 1,8 Millionen Menschen untergebracht. Das sind noch einmal deutlich mehr als die oftmals zitierten eine Million inhaftierten Uiguren. Indikator für die große Zahl sind die wachsenden Ausmaße der Lager. Der IGB hat 39 davon ausgemacht, deren Flächen sich seit 2017 verdreifacht haben.
Doch nicht nur in Xinjiang arbeiten Uiguren unter Zwang. Mindestens 80.000 Mitglieder ethnischer Minderheiten aus der Region wurden laut ILO-Report nach Ost- oder Zentralchina verfrachtet, um dort in Fabriken zu arbeiten. Der Internationale Gewerkschaftsbund geht davon aus, dass den Arbeiter:innen keine Wahl gelassen wird, ob sie ihre Heimat verlassen wollen. Stattdessen würde ihnen und ihren Familien mit Haft gedroht. Zwangsarbeiter:innen stünden zudem unter ständiger Beobachtung, dürften sich nicht frei bewegen und würden mit praktisch unerfüllbare Produktionsquoten unter Druck gesetzt. Dort, wo Löhne gezahlt würden, zögen die Arbeitgeber den allergrößten Teil für Gegenleistungen wie Unterbringung, Verköstigung oder Versicherungen wieder ab.
Der ILO-Report ist Beleg für die steigende Wachsamkeit der Vereinten Nationen zu den Vorgängen in Xinjiang. Die Europäische Union will ihrerseits mit einem Lieferkettengesetz die Zwangsarbeit bekämpfen, tut dies aber nur halbherzig. Ausgerechnet in dieser sensiblen Zeit haben zwei europäische Flughäfen Direktflüge mit der autonomen Region im Nordwesten Chinas aufgenommen. Seit Mitte Januar fliegen mehrmals wöchentlich Frachtmaschinen aus Kashgar im äußersten Westen Xinjiangs nach Budapest und Lüttich.
Die Inter-Parliamentary Alliance on China im Europaparlament äußert sich entrüstet. “Es ist unvorstellbar, dass Flugzeuge mit Waren aus Xinjiang auf direktem Weg nach Belgien gelangen. Wir sollten alle Anstrengungen unternehmen, um zu verhindern, dass von uigurischer Zwangsarbeit verseuchte Waren in unsere Lieferketten gelangen – und nicht den roten Teppich ausrollen“, sagte der belgische Abgeordnete Samuel Cogolati dem Magazin Politico.
Cogolati, der von chinesischer Seite mit einem Einreiseverbot in die Volksrepublik belegt worden ist, hat bei der EU-Kommission bislang erfolglos nachgefragt, welche Firmen mit den Gütern aus Kashgar versorgt werden.
Für den langjährigen Marktführer VW wird es eng in China. Und das schneller, als mancher in Wolfsburg gedacht hat. Nirgendwo sonst auf der Welt musste der Autohersteller im schwierigen zweiten Corona-Jahr so hohe Einbußen hinnehmen wie ausgerechnet im wichtigsten Wachstumsmarkt, noch dazu dem Mekka der E-Autoindustrie.
Selbsterkenntnis ist jedoch der erste Schritt zur Besserung “Das Jahr 2021 war ohne Zweifel ein sehr schwieriges für den Konzern”, sagt der noch amtierende VW-China-Chef Stephan Wöllenstein. So schwierig, dass er im August durch Ralf Brandstätter ersetzt wird.
Während der chinesische Automarkt im vergangenen Jahr um 3,2 Prozent gewachsen ist, hat der Konzern auf seinem wichtigsten Absatzmarkt 14 Prozent weniger Autos verkauft – so wenig wie seit 2012 nicht mehr. 3,3 Millionen Fahrzeuge hat Volkswagen 2021 in China abgesetzt. Der Anteil der Volkswagen-Marken sank damit auf elf Prozent. In den vergangenen Jahren hatte der Wert stabil zwischen 14 und 15 Prozent gependelt. Damit ist Volkswagen noch immer der Marktführer in China, hat aber deutlich an Marktanteilen verloren. Noch aussagekräftiger ist ein Vergleich mit der Vergangenheit: In Hochzeiten hatte VW in der Volksrepublik einen Marktanteil von 50 Prozent.
So ein Wert war natürlich nicht zu halten. Je mehr Spieler es im Markt gibt, desto schwerer wird es für den einzelnen Hersteller, seinen Anteil zu verteidigen. Also kein Grund zur Aufregung? Doch, denn tatsächlich ist die Entwicklung bei Volkswagen besorgniserregend. Der Wettbewerber und Verfolger auf Platz zwei, der japanische Hersteller Toyota, konnte seinen Marktanteil ausbauen.
Der drittplatzierte Hersteller (und damit der höchstplatzierte chinesische Autobauer), Wuling, konnte seinen Anteil um 1,5 Prozent ausbauen. Er verkauft allerdings Mini-Elektroautos zum Preis von 4.000 Euro. BMW, eher im Premium- als im Volumensegment unterwegs, konnte sogar zwei Prozent zulegen, während Mercedes ein Prozent einbüßte.
In der Volkswagen-Familie hat Skoda sogar noch größere Schwierigkeiten als die Marke VW. Audi hat 3,2 Prozent weniger Fahrzeuge verkauft. Zulegen konnten immerhin Porsche mit einem Absatzplus von acht Prozent und Bentley, dessen Fahrzeuge sich 2021 sogar um 43 Prozent besser verkauften als 2020. Kurz, die Luxusmarken boomen, die Volumenmarken schwächeln. Doch VW will eben in erster Linie eine Massenmarke sein.
Klar ist: Der Vorteil von VW als Pionier auf dem chinesischen Markt trägt nicht mehr. Bereits seit 1984 sind die Deutschen in China aktiv. Damals gründete VW ein Joint-Venture mit dem staatlichen Autobauer SAIC in Shanghai. 1991 kam die Kooperation FAW-Volkswagen hinzu. Mit dem Santana hat VW Anfangs in China eine Art Legende in Weinrot geschaffen, einen Dauerbrenner, ähnlich prägend wie der Käfer in Deutschland. Sieben Millionen Exemplare des bei uns kaum bekannten Modells hat VW seit Mitte der 1980er-Jahre in der Volksrepublik verkauft. Jetzt plant das Joint-Venture SAIC Volkswagen Automotive das endgültige Produktionsende der Modellreihe. Das Interesse seitens der chinesischen Kunden habe deutlich nachgelassen, heißt es aus Firmenkreisen.
Der Erfolg des Santana und das schnelle Wachstum galten zunächst als spektakuläre Erfolge. VW verkauft heute jedes dritte seiner Autos in China und verdient pro Fahrzeug noch mehr als anderswo. Gut fünf Millionen seiner weltweit zehn Millionen Autos werden hier pro Jahr produziert. Viele Fahrzeuge werden exportiert. Der Erfolg wird nun jedoch auch zur Belastung. Wenn es in China also nicht mehr rund läuft, wackelt der ganze Konzern. Mehr als 40 Prozent der Einnahmen kommen aus China.
Der entscheidende Markt sind nun die E-Autos. 2021 wurden in China 3,3 Millionen Autos mit neuen Antriebsformen (NEVs) verkauft. E-Autos machen bereits 21 Prozent der Neuzulassungen aus. 2019 waren es noch sechs Prozent. Der E-Markt ist ein weitgehend chinesisches Spiel: Im vergangenen Jahr findet sich unter den ersten zehn Herstellern kein einziger europäischer. Und mit Tesla nur ein einziger westlicher Autobauer. Wer mitspielen will, braucht aber ein wettbewerbsfähiges E-Auto. Und das ist das Problem.
Bei den E-Autos hatte VW sich vorgenommen, in China im Jahr 80.000 bis 100.000 Fahrzeuge seiner ID.-Serie zu verkaufen. Dieses Ziel habe man mit einem Absatz von “etwas mehr als 70.000” nicht erreichen können. Zum Vergleich: E-Auto-Platzhirsch Tesla verkaufte allein im vergangenen Dezember mehr. Der chinesische Marktführer SAIC aus Shanghai verkaufte zehnmal mehr E-Autos als VW. Tesla auf Platz 2 immerhin noch 430.000 und der südchinesische Hersteller BYD 320.000. “Bei den Elektroautos der ID.-Familie lief es sehr gut bis in den September, bis dahin haben wir unsere Verkäufe monatlich quasi verdoppelt”, verteidigt sich Wöllenstein im Interview mit der Wirtschaftswoche. “Aber ab dem vierten Quartal waren dann auch die ID.s von Halbleiterengpässen und Covid-19-bedingten Werksschließungen betroffen. Sonst wären wir bei den Elektroautos sicher unter den Top 5”, glaubt Wöllenstein.
Das klingt erstmal überzeugend. Dann fragt man sich jedoch, warum viele andere Hersteller offensichtlich nicht unter Knappheit an Chips gelitten haben. Immerhin ist der E-Auto-Markt 2021 in China um mehr als 150 Prozent gewachsen, während er weltweit nur um knapp 70 Prozent zulegen konnte. Besonders bitter für VW ist der Start eines neuen Wettbewerbers: Der Kompakt-SUV Dolphin von BYD kam erst im vergangenen August auf den Markt. Bis Ende des Jahres hat BYD 29.600 Exemplare verkauft. Während der ID.4 nur auf 23.200 Stück kommt. BYD ist ein kompletter Neuling in dem Segment. Bisher wurden dort nur Limousinen und SUV hergestellt, nun zum ersten Mal ein kleiner Stadtflitzer.
Das Auto sieht jedoch mindestens so gut aus wie der ID.4, manche sagen sogar besser – was nicht erstaunlich ist, wurde es doch von Wolfgang Egger entwickelt, dem ehemaligen Design-Chef von Audi. Der ID.4 ist zudem mit 200.000 Yuan (umgerechnet 28.500 Euro) doppelt so teuer wie der Dolphin. Und selbst der ID.3, der Ende vergangenen Jahres auf den Markt gekommen ist, kostet noch 50 Prozent mehr. Nun mag ein VW-Ingenieur genau erklären können, warum der ID.4 qualitativ besser sein soll. Doch sollte das tatsächlich der Fall sein, ist der Kunde tatsächlich bereit, für versteckte Unterschiede 50 beziehungsweise 100 Prozent mehr zu zahlen? Offensichtlich nicht.
Erschwerend kommt hinzu: Bei der Batterie, die aus dem eigenen Haus kommt, ist BYD besser. Der norwegische Automobilclub NAF hat jüngst die Batterien von E-Autos bei eisigen Temperaturen getestet. Von den 31 überprüften Fahrzeugen schnitt ausgerechnet das chinesische Modell Tang von BYD aus dem subtropischen Shenzhen am besten ab. Die Fahrzeuge der Volkswagen-Familie zeigten hingegen Schwächen. Der sportliche ID.4 GTX verlor rund 24 Prozent an Reichweite, während der kleinere ID.3 Pro S 20 Prozent und der schwächere ID.4 Pro gut 14 Prozent nachließen. Die höchsten Verluste in der Kälte verbuchte der Skoda Enyaq iV80, der knapp 32 Prozent seiner Norm-Reichweite verlor. Bei BYD waren es hingegen nur 11 Prozent.
Auch bei der Digitalisierung schwächelt VW in China. Für den Preis des ID.4 ist es bei chinesischen Marken heute üblich, ein Elektro-SUV zu bekommen, das alleine einparkt. Für VW hingegen ist die stabile Implementierung von drahtlosen Updates noch eine große Herausforderung. Es ist nicht erstaunlich, dass die VW-Händler unglücklich mit den Fahrzeugen sind, die sie den Kunden schmackhaft machen sollen.
Es liegt allerdings nicht am Markenimage von Volkswagen insgesamt. Das ist – noch – gut. Vor allem bei dem nordchinesischen Joint-Venture FAW-Volkswagen. Es liegt bei der Produktzufriedenheit mit ihren lokal produzierten Fahrzeugen China-weit auf einem beachtlichen Platz 3 hinter den importierten Audis und BMWs und erstaunlicherweise noch vor Porsche, die nicht in China produzieren. Nicht die Marke schwächelt, sondern die neuen Elektroautos, die VW im Volumensegment anbietet. Sie mögen zwar qualitativ gut sein, aber sie werden dem neuen Wettbewerb mit den schnell aufsteigenden chinesischen Playern nicht gerecht. VW produziert mit seinen E-Autos in China am Kunden vorbei (China.Table berichtete). Diese wünschen gute Unterhaltungsmöglichkeiten auf großen Bildschirmen, lange Batteriereichweiten und kurze Ladezeiten. Alles Dinge, bei denen die chinesische Konkurrenz mittlerweile besser abschneidet als Volkswagen.
Die Ingenieurstugenden, auf die VW so stolz ist, reichen in China nicht mehr aus. Insider sagen, dass das auch damit zu tun hat, dass die Deutschen den Großteil der Entscheidungen für die globalen Entwicklungen in Wolfsburg treffen und nicht in China. Und wer nicht vor Ort ist, kann die Standards, die Wettbewerber wie Xpeng und Nio in Bereichen wie Fahrassistenzsysteme und Sprachsteuerung setzen, eben schnell unterschätzen.
In Wolfsburg hat bisher offenbar kaum jemand verstanden, wie weit die chinesische Konkurrenz ist. “Bei Elektroautos, beim autonomen Fahren und bei der Konnektivität sind nun einige chinesischen Anbieter mindestens gleichauf”, gibt Wöllenstein zu. Tatsächlich sind viele von ihnen schon deutlich weiter.
Ebenfalls Wöllenstein: “Wir erwarten, dass in den nächsten drei bis vier Jahren das vollautomatisierte Fahren mit Level 4 in China in Serienfahrzeugen Einzug halten wird.” Doch so lange wird es nicht dauern. AutoX produziert bereits seit Ende vergangenen Jahres Level 4 Serienfahrzeuge im südchinesischen Shenzhen (China.Table berichtete). Volkswagen hat also weniger Zeit, als das Management glaubt. Die Autos aus Deutschland kommen mit komplexen Alltagssituationen noch nicht zurecht, denen die von AutoX bereits gewachsen sind.
VW muss aufholen. Der Vorreiter ist zum Gejagten geworden. Wöllenstein glaubt derweil weiterhin, dass sich die chinesischen Kunden, die zu Beginn ein möglichst futuristisches Auto zum “E-Einstieg” leisten, irgendwann wieder auf solide Mittelklassewagen ohne viel Schnickschnack setzen werden. Da kennt er China schlecht.
Ein weiteres Versäumnis in China war das halbherzige Marketing. Seit dem Herbst versucht VW immerhin gegenzusteuern. Der Konzern hat Pop-up-Stores für die ID-Serie in mehr als hundert größeren chinesischen Städten eröffnet. Damit soll vor allem eine junge Käuferschaft angesprochen werden, die auf klassischen Autohaus-Vertriebswegen nicht mehr zu erreichen ist – und die VW als Marke deshalb lange ignoriert haben.
Den Karren aus dem Dreck zu ziehen, ist nun die Herkulesaufgabe für Wöllensteins Nachfolger Ralf Brandstätter, der ab August dann auch im Konzernvorstand die Gesamtverantwortung für China übernimmt. “Ich erwarte nicht, dass Herr Brandstätter das Ruder innerhalb kürzester Zeit herumreißt. Aber ich bin sehr zuversichtlich, dass er der Richtige ist, um die Themen erfolgreich anzugehen”, sagt Betriebsratschefin Daniela Cavallo im Interview mit der FAZ. “VW muss in China die Kurve kriegen.”
Doch die chinesische Konkurrenz wird sich nicht geduldig zurückhalten, bis Brandstätter da ist. Die Anbieter wollen in ihrem Heimatmarkt der bestimmende Player werden. So wie die Europäer, die Japaner, die Südkoreaner und die US-Amerikaner in ihren jeweiligen Märkten führend sind. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass ein deutscher Hersteller in China diese Rolle auf Dauer halten kann.
Chinas Staatschef Xi Jinping hat sich in einem Telefonat mit seinem französischen Amtskollegen Emmanuel Macron für einen Dialog im Rahmen des Normandie-Formats ausgesprochen, um die aktuellen Spannungen zwischen Russland und der Ukraine zu lösen. Der chinesische Präsident habe das Vorgehen Frankreichs und Deutschlands begrüßt und seine volle Unterstützung für die Umsetzung der Minsker Vereinbarungen bekräftigt, teilte der Élyséepalast nach dem Gespräch mit. Xi betonte der chinesischen Mitteilung zufolge, dass alle betroffenen Parteien “eine umfassende Lösung der Ukraine-Frage durch Dialog und Konsultation anstreben sollten”.
Auch der aktuelle Handelszwist zwischen dem EU-Staat Litauen und der Volksrepublik war Thema des Gesprächs zwischen Xi und Macron. Nach Angaben des Élysée “ermutigte Macron China, die Sanktionen gegen Litauen aufzuheben und die chinesischen Forderungen im Dialog anzugehen.” Frankreich hält derzeit die EU-Ratspräsidentschaft. Macron erinnerte bei dem Telefonat zudem, dass Frankreich und Europa von China erwarten, die “grundlegenden Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), insbesondere zur Zwangsarbeit” zu ratifizieren und äußerte seine Besorgnis über die Situation in Xinjiang. Diese beiden Gesprächspunkte fanden in der chinesischen Mitteilung keine Erwähnung. ari
Ein chinesisches Gericht hat Vermögen einer Evergrande-Tochter in Höhe von umgerechnet 100 Millionen US-Dollar eingefroren. Die Entscheidung folge einer Klage des Staatsunternehmens Shanghai Construction gegen Evergrande, wie Reuters berichtet. Der Immobilienentwickler konnte überfällige Baugebühren nicht an Shanghai Construction zahlen. In einem zweiten Gerichtsverfahren seien weitere 57 Millionen Dollar eingefroren worden, gab Shanghai Construction bekannt.
Die hoch verschuldete Evergrande-Gruppe sieht sich mit einer Vielzahl von Klagen ehemaliger Geschäftspartner konfrontiert. Reuters berichtet, dass eine wachsende Zahl von Bau- und Dekorationsunternehmen infolge der Zahlungsausfälle bereits Vermögenswerte abschreiben oder Gewinnwarnungen herausgeben müssen. Die Schuldenprobleme von Evergrande und anderen Bauträgern schwächen also bereits ihre Zulieferer, wodurch die Evergrande-Krise auf weitere Wirtschaftsbereiche überzugreifen droht. nib
Die Preise für Seltene Erden sind in China auf ein Rekord-Niveau gestiegen. Ein Preisindex des Verbandes der chinesischen Industrie für Seltene Erden, der die Preise von 21 Seltenen Erden und Kombinationsprodukten misst, ist im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 99 Prozent gestiegen. Das berichtete das Wirtschaftsportal Caixin. Allein seit Anfang des Jahres ist der Index demnach um 86 Basispunkte auf einen Stand von 426 gestiegen.
Seltene Erden werden vor allem für die Herstellung von Hochtechnologie-Produkten benötigt. Sie werden häufig in kleinen Mengen in Produkten wie Windkraftanlagen, Elektromotoren und Akkus verbaut, werden aber auch für militärische Geräte oder in der Radiologie benötigt. Anders als der Name vermuten lässt, kommen die Metalle in der Erdkruste nicht selten vor.
Der Preisanstieg wird vor allem mit Lieferschwierigkeiten erklärt. Die Versorgung aus Myanmar etwa war im letzten Jahr aufgrund der Coronavirus-Pandemie gestört. Das Land sei für zehn Prozent der chinesischen Produktion Seltener Erden verantwortlich, so Caixin. Gleichzeitig steige die Nachfrage, durch den Boom bei E-Autos und Windkraftanlagen. Marktanalysten sind sich laut Caixin uneins, ob die Preise weiter stark ansteigen werden. nib
China will sich offenbar für internationale Handelskonflikte juristisch besser aufstellen: In einem Artikel in der wichtigsten theoretischen Zeitschrift der Kommunistischen Partei rief Staatspräsident Xi Jinping dazu auf, Chinas außenpolitische Gesetzgebung zu stärken. Prioritäten haben demnach “dringende” Bereiche wie internationale Sanktionen und Einmischung von Außen, schrieb Xi in Qiushi.
“Wir müssen legale Mittel einsetzen, um den internationalen Kampf zu führen”, so Xi. Er forderte außerdem eine bessere Ausbildung von Anwälten, die sich mit internationalen Rechtsangelegenheiten befassen und politisch loyal sind. Die Rechtsanwälte müssten “freiwillig die Kommunistische Partei Chinas und unser sozialistisches Rechtssystem unterstützen, und danach streben, Anwälte zu werden, mit denen sowohl die Partei als auch das Volk zufrieden sind.” Der Qiushi-Artikel war der South China Morning Post zufolge eine erweiterte Version von Bemerkungen, die Xi bereits Anfang Dezember bei einer Studiensitzung mit dem Politbüro gemacht hatte. ari
Neuer Tag, neues Gold. Auch am Mittwoch schlug das chinesische Team im Ski-Freestyle zu – dieses Mal bei den Aerials der Männer. Es gab aber auch Pechvögel, unter anderem im Shorttrack, das eigentlich eine chinesische Paradedisziplin ist.
“Show respect, wherever you are!” – den Firmensong seines Zeppelin-Konzerns interpretiert Peter Gerstmann im Video beseelt. Ein singender Manager? Gerstmann stört sich daran nicht. Er genießt die Freiheiten als CEO eines Stiftungsunternehmens, das neben dem Gewinn auch das Gemeinwohl im Blick hat. “Ich darf mich zum Glück an anderen Zielen orientieren, als viele meiner CEO-Kollegen”, sagt der 60 Jahre alte Lenker des Anlagenbauers und Maschinenhändlers. Mit seiner Zeppelin-Band aus Mitarbeitern tritt er regelmäßig auf. Der Unterschied zum Job als CEO? “In der Band habe ich nichts zu sagen”, lacht er.
Gerstmann ist der etwas andere Konzernchef. Der Rheinländer lässt Einblicke in sein Seelenleben zu. Er wirkt kumpelhaft, und man fragt sich, wo er die Autorität hernimmt, um 10.000 Mitarbeiter zu führen. Angefangen hat er im Warenhaus Hertie in Troisdorf bei Köln. Dort heuert das Arbeiterkind als Azubi an. Vor allem strikte Hierarchien stoßen ihn seither ab. “Wenn die Geschäftsführung im Kaufhaus unterwegs war, haben die Angestellten sich aus Angst versteckt.” Gerstmann beschließt, anders vorzugehen, sollte er einmal die Gelegenheit dazu bekommen.
Nach der Lehre zieht es ihn nach Köln. Sein BWL-Studium finanziert er sich als Verkäufer im Einzelhandel. Anschließend leitet er Controlling-Abteilungen bei einigen mittelständischen Unternehmen. Im Jahr 2000 vermittelt ihm ein Personalberater eine Stelle in Friedrichshafen. Die Zeppelin-Tochter “Silo & Apparatetechnik” sucht einen kaufmännischen Leiter.
Mit seiner Frau und zwei kleinen Kindern zieht er an den Bodensee. “Aber der Personalberater hatte vergessen, mir etwas zu sagen,” feixt Gerstmann. Denn Zeppelin Silo & Apparatetechnik steht kurz vor der Pleite. “Ich dachte, was für einen Fehler habe ich gemacht, die Familie hier herzuholen.” Sein Job steht auf der Kippe.
Doch es kommt anders: Der alte Silo-Geschäftsführer wird geschasst, Gerstmann übernimmt. Er erweitert das Angebot, findet Kunden in neuen Branchen und zieht bald einen 35-Millionen-Euro-Auftrag an Land – ausgerechnet an Weiberfastnacht, erinnert er sich. “Silo & Apparatetechnik” schreibt bald wieder schwarze Zahlen. “Von da an hat man mir zugehört.”
Nach einigen Karrierestufen im Konzern ist Gerstmann seit 2010 Vorsitzender der Geschäftsführung. In Gerstmanns Zeit fällt auch der Ausbau des Chinageschäfts, wo Zeppelin Anlagen für Schüttgüter zum Beispiel für Kunststoffgranulate herstellt. Zwei Standorte betreibt Zeppelin dort. Einen Schub gab es vor zehn Jahren, als Zeppelin in Shanghai ein Joint Venture gründete.
“Ein erstes Lizenzunternehmen hatte zuvor nicht die Kontakte, um an Großaufträge heranzukommen. Dabei bleiben die Chinesen gerne unter sich”, sagt Gerstmann. “Seit wir das Joint Venture in Shanghai unter chinesischer Leitung betreiben, steigt der Marktanteil.” Mittlerweile macht China 20 Prozent des Geschäfts mit dem Anlagenbau des Konzerns aus. Rund 20-mal hat Gerstmann das Reich der Mitte bereits bereist.
Er reist aber auch gerne in Deutschland. Hin und wieder überrascht er Niederlassungen mit einem unangekündigten Besuch. “Die Mitarbeiter sind immer sehr offen”, berichtet er, meist gebe es einen Kaffee und man tausche sich über drückende Themen aus. “Ich hatte nie den Eindruck, dass sich jemand vor mir versteckt”, spielt er auf seine Hertie-Zeit an. Andreas Schulte
Thomas Mooser ist neuer CEO bei der Unternehmensberatung MHP China. Seit 2014 ist Mooser Associated Partner bei MHP. Er bringt mehr als zehn Jahre Erfahrung in der Strategie- und Managementberatung mit. Vor seiner neuen Position leitete er bei MHP in München den Geschäftsbereich R&D, wo er vor allem Automobilhersteller und Zulieferer in den Bereichen Produktentwicklung und Projektmanagement beraten hat.
Ende der “Panda-Diplomatie”? Die republikanische US-Abgeordnete Nancy Mace aus South Carolina will erreichen, dass in den USA geborener Panda-Nachwuchs auch in den USA bleiben soll. Denn bisher müssen die Bärchen, die von aus China geliehenen Großen Pandabären im Ausland geboren werden, wieder an die Volksrepublik abgetreten werden. “In den Vereinigten Staaten geborene Pandas verdienen es, in unserem Land zu bleiben”, schrieb die US-Politikerin in einer Erklärung. Sie möchte das Ende der “Panda-Diplomatie” im Rahmen des Gesetzesvorschlags “America Competes Act” durchsetzen.
die Olympischen Winterspiele in Peking befinden sich auf der Zielgeraden. Am Sonntag findet im “Vogelnest” die große Abschlussfeier statt. Ob die Gastgeber und das IOC auch ein bisschen froh sind, dass die Spiele nun enden? Peking und das Olympische Komitee standen in den letzten beiden Wochen im Fokus der Kritik.
Jetzt haben Menschenrechtler und die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) – immerhin eine Sonderorganisation der UN – noch einmal kritisch nachgefragt, wie es um die Lage der Menschenrechte in Xinjiang bestellt ist, wie Marcel Grzanna schreibt. Dabei stand auch erneut die Frage im Raum, ob der IOC-Ausrüster Anta tatsächlich auf Zwangsarbeit verzichtet.
Derweil steuern seit Mitte Januar Frachtflüge aus dem Westen Xinjiangs Flughäfen in Budapest und Lüttich an. Wir können nur hoffen, dass die Aufmerksamkeit der internationalen Öffentlichkeit für die wichtigen Fragen der Menschenrechte nicht mit dem olympischen Scheinwerferlicht verschwindet. Wir werden selbstverständlich weiter am Ball bleiben.
Die Thematik Xinjiang ist auch bei Volkswagen keine Unbekannte. Stand der Konzern doch wegen einer Fabrik in der Uiguren-Region in der Kritik. Derzeit plagen den Autobauer allerdings andere Sorgen: Die Umsätze in der Volksrepublik schwächeln, der Absatz von E-Autos bleibt hinter den eigenen Erwartungen zurück. War Volkswagen einst absoluter Marktführer, hat die Konkurrenz, vor allem jene aus China selbst, massiv aufgeholt, berichtet Frank Sieren. Volkswagen zeigt sich optimistisch, die Kunden in China doch noch von den eigenen E-Autos überzeugen zu können. Aber was bleibt den Unternehmenslenkern auch anderes übrig, als gute Stimmung zu beschwören? Unser Korrespondent vor Ort ist weit weniger optimistisch.
Human Rights Watch (HRW) und die Coalition to End Forced Labour in the Uyghur Region (EUFL) werfen dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) mangelnde Transparenz vor. Der Verband schaffe keine endgültige Gewissheit, ob die Kleidung seines chinesischen Ausrüsters Anta tatsächlich ohne den Einsatz von Zwangsarbeit uigurischer Arbeiter in Xinjiang hergestellt wird. Die Vorwürfe folgen auf das unrühmliche Verhalten des IOC im Fall der Tennisspielerin Peng Shuai (China.Table berichtete).
Seit Monaten drängen EUFL und HRW darauf, das IOC möge detailliert darstellen, wie es die Lieferkette von Anta geprüft habe. Das IOC reagierte im Januar mit einer Stellungnahme. Die Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte würden eingehalten. Nach entsprechenden Kontrollen durch Dritte sei das IOC zu diesem Fazit gekommen. Verantwortlich für die Kontrollen seien unabhängige Audit-Institutionen, die für ihre Prüfung den direkten Kontakt mit den Arbeitern gesucht hätten, hieß es. Das Ergebnis: Alles sauber. Anta verwende nicht einmal Baumwolle in der Kleidung, mit der die IOC-Mitglieder ausgestattet werden.
Die Menschenrechtsorganisationen geben sich damit nicht zufrieden und haken weiter nach. Die IOC-Stellungnahme enthalte erhebliche Lücken. Den Ergebnissen der Prüfung mangele es an Transparenz und an einer Analyse der Beschaffungspraktiken von Zulieferern, kritisierten sie. Das IOC hat bislang nicht auf die Forderung nach einer Nachbesserung reagiert.
Seit 2019 und noch bis Ende des Jahres ist Anta der offizielle IOC-Ausrüster. Schon bei den Sommerspielen 2021 in Tokio trugen die Funktionäre dessen Logo auf der Brust. Doch erst mit den Winterspielen in Peking hat sich das IOC zu seiner Sorgfaltspflicht im Rahmen der UN-Leitprinzipien bekannt.
Die Forderung, die vorhandenen Informationslücken zu schließen, folgte zeitnah zur Veröffentlichung des jüngsten Berichts der International Labour Organization (ILO) der Vereinten Nationen. Deren Expertenkommission hatte Ende vergangener Woche die Lage in Xinjiang scharf kritisiert und die chinesische Regierung aufgefordert, die Arbeitsbedingungen in der Region internationalen Standards anzugleichen.
“Der Ausschuss drückt seine tiefe Besorgnis über die politischen Direktiven aus, die in zahlreichen nationalen und regionalen regulatorischen Dokumenten zum Ausdruck gebracht wird”, heißt es in dem ILO-Bericht. 2020 hatte ein internationales Konsortium von Journalisten im Rahmen der China Cables unter anderem belegt, dass Zwangsarbeit als eine von zahlreichen Maßnahmen zur Sinisierung der uigurischen Bevölkerungsminderheit von den Behörden angeordnet worden ist. Peking hatte die Vorwürfe zurückgewiesen.
Der ILO-Bericht sorgte erwartungsgemäß für kontroverse Reaktionen. Die USA, die den Import von Produkten aus Xinjiang verboten haben, begrüßten den Inhalt des Berichts und forderten China dazu auf, die Zustände zu beheben. Die chinesische Vertretung am Sitz der UN-Menschenrechtskommission in Genf dagegen twitterte: “Als ILO-Mitgliedsstaat ist die chinesische Regierung fest entschlossen, den uneingeschränkten Zugang zu produktiver und frei gewählter Beschäftigung und menschenwürdiger Arbeit für alle ethnischen Minderheiten Chinas, einschließlich der Uiguren in Xinjiang, zu respektieren, zu fördern und zu verwirklichen.”
In ihrem Bericht greift die ILO-Expertenkommission im Wesentlichen zahlreiche Vorwürfe des Internationalen Gewerkschaftsbundes (IGB) der vergangenen beiden Jahre auf. Demnach verletze die Volksrepublik die internationalen Konventionen durch ein “weit verbreitetes und systematisches” Zwangsarbeitsprogramm. Betroffen seien Uiguren, türkische und andere muslimische Minderheiten. Sie würden “unter Verletzung des Rechts auf freie Wahl der Beschäftigung nach Artikel 1 Absatz 2 des Übereinkommens Nr. 122” für landwirtschaftliche und industrielle Aktivitäten in der gesamten Autonomen Region Xinjiang eingesetzt.
Der IGB geht davon aus, dass vor allem die Insassen der Internierungslager in Xinjiang betroffen sind. Seiner Schätzung nach sind dort bis zu 1,8 Millionen Menschen untergebracht. Das sind noch einmal deutlich mehr als die oftmals zitierten eine Million inhaftierten Uiguren. Indikator für die große Zahl sind die wachsenden Ausmaße der Lager. Der IGB hat 39 davon ausgemacht, deren Flächen sich seit 2017 verdreifacht haben.
Doch nicht nur in Xinjiang arbeiten Uiguren unter Zwang. Mindestens 80.000 Mitglieder ethnischer Minderheiten aus der Region wurden laut ILO-Report nach Ost- oder Zentralchina verfrachtet, um dort in Fabriken zu arbeiten. Der Internationale Gewerkschaftsbund geht davon aus, dass den Arbeiter:innen keine Wahl gelassen wird, ob sie ihre Heimat verlassen wollen. Stattdessen würde ihnen und ihren Familien mit Haft gedroht. Zwangsarbeiter:innen stünden zudem unter ständiger Beobachtung, dürften sich nicht frei bewegen und würden mit praktisch unerfüllbare Produktionsquoten unter Druck gesetzt. Dort, wo Löhne gezahlt würden, zögen die Arbeitgeber den allergrößten Teil für Gegenleistungen wie Unterbringung, Verköstigung oder Versicherungen wieder ab.
Der ILO-Report ist Beleg für die steigende Wachsamkeit der Vereinten Nationen zu den Vorgängen in Xinjiang. Die Europäische Union will ihrerseits mit einem Lieferkettengesetz die Zwangsarbeit bekämpfen, tut dies aber nur halbherzig. Ausgerechnet in dieser sensiblen Zeit haben zwei europäische Flughäfen Direktflüge mit der autonomen Region im Nordwesten Chinas aufgenommen. Seit Mitte Januar fliegen mehrmals wöchentlich Frachtmaschinen aus Kashgar im äußersten Westen Xinjiangs nach Budapest und Lüttich.
Die Inter-Parliamentary Alliance on China im Europaparlament äußert sich entrüstet. “Es ist unvorstellbar, dass Flugzeuge mit Waren aus Xinjiang auf direktem Weg nach Belgien gelangen. Wir sollten alle Anstrengungen unternehmen, um zu verhindern, dass von uigurischer Zwangsarbeit verseuchte Waren in unsere Lieferketten gelangen – und nicht den roten Teppich ausrollen“, sagte der belgische Abgeordnete Samuel Cogolati dem Magazin Politico.
Cogolati, der von chinesischer Seite mit einem Einreiseverbot in die Volksrepublik belegt worden ist, hat bei der EU-Kommission bislang erfolglos nachgefragt, welche Firmen mit den Gütern aus Kashgar versorgt werden.
Für den langjährigen Marktführer VW wird es eng in China. Und das schneller, als mancher in Wolfsburg gedacht hat. Nirgendwo sonst auf der Welt musste der Autohersteller im schwierigen zweiten Corona-Jahr so hohe Einbußen hinnehmen wie ausgerechnet im wichtigsten Wachstumsmarkt, noch dazu dem Mekka der E-Autoindustrie.
Selbsterkenntnis ist jedoch der erste Schritt zur Besserung “Das Jahr 2021 war ohne Zweifel ein sehr schwieriges für den Konzern”, sagt der noch amtierende VW-China-Chef Stephan Wöllenstein. So schwierig, dass er im August durch Ralf Brandstätter ersetzt wird.
Während der chinesische Automarkt im vergangenen Jahr um 3,2 Prozent gewachsen ist, hat der Konzern auf seinem wichtigsten Absatzmarkt 14 Prozent weniger Autos verkauft – so wenig wie seit 2012 nicht mehr. 3,3 Millionen Fahrzeuge hat Volkswagen 2021 in China abgesetzt. Der Anteil der Volkswagen-Marken sank damit auf elf Prozent. In den vergangenen Jahren hatte der Wert stabil zwischen 14 und 15 Prozent gependelt. Damit ist Volkswagen noch immer der Marktführer in China, hat aber deutlich an Marktanteilen verloren. Noch aussagekräftiger ist ein Vergleich mit der Vergangenheit: In Hochzeiten hatte VW in der Volksrepublik einen Marktanteil von 50 Prozent.
So ein Wert war natürlich nicht zu halten. Je mehr Spieler es im Markt gibt, desto schwerer wird es für den einzelnen Hersteller, seinen Anteil zu verteidigen. Also kein Grund zur Aufregung? Doch, denn tatsächlich ist die Entwicklung bei Volkswagen besorgniserregend. Der Wettbewerber und Verfolger auf Platz zwei, der japanische Hersteller Toyota, konnte seinen Marktanteil ausbauen.
Der drittplatzierte Hersteller (und damit der höchstplatzierte chinesische Autobauer), Wuling, konnte seinen Anteil um 1,5 Prozent ausbauen. Er verkauft allerdings Mini-Elektroautos zum Preis von 4.000 Euro. BMW, eher im Premium- als im Volumensegment unterwegs, konnte sogar zwei Prozent zulegen, während Mercedes ein Prozent einbüßte.
In der Volkswagen-Familie hat Skoda sogar noch größere Schwierigkeiten als die Marke VW. Audi hat 3,2 Prozent weniger Fahrzeuge verkauft. Zulegen konnten immerhin Porsche mit einem Absatzplus von acht Prozent und Bentley, dessen Fahrzeuge sich 2021 sogar um 43 Prozent besser verkauften als 2020. Kurz, die Luxusmarken boomen, die Volumenmarken schwächeln. Doch VW will eben in erster Linie eine Massenmarke sein.
Klar ist: Der Vorteil von VW als Pionier auf dem chinesischen Markt trägt nicht mehr. Bereits seit 1984 sind die Deutschen in China aktiv. Damals gründete VW ein Joint-Venture mit dem staatlichen Autobauer SAIC in Shanghai. 1991 kam die Kooperation FAW-Volkswagen hinzu. Mit dem Santana hat VW Anfangs in China eine Art Legende in Weinrot geschaffen, einen Dauerbrenner, ähnlich prägend wie der Käfer in Deutschland. Sieben Millionen Exemplare des bei uns kaum bekannten Modells hat VW seit Mitte der 1980er-Jahre in der Volksrepublik verkauft. Jetzt plant das Joint-Venture SAIC Volkswagen Automotive das endgültige Produktionsende der Modellreihe. Das Interesse seitens der chinesischen Kunden habe deutlich nachgelassen, heißt es aus Firmenkreisen.
Der Erfolg des Santana und das schnelle Wachstum galten zunächst als spektakuläre Erfolge. VW verkauft heute jedes dritte seiner Autos in China und verdient pro Fahrzeug noch mehr als anderswo. Gut fünf Millionen seiner weltweit zehn Millionen Autos werden hier pro Jahr produziert. Viele Fahrzeuge werden exportiert. Der Erfolg wird nun jedoch auch zur Belastung. Wenn es in China also nicht mehr rund läuft, wackelt der ganze Konzern. Mehr als 40 Prozent der Einnahmen kommen aus China.
Der entscheidende Markt sind nun die E-Autos. 2021 wurden in China 3,3 Millionen Autos mit neuen Antriebsformen (NEVs) verkauft. E-Autos machen bereits 21 Prozent der Neuzulassungen aus. 2019 waren es noch sechs Prozent. Der E-Markt ist ein weitgehend chinesisches Spiel: Im vergangenen Jahr findet sich unter den ersten zehn Herstellern kein einziger europäischer. Und mit Tesla nur ein einziger westlicher Autobauer. Wer mitspielen will, braucht aber ein wettbewerbsfähiges E-Auto. Und das ist das Problem.
Bei den E-Autos hatte VW sich vorgenommen, in China im Jahr 80.000 bis 100.000 Fahrzeuge seiner ID.-Serie zu verkaufen. Dieses Ziel habe man mit einem Absatz von “etwas mehr als 70.000” nicht erreichen können. Zum Vergleich: E-Auto-Platzhirsch Tesla verkaufte allein im vergangenen Dezember mehr. Der chinesische Marktführer SAIC aus Shanghai verkaufte zehnmal mehr E-Autos als VW. Tesla auf Platz 2 immerhin noch 430.000 und der südchinesische Hersteller BYD 320.000. “Bei den Elektroautos der ID.-Familie lief es sehr gut bis in den September, bis dahin haben wir unsere Verkäufe monatlich quasi verdoppelt”, verteidigt sich Wöllenstein im Interview mit der Wirtschaftswoche. “Aber ab dem vierten Quartal waren dann auch die ID.s von Halbleiterengpässen und Covid-19-bedingten Werksschließungen betroffen. Sonst wären wir bei den Elektroautos sicher unter den Top 5”, glaubt Wöllenstein.
Das klingt erstmal überzeugend. Dann fragt man sich jedoch, warum viele andere Hersteller offensichtlich nicht unter Knappheit an Chips gelitten haben. Immerhin ist der E-Auto-Markt 2021 in China um mehr als 150 Prozent gewachsen, während er weltweit nur um knapp 70 Prozent zulegen konnte. Besonders bitter für VW ist der Start eines neuen Wettbewerbers: Der Kompakt-SUV Dolphin von BYD kam erst im vergangenen August auf den Markt. Bis Ende des Jahres hat BYD 29.600 Exemplare verkauft. Während der ID.4 nur auf 23.200 Stück kommt. BYD ist ein kompletter Neuling in dem Segment. Bisher wurden dort nur Limousinen und SUV hergestellt, nun zum ersten Mal ein kleiner Stadtflitzer.
Das Auto sieht jedoch mindestens so gut aus wie der ID.4, manche sagen sogar besser – was nicht erstaunlich ist, wurde es doch von Wolfgang Egger entwickelt, dem ehemaligen Design-Chef von Audi. Der ID.4 ist zudem mit 200.000 Yuan (umgerechnet 28.500 Euro) doppelt so teuer wie der Dolphin. Und selbst der ID.3, der Ende vergangenen Jahres auf den Markt gekommen ist, kostet noch 50 Prozent mehr. Nun mag ein VW-Ingenieur genau erklären können, warum der ID.4 qualitativ besser sein soll. Doch sollte das tatsächlich der Fall sein, ist der Kunde tatsächlich bereit, für versteckte Unterschiede 50 beziehungsweise 100 Prozent mehr zu zahlen? Offensichtlich nicht.
Erschwerend kommt hinzu: Bei der Batterie, die aus dem eigenen Haus kommt, ist BYD besser. Der norwegische Automobilclub NAF hat jüngst die Batterien von E-Autos bei eisigen Temperaturen getestet. Von den 31 überprüften Fahrzeugen schnitt ausgerechnet das chinesische Modell Tang von BYD aus dem subtropischen Shenzhen am besten ab. Die Fahrzeuge der Volkswagen-Familie zeigten hingegen Schwächen. Der sportliche ID.4 GTX verlor rund 24 Prozent an Reichweite, während der kleinere ID.3 Pro S 20 Prozent und der schwächere ID.4 Pro gut 14 Prozent nachließen. Die höchsten Verluste in der Kälte verbuchte der Skoda Enyaq iV80, der knapp 32 Prozent seiner Norm-Reichweite verlor. Bei BYD waren es hingegen nur 11 Prozent.
Auch bei der Digitalisierung schwächelt VW in China. Für den Preis des ID.4 ist es bei chinesischen Marken heute üblich, ein Elektro-SUV zu bekommen, das alleine einparkt. Für VW hingegen ist die stabile Implementierung von drahtlosen Updates noch eine große Herausforderung. Es ist nicht erstaunlich, dass die VW-Händler unglücklich mit den Fahrzeugen sind, die sie den Kunden schmackhaft machen sollen.
Es liegt allerdings nicht am Markenimage von Volkswagen insgesamt. Das ist – noch – gut. Vor allem bei dem nordchinesischen Joint-Venture FAW-Volkswagen. Es liegt bei der Produktzufriedenheit mit ihren lokal produzierten Fahrzeugen China-weit auf einem beachtlichen Platz 3 hinter den importierten Audis und BMWs und erstaunlicherweise noch vor Porsche, die nicht in China produzieren. Nicht die Marke schwächelt, sondern die neuen Elektroautos, die VW im Volumensegment anbietet. Sie mögen zwar qualitativ gut sein, aber sie werden dem neuen Wettbewerb mit den schnell aufsteigenden chinesischen Playern nicht gerecht. VW produziert mit seinen E-Autos in China am Kunden vorbei (China.Table berichtete). Diese wünschen gute Unterhaltungsmöglichkeiten auf großen Bildschirmen, lange Batteriereichweiten und kurze Ladezeiten. Alles Dinge, bei denen die chinesische Konkurrenz mittlerweile besser abschneidet als Volkswagen.
Die Ingenieurstugenden, auf die VW so stolz ist, reichen in China nicht mehr aus. Insider sagen, dass das auch damit zu tun hat, dass die Deutschen den Großteil der Entscheidungen für die globalen Entwicklungen in Wolfsburg treffen und nicht in China. Und wer nicht vor Ort ist, kann die Standards, die Wettbewerber wie Xpeng und Nio in Bereichen wie Fahrassistenzsysteme und Sprachsteuerung setzen, eben schnell unterschätzen.
In Wolfsburg hat bisher offenbar kaum jemand verstanden, wie weit die chinesische Konkurrenz ist. “Bei Elektroautos, beim autonomen Fahren und bei der Konnektivität sind nun einige chinesischen Anbieter mindestens gleichauf”, gibt Wöllenstein zu. Tatsächlich sind viele von ihnen schon deutlich weiter.
Ebenfalls Wöllenstein: “Wir erwarten, dass in den nächsten drei bis vier Jahren das vollautomatisierte Fahren mit Level 4 in China in Serienfahrzeugen Einzug halten wird.” Doch so lange wird es nicht dauern. AutoX produziert bereits seit Ende vergangenen Jahres Level 4 Serienfahrzeuge im südchinesischen Shenzhen (China.Table berichtete). Volkswagen hat also weniger Zeit, als das Management glaubt. Die Autos aus Deutschland kommen mit komplexen Alltagssituationen noch nicht zurecht, denen die von AutoX bereits gewachsen sind.
VW muss aufholen. Der Vorreiter ist zum Gejagten geworden. Wöllenstein glaubt derweil weiterhin, dass sich die chinesischen Kunden, die zu Beginn ein möglichst futuristisches Auto zum “E-Einstieg” leisten, irgendwann wieder auf solide Mittelklassewagen ohne viel Schnickschnack setzen werden. Da kennt er China schlecht.
Ein weiteres Versäumnis in China war das halbherzige Marketing. Seit dem Herbst versucht VW immerhin gegenzusteuern. Der Konzern hat Pop-up-Stores für die ID-Serie in mehr als hundert größeren chinesischen Städten eröffnet. Damit soll vor allem eine junge Käuferschaft angesprochen werden, die auf klassischen Autohaus-Vertriebswegen nicht mehr zu erreichen ist – und die VW als Marke deshalb lange ignoriert haben.
Den Karren aus dem Dreck zu ziehen, ist nun die Herkulesaufgabe für Wöllensteins Nachfolger Ralf Brandstätter, der ab August dann auch im Konzernvorstand die Gesamtverantwortung für China übernimmt. “Ich erwarte nicht, dass Herr Brandstätter das Ruder innerhalb kürzester Zeit herumreißt. Aber ich bin sehr zuversichtlich, dass er der Richtige ist, um die Themen erfolgreich anzugehen”, sagt Betriebsratschefin Daniela Cavallo im Interview mit der FAZ. “VW muss in China die Kurve kriegen.”
Doch die chinesische Konkurrenz wird sich nicht geduldig zurückhalten, bis Brandstätter da ist. Die Anbieter wollen in ihrem Heimatmarkt der bestimmende Player werden. So wie die Europäer, die Japaner, die Südkoreaner und die US-Amerikaner in ihren jeweiligen Märkten führend sind. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass ein deutscher Hersteller in China diese Rolle auf Dauer halten kann.
Chinas Staatschef Xi Jinping hat sich in einem Telefonat mit seinem französischen Amtskollegen Emmanuel Macron für einen Dialog im Rahmen des Normandie-Formats ausgesprochen, um die aktuellen Spannungen zwischen Russland und der Ukraine zu lösen. Der chinesische Präsident habe das Vorgehen Frankreichs und Deutschlands begrüßt und seine volle Unterstützung für die Umsetzung der Minsker Vereinbarungen bekräftigt, teilte der Élyséepalast nach dem Gespräch mit. Xi betonte der chinesischen Mitteilung zufolge, dass alle betroffenen Parteien “eine umfassende Lösung der Ukraine-Frage durch Dialog und Konsultation anstreben sollten”.
Auch der aktuelle Handelszwist zwischen dem EU-Staat Litauen und der Volksrepublik war Thema des Gesprächs zwischen Xi und Macron. Nach Angaben des Élysée “ermutigte Macron China, die Sanktionen gegen Litauen aufzuheben und die chinesischen Forderungen im Dialog anzugehen.” Frankreich hält derzeit die EU-Ratspräsidentschaft. Macron erinnerte bei dem Telefonat zudem, dass Frankreich und Europa von China erwarten, die “grundlegenden Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), insbesondere zur Zwangsarbeit” zu ratifizieren und äußerte seine Besorgnis über die Situation in Xinjiang. Diese beiden Gesprächspunkte fanden in der chinesischen Mitteilung keine Erwähnung. ari
Ein chinesisches Gericht hat Vermögen einer Evergrande-Tochter in Höhe von umgerechnet 100 Millionen US-Dollar eingefroren. Die Entscheidung folge einer Klage des Staatsunternehmens Shanghai Construction gegen Evergrande, wie Reuters berichtet. Der Immobilienentwickler konnte überfällige Baugebühren nicht an Shanghai Construction zahlen. In einem zweiten Gerichtsverfahren seien weitere 57 Millionen Dollar eingefroren worden, gab Shanghai Construction bekannt.
Die hoch verschuldete Evergrande-Gruppe sieht sich mit einer Vielzahl von Klagen ehemaliger Geschäftspartner konfrontiert. Reuters berichtet, dass eine wachsende Zahl von Bau- und Dekorationsunternehmen infolge der Zahlungsausfälle bereits Vermögenswerte abschreiben oder Gewinnwarnungen herausgeben müssen. Die Schuldenprobleme von Evergrande und anderen Bauträgern schwächen also bereits ihre Zulieferer, wodurch die Evergrande-Krise auf weitere Wirtschaftsbereiche überzugreifen droht. nib
Die Preise für Seltene Erden sind in China auf ein Rekord-Niveau gestiegen. Ein Preisindex des Verbandes der chinesischen Industrie für Seltene Erden, der die Preise von 21 Seltenen Erden und Kombinationsprodukten misst, ist im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 99 Prozent gestiegen. Das berichtete das Wirtschaftsportal Caixin. Allein seit Anfang des Jahres ist der Index demnach um 86 Basispunkte auf einen Stand von 426 gestiegen.
Seltene Erden werden vor allem für die Herstellung von Hochtechnologie-Produkten benötigt. Sie werden häufig in kleinen Mengen in Produkten wie Windkraftanlagen, Elektromotoren und Akkus verbaut, werden aber auch für militärische Geräte oder in der Radiologie benötigt. Anders als der Name vermuten lässt, kommen die Metalle in der Erdkruste nicht selten vor.
Der Preisanstieg wird vor allem mit Lieferschwierigkeiten erklärt. Die Versorgung aus Myanmar etwa war im letzten Jahr aufgrund der Coronavirus-Pandemie gestört. Das Land sei für zehn Prozent der chinesischen Produktion Seltener Erden verantwortlich, so Caixin. Gleichzeitig steige die Nachfrage, durch den Boom bei E-Autos und Windkraftanlagen. Marktanalysten sind sich laut Caixin uneins, ob die Preise weiter stark ansteigen werden. nib
China will sich offenbar für internationale Handelskonflikte juristisch besser aufstellen: In einem Artikel in der wichtigsten theoretischen Zeitschrift der Kommunistischen Partei rief Staatspräsident Xi Jinping dazu auf, Chinas außenpolitische Gesetzgebung zu stärken. Prioritäten haben demnach “dringende” Bereiche wie internationale Sanktionen und Einmischung von Außen, schrieb Xi in Qiushi.
“Wir müssen legale Mittel einsetzen, um den internationalen Kampf zu führen”, so Xi. Er forderte außerdem eine bessere Ausbildung von Anwälten, die sich mit internationalen Rechtsangelegenheiten befassen und politisch loyal sind. Die Rechtsanwälte müssten “freiwillig die Kommunistische Partei Chinas und unser sozialistisches Rechtssystem unterstützen, und danach streben, Anwälte zu werden, mit denen sowohl die Partei als auch das Volk zufrieden sind.” Der Qiushi-Artikel war der South China Morning Post zufolge eine erweiterte Version von Bemerkungen, die Xi bereits Anfang Dezember bei einer Studiensitzung mit dem Politbüro gemacht hatte. ari
Neuer Tag, neues Gold. Auch am Mittwoch schlug das chinesische Team im Ski-Freestyle zu – dieses Mal bei den Aerials der Männer. Es gab aber auch Pechvögel, unter anderem im Shorttrack, das eigentlich eine chinesische Paradedisziplin ist.
“Show respect, wherever you are!” – den Firmensong seines Zeppelin-Konzerns interpretiert Peter Gerstmann im Video beseelt. Ein singender Manager? Gerstmann stört sich daran nicht. Er genießt die Freiheiten als CEO eines Stiftungsunternehmens, das neben dem Gewinn auch das Gemeinwohl im Blick hat. “Ich darf mich zum Glück an anderen Zielen orientieren, als viele meiner CEO-Kollegen”, sagt der 60 Jahre alte Lenker des Anlagenbauers und Maschinenhändlers. Mit seiner Zeppelin-Band aus Mitarbeitern tritt er regelmäßig auf. Der Unterschied zum Job als CEO? “In der Band habe ich nichts zu sagen”, lacht er.
Gerstmann ist der etwas andere Konzernchef. Der Rheinländer lässt Einblicke in sein Seelenleben zu. Er wirkt kumpelhaft, und man fragt sich, wo er die Autorität hernimmt, um 10.000 Mitarbeiter zu führen. Angefangen hat er im Warenhaus Hertie in Troisdorf bei Köln. Dort heuert das Arbeiterkind als Azubi an. Vor allem strikte Hierarchien stoßen ihn seither ab. “Wenn die Geschäftsführung im Kaufhaus unterwegs war, haben die Angestellten sich aus Angst versteckt.” Gerstmann beschließt, anders vorzugehen, sollte er einmal die Gelegenheit dazu bekommen.
Nach der Lehre zieht es ihn nach Köln. Sein BWL-Studium finanziert er sich als Verkäufer im Einzelhandel. Anschließend leitet er Controlling-Abteilungen bei einigen mittelständischen Unternehmen. Im Jahr 2000 vermittelt ihm ein Personalberater eine Stelle in Friedrichshafen. Die Zeppelin-Tochter “Silo & Apparatetechnik” sucht einen kaufmännischen Leiter.
Mit seiner Frau und zwei kleinen Kindern zieht er an den Bodensee. “Aber der Personalberater hatte vergessen, mir etwas zu sagen,” feixt Gerstmann. Denn Zeppelin Silo & Apparatetechnik steht kurz vor der Pleite. “Ich dachte, was für einen Fehler habe ich gemacht, die Familie hier herzuholen.” Sein Job steht auf der Kippe.
Doch es kommt anders: Der alte Silo-Geschäftsführer wird geschasst, Gerstmann übernimmt. Er erweitert das Angebot, findet Kunden in neuen Branchen und zieht bald einen 35-Millionen-Euro-Auftrag an Land – ausgerechnet an Weiberfastnacht, erinnert er sich. “Silo & Apparatetechnik” schreibt bald wieder schwarze Zahlen. “Von da an hat man mir zugehört.”
Nach einigen Karrierestufen im Konzern ist Gerstmann seit 2010 Vorsitzender der Geschäftsführung. In Gerstmanns Zeit fällt auch der Ausbau des Chinageschäfts, wo Zeppelin Anlagen für Schüttgüter zum Beispiel für Kunststoffgranulate herstellt. Zwei Standorte betreibt Zeppelin dort. Einen Schub gab es vor zehn Jahren, als Zeppelin in Shanghai ein Joint Venture gründete.
“Ein erstes Lizenzunternehmen hatte zuvor nicht die Kontakte, um an Großaufträge heranzukommen. Dabei bleiben die Chinesen gerne unter sich”, sagt Gerstmann. “Seit wir das Joint Venture in Shanghai unter chinesischer Leitung betreiben, steigt der Marktanteil.” Mittlerweile macht China 20 Prozent des Geschäfts mit dem Anlagenbau des Konzerns aus. Rund 20-mal hat Gerstmann das Reich der Mitte bereits bereist.
Er reist aber auch gerne in Deutschland. Hin und wieder überrascht er Niederlassungen mit einem unangekündigten Besuch. “Die Mitarbeiter sind immer sehr offen”, berichtet er, meist gebe es einen Kaffee und man tausche sich über drückende Themen aus. “Ich hatte nie den Eindruck, dass sich jemand vor mir versteckt”, spielt er auf seine Hertie-Zeit an. Andreas Schulte
Thomas Mooser ist neuer CEO bei der Unternehmensberatung MHP China. Seit 2014 ist Mooser Associated Partner bei MHP. Er bringt mehr als zehn Jahre Erfahrung in der Strategie- und Managementberatung mit. Vor seiner neuen Position leitete er bei MHP in München den Geschäftsbereich R&D, wo er vor allem Automobilhersteller und Zulieferer in den Bereichen Produktentwicklung und Projektmanagement beraten hat.
Ende der “Panda-Diplomatie”? Die republikanische US-Abgeordnete Nancy Mace aus South Carolina will erreichen, dass in den USA geborener Panda-Nachwuchs auch in den USA bleiben soll. Denn bisher müssen die Bärchen, die von aus China geliehenen Großen Pandabären im Ausland geboren werden, wieder an die Volksrepublik abgetreten werden. “In den Vereinigten Staaten geborene Pandas verdienen es, in unserem Land zu bleiben”, schrieb die US-Politikerin in einer Erklärung. Sie möchte das Ende der “Panda-Diplomatie” im Rahmen des Gesetzesvorschlags “America Competes Act” durchsetzen.