als vor sechs Jahren Kuka vom chinesischen Hausgerätehersteller Midea gekauft wurde, war der Aufschrei groß: Mit dem Roboterhersteller aus Augsburg würden deutsches Know-how und Technologie billigend nach China abgegeben. Kuka stehe exemplarisch für den Ausverkauf Deutschlands. Am heutigen Dienstag plant der chinesische Mutterkonzern Midea den nächsten großen Schritt in Sachen Kuka. Frank Sieren nimmt das zum Anlass, um Bilanz zu ziehen, ob sich die Übernahme für den chinesischen Besitzer bislang bezahlt gemacht hat.
Vor wenigen Wochen wartete China mit einer besonderen Überraschung auf: Peking ratifizierte plötzlich zwei internationale Arbeitsrechtskonventionen und sagte damit zu, mögliche Zwangsarbeit mit allen Mitteln verhindern zu wollen. Da passt es, dass in wenigen Tagen die Jahreskonferenz der Internationalen Arbeitsorganisation in Genf stattfindet. Dort wird China mit Vorwürfen konfrontiert werden, die kein gutes Licht auf die Volksrepublik werfen. Marcel Grzanna hat sich deshalb angeschaut, welche Maßnahmen die UN-Organisation gegenüber China ergreifen könnte.
Zudem möchte ich Sie noch auf unser heutiges Portrait hinweisen: Es handelt von einem jungen Chinesen, der im Alter von sechs Jahren verschwand – und seitdem nicht mehr gesehen wurde. Die Rede ist von Gedhun Choekyi Nyima, besser bekannt als der Panchen Lama, die spirituelle Nummer zwei im Glauben der Tibeter. Und genau hierin liegt die Brisanz.
Viele neue Erkenntnisse bei der Lektüre wünscht
Der größte deutsche Industrieroboterhersteller Kuka ist erfolgreich in das neue Geschäftsjahr gestartet. Zwischen Januar und März stiegen die Umsätze des Augsburger Konzerns um 18,3 Prozent auf 853,4 Millionen Euro. Kuka verzeichnete mit knapp 1,3 Milliarden Euro zudem ein um rund 42 Prozent höheres Auftragsvolumen. In China verdoppelte sich gar die Zahl der Aufträge. Die dortigen Umsätze stiegen um 61,2 Prozent. Noch liegen Deutschland und die USA mit 28 und 27 Prozent beim Konzernumsatz vorne. China folgt jedoch bereits auf Platz drei mit 17 Prozent.
Es wird auch höchste Zeit aus Sicht des chinesischen Managements, dass Kuka endlich abwirft, was der Name den neuen Besitzern versprochen hatte. Die Umsätze von Kuka bewegten sich jahrelang im Krebsgang: 2021 waren sie mit 3,3 Mrd. Euro nur etwas besser als 2016 mit 2,9 Mrd. Euro. Mideas Vizepräsident Andy Gu hatte bereits Druck gemacht und zeigte sich “definitiv nicht zufrieden” mit Kukas Abschneiden. Auch deshalb steht dem neuen Geschäftsführer Peter Mohnen in Alexander Tan nun ein chinesischer Finanzchef zur Seite.
Zumindest der Start ins neue Jahr könnte nun für die erhoffte Beschleunigung sorgen. Zumal die Prognosen gut sind. Laut einem Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG will Kuka den Umsatz in China bis 2024 um jährlich 30 Prozent steigern. Bis 2027 soll der Umsatz in der Volksrepublik von 589 Millionen Euro auf 2,35 Milliarden Euro klettern. Das wären 40 Prozent der Gesamterlöse, die dann vor allem mit auf den chinesischen Markt zugeschnittenen Kleinrobotern und Software generiert werden sollen.
2016 war Kuka mehrheitlich vom chinesischen Hausgerätehersteller Midea übernommen worden. Auch weil keine westlichen Gegenangebote gemacht wurden. In der Folge änderte die Bundesregierung sogar das Außenwirtschaftsgesetz, um in Zukunft mehr Mitspracherechte bei Firmenverkäufen zu haben. Inzwischen befinden sich mehr als 95 Prozent der Kuka-Anteile im Besitz von Midea. Wie kürzlich bekannt wurde, sollen bei der Hauptversammlung am 17. Mai die letzten deutschen Kleinaktionäre aus dem Unternehmen herausgekauft werden. Das Unternehmen hatte zudem im November überraschend den Rückzug von der Börse verkündet.
So soll das Unternehmen jenseits der Zwänge, Quartalszahlen veröffentlichen zu müssen, in Ruhe wachsen können. Denn Geld von Börsenanlegern braucht Kuka nicht. Das hat die Muttergesellschaft genug. Zwischen 2016 und 2021 hat sich der Midea-Umsatz mehr als verdoppelt auf über 53 Milliarden US-Dollar. Ähnlich entwickelte sich der Gewinn.
Die Diskrepanz zwischen dem Erfolg von Midea und der Seitwärtsbewegung von Kuka, setzt das Kuka-Management unter Druck. Auch wenn man beide Branchen nur bedingt vergleichen kann und die Marktposition von Kuka eine andere ist. Die Weltmarktanteile des japanischen Marktführers Fanuc und des Schweizer-schwedischen Roboterherstellers ABB sind jeweils fast doppelt so groß wie die von Kuka. Es folgen ein japanischer und ein italienischer Hersteller. Kuka rangiert wie 2016 auf Platz fünf.
Midea will bis 2025 rund 800 Millionen Euro in Kukas Forschung und Entwicklung stecken. So viel wie noch nie. “Ein Löwenanteil davon geht nach Augsburg“, betont Mohnen, “denn dort entwickeln wir Steuerungen, Software und Mechatronik.”
Der Betriebsrat zieht mit. Aufsichtsratsvize Michael Leppek von der IG Metall stützt den Kurs: “Wir geben eine wenig effektive Börsennotierung auf gegen einen gemeinsamen Wachstumsplan und langfristige Zusagen für Kuka mit dem Schwerpunkt auf Produktion und Technologien.”
So hält die Verbindung einstweilen: Die Chinesen brauchen das Know-how der Deutschen; die Deutschen das Geld und das Netzwerk in China. Klar ist jedoch: Es muss immer auch in China entwickelt und produziert werden. Schon heute produziert Kuka in Shanghai und Shunde in der südchinesischen Provinz Guangdong, dem Hauptstandort von Midea.
Die Lebensversicherung für Augsburg: Bei Forschung und Entwicklung besser bleiben als die Chinesen. 2021 stellte Kuka auf der digitalen Hannover Messe Teile eines neuen Betriebssystems vor, mit dem das Programmieren von Robotern so einfach werden soll wie das Arbeiten am Computer.
Obwohl China schon jetzt den größten Bestand an Industrierobotern hat, stammt ein Großteil noch immer aus ausländischer Herstellung. Allein im Jahr 2020 wurden in China 168.000 Roboter neu installiert. Laut Branchenverband IFR lag der Marktanteil der ausländischen Anbieter zuletzt bei 73 Prozent.
Peking möchte das so schnell wie möglich ändern und hat einen zweiten Entwicklungsplan für die Robotik in den 14. Fünfjahresplan aufgenommen. Die Robotik sei “die Schlüsseltechnologie der modernen Industrie”, erklärt Song Xiaogang, der Generalsekretär der China Robot Industry Alliance (CRIA).
Bei der Roboterdichte – Maschinen pro 10.000 Arbeiter – liegt China mit 246 Einheiten im globalen Ranking auf Platz neun. 2017 war es noch der 25. Platz mit 49 Robotern. Weltweit führend in Sachen Industrie-Roboter ist derzeit Südkorea. Hier kamen im Jahr 2020 auf 10.000 Arbeiter 932 Roboter. Deutschland belegt mit 371 Einheiten den vierten Platz.
Die Chance von Kuka als chinesisches Unternehmen: Weltweit spielen chinesische Roboterbauer kaum eine Rolle. Innerhalb Chinas lieferten heimische Anbieter wie Efort und Siasun zuletzt um die 45.000 Roboter aus, was einem Marktanteil von 27 Prozent entspricht. Zweitdrittel des Marktes werden also noch von ausländischen Unternehmen bedient. Das will Peking ändern.
Seit Dezember liegen zwei Einschätzungen der Expertenkommission der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) mit großer Tragweite auf dem Tisch. Ihre Kraft entfalten können sie jedoch erst bei der anstehenden IAO-Jahreskonferenz ab 27. Mai in Genf. Die 110. Session der UN-Organisation wird Einzelheiten zur Sprache bringen, die der Volksrepublik China ein dramatisch schlechtes Zeugnis ausstellen.
In ihrem Bericht greifen die Experten zahlreiche Vorwürfe des Internationalen Gewerkschaftsbundes (IGB) auf. Demnach verletze die Volksrepublik die internationalen Konventionen durch ein “weit verbreitetes und systematisches” Zwangsarbeitsprogramm, von dem in erster Linie Uiguren und andere muslimische Minderheiten betroffen seien.
Der IGB geht davon aus, dass vor allem die Insassen der Internierungslager in Xinjiang unter Zwang arbeiten müssen. Seiner Schätzung nach sind dort bis zu 1,8 Millionen Menschen untergebracht. Indikator für die große Zahl sind die wachsenden Ausmaße der Lager. Der IGB hat 39 davon ausgemacht, deren Flächen sich seit 2017 verdreifacht haben. Ausführlich griff die Kommission in dem Bericht die gesammelten Anschuldigungen auf und formulierte daraus ihre Empfehlungen an die chinesische Regierung.
“Die Länge der Stellungnahmen zu China lassen darauf schließen, dass die Kommission diesen Einschätzungen starke Aufmerksamkeit verleihen will. Sie sind länger als normalerweise üblich”, sagt Tim DeMeyer, Senior Advisor der IAO in Genf.
Einen Vorgeschmack darauf, wie die IAO mit den Vorwürfen gegen China umgehen will, wird die Session geben. Dann treffen Vertreter aller Mitgliedsstaaten und die Geschäftsführung zusammen, um rund zwei Wochen lang über die Entwicklung in einzelnen Staaten zu diskutieren und die Verbesserung globaler Standards für Arbeiter:innen und deren Beschäftigungsverhältnisse zu erarbeiten und bestenfalls zu beschließen.
DeMeyer erkennt in der Stellungnahme der Kommission eine “klare Handlungsanweisung” an die Konferenz, um China zu Gegenmaßnahmen zu bewegen. Doch der Belgier, der früher unter anderem das IAO-Büro in Peking leitete, sagt auch: “Tatsache bleibt, dass wir es trotz der Autorität des IAO-Aufsichtssystems immer mit einem souveränen Staat zu tun haben, der niemals zum Handeln gezwungen werden kann.” Verfügbares Werkzeug bleibt einzig die Diplomatie.
Sprache statt Strafe. Die entscheidende Frage in Genf wird also sein, ob sich die Parteien von ihren unterschiedlichen Positionen aus annähern können. Der Sinologe Björn Alpermann von der Universität Würzburg ist skeptisch. “Ich kann mir nicht vorstellen, dass Chinas Vertreter nur einen Hauch von der offiziellen Position des Landes abweichen werden. Insofern ist die Konferenz in dieser Hinsicht eher ein zahnloser Tiger.”
Maßgeblichen Anteil an den kritischen Einschätzungen des IGB und der IAO-Expertenkommission hat die Arbeit von Adrian Zenz, dessen akribischen Recherchen das Ausmaß und die Systematik der Zwangsarbeit durch Uiguren in den vergangenen Jahren offenbart hat. Zenz erfuhr von chinesischer Seite Drohungen und Diffamierungen, auch weil er von den USA finanziert würde.
Sinologe Alpermann dagegen spricht von “innovativer Pionierarbeit”. Auch wenn er selbst “auf der Sachebene Kritik an einzelnen Details” übt, “ziehe ich den Hut davor.” Alpermann hält den Vorwurf der US-Finanzierung von Zenz für wenig stichhaltig. “Wenn es darum geht, welcher Wissenschaftler von wem bezahlt wird, dann dürfte ich keiner einzigen chinesischen akademischen Quelle mehr trauen können”, sagt er.
Bislang verteidigt Peking seine Haltung, dass die Vorwürfe einer systematischen Zwangsarbeit frei erfunden seien. Dennoch hatte die IAO-Kommission Ende vergangenen Jahres auf die Anschuldigungen hingewiesen. Im Rahmen ihrer Kompetenzen bat die Kommission die chinesische Regierung, diverse Schritte einzuleiten, um Missstände zu verbessern. Dabei müssen die Experten quasi über Umwege das Problem anvisieren. Denn zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Berichts hatte Peking die Konventionen 29 und 105, die sich explizit gegen Zwangsarbeit richten, noch nicht ratifiziert. Das geschah erst vor wenigen Wochen und ist damit für den IAO-Bericht nicht relevant.
Die erhobenen Vorwürfe werden stattdessen unter der von China im Januar 2006 ratifizierten Konvention 111 diskutiert. Diese richtet sich gegen Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt, beispielsweise wenn Arbeitnehmer:innen daran gehindert werden, ihren Arbeitsplatz auszuwählen. Die Kommission fordert China deshalb auf, seine Gesetzgebung gegen Diskriminierung zu präzisieren. “Wenn jemand unter Zwang arbeitet, hat er folglich nicht die Möglichkeit, seinen Arbeitsplatz frei zu wählen”, sagt Senior Advisor DeMeyer. So sei die Hoffnung, Verbesserungen beim Thema Zwangsarbeit über besseren Schutz vor Diskriminierung zu erreichen.
Doch so oder so mahlen die Mühlen der IAO langsam, zumal China mit seinem Sitz in der Geschäftsführung eine rasche Einigung auf einen Aktionsplan verschleppen kann. Mindestens dürften vier oder fünf Jahre ins Land ziehen. Aber unabhängig davon, wann es zu einem Entschluss kommt, wäre der nächste Schritt die Einrichtung eine unabhängige Untersuchungskommission, die den Vorwürfen gründlich nachgehen muss. “Ehrlicherweise muss man sagen, dass die Unterzeichnung der Zwangsarbeit-Konventionen durch die chinesische Regierung ein Zeichen dafür ist, dass das Land zuversichtlich ist, den Vorwurf der Zwangsarbeit ausräumen zu können”, sagt DeMeyer.
Sollte eine Untersuchungskommission jedoch zu dem Schluss kommen, dass die Vorwürfe stimmen, würde China die Zwangsarbeit rechtlich bindend verhindern müssen. Doch selbst für den Fall, dass dies nicht geschähe, wäre die Möglichkeiten zu Sanktionen durch die IAO begrenzt. Das zeigt das Beispiel Myanmar, das bislang als einziges Land der Geschichte bestraft worden ist. Die Sanktionen begrenzten sich darauf, Myanmar innerhalb der IAO weitgehend zu isolieren und die Mitgliedsstaaten aufzufordern, ihre Wirtschaftsbeziehungen mit Myanmar dahingehend zu überprüfen, ob sie in irgendeiner Form zum Einsatz von Zwangsarbeit beigetragen hatten.
Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Lockdowns in China werden immer deutlicher: Die Immobilienverkäufe sind im April so stark eingebrochen wie seit 16 Jahren nicht mehr; die Industrie drosselt ihre Produktion; der Einzelhandel setzt immer weniger um und die Investitionen sind unerwartet schwach. Derweil stieg die Arbeitslosenquote auf den höchsten Stand seit mehr als zwei Jahren.
Besonders drastisch ist die Talfahrt bei den Immobilienverkäufen: Sie sanken wertmäßig um 46,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat und damit so stark wie seit 2006 nicht mehr. Die eigentlich als Konjunkturmotor geltende Baubranche steht nicht nur wegen der Pandemie unter Druck. Die Regierung hat ihre Kampagne gegen Spekulanten verschärft – auch aus Furcht vor einer Immobilienblase. Zudem hat die Krise um den angeschlagenen Immobilienriesen Evergrande viele potenzielle Hauskäufer verschreckt, die befürchteten, dass ihre Projekte nicht fertiggestellt werden (China.Table berichtete).
Die Einzelhändler nahmen zugleich 11,1 Prozent weniger ein – der stärkste Rückgang seit März 2020, als die erste Welle der Pandemie zu Kunden- und Umsatzschwund führte. Inzwischen gerät auch der Arbeitsmarkt unter Druck: Die Arbeitslosenquote kletterte im April auf 6,1 Prozent, den höchsten Wert seit Februar 2020. Dabei strebt die Regierung für 2022 im Schnitt weniger als 5,5 Prozent an.
Die Produktion in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt schrumpfte im abgelaufenen Monat um 2,9 Prozent im Vergleich zum April 2021. Das schlägt sich auch im Strombedarf nieder, wie Lauri Myllyvirta vom Centre for Research on Energy and Clean Air berichtet: Die aus Kohle erzeugte Wärmekraft ging im April um 12 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat zurück, derweil die erneuerbaren Energien jeweils stark zulegen konnten: Wind plus 15 Prozent, Solar plus 25 Prozent und Wasserkraft plus 17 Prozent.
Ökonomen zufolge droht China das von der Regierung ausgegebene Wachstumsziel zu verfehlen, das für dieses Jahr ein Plus von rund 5,5 Prozent beim Bruttoinlandsprodukt vorsieht. Wegen der drakonischen Null-Covid-Politik hatte es schon im ersten Quartal nur zu einem Wachstum von 4,8 Prozent gereicht. rad/dpa
Chinas monatliche Chipproduktion ist dramatisch zurückgegangen – und zwar auf den niedrigsten Stand seit 2020. Die Produktion integrierter Schaltkreise ging im April gegenüber dem Vorjahr um 12,1 Prozent auf 25,9 Milliarden Einheiten zurück. Das teilte das Nationale Statistikamt in Peking am Montag mit.
Der Rückgang in der Chipproduktion hat weitreichende Folgen: In Industriezweigen, die auf Chips angewiesen sind, kam es zuletzt zu dramatischen Produktionseinbrüchen. So verzeichnete beispielsweise Chinas Autofertigung im vergangenen Monat gegenüber dem Vorjahr einen Rückgang um 43,5 Prozent. Die Produktion von Industrierobotern, die in Automontagebändern weit verbreitet sind, ging im vergangenen Monat gegenüber dem Vorjahr um 8,4 Prozent zurück.
Hinzu kommt Chinas strikte Null-Covid-Strategie: So wurde in Shanghai, wo vor dem Lockdown durchschnittlich rund 4.000 Fahrzeuge pro Tag verkauft wurden, im April kein einziges Fahrzeug verkauft. Das berichtet die Shanghai Automobile Dealers Association.
Derweil versucht China, die lokale Halbleiterproduktion anzukurbeln, um die Abhängigkeit von importierten Chips zu verringern. Im April vergangenen Jahres war die nationale Chipproduktion im Jahresvergleich um 29,4 Prozent auf 28,6 Milliarden Einheiten gestiegen. Auch die USA und die EU versuchen, ihren Anteil an der weltweiten Halbleiterproduktion zu steigern. Unter anderem wollen die USA China mit einer asiatischen Chip-Allianz auf dem Halbleitermarkt ausbremsen (China-Table berichtete). rad
Die Behörden in Shanghai haben eine Lockerung des Corona-Lockdowns für den 1. Juni angekündigt. Bei einer Pressekonferenz am Montag verkündete Vize-Bürgermeister Zong Ming die Absicht, im kommenden Monat eine strenge durch eine “normale Virus-Kontrolle” ersetzen zu wollen. Die Infektionszahlen in der Stadt waren zuletzt rückläufig. Der Lockdown schränkt das Leben der 25 Millionen Einwohner seit knapp zwei Monaten erheblich ein.
Zong sagte, dass Alltag und Produktivität in Shanghai vielleicht schon zur Monatsmitte, spätestens aber Ende Juni zur Normalität zurückkehren sollen. In der kommenden Woche soll der öffentliche Transport wieder aufgenommen werden. Einzelne Geschäfte haben bereits die Erlaubnis erhalten, wieder zu öffnen (China.Table berichtete). Doch viele Betreiber nehmen die Gelegenheit noch nicht wahr, wohl aus Angst davor, möglicherweise tage- oder wochenlang in ihrem Geschäft bleiben und dort auch übernachten zu müssen.
Die Zahl der täglichen Neuinfektionen in Shanghai war erstmals seit dem 24. März wieder unter einen vierstelligen Wert gefallen. In der Spitze waren es mehrere Zehntausend Ansteckungen binnen 24 Stunden. In den allermeisten Bezirken der Stadt gab es keine Übertragungen mehr, die sich außerhalb der isolierten Zonen ereignet haben.
Allerdings gab es bereits vor wenigen Wochen eine vergleichbare Situation, als in den vermeintlich virusfreien Gebieten dennoch neue Coronavirus-Fälle entdeckt worden waren und verlängerte Einschränkungen folgten. Viele Bürger:innen dürften sich auf die Ankündigung deswegen nur bedingt verlassen, auch weil Verlautbarung und Praxis während des Lockdowns häufig nicht übereinstimmten. Viele Betroffene klagten, dass es ihnen verboten war, Wohnungen oder Nachbarschaften zu verlassen, obwohl sie laut Regularien dazu berechtigt gewesen wären.
In Peking scheint ein Lockdown derweil weiterhin im Bereich des Möglichen. Die Infektionszahlen halten sich bislang in Grenzen, doch viele Maßnahmen schränken das Leben der Hauptstädter bereits jetzt ein. Tausende Student:innen der Tsinghua-Universität dürfen ihren Campus nicht mehr verlassen. Auch an der Peking Universität verschärfen sich die Maßnahmen. Die Uni errichtete eine Trennwand zwischen Campus und Wohnbereichen der Angestellten. In einem Video rissen Student:innen diese Wand jedoch ein. grz
Die Rivalität zwischen den USA und China könnte ein wichtiges Abkommen der Welthandelsorganisation (WTO) über die Herstellung von Covid-19-Impfstoffen zunichtemachen. Derzeit versuchen die WTO-Mitglieder, die Regeln für geistiges Eigentum von Covid-19-Impfstoffen zu lockern. Von einem solchen Abkommen würden vor allem Entwicklungsländer profitieren.
Doch die oberste US-Handelsbeamtin stellte am Montag in Genf klar, dass jedes WTO-Abkommen in Bezug auf Covid-19-Impfstoffe verhindern müsse, dass am Ende China davon profitiert. “Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt, die über Covid-Impfstoffe und mRNA-Technologie verfügt, braucht den Verzicht (auf Eigentumsschutz) nicht”, sagte die stellvertretende Handelsbeauftragte Maria Pagan gegenüber der Nachrichtenagentur Bloomberg. Auch Pekings Angebot, aus dem Abkommen auszusteigen, solange China nicht explizit darin aufgeführt werde, lehnte Pagan ab.
Bei der Regelung geht es um den Verzicht auf geistiges Eigentum an Impfstoffen. Die aktuellen Gespräche haben zum Ziel, die Herstellung von Coronavirus-Vakzinen ohne die Zustimmung der Patentrechtsinhaber zu genehmigen.
China hatte Einwände gegen eine Bestimmung erhoben, die laut Peking den Versand von Dosen an ärmere Länder verhindern würde. Der aktuelle Vorschlag enthält eine Fußnote, die China vom Versand der Vakzine ausschließen würde, da die Volksrepublik das einzige Entwicklungsland ist, das mehr als zehn Prozent der weltweiten Covid-19-Impfstoffdosen exportiert hat – und das wohl nicht ganz zufällig. (China.Table berichtete).
Die Zeit wird knapp. Um bei Ministertreffen vom 12. bis 15. Juni ein Abkommen zu erreichen, müssen sich die Staaten im Vorfeld noch einigen. Die WTO-Mitglieder trafen sich deshalb am Montag informell in Genf, um Gemeinsamkeiten zu finden. Laut einem anwesenden Beamten bezeichnete ein chinesischer Delegierter einen Verzicht als rote Linie. Das Abkommen muss die einstimmige Unterstützung aller 164 WTO-Mitglieder gewinnen, und jede Regierung kann die Annahme eines Verzichts auf geistiges Eigentum von Impfstoffen blockieren.
Die Weigerung der Biden-Regierung, Chinas Angebot anzunehmen, könnte das Abkommen deshalb zum Scheitern bringen. Es wäre Wasser auf die Mühlen der WTO-Kritiker, die das Abkommen als kritischen Test für die Relevanz der WTO ansehen. rad
Es ist gut 27 Jahre her, dass Gedhun Choekyi Nyima zum jüngsten politischen Gefangenen der Welt wurde. Es war der 17. Mai 1995, als chinesische Sicherheitskräfte den damals Sechsjährigen verschleppten. Bis heute gibt es kein überzeugendes Lebenszeichen von Nyima. Auch seine Eltern sind seit diesem Tag verschwunden.
Die von der Kommunistischen Partei offiziell verbreitete Version behauptet, dass der junge Mann ein normales Leben in China führe und nicht an die Öffentlichkeit möchte. Angeblich ließ er kürzlich ausrichten, dass die Welt seinen Wunsch nach Privatsphäre respektieren möge.
Aber warum in aller Welt sollte ein Staat in einem Sechsjährigen eine Gefahr für sein politisches System sehen und ihn deshalb entführen? Die Antwort liegt in der tief verankerten Sorge Pekings, der Buddhismus könnte unter den rund fünf Millionen Tibetern in der Volksrepublik stärker sein als deren Treue zur Partei.
Nyima ist eine Schlüsselfigur für den tibetischen Buddhismus. Vor 27 Jahren und drei Tagen wurde sein Schicksal besiegelt. Damals erkannte der Dalai Lama in dem Kind die Wiedergeburt des 11. Panchen Lama. Als solcher ist Nyima die spirituelle Nummer zwei im Glauben der Tibeter. In dieser Rolle hat er entscheidende Aufgaben für tibetischen Buddhismus zu erfüllen. Er ist verantwortlich dafür, die Reinkarnation des nächsten Dalai Lamas zu suchen. Auch dessen Ausbildung und Erziehung obliegen dem Panchen Lama.
Doch nur drei Tage nach seiner Ernennung verschwand das Kind samt seiner Eltern. Die KP brach ihre eigenen Gesetze, um den inzwischen 33-jährigen Mann von der Öffentlichkeit abzuschirmen. Die Suche nach ihm fällt umso schwieriger, als dass es nur ein einziges Foto von Nyima gibt, das ihn zeigt, als er sechs Jahre alt war. Die International Campaign for Tibet (ICT) hatte 2016 auf Basis dieses Fotos von einem Experten ein Phantombild des Mannes anfertigen lassen. Es zeigt den Panchen Lama so, wie er heute aussehen könnte.
Weil die Entführung im Ausland nicht vergessen wird und Menschenrechtsgruppen Jahr für Jahr an das Schicksal Nyimas erinnern, muss das chinesische Außenamt immer wieder Stellung beziehen. “Der sogenannte spirituelle Junge ist ein ganz normaler chinesischer Staatsbürger, der ein normales Leben führt”, sagte dessen Sprecher Ende April auf Nachfragen zu Nyimas Verbleib.
Das US-Außenministerium hatte dessen 33. Geburtstag zum Anlass genommen, eine abermalige Stellungnahme abzugeben. “Wir fordern die Behörden der Volksrepublik China auf, unverzüglich über den Aufenthaltsort und das Wohlergehen von Gedhun Choekyi Nyima Rechenschaft abzulegen und ihm zu gestatten, seine Menschenrechte und Grundfreiheiten im Einklang mit den internationalen Verpflichtungen der Volksrepublik China uneingeschränkt auszuüben”, hieß es darin. Peking sprach dagegen von einer “Schmierenkampagne” gegen China.
Das Regime präsentierte vor Jahren sogar einen eigenen Panchen Lama, der in Übereinstimmung mit der Ideologie der Partei versucht, die Tibeter auf seine Seite zu ziehen. Pekings Hoffnung ist es, die Buddhisten so unter Kontrolle zu bekommen, wie es weitgehend mit den Katholiken gelungen ist. Die Partei bietet einen Kompromiss, indem sie den Menschen den Glauben nicht verbietet, solange die sie unter dem Dach des Kommunismus praktizieren. Doch die allermeisten Tibeter erkennen darin einen faulen Kompromiss, weil die KP ihrer Ansicht nach nur eine Hülse bietet, das Sinnstiftende ihres Glaubens jedoch entkernt sehen. Marcel Grzanna
Du Wei, Chinas Botschafter in Israel, ist tot. Der 57 Jahre alte Diplomat war erst im Februar aus der Ukraine in den Nahen Osten gewechselt. Die Todesursache ist noch nicht bekannt, allerdings schloss die örtliche Polizei Fremdeinwirkung bereits aus.
Hoch hinaus will China immer, doch hier trifft es wahrlich zu: Das chinesische Flugschiff Jimu No.1 wurde am Mount Everest in eine Rekordhöhe von 9.032 Meter geschickt. Dort soll es Daten über Veränderungen in der Atmosphäre sammeln.
als vor sechs Jahren Kuka vom chinesischen Hausgerätehersteller Midea gekauft wurde, war der Aufschrei groß: Mit dem Roboterhersteller aus Augsburg würden deutsches Know-how und Technologie billigend nach China abgegeben. Kuka stehe exemplarisch für den Ausverkauf Deutschlands. Am heutigen Dienstag plant der chinesische Mutterkonzern Midea den nächsten großen Schritt in Sachen Kuka. Frank Sieren nimmt das zum Anlass, um Bilanz zu ziehen, ob sich die Übernahme für den chinesischen Besitzer bislang bezahlt gemacht hat.
Vor wenigen Wochen wartete China mit einer besonderen Überraschung auf: Peking ratifizierte plötzlich zwei internationale Arbeitsrechtskonventionen und sagte damit zu, mögliche Zwangsarbeit mit allen Mitteln verhindern zu wollen. Da passt es, dass in wenigen Tagen die Jahreskonferenz der Internationalen Arbeitsorganisation in Genf stattfindet. Dort wird China mit Vorwürfen konfrontiert werden, die kein gutes Licht auf die Volksrepublik werfen. Marcel Grzanna hat sich deshalb angeschaut, welche Maßnahmen die UN-Organisation gegenüber China ergreifen könnte.
Zudem möchte ich Sie noch auf unser heutiges Portrait hinweisen: Es handelt von einem jungen Chinesen, der im Alter von sechs Jahren verschwand – und seitdem nicht mehr gesehen wurde. Die Rede ist von Gedhun Choekyi Nyima, besser bekannt als der Panchen Lama, die spirituelle Nummer zwei im Glauben der Tibeter. Und genau hierin liegt die Brisanz.
Viele neue Erkenntnisse bei der Lektüre wünscht
Der größte deutsche Industrieroboterhersteller Kuka ist erfolgreich in das neue Geschäftsjahr gestartet. Zwischen Januar und März stiegen die Umsätze des Augsburger Konzerns um 18,3 Prozent auf 853,4 Millionen Euro. Kuka verzeichnete mit knapp 1,3 Milliarden Euro zudem ein um rund 42 Prozent höheres Auftragsvolumen. In China verdoppelte sich gar die Zahl der Aufträge. Die dortigen Umsätze stiegen um 61,2 Prozent. Noch liegen Deutschland und die USA mit 28 und 27 Prozent beim Konzernumsatz vorne. China folgt jedoch bereits auf Platz drei mit 17 Prozent.
Es wird auch höchste Zeit aus Sicht des chinesischen Managements, dass Kuka endlich abwirft, was der Name den neuen Besitzern versprochen hatte. Die Umsätze von Kuka bewegten sich jahrelang im Krebsgang: 2021 waren sie mit 3,3 Mrd. Euro nur etwas besser als 2016 mit 2,9 Mrd. Euro. Mideas Vizepräsident Andy Gu hatte bereits Druck gemacht und zeigte sich “definitiv nicht zufrieden” mit Kukas Abschneiden. Auch deshalb steht dem neuen Geschäftsführer Peter Mohnen in Alexander Tan nun ein chinesischer Finanzchef zur Seite.
Zumindest der Start ins neue Jahr könnte nun für die erhoffte Beschleunigung sorgen. Zumal die Prognosen gut sind. Laut einem Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG will Kuka den Umsatz in China bis 2024 um jährlich 30 Prozent steigern. Bis 2027 soll der Umsatz in der Volksrepublik von 589 Millionen Euro auf 2,35 Milliarden Euro klettern. Das wären 40 Prozent der Gesamterlöse, die dann vor allem mit auf den chinesischen Markt zugeschnittenen Kleinrobotern und Software generiert werden sollen.
2016 war Kuka mehrheitlich vom chinesischen Hausgerätehersteller Midea übernommen worden. Auch weil keine westlichen Gegenangebote gemacht wurden. In der Folge änderte die Bundesregierung sogar das Außenwirtschaftsgesetz, um in Zukunft mehr Mitspracherechte bei Firmenverkäufen zu haben. Inzwischen befinden sich mehr als 95 Prozent der Kuka-Anteile im Besitz von Midea. Wie kürzlich bekannt wurde, sollen bei der Hauptversammlung am 17. Mai die letzten deutschen Kleinaktionäre aus dem Unternehmen herausgekauft werden. Das Unternehmen hatte zudem im November überraschend den Rückzug von der Börse verkündet.
So soll das Unternehmen jenseits der Zwänge, Quartalszahlen veröffentlichen zu müssen, in Ruhe wachsen können. Denn Geld von Börsenanlegern braucht Kuka nicht. Das hat die Muttergesellschaft genug. Zwischen 2016 und 2021 hat sich der Midea-Umsatz mehr als verdoppelt auf über 53 Milliarden US-Dollar. Ähnlich entwickelte sich der Gewinn.
Die Diskrepanz zwischen dem Erfolg von Midea und der Seitwärtsbewegung von Kuka, setzt das Kuka-Management unter Druck. Auch wenn man beide Branchen nur bedingt vergleichen kann und die Marktposition von Kuka eine andere ist. Die Weltmarktanteile des japanischen Marktführers Fanuc und des Schweizer-schwedischen Roboterherstellers ABB sind jeweils fast doppelt so groß wie die von Kuka. Es folgen ein japanischer und ein italienischer Hersteller. Kuka rangiert wie 2016 auf Platz fünf.
Midea will bis 2025 rund 800 Millionen Euro in Kukas Forschung und Entwicklung stecken. So viel wie noch nie. “Ein Löwenanteil davon geht nach Augsburg“, betont Mohnen, “denn dort entwickeln wir Steuerungen, Software und Mechatronik.”
Der Betriebsrat zieht mit. Aufsichtsratsvize Michael Leppek von der IG Metall stützt den Kurs: “Wir geben eine wenig effektive Börsennotierung auf gegen einen gemeinsamen Wachstumsplan und langfristige Zusagen für Kuka mit dem Schwerpunkt auf Produktion und Technologien.”
So hält die Verbindung einstweilen: Die Chinesen brauchen das Know-how der Deutschen; die Deutschen das Geld und das Netzwerk in China. Klar ist jedoch: Es muss immer auch in China entwickelt und produziert werden. Schon heute produziert Kuka in Shanghai und Shunde in der südchinesischen Provinz Guangdong, dem Hauptstandort von Midea.
Die Lebensversicherung für Augsburg: Bei Forschung und Entwicklung besser bleiben als die Chinesen. 2021 stellte Kuka auf der digitalen Hannover Messe Teile eines neuen Betriebssystems vor, mit dem das Programmieren von Robotern so einfach werden soll wie das Arbeiten am Computer.
Obwohl China schon jetzt den größten Bestand an Industrierobotern hat, stammt ein Großteil noch immer aus ausländischer Herstellung. Allein im Jahr 2020 wurden in China 168.000 Roboter neu installiert. Laut Branchenverband IFR lag der Marktanteil der ausländischen Anbieter zuletzt bei 73 Prozent.
Peking möchte das so schnell wie möglich ändern und hat einen zweiten Entwicklungsplan für die Robotik in den 14. Fünfjahresplan aufgenommen. Die Robotik sei “die Schlüsseltechnologie der modernen Industrie”, erklärt Song Xiaogang, der Generalsekretär der China Robot Industry Alliance (CRIA).
Bei der Roboterdichte – Maschinen pro 10.000 Arbeiter – liegt China mit 246 Einheiten im globalen Ranking auf Platz neun. 2017 war es noch der 25. Platz mit 49 Robotern. Weltweit führend in Sachen Industrie-Roboter ist derzeit Südkorea. Hier kamen im Jahr 2020 auf 10.000 Arbeiter 932 Roboter. Deutschland belegt mit 371 Einheiten den vierten Platz.
Die Chance von Kuka als chinesisches Unternehmen: Weltweit spielen chinesische Roboterbauer kaum eine Rolle. Innerhalb Chinas lieferten heimische Anbieter wie Efort und Siasun zuletzt um die 45.000 Roboter aus, was einem Marktanteil von 27 Prozent entspricht. Zweitdrittel des Marktes werden also noch von ausländischen Unternehmen bedient. Das will Peking ändern.
Seit Dezember liegen zwei Einschätzungen der Expertenkommission der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) mit großer Tragweite auf dem Tisch. Ihre Kraft entfalten können sie jedoch erst bei der anstehenden IAO-Jahreskonferenz ab 27. Mai in Genf. Die 110. Session der UN-Organisation wird Einzelheiten zur Sprache bringen, die der Volksrepublik China ein dramatisch schlechtes Zeugnis ausstellen.
In ihrem Bericht greifen die Experten zahlreiche Vorwürfe des Internationalen Gewerkschaftsbundes (IGB) auf. Demnach verletze die Volksrepublik die internationalen Konventionen durch ein “weit verbreitetes und systematisches” Zwangsarbeitsprogramm, von dem in erster Linie Uiguren und andere muslimische Minderheiten betroffen seien.
Der IGB geht davon aus, dass vor allem die Insassen der Internierungslager in Xinjiang unter Zwang arbeiten müssen. Seiner Schätzung nach sind dort bis zu 1,8 Millionen Menschen untergebracht. Indikator für die große Zahl sind die wachsenden Ausmaße der Lager. Der IGB hat 39 davon ausgemacht, deren Flächen sich seit 2017 verdreifacht haben. Ausführlich griff die Kommission in dem Bericht die gesammelten Anschuldigungen auf und formulierte daraus ihre Empfehlungen an die chinesische Regierung.
“Die Länge der Stellungnahmen zu China lassen darauf schließen, dass die Kommission diesen Einschätzungen starke Aufmerksamkeit verleihen will. Sie sind länger als normalerweise üblich”, sagt Tim DeMeyer, Senior Advisor der IAO in Genf.
Einen Vorgeschmack darauf, wie die IAO mit den Vorwürfen gegen China umgehen will, wird die Session geben. Dann treffen Vertreter aller Mitgliedsstaaten und die Geschäftsführung zusammen, um rund zwei Wochen lang über die Entwicklung in einzelnen Staaten zu diskutieren und die Verbesserung globaler Standards für Arbeiter:innen und deren Beschäftigungsverhältnisse zu erarbeiten und bestenfalls zu beschließen.
DeMeyer erkennt in der Stellungnahme der Kommission eine “klare Handlungsanweisung” an die Konferenz, um China zu Gegenmaßnahmen zu bewegen. Doch der Belgier, der früher unter anderem das IAO-Büro in Peking leitete, sagt auch: “Tatsache bleibt, dass wir es trotz der Autorität des IAO-Aufsichtssystems immer mit einem souveränen Staat zu tun haben, der niemals zum Handeln gezwungen werden kann.” Verfügbares Werkzeug bleibt einzig die Diplomatie.
Sprache statt Strafe. Die entscheidende Frage in Genf wird also sein, ob sich die Parteien von ihren unterschiedlichen Positionen aus annähern können. Der Sinologe Björn Alpermann von der Universität Würzburg ist skeptisch. “Ich kann mir nicht vorstellen, dass Chinas Vertreter nur einen Hauch von der offiziellen Position des Landes abweichen werden. Insofern ist die Konferenz in dieser Hinsicht eher ein zahnloser Tiger.”
Maßgeblichen Anteil an den kritischen Einschätzungen des IGB und der IAO-Expertenkommission hat die Arbeit von Adrian Zenz, dessen akribischen Recherchen das Ausmaß und die Systematik der Zwangsarbeit durch Uiguren in den vergangenen Jahren offenbart hat. Zenz erfuhr von chinesischer Seite Drohungen und Diffamierungen, auch weil er von den USA finanziert würde.
Sinologe Alpermann dagegen spricht von “innovativer Pionierarbeit”. Auch wenn er selbst “auf der Sachebene Kritik an einzelnen Details” übt, “ziehe ich den Hut davor.” Alpermann hält den Vorwurf der US-Finanzierung von Zenz für wenig stichhaltig. “Wenn es darum geht, welcher Wissenschaftler von wem bezahlt wird, dann dürfte ich keiner einzigen chinesischen akademischen Quelle mehr trauen können”, sagt er.
Bislang verteidigt Peking seine Haltung, dass die Vorwürfe einer systematischen Zwangsarbeit frei erfunden seien. Dennoch hatte die IAO-Kommission Ende vergangenen Jahres auf die Anschuldigungen hingewiesen. Im Rahmen ihrer Kompetenzen bat die Kommission die chinesische Regierung, diverse Schritte einzuleiten, um Missstände zu verbessern. Dabei müssen die Experten quasi über Umwege das Problem anvisieren. Denn zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Berichts hatte Peking die Konventionen 29 und 105, die sich explizit gegen Zwangsarbeit richten, noch nicht ratifiziert. Das geschah erst vor wenigen Wochen und ist damit für den IAO-Bericht nicht relevant.
Die erhobenen Vorwürfe werden stattdessen unter der von China im Januar 2006 ratifizierten Konvention 111 diskutiert. Diese richtet sich gegen Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt, beispielsweise wenn Arbeitnehmer:innen daran gehindert werden, ihren Arbeitsplatz auszuwählen. Die Kommission fordert China deshalb auf, seine Gesetzgebung gegen Diskriminierung zu präzisieren. “Wenn jemand unter Zwang arbeitet, hat er folglich nicht die Möglichkeit, seinen Arbeitsplatz frei zu wählen”, sagt Senior Advisor DeMeyer. So sei die Hoffnung, Verbesserungen beim Thema Zwangsarbeit über besseren Schutz vor Diskriminierung zu erreichen.
Doch so oder so mahlen die Mühlen der IAO langsam, zumal China mit seinem Sitz in der Geschäftsführung eine rasche Einigung auf einen Aktionsplan verschleppen kann. Mindestens dürften vier oder fünf Jahre ins Land ziehen. Aber unabhängig davon, wann es zu einem Entschluss kommt, wäre der nächste Schritt die Einrichtung eine unabhängige Untersuchungskommission, die den Vorwürfen gründlich nachgehen muss. “Ehrlicherweise muss man sagen, dass die Unterzeichnung der Zwangsarbeit-Konventionen durch die chinesische Regierung ein Zeichen dafür ist, dass das Land zuversichtlich ist, den Vorwurf der Zwangsarbeit ausräumen zu können”, sagt DeMeyer.
Sollte eine Untersuchungskommission jedoch zu dem Schluss kommen, dass die Vorwürfe stimmen, würde China die Zwangsarbeit rechtlich bindend verhindern müssen. Doch selbst für den Fall, dass dies nicht geschähe, wäre die Möglichkeiten zu Sanktionen durch die IAO begrenzt. Das zeigt das Beispiel Myanmar, das bislang als einziges Land der Geschichte bestraft worden ist. Die Sanktionen begrenzten sich darauf, Myanmar innerhalb der IAO weitgehend zu isolieren und die Mitgliedsstaaten aufzufordern, ihre Wirtschaftsbeziehungen mit Myanmar dahingehend zu überprüfen, ob sie in irgendeiner Form zum Einsatz von Zwangsarbeit beigetragen hatten.
Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Lockdowns in China werden immer deutlicher: Die Immobilienverkäufe sind im April so stark eingebrochen wie seit 16 Jahren nicht mehr; die Industrie drosselt ihre Produktion; der Einzelhandel setzt immer weniger um und die Investitionen sind unerwartet schwach. Derweil stieg die Arbeitslosenquote auf den höchsten Stand seit mehr als zwei Jahren.
Besonders drastisch ist die Talfahrt bei den Immobilienverkäufen: Sie sanken wertmäßig um 46,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat und damit so stark wie seit 2006 nicht mehr. Die eigentlich als Konjunkturmotor geltende Baubranche steht nicht nur wegen der Pandemie unter Druck. Die Regierung hat ihre Kampagne gegen Spekulanten verschärft – auch aus Furcht vor einer Immobilienblase. Zudem hat die Krise um den angeschlagenen Immobilienriesen Evergrande viele potenzielle Hauskäufer verschreckt, die befürchteten, dass ihre Projekte nicht fertiggestellt werden (China.Table berichtete).
Die Einzelhändler nahmen zugleich 11,1 Prozent weniger ein – der stärkste Rückgang seit März 2020, als die erste Welle der Pandemie zu Kunden- und Umsatzschwund führte. Inzwischen gerät auch der Arbeitsmarkt unter Druck: Die Arbeitslosenquote kletterte im April auf 6,1 Prozent, den höchsten Wert seit Februar 2020. Dabei strebt die Regierung für 2022 im Schnitt weniger als 5,5 Prozent an.
Die Produktion in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt schrumpfte im abgelaufenen Monat um 2,9 Prozent im Vergleich zum April 2021. Das schlägt sich auch im Strombedarf nieder, wie Lauri Myllyvirta vom Centre for Research on Energy and Clean Air berichtet: Die aus Kohle erzeugte Wärmekraft ging im April um 12 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat zurück, derweil die erneuerbaren Energien jeweils stark zulegen konnten: Wind plus 15 Prozent, Solar plus 25 Prozent und Wasserkraft plus 17 Prozent.
Ökonomen zufolge droht China das von der Regierung ausgegebene Wachstumsziel zu verfehlen, das für dieses Jahr ein Plus von rund 5,5 Prozent beim Bruttoinlandsprodukt vorsieht. Wegen der drakonischen Null-Covid-Politik hatte es schon im ersten Quartal nur zu einem Wachstum von 4,8 Prozent gereicht. rad/dpa
Chinas monatliche Chipproduktion ist dramatisch zurückgegangen – und zwar auf den niedrigsten Stand seit 2020. Die Produktion integrierter Schaltkreise ging im April gegenüber dem Vorjahr um 12,1 Prozent auf 25,9 Milliarden Einheiten zurück. Das teilte das Nationale Statistikamt in Peking am Montag mit.
Der Rückgang in der Chipproduktion hat weitreichende Folgen: In Industriezweigen, die auf Chips angewiesen sind, kam es zuletzt zu dramatischen Produktionseinbrüchen. So verzeichnete beispielsweise Chinas Autofertigung im vergangenen Monat gegenüber dem Vorjahr einen Rückgang um 43,5 Prozent. Die Produktion von Industrierobotern, die in Automontagebändern weit verbreitet sind, ging im vergangenen Monat gegenüber dem Vorjahr um 8,4 Prozent zurück.
Hinzu kommt Chinas strikte Null-Covid-Strategie: So wurde in Shanghai, wo vor dem Lockdown durchschnittlich rund 4.000 Fahrzeuge pro Tag verkauft wurden, im April kein einziges Fahrzeug verkauft. Das berichtet die Shanghai Automobile Dealers Association.
Derweil versucht China, die lokale Halbleiterproduktion anzukurbeln, um die Abhängigkeit von importierten Chips zu verringern. Im April vergangenen Jahres war die nationale Chipproduktion im Jahresvergleich um 29,4 Prozent auf 28,6 Milliarden Einheiten gestiegen. Auch die USA und die EU versuchen, ihren Anteil an der weltweiten Halbleiterproduktion zu steigern. Unter anderem wollen die USA China mit einer asiatischen Chip-Allianz auf dem Halbleitermarkt ausbremsen (China-Table berichtete). rad
Die Behörden in Shanghai haben eine Lockerung des Corona-Lockdowns für den 1. Juni angekündigt. Bei einer Pressekonferenz am Montag verkündete Vize-Bürgermeister Zong Ming die Absicht, im kommenden Monat eine strenge durch eine “normale Virus-Kontrolle” ersetzen zu wollen. Die Infektionszahlen in der Stadt waren zuletzt rückläufig. Der Lockdown schränkt das Leben der 25 Millionen Einwohner seit knapp zwei Monaten erheblich ein.
Zong sagte, dass Alltag und Produktivität in Shanghai vielleicht schon zur Monatsmitte, spätestens aber Ende Juni zur Normalität zurückkehren sollen. In der kommenden Woche soll der öffentliche Transport wieder aufgenommen werden. Einzelne Geschäfte haben bereits die Erlaubnis erhalten, wieder zu öffnen (China.Table berichtete). Doch viele Betreiber nehmen die Gelegenheit noch nicht wahr, wohl aus Angst davor, möglicherweise tage- oder wochenlang in ihrem Geschäft bleiben und dort auch übernachten zu müssen.
Die Zahl der täglichen Neuinfektionen in Shanghai war erstmals seit dem 24. März wieder unter einen vierstelligen Wert gefallen. In der Spitze waren es mehrere Zehntausend Ansteckungen binnen 24 Stunden. In den allermeisten Bezirken der Stadt gab es keine Übertragungen mehr, die sich außerhalb der isolierten Zonen ereignet haben.
Allerdings gab es bereits vor wenigen Wochen eine vergleichbare Situation, als in den vermeintlich virusfreien Gebieten dennoch neue Coronavirus-Fälle entdeckt worden waren und verlängerte Einschränkungen folgten. Viele Bürger:innen dürften sich auf die Ankündigung deswegen nur bedingt verlassen, auch weil Verlautbarung und Praxis während des Lockdowns häufig nicht übereinstimmten. Viele Betroffene klagten, dass es ihnen verboten war, Wohnungen oder Nachbarschaften zu verlassen, obwohl sie laut Regularien dazu berechtigt gewesen wären.
In Peking scheint ein Lockdown derweil weiterhin im Bereich des Möglichen. Die Infektionszahlen halten sich bislang in Grenzen, doch viele Maßnahmen schränken das Leben der Hauptstädter bereits jetzt ein. Tausende Student:innen der Tsinghua-Universität dürfen ihren Campus nicht mehr verlassen. Auch an der Peking Universität verschärfen sich die Maßnahmen. Die Uni errichtete eine Trennwand zwischen Campus und Wohnbereichen der Angestellten. In einem Video rissen Student:innen diese Wand jedoch ein. grz
Die Rivalität zwischen den USA und China könnte ein wichtiges Abkommen der Welthandelsorganisation (WTO) über die Herstellung von Covid-19-Impfstoffen zunichtemachen. Derzeit versuchen die WTO-Mitglieder, die Regeln für geistiges Eigentum von Covid-19-Impfstoffen zu lockern. Von einem solchen Abkommen würden vor allem Entwicklungsländer profitieren.
Doch die oberste US-Handelsbeamtin stellte am Montag in Genf klar, dass jedes WTO-Abkommen in Bezug auf Covid-19-Impfstoffe verhindern müsse, dass am Ende China davon profitiert. “Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt, die über Covid-Impfstoffe und mRNA-Technologie verfügt, braucht den Verzicht (auf Eigentumsschutz) nicht”, sagte die stellvertretende Handelsbeauftragte Maria Pagan gegenüber der Nachrichtenagentur Bloomberg. Auch Pekings Angebot, aus dem Abkommen auszusteigen, solange China nicht explizit darin aufgeführt werde, lehnte Pagan ab.
Bei der Regelung geht es um den Verzicht auf geistiges Eigentum an Impfstoffen. Die aktuellen Gespräche haben zum Ziel, die Herstellung von Coronavirus-Vakzinen ohne die Zustimmung der Patentrechtsinhaber zu genehmigen.
China hatte Einwände gegen eine Bestimmung erhoben, die laut Peking den Versand von Dosen an ärmere Länder verhindern würde. Der aktuelle Vorschlag enthält eine Fußnote, die China vom Versand der Vakzine ausschließen würde, da die Volksrepublik das einzige Entwicklungsland ist, das mehr als zehn Prozent der weltweiten Covid-19-Impfstoffdosen exportiert hat – und das wohl nicht ganz zufällig. (China.Table berichtete).
Die Zeit wird knapp. Um bei Ministertreffen vom 12. bis 15. Juni ein Abkommen zu erreichen, müssen sich die Staaten im Vorfeld noch einigen. Die WTO-Mitglieder trafen sich deshalb am Montag informell in Genf, um Gemeinsamkeiten zu finden. Laut einem anwesenden Beamten bezeichnete ein chinesischer Delegierter einen Verzicht als rote Linie. Das Abkommen muss die einstimmige Unterstützung aller 164 WTO-Mitglieder gewinnen, und jede Regierung kann die Annahme eines Verzichts auf geistiges Eigentum von Impfstoffen blockieren.
Die Weigerung der Biden-Regierung, Chinas Angebot anzunehmen, könnte das Abkommen deshalb zum Scheitern bringen. Es wäre Wasser auf die Mühlen der WTO-Kritiker, die das Abkommen als kritischen Test für die Relevanz der WTO ansehen. rad
Es ist gut 27 Jahre her, dass Gedhun Choekyi Nyima zum jüngsten politischen Gefangenen der Welt wurde. Es war der 17. Mai 1995, als chinesische Sicherheitskräfte den damals Sechsjährigen verschleppten. Bis heute gibt es kein überzeugendes Lebenszeichen von Nyima. Auch seine Eltern sind seit diesem Tag verschwunden.
Die von der Kommunistischen Partei offiziell verbreitete Version behauptet, dass der junge Mann ein normales Leben in China führe und nicht an die Öffentlichkeit möchte. Angeblich ließ er kürzlich ausrichten, dass die Welt seinen Wunsch nach Privatsphäre respektieren möge.
Aber warum in aller Welt sollte ein Staat in einem Sechsjährigen eine Gefahr für sein politisches System sehen und ihn deshalb entführen? Die Antwort liegt in der tief verankerten Sorge Pekings, der Buddhismus könnte unter den rund fünf Millionen Tibetern in der Volksrepublik stärker sein als deren Treue zur Partei.
Nyima ist eine Schlüsselfigur für den tibetischen Buddhismus. Vor 27 Jahren und drei Tagen wurde sein Schicksal besiegelt. Damals erkannte der Dalai Lama in dem Kind die Wiedergeburt des 11. Panchen Lama. Als solcher ist Nyima die spirituelle Nummer zwei im Glauben der Tibeter. In dieser Rolle hat er entscheidende Aufgaben für tibetischen Buddhismus zu erfüllen. Er ist verantwortlich dafür, die Reinkarnation des nächsten Dalai Lamas zu suchen. Auch dessen Ausbildung und Erziehung obliegen dem Panchen Lama.
Doch nur drei Tage nach seiner Ernennung verschwand das Kind samt seiner Eltern. Die KP brach ihre eigenen Gesetze, um den inzwischen 33-jährigen Mann von der Öffentlichkeit abzuschirmen. Die Suche nach ihm fällt umso schwieriger, als dass es nur ein einziges Foto von Nyima gibt, das ihn zeigt, als er sechs Jahre alt war. Die International Campaign for Tibet (ICT) hatte 2016 auf Basis dieses Fotos von einem Experten ein Phantombild des Mannes anfertigen lassen. Es zeigt den Panchen Lama so, wie er heute aussehen könnte.
Weil die Entführung im Ausland nicht vergessen wird und Menschenrechtsgruppen Jahr für Jahr an das Schicksal Nyimas erinnern, muss das chinesische Außenamt immer wieder Stellung beziehen. “Der sogenannte spirituelle Junge ist ein ganz normaler chinesischer Staatsbürger, der ein normales Leben führt”, sagte dessen Sprecher Ende April auf Nachfragen zu Nyimas Verbleib.
Das US-Außenministerium hatte dessen 33. Geburtstag zum Anlass genommen, eine abermalige Stellungnahme abzugeben. “Wir fordern die Behörden der Volksrepublik China auf, unverzüglich über den Aufenthaltsort und das Wohlergehen von Gedhun Choekyi Nyima Rechenschaft abzulegen und ihm zu gestatten, seine Menschenrechte und Grundfreiheiten im Einklang mit den internationalen Verpflichtungen der Volksrepublik China uneingeschränkt auszuüben”, hieß es darin. Peking sprach dagegen von einer “Schmierenkampagne” gegen China.
Das Regime präsentierte vor Jahren sogar einen eigenen Panchen Lama, der in Übereinstimmung mit der Ideologie der Partei versucht, die Tibeter auf seine Seite zu ziehen. Pekings Hoffnung ist es, die Buddhisten so unter Kontrolle zu bekommen, wie es weitgehend mit den Katholiken gelungen ist. Die Partei bietet einen Kompromiss, indem sie den Menschen den Glauben nicht verbietet, solange die sie unter dem Dach des Kommunismus praktizieren. Doch die allermeisten Tibeter erkennen darin einen faulen Kompromiss, weil die KP ihrer Ansicht nach nur eine Hülse bietet, das Sinnstiftende ihres Glaubens jedoch entkernt sehen. Marcel Grzanna
Du Wei, Chinas Botschafter in Israel, ist tot. Der 57 Jahre alte Diplomat war erst im Februar aus der Ukraine in den Nahen Osten gewechselt. Die Todesursache ist noch nicht bekannt, allerdings schloss die örtliche Polizei Fremdeinwirkung bereits aus.
Hoch hinaus will China immer, doch hier trifft es wahrlich zu: Das chinesische Flugschiff Jimu No.1 wurde am Mount Everest in eine Rekordhöhe von 9.032 Meter geschickt. Dort soll es Daten über Veränderungen in der Atmosphäre sammeln.