nachdem Xi Jinping es mit der “historischen Resolution” geschafft hat, der Kommunistischen Partei seinen Stempel aufzudrücken, hat er nun die nötige Beinfreiheit. Und die will Xi nutzen, um auch Gesellschaft und Wirtschaft nach seinen Ideen zu gestalten. “Gemeinsamer Wohlstand” nennt der Staatschef sein Prinzip, das weniger auf Umverteilung als auf Aufstiegschancen setzt. Nico Beckert hat die Schriften Xis zum Thema einmal unter die Lupe genommen.
In Dubai läuft die Expo2020, die wie alle Großereignisse aufgrund der Corona-Pandemie verschoben wurde. Marcel Grzanna ist in das Emirat geflogen und hat sich dort den chinesischen Pavillon angeschaut. Sein Fazit: Mehr Prunk als Inhalte. Auch mit dem Pavillon auf der Weltausstellung spiegele China vor allem seine Selbstwahrnehmung.
Nichts dringt derweil aus dem VW-Konzern über die Gründe für die Ablösung seines China-Chefs Stephan Wöllenstein. Sicher, der Absatz der Elektroautos läuft in China nicht wie geplant. Aber VW ist immer noch Marktführer. Und wer ist überhaupt für das Schlamassel verantwortlich? Christian Domke Seidel hat sich die Umstände des noch immer nicht bestätigten Personalwechsels genauer angesehen.
Eine spannende Lektüre wünscht
Chinas Führung hat den “gemeinsamen Wohlstand” (“Common Prosperity”) zu einem zentralen politischen Ziel der nächsten Jahrzehnte erklärt. Die wachsende Ungleichheit in China beunruhigt die politisch Verantwortlichen: Diese Ungleichheit dürfe nicht zu einer “unüberbrückbaren Kluft” werden, sagt Präsident Xi Jinping. Er mahnt, China müsse eine “Polarisierung der Gesellschaft verhindern, den gemeinsamen Wohlstand fördern” und soziale Stabilität verwirklichen.
Zwar ist der Begriff des gemeinsamen Wohlstands nicht neu. Schon Mao Zedong und Deng Xiaoping haben ihn verwendet. Doch Xi könnte das alte Ziel wiederbeleben und damit sein politisches Erbe definieren. Die Konsequenzen des Konzepts “für die chinesische Politik, Gesellschaft und Wirtschaft werden wahrscheinlich weitreichend und lang anhaltend sein“, schreiben die Analysten der Beratungsagentur Trivium China.
Chinas Wirtschaftswachstum der letzten 40 Jahre hat Millionen Menschen ein besseres Leben ermöglicht. Doch gleichzeitig spaltete sich die einst homogene Gesellschaft zunehmend in Arm und Reich. China hat heute mehr Milliardäre als die USA, das Mutterland des Kapitalismus. Und während die einen ihren Reichtum mit teuren Autos, Gucci-Taschen und Luxusuhren zelebrieren, ist das Aufstiegsversprechen für die große Mehrheit zu einem fernen Traum geworden. Eine Heerschar von “Gig-Workern” schuftet zu geringen Löhnen, beispielsweise als Lieferbote. Ein Teil der Jugend ist desillusioniert und protestiert mit “Nichts-Tun” (China.Table berichtete).
Die steigende Ungleichheit zeigt sich auch in Zahlen: Die reichsten zehn Prozent der Chinesen hielten in den frühen 1990er-Jahren gut 40 bis 50 Prozent des gesamten Vermögens. 2019 waren es 70 Prozent. Der als Indikator für Ungleichheit international verwendete Gini-Koeffizient zeigt Einkommensanteile der verschiedenen Bevölkerungsgruppen auf. Liegt der Koeffizient bei null, verdienen alle Bürger das gleiche Einkommen. Liegt er bei eins, konzentriert sich das gesamte Einkommen auf eine einzelne Person. In China liegt der Koeffizient nach Daten des chinesischen Statistikamts bei 0,47. Schon ein Wert von 0,4 gilt als Warnsignal. Hinzu kommt ein massives Gefälle zwischen Stadt und Land. “Städtische Chinesen verdienen ungefähr 2,5-mal so viel wie ihre Mitbürger auf dem Land”, sagt der chinesische Ökonom Li Shi.
Bisher gibt es noch keine konkreten Vorgaben, wie das Ziel des “gemeinsamen Wohlstands” erreicht werden soll. Ein Artikel Xis in der Parteizeitschrift Qiushi deutet aber mögliche Inhalte an. Seine Aussagen sind ein Mix aus Hilfe zur Selbsthilfe, Reformen für mehr Chancengleichheit und der Beschränkung von “exzessivem Reichtum“.
Xis Artikel verdeutlicht, dass es kaum zu einer radikalen Umverteilung kommen wird. In vielen Passagen steht der Einzelne im Mittelpunkt. Gemeinsamer Wohlstand und Glück entstünden durch “harte Arbeit”, schreibt Xi darin. Größere Aufstiegschancen in die Mittelklasse sollen durch bessere Bildung und Ausbildung erreicht werden. Der Staatschef spricht, ganz wie ein westlicher Kapitalist, vom “Humankapital”, das durch Investitionen erhöht werden soll.
Auch solle die “Reform des Systems zur Registrierung von Haushalten vertieft” werden, sagt Xi. Durch eine Reform des rigiden Hukou-Systems aus der Mao-Ära soll die Chancengleichheit von Wanderarbeitern und ihre Kinder verbessert werden. Sie würden einen besseren Zugang zu Bildung und Gesundheitsvorsorge erhalten. Derzeit ist dieser Zugang sehr eingeschränkt und teuer. (China.Table berichtete).
Ein Sozialstaat westlichen Vorbilds steht dagegen kaum auf der Agenda Xis. Bis 2035 soll zwar der Zugang zu “grundlegenden öffentlichen Dienstleistungen” angeglichen sein. Dazu zählen die Verbesserung des Renten- und Gesundheitssystems sowie der Zugang zu einem System der sozialen Mindestsicherung. Auch die hohen Wohnkosten sollen bekämpft werden. Doch gleichzeitig warnt Xi vor “der Falle des Wohlfahrtsdenkens”, die ihm zufolge “Faulheit fördert”.
Hohe Einkommen verdammt Xi Jinping nicht per se. Er hält an Dengs Maxime fest, dass einige Chinesen “zuerst reich werden” dürften. Doch die Reichen müssten die Ärmeren unterstützen, auch zu Wohlstand zu kommen. So ermutigt Xi Wohlhabende zum Spenden. “Exzessiv hohe Einkommen” solle der Staat “vernünftig begrenzen”, so Xi. Auch beim Steuersystem könnte es zu Reformen kommen: Xi nennt hier eine Verbesserung der Einkommenssteuern, die Einführung einer Grundsteuer und Anpassungen bei den Verbrauchersteuern als mögliche Lösungen.
Das Thema “Common Prosperity” hat unter Wirtschaftsvertretern schon für Unruhe gesorgt. Wohl auch, weil Xis Aussagen im Zusammenhang mit möglichen Wirtschaftsreformen am widersprüchlichsten sind. Einerseits will Xi der “unkontrollierten Expansion des Kapitals entgegentreten” und eine Negativliste für den Marktzugang in sensiblen Sektoren aufstellen. Andererseits will er die “geregelte und gesunde Entwicklung aller Arten des Kapitals erleichtern” und Unternehmertum fördern. Mit solchen Aussagen hält sich Xi viel Spielraum über die zukünftige Ausgestaltung der Wirtschaftspolitik offen.
So häufig die Führungskader den Begriff des “gemeinsamen Wohlstands” auch benutzen: Bisher geschah in China wenig, um eine wirksame Umverteilung zu erzielen. Zwar hat die Regierung die Tech-, Immobilien- und Nachhilfe-Sektoren stärker reguliert. Doch vieles davon geschah eher in Kampagnen-Form. Tech-Unternehmen zu gängeln und Milliardäre zu Philanthropie zu drängen, ist viel einfacher als echte Reformen anzuschieben.
Eine echte Umverteilung bräuchte jedoch solch tiefere Reformen, ist Mary Gallagher überzeugt. Sie ist Direktorin des Center for Chinese Studies der Universität Michigan. Im Vergleich zu seinem Vorgänger Hu Jintao habe Xi nur sehr wenige echte Veränderungen auf den Weg gebracht. “Die Regierung Xi hat keine neuen Sozialreformen oder Gesetze umgesetzt, die die Aufteilung des Kuchens wesentlich verändern“, schreibt Gallagher. “Seine Pläne für die Grundsteuer wurden eingeschränkt, und die Hukou-Reform scheitert nach wie vor am Widerstand der lokalen Behörden und der Stadtbewohner.”
Auch die Ziele eines Pilotprojekts zum gemeinsamen Wohlstand in der Provinz Zhejiang sind bisher sehr vage und wenig ambitioniert. Xi selbst bat in seinem Artikel um Geduld. Bis 2035 solle China “substanzielle Fortschritte” machen, bevor dann bis 2050 der “gemeinsame Wohlstand für alle” erreicht sein werde.
Der Fokus des Präsidenten auf dem “gemeinsamen Wohlstand” könnte eine neue Ära in der chinesischen Politik einleiten, sagen die Berater von Trivium China. Xi Jinping könnte damit versuchen, den kommenden Jahrzehnten seinen Stempel aufzudrücken und mit der Reformära Deng Xiaopings zu brechen. Deswegen hält Xi die Inhalte auch noch so vage. So können sich vorerst alle Fraktionen der KP Chinas in dem Konzept wiederfinden. Die “Linken” begeistern sich für die Reduzierung der Ungleichheit, die “Rechten” sind angetan von der “Chancengleichheit” und dem Aufstiegsversprechen durch Fleiß. Was am Ende dabei herauskommt, ist völlig offen.
Die politische Komponente des chinesischen Pavillons bei der Expo 2020 in Dubai wird schon im Eingangsbereich deutlich. Niemand Geringeres als Staatschef Xi Jinping blickt den Besucherinnen und Besuchern von einer TV-großen Fotografie auf einer ansonsten kahlen Wand entgegen. Das Bild stammt aus dem Jahr 2018. Prachtvoll gerahmt zeigt es Xi zwischen Dubais Premierminister Scheich Mohammed bin Rashid Al Maktoum und dem Kronprinzen von Abu Dhabi, Mohammed bin Zayed Al Nahyan.
Herzlich willkommen im “Licht Chinas”, einem äußerlich prachtvollen Pavillon in der Form eines Lampions. Er leuchtet dank einer 360-Grad-LED-Fassade, gebaut vom Schweizer Temporärbau-Spezialisten Nüssli. Wer sich hier allerdings eine fantasievolle und inspirierende Darstellung chinesischer Zukunftsvisionen erhofft, wird enttäuscht. Der Auftritt der zweitgrößten Volkswirtschaft bei der Expo 2020 in Dubai ist eine Projektionsfläche chinesischer Selbstwahrnehmung und geizt nicht mit eindeutigen Inhalten.
Das Expo-Thema “Connecting Minds, Creating the Future” darf jede der 192 teilnehmenden Nationen so interpretieren, wie sie es gerne möchte. Der deutsche Pavillon regt beispeilsweise seine Besucher:innen interaktiv zum Mitmachen und Nachdenken an und stellt innovative Lösungen für Stadtentwicklung oder Energieeffizienz in der Zukunft vor. Dagegen haben sich die kreativen Köpfe hinter dem chinesischen Konzept für ein Feuerwerk an Superlativen entschieden. Chinas technologische Errungenschaften in den Bereichen Raumfahrt, Informationstechnologie, Verkehr, Künstliche Intelligenz und Smartes Leben verknüpften sie mit den üblichen Versprechen an die Welt: “Win-Win”, so wie es ein Kurzfilm auf ringförmiger Kinoleinwand versichert. China werde “mit anderen Ländern zusammenarbeiten”, wenn es um globale Lösungen für die Klimakrise geht.
Die Gäste werden auf ihrem Rundgang auch darin erinnert, dass die Volksrepublik sich immer noch als “das größte Entwicklungsland der Welt” sieht und die Menschheit eine “Schicksalsgemeinschaft” bilde. Der Terminus ist eine Schöpfung Xis und gilt als chinesische Antwort auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Mit diesem Begriff will sich die Volksrepublik aus dem Würgegriff internationaler Konventionen befreien.
Mindestens zwei Millionen Menschen möchten die Macher des chinesischen Pavillons bis Ende März kommenden Jahres anziehen. Eine der Hostessen sagt, man befinde sich auf einem guten Weg. An den Wochenendtagen des ersten Monats der Expo seien es bis zu 10.000 Besucher:innen gewesen.
Einige Hundert versammeln sich zudem allabendlich vor dem Pavillon. Täglich um 20.00 Uhr startet über dem Gebäude eine Lichtshow. 150 Drohnen steigen in die Luft und tanzen leuchtende Muster in den Nachthimmel. Bei den benachbarten Österreichern bleibt deshalb für zehn Minuten der Seitenflügel geschlossen. “Nur zur Vorsicht”, wie die chinesische Seite erbittet.
Bei den belarussischen Nachbarn auf der anderen Seite hat die 19-jährige Leyla einen Job gefunden. Sie ist Kanadierin mit tunesischen Wurzeln und lebt seit zehn Jahren mit ihren Eltern in Dubai. Der belarussische Pavillon profitiert – ebenso wie Österreich auf der anderen Seite – von der Strahlkraft des chinesischen Pavillons. Wer in China vorbei schaut, nimmt im Anschluss eben gerne noch die weniger prominenten Auftritte gleich nebenan mit. Denn das riesige Expo-Gelände verlangt nach effizienter Routenplanung. “Viele sagen mir, sie seien enttäuscht von dem chinesischen Pavillon“, sagt Leyla. Sie selbst hatte noch keine Zeit für eine Stippvisite. “Aber die Lichtshow ist cool”, meint sie.
Die 30-Jährige Kamila aus dem Libanon zählt zu denen, die sich mehr versprochen hatten. Sie sitzt auf einem Hocker vor einer Großbildleinwand und spielt mit ihrem Handy. “Bis hierhin fand ich den Pavillon nicht so fesselnd”, sagt die junge Frau. An dem Werbefilm von Shanghai Electric, der in Dauerschleife vor ihr flimmert, hat sie kein Interesse. Jetzt wartet sie auf eine Fahrt im Cockpit eines chinesischen Hochgeschwindigkeitszuges. Der Simulator von China Railway verspricht einen authentischen Eindruck von der Beschleunigung auf 350 km/h.
Zwei Minuten dauert der virtuelle Trip. Von Peking geht es über Shanghai bis zum Expo-Gelände in Dubai. Doch das Abenteuer bleibt nur wenigen Dutzend Gästen pro Tag vorbehalten. Der Techniker könne schließlich nicht die ganze Zeit neben der Apparatur stehen, erklärt eine Hostess. Und nur er wisse, welche Funktionen all die Knöpfe im Cockpit haben. Dass diese während der Simulation gar nicht benutzt werden, scheint nichts zur Sache zu tun. Die Betreiber verhindern durch die verringerte Nutzungszeit vor allem, dass sich zu viele Menschen lange rund um den Simulator verweilen – und damit die Angestellten einem höheren Infektionsrisiko ausgesetzt wären.
Denn Corona bereitet den chinesischen Behörden auch in Dubai Sorgen. Hostessen und Techniker sind angewiesen, während der gesamten Expo-Dauer von sechs Monaten nur im hauseigenen Restaurant zu essen, um ihr Risiko einer Infektion zumindest anderswo auf dem Gelände zu verringern. Zu groß ist die Angst, Mitglieder chinesischer Delegationen könnten sich bei den Mitarbeitenden infizieren und das Virus in die Volksrepublik einschleppen. Ob das bei mehreren Tausend Besucher:innen pro Tag im Pavillon wirklich noch einen Unterschied macht, sei dahingestellt. Aber niemand will sich den Vorwurf gefallen lassen, nicht alles getan zu haben, um Ansteckungen zu verhindern. Touristen aus Festlandchina reisen ohnehin fast keine an. Nach Angaben des Expo-Vertriebs liegt das an den strengen Quarantäne-Auflagen bei der Rückkehr in die Heimat.
Doch auch ohne Gäste aus China halten die Expo-Veranstalter ihr Ziel von 25 Millionen Besuchen bis Ende März für realistisch. Mit günstigen Saisontickets locken sie mehr Publikum aus der Region an, statt aus dem Rest der Welt. Wer die Expo mit der Dauerkarte zehnmal besucht, fließt zehnmal in die Statistik mit ein. Auch Mitarbeitende der Pavillons werden beim Eintritt registriert.
Die Volksrepublik hofft auf neue Möglichkeiten für chinesische Unternehmen in der Region. Das Konzept des Pavillons ähnelt deshalb zu weiten Teilen einem Messestand, auf dem sich die heimischen Unternehmen multimedial darstellen: Filme, Touchscreens, Fotos. Nüchtern serviert.
Der Internetkonzern Tencent und seine Ideen für eine Smart City bekommen ebenso Raum wie der staatliche Autobauer SAIC, der ein Konzeptfahrzeug für autonomes Fahren vorstellt. Die Hostessen sind ausreichend informiert über die Produkte und bieten Kontakte an, wenn Besucher:innen Interesse zeigen. Gäste wie Kamila, die auf der Expo “Fantasie und Inspiration” suchen, wie sie sagt, kommen etwas zu kurz im “Licht Chinas”.
Da helfen auch die obligatorischen Pandas nicht mehr. Ohne Kontext laufen kurz vor Ende des Rundgangs plötzlich Bewegtbilder der knuffigen Bären über eine Großbildeinwand. Peking verleiht Pandabären gerne paarweise an andere Regierungen. Weshalb sie Teil des Expo-Auftritts sind, erschließt sich den Gästen nicht. Gleich neben den Pandas wurde noch ein kleiner Stand aufgebaut, der auf die Olympischen Winterspiele im Februar in Peking hinweist. Fazit: viele Infos, aber zu wenig Zusammenhang.
Auch die Deutschen bieten ihren Unternehmen zwar eine Plattform für die eigenen Innovationen. Aber das geschieht nicht nur wesentlich dezenter, sondern orientiert sich deutlich enger am Thema der Expo. Im 14-köpfigen Gremium, das über die Vergabe des deutschen Expo-Konzepts entschied, saß zudem auch ein Vertreter des Verbandes deutscher Freizeitparks. Das Ziel: Alt und Jung, Experten und Laien sollen im deutschen Pavillon gleichermaßen informiert und unterhalten werden.
Chinas Ansatz ist wesentlich pragmatischer. Das Land erzeugt erst große Aufmerksamkeit durch Spektakel, um dann seine Botschaften lieblos aneinanderzureihen. Auch den Deutschen fällt der Unterschied auf. “Die Position des Generalkommissars des chinesischen Pavillons ist eine politische Position. Da geht es nicht darum, den Besuchern im Pavillon eine bestmögliche Erfahrung zu vermitteln”, sagt Dietmar Schmitz, Delegationsleiter des deutschen Expo-Auftritts. Dabei haben die Chinesen dem Vernehmen nach noch einige Millionen Euro mehr in ihr Expo-Projekt investiert als Deutschland mit seinen knapp 60 Millionen.
Es ist nicht so, als hätte Volkswagen in China nicht alles versucht. Die Modelle ID.3 und ID.4 sind erste Vorboten einer Elektroauto-Offensive. In der Provinz Anhui baut der Konzern gerade eine zusätzliche Elektroautofabrik. Das Vertriebsmodell wurde um ID.-City-Stores erweitert. Die Absatzzahlen der Elektroautomodelle steigen stetig – nur eben nicht so sehr, wie es sich der Konzern erhofft hatte. Offenbar reichte das Wachstum der Elektrosparte nicht aus für die Chefetage des ehrgeizigen Konzerns. Stephan Wöllenstein, derzeit noch Chef der Volkswagen Group China, steht nach übereinstimmenden Berichten vor seiner Ablösung. Nachfolger könnte Alexander Seitz sein, der derzeit noch im Vorstand von Volkswagen Pkw Controlling und Rechnungswesen verantwortet (China.Table berichtete).
Es ist eine Personalentscheidung, die überraschend kommt. In China kursierten keine Gerüchte über eine bevorstehende Ablösung Wöllensteins. Dieser stand trotz einiger Probleme zumindest öffentlich nicht in der Kritik. Dazu kommt, dass der 58-Jährige den Job noch nicht lange macht – er hat den Posten als CEO der VW Group China (VGC) in Peking erst im Januar 2019 angetreten.
Was auch immer der Anlass für die Neubesetzung an der VGC-Spitze war: Alexander Seitz wäre eine naheliegende Wahl für die Nachfolge. Er gilt als China-Experte. Bereits im Jahr 2013 hatte ihn der Konzern zum First Vice President & Commercial Executive Vice President von SAIC Volkswagen Automotive in Shanghai berufen. Bei dem Joint Venture beaufsichtigte Seitz Finanzen, IT, Beschaffung und war im Personalwesen für die Expats zuständig.
Noch steht eine offizielle Bestätigung des Personalwechsels durch das Unternehmen aus. Die Spekulationen weisen aber so oder so auf die Probleme VWs in China hin. Ob eine Neubesetzung an der Spitze aber die Probleme im größten Automarkt der Welt löst, bleibt abzuwarten. Zwar ist der Wolfsburger Konzern mit seinen Joint Ventures Marktführer bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren. VW kommt jedoch in der Elektromobilität nicht vom Fleck. Diese Schwierigkeiten an der Person Wöllenstein festzumachen, wirkt allerdings übertrieben.
Im Gespräch mit Table.Media sieht auch der Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer die Probleme an anderer Stelle. Wöllenstein sei “zu einer Zeit gekommen, in der VW vor allem europäische Produkte im Portfolio hatte.” Es sei einfach zu einer Marktverzögerung gekommen, die mit dem Marktstart des ID.6 noch aufgeholt werden könnte. In China würden sich nur zwei Arten von Elektroautos verkaufen, sagt Dudenhöffer: Elektro-SUVs und Tesla-ähnliche Limousinen. Beides hätten die Wolfsburger nicht liefern können.
Der ID.3 sei zwar ein schönes Auto, so Dudenhöffer. Für China sei der Wagen aber nur bedingt geeignet. In der Volksrepublik gäbe es einfach zu viel Konkurrenz in der Elektromobilität. Dort könne man mit einem europäischen Auto keine großen Sprünge machen. Es ist ein Problem, auf das auch schon Jens Hildebrandt, Chef der Auslandshandelskammer in Peking, hingewiesen hatte. In einem Interview mit China.Table betonte Hildebrandt, dass es von der Geschwindigkeit abhänge, mit der Volkswagen auf chinesische Kundenwünsche reagieren würde, ob der Konzern in der Volksrepublik Marktführer bleibe. “Das ist ja generell ein wunder Punkt, bei dem deutsche Unternehmen noch nachlegen müssen.”
Ob das aber allein ein Fehler Wöllensteins ist, daran kann zumindest gezweifelt werden. Zwar hätte der VGC-Chef sehr viel früher regulierend in die Fahrzeugentwicklung eingreifen können. Und zwar bereits, als die Mängel des Infotainment-Systems klar wurden. Infotainment ist für China enorm wichtig, und die von Volkswagen angebotene IT genügte den Ansprüchen der Kunden nicht.
Doch ist in Wolfsburg in erster Linie Konzernchef Herbert Diess persönlich für den wichtigsten Markt des Unternehmens verantwortlich. Das Ressort China unterliegt im Vorstand ihm. Die Wirtschaftswoche hatte sich daher bereits auf Diess als Mitverantwortlichen eingeschossen. Jetzt zieht dieser aber zunächst Wöllenstein ab. Dudenhöffer wiederum möchte sich zu den Personalien selbst nicht äußern. Er weist aber darauf hin, dass Wöllenstein nun mal für den chinesischen Markt zuständig sei, auf dem es Probleme gebe.
In China selbst erhielt die Personalie nur mäßige Aufmerksamkeit in den Wirtschaftsmedien. Chinesische Nachrichtenseiten berichteten am Mittwoch unter Berufung auf die Automobilwoche, ohne eigene Details hinzuzufügen. Sie griffen das Narrativ auf, demzufolge der Konzern Wöllenstein wegen Erfolglosigkeit vom chinesischen Markt abziehe. In den vergangenen Jahren habe sogar die japanische Konkurrenz wieder Marktanteile zurückholen können.
Tencent News wies darauf hin, dass die Entwicklung in den Jahren bis 2020 positiv verlief. Von Januar bis September 2021 aber sei der VW-Absatz im Vorjahresvergleich um 4,1 Prozent gesunken. Insbesondere bei den Modellen des Gemeinschaftsunternehmens SAIC Volkswagen seien die Verkäufe desaströs abgestürzt. Das Minus lag hier im Vorjahresvergleich bei 18 Prozent. Der Bericht erwähnt ebenfalls die Probleme mit E-Autos. BYD fahre VW hier derzeit davon.
Die Personalie gab jedoch auch Anlass für grundsätzliche Überlegungen. Die Plattform Phoenix macht aufgrund der Schwierigkeiten in China gar eine “neue Krise” bei VW aus. “Wird Volkswagen die Erfolgsgeschichte aus dem Verbrenner-Zeitalter in China auch künftig fortsetzen können?”, fragte Tencent News – und prophezeite: “Der Markt wird die Antwort geben.” Christian Domke Seidel
Die Hauptstadt Peking verschärft die Covid-Regeln für Einreisende aus China und dem Ausland. Inlandsflüge aus Corona-Risikogebieten wurden gestrichen oder stark reduziert. Derzeit hat China mehr als hundert Städte als Risikogebiete eingestuft. Seit Mittwoch müssen nun alle Peking-Besucher einen negativen Corona-Test nachweisen, der nicht älter als 48 Stunden ist. Außerdem müssen sich ab sofort all jene mehrmals pro Woche auf Covid-19 testen lassen, die in Peking beruflich mit Tiefkühlimporten in Kontakt kommen. Dies betrifft rund 30.000 Menschen. China hatte bereits im Sommer 2020 Tiefkühlimporte als möglichen Virusträger benannt und hält bis heute an dieser Theorie fest.
Die Stadtverwaltung hatte am Dienstag Details zu den neuen Regeln bekanntgegeben. “Das Virus darf nicht nach Peking eingeschleppt werden, und es darf sich nicht in Peking ausbreiten“, betonte Sprecher Xu Heijian. In 100 Tagen beginnen in Peking die Olympischen Winterspiele. Zu den Spielen dürfen keine Fans aus dem Ausland einreisen. Flugreisen ins Ausland wurden mit dem Winterflugplan noch weiter eingeschränkt als zuvor (China.Table berichtete).
Die Corona-Zahlen sind in China aufgrund der konsequenten Null-Covid-Politik mit Massentests und flächendeckenden Einschränkungen sehr niedrig. Am Dienstag wurden nur 31 Ansteckungen binnen 24 Stunden gemeldet. ck
Im Rennen um immer höhere Reichweiten bei Elektroautos hat der chinesische Hersteller GAC Aion mit dem LX Plus eine neue Version vorgestellt, die mit einer Akkuladung auf eine maximale Reichweite von über 1.000 Kilometern kommt. Die Kapazität dieses Akkus liegt bei 144,4 Kilowattstunden. Dem E-Auto-Portal Teslamag zufolge dürfte der Aion LX Plus das E-Auto mit dem derzeit größten Akku überhaupt sein. Zum Vergleich: Die Batterie des Mercedes EQS speichert 108 Kilowattstunden, die des Tesla Model S etwas weniger als 100 Kilowattstunden. Noch kann man den Aion LX Plus allerdings nicht kaufen. Die Zulassung steht noch aus. flee
Einen Tag nach dem Online-Gipfel von Staatschef Xi Jinping mit US-Präsident Joe Biden dringen erste Details aus dem Treffen nach außen. Beide Seiten haben eine hochrangig besetzte Gesprächsreihe zum Thema atomare Abrüstung vereinbart, sagte Bidens Nationaler Sicherheitsberater Jake Sullivan am Dienstagabend. Demnach hatte Biden das Thema angesichts der Aufstockung des chinesischen Nukleararsenals auf die Agenda gesetzt. Biden zeigte sich besorgt wegen der Tests zweier Hyperschallraketen und der Militarisierung des Indopazifiks durch China, so Sullivan. Das US-Verteidigungsministerium hatte kürzlich gewarnt, dass China 2030 bereits über rund 1000 jederzeit lieferbare Atomsprengköpfe verfügen könne (China.Table berichtete). Auch das Pentagon fordert schon länger Abrüstungsgespräche.
Außerdem sprachen die beiden Staatschefs nach chinesischen Medienberichten über eine mögliche Freigabe strategischer Ölreserven. Biden habe Xi angesichts steigender Ölpreise gebeten, gemeinsam mit den USA Ölreserven auf den Markt zu lassen, berichtet unter anderem die South China Morning Post unter Berufung auf eine anonyme Quelle. Biden steht angesichts hoher Inflationsraten unter Druck, zumal die OPEC eine preiswirksame Erhöhung ihrer Ölexporte bisher ablehnt. China sei grundsätzlich offen, habe aber noch keine konkreten Maßnahmen beschlossen, sagte die Quelle der Zeitung.
Parallel zum Gipfel gab es Fortschritte bei Gesprächen über die Lage von US-Journalisten in China. Einem US-Regierungssprecher zufolge sagte Peking die Ausstellung von Visa für “eine Gruppe von US-Reportern” zu, sofern diese “gemäß aller geltenden Gesetze und Regularien berechtigt” seien. Auch werde China die Gültigkeitsdauer von Journalisten-Visa für Amerikaner auf ein Jahr zu verlängern und bereits in der Volksrepublik befindlichen US-Journalisten die freie Ein- und Ausreise zu erlauben. “Wir begrüßen diese Fortschritte, sehen sie aber nur als erste Schritte”, sagte der Sprecher laut der Nachrichtenagentur AFP. China hatte im März 2020 die Korrespondenten mehrerer großer US-Zeitungen ausgewiesen, darunter die New York Times und die Washington Post.
Unterdessen blockierte der republikanische Senator Marco Rubio die Ernennung von Nicholas Burns zum US-Botschafter in Peking. Burns erkenne nicht die Bedrohung, die von der chinesischen Führung ausgehe, so Rubio. Die prozedurale Blockade, die im US-Senat selbst durch einen einzigen Senator möglich ist, wird die Entsendung von Burns zumindest verzögern. Die USA sind seit neun Monaten ohne Botschafter in Peking. ck
Die Europäische Union hat einem Medienbericht zufolge die Vorstellung eines Plans zur Intensivierung der Handelsbeziehungen zu Taiwan aufgeschoben. Die EU-Kommission habe am vergangenen Freitag ein Strategiepapier über die Zusammenarbeit mit der Insel vorstellen wollen, berichtete die South China Morning Post unter Berufung auf EU-Kreise und eine Quelle aus dem Europaparlament.
Der Plan sollte demnach Initiativen zur Kooperation in Bereichen wie der Halbleiter-Produktion und die Ankündigung regelmäßiger ranghoher Treffen zwischen Brüssel und Taipeh beinhalten. Die zuständige Generaldirektion für Handel (DG Trade) habe die Präsentation dann jedoch kurzerhand abgesagt, hieß es in dem Bericht. Die DG Trade bestätigte den Vorgang zunächst nicht offiziell. Es werde geprüft, wie mit Taiwan in Kontakt getreten werden könne. Das sei ein laufender Prozess, teilte die Generaldirektion China.Table mit.
Vor allem das EU-Parlament fordert seit längerem eine engere Zusammenarbeit zwischen Brüssel und Taiwan, beispielsweise auch durch ein bilaterales Investitionsabkommen. Da die EU-Kommission die von Peking geforderte “Ein-China-Politik” einhält, sucht sie derzeit nach Wegen, mit Taipeh zu kooperieren ohne Peking zu verärgern.
Ob und wann der Taiwan-Plan vorgestellt werden soll, blieb zunächst unklar. Die EU-Kommission hatte in dieser Woche bereits die Vorstellung der “Global Gateway”-Initiative verschoben, die eine Alternative zu Chinas “Belt and Road” werden soll. Die Veröffentlichung wird Kreisen zufolge nun für Dezember erwartet. ari
Die Grundkonzeption des chinesischen Export Control Law (ECL) entspricht der EU-Dual-Use-Verordnung: Die Ausfuhr von Gütern, die auf einer Liste als kritisch erfasst sind, bedarf einer Genehmigung. Diese Güterliste umfasst Dual-Use-Güter, militärische Güter, nukleare Güter und solche, die die nationale Sicherheit und die nationalen Interessen Chinas betreffen.
Der Begriff Güter erfasst Waren und Technologie, aber auch Dienstleistungen. Der Ausführer erhält die Genehmigung nur, wenn er zuverlässig ist und eine Erklärung des drittländischen Empfängers zum Endverwender und zur Endverwendung der Waren vorlegt.
Derzeit ist all dies jedoch überwiegend graue Theorie. Es gibt noch keine konsolidierte Güterliste. Und die Behörden haben noch keine Anweisungen erhalten, wie sie die Vorschriften umzusetzen haben. Solange dies nicht der Fall ist, müssen Unternehmen in China weiter die vereinzelten Ausfuhrvorschriften beachten, die dort teilweise schon seit den 90ern gelten. Unternehmen sollten ihre Exportkontrollprogramme aber bereits jetzt anpassen – dafür hat das MOFCOM auch schon konkrete Leitlinien vorgelegt. Insbesondere sollten Exportkontrollklauseln in Verträgen angepasst werden, um sich nicht angreifbar zu machen.
Eine ausdrückliche Regelung zur Re-Exportkontrolle wurde im letzten Moment aus dem ECL gestrichen. China behält sich in einigen der Vorschriften des ECL zwar vor, Maßnahmen mit extraterritorialer Wirkung zu treffen, wenn es seine Interessen gefährdet sieht. Für Unternehmen außerhalb Chinas ist aber entscheidend, ob sie hinsichtlich gelisteter Komponenten aus China eine strukturierte Re-Exportkontrolle in der EU betreiben müssen. Dies ist – Stand heute – (noch) nicht der Fall, sie müssen sich derzeit lediglich an die Zusagen halten, die sie im Rahmen von Endverbleibserklärungen abgeben.
Unreliable Entity List
Das Konzept einer Unreliable Entity List ist aus den USA bekannt. Steht ein ausländisches Unternehmen auf dieser Liste, dürften chinesische Firmen mit diesem nur unter bestimmten Voraussetzung Geschäfte tätigen oder auch gar nicht. Die Listung kann erfolgen, wenn Unternehmen aufgrund von Maßnahmen ihrer Länder chinesische Unternehmen diskriminieren oder schädigen, oder die Interessen Chinas gefährden.
Schränken Unternehmen ihre Geschäfte mit diesen und vielen anderen chinesischen Unternehmen auf der US Entity List ein, laufen sie Gefahr, in die Unreliable Entity List aufgenommen zu werden. Dies betrifft auch EU-Unternehmen und zwar dann, wenn sie gelistete US-Güter nicht an chinesische Unternehmen liefern, um nicht gegen die US-(Re-)Exportkontrolle zu verstoßen.
Blocking Rules und Anti-Sanctions Law (ASL)
Die Blocking Rules richten sich an Unternehmen in China. Diese dürfen extraterritorial wirkende Vorschriften von Drittstaaten in China nicht befolgen. Wie auch bei der EU-Blocking-Regulation muss die drittländische Vorschrift, die nicht befolgt werden darf, ausdrücklich benannt werden. Diese Blocking Rules können insbesondere für chinesische Töchter von EU-Unternehmen relevant sein, die aufgrund einer konzernübergreifenden Exportkontrolle in China EU- und US-Exportkontroll- und Sanktionsrecht befolgen (müssen).
Das ASL entspricht dem Bereitstellungsverbot der EU-Sanktionslisten. Das Vermögen der gelisteten Personen oder Organisationen in China kann eingefroren und der geschäftliche Umgang mit ihnen verboten werden. Zudem kann natürlichen Personen die Einreise verweigert werden. Unmittelbar richtet sich das ASL gegen Personen und Organisationen, die an der Schaffung von Sanktionen gegenüber China beteiligt waren oder sind, also Politiker:innen, politische Institutionen und NGOs. Ebenso denkbar ist allerdings, dass Unternehmen sanktioniert werden, die im Rahmen ihrer ESG-Policy Initiativen unterstützen, die aus chinesischer Sicht interne Belange der Volksrepublik betreffen, allen voran die Menschenrechte.
Beide Instrumente sehen vor, dass chinesische Unternehmen, wenn sie sich durch die Praktiken ihrer Geschäftspartner unfair behandelt fühlen, diese vor chinesischen Gerichten zur Rechenschaft ziehen können. Diese Möglichkeit verschafft den Unternehmen eine erhebliche Verhandlungsmacht. Es ist zu befürchten, dass davon zukünftig Gebrauch gemacht wird.
Was ist zu tun?
Unternehmen in China sollten bei entsprechendem Risikoprofil nicht zuwarten, ein internes Exportkontrollprogramm aufzubauen, wie es in der EU oder den USA üblich ist. Auch wenn einzelne Elemente des ECL noch unklar sind oder Umsetzungsvorschriften fehlen, werden diese Mechanismen früher oder später vollumfänglich greifen.
Wie in anderen Bereichen der chinesischen Eingriffsverwaltung auch, sind Unternehmen gut beraten, eine enge Verbindung zu den Behörden aufzubauen, um mit diesen persönlich abzuklären, was von ihnen verlangt wird. Zum anderen ist Vorsicht immer dann geboten, wenn das eigene Verhalten als diskriminierend gegenüber China oder chinesischen Unternehmen verstanden werden kann, insbesondere wenn das Verhalten durch EU- oder US-Sanktionsvorschriften motiviert ist. Dann sollten Unternehmen innehalten und anhand der neuen Vorschriften prüfen, wie sie ihre Pflichten nach EU-, US- und chinesischen Sanktionsvorschriften in Einklang bringen können. Das wird nicht immer einfach sein und manchmal auch nicht gelingen.
Zuletzt müssen Unternehmen beachten, dass sich ihre Mitarbeiter:innen in China durch die Sanktionsmöglichkeiten persönlich bedroht fühlen können und durch Handlungsanweisung im Zusammenhang mit EU- und US-Vorschriften in ein unauflösbares Dilemma geraten können.
Bislang hat die chinesische Führung vor allem ihren Instrumentenkasten offen gelegt. Das legislative Projekt richtete sich zunächst vor allem gegen US-Präsident Trump und seine Trade Wars. Seit dem Wechsel der Regierung in den USA hat sich zwar zweifelsohne der Ton verbessert, aber die bestehenden Konflikte sind nicht gelöst, sondern haben sich eher noch vertieft und es sind weitere hinzugekommen. Das sind leider keine Umstände, die eine positive Prognose für den Einsatz der hier beschriebenen Gesetze und Vorschriften rechtfertigen würden. Wenn es den Interessen Chinas dient, werden diese Instrumente eingesetzt werden, um die Welt zittern zu lassen.
Tara Joseph hört auf eigenen Wunsch im kommenden Jahr als Präsidentin der US-Handelskammer in Hongkong auf. Als Grund nannte sie unter anderem ihre Frustration über die Quarantäne-Bestimmungen.
Liang Mengsong und Jiang Shangyi treten von ihren Vorstandsposten bei dem staatlich kontrollierten Halbleiterhersteller SMIC zurück. SMIC hat für China eine Schlüsserolle bei der Überwindung des Halbleitermangels.
Shanghai hat bereits ein Disneyland. Nun bekommt es auch noch ein Legoland. Am Mittwoch startete der Bau des künftigen Legoland Shanghai Resort, das nach Angaben der Stadtväter 2024 im südwestlichen Bezirk Jinshan eröffnen soll. Der Park wird etwa 318.000 Quadratmeter umfassen und kommt damit auf gut ein Drittel der Fläche des Disneylands. Noch viel kleiner ist die Miniatur aus Legosteinen, die zum Baubeginn präsentiert wurde – und die hier von einem Fotografen in Augenschein genommen wird.
nachdem Xi Jinping es mit der “historischen Resolution” geschafft hat, der Kommunistischen Partei seinen Stempel aufzudrücken, hat er nun die nötige Beinfreiheit. Und die will Xi nutzen, um auch Gesellschaft und Wirtschaft nach seinen Ideen zu gestalten. “Gemeinsamer Wohlstand” nennt der Staatschef sein Prinzip, das weniger auf Umverteilung als auf Aufstiegschancen setzt. Nico Beckert hat die Schriften Xis zum Thema einmal unter die Lupe genommen.
In Dubai läuft die Expo2020, die wie alle Großereignisse aufgrund der Corona-Pandemie verschoben wurde. Marcel Grzanna ist in das Emirat geflogen und hat sich dort den chinesischen Pavillon angeschaut. Sein Fazit: Mehr Prunk als Inhalte. Auch mit dem Pavillon auf der Weltausstellung spiegele China vor allem seine Selbstwahrnehmung.
Nichts dringt derweil aus dem VW-Konzern über die Gründe für die Ablösung seines China-Chefs Stephan Wöllenstein. Sicher, der Absatz der Elektroautos läuft in China nicht wie geplant. Aber VW ist immer noch Marktführer. Und wer ist überhaupt für das Schlamassel verantwortlich? Christian Domke Seidel hat sich die Umstände des noch immer nicht bestätigten Personalwechsels genauer angesehen.
Eine spannende Lektüre wünscht
Chinas Führung hat den “gemeinsamen Wohlstand” (“Common Prosperity”) zu einem zentralen politischen Ziel der nächsten Jahrzehnte erklärt. Die wachsende Ungleichheit in China beunruhigt die politisch Verantwortlichen: Diese Ungleichheit dürfe nicht zu einer “unüberbrückbaren Kluft” werden, sagt Präsident Xi Jinping. Er mahnt, China müsse eine “Polarisierung der Gesellschaft verhindern, den gemeinsamen Wohlstand fördern” und soziale Stabilität verwirklichen.
Zwar ist der Begriff des gemeinsamen Wohlstands nicht neu. Schon Mao Zedong und Deng Xiaoping haben ihn verwendet. Doch Xi könnte das alte Ziel wiederbeleben und damit sein politisches Erbe definieren. Die Konsequenzen des Konzepts “für die chinesische Politik, Gesellschaft und Wirtschaft werden wahrscheinlich weitreichend und lang anhaltend sein“, schreiben die Analysten der Beratungsagentur Trivium China.
Chinas Wirtschaftswachstum der letzten 40 Jahre hat Millionen Menschen ein besseres Leben ermöglicht. Doch gleichzeitig spaltete sich die einst homogene Gesellschaft zunehmend in Arm und Reich. China hat heute mehr Milliardäre als die USA, das Mutterland des Kapitalismus. Und während die einen ihren Reichtum mit teuren Autos, Gucci-Taschen und Luxusuhren zelebrieren, ist das Aufstiegsversprechen für die große Mehrheit zu einem fernen Traum geworden. Eine Heerschar von “Gig-Workern” schuftet zu geringen Löhnen, beispielsweise als Lieferbote. Ein Teil der Jugend ist desillusioniert und protestiert mit “Nichts-Tun” (China.Table berichtete).
Die steigende Ungleichheit zeigt sich auch in Zahlen: Die reichsten zehn Prozent der Chinesen hielten in den frühen 1990er-Jahren gut 40 bis 50 Prozent des gesamten Vermögens. 2019 waren es 70 Prozent. Der als Indikator für Ungleichheit international verwendete Gini-Koeffizient zeigt Einkommensanteile der verschiedenen Bevölkerungsgruppen auf. Liegt der Koeffizient bei null, verdienen alle Bürger das gleiche Einkommen. Liegt er bei eins, konzentriert sich das gesamte Einkommen auf eine einzelne Person. In China liegt der Koeffizient nach Daten des chinesischen Statistikamts bei 0,47. Schon ein Wert von 0,4 gilt als Warnsignal. Hinzu kommt ein massives Gefälle zwischen Stadt und Land. “Städtische Chinesen verdienen ungefähr 2,5-mal so viel wie ihre Mitbürger auf dem Land”, sagt der chinesische Ökonom Li Shi.
Bisher gibt es noch keine konkreten Vorgaben, wie das Ziel des “gemeinsamen Wohlstands” erreicht werden soll. Ein Artikel Xis in der Parteizeitschrift Qiushi deutet aber mögliche Inhalte an. Seine Aussagen sind ein Mix aus Hilfe zur Selbsthilfe, Reformen für mehr Chancengleichheit und der Beschränkung von “exzessivem Reichtum“.
Xis Artikel verdeutlicht, dass es kaum zu einer radikalen Umverteilung kommen wird. In vielen Passagen steht der Einzelne im Mittelpunkt. Gemeinsamer Wohlstand und Glück entstünden durch “harte Arbeit”, schreibt Xi darin. Größere Aufstiegschancen in die Mittelklasse sollen durch bessere Bildung und Ausbildung erreicht werden. Der Staatschef spricht, ganz wie ein westlicher Kapitalist, vom “Humankapital”, das durch Investitionen erhöht werden soll.
Auch solle die “Reform des Systems zur Registrierung von Haushalten vertieft” werden, sagt Xi. Durch eine Reform des rigiden Hukou-Systems aus der Mao-Ära soll die Chancengleichheit von Wanderarbeitern und ihre Kinder verbessert werden. Sie würden einen besseren Zugang zu Bildung und Gesundheitsvorsorge erhalten. Derzeit ist dieser Zugang sehr eingeschränkt und teuer. (China.Table berichtete).
Ein Sozialstaat westlichen Vorbilds steht dagegen kaum auf der Agenda Xis. Bis 2035 soll zwar der Zugang zu “grundlegenden öffentlichen Dienstleistungen” angeglichen sein. Dazu zählen die Verbesserung des Renten- und Gesundheitssystems sowie der Zugang zu einem System der sozialen Mindestsicherung. Auch die hohen Wohnkosten sollen bekämpft werden. Doch gleichzeitig warnt Xi vor “der Falle des Wohlfahrtsdenkens”, die ihm zufolge “Faulheit fördert”.
Hohe Einkommen verdammt Xi Jinping nicht per se. Er hält an Dengs Maxime fest, dass einige Chinesen “zuerst reich werden” dürften. Doch die Reichen müssten die Ärmeren unterstützen, auch zu Wohlstand zu kommen. So ermutigt Xi Wohlhabende zum Spenden. “Exzessiv hohe Einkommen” solle der Staat “vernünftig begrenzen”, so Xi. Auch beim Steuersystem könnte es zu Reformen kommen: Xi nennt hier eine Verbesserung der Einkommenssteuern, die Einführung einer Grundsteuer und Anpassungen bei den Verbrauchersteuern als mögliche Lösungen.
Das Thema “Common Prosperity” hat unter Wirtschaftsvertretern schon für Unruhe gesorgt. Wohl auch, weil Xis Aussagen im Zusammenhang mit möglichen Wirtschaftsreformen am widersprüchlichsten sind. Einerseits will Xi der “unkontrollierten Expansion des Kapitals entgegentreten” und eine Negativliste für den Marktzugang in sensiblen Sektoren aufstellen. Andererseits will er die “geregelte und gesunde Entwicklung aller Arten des Kapitals erleichtern” und Unternehmertum fördern. Mit solchen Aussagen hält sich Xi viel Spielraum über die zukünftige Ausgestaltung der Wirtschaftspolitik offen.
So häufig die Führungskader den Begriff des “gemeinsamen Wohlstands” auch benutzen: Bisher geschah in China wenig, um eine wirksame Umverteilung zu erzielen. Zwar hat die Regierung die Tech-, Immobilien- und Nachhilfe-Sektoren stärker reguliert. Doch vieles davon geschah eher in Kampagnen-Form. Tech-Unternehmen zu gängeln und Milliardäre zu Philanthropie zu drängen, ist viel einfacher als echte Reformen anzuschieben.
Eine echte Umverteilung bräuchte jedoch solch tiefere Reformen, ist Mary Gallagher überzeugt. Sie ist Direktorin des Center for Chinese Studies der Universität Michigan. Im Vergleich zu seinem Vorgänger Hu Jintao habe Xi nur sehr wenige echte Veränderungen auf den Weg gebracht. “Die Regierung Xi hat keine neuen Sozialreformen oder Gesetze umgesetzt, die die Aufteilung des Kuchens wesentlich verändern“, schreibt Gallagher. “Seine Pläne für die Grundsteuer wurden eingeschränkt, und die Hukou-Reform scheitert nach wie vor am Widerstand der lokalen Behörden und der Stadtbewohner.”
Auch die Ziele eines Pilotprojekts zum gemeinsamen Wohlstand in der Provinz Zhejiang sind bisher sehr vage und wenig ambitioniert. Xi selbst bat in seinem Artikel um Geduld. Bis 2035 solle China “substanzielle Fortschritte” machen, bevor dann bis 2050 der “gemeinsame Wohlstand für alle” erreicht sein werde.
Der Fokus des Präsidenten auf dem “gemeinsamen Wohlstand” könnte eine neue Ära in der chinesischen Politik einleiten, sagen die Berater von Trivium China. Xi Jinping könnte damit versuchen, den kommenden Jahrzehnten seinen Stempel aufzudrücken und mit der Reformära Deng Xiaopings zu brechen. Deswegen hält Xi die Inhalte auch noch so vage. So können sich vorerst alle Fraktionen der KP Chinas in dem Konzept wiederfinden. Die “Linken” begeistern sich für die Reduzierung der Ungleichheit, die “Rechten” sind angetan von der “Chancengleichheit” und dem Aufstiegsversprechen durch Fleiß. Was am Ende dabei herauskommt, ist völlig offen.
Die politische Komponente des chinesischen Pavillons bei der Expo 2020 in Dubai wird schon im Eingangsbereich deutlich. Niemand Geringeres als Staatschef Xi Jinping blickt den Besucherinnen und Besuchern von einer TV-großen Fotografie auf einer ansonsten kahlen Wand entgegen. Das Bild stammt aus dem Jahr 2018. Prachtvoll gerahmt zeigt es Xi zwischen Dubais Premierminister Scheich Mohammed bin Rashid Al Maktoum und dem Kronprinzen von Abu Dhabi, Mohammed bin Zayed Al Nahyan.
Herzlich willkommen im “Licht Chinas”, einem äußerlich prachtvollen Pavillon in der Form eines Lampions. Er leuchtet dank einer 360-Grad-LED-Fassade, gebaut vom Schweizer Temporärbau-Spezialisten Nüssli. Wer sich hier allerdings eine fantasievolle und inspirierende Darstellung chinesischer Zukunftsvisionen erhofft, wird enttäuscht. Der Auftritt der zweitgrößten Volkswirtschaft bei der Expo 2020 in Dubai ist eine Projektionsfläche chinesischer Selbstwahrnehmung und geizt nicht mit eindeutigen Inhalten.
Das Expo-Thema “Connecting Minds, Creating the Future” darf jede der 192 teilnehmenden Nationen so interpretieren, wie sie es gerne möchte. Der deutsche Pavillon regt beispeilsweise seine Besucher:innen interaktiv zum Mitmachen und Nachdenken an und stellt innovative Lösungen für Stadtentwicklung oder Energieeffizienz in der Zukunft vor. Dagegen haben sich die kreativen Köpfe hinter dem chinesischen Konzept für ein Feuerwerk an Superlativen entschieden. Chinas technologische Errungenschaften in den Bereichen Raumfahrt, Informationstechnologie, Verkehr, Künstliche Intelligenz und Smartes Leben verknüpften sie mit den üblichen Versprechen an die Welt: “Win-Win”, so wie es ein Kurzfilm auf ringförmiger Kinoleinwand versichert. China werde “mit anderen Ländern zusammenarbeiten”, wenn es um globale Lösungen für die Klimakrise geht.
Die Gäste werden auf ihrem Rundgang auch darin erinnert, dass die Volksrepublik sich immer noch als “das größte Entwicklungsland der Welt” sieht und die Menschheit eine “Schicksalsgemeinschaft” bilde. Der Terminus ist eine Schöpfung Xis und gilt als chinesische Antwort auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Mit diesem Begriff will sich die Volksrepublik aus dem Würgegriff internationaler Konventionen befreien.
Mindestens zwei Millionen Menschen möchten die Macher des chinesischen Pavillons bis Ende März kommenden Jahres anziehen. Eine der Hostessen sagt, man befinde sich auf einem guten Weg. An den Wochenendtagen des ersten Monats der Expo seien es bis zu 10.000 Besucher:innen gewesen.
Einige Hundert versammeln sich zudem allabendlich vor dem Pavillon. Täglich um 20.00 Uhr startet über dem Gebäude eine Lichtshow. 150 Drohnen steigen in die Luft und tanzen leuchtende Muster in den Nachthimmel. Bei den benachbarten Österreichern bleibt deshalb für zehn Minuten der Seitenflügel geschlossen. “Nur zur Vorsicht”, wie die chinesische Seite erbittet.
Bei den belarussischen Nachbarn auf der anderen Seite hat die 19-jährige Leyla einen Job gefunden. Sie ist Kanadierin mit tunesischen Wurzeln und lebt seit zehn Jahren mit ihren Eltern in Dubai. Der belarussische Pavillon profitiert – ebenso wie Österreich auf der anderen Seite – von der Strahlkraft des chinesischen Pavillons. Wer in China vorbei schaut, nimmt im Anschluss eben gerne noch die weniger prominenten Auftritte gleich nebenan mit. Denn das riesige Expo-Gelände verlangt nach effizienter Routenplanung. “Viele sagen mir, sie seien enttäuscht von dem chinesischen Pavillon“, sagt Leyla. Sie selbst hatte noch keine Zeit für eine Stippvisite. “Aber die Lichtshow ist cool”, meint sie.
Die 30-Jährige Kamila aus dem Libanon zählt zu denen, die sich mehr versprochen hatten. Sie sitzt auf einem Hocker vor einer Großbildleinwand und spielt mit ihrem Handy. “Bis hierhin fand ich den Pavillon nicht so fesselnd”, sagt die junge Frau. An dem Werbefilm von Shanghai Electric, der in Dauerschleife vor ihr flimmert, hat sie kein Interesse. Jetzt wartet sie auf eine Fahrt im Cockpit eines chinesischen Hochgeschwindigkeitszuges. Der Simulator von China Railway verspricht einen authentischen Eindruck von der Beschleunigung auf 350 km/h.
Zwei Minuten dauert der virtuelle Trip. Von Peking geht es über Shanghai bis zum Expo-Gelände in Dubai. Doch das Abenteuer bleibt nur wenigen Dutzend Gästen pro Tag vorbehalten. Der Techniker könne schließlich nicht die ganze Zeit neben der Apparatur stehen, erklärt eine Hostess. Und nur er wisse, welche Funktionen all die Knöpfe im Cockpit haben. Dass diese während der Simulation gar nicht benutzt werden, scheint nichts zur Sache zu tun. Die Betreiber verhindern durch die verringerte Nutzungszeit vor allem, dass sich zu viele Menschen lange rund um den Simulator verweilen – und damit die Angestellten einem höheren Infektionsrisiko ausgesetzt wären.
Denn Corona bereitet den chinesischen Behörden auch in Dubai Sorgen. Hostessen und Techniker sind angewiesen, während der gesamten Expo-Dauer von sechs Monaten nur im hauseigenen Restaurant zu essen, um ihr Risiko einer Infektion zumindest anderswo auf dem Gelände zu verringern. Zu groß ist die Angst, Mitglieder chinesischer Delegationen könnten sich bei den Mitarbeitenden infizieren und das Virus in die Volksrepublik einschleppen. Ob das bei mehreren Tausend Besucher:innen pro Tag im Pavillon wirklich noch einen Unterschied macht, sei dahingestellt. Aber niemand will sich den Vorwurf gefallen lassen, nicht alles getan zu haben, um Ansteckungen zu verhindern. Touristen aus Festlandchina reisen ohnehin fast keine an. Nach Angaben des Expo-Vertriebs liegt das an den strengen Quarantäne-Auflagen bei der Rückkehr in die Heimat.
Doch auch ohne Gäste aus China halten die Expo-Veranstalter ihr Ziel von 25 Millionen Besuchen bis Ende März für realistisch. Mit günstigen Saisontickets locken sie mehr Publikum aus der Region an, statt aus dem Rest der Welt. Wer die Expo mit der Dauerkarte zehnmal besucht, fließt zehnmal in die Statistik mit ein. Auch Mitarbeitende der Pavillons werden beim Eintritt registriert.
Die Volksrepublik hofft auf neue Möglichkeiten für chinesische Unternehmen in der Region. Das Konzept des Pavillons ähnelt deshalb zu weiten Teilen einem Messestand, auf dem sich die heimischen Unternehmen multimedial darstellen: Filme, Touchscreens, Fotos. Nüchtern serviert.
Der Internetkonzern Tencent und seine Ideen für eine Smart City bekommen ebenso Raum wie der staatliche Autobauer SAIC, der ein Konzeptfahrzeug für autonomes Fahren vorstellt. Die Hostessen sind ausreichend informiert über die Produkte und bieten Kontakte an, wenn Besucher:innen Interesse zeigen. Gäste wie Kamila, die auf der Expo “Fantasie und Inspiration” suchen, wie sie sagt, kommen etwas zu kurz im “Licht Chinas”.
Da helfen auch die obligatorischen Pandas nicht mehr. Ohne Kontext laufen kurz vor Ende des Rundgangs plötzlich Bewegtbilder der knuffigen Bären über eine Großbildeinwand. Peking verleiht Pandabären gerne paarweise an andere Regierungen. Weshalb sie Teil des Expo-Auftritts sind, erschließt sich den Gästen nicht. Gleich neben den Pandas wurde noch ein kleiner Stand aufgebaut, der auf die Olympischen Winterspiele im Februar in Peking hinweist. Fazit: viele Infos, aber zu wenig Zusammenhang.
Auch die Deutschen bieten ihren Unternehmen zwar eine Plattform für die eigenen Innovationen. Aber das geschieht nicht nur wesentlich dezenter, sondern orientiert sich deutlich enger am Thema der Expo. Im 14-köpfigen Gremium, das über die Vergabe des deutschen Expo-Konzepts entschied, saß zudem auch ein Vertreter des Verbandes deutscher Freizeitparks. Das Ziel: Alt und Jung, Experten und Laien sollen im deutschen Pavillon gleichermaßen informiert und unterhalten werden.
Chinas Ansatz ist wesentlich pragmatischer. Das Land erzeugt erst große Aufmerksamkeit durch Spektakel, um dann seine Botschaften lieblos aneinanderzureihen. Auch den Deutschen fällt der Unterschied auf. “Die Position des Generalkommissars des chinesischen Pavillons ist eine politische Position. Da geht es nicht darum, den Besuchern im Pavillon eine bestmögliche Erfahrung zu vermitteln”, sagt Dietmar Schmitz, Delegationsleiter des deutschen Expo-Auftritts. Dabei haben die Chinesen dem Vernehmen nach noch einige Millionen Euro mehr in ihr Expo-Projekt investiert als Deutschland mit seinen knapp 60 Millionen.
Es ist nicht so, als hätte Volkswagen in China nicht alles versucht. Die Modelle ID.3 und ID.4 sind erste Vorboten einer Elektroauto-Offensive. In der Provinz Anhui baut der Konzern gerade eine zusätzliche Elektroautofabrik. Das Vertriebsmodell wurde um ID.-City-Stores erweitert. Die Absatzzahlen der Elektroautomodelle steigen stetig – nur eben nicht so sehr, wie es sich der Konzern erhofft hatte. Offenbar reichte das Wachstum der Elektrosparte nicht aus für die Chefetage des ehrgeizigen Konzerns. Stephan Wöllenstein, derzeit noch Chef der Volkswagen Group China, steht nach übereinstimmenden Berichten vor seiner Ablösung. Nachfolger könnte Alexander Seitz sein, der derzeit noch im Vorstand von Volkswagen Pkw Controlling und Rechnungswesen verantwortet (China.Table berichtete).
Es ist eine Personalentscheidung, die überraschend kommt. In China kursierten keine Gerüchte über eine bevorstehende Ablösung Wöllensteins. Dieser stand trotz einiger Probleme zumindest öffentlich nicht in der Kritik. Dazu kommt, dass der 58-Jährige den Job noch nicht lange macht – er hat den Posten als CEO der VW Group China (VGC) in Peking erst im Januar 2019 angetreten.
Was auch immer der Anlass für die Neubesetzung an der VGC-Spitze war: Alexander Seitz wäre eine naheliegende Wahl für die Nachfolge. Er gilt als China-Experte. Bereits im Jahr 2013 hatte ihn der Konzern zum First Vice President & Commercial Executive Vice President von SAIC Volkswagen Automotive in Shanghai berufen. Bei dem Joint Venture beaufsichtigte Seitz Finanzen, IT, Beschaffung und war im Personalwesen für die Expats zuständig.
Noch steht eine offizielle Bestätigung des Personalwechsels durch das Unternehmen aus. Die Spekulationen weisen aber so oder so auf die Probleme VWs in China hin. Ob eine Neubesetzung an der Spitze aber die Probleme im größten Automarkt der Welt löst, bleibt abzuwarten. Zwar ist der Wolfsburger Konzern mit seinen Joint Ventures Marktführer bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren. VW kommt jedoch in der Elektromobilität nicht vom Fleck. Diese Schwierigkeiten an der Person Wöllenstein festzumachen, wirkt allerdings übertrieben.
Im Gespräch mit Table.Media sieht auch der Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer die Probleme an anderer Stelle. Wöllenstein sei “zu einer Zeit gekommen, in der VW vor allem europäische Produkte im Portfolio hatte.” Es sei einfach zu einer Marktverzögerung gekommen, die mit dem Marktstart des ID.6 noch aufgeholt werden könnte. In China würden sich nur zwei Arten von Elektroautos verkaufen, sagt Dudenhöffer: Elektro-SUVs und Tesla-ähnliche Limousinen. Beides hätten die Wolfsburger nicht liefern können.
Der ID.3 sei zwar ein schönes Auto, so Dudenhöffer. Für China sei der Wagen aber nur bedingt geeignet. In der Volksrepublik gäbe es einfach zu viel Konkurrenz in der Elektromobilität. Dort könne man mit einem europäischen Auto keine großen Sprünge machen. Es ist ein Problem, auf das auch schon Jens Hildebrandt, Chef der Auslandshandelskammer in Peking, hingewiesen hatte. In einem Interview mit China.Table betonte Hildebrandt, dass es von der Geschwindigkeit abhänge, mit der Volkswagen auf chinesische Kundenwünsche reagieren würde, ob der Konzern in der Volksrepublik Marktführer bleibe. “Das ist ja generell ein wunder Punkt, bei dem deutsche Unternehmen noch nachlegen müssen.”
Ob das aber allein ein Fehler Wöllensteins ist, daran kann zumindest gezweifelt werden. Zwar hätte der VGC-Chef sehr viel früher regulierend in die Fahrzeugentwicklung eingreifen können. Und zwar bereits, als die Mängel des Infotainment-Systems klar wurden. Infotainment ist für China enorm wichtig, und die von Volkswagen angebotene IT genügte den Ansprüchen der Kunden nicht.
Doch ist in Wolfsburg in erster Linie Konzernchef Herbert Diess persönlich für den wichtigsten Markt des Unternehmens verantwortlich. Das Ressort China unterliegt im Vorstand ihm. Die Wirtschaftswoche hatte sich daher bereits auf Diess als Mitverantwortlichen eingeschossen. Jetzt zieht dieser aber zunächst Wöllenstein ab. Dudenhöffer wiederum möchte sich zu den Personalien selbst nicht äußern. Er weist aber darauf hin, dass Wöllenstein nun mal für den chinesischen Markt zuständig sei, auf dem es Probleme gebe.
In China selbst erhielt die Personalie nur mäßige Aufmerksamkeit in den Wirtschaftsmedien. Chinesische Nachrichtenseiten berichteten am Mittwoch unter Berufung auf die Automobilwoche, ohne eigene Details hinzuzufügen. Sie griffen das Narrativ auf, demzufolge der Konzern Wöllenstein wegen Erfolglosigkeit vom chinesischen Markt abziehe. In den vergangenen Jahren habe sogar die japanische Konkurrenz wieder Marktanteile zurückholen können.
Tencent News wies darauf hin, dass die Entwicklung in den Jahren bis 2020 positiv verlief. Von Januar bis September 2021 aber sei der VW-Absatz im Vorjahresvergleich um 4,1 Prozent gesunken. Insbesondere bei den Modellen des Gemeinschaftsunternehmens SAIC Volkswagen seien die Verkäufe desaströs abgestürzt. Das Minus lag hier im Vorjahresvergleich bei 18 Prozent. Der Bericht erwähnt ebenfalls die Probleme mit E-Autos. BYD fahre VW hier derzeit davon.
Die Personalie gab jedoch auch Anlass für grundsätzliche Überlegungen. Die Plattform Phoenix macht aufgrund der Schwierigkeiten in China gar eine “neue Krise” bei VW aus. “Wird Volkswagen die Erfolgsgeschichte aus dem Verbrenner-Zeitalter in China auch künftig fortsetzen können?”, fragte Tencent News – und prophezeite: “Der Markt wird die Antwort geben.” Christian Domke Seidel
Die Hauptstadt Peking verschärft die Covid-Regeln für Einreisende aus China und dem Ausland. Inlandsflüge aus Corona-Risikogebieten wurden gestrichen oder stark reduziert. Derzeit hat China mehr als hundert Städte als Risikogebiete eingestuft. Seit Mittwoch müssen nun alle Peking-Besucher einen negativen Corona-Test nachweisen, der nicht älter als 48 Stunden ist. Außerdem müssen sich ab sofort all jene mehrmals pro Woche auf Covid-19 testen lassen, die in Peking beruflich mit Tiefkühlimporten in Kontakt kommen. Dies betrifft rund 30.000 Menschen. China hatte bereits im Sommer 2020 Tiefkühlimporte als möglichen Virusträger benannt und hält bis heute an dieser Theorie fest.
Die Stadtverwaltung hatte am Dienstag Details zu den neuen Regeln bekanntgegeben. “Das Virus darf nicht nach Peking eingeschleppt werden, und es darf sich nicht in Peking ausbreiten“, betonte Sprecher Xu Heijian. In 100 Tagen beginnen in Peking die Olympischen Winterspiele. Zu den Spielen dürfen keine Fans aus dem Ausland einreisen. Flugreisen ins Ausland wurden mit dem Winterflugplan noch weiter eingeschränkt als zuvor (China.Table berichtete).
Die Corona-Zahlen sind in China aufgrund der konsequenten Null-Covid-Politik mit Massentests und flächendeckenden Einschränkungen sehr niedrig. Am Dienstag wurden nur 31 Ansteckungen binnen 24 Stunden gemeldet. ck
Im Rennen um immer höhere Reichweiten bei Elektroautos hat der chinesische Hersteller GAC Aion mit dem LX Plus eine neue Version vorgestellt, die mit einer Akkuladung auf eine maximale Reichweite von über 1.000 Kilometern kommt. Die Kapazität dieses Akkus liegt bei 144,4 Kilowattstunden. Dem E-Auto-Portal Teslamag zufolge dürfte der Aion LX Plus das E-Auto mit dem derzeit größten Akku überhaupt sein. Zum Vergleich: Die Batterie des Mercedes EQS speichert 108 Kilowattstunden, die des Tesla Model S etwas weniger als 100 Kilowattstunden. Noch kann man den Aion LX Plus allerdings nicht kaufen. Die Zulassung steht noch aus. flee
Einen Tag nach dem Online-Gipfel von Staatschef Xi Jinping mit US-Präsident Joe Biden dringen erste Details aus dem Treffen nach außen. Beide Seiten haben eine hochrangig besetzte Gesprächsreihe zum Thema atomare Abrüstung vereinbart, sagte Bidens Nationaler Sicherheitsberater Jake Sullivan am Dienstagabend. Demnach hatte Biden das Thema angesichts der Aufstockung des chinesischen Nukleararsenals auf die Agenda gesetzt. Biden zeigte sich besorgt wegen der Tests zweier Hyperschallraketen und der Militarisierung des Indopazifiks durch China, so Sullivan. Das US-Verteidigungsministerium hatte kürzlich gewarnt, dass China 2030 bereits über rund 1000 jederzeit lieferbare Atomsprengköpfe verfügen könne (China.Table berichtete). Auch das Pentagon fordert schon länger Abrüstungsgespräche.
Außerdem sprachen die beiden Staatschefs nach chinesischen Medienberichten über eine mögliche Freigabe strategischer Ölreserven. Biden habe Xi angesichts steigender Ölpreise gebeten, gemeinsam mit den USA Ölreserven auf den Markt zu lassen, berichtet unter anderem die South China Morning Post unter Berufung auf eine anonyme Quelle. Biden steht angesichts hoher Inflationsraten unter Druck, zumal die OPEC eine preiswirksame Erhöhung ihrer Ölexporte bisher ablehnt. China sei grundsätzlich offen, habe aber noch keine konkreten Maßnahmen beschlossen, sagte die Quelle der Zeitung.
Parallel zum Gipfel gab es Fortschritte bei Gesprächen über die Lage von US-Journalisten in China. Einem US-Regierungssprecher zufolge sagte Peking die Ausstellung von Visa für “eine Gruppe von US-Reportern” zu, sofern diese “gemäß aller geltenden Gesetze und Regularien berechtigt” seien. Auch werde China die Gültigkeitsdauer von Journalisten-Visa für Amerikaner auf ein Jahr zu verlängern und bereits in der Volksrepublik befindlichen US-Journalisten die freie Ein- und Ausreise zu erlauben. “Wir begrüßen diese Fortschritte, sehen sie aber nur als erste Schritte”, sagte der Sprecher laut der Nachrichtenagentur AFP. China hatte im März 2020 die Korrespondenten mehrerer großer US-Zeitungen ausgewiesen, darunter die New York Times und die Washington Post.
Unterdessen blockierte der republikanische Senator Marco Rubio die Ernennung von Nicholas Burns zum US-Botschafter in Peking. Burns erkenne nicht die Bedrohung, die von der chinesischen Führung ausgehe, so Rubio. Die prozedurale Blockade, die im US-Senat selbst durch einen einzigen Senator möglich ist, wird die Entsendung von Burns zumindest verzögern. Die USA sind seit neun Monaten ohne Botschafter in Peking. ck
Die Europäische Union hat einem Medienbericht zufolge die Vorstellung eines Plans zur Intensivierung der Handelsbeziehungen zu Taiwan aufgeschoben. Die EU-Kommission habe am vergangenen Freitag ein Strategiepapier über die Zusammenarbeit mit der Insel vorstellen wollen, berichtete die South China Morning Post unter Berufung auf EU-Kreise und eine Quelle aus dem Europaparlament.
Der Plan sollte demnach Initiativen zur Kooperation in Bereichen wie der Halbleiter-Produktion und die Ankündigung regelmäßiger ranghoher Treffen zwischen Brüssel und Taipeh beinhalten. Die zuständige Generaldirektion für Handel (DG Trade) habe die Präsentation dann jedoch kurzerhand abgesagt, hieß es in dem Bericht. Die DG Trade bestätigte den Vorgang zunächst nicht offiziell. Es werde geprüft, wie mit Taiwan in Kontakt getreten werden könne. Das sei ein laufender Prozess, teilte die Generaldirektion China.Table mit.
Vor allem das EU-Parlament fordert seit längerem eine engere Zusammenarbeit zwischen Brüssel und Taiwan, beispielsweise auch durch ein bilaterales Investitionsabkommen. Da die EU-Kommission die von Peking geforderte “Ein-China-Politik” einhält, sucht sie derzeit nach Wegen, mit Taipeh zu kooperieren ohne Peking zu verärgern.
Ob und wann der Taiwan-Plan vorgestellt werden soll, blieb zunächst unklar. Die EU-Kommission hatte in dieser Woche bereits die Vorstellung der “Global Gateway”-Initiative verschoben, die eine Alternative zu Chinas “Belt and Road” werden soll. Die Veröffentlichung wird Kreisen zufolge nun für Dezember erwartet. ari
Die Grundkonzeption des chinesischen Export Control Law (ECL) entspricht der EU-Dual-Use-Verordnung: Die Ausfuhr von Gütern, die auf einer Liste als kritisch erfasst sind, bedarf einer Genehmigung. Diese Güterliste umfasst Dual-Use-Güter, militärische Güter, nukleare Güter und solche, die die nationale Sicherheit und die nationalen Interessen Chinas betreffen.
Der Begriff Güter erfasst Waren und Technologie, aber auch Dienstleistungen. Der Ausführer erhält die Genehmigung nur, wenn er zuverlässig ist und eine Erklärung des drittländischen Empfängers zum Endverwender und zur Endverwendung der Waren vorlegt.
Derzeit ist all dies jedoch überwiegend graue Theorie. Es gibt noch keine konsolidierte Güterliste. Und die Behörden haben noch keine Anweisungen erhalten, wie sie die Vorschriften umzusetzen haben. Solange dies nicht der Fall ist, müssen Unternehmen in China weiter die vereinzelten Ausfuhrvorschriften beachten, die dort teilweise schon seit den 90ern gelten. Unternehmen sollten ihre Exportkontrollprogramme aber bereits jetzt anpassen – dafür hat das MOFCOM auch schon konkrete Leitlinien vorgelegt. Insbesondere sollten Exportkontrollklauseln in Verträgen angepasst werden, um sich nicht angreifbar zu machen.
Eine ausdrückliche Regelung zur Re-Exportkontrolle wurde im letzten Moment aus dem ECL gestrichen. China behält sich in einigen der Vorschriften des ECL zwar vor, Maßnahmen mit extraterritorialer Wirkung zu treffen, wenn es seine Interessen gefährdet sieht. Für Unternehmen außerhalb Chinas ist aber entscheidend, ob sie hinsichtlich gelisteter Komponenten aus China eine strukturierte Re-Exportkontrolle in der EU betreiben müssen. Dies ist – Stand heute – (noch) nicht der Fall, sie müssen sich derzeit lediglich an die Zusagen halten, die sie im Rahmen von Endverbleibserklärungen abgeben.
Unreliable Entity List
Das Konzept einer Unreliable Entity List ist aus den USA bekannt. Steht ein ausländisches Unternehmen auf dieser Liste, dürften chinesische Firmen mit diesem nur unter bestimmten Voraussetzung Geschäfte tätigen oder auch gar nicht. Die Listung kann erfolgen, wenn Unternehmen aufgrund von Maßnahmen ihrer Länder chinesische Unternehmen diskriminieren oder schädigen, oder die Interessen Chinas gefährden.
Schränken Unternehmen ihre Geschäfte mit diesen und vielen anderen chinesischen Unternehmen auf der US Entity List ein, laufen sie Gefahr, in die Unreliable Entity List aufgenommen zu werden. Dies betrifft auch EU-Unternehmen und zwar dann, wenn sie gelistete US-Güter nicht an chinesische Unternehmen liefern, um nicht gegen die US-(Re-)Exportkontrolle zu verstoßen.
Blocking Rules und Anti-Sanctions Law (ASL)
Die Blocking Rules richten sich an Unternehmen in China. Diese dürfen extraterritorial wirkende Vorschriften von Drittstaaten in China nicht befolgen. Wie auch bei der EU-Blocking-Regulation muss die drittländische Vorschrift, die nicht befolgt werden darf, ausdrücklich benannt werden. Diese Blocking Rules können insbesondere für chinesische Töchter von EU-Unternehmen relevant sein, die aufgrund einer konzernübergreifenden Exportkontrolle in China EU- und US-Exportkontroll- und Sanktionsrecht befolgen (müssen).
Das ASL entspricht dem Bereitstellungsverbot der EU-Sanktionslisten. Das Vermögen der gelisteten Personen oder Organisationen in China kann eingefroren und der geschäftliche Umgang mit ihnen verboten werden. Zudem kann natürlichen Personen die Einreise verweigert werden. Unmittelbar richtet sich das ASL gegen Personen und Organisationen, die an der Schaffung von Sanktionen gegenüber China beteiligt waren oder sind, also Politiker:innen, politische Institutionen und NGOs. Ebenso denkbar ist allerdings, dass Unternehmen sanktioniert werden, die im Rahmen ihrer ESG-Policy Initiativen unterstützen, die aus chinesischer Sicht interne Belange der Volksrepublik betreffen, allen voran die Menschenrechte.
Beide Instrumente sehen vor, dass chinesische Unternehmen, wenn sie sich durch die Praktiken ihrer Geschäftspartner unfair behandelt fühlen, diese vor chinesischen Gerichten zur Rechenschaft ziehen können. Diese Möglichkeit verschafft den Unternehmen eine erhebliche Verhandlungsmacht. Es ist zu befürchten, dass davon zukünftig Gebrauch gemacht wird.
Was ist zu tun?
Unternehmen in China sollten bei entsprechendem Risikoprofil nicht zuwarten, ein internes Exportkontrollprogramm aufzubauen, wie es in der EU oder den USA üblich ist. Auch wenn einzelne Elemente des ECL noch unklar sind oder Umsetzungsvorschriften fehlen, werden diese Mechanismen früher oder später vollumfänglich greifen.
Wie in anderen Bereichen der chinesischen Eingriffsverwaltung auch, sind Unternehmen gut beraten, eine enge Verbindung zu den Behörden aufzubauen, um mit diesen persönlich abzuklären, was von ihnen verlangt wird. Zum anderen ist Vorsicht immer dann geboten, wenn das eigene Verhalten als diskriminierend gegenüber China oder chinesischen Unternehmen verstanden werden kann, insbesondere wenn das Verhalten durch EU- oder US-Sanktionsvorschriften motiviert ist. Dann sollten Unternehmen innehalten und anhand der neuen Vorschriften prüfen, wie sie ihre Pflichten nach EU-, US- und chinesischen Sanktionsvorschriften in Einklang bringen können. Das wird nicht immer einfach sein und manchmal auch nicht gelingen.
Zuletzt müssen Unternehmen beachten, dass sich ihre Mitarbeiter:innen in China durch die Sanktionsmöglichkeiten persönlich bedroht fühlen können und durch Handlungsanweisung im Zusammenhang mit EU- und US-Vorschriften in ein unauflösbares Dilemma geraten können.
Bislang hat die chinesische Führung vor allem ihren Instrumentenkasten offen gelegt. Das legislative Projekt richtete sich zunächst vor allem gegen US-Präsident Trump und seine Trade Wars. Seit dem Wechsel der Regierung in den USA hat sich zwar zweifelsohne der Ton verbessert, aber die bestehenden Konflikte sind nicht gelöst, sondern haben sich eher noch vertieft und es sind weitere hinzugekommen. Das sind leider keine Umstände, die eine positive Prognose für den Einsatz der hier beschriebenen Gesetze und Vorschriften rechtfertigen würden. Wenn es den Interessen Chinas dient, werden diese Instrumente eingesetzt werden, um die Welt zittern zu lassen.
Tara Joseph hört auf eigenen Wunsch im kommenden Jahr als Präsidentin der US-Handelskammer in Hongkong auf. Als Grund nannte sie unter anderem ihre Frustration über die Quarantäne-Bestimmungen.
Liang Mengsong und Jiang Shangyi treten von ihren Vorstandsposten bei dem staatlich kontrollierten Halbleiterhersteller SMIC zurück. SMIC hat für China eine Schlüsserolle bei der Überwindung des Halbleitermangels.
Shanghai hat bereits ein Disneyland. Nun bekommt es auch noch ein Legoland. Am Mittwoch startete der Bau des künftigen Legoland Shanghai Resort, das nach Angaben der Stadtväter 2024 im südwestlichen Bezirk Jinshan eröffnen soll. Der Park wird etwa 318.000 Quadratmeter umfassen und kommt damit auf gut ein Drittel der Fläche des Disneylands. Noch viel kleiner ist die Miniatur aus Legosteinen, die zum Baubeginn präsentiert wurde – und die hier von einem Fotografen in Augenschein genommen wird.