CEO.Talk
Erscheinungsdatum: 30. Mai 2025

Wie DE-CIX das Internet der Zukunft baut

„Die Zukunft des Internets erfordert einen dezentralen Aufbau digitaler Infrastruktur“, sagt Ivo Ivanov, CEO von DE-CIX, dem weltweit größten Betreiber von Internetknoten („Internet Exchanges“), im Gespräch mit Table.Briefings. Gemeint ist der Ausbau physischer Knotenpunkte, an denen Internetanbieter, Content-Netzwerke und Unternehmen ihre Netze direkt miteinander verbinden. „Nur mit lokalen Internet Exchanges in der Fläche werden Anwendungen wie autonomes Fahren oder humanoide Roboter bald möglich.“

Ein Beispiel ist ein Pilotprojekt im US-Bundesstaat Kansas: In Wichita errichtet DE-CIX in Partnerschaft mit einer Universität eine neue Infrastruktur. In den kommenden fünf bis sechs Jahren sollen weitere Hochschulen dem Beispiel folgen und über 100 neue Internet Exchanges entstehen, vor allem in ländlichen und bisher schlecht erschlossenen Regionen. „Im Radius von 100 bis 200 Kilometern können wir die nötige Konnektivität und Zusammenschaltungsleistung anbieten. Das ist die Zukunft“, ergänzt Ivanov.

Ein zentrales Thema ist dabei die Entwicklung von Anwendungen mit künstlicher Intelligenz. Besonders „AI-Inferencing“ reagiere empfindlich auf Verzögerungen, erklärt der Firmenchef. Das sogenannte „Dreieck der AI-Interconnection“ beschreibt die Verbindung zwischen KI-Modellen, vernetzten Endgeräten (etwa im Internet der Dinge oder an der Netzperipherie) und der Übertragungstechnologie – darunter Glasfaser, 5G, 6G oder Satellitenverbindungen. „Damit humanoide Roboter autonom reagieren können, muss die Infrastruktur extrem niedrige Latenzzeiten gewährleisten.” Stehen, springen und balancieren – damit Roboter das selbständig können, sind Latenzzeiten im unteren einstelligen Millisekundenbereich erforderlich. Das entspreche einer maximalen Distanz von 80 bis 120 Kilometern zwischen Nutzer und Knotenpunkt.

„Geografische Verteilung ist entscheidend“, betont Ivanov. Um minimale Latenzzeiten für künftige AI-Anwendungen zu realisieren, verfolgt DE-CIX modulare Ansätze – etwa mit besonders kleinen Exchange-Einheiten, die in der Größe einem Pizzakarton ähneln werden. Diese lassen sich künftig an Mobilfunkmasten, in Einkaufszentren, Mini-Rechenzentren oder an Verkehrsknotenpunkten unterbringen.

Auch Neutralität spielt für das Unternehmen eine Rolle. „Wir sind weder Rechenzentrumsbetreiber noch Carrier, sondern bieten offene Zugänge für alle Netzwerke – egal, aus welchem Rechenzentrum, in dem wir präsent sind“, sagt Ivanov. Damit richtet sich das Angebot unter anderem an Unternehmen aus Branchen wie Finanzdienstleistungen, Automobilindustrie, Einzelhandel, Logistik und Gesundheitswesen – darunter auch Konzerne aus den Fortune 100.

Mit Blick auf Deutschland fordert Ivanov noch mehr Tempo: „Wir brauchen ein digitales Infrastruktursondervermögen, den Ausbau von 5G, 6G und Glasfaser sowie eine Fachkräftestrategie. Die Digitalisierung in Bund, Ländern und Kommunen ist entscheidend für Wachstum und Effizienz. Wir brauchen präzise Umsetzungen.“

Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025
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