Berlin.Table – Ausgabe 658

Heikler Besuch aus Polen + Fragwürdige Investitionsquote + Mindereinnahmen durch Aktivrente

Talk of the Town

Heikler Besuch aus Polen: Karol Nawrockis Kurzvisite wirft ein Schlaglicht auf das besondere deutsche Dilemma im Umgang mit Warschau

Bilder ja, Fragen nein – so war das beim Kurzbesuch des polnischen Präsidenten in Berlin. Und vieles spricht dafür, dass diese Beschränkung zwar auf einen Wunsch von Karol Nawrocki zurückgeht, aber auch seinen beiden Gastgebern Frank-Walter Steinmeier und Friedrich Merz nicht ganz ungelegen kam. Der Grund: Berlin will äußerste Vorsicht im Umgang mit Polen walten lassen, seit klar ist, dass das Thema Reparationen das Potenzial hat, alle sonstigen und meist engen Kooperationen zu gefährden. Auch missglückte Pressekonferenzen können da zur Gefahr werden.

Über die Größe dieses Problems kann auch der freundlich-professionelle Auftritt des Gastes aus Warschau nicht hinwegtäuschen. So jedenfalls beschreiben Personen, die an diesem Dienstag mit dabei waren, wie sie Nawrocki erlebt haben. Das neue polnische Staatsoberhaupt sei „tough und professionell“ gewesen, erzählt einer. „Hart und herzlich“ sei der Umgang gewesen, heißt es von anderer Stelle. Und das, obwohl der Pole ebenso wie seine deutschen Gastgeber von ihren Positionen keinen Deut abgewichen sind. Nawrocki wiederholte die Forderung nach 1,3 Billionen Euro; Steinmeier wie Merz hielten daran fest, dass dieses Kapitel juristisch seit 1953 geklärt sei. Ziemlich unversöhnlich klingt das.  

Genau deshalb will Berlin alles tun, um die gegenteilige Botschaft nach Warschau zu schicken. Aus dem Schloss Bellevue heißt es nach dem Treffen, man sei sich in den meisten Fragen einig gewesen; nur in wenigen Fällen vertrete man unterschiedliche Auffassungen. Niemand habe ein Interesse daran gehabt, alles vom Thema Reparationen überlagern zu lassen. Aus dem Kanzleramt ist ganz Ähnliches zu hören. Auch hier sei das Gespräch alles andere als konfrontativ verlaufen. Im Übrigen habe sich der Gast sehr für die schnelle gemeinsame Reaktion auf den jüngsten Drohnen-Vorfall bedankt. Merz seinerseits habe Nawrocki und Polen der deutschen Solidarität versichert. Steinmeier und Merz wissen, wie sehr Polen in der EU, in der Nato und zur Abwehr russischer Aggressionen gebraucht wird.  

Knut Abraham, Polen-Beauftragter der Bundesregierung, beschreibt, was das Berlin abverlangt. Zumal in einer Situation, die man als polnische Kohabitation beschreiben könnte – mit einem Europa-freundlichen Premier Donald Tusk und einem Europa-kritischen und Trump-freundlichen Nawrocki. In dieser Konstellation wäre es laut Abraham sehr unklug, würde Berlin – ob absichtlich oder nicht – auch nur den Eindruck erwecken, dass es sich in die Innenpolitik Polens einmische. „An der Stelle müssen wir extrem sensibel sein. Schon ein halber missglückter Satz kann enorme Verwerfungen auslösen“, sagte Abraham Table.Briefings.  

Zugleich dürfe das klare juristische Nein zu Reparationen nicht die einzige Antwort auf die Gefühle in Polen sein. Berlin müsse immer wieder daran erinnern (und unter Beweis stellen), was Deutschland zu tun bereit sei, um im Hier und Heute seine Empathie zu zeigen. Dazu gehöre nicht nur der im Zentrum Berlins geplante Ort des Gedenkens an die polnischen Opfer im Zweiten Weltkrieg. Genauso wichtig sei es, deutlich zu machen, „dass die Sicherheit Polens auch unsere Sicherheit ist“ und „Investitionen in die Sicherheit Polens deshalb Investitionen in unser beider Zukunft sind“. Investitionen, zu denen Deutschland bereit sei.  

Eines will der Christdemokrat unbedingt verhindern: dass ein deutsch-polnischer Zwist Wladimir Putin in die Hände spielt. „Wir könnten Putin keinen größeren Gefallen tun“, so Abraham. Ausgerechnet jetzt eine Schwächung des deutsch-polnischen Verhältnisses zu riskieren – das dürfe nicht passieren. Denn „das wäre ein großes Glück für Putin“. Dass der Austausch zwischen Berlin und Warschau alsbald fortgesetzt wird, wurde am Dienstag sichergestellt, und zwar von beiden Seiten. Nawrocki lud Steinmeier nach Warschau ein – der nahm die Einladung sofort an. Was Kai-Olaf Lang, Osteuropa-Experte der Stiftung Wissenschaft und Politik, der Bundesregierung mit Blick auf Polen empfiehlt, lesen Sie im Security.Table.        

News

Haushaltsdebatte: Fragwürdige Berechnung der Investitionsquote. Ihren Höhepunkt erreicht die Haushaltswoche des Bundestags am Mittwoch mit der Generaldebatte. Doch auch am Dienstag, als über den Etat des Finanzministers diskutiert wurde, sind Opposition und Regierung schon hart aneinandergeraten. Grüne und Linke erneuerten den Vorwurf, dass Finanzminister Lars Klingbeil bei der Haushaltsaufstellung Ausgaben vom Kernhaushalt ins neue Sondervermögen verschiebe, sodass die daraus finanzierten Investitionen nur zum Teil zusätzlich seien. „Sie tricksen, statt zu investieren“, sagte Linken-Chefin Ines Schwerdtner. Aus der Koalition wurde dieser Vorwurf wie schon in der Vergangenheit mit dem Argument zurückgewiesen, dass im Kernhaushalt wie vereinbart eine Investitionsquote von 10 Prozent eingehalten werde; darum seien die Investitionen insgesamt gesehen zusätzlich, auch wenn einzelne Posten zwischen Haushalt, Sondervermögen und KTF verschoben werden.  

Doch bei dieser Quote rechnet die Regierung nach Ansicht mehrerer Experten falsch. Ermittelt wird die Investitionsquote, indem die staatlichen Investitionen durch die Ausgaben im Haushalt dividiert werden. Dabei werden im Nenner aber die Verteidigungsausgaben, die von der Schuldenbremse ausgenommen sind, abgezogen. Im Zähler werden die Investitionen, die zur Verteidigung gehören, hingegen mitgezählt. „Das Ergebnis ist eine künstliche Erhöhung der Investitionsquote”, sagt Rechtsanwalt Günther Franke, der als Sachverständiger in der Expertenanhörung zum Sondervermögen auftrat. Auch die Finanzwissenschaftlerin Désirée Christofzik forderte Änderungen: „Konsistent wäre es, entweder den Zähler um die Investitionen zu bereinigen, die innerhalb der Bereichsausnahme getätigt werden, oder aber auf den Abzug der Ausgaben der Bereichsausnahme im Nenner ganz zu verzichten.“ 

Würde so gerechnet, läge die Quote im Haushalt 2025 deutlich unter 10 Prozent. Wie das BMF auf Grünen-Anfrage mitteilte, liegen die Investitionen, die zur Bereichsausnahme für Verteidigung gehören, bei rund 2,2 Milliarden Euro. Würde man diese, wie von der Sachverständigen gefordert, komplett von den Investitionen abziehen, sänke die Investitionsquote auf 9,5 Prozent; kürzte man sie, was logischer erschiene, nur um den Anteil der Verteidigungsausgaben, die von der Schuldenbremse ausgenommen sind, wären es 9,8 Prozent. In jedem Fall wäre die in der Gesetzesbegründung aufgestellte Bedingung für die Nutzung des Sondervermögens verfehlt.  

Auch Grünen-Haushälter Sebastian Schäfer fordert Korrekturen. „Eine saubere Berechnung der Investitionsquote ist entscheidend, damit neues Geld auch wirklich in neue Zukunftsprojekte fließt“, sagte er Table.Briefings. Das BMF sieht dagegen keinen Anlass für Änderung – und auch keine Möglichkeit. Dort beruft man sich darauf, dass man sich an die in der Gesetzesbegründung vorgegebene Berechnungsmethode halte. Malte Kreutzfeldt 

Aktivrente und Arbeitsmarkt: Hohe Mindereinnahmen durch Steueranreize. Die Umsetzung der von der Bundesregierung geplanten Anreize zur Mehrarbeit würde bis 2030 zu einem Minus von knapp dreieinhalb Milliarden Euro in der Staatskasse führen. Das geht aus dem Referentenentwurf des BMF für ein „Arbeitsmarktstärkungsgesetz“ hervor. Mit ihm sollen die sogenannte Aktivrente – bis zu 2.000 Euro pro Monat steuerfrei –, die Steuerfreiheit für Überstundenzuschläge sowie die „Teilzeitaufstockungsprämie“ umgesetzt werden. Dabei geht es um eine Steuerbefreiung von Zahlungen von Arbeitgebern, mit denen Beschäftigte motiviert werden sollen, ihre Wochenarbeitszeit zu erhöhen. Bernd Rützel, amtierender Vorsitzender des Sozialausschusses, begrüßt die Aktivrente. Gleichzeitig dürfe man nicht die Menschen vergessen, die nicht länger arbeiten können. „Auch sie brauchen eine ordentliche Rente", sagte Rützel, der zuständiger SPD-Berichterstatter ist, Table.Briefings. Okan Bellikli 

BMAS-Etat: Wo der Rechnungshof Einsparpotenziale sieht. Der Bundesrechnungshof fordert von der Bundesregierung mehr Einsparungen im Etat des BMAS. Das Ministerium habe „zuletzt kaum Beiträge geleistet, um den Bundeshaushalt zu konsolidieren“, heißt es in dem Bericht zum Haushaltsentwurf 2026. Die Ausgaben für Grundsicherung und Renten seien in den vergangenen Jahren stark gestiegen, während geplante Einsparungen – etwa durch den „Job-Turbo“ zur Integration von Geflüchteten – nur teilweise erreicht wurden. Besonders kritisch sieht der BRH den Umgang mit dem neuen Sondervermögen „Infrastruktur und Klimaneutralität“. Das BMAS nutze diese Mittel für konsumtive Ausgaben, „deren Nachhaltigkeit für künftige Generationen nicht nachgewiesen ist und abzuwarten bleibt“. 

Im Bereich der Grundsicherung kritisiert der BRH massive Steuerungs- und Kontrolldefizite. Bei den Leistungen für Unterkunft und Heizung etwa übernehme der Bund 74 Prozent der bundesweiten Ausgaben, könne aber „weder steuern noch kontrollieren, ob Mittel rechtmäßig, zweckentsprechend und wirtschaftlich eingesetzt werden“, da die Länder die Aufgaben eigenverantwortlich ausführen. Jobcenter übernähmen „überproportional hohe Kosten, verzichteten auf Nachweise und hatten keinen Überblick über Personen in unangemessen teurem oder großem Wohnraum“. Auch bei der Mittelverteilung an Jobcenter sieht der Rechnungshof Fehlanreize, da die Vergabe nach starren Verteilschlüsseln statt nach tatsächlichem Bedarf erfolge. Maximilian Stascheit 

Apothekenreform: Warken zieht Ankündigung aus Koalitionsvertrag zurück. Die geplante Honorarerhöhung für Apotheken wird vorerst nicht kommen. Das wird aus den Eckpunkten für eine Apothekenreform deutlich, die Gesundheitsministerin Nina Warken am Dienstag beim Deutschen Apothekertag vorstellte. Eigentlich wollten Union und SPD den Festbetrag, den Apotheken pro verschreibungspflichtiger Arzneimittelpackung erhalten, von derzeit 8,35 Euro auf 9,50 Euro erhöhen. „Aufgrund der derzeit wirtschaftlich massiv angespannten Lage“ der Gesetzlichen Krankenversicherung müsse das Vorhaben aber „aktuell noch zurückstecken“, heißt es im Eckpunktepapier.  

Trotzdem will Warken die Rolle der Apotheken vor Ort stärken, Bürokratie abbauen und den Apothekerberuf als Heilberuf weiterentwickeln. So sollen Impfmöglichkeiten, Präventionsangebote und Tests bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen ausgebaut werden. Um Versorgungsengpässe zu reduzieren, sollen Apotheken leichter wirkstoffgleiche Medikamente aushändigen dürfen. Chronisch kranke Patienten sollen bei dringendem Bedarf und bekannter Langzeitmedikation auch ohne Rezept Medikamente in der Apotheke erhalten können. Zur Stärkung der Apotheken in ländlichen Räumen sollen unter anderem die Nacht- und Notdienstpauschalen deutlich erhöht werden. Maximilian Stascheit 

GIZ: Schlechtere Noten, aber eine „insgesamt positive Entwicklung“. Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) ringt mit der Effizienz ihrer Projekte. Der aktuelle Evaluierungsbericht – untersucht wurden in zwei Jahren rund 150 Projekte – weist eine Durchschnittsnote von 2,5 auf einer mit Schulnoten vergleichbaren Sechser-Skala auf. Vor zwei Jahren lag der Durchschnitt noch bei 2,26. Aufsichtsratschef Niels Annen sprach dennoch von einer „insgesamt positiven Entwicklung“ und führte den schlechteren Schnitt auf schärfere Qualitätsanforderungen zurück. Schwierigkeiten wiesen zahlreiche Projekte insbesondere beim Kriterium Nachhaltigkeit auf, und auch das Kernthema „Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen“ schnitt unterdurchschnittlich ab. Überdurchschnittlich präsentierten sich dagegen die evaluierten Projekte zum Kernthema „Gesundheit, Soziale Sicherung, Bevölkerungsdynamik“ (2,20).  

Besonders stolz ist man bei der GIZ auf den Energiebereich, der immerhin ein Drittel der Projekte ausmacht. Notenschnitt: 1,97. 93 Prozent der Energieprojekte seien als erfolgreich bewertet worden. Und doch befindet sich die Hilfe für den Globalen Süden im Umbruch. „Mehr Konflikte, mehr Autokratien und eine schleichende Verschärfung des Klimawandels“ stellten die Zusammenarbeit zunehmend vor Herausforderungen, sagte GIZ-Vorständin Ingrid-Gabriela Hoven. Gleichwohl habe Deutschland immer noch „eine extrem hohe Glaubwürdigkeit im Ausland“. Zugleich profitiere auch die deutsche Wirtschaft, indem sie neue Absatzmärkte erschließe und Lieferketten aufbaue. Horand Knaup 

EU-Wettbewerbsfähigkeit: Draghi will keine Ausreden mehr hören. Ein Jahr nach der Publikation seines Berichts über die Wettbewerbsfähigkeit der EU ist das Zwischenfazit des ehemaligen italienischen Premierministers vernichtend. „Unser Wachstumsmodell verschwindet, die Schwachstellen nehmen zu, und es gibt keinen klaren Weg, um die erforderlichen Investitionen zu finanzieren“, sagte Mario Draghi am Dienstag in Brüssel. Die EU sei viel zu langsam und halte an alten Prozessen fest, als hätten die Regierungen den Ernst der Lage noch nicht erkannt. Die EU müsse in neuen Geschwindigkeiten, neuen Maßstäben und in einer neuen Intensität handeln, so der frühere EZB-Präsident. Was die Industrie über den Reformfortschritt sagt, lesen Sie im Europe.Table. János Allenbach-Ammann 

Technologiesouveränität: Chinas Einfluss auf Deutschlands digitalen Stack. Deutschland setzt beim digitalen Umbau der Verwaltung auf einen eigenen „souveränen Deutschland-Stack“. So steht es im Koalitionsvertrag. Doch eine neue Analyse des German Marshall Fund warnt: Chinesische Firmen sind schon jetzt tief in zentrale Teile der hiesigen Infrastruktur eingebunden. Besonders kritisch sei die Netzwerkinfrastruktur, die laut der an der Studie beteiligten Politikwissenschaftlerin Sharinee L. Jagtiani das Fundament des Systems bildet: Unterseekabel, an denen Konzerne wie China Telecom beteiligt sind, könnten so zum Einfallstor für Überwachung oder Sabotage werden. Wie problematisch die enge Kooperation deutscher Unternehmen mit China sein könnte, lesen Sie im China.Table. Amelie Richter 

Bildungspolitik: Welche neuen Aufgaben Schulaufsichten übernehmen sollen. Sie sollen nach dem Willen der Bundesländer künftig nicht nur Vorschriften machen und deren Einhaltung überprüfen, sondern stärker mit den Schulen zusammenarbeiten. Damit sollen Schulen besser in der Kompetenz- und Leistungsentwicklung unterstützt werden. Das geht aus dem Entwurf „Zielbild zur Rolle und Arbeit der Schulaufsicht“ hervor, der Table.Briefings exklusiv vorliegt. Die Bildungsministerkonferenz will die neuen Zielvorgaben voraussichtlich Mitte Oktober beschließen. Wie sich die Vorgaben auf die Entwicklung von Schulen auswirken könnten, lesen Sie im Bildung.Table. Bettina Gabbe 

Table.Today Podcast

Table.Today mit Michael Bröcker und Helene Bubrowski. "Wohin fließen die Instrastruktur-Milliarden?"

Mit dem Infrastruktur-Sondervermögen will die Bundesregierung den Investitionsstau in Deutschland auflösen und das Land wieder moderner und wettbewerbsfähiger machen. Das sorgt bei den internationalen Investoren erst einmal für große Begeisterung, sagt Eddy Henning, der Chef des Firmenkundengeschäfts der ING Deutschland. Aber Begeisterung allein reiche noch nicht – es müssten jetzt auch Ideen umgesetzt werden. Dafür brauche es ein neues Mindset, erklärt Henning im Podcast-Interview. 

Warum er trotzdem an einen Wirtschaftsaufschwung in Deutschland glaubt und wann er diesen erwartet, hören Sie morgen ab 5 Uhr hier

Table.Documents

Bericht des Bundesrechnungshofs zum Haushaltsplan 2026 des BMAS

Eckpunkte des BMG für eine Apothekenreform

Entwurf des BMF für ein „Arbeitsmarktstärkungsgesetz“

Heads

Michael Lindner ist seit Anfang September Pressesprecher von Siemens in München. Zuvor war er seit 2017 in verschiedenen Rollen bei der FDP tätig, zuletzt als Pressesprecher und Leiter der Kommunikationsstelle. Nach der Wahl von Christian Dürr zum Parteivorsitzenden hatte Lindner das Hans-Dietrich-Genscher Haus Anfang Juni verlassen und zunächst eine berufliche Auszeit genommen.  

Best of Table

Europe.Table: Meloni auf Rekordkurs in Italien. Vor drei Jahren haben die Fratelli d'Italia von Giorgia Meloni die Wahl gewonnen. Die 1000-Tage-Grenze an der Spitze einer Regierung haben vor ihr nicht viele überschritten. Hält Meloni bis Herbst 2027 durch, wäre sie die unangefochtene Nummer eins. Warum sie auf einem guten Weg dahin ist, lesen Sie hier.

China.Table: Xi Jinpings diplomatische Herbstoffensive. Mit dem SCO-Gipfel, der Militärparade und ab Mittwoch dem Xiangshan-Forum inszeniert sich die chinesische Führung als Stimme des Globalen Südens und als Gegengewicht zur erratischen Trump-Regierung. Warum die internationale Aufmerksamkeit für Pekings Visionen wächst, kritische Fragen zur Volksbefreiungsarmee aber ausgeklammert bleiben, lesen Sie hier.

ESG.Table: Wie sich die Vereinten Nationen reformieren sollten. Die internationale Entwicklungszusammenarbeit ist in einer profunden Krise, und mit ihr die Agenda 2030. Wie könnten die Probleme gelöst werden? Welche Reform aus Sicht eines Wissenschaftlers notwendig sind, lesen Sie hier.

Security.Table: Golfstaaten wollen neue Sicherheitsarchitektur. Der Angriff Israels auf Doha hat Zweifel an den Sicherheitsgarantien der USA geweckt, und die Bedrohung aus dem Iran nimmt ab. Wie es Saudi-Arabien, Katar und den Vereinigten Arabischen Emirate gelingen könnte, eine Nato des Nahen Ostens zu bauen, lesen Sie hier.

Bildung.Table: Digitale Medien und KI verändern Schule nicht automatisch. Sie verstärken, was bereits vorhanden ist. Diese These vertritt Erziehungswissenschaftler Jöran Muuß-Merholz. Wie sich Technologie auf Pädagogik auswirkt und wie Schule den digitalen Wandel aktiv gestalten kann, lesen Sie hier.

Bildung.Table: Sachsen-Anhalt will Kita-Schließungen verhindern. Dafür plant Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD) eine Demografie- und Bildungspauschale in Höhe von 26,6 Millionen Euro. Wie das Geld Kommunen unterstützen soll und was passieren muss, damit die Mittel fließen können, lesen Sie hier.

Time.Table

75 Jahre Zentralrat der Juden: Friedrich Merz ist der Festredner bei der Jubiläumsfeier am Mittwoch im Jüdischen Museum in Berlin (Uhrzeit). Zuletzt hatte sich der Kanzler am Montagabend beim Besuch der wiedereröffneten Synagoge Reichenbachstraße in München sehr emotional gezeigt. Während seiner Rede, in der er an die unmenschlichen Verbrechen der Nationalsozialisten an Juden erinnerte, wurde seine Stimme brüchig und er kämpfte mit den Tränen. Die bemerkenswerte Rede können Sie in diesem Video noch einmal hören und sehen.  

Grillfest der Koalition: Union und SPD treffen sich am Abend in der parlamentarischen Gesellschaft, um gemeinsam zu grillen. Friedrich Merz wollte die Fraktionen zu dem Anlass eigentlich noch vor der Sommerpause zusammenbringen, da fühlten sich aber viele so ausgelaugt, dass sie für die Verschiebung plädierten. Nun soll es umso mehr als Zeichen des Neustarts fungieren, mit mehr Partnerschaftlichkeit als Misstrauen.  

Haushalt: Die Generaldebatte zum Haushalt 2025 bildet den Höhepunkt der Haushaltswoche im Bundestag. Traditionell eröffnet von der Opposition, wird Alice Weidel (AfD) das Wort ergreifen. Im Anschluss spricht Friedrich Merz ab 9 Uhr. Ab 12:30 Uhr spricht Johann Wadephul zu seinem Etat, gefolgt von Boris Pistorius um 13:55 Uhr. Danach folgen Reden von Reem Alabali-Radovan, Dorothee Bär, Bärbel Bas und Nina Warken

Must-Reads

Tagesspiegel: Deutschlandticket soll teurer werden. Die Verkehrsminister der Länder planen laut einer Beschlussvorlage für die Sonderkonferenz am Donnerstag, den Preis für das Deutschlandticket 2026 von derzeit 58 auf 62 oder 64 Euro anzuheben. Bei der nächsten regulären Verkehrsministerkonferenz im Herbst soll dann ein Index für die Preisentwicklung ab 2027 erarbeitet werden. Im Koalitionsvertrag hatten Union und SPD noch vereinbart, den Preis erst ab 2029 anzuheben. („Deutschlandticket könnte schon bald 64 Euro kosten“)

Spiegel: Marsalek lebt in Moskau. Der ehemalige Wirecard-Vorstand Jan Marsalek wurde von einem internationalen Rechercheteam in Moskau aufgespürt. Dort lebt er unter dem Schutz russischer Geheimdienste, nutzt falsche Identitäten und arbeitet offenbar für den FSB. Ermittler dokumentierten seine Aufenthalte nahe der Geheimdienstzentrale, Reisen an die Front in der Ukraine sowie seine Beteiligung an Spionage- und Entführungsplänen. („Der Spion, der in die Kälte ging“)

SZ: Steinmeier spricht sich für Sozialstaatsreform aus. Beim Deutschen Fürsorgetag mahnte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eine umfassende Reform des Sozialstaats an – effizienter, bürgernäher und mit klareren Regeln beim Bürgergeld. Innerhalb der SPD fordern Kommunalpolitiker wie Duisburgs OB Sören Link härtere Maßnahmen gegen Sozialmissbrauch, während Karl Lauterbach vor einem dramatischen Vertrauensverlust der Partei bei Arbeitern warnt. Die innerparteiliche Kritik verstärkt den Reformdruck auf Lars Klingbeil und Bärbel Bas. („Bloß nicht ins Nirwana“

Taz: Ampel hatte Bedenken bei Waffenexporten nach Israel. Bereits unter Olaf Scholz bestanden Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Rüstungsexporte nach Israel, die Friedrich Merz kürzlich überraschend einschränkte. Während die Regierung 2023 Waffen im Wert von 326 Millionen Euro genehmigte, wurde der Umfang 2024 stark gedrosselt – bis Scholz im Herbst umfangreichere Lieferungen zuließ. Ein Kritiker der Exportvorhaben unter Scholz war Sven Giegold, der schriftlich seinen Widerspruch einlegte. („Staatssekretär wollte Waffenexporte für Israel stoppen“

Nicht überlesen! 

FAZ: Wie rechte Politiker Social Media manipulieren. In der „Mannosphäre“ dienten Gerüchte als Aufhänger für Ideologien rund um Stärke und Männlichkeit, schreibt Mina Marschall. Mit Videos auf TikTok inszenierten sich rechte Politiker wie Maximilian Krah als Teil dieser Szene. Fitness-Slogans würden mit politischen Botschaften verbunden. Erik Ahrens, Ex-Social-Media-Stratege von Krah, ruft zu mehr Anstrengungen auf: „Die Jungs müssen boxen. Die müssen kämpfen, die müssen pumpen.“ („Die Jungs müssen pumpen“

Schlagzeilen von morgen

Meistgelesenes von heute

Heute Abend in den Talkshows

Maischberger, 22:15 Uhr, Alexander Schweitzer, Karl-Theodor zu Guttenberg, Gregor Gysi, Christian Rach, Iris Sayram, Ansgar Graw 

Markus Lanz, 23 Uhr, Tim Klüssendorf, Dennis Rehbein, Eva Quadbeck, Martin Machowecz 

Interviews von morgen

Deutschlandfunk 

6:50 Uhr: Adis Ahmetović, außenpolitischer Sprecher (SPD): Gaza-Offensive 

7:15 Uhr: Sebastian Schäfer, haushaltspolitischer Sprecher (Grüne): Haushaltsdebatte 

8:10 Uhr: Michael Werz, Soziologe: US-Polarisierung und Pressefreiheit 

 

ZDF 

6:40 Uhr: Felix Banaszak, Grünen-Vorsitzender: Haushaltsdebatte 

7:05 Uhr:  Ron Dekel, Präsident der Jüdischen Studierendenunion: 75 Jahre Zentralrat der Juden in Deutschland 

8:10 Uhr: Jens Spahn, Unions-Fraktionsvorsitzender: Haushaltsdebatte  

 

rbb24–Inforadio 

7:55 Uhr: Anja Weisgerber, stellv. Unions-Fraktionsvorsitzende: Online-Sucht von Jugendlichen  

7:45 Uhr: Adis Ahmetović, außenpolitischer Sprecher (SPD): Kritik an Israels Gaza-Offensive 

10:05 Uhr: Kerstin Paschke, ärztliche Leiterin DZSKJ und Leiterin der DAK-Studie zur Mediennutzung junger Menschen: Online-Sucht von Jugendlichen  

Geburtstage von morgen

Karl Bergner, Botschafter in Albanien, 65

Alexander Schweitzer, Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, 52

Nachttisch

Unser Tipp führt Sie heute ins Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt. Dort sind 22 Porträts zu sehen, die es eigentlich schon lange hätte geben müssen. Denn das Projekt „Versäumte Bilder“ der Fotografin Gesine Born zeigt Wissenschaftlerinnen, deren Leistungen Männern zugeschrieben wurden. Prominentes Beispiel: Lise Meitner, die Mitentdeckerin der Kernspaltung, deren Kollege Otto Hahn allein den Nobelpreis erhielt. Mithilfe von KI werden die Frauen nun in Szene gesetzt – so, als hätten sie die Anerkennung erhalten, die ihnen zustand. Eröffnet wurde die Schau am Dienstag von Angela Merkel, die sich als promovierte Physikerin nicht zweimal bitten ließ. Ihr Fazit über die Fotos: „Sie stellen dar, was hätte sein können oder besser gesagt, was historisch hätte sein müssen.“ Nicola Kuhrt 

Gesine Born: „Versäumte Bilder“ | Ausstellung im BMFTR bis 14. Oktober 

Das war’s für heute. Good Night and Good Luck!

Heute haben Nico Beckert, Manuel Berkel, Stefan Braun, Michael Bröcker, Helene Bubrowski, Damir Fras, Daniel Friesen, Tim Gabel, Stephan Israel, Franziska Klemenz, Horand Knaup, Lukas Knigge, Malte Kreutzfeldt, Vincent Mikoteit, Ralf Nestler, Jörn Petring, Sven Siebert, Sara Sievert, Maximilian Stascheit, Vincent Vogel und Markus Weisskopf mitgewirkt.

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