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Die Technologiepolitik in Europa entscheidet über die Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsraums. Europas Technologiepolitik steht vor großen Herausforderungen. Auf die Klimakatastrophe muss mit einem sozialen und nachhaltigen Strukturwandel reagiert werden, der die Wirtschaft resilienter macht. Gleichzeitig liefern sich China und die USA ein geopolitisch extrem kompliziertes Wettrennen der Hightech-Industrien. Europa darf in den Bereichen der Digitalisierung aller Sektoren, Apps, Künstlichen Intelligenz und Erneuerbaren Energien nicht zurückfallen, darf aber auch nicht seine gesellschaftliche Verantwortung vergessen. Wie die EU die Wettbewerbsfähigkeit sichern will und welche Probleme es mit der technologischen Entwicklung und neuen Technologien in Europa gibt, berichtet die Table.Media-Redaktion.
Welche technologische Grundlage hat Europa?
Die technologische Grundlage in Europa unterscheidet sich jedoch enorm. Die Europäische Union investierte im Jahr 2020 2,1 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts in Forschung und Entwicklung. Das ist deutlich weniger als im OECD-Durchschnitt der Fall ist. Der liegt bei rund 2,5 Prozent. Belgien (3,4 Prozent), Schweden (3,5 Prozent), Österreich (3,2 Prozent) und Deutschland (3,1 Prozent) gehören zu den Ländern mit den höchsten Ausgaben. Rumänien (0,5 Prozent), Malta (0,7 Prozent), Zypern und Bulgarien (je 0,9 Prozent) finden sich am Ende des Investitionsrankings. Globale Spitzenreiter sind Israel (4,9 Prozent) und Südkorea (4,6 Prozent). Die USA gibt 3,07 Prozent aus, China etwa 2,2 Prozent.
Die zögerlichen Investitionen haben dazu geführt, dass Europas Anteil an den Top-Zehn-Prozent-Firmen von 32 Prozent in den 1990er Jahren auf aktuell 16 Prozent geschrumpft ist, so das McKinsey Global Institute (MGI). Europa ist zwar führend in der Grundlagenforschung, schafft es aber nicht, die Forschungsergebnisse zu skalieren und in die Praxis zu übertragen.
Ein großes Problem der Europäischen Union ist die starke Fragmentierung der Forschung und Entwicklung im Technologie-Bereich. Die Forschungspolitik einzelner Mitgliedsstaaten läuft oft parallel ab, was zu einer Ressourcenverschwendung führt. Zwar gibt es ein gemeinschaftliches Rahmenprogramm, eine gemeinsame Forschungs- und Technologiepolitik (FuTp) findet allerdings kaum statt.
Was ist Gegenstand der Forschungs- und Technologiepolitik in Europa?
Die Forschungs- und Technologiepolitik in Europa hat es sich zum Ziel gemacht, die wissenschaftlichen und technologischen Grundlagen innerhalb der Europäischen Union zu stärken und damit die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Um das zu erreichen, will die EU zu einem Raum der Forschung werden und die Freizügigkeit für Forscher und den Austausch wissenschaftlicher Erkenntnisse und Technologien ermöglichen. Aktuell läuft das Programm „Horizont Europa“. Es legt Budgets und Ziele fest.
„Horizont Europa“ möchte die Wissenschaft in der EU stärken, globale Herausforderungen und industrielle Wettbewerbsfähigkeit angehen und Europa zu einem Vorreiter bei marktschaffenden Innovationen machen. Acht Schwerpunkte stehen im Mittelpunkt der europäischen Bemühungen:
- Energiespeicher
- Batterietechnologie
- Digitalisierung des Energiesektors
- Flexibility Markets (dezentralisierte, interagierende Energienetze)
- Fusionsenergie
- European Strategic Energy Technology Plan (SET Plan)
- Smart Cities
- Wettbewerb im Bereich der erneuerbaren Energien fördern
Was genau bedeutet Technologiesouveränität?
Technologiesouveränität bedeutet, dass Europa in der Lage ist, kritische Technologien selbst zur Verfügung zu stellen und weiterentwickeln zu können. Dabei geht es vor allem um Bereiche, die entscheidend für Wohlfahrt, Wettbewerbsfähigkeit und staatliche Handlungsfähigkeit sind. Zentraler Aspekt ist, dass es zu keiner einseitigen, strukturellen Abhängigkeit von anderen Wirtschaftsräumen kommen darf.
Allerdings ist die Diskussion über die europäische Technologiesouveränität vielschichtig. So wird oft auf die Gefahr hingewiesen, dass sich Europa von neuen Technologien aus Nicht-EU-Ländern abschirmen könnte. Eine Technologiesouveränität darf deswegen nicht protektionistisch ausgelegt werden. Zugang zu Spitzentechnologien, neue Chancen im Bereich der Forschung und Industrie und neue Partnerschaften entstehen nur auf globalen Märkten.
Wieso strebt die EU eine Technologiesouveränität an?
Als Teil der Technologiepolitik in Europa strebt die EU eine Technologiesouveränität an, damit sich Wirtschafts- und Gesellschaftssysteme schneller von Krisen erholen können. Der gesamte Euroraum soll damit resilienter gestaltet werden und sich schneller an neue Gegebenheiten anpassen können. Eine eigene Technologiesouveränität erlaubt es der EU außerdem internationale Standards zu beeinflussen und eine Monopolisierung zu verhindern.
Für eine Technologiesouveränität der EU müssen außerdem Rahmenbedingungen geschaffen werden, die den Wirtschafts-, Industrie- und Forschungsstandorten weiterhelfen. Dazu gehören Investitionen in Forschung und Entwicklung, internationale Forschungskooperationen und Technologiepartnerschaften und die Förderung der Investitionen durch Firmen in kritische Technologien.
Was ist das neue europäische Chip-Gesetz?
Das neue europäische Chip-Gesetz soll der EU helfen, die Aufbau eines Produktionsökosystems für Halbleiter in der EU zu koordinieren. Das soll den europäischen Wirtschaftsraum wettbewerbsfähiger und unabhängiger von Halbleiter-Produzenten in Drittländern machen. Im Rahmen der c kam Coronaviruskrise in der Auto-, Telekommunikations- und Spielebranche zu teils massiven Halbleiterengpässen. Das Chip-Gesetz soll Versorgungssicherheit in diesem Sektor garantieren.
Die EU-Pläne für Mikrochips sehen eine europäische Forschungsstrategie, eine Steigerung der europäischen Produktionskapazität und internationale Zusammenarbeit und Partnerschaften vor. Europas Anteil an der globalen Halbleiterproduktion soll bis zum Jahr 2030 auf 20 Prozent anwachsen.
Welche Allianzen gibt es für Cloud und Halbleiter im Rahmen der Technologiepolitik?
Im Sommer 2021 hat die Europäische Kommission im Rahmen der Technologiepolitik zwei neue Industrieallianzen ins Leben gerufen: die Europäische Allianz für Industriedaten, Edge und Cloud sowie die Allianz für Prozessoren und Halbleitertechnik. Die Allianzen verknüpfen Unternehmen, Vertreter der Mitgliedstaaten, Hochschulen, Anwender sowie Forschungs- und Technologieeinrichtungen. Ziel ist es, die nächste Generation von Mikrochips und von industrieller Cloud- und Edge-Computing-Technik innerhalb der EU zu entwickeln und die benötigte Infrastruktur aufzubauen.
Welche Rolle nehmen die wichtigsten europäischen Industrienationen in der Technologiepolitik in Europa ein?
Die Rolle der wichtigsten europäischen Industrienationen in der Technologiepolitik in Europa hängt stark von ihrer Wirtschaftskraft ab. Frankreich hat einen Anteil von 17,3 Prozent am Bruttoinlandsprodukt der 27 EU-Länder. Die Regierung hat bereits im Jahr 2015 den Verein Association pour l’industrie du futur gegründet, um die Digitalisierung für Unternehmen zu erleichtern und die Industrie 4.0 voran zu bringen. Gemeinsam mit Deutschland hat Frankreich außerdem eine Halbleiter-Allianz gegründet – ein sogenanntes Important Project of Common European Interest (IPCEI). Mit Milliardenförderungen soll der Ausbau der Chipproduktion gefördert werden.
Italien ist mit einem Anteil von 12,4 Prozent am Bruttoinlandsprodukt der EU27 die drittgrößte Volkswirtschaft im Wirtschaftsraum. Italien hat eine extrem breit aufgestellte Industrie. Für jeden Bereich gibt es eine eigene Digitalisierungsstrategie, die teilweise sehr erfolgreich umgesetzt wird. Ein Schwerpunkt ist die digitale Ausbildung. 2020 hatten sich in Italien 200.000 Studenten und 3.000 Manager auf die Industrie 4.0 spezialisiert. Dazu hat Italien eine eigene Strategie zur Entwicklung der Künstlichen Intelligenz.
Welche Rolle spielt Deutschland in der europäischen Technologiepolitik?
Deutschland erwirtschaftet 25,2 Prozent der Wirtschaftsleistung der EU27 und ist damit die größte Einzelwirtschaft. Entsprechend versucht das Land eine Vorreiterrolle in der Digitalisierung und Technologiepolitik einzunehmen. So gibt es einen Fördertopf über drei Milliarden Euro, um die Halbleiterproduktion zu fördern. Vor allem die deutsche Automobilindustrie ist von reibungslosen Lieferketten abhängig.
News zur Technologiepolitik in Europa
Die Technologiepolitik in Europa ist für jede einzelne Volkswirtschaft entscheidend. Zukunftstechnologien wie Halbleiter, Künstliche Intelligenz, Cloud-Computing und Digitalisierung aller wichtigen Sektoren werden den globalen Markt bestimmen und damit Arbeitsplätze und Wohlstand schaffen. Die Redaktion von Table.Media liefert alle News zum Thema.