ein Embargo für Öllieferungen per Schiff, aber nicht für den Import über Pipelines – das ist der Kompromissvorschlag der EU-Kommission zum geplanten Öl-Embargo gegen Russland. Doch zum Durchbruch hat der Vorschlag bislang nicht verholfen. Einer Einigung über das sechste Sanktionspaket steht vor allem der Widerstand Ungarns im Weg. Bevor heute die Staats- und Regierungschefs zum außerordentlichen Gipfel in Brüssel eintreffen, wollen die EU-Botschafter einen weiteren Anlauf nehmen. Stephan Israel gibt einen Ausblick.
Eine “überwiegend” CO2-freie Stromversorgung bis zum Jahr 2035 – das ist das Ziel, auf das sich die G7-Staaten zum Abschluss des Treffens der Klima-, Energie- und Umweltminister am Freitag in Berlin verpflichteten. Das Wörtchen “überwiegend” verweist auf eine Einschränkung. Dennoch spricht etwa David Ryfisch von Germanwatch von einem Fortschritt, denn beim vorangegangenen Treffen hatte man sich nicht auf eine Jahreszahl festlegen wollen. Beim Kohleausstieg hingegen, zu dem die Staatengruppe sich erstmalig kollektiv verpflichtete, fehlt ein konkretes Datum – danach gefragt, blieb Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck schwammig, wie Lukas Scheid berichtet.
Wie lässt sich die Energieeffizienz von Gebäuden steigern? Zu dieser Frage hat Hans-Jochen Luhmann promoviert – und zwar im Jahr 1972. Bereits Ende der 60er-Jahre hatte er sich mit den Folgen von Umweltzerstörung beschäftigt und war damit in Deutschland seiner Zeit voraus. Im Porträt erfahren Sie mehr über die lange Karriere des heute 77-jährigen Luhmann, der als Senior Scientist beim Wuppertal Institut arbeitet.
Ein Treffen der EU-Botschafter zum umstrittenen Embargo für russisches Öl hat am Sonntagabend nicht den erhofften Durchbruch gebracht. Der Ausschuss der Ständigen Vertreter (AstV) will deshalb heute vor dem Start des EU-Gipfels um 16 Uhr in Brüssel einen weiteren Anlauf nehmen. Auf dem Tisch liegt ein Kompromissvorschlag der EU-Kommission: Das Öl-Embargo sollte demnach vorerst nur für Öl aus Russland gelten, das per Schiff transportiert wird. Ausgenommen wäre Öl, das per Pipeline transportiert wird, also konkret die riesige Druschba-Pipeline.
Der Transportweg also als Kriterium: Mehr als zwei Drittel des russischen Öls werde auf dem Seeweg in die EU gebracht, verteidigten EU-Diplomaten den Kompromiss. Nur ein Drittel würde vorerst ausgenommen. Die EU-Kommission will mit dem Kompromissvorschlag Ungarn an Bord holen, das russisches Öl praktisch ausschließlich über die Druschba-Pipeline bezieht und deshalb bisher das gesamte sechste Sanktionspaket blockiert. Ungarns Regierungschef Viktor Orbán hatte in einem Brief an EU-Ratspräsident Charles Michel vergangenen Mittwoch gar gedrängt, am Gipfel das Thema Sanktionen nicht zu diskutieren.
Der ursprüngliche Kommissionsvorschlag sah vor, den Import von russischem Rohöl innerhalb von sechs Monaten und den von Ölprodukten innerhalb von acht Monaten zu beenden. Ungarn und die Slowakei hätten als Binnenstaaten ohne Meeresanschluss 20 Monate Zeit bekommen. Die vergeblichen Verhandlungen der vergangenen Wochen insbesondere mit Budapest drehten sich um noch längere Übergangsfristen und Forderungen nach milliardenschweren Beihilfen für die Umstellung in Ungarn.
Die Ausgangslage sei mit dem Kompromissvorschlag der EU-Kommission eine andere, sagten EU-Diplomaten am Sonntagabend. Es gebe den Willen aller Mitgliedstaaten, den Import von russischem Öl auslaufen zu lassen beziehungsweise zu verbieten. Die Frage sei nur, wie das Embargo gegen Russland ausgestaltet werde. Dabei gelte es, die unterschiedlichen geografischen Lagen der EU-Staaten zu berücksichtigen. Es sei wichtig, weiter auf eine Einigung hinzuarbeiten. Bis zur Ankunft der Staats- und Regierungschefs heute Nachmittag bleibe noch Zeit. Ob eine Lösung in letzter Minute möglich sei, bleibe aber offen.
Was sind die Hindernisse für eine Einigung? Der Kompromissvorschlag wirft neue Fragen auf, wie etwa jene nach dem “level playing field”. Ungarn käme zu billigem Öl aus Russland, während andere EU-Staaten sich teuer auf dem Weltmarkt versorgen müssten. Auch die Frage, ob Ungarn Öl oder Ölprodukte weiterverkaufen könne, müsse geklärt werden. Der Streit um das Öl-Embargo dürfte also den Gipfel überschatten. Ohnehin waren nicht alle Hauptstädte im Vorfeld überzeugt, dass EU-Ratspräsident Charles Michel gut beraten war, als er den außerordentlichen EU-Gipfel einberief. Statt aus Brüssel Geschlossenheit zu demonstrieren, könnte deutlich werden, dass die Einheit der EU gegenüber Aggressor Russland bröckelt und es immer schwieriger wird, den Druck auf Wladimir Putin aufrechtzuerhalten.
Das zeigt sich auch darin, dass etwa Italien, Zypern und Ungarn darauf drängen, die Suche nach einem Waffenstillstand in der Ukraine als Priorität in den Schlussfolgerungen zu verankern. Das Verbot, russisches Öl per Tankschiff außerhalb der EU zu transportieren, soll auf griechischen Druck ebenfalls fallen. Auf der Kippe ist zudem ein Verbot für russische Bürger, Immobilien in der EU zu erwerben. Polen und Balten wollen umkehrt den Druck erhöhen und den Akzent auf entschlossenere militärische Unterstützung für die Ukraine setzen. Balten und Osteuropäer halten nichts von der Telefondiplomatie von Bundeskanzler Olaf Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron mit Wladimir Putin. Es werde sicher lange Diskussionen geben, da es hier auch um emotionale Fragen gehe, so ein EU-Diplomat.
Charles Michel muss hoffen, dass es am Gipfel wider Erwarten doch noch zu einer Einigung in der Sanktionsfrage kommt. Denn sonst sind beim Treffen keine wirklichen Ergebnisse zu erwarten. Der EU-Ratspräsident will neben dem Angriff auf die Ukraine auch über Energie, Lebensmittelsicherheit und Verteidigung reden, wie er seinem Einladungsbrief schreibt. Und wie es schon fast Tradition ist, wird zu Beginn auch Wolodymyr Selenskyj zugeschaltet. Einige Staats- und Regierungschefs dürften Klartext und Kritik aus Kiew fürchten.
Wichtigstes Anliegen sei es, die Ukraine mit genügend Liquidität zu versorgen, so Charles Michel. “Der Europäische Rat bekräftigt, dass die EU weiterhin entschlossen ist, die ukrainische Regierung hinsichtlich ihres unmittelbaren Liquiditätsbedarfs zu unterstützen”, heißt es im Entwurf der Schlussfolgerungen.
Die Rede ist von einer Makrofinanzhilfe in der Höhe von neun Milliarden Euro alleine in diesem Jahr. Deutschland sieht sich bei der Liquiditätshilfe in führender Rolle. Die Finanzierung bis Ende des Jahres sei gesichert. Laut einem EU-Diplomaten ist allerdings die genaue Aufteilung zwischen Darlehen und Krediten unklar. Noch ganz am Anfang sei man bei der Diskussion über einen Wiederaufbau. Ein persönlicher Austausch zwischen den Staats- und Regierungschefs sei aber auch in diesem frühen Stadium wichtig. In anderen Mitgliedstaaten findet man die Diskussion noch verfrüht. Über den Wiederaufbau könne man erst nach einem Kriegsende reden.
In den Schlussfolgerungen ist die Rede von einer Plattform als neues Solidaritätsinstrument, das aus Beiträgen der EU und der Mitgliedstaaten alimentiert werden soll. Ein Streitpunkt zeichnet sich bereits ab, und zwar die Frage, wie die EU zusätzlich nötige Mittel beschaffen wird. Bundesfinanzminister Christian Lindner hat sich schon klar gegen eine Neuauflage nach dem Modell des Corona-Wiederaufbaufonds RRF positioniert. Thema wird auch der Vorschlag der EU-Kommission sein, eingezogene russische Vermögenswerte für den Wiederaufbau der Ukraine zu verwenden. Der Umgang mit konfiszierten russischen Assets sei sensibel, da die rechtliche Situation in jedem Mitgliedstaat anders sei, so EU-Diplomaten. Vorstellbar sei aber eine Koordination auf EU-Ebene.
Einmal mehr dürften es zudem um die hohen Energiepreise gehen. Die Fronten sind hier aber weitgehend unverändert. Deutschland gehört zu den Ländern, die Eingriffe beim Strommarktdesign kritisch sehen. Schwerpunkt am zweiten Gipfeltag am Dienstag dürfte die Diskussion über die globale Lebensmittelsicherheit sein. Per Videolink soll Moussa Faki, Vorsitzender der Afrikanischen Union, zugeschaltet werden. Mit Eric Bonse und Till Hoppe
Außerordentliche Tagung des Europäischen Rats
30.05.-31.05.2022
Themen: Ukraine, Verteidigung, Energie, Ernährungssicherheit.
Vorläufige Tagesordnung
Gemeinsame Sitzung des Haushaltsausschusses (BUDG) und des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (ECON)
30.05.2022 15:30-15:45 Uhr
Themen: Umsetzungsbericht über die Aufbau- und Resilienzfazilität.
Vorläufige Tagesordnung
Sitzung des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung (AGRI)
30.05.2022 15:45-18:45 Uhr
Themen: Aussprache mit Virginijus Sinkevičius (Kommissar für Umwelt, Ozeane und Fischerei), Vorstellung der Mitteilung der EU-Kommission über den Aktionsplan EU – Ukraine zur Erleichterung des landwirtschaftlichen Exports und zum bilateralen Handel mit der EU.
Vorläufige Tagesordnung
Gemeinsame Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (ECON) und des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI)
30.05.2022 15:45-17:45 Uhr
Themen: Öffentliche Anhörung zu dem ergänzenden delegierten Rechtsakt im Bereich der Taxonomie.
Vorläufige Tagesordnung
Expertentreffen EU-USA-Kanada zum Schutz kritischer Infrastrukturen
01.06.-02.06.2022
Themen: Im Rahmen des Programmpunkts “Zusammenarbeit mit Drittländern” trifft sich die EU-Kommission mit kanadischen Partnern, um sich über die kritischen Infrastrukturen auszutauschen.
Infos
Treffen der Vertreter der Mitgliedstaaten des eHealth-Netzwerks zur Nutzung der Digitalisierung im Gesundheitswesen
01.06.-02.06.2022
Themen: Überblick über die Fortschritte der laufenden europäischen Maßnahmen im Bereich der Digitalisierung im Gesundheitswesen, Vorbereitung der Einführung künftiger Maßnahmen.
Infos
EuGH-Urteil zur Untersagung der Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens durch Tata Steel und ThyssenKrupp
01.06.2022
Themen: Die EU-Kommission untersagte die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens durch Tata Steel und ThyssenKrupp nach der EU-Fusionskontrollverordnung. Nach Ansicht der Kommission würde ein solches Gemeinschaftsunternehmen den Wettbewerb einschränken und hätte einen Anstieg der Preise bestimmter Stahlsorten zur Folge. ThyssenKrupp hat diese Untersagung vor dem EuGH angefochten.
Klage
Wöchentliche Kommissionssitzung
01.06.2022
Themen: Konvergenzbericht 2022, Ratsbeschluss zur Aufnahme der Verletzung von Sanktionen in die Kriminalitätsbereiche.
Vorläufige Tagesordnung Pressekonferenz 12 Uhr
Rat der EU: Verkehr, Telekommunikation, Energie
02.06.-03.06.2022
Themen: Verordnung über den Aufbau einer Infrastruktur für alternative Kraftstoffe, Verordnung über die Leitlinien der Union für die Entwicklung eines transeuropäischen Verkehrsnetzes, Verordnung zur Festlegung harmonisierter Vorschriften über künstliche Intelligenz.
Vorläufige Tagesordnung (Französisch)
Sitzung des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten (AFET)
02.06.2022 09:00-14:00 Uhr
Themen: Berichtsentwurf zur EU und zur Verteidigung des Multilateralismus, Aussprache mit Vertretern der Kommission über die Bewertung der Anträge auf Beitritt zur EU von Georgien, der Republik Moldau und der Ukraine, Aussprache über die außenpolitischen Auswirkungen der Global-Gateway-Strategie.
Vorläufige Tagesordnung
Rat der EU: Allgemeine Angelegenheiten
02.06.2022 10:00 Uhr
Themen: Gedankenaustausch zum 8. Kohäsionsbericht.
Vorläufige Tagesordnung (Französisch)
Rat der EU: Auswärtige Angelegenheiten
03.06.2022
Themen: Vorbereitung auf die nächste Ministerkonferenz der WTO, Aussprache über die Ergebnisse der 2. Sitzung des EU-US Trade and Technology Council, Aussprache über den Stand der bilateralen Beziehungen zu China.
Vorläufige Tagesordnung (Französisch)
Vergangenen Dienstag hatte Robert Habecks Wirtschafts- und Klimaschutzministerium noch angekündigt, die Zahl der Kohlekraftwerke in Reserve ausbauen zu wollen (Europe.Table berichtete), um sich für ein mögliches Ende russischer Gaslieferungen zu wappnen. Beim Treffen der G7-Energie-, Klima- und Umweltminister:innen unter der deutschen Präsidentschaft wurde am Freitag noch einmal klargestellt, dass es sich dabei nur um eine vorsorgliche und vorübergehende Maßnahme handelt. Im 40-seitigen Abschluss-Communiqué einigten sich die verantwortlichen Ressortchefs der größten westlichen Industrienationen auf einen “überwiegend” dekarbonisierten Stromsektor bis 2035.
“Überwiegend” deshalb, weil nicht alle G7-Länder sich in der Lage sehen, fossile Energieträger bis 2035 gänzlich zu ersetzen. Im vergangenen Jahr stand im Abschluss-Communiqué der Klima- und Energieminister unter der britischen G7-Präsidentschaft noch, dass man dieses Ziel “in den 2030ern” erreichen wolle. Daher sieht David Ryfisch, Leiter des Teams Internationale Klimapolitik bei Germanwatch, das diesjährige Treffen als Fortschritt. Perspektivisch müsse diese Aufweichung zwar fallen, sagt Ryfisch zu Europe.Table. Mehr sei mit Japan und Italien in diesem Jahr jedoch nicht zu machen gewesen.
Eine weitere Einschränkung betrifft den Kohleausstieg. Die Staatengruppe verpflichtet sich zwar erstmalig, kollektiv aus der Kohleverstromung auszusteigen. Jedoch fehlt hier das exakte Zieldatum. Auf Nachfrage bestätigte Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck am Freitag zwar, dass der Kohleausstieg mit dem 2035er-Ziel für eine dekarbonisierte Energieerzeugung einhergehe. Doch blieb er abermals schwammig: Beides zusammen hieße, dass “der Kohleausstieg in den 2030er-Jahren in allen G7-Ländern weit fortgeschritten sein muss”. Also doch kein Kohleausstieg?
Gemeint sein könnte eine Formulierung im Abschluss-Communiqué. Dort ist lediglich von einem Ausstieg aus der sogenannten “unabated” (=”ungebremsten”) Kohleverstromung die Rede. Moderne Kohlekraftwerke, in denen CO2-Emissionen mittels Carbon-Capture-Technologien abgeschieden werden, wären davon nicht betroffen und könnten demnach weiterlaufen. Das sei nicht optimal, sagt Ryfisch von Germanwatch. “Aber wir setzen darauf, dass CCS bisher in keiner Weise kostenkompetitiv ist im Vergleich zu Erneuerbaren.” Hier haben laut dem Klimapolitik-Experten die USA und Japan blockiert. “Mit Blick auf die Mid-Terms in den USA war auch hier nicht mehr drin.”
Darüber hinaus wollen die G7-Länder die direkte und staatliche Finanzierung fossiler Energieträger noch bis Ende dieses Jahres beenden. Für Japan ist es das erste Mal, dass sich das Land auf ein solches Ziel einlässt. Doch auch aus deutscher Sicht stellt dies eine erneute Kehrtwende dar. Erst vergangene Woche hatte Bundeskanzler Olaf Scholz während seiner Afrika-Reise für eine enge Zusammenarbeit mit dem Senegal bei der Gasförderung geworben. Dafür kündigte Scholz auch die Korrektur der Politik an, nicht mehr in fossile Lagerstätten zu investieren. “Die Ankündigungen des Bundeskanzlers passen nicht dazu und müssen wieder zurückgenommen werden”, fordert Ryfisch. Zumal solche Gas-Projekte dem Senegal energiepolitisch mehr schaden würden als nützen – anders als gezielte Unterstützung beim Ausbau der erneuerbaren Energien.
Im Transportsektor einigten sich die Fachminister der G7, den Straßenverkehr bis Ende des Jahrzehnts “weitgehend” zu dekarbonisieren, indem die Anzahl emissionsfreier Fahrzeuge auf den Straßen “signifikant” erhöht werden soll. Die Abkehr von Verbrennungsmotoren soll beschleunigt werden, indem Ladepunkte für emissionsfreie Kraftstoffe ausgebaut werden. Dies sei ein “sensibles Thema” gewesen, betonte Habeck – “manchmal zu sensibel”. Aber man erreiche die Klimaziele nicht ohne eine strukturelle Änderung des Verkehrssektors, so der Minister.
Für die Dekarbonisierung der Industrie wurde die Industrial Decarbonization Agenda sowie ein Hydrogen Action Pact (G7-HAP) aufgesetzt. Ersteres besteht aus einem Kriterienraster aus Werten und Normsystemen, das die Dekarbonisierungsanstrengungen der Industrie messbar und vergleichbar machen soll. Es beinhaltet auch eine gemeinsame Definition “fast” emissionsfreier Produktion von Stahl und Zement und eine “Policy Toolbox” zur Industrie-Dekarbonisierung. Ein Ausstoß von 50 bis 400 Kilogramm CO2 Äquivalent (CO2e) pro Tonne hergestelltem Stahl gilt demnach als “Near Zero Emission Material Production”. Beim Zement sind es 40 bis 125 Kilogramm CO2e pro Tonne.
Der G7-HAP soll den Hochlauf grünen Wasserstoffs und seiner Derivate ermöglichen, aber auch deren Verfügbarkeit in den besonders schwer zu dekarbonisierenden Sektoren sichern. Der dafür nötige Regulierungsrahmen soll beschleunigt, gemeinsame Standards für Produktion, Handel, Transport und Nutzung geschaffen werden.
Die G7-Minister für Energie- und Klimaschutz führten auch erste Diskussionen zur Gründung eines Klimaclubs. Dabei haben sich die Verhandler laut dem Abschluss-Communiqué darüber unterhalten, wie “Best Practice”-Verfahren zur Dekarbonisierung ausgetauscht, wie Bemühungen zur Minderung von Emissionen vergleichbar gemacht und Carbon Leakage verhindert werden könnte. Die Diskussionen sollen im Rahmen der G20 und gemeinsam mit anderen Schwellenländern fortgeführt werden.
Parallel zu den Einigungen auf G7-Ebene haben Deutschland und die USA eine engere Zusammenarbeit bei Energie und Klimaschutz vereinbart. In vier Bereichen sollen deutsch-amerikanische Experten-Arbeitsgruppen dauerhaft zusammenarbeiten: Im Fokus steht die Entwicklung des Windenergie-Sektors auf See, das Thema Wasserstoff, Verkehr ohne Treibhausgasemissionen sowie die Zusammenarbeit mit Entwicklungs- und Schwellenländern.
Beide Länder wollten mit ihrer Zusammenarbeit andere Länder dazu ermutigen, ebenfalls die Chancen der Energiewende zu nutzen, heißt es in der gemeinsamen Absichtserklärung über eine Klima- und Energiepartnerschaft. Die Vereinbarung stützt sich auf eine Zusammenarbeit, die die damalige Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und US-Präsident Joe Biden bereits im vergangenen Sommer ins Leben gerufen hatten. Mit dpa
Eine neue Task-Force wird die Generaldirektion Energie ab Mittwoch beim Aufbau der EU-Energieplattform unterstützen. Geleitet werde die Task-Force von einem neuen stellvertretenden Generaldirektor, Matthew Baldwin, der aus der Generaldirektion Verkehr kommt, teilte die Kommission kürzlich mit. Über die Plattform will die EU mittelfristig gemeinsam Gas und Wasserstoff auf freiwilliger Basis beschaffen. Sie wurde im Zusammenhang mit REPowerEU angekündigt (Europe.Table berichtete) und soll die Gemeinschaft unabhängiger von russischen Importen machen.
Die Task-Force soll aus drei Abteilungen bestehen: globale Nachfrage und internationale Verhandlungen, Beziehungen zu den Mitgliedstaaten und der Nachbarschaft sowie internationale Beziehungen. Zusammenarbeiten soll sie außerdem mit den regionalen Task-Forces der Mitgliedsstaaten. Anfang Mai hatte sich die erste regionale Gruppe unter Leitung von Bulgarien gegründet. In naher Zukunft sollen nun Task-Forces für die Regionen Mittelosteuropa, Nordwesteuropa und das Baltikum folgen. ber
Russland beliefert Serbien weiterhin mit Erdgas. Darauf hätten sich der russische Präsident Wladimir Putin und sein serbischer Amtskollege Aleksandar Vučić in einem Telefonat verständigt, teilt das Präsidialamt in Moskau mit. Die beiden Länder wollten ihre Partnerschaft vertiefen.
Vučić sagte, Thema sei auch die Erweiterung von Gaslagern gewesen. Er und Putin hätten sich auf einen Liefervertrag über drei Jahre geeinigt. Über den Preis könne er nicht sprechen, Einzelheiten würden mit Gazprom geklärt.
Der zehnjährige Liefervertrag mit dem russischen Energiekonzern läuft am 31. Mai aus. Nach russischen Angaben diskutierten Putin und Vučić auch die Lage in der Ukraine und im Kosovo. Dieses hat 2008 seine Unabhängigkeit von Serbien erklärt, was die dortige Regierung nicht anerkennt. Serbien unterhält traditionell enge Beziehungen zu Russland und will EU-Mitglied werden. Dafür ist aber eine Normalisierung des Verhältnisses zum Kosovo nötig. rtr
Italien will seine Banken nach Angaben von Insidern angesichts der wachsenden Wirtschaftsrisiken weiter stützen. Die Konditionen sollten allerdings auch vor dem Hintergrund der Anforderungen der EU verschärft werden, sagten mehrere mit den italienischen Regierungsplänen Vertraute der Nachrichtenagentur Reuters. Eigentlich würde das laufende System für Staatsgarantien beim Verkauf fauler Kredite der Banken in Italien Mitte Juni auslaufen. Dieses wolle Italien aber nun verlängern und suche dabei die Zustimmung der EU-Kommission.
Es geht dabei darum, Banken den Verkauf fauler Kredite weiter zu erleichtern. Seit 2016 wurden unter dem Schutzschirm des italienischen Staates so Kredite von fast 100 Milliarden Euro weitergereicht. Der Staat garantiert dabei den Investoren die Rückzahlung der am wenigsten riskanten Darlehen, was es wiederum den Banken erleichtert, diese loszuwerden.
Zwar haben die umfangreichen Staatshilfen im Zuge der Corona-Krise die Firmen-Pleiten auf ein niedriges Niveau gedrückt, sodass Zahlungsausfälle vergleichsweise selten vorkamen. Allerdings müssen diese über Banken ausgegebenen Hilfen in den nächsten Jahren zurückgezahlt werden, was auch den Druck auf die Banken erhöhen könnte. Die staatlichen Garantien für einen Teil der Kredite soll den Insidern zufolge nun verlängert werden. Allerdings soll mit Blick auf das nötige Ja der EU die Anforderung an die Bonität der Darlehen erhöht werden, um im Gegenzug so das Risiko für die Steuerzahler zu senken. rtr
Dass die Lebensgrundlage des Menschen massiv bedroht ist, wurde Hans-Jochen Luhmann schon in jungen Jahren klar. 1968, während eines Sprachaufenthaltes in London vor seinem Studium, vertiefte er sich in verschiedenen Büchern über Umweltprobleme. Vor allem “Silent Spring” von Rachel Carson habe ihm damals die Augen geöffnet. Das Thema Umweltzerstörung war in Deutschland damals noch nicht groß im Fokus, in der englischsprachigen Literatur jedoch schon.
Der mittlerweile wohl größten Umweltbedrohung des Menschen – dem Klimawandel – widmete der heute 77 Jahre alte Senior Scientist seine lange Karriere. Frühzeitig beschäftigt er sich mit Energieeffizienz und besetzte damit in den frühen 1970ern das Thema. Nach seinem Studium der Mathematik, Volkswirtschaftslehre und Philosophie promovierte er über Maßnahmen zur Steigerung der energetischen Effizienz von Gebäuden.
Das war 1972 – kurz nachdem die Regierung Willy Brandt ihr Umweltprogramm verabschiedet und die “Erhaltung einer gesunden und ausgewogenen Umwelt” zu den “Existenzfragen der Menschheit” erklärt hatte. Hans-Jochen Luhmann war mit seiner Forschung genau am Puls der Zeit.
Nach einigen Jahren in einem Ingenieurbüro wurde das Wuppertal Institut für Luhmann zur beruflichen Heimat: “Nur dadurch, dass es das Wuppertal Institut gab, sah ich es als aussichtsreich an, mich auf diesem Gebiet zu engagieren.” Er möchte an den entscheidenden Stellschrauben drehen, Politik beim Kampf gegen den Klimawandel die richtigen Ratschläge geben. Eine Aufgabe, die von Jahr zu Jahr drängender wird – allein die Hochwasserkatastrophen der vergangenen 20 Jahre in Deutschland zeigen das.
Und doch ist es auch eine Aufgabe, die häufig genug Rückschläge und Misserfolge bereithält. So versuche er bereits seit zwei Jahrzehnten mit all seinen Kräften, das Klimathema an wichtige Institutionen heranzutragen, sagt Luhmann. Auch bestehende Normen, etwa für die Neuerrichtung von Gebäuden, bereiten ihm Sorgen: “Die Sicherheit von Häusern gegen Stürme und Niederschläge ist bei den aktuell geltenden Vorschriften nicht geschützt.”
Die deutsche Politik habe 20 Jahre lang keine wirkliche Option gewählt, um aus den fossilen Energien auszusteigen. Andererseits verfüge Deutschland über sehr potente Forschungsorganisationen wie die Fraunhofer Gesellschaft. “Die haben die Fähigkeit, innovative Technologien zu pushen.” Dadurch habe es große Fortschritte bei den erneuerbaren Energien gegeben. Im Hinblick auf das neue Klimaministerium unter Robert Habeck sieht Luhmann eine positive Entwicklung. “Das ist jetzt offenbar eine Ministeriumsleitung, die wirklich will.” Marvin Richter
ein Embargo für Öllieferungen per Schiff, aber nicht für den Import über Pipelines – das ist der Kompromissvorschlag der EU-Kommission zum geplanten Öl-Embargo gegen Russland. Doch zum Durchbruch hat der Vorschlag bislang nicht verholfen. Einer Einigung über das sechste Sanktionspaket steht vor allem der Widerstand Ungarns im Weg. Bevor heute die Staats- und Regierungschefs zum außerordentlichen Gipfel in Brüssel eintreffen, wollen die EU-Botschafter einen weiteren Anlauf nehmen. Stephan Israel gibt einen Ausblick.
Eine “überwiegend” CO2-freie Stromversorgung bis zum Jahr 2035 – das ist das Ziel, auf das sich die G7-Staaten zum Abschluss des Treffens der Klima-, Energie- und Umweltminister am Freitag in Berlin verpflichteten. Das Wörtchen “überwiegend” verweist auf eine Einschränkung. Dennoch spricht etwa David Ryfisch von Germanwatch von einem Fortschritt, denn beim vorangegangenen Treffen hatte man sich nicht auf eine Jahreszahl festlegen wollen. Beim Kohleausstieg hingegen, zu dem die Staatengruppe sich erstmalig kollektiv verpflichtete, fehlt ein konkretes Datum – danach gefragt, blieb Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck schwammig, wie Lukas Scheid berichtet.
Wie lässt sich die Energieeffizienz von Gebäuden steigern? Zu dieser Frage hat Hans-Jochen Luhmann promoviert – und zwar im Jahr 1972. Bereits Ende der 60er-Jahre hatte er sich mit den Folgen von Umweltzerstörung beschäftigt und war damit in Deutschland seiner Zeit voraus. Im Porträt erfahren Sie mehr über die lange Karriere des heute 77-jährigen Luhmann, der als Senior Scientist beim Wuppertal Institut arbeitet.
Ein Treffen der EU-Botschafter zum umstrittenen Embargo für russisches Öl hat am Sonntagabend nicht den erhofften Durchbruch gebracht. Der Ausschuss der Ständigen Vertreter (AstV) will deshalb heute vor dem Start des EU-Gipfels um 16 Uhr in Brüssel einen weiteren Anlauf nehmen. Auf dem Tisch liegt ein Kompromissvorschlag der EU-Kommission: Das Öl-Embargo sollte demnach vorerst nur für Öl aus Russland gelten, das per Schiff transportiert wird. Ausgenommen wäre Öl, das per Pipeline transportiert wird, also konkret die riesige Druschba-Pipeline.
Der Transportweg also als Kriterium: Mehr als zwei Drittel des russischen Öls werde auf dem Seeweg in die EU gebracht, verteidigten EU-Diplomaten den Kompromiss. Nur ein Drittel würde vorerst ausgenommen. Die EU-Kommission will mit dem Kompromissvorschlag Ungarn an Bord holen, das russisches Öl praktisch ausschließlich über die Druschba-Pipeline bezieht und deshalb bisher das gesamte sechste Sanktionspaket blockiert. Ungarns Regierungschef Viktor Orbán hatte in einem Brief an EU-Ratspräsident Charles Michel vergangenen Mittwoch gar gedrängt, am Gipfel das Thema Sanktionen nicht zu diskutieren.
Der ursprüngliche Kommissionsvorschlag sah vor, den Import von russischem Rohöl innerhalb von sechs Monaten und den von Ölprodukten innerhalb von acht Monaten zu beenden. Ungarn und die Slowakei hätten als Binnenstaaten ohne Meeresanschluss 20 Monate Zeit bekommen. Die vergeblichen Verhandlungen der vergangenen Wochen insbesondere mit Budapest drehten sich um noch längere Übergangsfristen und Forderungen nach milliardenschweren Beihilfen für die Umstellung in Ungarn.
Die Ausgangslage sei mit dem Kompromissvorschlag der EU-Kommission eine andere, sagten EU-Diplomaten am Sonntagabend. Es gebe den Willen aller Mitgliedstaaten, den Import von russischem Öl auslaufen zu lassen beziehungsweise zu verbieten. Die Frage sei nur, wie das Embargo gegen Russland ausgestaltet werde. Dabei gelte es, die unterschiedlichen geografischen Lagen der EU-Staaten zu berücksichtigen. Es sei wichtig, weiter auf eine Einigung hinzuarbeiten. Bis zur Ankunft der Staats- und Regierungschefs heute Nachmittag bleibe noch Zeit. Ob eine Lösung in letzter Minute möglich sei, bleibe aber offen.
Was sind die Hindernisse für eine Einigung? Der Kompromissvorschlag wirft neue Fragen auf, wie etwa jene nach dem “level playing field”. Ungarn käme zu billigem Öl aus Russland, während andere EU-Staaten sich teuer auf dem Weltmarkt versorgen müssten. Auch die Frage, ob Ungarn Öl oder Ölprodukte weiterverkaufen könne, müsse geklärt werden. Der Streit um das Öl-Embargo dürfte also den Gipfel überschatten. Ohnehin waren nicht alle Hauptstädte im Vorfeld überzeugt, dass EU-Ratspräsident Charles Michel gut beraten war, als er den außerordentlichen EU-Gipfel einberief. Statt aus Brüssel Geschlossenheit zu demonstrieren, könnte deutlich werden, dass die Einheit der EU gegenüber Aggressor Russland bröckelt und es immer schwieriger wird, den Druck auf Wladimir Putin aufrechtzuerhalten.
Das zeigt sich auch darin, dass etwa Italien, Zypern und Ungarn darauf drängen, die Suche nach einem Waffenstillstand in der Ukraine als Priorität in den Schlussfolgerungen zu verankern. Das Verbot, russisches Öl per Tankschiff außerhalb der EU zu transportieren, soll auf griechischen Druck ebenfalls fallen. Auf der Kippe ist zudem ein Verbot für russische Bürger, Immobilien in der EU zu erwerben. Polen und Balten wollen umkehrt den Druck erhöhen und den Akzent auf entschlossenere militärische Unterstützung für die Ukraine setzen. Balten und Osteuropäer halten nichts von der Telefondiplomatie von Bundeskanzler Olaf Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron mit Wladimir Putin. Es werde sicher lange Diskussionen geben, da es hier auch um emotionale Fragen gehe, so ein EU-Diplomat.
Charles Michel muss hoffen, dass es am Gipfel wider Erwarten doch noch zu einer Einigung in der Sanktionsfrage kommt. Denn sonst sind beim Treffen keine wirklichen Ergebnisse zu erwarten. Der EU-Ratspräsident will neben dem Angriff auf die Ukraine auch über Energie, Lebensmittelsicherheit und Verteidigung reden, wie er seinem Einladungsbrief schreibt. Und wie es schon fast Tradition ist, wird zu Beginn auch Wolodymyr Selenskyj zugeschaltet. Einige Staats- und Regierungschefs dürften Klartext und Kritik aus Kiew fürchten.
Wichtigstes Anliegen sei es, die Ukraine mit genügend Liquidität zu versorgen, so Charles Michel. “Der Europäische Rat bekräftigt, dass die EU weiterhin entschlossen ist, die ukrainische Regierung hinsichtlich ihres unmittelbaren Liquiditätsbedarfs zu unterstützen”, heißt es im Entwurf der Schlussfolgerungen.
Die Rede ist von einer Makrofinanzhilfe in der Höhe von neun Milliarden Euro alleine in diesem Jahr. Deutschland sieht sich bei der Liquiditätshilfe in führender Rolle. Die Finanzierung bis Ende des Jahres sei gesichert. Laut einem EU-Diplomaten ist allerdings die genaue Aufteilung zwischen Darlehen und Krediten unklar. Noch ganz am Anfang sei man bei der Diskussion über einen Wiederaufbau. Ein persönlicher Austausch zwischen den Staats- und Regierungschefs sei aber auch in diesem frühen Stadium wichtig. In anderen Mitgliedstaaten findet man die Diskussion noch verfrüht. Über den Wiederaufbau könne man erst nach einem Kriegsende reden.
In den Schlussfolgerungen ist die Rede von einer Plattform als neues Solidaritätsinstrument, das aus Beiträgen der EU und der Mitgliedstaaten alimentiert werden soll. Ein Streitpunkt zeichnet sich bereits ab, und zwar die Frage, wie die EU zusätzlich nötige Mittel beschaffen wird. Bundesfinanzminister Christian Lindner hat sich schon klar gegen eine Neuauflage nach dem Modell des Corona-Wiederaufbaufonds RRF positioniert. Thema wird auch der Vorschlag der EU-Kommission sein, eingezogene russische Vermögenswerte für den Wiederaufbau der Ukraine zu verwenden. Der Umgang mit konfiszierten russischen Assets sei sensibel, da die rechtliche Situation in jedem Mitgliedstaat anders sei, so EU-Diplomaten. Vorstellbar sei aber eine Koordination auf EU-Ebene.
Einmal mehr dürften es zudem um die hohen Energiepreise gehen. Die Fronten sind hier aber weitgehend unverändert. Deutschland gehört zu den Ländern, die Eingriffe beim Strommarktdesign kritisch sehen. Schwerpunkt am zweiten Gipfeltag am Dienstag dürfte die Diskussion über die globale Lebensmittelsicherheit sein. Per Videolink soll Moussa Faki, Vorsitzender der Afrikanischen Union, zugeschaltet werden. Mit Eric Bonse und Till Hoppe
Außerordentliche Tagung des Europäischen Rats
30.05.-31.05.2022
Themen: Ukraine, Verteidigung, Energie, Ernährungssicherheit.
Vorläufige Tagesordnung
Gemeinsame Sitzung des Haushaltsausschusses (BUDG) und des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (ECON)
30.05.2022 15:30-15:45 Uhr
Themen: Umsetzungsbericht über die Aufbau- und Resilienzfazilität.
Vorläufige Tagesordnung
Sitzung des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung (AGRI)
30.05.2022 15:45-18:45 Uhr
Themen: Aussprache mit Virginijus Sinkevičius (Kommissar für Umwelt, Ozeane und Fischerei), Vorstellung der Mitteilung der EU-Kommission über den Aktionsplan EU – Ukraine zur Erleichterung des landwirtschaftlichen Exports und zum bilateralen Handel mit der EU.
Vorläufige Tagesordnung
Gemeinsame Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (ECON) und des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI)
30.05.2022 15:45-17:45 Uhr
Themen: Öffentliche Anhörung zu dem ergänzenden delegierten Rechtsakt im Bereich der Taxonomie.
Vorläufige Tagesordnung
Expertentreffen EU-USA-Kanada zum Schutz kritischer Infrastrukturen
01.06.-02.06.2022
Themen: Im Rahmen des Programmpunkts “Zusammenarbeit mit Drittländern” trifft sich die EU-Kommission mit kanadischen Partnern, um sich über die kritischen Infrastrukturen auszutauschen.
Infos
Treffen der Vertreter der Mitgliedstaaten des eHealth-Netzwerks zur Nutzung der Digitalisierung im Gesundheitswesen
01.06.-02.06.2022
Themen: Überblick über die Fortschritte der laufenden europäischen Maßnahmen im Bereich der Digitalisierung im Gesundheitswesen, Vorbereitung der Einführung künftiger Maßnahmen.
Infos
EuGH-Urteil zur Untersagung der Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens durch Tata Steel und ThyssenKrupp
01.06.2022
Themen: Die EU-Kommission untersagte die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens durch Tata Steel und ThyssenKrupp nach der EU-Fusionskontrollverordnung. Nach Ansicht der Kommission würde ein solches Gemeinschaftsunternehmen den Wettbewerb einschränken und hätte einen Anstieg der Preise bestimmter Stahlsorten zur Folge. ThyssenKrupp hat diese Untersagung vor dem EuGH angefochten.
Klage
Wöchentliche Kommissionssitzung
01.06.2022
Themen: Konvergenzbericht 2022, Ratsbeschluss zur Aufnahme der Verletzung von Sanktionen in die Kriminalitätsbereiche.
Vorläufige Tagesordnung Pressekonferenz 12 Uhr
Rat der EU: Verkehr, Telekommunikation, Energie
02.06.-03.06.2022
Themen: Verordnung über den Aufbau einer Infrastruktur für alternative Kraftstoffe, Verordnung über die Leitlinien der Union für die Entwicklung eines transeuropäischen Verkehrsnetzes, Verordnung zur Festlegung harmonisierter Vorschriften über künstliche Intelligenz.
Vorläufige Tagesordnung (Französisch)
Sitzung des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten (AFET)
02.06.2022 09:00-14:00 Uhr
Themen: Berichtsentwurf zur EU und zur Verteidigung des Multilateralismus, Aussprache mit Vertretern der Kommission über die Bewertung der Anträge auf Beitritt zur EU von Georgien, der Republik Moldau und der Ukraine, Aussprache über die außenpolitischen Auswirkungen der Global-Gateway-Strategie.
Vorläufige Tagesordnung
Rat der EU: Allgemeine Angelegenheiten
02.06.2022 10:00 Uhr
Themen: Gedankenaustausch zum 8. Kohäsionsbericht.
Vorläufige Tagesordnung (Französisch)
Rat der EU: Auswärtige Angelegenheiten
03.06.2022
Themen: Vorbereitung auf die nächste Ministerkonferenz der WTO, Aussprache über die Ergebnisse der 2. Sitzung des EU-US Trade and Technology Council, Aussprache über den Stand der bilateralen Beziehungen zu China.
Vorläufige Tagesordnung (Französisch)
Vergangenen Dienstag hatte Robert Habecks Wirtschafts- und Klimaschutzministerium noch angekündigt, die Zahl der Kohlekraftwerke in Reserve ausbauen zu wollen (Europe.Table berichtete), um sich für ein mögliches Ende russischer Gaslieferungen zu wappnen. Beim Treffen der G7-Energie-, Klima- und Umweltminister:innen unter der deutschen Präsidentschaft wurde am Freitag noch einmal klargestellt, dass es sich dabei nur um eine vorsorgliche und vorübergehende Maßnahme handelt. Im 40-seitigen Abschluss-Communiqué einigten sich die verantwortlichen Ressortchefs der größten westlichen Industrienationen auf einen “überwiegend” dekarbonisierten Stromsektor bis 2035.
“Überwiegend” deshalb, weil nicht alle G7-Länder sich in der Lage sehen, fossile Energieträger bis 2035 gänzlich zu ersetzen. Im vergangenen Jahr stand im Abschluss-Communiqué der Klima- und Energieminister unter der britischen G7-Präsidentschaft noch, dass man dieses Ziel “in den 2030ern” erreichen wolle. Daher sieht David Ryfisch, Leiter des Teams Internationale Klimapolitik bei Germanwatch, das diesjährige Treffen als Fortschritt. Perspektivisch müsse diese Aufweichung zwar fallen, sagt Ryfisch zu Europe.Table. Mehr sei mit Japan und Italien in diesem Jahr jedoch nicht zu machen gewesen.
Eine weitere Einschränkung betrifft den Kohleausstieg. Die Staatengruppe verpflichtet sich zwar erstmalig, kollektiv aus der Kohleverstromung auszusteigen. Jedoch fehlt hier das exakte Zieldatum. Auf Nachfrage bestätigte Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck am Freitag zwar, dass der Kohleausstieg mit dem 2035er-Ziel für eine dekarbonisierte Energieerzeugung einhergehe. Doch blieb er abermals schwammig: Beides zusammen hieße, dass “der Kohleausstieg in den 2030er-Jahren in allen G7-Ländern weit fortgeschritten sein muss”. Also doch kein Kohleausstieg?
Gemeint sein könnte eine Formulierung im Abschluss-Communiqué. Dort ist lediglich von einem Ausstieg aus der sogenannten “unabated” (=”ungebremsten”) Kohleverstromung die Rede. Moderne Kohlekraftwerke, in denen CO2-Emissionen mittels Carbon-Capture-Technologien abgeschieden werden, wären davon nicht betroffen und könnten demnach weiterlaufen. Das sei nicht optimal, sagt Ryfisch von Germanwatch. “Aber wir setzen darauf, dass CCS bisher in keiner Weise kostenkompetitiv ist im Vergleich zu Erneuerbaren.” Hier haben laut dem Klimapolitik-Experten die USA und Japan blockiert. “Mit Blick auf die Mid-Terms in den USA war auch hier nicht mehr drin.”
Darüber hinaus wollen die G7-Länder die direkte und staatliche Finanzierung fossiler Energieträger noch bis Ende dieses Jahres beenden. Für Japan ist es das erste Mal, dass sich das Land auf ein solches Ziel einlässt. Doch auch aus deutscher Sicht stellt dies eine erneute Kehrtwende dar. Erst vergangene Woche hatte Bundeskanzler Olaf Scholz während seiner Afrika-Reise für eine enge Zusammenarbeit mit dem Senegal bei der Gasförderung geworben. Dafür kündigte Scholz auch die Korrektur der Politik an, nicht mehr in fossile Lagerstätten zu investieren. “Die Ankündigungen des Bundeskanzlers passen nicht dazu und müssen wieder zurückgenommen werden”, fordert Ryfisch. Zumal solche Gas-Projekte dem Senegal energiepolitisch mehr schaden würden als nützen – anders als gezielte Unterstützung beim Ausbau der erneuerbaren Energien.
Im Transportsektor einigten sich die Fachminister der G7, den Straßenverkehr bis Ende des Jahrzehnts “weitgehend” zu dekarbonisieren, indem die Anzahl emissionsfreier Fahrzeuge auf den Straßen “signifikant” erhöht werden soll. Die Abkehr von Verbrennungsmotoren soll beschleunigt werden, indem Ladepunkte für emissionsfreie Kraftstoffe ausgebaut werden. Dies sei ein “sensibles Thema” gewesen, betonte Habeck – “manchmal zu sensibel”. Aber man erreiche die Klimaziele nicht ohne eine strukturelle Änderung des Verkehrssektors, so der Minister.
Für die Dekarbonisierung der Industrie wurde die Industrial Decarbonization Agenda sowie ein Hydrogen Action Pact (G7-HAP) aufgesetzt. Ersteres besteht aus einem Kriterienraster aus Werten und Normsystemen, das die Dekarbonisierungsanstrengungen der Industrie messbar und vergleichbar machen soll. Es beinhaltet auch eine gemeinsame Definition “fast” emissionsfreier Produktion von Stahl und Zement und eine “Policy Toolbox” zur Industrie-Dekarbonisierung. Ein Ausstoß von 50 bis 400 Kilogramm CO2 Äquivalent (CO2e) pro Tonne hergestelltem Stahl gilt demnach als “Near Zero Emission Material Production”. Beim Zement sind es 40 bis 125 Kilogramm CO2e pro Tonne.
Der G7-HAP soll den Hochlauf grünen Wasserstoffs und seiner Derivate ermöglichen, aber auch deren Verfügbarkeit in den besonders schwer zu dekarbonisierenden Sektoren sichern. Der dafür nötige Regulierungsrahmen soll beschleunigt, gemeinsame Standards für Produktion, Handel, Transport und Nutzung geschaffen werden.
Die G7-Minister für Energie- und Klimaschutz führten auch erste Diskussionen zur Gründung eines Klimaclubs. Dabei haben sich die Verhandler laut dem Abschluss-Communiqué darüber unterhalten, wie “Best Practice”-Verfahren zur Dekarbonisierung ausgetauscht, wie Bemühungen zur Minderung von Emissionen vergleichbar gemacht und Carbon Leakage verhindert werden könnte. Die Diskussionen sollen im Rahmen der G20 und gemeinsam mit anderen Schwellenländern fortgeführt werden.
Parallel zu den Einigungen auf G7-Ebene haben Deutschland und die USA eine engere Zusammenarbeit bei Energie und Klimaschutz vereinbart. In vier Bereichen sollen deutsch-amerikanische Experten-Arbeitsgruppen dauerhaft zusammenarbeiten: Im Fokus steht die Entwicklung des Windenergie-Sektors auf See, das Thema Wasserstoff, Verkehr ohne Treibhausgasemissionen sowie die Zusammenarbeit mit Entwicklungs- und Schwellenländern.
Beide Länder wollten mit ihrer Zusammenarbeit andere Länder dazu ermutigen, ebenfalls die Chancen der Energiewende zu nutzen, heißt es in der gemeinsamen Absichtserklärung über eine Klima- und Energiepartnerschaft. Die Vereinbarung stützt sich auf eine Zusammenarbeit, die die damalige Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und US-Präsident Joe Biden bereits im vergangenen Sommer ins Leben gerufen hatten. Mit dpa
Eine neue Task-Force wird die Generaldirektion Energie ab Mittwoch beim Aufbau der EU-Energieplattform unterstützen. Geleitet werde die Task-Force von einem neuen stellvertretenden Generaldirektor, Matthew Baldwin, der aus der Generaldirektion Verkehr kommt, teilte die Kommission kürzlich mit. Über die Plattform will die EU mittelfristig gemeinsam Gas und Wasserstoff auf freiwilliger Basis beschaffen. Sie wurde im Zusammenhang mit REPowerEU angekündigt (Europe.Table berichtete) und soll die Gemeinschaft unabhängiger von russischen Importen machen.
Die Task-Force soll aus drei Abteilungen bestehen: globale Nachfrage und internationale Verhandlungen, Beziehungen zu den Mitgliedstaaten und der Nachbarschaft sowie internationale Beziehungen. Zusammenarbeiten soll sie außerdem mit den regionalen Task-Forces der Mitgliedsstaaten. Anfang Mai hatte sich die erste regionale Gruppe unter Leitung von Bulgarien gegründet. In naher Zukunft sollen nun Task-Forces für die Regionen Mittelosteuropa, Nordwesteuropa und das Baltikum folgen. ber
Russland beliefert Serbien weiterhin mit Erdgas. Darauf hätten sich der russische Präsident Wladimir Putin und sein serbischer Amtskollege Aleksandar Vučić in einem Telefonat verständigt, teilt das Präsidialamt in Moskau mit. Die beiden Länder wollten ihre Partnerschaft vertiefen.
Vučić sagte, Thema sei auch die Erweiterung von Gaslagern gewesen. Er und Putin hätten sich auf einen Liefervertrag über drei Jahre geeinigt. Über den Preis könne er nicht sprechen, Einzelheiten würden mit Gazprom geklärt.
Der zehnjährige Liefervertrag mit dem russischen Energiekonzern läuft am 31. Mai aus. Nach russischen Angaben diskutierten Putin und Vučić auch die Lage in der Ukraine und im Kosovo. Dieses hat 2008 seine Unabhängigkeit von Serbien erklärt, was die dortige Regierung nicht anerkennt. Serbien unterhält traditionell enge Beziehungen zu Russland und will EU-Mitglied werden. Dafür ist aber eine Normalisierung des Verhältnisses zum Kosovo nötig. rtr
Italien will seine Banken nach Angaben von Insidern angesichts der wachsenden Wirtschaftsrisiken weiter stützen. Die Konditionen sollten allerdings auch vor dem Hintergrund der Anforderungen der EU verschärft werden, sagten mehrere mit den italienischen Regierungsplänen Vertraute der Nachrichtenagentur Reuters. Eigentlich würde das laufende System für Staatsgarantien beim Verkauf fauler Kredite der Banken in Italien Mitte Juni auslaufen. Dieses wolle Italien aber nun verlängern und suche dabei die Zustimmung der EU-Kommission.
Es geht dabei darum, Banken den Verkauf fauler Kredite weiter zu erleichtern. Seit 2016 wurden unter dem Schutzschirm des italienischen Staates so Kredite von fast 100 Milliarden Euro weitergereicht. Der Staat garantiert dabei den Investoren die Rückzahlung der am wenigsten riskanten Darlehen, was es wiederum den Banken erleichtert, diese loszuwerden.
Zwar haben die umfangreichen Staatshilfen im Zuge der Corona-Krise die Firmen-Pleiten auf ein niedriges Niveau gedrückt, sodass Zahlungsausfälle vergleichsweise selten vorkamen. Allerdings müssen diese über Banken ausgegebenen Hilfen in den nächsten Jahren zurückgezahlt werden, was auch den Druck auf die Banken erhöhen könnte. Die staatlichen Garantien für einen Teil der Kredite soll den Insidern zufolge nun verlängert werden. Allerdings soll mit Blick auf das nötige Ja der EU die Anforderung an die Bonität der Darlehen erhöht werden, um im Gegenzug so das Risiko für die Steuerzahler zu senken. rtr
Dass die Lebensgrundlage des Menschen massiv bedroht ist, wurde Hans-Jochen Luhmann schon in jungen Jahren klar. 1968, während eines Sprachaufenthaltes in London vor seinem Studium, vertiefte er sich in verschiedenen Büchern über Umweltprobleme. Vor allem “Silent Spring” von Rachel Carson habe ihm damals die Augen geöffnet. Das Thema Umweltzerstörung war in Deutschland damals noch nicht groß im Fokus, in der englischsprachigen Literatur jedoch schon.
Der mittlerweile wohl größten Umweltbedrohung des Menschen – dem Klimawandel – widmete der heute 77 Jahre alte Senior Scientist seine lange Karriere. Frühzeitig beschäftigt er sich mit Energieeffizienz und besetzte damit in den frühen 1970ern das Thema. Nach seinem Studium der Mathematik, Volkswirtschaftslehre und Philosophie promovierte er über Maßnahmen zur Steigerung der energetischen Effizienz von Gebäuden.
Das war 1972 – kurz nachdem die Regierung Willy Brandt ihr Umweltprogramm verabschiedet und die “Erhaltung einer gesunden und ausgewogenen Umwelt” zu den “Existenzfragen der Menschheit” erklärt hatte. Hans-Jochen Luhmann war mit seiner Forschung genau am Puls der Zeit.
Nach einigen Jahren in einem Ingenieurbüro wurde das Wuppertal Institut für Luhmann zur beruflichen Heimat: “Nur dadurch, dass es das Wuppertal Institut gab, sah ich es als aussichtsreich an, mich auf diesem Gebiet zu engagieren.” Er möchte an den entscheidenden Stellschrauben drehen, Politik beim Kampf gegen den Klimawandel die richtigen Ratschläge geben. Eine Aufgabe, die von Jahr zu Jahr drängender wird – allein die Hochwasserkatastrophen der vergangenen 20 Jahre in Deutschland zeigen das.
Und doch ist es auch eine Aufgabe, die häufig genug Rückschläge und Misserfolge bereithält. So versuche er bereits seit zwei Jahrzehnten mit all seinen Kräften, das Klimathema an wichtige Institutionen heranzutragen, sagt Luhmann. Auch bestehende Normen, etwa für die Neuerrichtung von Gebäuden, bereiten ihm Sorgen: “Die Sicherheit von Häusern gegen Stürme und Niederschläge ist bei den aktuell geltenden Vorschriften nicht geschützt.”
Die deutsche Politik habe 20 Jahre lang keine wirkliche Option gewählt, um aus den fossilen Energien auszusteigen. Andererseits verfüge Deutschland über sehr potente Forschungsorganisationen wie die Fraunhofer Gesellschaft. “Die haben die Fähigkeit, innovative Technologien zu pushen.” Dadurch habe es große Fortschritte bei den erneuerbaren Energien gegeben. Im Hinblick auf das neue Klimaministerium unter Robert Habeck sieht Luhmann eine positive Entwicklung. “Das ist jetzt offenbar eine Ministeriumsleitung, die wirklich will.” Marvin Richter