jetzt soll es schnell gehen: bereits heute, spätestens am Mittwoch, will die EU das sechste Sanktionspaket gegen Russland vorstellen – aller Voraussicht nach inklusive eines lang umstrittenen und unter anderem von Deutschland zuvor blockierten Ölembargos.
Abhängigkeiten reduzieren sollte Europa auch bei anderen Rohstoffen wie Lithium, Magnesium oder Seltene Erden. Ohne ausreichend Zugang zu diesen Materialien für Windkraftanlagen, Fotovoltaik oder Batterien kann die EU ihre ehrgeizigen Klimaziele kaum erreichen. Bei vielen dieser kritischen Rohstoffe aber sind die hiesigen Unternehmen auf wenige Lieferanten angewiesen – oft aus China. Wie wir verhindern können, die fossilen Abhängigkeiten einfach durch neue zu ersetzen, haben wir mit hochrangigen Experten im Rahmen der Berliner Energietage diskutiert. Leonie Düngefeld hat mehr dazu für Sie.
Um schneller an sauberen Strom zu gelangen, schielt so mancher nach Afrika. Wind an der Küste, Sonne in der Sahara, breite Ströme im Kongo – knapp 40 Prozent des Potenzials erneuerbarer Energien liegt dort. Aber, schreibt Katja Scherer, nicht jede verlockend klingende Idee ist eine gute und ethisch vertretbare Idee.
Zum Showdown könnte es diese Woche in Sachen ETS 2 kommen. Peter Liese, Berichterstatter der ETS-Reform, fürchtet, den zuletzt stark in die Kritik geratenen zweiten Emissionshandel bald beerdigen zu müssen. Mehr dazu lesen Sie in den News.
Werfen wir noch einen Blick aufs Digitale. Auf den Handys des spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sanchez und der spanischen Verteidigungsministerin Margarita Robles wurde die umstrittene Spionagesoftware Pegasus gefunden. Wer hinter dem Angriff mit der Software des israelischen Herstellers NSO Group stecken könnte, ist bislang unklar.
Lithium, Magnesium, Seltene Erden: Europa ist bei wichtigen Rohstoffen für die Energiewende stark abhängig von Importen. Chinesische Unternehmen dominieren etwa viele Produktionsstufen von Fotovoltaikanlagen, auch wichtige Bestandteile von Windrädern oder Elektroautos bezieht die EU fast vollständig aus China.
Politik und Industrie sind sich einig: Das soll sich ändern. Europa muss resilienter sein als bisher, um globalen Schocks wie der Coronapandemie und dem Krieg in der Ukraine standzuhalten. Auch über die Lösungsansätze besteht zumindest im Grundsatz weitgehend Einigkeit. Die Importquellen von Rohmaterialien müssen vielfältiger werden, die heimische Förderung soll wieder gestärkt, Reserven für kritische Rohstoffe angelegt werden.
“Wir müssen zumindest in Teilen die Weiterverarbeitung von Rohstoffen wieder in Europa ermöglichen“, sagte Matthias Wachter, Abteilungsleiter für Rohstoffe beim BDI, gestern auf einer Veranstaltung von Europe.Table auf den Berliner Energietagen. Diese Prozesse sind energieintensiv und belasten die Umwelt – mit Importen aus anderen Ländern umging Europa diese Probleme in den vergangenen Jahren immer mehr. Sollen Unternehmen in Europa wieder verstärkt Rohstoffe produzieren, so müssten diese Kosten bedacht und die Rahmenbedingungen verändert werden, so Wachter. “Flächen werden oft so überplant, dass heimische Förderung gar nicht mehr möglich ist. Und politisch ist sie bisher nicht gewollt.”
Kerstin Jorna, Generaldirektorin für Binnenmarkt und Industrie in der Europäischen Kommission, fordert eine stärkere Beteiligung der Industrie. Die European Raw Materials Alliance (ERMA) versuche etwa, einen Business Case für Veredelung und Recycling Seltener Erden in Europa zu erstellen. “Im Moment kommt sie aber nicht voran, weil sich die Industrie sehr bedeckt hält”, sagte Jorna.
Solange nicht sicher sei, dass die Abnehmer Preise für nach europäischen Standards geförderte Rohstoffe zu zahlen bereit seien, hätten die Produzenten nicht die nötige Investitionssicherheit – und die Regierungen bräuchten sich nicht zu engagieren. “Es kann nicht sein, dass die Industrie die Absatzmöglichkeiten hat und das Versorgungsrisiko durch die Regierung abgedeckt wird”, so Jorna. “Wir müssen in beidem zusammenarbeiten.”
Matthias Wachter vom BDI hält dagegen: “Die Unternehmen sind bereit, höhere Preise zu zahlen, wenn damit eine langfristige Versorgungssicherheit sichergestellt ist – aber auch keine unendlich hohen Preise.” Das Problem sei, dass Hütten und Schmelzen in Europa deutlich höhere Energiepreise zahlen müssten als in anderen Ländern. Er brachte Sondertarife für die Versorgung dieser sehr energieintensiven Anlagen ins Spiel.
Jorna entgegnete, statt solcher Einzelmaßnahmen sei ein umfassender Ansatz geboten. Dazu gehörten Partnerschaften mit anderen Staaten. So sei die Kommission im Rahmen des Trade and Technology Council (TTC) mit den USA im Gespräch über eine strategische Zusammenarbeit in der Rohstoffpolitik.
Konkret gehe es um einen Informationsaustausch über neue Bergbauvorhaben, sagte Jorna. “So können wir auch zusammen ein Angebot machen, das besser ist als das schnelle Angebot aus China.” Die EU wolle im Planungs- und Erschließungsprozess, in der Ausbildung von Arbeitnehmer:innen vor Ort und im Technologietransfer mit Gleichgesinnten zusammenarbeiten. “Dafür müssen wir nun mit unseren Unternehmen sprechen, wie weit sie bereit sind, einzusteigen”, so Jorna. “Es geht nicht darum, alles in Europa zu machen. Aber wo wir können, sollten wir das tun.”
Henrike Hahn, Schattenberichterstatterin der Grünen/EFA zur europäischen Rohstoffstrategie, fordert eine akkurate Bedarfsberechnung für Rohstoffe. Laut einer Studie des Öko-Instituts seien für die grüne Transformation viel weniger Rohstoffe notwendig als angenommen, sagte sie bei der Veranstaltung. “Die Unternehmen kennen ihren Bedarf an Rohmaterialien wesentlich genauer als die Politik”, sagte Hahn. “Die Kommission muss professioneller werden, was die Kalkulation betrifft. Nur so können wir seitens der Politik ordentliche Strukturen schaffen.”
Für Erdgas und Erdöl garantieren strategische Reserven in der EU im Notfall zumindest einige Wochen lang die Energieversorgung. Würden jedoch die Importe etwa von Seltenen Erden aus China unterbrochen, dann gibt es keine Vorräte – mit unmittelbaren Folgen für die gesamte Wirtschaft. Der Europäische Rat schlug deshalb im März eine strategische Vorratshaltung vor. Laut Matthias Wachter vom BDI sollte diese allerdings nicht auf politischer Ebene erfolgen. “Wir schlagen eine Lagerhaltung auf Ebene der Unternehmen vor. Dazu müssen steuerliche Anreize gesetzt und die bilanzielle Benachteiligung von Lagerhaltung aufgelöst werden.”
09:00-11:00 Uhr
Agora Energiewende Ohne Strom keine Wärme
Die Energiewende ermöglicht die Dekarbonisierung des Gebäudesektors durch den mittelfristigen Ausstieg aus Erdgas bei gleichzeitiger Beendigung der strukturellen Importabhängigkeit Deutschlands von fossilen Brennstoffen. Wie der Transformationspfad aussehen kann, welche Rolle ein klimaneutrales Stromsystem dabei spielt und welche Maßnahmen jetzt schnellstmöglich umzusetzen sind, werden auf der Veranstaltung – auch im Lichte der aktuellen Entwicklungen – vorgestellt und diskutiert. Details
10:00-11:30 Uhr
GdW, BDEW Politische Steuerung und Planungssicherheit für Langfristinvestitionen der Energiewende
Wohngebäude und Energieinfrastrukturen weisen jahrzehntelange Investitionszyklen auf. Kurzfristige (Nach-)Steuerungsmöglichkeiten bestehen bei einmal getätigten Investitionen in der Regel nicht. Dementsprechend groß ist die Bedeutung optimierter Planungsprozesse, die wesentlich durch (klima-)politisch gesetzte Rahmenbedingungen determiniert werden. Details
13:00-15:00 Uhr
EWS, Bündnis Bürgerenergie Geteilter Strom, doppelter Gewinn | Potenziale von Energy Sharing für Bürger:innen, Kommunen und Wirtschaft
Das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung stellt Studienergebnisse zum Potenzial und zu den Wirkungen auf volkswirtschaftlicher sowie individueller Ebene vor. Anschließend erläutert der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz Oliver Krischer, wie die Bundesregierung dieses Potenzial von Energy Sharing nutzen möchte. Details
14:00-15:30 Uhr
BEE Strommarkt im Umbruch | Back-up-Strukturen, Strompreiszonen und Flexibilitäten
In der digitalen Paneldiskussion stehen folgende Aspekte im Zentrum: Was für Back-up-Strukturen braucht die moderne Energiewirtschaft? Welche Anforderungen ergeben sich aus Sicht der Übertragungsnetzbetreiber daraus für das Stromnetz? Und was bedeutet das für den Stromhandel und die Gestaltung von Strompreiszonen? Bei dem anschließenden Blick in die Praxis wird über Erneuerbares Gas und dessen Zukunft im System der Erneuerbaren, sowie über die Rolle der Kraft-Wärme-Kopplung in einem dezentralen Gesamtsystem gesprochen. Details
16:00-18:00 Uhr
VDI-GEU Wie schaffen wir den Einstieg in die Wasserstoffzukunft?
Wie wird der zukünftige Wasserstoffbedarf gewährleistet? Welche Maßnahmen sind dazu notwendig? Werden mit der Wasserstoffstrategie der alten Bundesregierung sowie den Zielen der Ampel-Koalition bereits alle notwendigen Handlungsfelder ausreichend abgedeckt oder bedarf es weiterer Maßnahmen? Welche Herausforderungen an die Infrastruktur ergeben sich? Diese Fragen werden im Laufe der Veranstaltung erörtert und entsprechende Handlungsempfehlungen diskutiert. Details
Kräftige Winde an den Küsten, unzählige Sonnenstunden in der Sahara. Blicken Energieexperten auf den afrikanischen Kontinent, sehen sie vor allem eines: riesiges Potenzial an ungenutztem grünem Strom. Afrika sei “eine Supermacht für erneuerbare Energie mit 39 Prozent des globalen Potenzials“, schrieb die britische Denkfabrik Carbon Tracker Anfang vergangenen Jahres. Eine Vision, die durch den Ukrainekrieg und die damit verbundene Energiekrise in Europa nun neuen Zuspruch bekommt.
Zwei Drittel des fossilen Erdgases, das die EU aus Russland bezieht, sollen noch in diesem Jahr ersetzt werden. So sieht es der REPowerEU-Plan der Europäischen Kommission vor. Bis 2030 sollen russisches Öl und Gas komplett überflüssig werden. Und das am besten durch grüne Alternativen, denn bis zum Jahr 2050 will die EU klimaneutral werden. Die Lösung für diese Herausforderung ist für einige Kommentatoren offensichtlich. “Der Einmarsch Russlands könnte eine afrikanische Energierenaissance einleiten”, schreibt zum Beispiel der südafrikanische Vordenker und Autor Jakkie Cilliers.
Cilliers ist der Gründer des Institute for Security Studies, einer Nichtregierungsorganisation in Pretoria, die sich in Afrika für die Friedenssicherung einsetzt. Konkret schlägt Cilliers einen Neuanlauf beim Projekt “Desertec” vor: Unternehmen sollten große Solaranlagen in Nordafrika aufbauen und den so gewonnenen Strom direkt nach Südeuropa transportieren, schreibt er. Dafür brauche es neue Unterseekabel zwischen Afrika und Europa – von denen einige aber schon in Planung seien. “Da Europa über das größte synchrone Stromnetz der Welt verfügt, ist es relativ einfach, zusätzliche Kapazitäten einzuspeisen und Wege zu finden, um Strom nach Norden zu transportieren.”
Darüber hinaus plädiert Cilliers dafür, ein weiteres hochumstrittenes Bauprojekt umzusetzen: einen gigantischen Staudamm am Kongo-Fluss. Dieser “Grand Inga”-Damm wird seit Jahren diskutiert. Bisher gibt es aber nicht genug Investoren dafür. Der Energieexport nach Europa würde das Projekt deutlich attraktiver machen, schreibt Cilliers. “Grand Inga wird sofort wirtschaftlich rentabel, wenn es seine enorme Stromproduktion nutzt, um Wasserstoff an der Quelle zu erzeugen und Eisenerz- und Bauxitvorkommen in Stahl umzuwandeln”, schreibt Cilliers. Die fertigen Produkte, grüner Wasserstoff und grüner Stahl, könnten dann auf dem Seeweg aus Afrika nach Europa verschifft werden.
Solarstrom aus dem Norden, Wasserkraft aus dem Westen von Afrika – und gelöst sind alle europäischen Energieprobleme? Das klingt verlockend. Bei genauerem Hinsehen sind Cilliers Lösungen aber alles andere als einfach umzusetzen, und vor allem auch gar nicht alle sinnvoll. Strom aus Nordafrika in großem Umfang nach Europa zu exportieren, halten die meisten Experten allein schon technisch für schwierig. “Strom über lange Strecken zu übertragen ist häufig mit hohen energetischen Verlusten verbunden”, sagt Günter Nooke, bis vor Kurzem der Afrika-Beauftragte von Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel. Plus: es fehlen sowohl in Afrika als auch in Europa die nötigen Leitungen dafür.
Vielversprechender ist es da, den grünen Strom aus Afrika zu nutzen, um in Afrika Wasserstoff herzustellen und diesen zu exportieren. So, wie es auch die Bundesregierung derzeit mit Nachdruck anstrebt. Wasserstoff kann russisches Öl und Gas zum Beispiel in der chemischen Industrie oder in der Düngerproduktion ersetzen und so in Deutschland für eine bessere Klimabilanz sorgen. Derzeit lässt die Bundesregierung vom Forschungszentrum Jülich einen sogenannten “H2Atlas” erstellen. Dieser soll aufzeigen, wo es überall in Afrika Potenziale für die Wasserstoffproduktion bzw. den -export gibt.
Auf den ersten Blick sehen die Ergebnisse dieses Atlas sehr gut aus. 33 Prozent der Landflächen in Westafrika eignen sich für Photovoltaik, 76 Prozent für Onshore-Windkraftanlagen. Das haben die Jülicher Experten schon herausgefunden. Der damit produzierte Wasserstoff wäre deutlich günstiger als eine Produktion in Deutschland. Für Rainer Baake, Leiter der Stiftung Klimaneutralität und früherer Energie-Staatssekretär, kommt auf dem afrikanischen Kontinent bisher vor allem Namibia als Partnerland in Frage. “Namibia ist ein demokratischer Staat mit stabilem Rechtswesen”, sagt er. “Das ist eine wichtige Voraussetzung, um private Investoren für den Aufbau einer Wasserstoffproduktion zu begeistern.”
Anderen Ländern dagegen stellt Baake ein schlechteres Zeugnis aus. Südafrika verfolgt zwar auch eine Wasserstoffstrategie und arbeitet an der Energiewende. Und auch Marokko hat in dieser Hinsicht ambitionierte Ziele. In all diesen Ländern seien die politischen Systeme aber deutlich instabiler als in Namibia, sagt Baake. “Da sollten wir uns nach der Erfahrung mit Russland schon fragen, wie stark wir unsere Energieversorgung von solchen Staaten abhängig machen.” Südamerikanische Partner wie Chile oder Uruguay seien attraktiver.
Dazu kommt, dass auch einzelne Energieprojekte auf dem afrikanischen Kontinent stark umstritten sind – zum Beispiel der Staudamm am Kongo-Fluss, den Jakkie Cilliers vorschlägt. Der Kongo wird schon jetzt für zwei kleinere Wasserkraftwerke genutzt: Inga I und Inga II. Geplant ist, die Energieversorgung mit Inga III weiter auszubauen. Und manche träumen sogar von “Grand Inga” als absoluten Giga-Damm. Der ehemalige Afrika-Beauftragte Günter Nooke hält zumindest die Pläne für Inga III für sinnvoll. Rund 11.000 Megawatt Energie soll dieser erzeugen, so viel wie acht Atomkraftwerke.
Für Nooke ist klar: Ob davon nur Europa oder auch die Menschen im Kongo profitieren werden, hängt vor allem von der Vertragsgestaltung ab. “Die Bauarbeiten zu Inga III können dem Kongo einen Industrialisierungsschub bescheren”, sagt er. Das schaffe Arbeitsplätze. Und die Einnahmen aus dem Stromexport könne das Land in seine eigene Energieversorgung investieren. Die Regierung in der Demokratischen Republik Kongo treibt die Pläne daher voran. Sie hat Ende vergangenen Jahres das australische Bergbauunternehmen Fortescue mit der Planung des Staudamms beauftragt.
Kritiker des Projekts verweisen dagegen darauf, dass sich die Weltbank aus gutem Grund aus der Finanzierung des Staudamms zurückgezogen habe. Im Kongo haben derzeit nur neun Prozent der Menschen Zugang zu Energie, sagt Franziska Müller, Professorin für Globalisierung an der Universität Hamburg. Und die Stromnetze, um den Strom aus Inga III im Land zu verteilen, fehlen. “Dort Energie für den Export nach Deutschland und Europa zu produzieren, halte ich unter ethischen Gesichtspunkten für schwierig.” Vor allem, da für den Bau des Staudamms zahlreiche Menschen umgesiedelt werden müssten und unberührte Natur zerstört werde.
Das Beispiel zeigt: Mal eben so in Afrika Energieanlagen aufbauen und grünen Wasserstoff herstellen, das funktioniert nicht. Zwar ist der Export von Wasserstoff eine große Chance für den Kontinent. Nicht alle Projekte, die theoretisch möglich sind, sind aber auch praktisch sinnvoll. Es bräuchte in vielen Ländern zudem stabilere rechtliche und politische Rahmenbedingungen. Nur dann kommen die privaten Investoren, die den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft möglich machen.
Außerdem sollten die westlichen Staaten einen Fehler aus der Vergangenheit nicht wiederholen, rät Müller. “Afrika ist kein großer leerer Raum, der beliebig genutzt werden kann”, sagt sie. Das sei eine kolonialistische Denkweise. EU und Bundesregierung sollten sich viel stärker die vorhandenen Energiestrategien afrikanischer Länder anschauen – und dann überlegen, wie sie diese sinnvoll ergänzen könnten. “Bisher geschieht das noch zu wenig”, findet Müller. Eine Partnerschaft auf Augenhöhe sieht anders aus. Katja Scherer
Katja Scherer ist Wirtschaftsjournalistin und betreibt den Blog Wirtschaft in Afrika. Als freie Journalistin arbeitet sie unter anderem für Die Zeit, NDR, DLF, WDR und t3n.
04.05.-06.05.2022, Leipzig/online
Germanwatch, Konferenz Weltweit Wissen 2022: Klimagerechtigkeit
Germanwatch bietet Inputs, Workshops, (Podiums-)diskussionen und Exkursionen an, um über verschiedene Aspekte der Klimagerechtigkeit zu diskutieren. INFOS & ANMELDUNG
04.05.2022 – 09:00-17:00 Uhr, online
Forum Institut, Konferenz Werbung für DiGAs
Das Seminar des Forum Instituts gibt einen Überblick über den rechtlichen Rahmen der Werbung für DiGAs und was Sie bei Werbung im Healthcare-Bereich beachten müssen. INFOS & ANMELDUNG
04.05.2022 – 13:30 Uhr, online
EBD, Seminar De-Briefing zum CoFoE-Plenum
Die Europäische Bewegung Deutschlands (EBD) stellt die Ergebnisse der Konferenz zur Zukunft Europas vor. INFOS & ANMELDUNG
04.05.2022 – 13:45-20:00 Uhr, Berlin
HBS, Konferenz Die Europäische Integration nach Corona und der Ukraine-Invasion
Die Hans-Böckler-Stiftung (HBS) stellt die Frage, was man aus der Erfahrung der vergangenen Jahre wie auch dem NextGenEU-Programm lernen kann und welche Reformschritte bei der Europäischen Economic Governance notwendig sind, dass der Euroraum den aktuellen und zukünftigen Herausforderungen gerecht werden kann. INFOS & ANMELDUNG
04.05.2022 – 14:00-15:30 Uhr, online
FSR, Discussion Regulating lock-in effects
The Florence School of Regulation (FSR) will discuss how the risks associated with carbon-lock-in can be avoided. INFOS & REGISTRATION
04.05.2022 – 14:00-15:30 Uhr, online
HBS, Diskussion Welche Rolle spielen öffentliches und privates Kapital bei der Finanzierung der Transformation?
Die Heinrich-Böll-Stiftung (HBS) geht der Frage nach, wie grüne Investitionen finanziert werden können. INFOS & ANMELDUNG
04.05.2022 – 19:00 Uhr, Hamburg
KS, Diskussion Let’s talk about Außenpolitik: Was bedeutet Zeitenwende?
Die Körber-Stiftung (KS) beschäftigt sich mit der Frage, welche Veränderungen die aktuelle geopolitische Zeitenwende für die deutsche und europäische Außen- und Sicherheitspolitik mit sich bringt. INFOS & ANMELDUNG
05.05.2022 – 09:00-15:00 Uhr, online
WIG Digital Health Conference
Das Wissenschaftliche Institut für Gesundheitsökonomie und Gesundheitssystemforschung (WIG) bietet Vorträge, Impulse und Diskussionen sowie Networking-Möglichkeiten rund um aktuelle Digital Health Themen. INFOS & ANMELDUNG
05.05.2022 – 09:00-12:00 Uhr, online
BVMW, Konferenz Chefsache Cybersicherheit: Gefahren erkennen, wirksam schützen
Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) präsentiert, wie Unternehmen sich vor den häufigsten Gefahren durch Cyberangriffe schützen können. INFOS & ANMELDUNG
05.05.2022 – 12:00-23:30 Uhr, Berlin
BFW Deutscher Immobilien Kongress 2022
Der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) verbindet die mittelständische Wohnungswirtschaft mit Akteuren aus Politik und Verwaltung. INFOS & ANMELDUNG
05.05.2022 – 15:00-17:00 Uhr, online
Mittelstand 4.0, Workshop KI im Gesundheitswesen – Aus- und Weiterbildungseinrichtungen in der Pflege
Der Mittelstand 4.0 beschäftigt sich mit den sozio-technischen Herausforderung bei der Einführung von KI in kleinen und mittleren Unternehmen. INFOS & ANMELDUNG
05.05.2022 – 15:00-16:00 Uhr, online
BGA, Seminar Vertragsrecht und Ukraine-Krise
Der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) setzt sich mit den Folgen des Ukraine-Kriegs und den Auswirkungen der in seiner Folge erlassenen Sanktionen auf die Lieferketten auseinander. INFOS & ANMELDUNG
05.05.2022 – 16:00-18:00 Uhr, online
IHK, Vortrag Förderangebote für Energieeffizienz und Eigenversorgung in Industrie und Handwerk
Die Industrie- und Handelskammer (IHK) stellt Fördermöglichkeiten für Industrie und Handwerk im Bereich Energiewende vor. INFOS & ANMELDUNG
05.05.2022 – 18:00 Uhr, online
HSS, Seminar Die NATO – Der Ukraine-Krieg zeigt die Bedeutung des Verteidigungsbündnisses für Europas Sicherheit
Die Hanns-Seidel-Stiftung (HSS) beschäftigt sich mit der Bedeutung der NATO für die westliche Welt. INFOS & ANMELDUNG
Die EU-Energieminister haben am Montag an einem Sondertreffen über die Lage nach dem russischen Gasstopp für Polen und Bulgarien beraten. Großes Thema am Rande war das sechste Sanktionspaket, das die EU-Kommission heute präsentieren soll. Denn jetzt soll es plötzlich schnell gehen: Er gehe davon aus, dass die EU-Kommission diesen Dienstag das sechste Sanktionspaket präsentieren werde, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck nach dem Sondertreffen mit den für Energie zuständigen Amtskolleginnen und Kollegen.
Habeck erwartet, dass der Ausstieg aus dem russischen Öl dabei ist. Es werde zwar noch diskutiert, wie hart das Embargo gestaltet werde. Öl werde aber auf der Liste sein. Die EU-Kommission will das sechste Sanktionspaket heute an ihrer Sitzung in Straßburg beschließen. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen dürfte ein Ergebnis am Nachmittag oder spätestens am Mittwoch präsentieren. Es werde dann noch ein paar Tage für die Beratungen der Mitgliedstaaten brauchen, sagte Robert Habeck. Ob das noch vor dem Wochenende klappe, wisse er nicht. Offen war bis zuletzt, wie ein Veto der ungarischen Regierung verhindert werden könnte. Im Gespräch sind lange Übergangsfristen oder Ausnahmeklauseln für Länder wie Ungarn und die Slowakei, die besonders stark von russischem Öl abhängig sind.
Ähnlich wie beim Kohleembargo dürfte es eine Übergangsfrist von drei bis vier Monaten geben, um bestehende Verträge abzuwickeln. Möglicherweise sind in einem ersten Schritt auch nur gewisse Produktgruppen und Transportwege vom Embargo betroffen. Der Ausstieg bei Benzin und Diesel könnte schneller erfolgen, während beim Rohöl das Jahresende im Gespräch war. Unter ein Verbot könnte zudem die Anlieferung per Schiff fallen. Deutschland bezieht ein Drittel des russischen Öls per Schiff, während zwei Drittel über die Druschba-Pipeline in die Raffinerien in Leuna in Sachsen-Anhalt und Schwedt an der Oder in Brandenburg gelangt. Deutschland könne ein Öl-Embargo inzwischen tragen, bekräftigte Habeck. Seit Beginn des Ukraine-Krieges sei der Anteil russischen Öls am deutschen Ölverbrauch von 35 Prozent auf zwölf Prozent gesunken. Andere Länder seien aber noch nicht so weit.
Hauptthema und Anlass für das Sondertreffen war allerdings die Lage nach dem russischen Gasstopp gegen Polen und Bulgarien. Die französische Energieministerin und derzeitige Ratsvorsitzende Barbara Pompili unterstrich nach dem Treffen die starke Solidarität unter den Mitgliedstaaten. Die Vertreter Polens und Bulgariens hätten betont, dass kurzfristig keine Gefahr für die Versorgung bestehe. Bulgarien bekomme Gas aus Griechenland und Polen aus Deutschland. Es bestehe kein direktes Risiko für die Energiesicherheit in Europa, sagte auch EU-Energiekommissarin Kadri Simson. Die Speicher seien zu mehr als 32 Prozent gefüllt. Es könnte jetzt aber jeden Mitgliedstaat treffen. Vladimir Putin versuche, die EU zu spalten. Man müsse sich für mögliche Versorgungsunterbrechungen wappnen.
Auch Robert Habeck betonte mit Blick auf den Gasstopp gegen Bulgarien und Polen den hohen Grad an Geschlossenheit, Kooperation und Solidarität. Der Bundeswirtschaftsminister sprach von einem Qualitätssprung: “Man liest keine Statements vor, sondern bezieht sich in der Diskussion aufeinander”. Jedes Land handle nicht nur für sich, sondern für alle anderen. Deutschland ziehe bei den LNG-Terminals Kapazitäten in kurzer Zeit hoch, fülle die Gasspeicher. Deutschland habe vier schwimmende LNG-Terminals angemietet, wovon zwei Ende des Jahres den Betrieb aufnehmen könnten. Die Gasspeicher vollzubekommen sei nicht nur aus nationalstaatlicher Sicht eine Rückversicherung, sondern für die ganze EU. Der Schritt weg von russischer Energie werde zudem als Schritt weg von fossiler Energie generell verstanden. Das sei neu. sti
Obwohl angesichts des russischen Angriffskrieges in der Ukraine aktuell vermehrt auf LNG als Alternative zu russischem Gas gesetzt wird, halten die Vertreter verschiedener Thinktanks und Verbände Flüssiggas maximal für eine Teillösung. Casimir Lorenz, Ökonom bei Aurora Energy Research, stellte bei den Berliner Energietagen klar, dass die geplanten LNG-Kapazitäten in Deutschland nicht ausreichen, um kurzfristig russisches Gas zu ersetzen. Auch global seien von der Gesamtproduktionskapazität von 500 bcm nur etwa 120 bcm frei. Dies reiche nicht aus. Abschaltungen der Industrie wären die Folge eines Gasembargos.
Sommer 2024 hält Lorenz für den frühestmöglichen Zeitpunkt, um komplett unabhängig von Energielieferungen aus Russland zu sein. In der Zwischenzeit könnten Kohlekraftwerke bei der Stromproduktion helfen, den Gasverbrauch zu reduzieren, beziehungsweise die frei werdenden Kapazitäten für die Industrie zu sichern. Den Kohleausstieg 2030 würde dies nicht in Gefahr bringen, so Lorenz, da 2026 ohnehin mehr LNG zur Verfügung stünde und die Kohlekraftwerke wie geplant heruntergefahren werden könnten.
Im Zentrum der Versorgungssicherheit sollten allerdings erneuerbare Energien stehen, betont Tilman Schwencke, Leiter Politik und Strategie beim Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Die Ziele seien vor und nach dem Kriegsbeginn die gleichen: Ausbau der Erneuerbaren, Erhöhung der Effizienz und Renovierung bei Gebäuden. Geändert habe sich nur die Geschwindigkeit, mit der dies passieren muss sowie die Substituierung russischer Energielieferungen und Diversifizierung der Lieferanten.
Zu hohe Abhängigkeiten von LNG sieht er kritisch. Man sei auch nicht ganz blöd gewesen, auf russisches Erdgas zu setzen, weil LNG schmutziger und teurer sei. Zudem nehme man in den kommenden Jahren anderen Ländern LNG weg, da Qatar und die Vereinigten Arabischen Emirate beispielsweise vor 2024 ihre Produktionsmengen nicht erheblich erhöhen könnten.
Für die Zukunft der europäischen Energieversorgung mahnt Georg Zachmann vom Brüsseler Thinktank Bruegel, dass jedes einzelne Element ersetzbar sein müsse. Das bedeutet, dass zur Energieversorgung keine neuen Abhängigkeiten geschaffen werden würden. Die Erneuerbaren sieht er dabei ebenfalls in der geeignetsten Position.
Kurzfristig muss man Russland laut Zachmann dringend klarmachen, dass man nicht abhängig von ihren Energielieferungen sei. Wie genau, ließ er offen. Auch im Hinblick auf mögliche Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine sei es “politisch ein absoluter Imperativ”, sodass man der Ukraine zur Seite stünde, statt ihnen in den Rücken zu fallen. Um die Folgen für die Industrie abzufedern, fordert Zachmann “europäische Lösungen”. Deutschland könne nicht seine eigene Industrie mit subventionierter Energie versorgen, während man die Speicher der Nachbarländer leer saugt, so der Energieexperte. luk
Europäische Schlüsselindustrien werden nach Experteneinschätzung erst nach 2030 in ausreichendem Umfang mit Wasserstoff und seinen Derivaten versorgt werden können. Schon eine gesicherte Belieferung der deutschen Stahlindustrie werde bis 2030 auch durch Importe voraussichtlich nicht sichergestellt werden können, sagte Maike Schmidt vom Zentrum für Sonnenergie- und Wasserstoffforschung Baden-Württemberg (ZSW) am Montag bei den Berliner Energietagen. “Ich glaube eher, dass kleinere Wasserstoffanwendungen im Inland wachsen werden”, sagte die Wissenschaftlerin.
Um den Wasserstoffbedarf aller Sektoren in Deutschland bis 2030 zu decken, sind nach einer Metaanalyse der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech) 50 bis 250 Terrawattstunden (TWh) Wasserstoff nötig. Dafür würden Elektrolyseure mit 17 bis 90 Gigawatt (GW) benötigt. Bis Mitte der 2030er-Jahre seien allerdings in Deutschland bisher nur Erzeugungsanlagen mit 4 GW angekündigt, sagte Acatech-Wissenschaftlerin Andrea Lübcke. Die Bundesregierung verfolgt für 2030 das Ziel von 10 GW Elektrolyseleistung.
Selbst wenn es ausreichend Erzeugungskapazitäten geben sollte, ist die Verteilung innerhalb Europas über Schiffe, Lkw oder Leitungen eine weitere ungelöste Aufgabe. “Damit es nicht zu einer Abkopplung einzelner Regionen kommt, ist eine Herausforderung, eine gleichzeitige Entwicklung in Europa hinzubekommen”, sagte Kirsten Westphal, Vorstand des Importprojekts H2Global der Bundesregierung und Mitglied im Nationalen Wasserstoffrat.
Um die Technologieentwicklung zu beschleunigen, rieten mehrere Experten von zu strengen Nachhaltigkeitsanforderungen ab. Eine erste Phase mit niedrigeren Anforderungen und einer schrittweisen Verschärfung sei ein diskussionswürdiger Ansatz, sagte Schmidt. Japan und Südkorea würden bei der Beschaffung keine strengen Anforderungen an die Nachhaltigkeit der Wasserstofferzeugung stellen, berichtete Christoph Stemmler von acatech.
Eine wichtige technische Begrenzung ist beispielsweise die kontinuierliche Auslastung von Elektrolyseuren und Syntheseanlagen zur Herstellung von Wasserstoff und seinen Derivaten. Allein mit fluktuierenden erneuerbaren Energien lässt sie sich kaum gewährleisten. Würde man für Versorgungslücken weiteren grünen Wasserstoff zur Rückverstromung vorhalten, müssten Schmidt zufolge deutlich größere Elektrolyseleistungen und sehr große Wasserstoffspeicher an den Erzeugungsstandorten eingeplant werden. Bei den derzeitigen Kosten sei dies aber unwirtschaftlich. ber
Diese Woche dürfte eine ganz entscheidende auf dem Weg zu einem überarbeiteten europäischen Emissionshandel (ETS) werden. Berichterstatter Peter Liese (EVP, DE) und die Schattenberichterstatter führen gleich mehrere Verhandlungsrunden durch. Heute (Dienstag) gibt es unter anderem ein gemeinsames Treffen der Verhandlungsgruppen zu den beiden Fit-for-55-Dossiers ETS und CBAM. Dort wird die Dauer der Einführungsphase des Grenzausgleichsmechanismus und die Reduzierung der kostenlosen CO2-Zertifikate für die Industrie das entscheidende Thema sein.
Am Donnerstag kommt es dann womöglich zum Showdown bei einem “Open-End-Meeting”. Gut möglich, dass Liese und die Schattenberichterstatter:innen bis in die späten Abendstunden über Kompromisse zum bislang noch schwierigsten Punkt der Verhandlungen diskutieren werden. Die Einführung eines zweiten europäischen Emissionshandels für den Straßenverkehr und das Heizen von Gebäuden (ETS 2) bereitet den Verhandlern weiterhin die größten Kopfschmerzen.
Berichterstatter Liese fürchtet um den ETS 2 als Ganzes, da dieser zunehmend in der Kritik steht, die Bürger:innen zu stark zu belasten. Auch nach seinen vorgeschlagenen Kompromissen bleibt die Skepsis erhalten. Grünen-Schattenberichterstatter Michael Bloss sieht die Kompromisse zwar positiv, ob der ETS 2 dadurch angenommen werden wird, das wisse er noch nicht. Die Stimmung innerhalb der Verhandlungsgruppe sei “gereizt”, berichtete Bloss am Montag.
Aus Kreisen des Bundeswirtschaftsministeriums heißt es weiterhin, man unterstütze die Einführung des ETS 2, sofern es einen sozialen Ausgleich in Form des Klima-Sozialfonds gebe. Damit scheint die Gegenwehr der europäischen Grünen gegen den ETS 2 größer zu sein als die des von den Grünen geführten BMWK. luk
Deutschland und Indien wollen trotz Differenzen über den Ukraine-Krieg enger kooperieren. Kanzler Olaf Scholz und Indiens Ministerpräsident Narendra Modi kündigten am Montag bei einem gemeinsamen Auftritt in Berlin eine vertiefte Partnerschaft an. Scholz sagte, die Bundesregierung werde für die Zusammenarbeit beim Klimaschutz oder bei erneuerbaren Energien zehn Milliarden Euro bis 2030 zur Verfügung stellen. In einer gemeinsamen Erklärung wird die geplante Zusammenarbeit beschrieben.
Unter anderem dringen Deutschland und Indien auf einen Sitz im UN-Sicherheitsrat. Beide Regierungschefs bemühten sich, Gemeinsamkeiten herauszustellen. Differenzen gibt es etwa beim Ukraine-Krieg. Modi warnte, dass dieser keine Gewinner, sondern nur Verlierer bringen werde. Besonders Entwicklungsländer würden unter Preissteigerungen und Lieferengpässen leiden.
Beide Regierungen unterzeichneten eine Reihe von Absichtserklärungen. Indien möchte vor dem Hintergrund der sogenannten “Bonn Challenge” bis 2030 rund 26 Millionen Hektar Wald wiederherstellen und seinen Waldflächenanteil von 21 auf 33 Prozent steigern.
Außerdem unterzeichneten Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und der indische Energieminister R.K. Singh eine Absichtserklärung zur Deutsch-Indischen Wasserstoffkooperation. Dafür soll eine Taskforce, das sogenannte Indo-German Energy Forum, eingerichtet werden. Zudem planen beide Länder Abkommen über den Austausch geheimer Informationen sowie verschlüsselte Verbindungen zwischen den Außenministerien beider Staaten. Die nächsten Regierungskonsultationen sollen 2024 in Indien stattfinden. rtr
In Finnland hat ein Firmenkonsortium ein Projekt zum Bau eines Atomkraftwerks mit Russland gestoppt. Die Unternehmensgruppe Fennovoima erklärte am Montag, den Vertrag mit dem russischen Staatskonzern Rosatom für die Erstellung der Anlage in Zentral-Finnland aufgekündigt zu haben. Als Grund nannte Fennovoima Verzögerungen und wachsende Risiken durch den Krieg in der Ukraine.
Seit dem russischen Einmarsch in der Ukraine hatte der finnische Wirtschaftsminister Mika Lintilä eine endgültige Genehmigung des AKW-Projekts wiederholt ausgeschlossen (Europe.Table berichtete). Lintilä begrüßte die Entscheidung des Konsortiums. Das traditionell neutrale Finnland erwägt seit Kurzem angesichts des Vorgehens Russlands in der Ukraine eine Mitgliedschaft in der Nato.
An dem Konsortium hält die Uniper-Mutter Fortum zusammen mit dem finnischen Stahlkocher Outokumpu und dem schwedischen Unternehmen SSAB zwei Drittel der Anteile, der russische Rosatom-Konzern über die Firma RAOS Voima den Rest. Was mit dieser Beteiligung nun geschieht, sei derzeit noch unklar, sagte Fennovoima-Verwaltungsratschef Esa Härmälä.
Auch sei es noch zu früh für Überlegungen, ob sich das Konsortium einen anderen Partner zum Bau der Anlage suchen könnte. Die Unternehmensgruppe habe bisher 600 bis 700 Millionen Euro für das Projekt ausgegeben. Die Gesamtkosten für die Anlage waren mit 7,5 Milliarden Euro beziffert worden. Zu Abschreibungen, die auf Fennovoima-Eigner zukommen könnten, wollte sich Härmälä nicht äußern.
Das Atomkraftwerk soll auf der Halbinsel Hanhikivi in Finnland gebaut werden. Die Frist für die endgültige Baugenehmigung lief bis Ende 2022. Wirtschaftsminister Lintilä erklärte am Montag, die Entscheidung von Fennovoima sei eindeutig. “Es wäre praktisch unmöglich gewesen, das Projekt fortzusetzen.” Der Krieg in der Ukraine habe die Risiken für das Projekt verschärft. “RAOS konnte keines dieser Risiken abmildern.” Einzelheiten wurden nicht genannt.
Finnland trennt eine 1300 Kilometer lange Grenze von Russland, das den Krieg in seinem anderen Nachbarland als “Spezialoperation” bezeichnet. Das Konsortiumsmitglied Fortum ist die Muttergesellschaft des deutschen Energiekonzerns Uniper, der seinerseits größter ausländischer Kunde des russischen Gaskonzerns Gazprom ist. Uniper hat im ersten Quartal einen Milliardenverlust eingefahren, der auf Abschreibungen im Zusammenhang mit der vorerst gescheiterten Gaspipeline Nord Stream 2 und der russischen Tochter Unipro zurückgeführt wurde.
Bei Rosatom war am Montag zunächst keine Stellungnahme zu der Entwicklung zu bekommen, die finnische Tochter RAOS wollte sich nicht äußern. rtr
Verstöße gegen die Sanktionspakete der EU als Reaktion auf den Krieg Russlands in der Ukraine sollen nach dem Willen der Bundesregierung wirksamer geahndet werden. Wie das Wirtschaftsministerium mitteilte, gelten mit der am Montag in Kraft getreten Novelle der Außenwirtschaftsverordnung auch neue Bußgeldvorschriften für den Finanzsektor. Wer etwa verbotene Einlagen- oder Börsengeschäfte für russische Personen tätige, könne mit einer Geldbuße von bis zu 500.000 Euro belegt werden. Verstöße gegen “klassische” Sanktionsvorschriften wie Ein- und Ausfuhrverbote oder gegen das “Einfrieren” finanzieller Vermögenswerte stellen den Angaben zufolge Straftaten dar und können wie bisher mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren bestraft werden. dpa
Auf dem Handy des spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sanchez ist Regierungsangaben zufolge die Spähsoftware Pegasus des israelischen Herstellers NSO Group gefunden worden. Das Telefon sei im Mai 2021 infiziert worden, und es habe damals mindestens einen Fall von Daten-Diebstahl gegeben, sagte Präsidentschaftsminister Felix Bolanos am Montag auf einer Pressekonferenz. Das Programm wurde demnach auch auf dem Handy von Verteidigungsministerin Margarita Robles gefunden. Bolanos äußerte sich nicht dazu, wer nach Einschätzung der Regierung hinter dem Spähangriff stecken könnte. Die linke Minderheitsregierung von Sanchez steht derzeit selbst im Zusammenhang mit “Pegasus” politisch unter Druck.
Mehr als 60 Personen im Umfeld der katalanischen Separatistenbewegung sollen laut dem in Kanada ansässigen Forschungsinstitut Citizen Lab mit der Software ausspioniert worden sein (Europe.Table berichtete). Die katalanische Partei ERC, die für eine Unabhängigkeit der Region eintritt und in Madrid Sanchez’ Regierung stützt, fordert vom Ministerpräsidenten nun Aufklärung. Die ERC erklärte, sie werde die Regierung so lange bei Abstimmungen nicht unterstützen, bis das Vertrauen wieder hergestellt sei.
Die “Pegasus”-Software ist nach Angaben des israelischen Herstellers NSO allein für den Einsatz von Geheimdiensten und der Polizei im Kampf gegen Terrorismus und Kriminalität gedacht. Doch immer wieder gibt es Vorwürfe, das Spionage-Programm werde von Regierungen dazu genutzt, um Politiker, Menschenrechtler und Journalisten auszuspähen (Europe.Table berichtete). Auch EU-Justizkommissar Didier Reynders und Mitarbeiter der EU-Kommission wurden Opfer von Ausspähangriffen (Europe.Table berichtete). Das Europäische Parlament hat einen Sonderausschuss zum Einsatz von Pegasus und ähnlicher Software eingesetzt (Europe.Table berichtete). Der Europäische Datenschutzbeauftragte hat sich für ein Verbot von “Pegasus” und vergleichbarer Software eingesetzt. rtr
Apple droht in der Europäischen Union eine hohe Kartellstrafe. Am Montag übersandte die EU-Kommission an den US-Konzern eine Liste mit Beschwerdepunkten wegen des Bezahldienstes Apple Pay.
“Uns liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass Apple den Zugang Dritter zu Schlüsseltechnologien beschränkt hat, die für die Entwicklung konkurrierender mobiler Geldbörsen für Apple-Geräte benötigt werden”, teilte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager mit. “In unserer Mitteilung der Beschwerdepunkte stellen wir vorläufig fest, dass Apple den Wettbewerb zugunsten seiner eigenen Lösung Apple Pay beschränkt haben könnte.”
Apple teilte mit, weiterhin mit der EU-Kommission zusammenarbeiten zu wollen. Bisher hat die Firma ihr Bezahlsystem, bei dem in der digitalen Apple-Wallet hinterlegte Bezahlmöglichkeiten per Nahfunktechnologie NFC mit Point-of-Sale-Systemen interagieren, nicht für Drittanbieter zugänglich gemacht. Apple Pay wird derzeit von über 2.500 Banken und über 250 Fintech-Unternehmen genutzt.
Die Mitteilung der Beschwerdepunkte ist ein förmlicher Bestandteil von Untersuchungen der Kommission im Falle mutmaßlicher Verstöße gegen Kartellvorschriften. Sollte Apple für schuldig befunden werden, könnte der US-Konzern dazu gezwungen werden, sein System zu öffnen. Zudem droht dann eine hohe Kartellstrafe.
Auch der erst kürzlich von den Verhandlern geeinte Digital Markets Act (DMA) dürfte den Druck auf Apple weiter erhöhen, sein weitgehend geschlossenes Ökosystem in Europa weiter zu öffnen. Für das jetzige Apple Pay-Verfahren ist der DMA noch nicht relevant: Dieser muss erst noch vom Europaparlament abgesegnet werden, anschließend tritt eine sechsmonatige Übergangsfrist in Kraft. Im Wiederholungsfall allerdings könnten mit ihm die Strafen für Apple noch einmal empfindlich höher ausfallen.
Die Alphabet-Tochter Google hat derweil beim zweithöchsten Gericht der Europäischen Union, dem Europäischen Gericht, beantragt, eine 2019 von der EU-Kommission verhängte Kartellstrafe in Höhe von 1,49 Milliarden Euro aufzuheben. Einige Annahmen der EU-Kommission seien falsch, teilte Google zu Beginn der dreitägigen Anhörung vor dem Gericht der Europäischen Union in Luxemburg mit. Die EU-Kommission hatte die Strafe damit begründet, dass der US-Technologiekonzern mit dem Dienst Adsense seine marktbeherrschende Stellung in der Onlinewerbung missbraucht. Es war einer von drei Fällen, die insgesamt zu Geldbußen von mehr als acht Milliarden Euro führten. fst/rtr
Tech-Giganten wie Google, Meta und Netflix müssen möglicherweise einen Teil der Kosten für das europäische Telekommunikationsnetz tragen, sagte die für Digitales zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager am Montag nach Beschwerden von EU-Telekommunikationsbetreibern.
“Die Frage des fairen Beitrags zu den Telekommunikationsnetzen müssen wir mit viel Aufmerksamkeit betrachten”, sagte Vestager auf einer Pressekonferenz. “Es gibt Akteure, die viel Datenverkehr verursachen, der dann ihr Hauptgeschäft ermöglicht, die aber nicht wirklich dazu beitragen, die Investitionen in den Ausbau der Konnektivität zu fördern”, sagte sie.
“Wir wollen ein tiefergehendes Verständnis dafür entwickeln, wie das möglich sein kann”, sagte Vestager. Sie fügte hinzu, dass man derzeit untersuche, wie sich der Datenverkehr im Laufe der Zeit entwickle und wie dies mit der COVID-19-Pandemie zusammenhänge. Laut einer Studie, die am Montag von der Telekom-Lobbygruppe ETNO veröffentlicht wurde, entfielen auf Meta, Alphabet, Apple, Amazon, Microsoft und Netflix im vergangenen Jahr über 56 Prozent des gesamten weltweiten Datenverkehrs.
Laut der Studie könnte ein jährlicher Beitrag von 20 Milliarden Euro zu den Netzwerkkosten durch die Tech-Giganten der EU-Wirtschaft einen 72-Milliarden-Euro-Schub geben. Zu den Mitgliedern von ETNO gehören die Deutsche Telekom und Orange.
Margrethe Vestager wies jedoch die Forderungen der Telekommunikationsbranche nach einer Lockerung der EU-Fusionsvorschriften zurück, um eine stärkere Konsolidierung zu ermöglichen. “Das Problem ist, dass die Argumente, die wir hören, wie zum Beispiel der Bedarf an Größe, um zu investieren, nicht neu sind”, sagte sie. rtr
Der Krieg in der Ukraine und die Folgen für die deutsche Industrie halten Carsten Rolle seit Wochen auf Trab. Als Leiter der Abteilung für Energie und Rohstoffe beim BDI ist es vor allem die Abhängigkeit von russischem Gas, die Carsten Rolle beschäftigt. Sowohl die Wirtschaftssanktionen als auch der Konflikt selbst würden der deutschen Industrie schaden, sagt er. Rolle ist überzeugt: “Es gibt kein Szenario, in dem die Industrie nicht unter dem Konflikt zu leiden hätte.” Sollte der Gashahn – ob von russischer oder deutscher Seite – zugedreht werden, sei bis dato noch unklar, wie diese Lücke innerhalb der nächsten drei bis vier Jahre zu füllen wäre. Damit wolle er nicht die Notwendigkeit von Sanktionen infrage stellen. Doch wie auch immer das russische Erdgas kompensiert werden soll: “Es wird schmerzhaft, teuer und schwieriger als zuvor.”
Carsten Rolle ist promovierter Volkswirt. Dass er an der Schnittstelle zwischen Politik und Wirtschaft arbeiten will, war für ihn schon während des Studiums klar. Der Fokus auf Energie- und Klimathemen kam erst später. “Während meines Studiums haben mich vor allem Fragen an der Schnittstelle von ökonomischer Rationalität und politischer Realität interessiert”, erinnert er sich.
Heute ist Carsten Rolle nicht nur Abteilungsleiter im BDI, sondern seit 2005 auch Geschäftsführer des Weltenergierats, also der deutschen Sektion im World Energy Council. In diesen beiden Rollen sitzt Rolle an vorderster Front der deutschen Wirtschaftstransformation. Als eine der großen Gefahren dieser Transformation sieht er Carbon Leakage, also die Verlagerung von vor allem emissionsintensiver Produktion in Länder mit weniger stringenten Klimaschutzvorgaben als in der EU. Das könne man heute schon sehen, sagt Rolle. Es sei nicht unbedingt die Fabrikpforte, die mit lautem Knall zufällt. Doch der Kapitalstock sei in diesen Industriebranchen erkennbar geschrumpft.
Dieses Problem wird auch in der EU heiß diskutiert. Bisher waren es vor allem freie CO2-Zertifikate, die dem Abwandern von Produktion entgegenwirken sollten. Das neue Instrumentarium ist der CO2-Grenzausgleichsmechanismus CBAM. Er geht nächstes Jahr in die Probephase und soll ab 2026 Stück für Stück die freien CO2-Zertifikate ersetzen. Von vielen Seiten gab es bereits Kritik an dem Konzept. Auch der BDI ist nicht überzeugt. Die genaue Umsetzung sei an vielen Stellen unklar, sagt Rolle (Europe.Table berichtete). “Das ist ein völlig neues und unerprobtes Instrument.” Außerdem erwarte er, dass andere Länder die Besteuerung ihrer Exporte in die EU nicht einfach hinnehmen werden. Es sei zu befürchten, dass Handelskonflikte entstehen.
Dass die Rolle des Staates im Hinblick auf den Klimaschutz in verschiedenen Ländern sehr unterschiedlich bewertet wird, hat Rolle im World Energy Council erlebt: “Eine CO2-Steuer wird von großen Teilen der Bevölkerung einiger Länder, etwa den USA, wirklich als Diebstahl angesehen.” Es sei wichtig, dass man gemeinsame Strategien finde, die international funktionierten und akzeptiert würden. Verschiedene politische und kulturelle Hintergründe miteinzubeziehen und nachzuvollziehen, sei herausfordernd, aber auch spannend. Wie schwierig das manchmal ist, sehe man auch in der EU.
An seine Zeit als Mitglied im European Student’s Forum hat Rolle positive Erinnerungen. Es habe ihm unheimlich viel Spaß gemacht, Sprachkurse und kulturelle Veranstaltungen mitzuorganisieren. “Die europäische Integration, gerade die Osterweiterung, hatte damals einen so positiven Spin.” Wenn er heute auf Polen oder Ungarn schaut, habe er das Gefühl, dass man sich von einem vereinten Europa wieder ein Stück wegbewege. Wie der Krieg in der Ukraine Europa beeinflusst, werde sich noch zeigen. “Wenn dieser schreckliche Krieg irgendeinen positiven Effekt hat, dann vielleicht, dass er wieder zu mehr Zusammenhalt in Europa führt.” David Zauner
jetzt soll es schnell gehen: bereits heute, spätestens am Mittwoch, will die EU das sechste Sanktionspaket gegen Russland vorstellen – aller Voraussicht nach inklusive eines lang umstrittenen und unter anderem von Deutschland zuvor blockierten Ölembargos.
Abhängigkeiten reduzieren sollte Europa auch bei anderen Rohstoffen wie Lithium, Magnesium oder Seltene Erden. Ohne ausreichend Zugang zu diesen Materialien für Windkraftanlagen, Fotovoltaik oder Batterien kann die EU ihre ehrgeizigen Klimaziele kaum erreichen. Bei vielen dieser kritischen Rohstoffe aber sind die hiesigen Unternehmen auf wenige Lieferanten angewiesen – oft aus China. Wie wir verhindern können, die fossilen Abhängigkeiten einfach durch neue zu ersetzen, haben wir mit hochrangigen Experten im Rahmen der Berliner Energietage diskutiert. Leonie Düngefeld hat mehr dazu für Sie.
Um schneller an sauberen Strom zu gelangen, schielt so mancher nach Afrika. Wind an der Küste, Sonne in der Sahara, breite Ströme im Kongo – knapp 40 Prozent des Potenzials erneuerbarer Energien liegt dort. Aber, schreibt Katja Scherer, nicht jede verlockend klingende Idee ist eine gute und ethisch vertretbare Idee.
Zum Showdown könnte es diese Woche in Sachen ETS 2 kommen. Peter Liese, Berichterstatter der ETS-Reform, fürchtet, den zuletzt stark in die Kritik geratenen zweiten Emissionshandel bald beerdigen zu müssen. Mehr dazu lesen Sie in den News.
Werfen wir noch einen Blick aufs Digitale. Auf den Handys des spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sanchez und der spanischen Verteidigungsministerin Margarita Robles wurde die umstrittene Spionagesoftware Pegasus gefunden. Wer hinter dem Angriff mit der Software des israelischen Herstellers NSO Group stecken könnte, ist bislang unklar.
Lithium, Magnesium, Seltene Erden: Europa ist bei wichtigen Rohstoffen für die Energiewende stark abhängig von Importen. Chinesische Unternehmen dominieren etwa viele Produktionsstufen von Fotovoltaikanlagen, auch wichtige Bestandteile von Windrädern oder Elektroautos bezieht die EU fast vollständig aus China.
Politik und Industrie sind sich einig: Das soll sich ändern. Europa muss resilienter sein als bisher, um globalen Schocks wie der Coronapandemie und dem Krieg in der Ukraine standzuhalten. Auch über die Lösungsansätze besteht zumindest im Grundsatz weitgehend Einigkeit. Die Importquellen von Rohmaterialien müssen vielfältiger werden, die heimische Förderung soll wieder gestärkt, Reserven für kritische Rohstoffe angelegt werden.
“Wir müssen zumindest in Teilen die Weiterverarbeitung von Rohstoffen wieder in Europa ermöglichen“, sagte Matthias Wachter, Abteilungsleiter für Rohstoffe beim BDI, gestern auf einer Veranstaltung von Europe.Table auf den Berliner Energietagen. Diese Prozesse sind energieintensiv und belasten die Umwelt – mit Importen aus anderen Ländern umging Europa diese Probleme in den vergangenen Jahren immer mehr. Sollen Unternehmen in Europa wieder verstärkt Rohstoffe produzieren, so müssten diese Kosten bedacht und die Rahmenbedingungen verändert werden, so Wachter. “Flächen werden oft so überplant, dass heimische Förderung gar nicht mehr möglich ist. Und politisch ist sie bisher nicht gewollt.”
Kerstin Jorna, Generaldirektorin für Binnenmarkt und Industrie in der Europäischen Kommission, fordert eine stärkere Beteiligung der Industrie. Die European Raw Materials Alliance (ERMA) versuche etwa, einen Business Case für Veredelung und Recycling Seltener Erden in Europa zu erstellen. “Im Moment kommt sie aber nicht voran, weil sich die Industrie sehr bedeckt hält”, sagte Jorna.
Solange nicht sicher sei, dass die Abnehmer Preise für nach europäischen Standards geförderte Rohstoffe zu zahlen bereit seien, hätten die Produzenten nicht die nötige Investitionssicherheit – und die Regierungen bräuchten sich nicht zu engagieren. “Es kann nicht sein, dass die Industrie die Absatzmöglichkeiten hat und das Versorgungsrisiko durch die Regierung abgedeckt wird”, so Jorna. “Wir müssen in beidem zusammenarbeiten.”
Matthias Wachter vom BDI hält dagegen: “Die Unternehmen sind bereit, höhere Preise zu zahlen, wenn damit eine langfristige Versorgungssicherheit sichergestellt ist – aber auch keine unendlich hohen Preise.” Das Problem sei, dass Hütten und Schmelzen in Europa deutlich höhere Energiepreise zahlen müssten als in anderen Ländern. Er brachte Sondertarife für die Versorgung dieser sehr energieintensiven Anlagen ins Spiel.
Jorna entgegnete, statt solcher Einzelmaßnahmen sei ein umfassender Ansatz geboten. Dazu gehörten Partnerschaften mit anderen Staaten. So sei die Kommission im Rahmen des Trade and Technology Council (TTC) mit den USA im Gespräch über eine strategische Zusammenarbeit in der Rohstoffpolitik.
Konkret gehe es um einen Informationsaustausch über neue Bergbauvorhaben, sagte Jorna. “So können wir auch zusammen ein Angebot machen, das besser ist als das schnelle Angebot aus China.” Die EU wolle im Planungs- und Erschließungsprozess, in der Ausbildung von Arbeitnehmer:innen vor Ort und im Technologietransfer mit Gleichgesinnten zusammenarbeiten. “Dafür müssen wir nun mit unseren Unternehmen sprechen, wie weit sie bereit sind, einzusteigen”, so Jorna. “Es geht nicht darum, alles in Europa zu machen. Aber wo wir können, sollten wir das tun.”
Henrike Hahn, Schattenberichterstatterin der Grünen/EFA zur europäischen Rohstoffstrategie, fordert eine akkurate Bedarfsberechnung für Rohstoffe. Laut einer Studie des Öko-Instituts seien für die grüne Transformation viel weniger Rohstoffe notwendig als angenommen, sagte sie bei der Veranstaltung. “Die Unternehmen kennen ihren Bedarf an Rohmaterialien wesentlich genauer als die Politik”, sagte Hahn. “Die Kommission muss professioneller werden, was die Kalkulation betrifft. Nur so können wir seitens der Politik ordentliche Strukturen schaffen.”
Für Erdgas und Erdöl garantieren strategische Reserven in der EU im Notfall zumindest einige Wochen lang die Energieversorgung. Würden jedoch die Importe etwa von Seltenen Erden aus China unterbrochen, dann gibt es keine Vorräte – mit unmittelbaren Folgen für die gesamte Wirtschaft. Der Europäische Rat schlug deshalb im März eine strategische Vorratshaltung vor. Laut Matthias Wachter vom BDI sollte diese allerdings nicht auf politischer Ebene erfolgen. “Wir schlagen eine Lagerhaltung auf Ebene der Unternehmen vor. Dazu müssen steuerliche Anreize gesetzt und die bilanzielle Benachteiligung von Lagerhaltung aufgelöst werden.”
09:00-11:00 Uhr
Agora Energiewende Ohne Strom keine Wärme
Die Energiewende ermöglicht die Dekarbonisierung des Gebäudesektors durch den mittelfristigen Ausstieg aus Erdgas bei gleichzeitiger Beendigung der strukturellen Importabhängigkeit Deutschlands von fossilen Brennstoffen. Wie der Transformationspfad aussehen kann, welche Rolle ein klimaneutrales Stromsystem dabei spielt und welche Maßnahmen jetzt schnellstmöglich umzusetzen sind, werden auf der Veranstaltung – auch im Lichte der aktuellen Entwicklungen – vorgestellt und diskutiert. Details
10:00-11:30 Uhr
GdW, BDEW Politische Steuerung und Planungssicherheit für Langfristinvestitionen der Energiewende
Wohngebäude und Energieinfrastrukturen weisen jahrzehntelange Investitionszyklen auf. Kurzfristige (Nach-)Steuerungsmöglichkeiten bestehen bei einmal getätigten Investitionen in der Regel nicht. Dementsprechend groß ist die Bedeutung optimierter Planungsprozesse, die wesentlich durch (klima-)politisch gesetzte Rahmenbedingungen determiniert werden. Details
13:00-15:00 Uhr
EWS, Bündnis Bürgerenergie Geteilter Strom, doppelter Gewinn | Potenziale von Energy Sharing für Bürger:innen, Kommunen und Wirtschaft
Das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung stellt Studienergebnisse zum Potenzial und zu den Wirkungen auf volkswirtschaftlicher sowie individueller Ebene vor. Anschließend erläutert der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz Oliver Krischer, wie die Bundesregierung dieses Potenzial von Energy Sharing nutzen möchte. Details
14:00-15:30 Uhr
BEE Strommarkt im Umbruch | Back-up-Strukturen, Strompreiszonen und Flexibilitäten
In der digitalen Paneldiskussion stehen folgende Aspekte im Zentrum: Was für Back-up-Strukturen braucht die moderne Energiewirtschaft? Welche Anforderungen ergeben sich aus Sicht der Übertragungsnetzbetreiber daraus für das Stromnetz? Und was bedeutet das für den Stromhandel und die Gestaltung von Strompreiszonen? Bei dem anschließenden Blick in die Praxis wird über Erneuerbares Gas und dessen Zukunft im System der Erneuerbaren, sowie über die Rolle der Kraft-Wärme-Kopplung in einem dezentralen Gesamtsystem gesprochen. Details
16:00-18:00 Uhr
VDI-GEU Wie schaffen wir den Einstieg in die Wasserstoffzukunft?
Wie wird der zukünftige Wasserstoffbedarf gewährleistet? Welche Maßnahmen sind dazu notwendig? Werden mit der Wasserstoffstrategie der alten Bundesregierung sowie den Zielen der Ampel-Koalition bereits alle notwendigen Handlungsfelder ausreichend abgedeckt oder bedarf es weiterer Maßnahmen? Welche Herausforderungen an die Infrastruktur ergeben sich? Diese Fragen werden im Laufe der Veranstaltung erörtert und entsprechende Handlungsempfehlungen diskutiert. Details
Kräftige Winde an den Küsten, unzählige Sonnenstunden in der Sahara. Blicken Energieexperten auf den afrikanischen Kontinent, sehen sie vor allem eines: riesiges Potenzial an ungenutztem grünem Strom. Afrika sei “eine Supermacht für erneuerbare Energie mit 39 Prozent des globalen Potenzials“, schrieb die britische Denkfabrik Carbon Tracker Anfang vergangenen Jahres. Eine Vision, die durch den Ukrainekrieg und die damit verbundene Energiekrise in Europa nun neuen Zuspruch bekommt.
Zwei Drittel des fossilen Erdgases, das die EU aus Russland bezieht, sollen noch in diesem Jahr ersetzt werden. So sieht es der REPowerEU-Plan der Europäischen Kommission vor. Bis 2030 sollen russisches Öl und Gas komplett überflüssig werden. Und das am besten durch grüne Alternativen, denn bis zum Jahr 2050 will die EU klimaneutral werden. Die Lösung für diese Herausforderung ist für einige Kommentatoren offensichtlich. “Der Einmarsch Russlands könnte eine afrikanische Energierenaissance einleiten”, schreibt zum Beispiel der südafrikanische Vordenker und Autor Jakkie Cilliers.
Cilliers ist der Gründer des Institute for Security Studies, einer Nichtregierungsorganisation in Pretoria, die sich in Afrika für die Friedenssicherung einsetzt. Konkret schlägt Cilliers einen Neuanlauf beim Projekt “Desertec” vor: Unternehmen sollten große Solaranlagen in Nordafrika aufbauen und den so gewonnenen Strom direkt nach Südeuropa transportieren, schreibt er. Dafür brauche es neue Unterseekabel zwischen Afrika und Europa – von denen einige aber schon in Planung seien. “Da Europa über das größte synchrone Stromnetz der Welt verfügt, ist es relativ einfach, zusätzliche Kapazitäten einzuspeisen und Wege zu finden, um Strom nach Norden zu transportieren.”
Darüber hinaus plädiert Cilliers dafür, ein weiteres hochumstrittenes Bauprojekt umzusetzen: einen gigantischen Staudamm am Kongo-Fluss. Dieser “Grand Inga”-Damm wird seit Jahren diskutiert. Bisher gibt es aber nicht genug Investoren dafür. Der Energieexport nach Europa würde das Projekt deutlich attraktiver machen, schreibt Cilliers. “Grand Inga wird sofort wirtschaftlich rentabel, wenn es seine enorme Stromproduktion nutzt, um Wasserstoff an der Quelle zu erzeugen und Eisenerz- und Bauxitvorkommen in Stahl umzuwandeln”, schreibt Cilliers. Die fertigen Produkte, grüner Wasserstoff und grüner Stahl, könnten dann auf dem Seeweg aus Afrika nach Europa verschifft werden.
Solarstrom aus dem Norden, Wasserkraft aus dem Westen von Afrika – und gelöst sind alle europäischen Energieprobleme? Das klingt verlockend. Bei genauerem Hinsehen sind Cilliers Lösungen aber alles andere als einfach umzusetzen, und vor allem auch gar nicht alle sinnvoll. Strom aus Nordafrika in großem Umfang nach Europa zu exportieren, halten die meisten Experten allein schon technisch für schwierig. “Strom über lange Strecken zu übertragen ist häufig mit hohen energetischen Verlusten verbunden”, sagt Günter Nooke, bis vor Kurzem der Afrika-Beauftragte von Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel. Plus: es fehlen sowohl in Afrika als auch in Europa die nötigen Leitungen dafür.
Vielversprechender ist es da, den grünen Strom aus Afrika zu nutzen, um in Afrika Wasserstoff herzustellen und diesen zu exportieren. So, wie es auch die Bundesregierung derzeit mit Nachdruck anstrebt. Wasserstoff kann russisches Öl und Gas zum Beispiel in der chemischen Industrie oder in der Düngerproduktion ersetzen und so in Deutschland für eine bessere Klimabilanz sorgen. Derzeit lässt die Bundesregierung vom Forschungszentrum Jülich einen sogenannten “H2Atlas” erstellen. Dieser soll aufzeigen, wo es überall in Afrika Potenziale für die Wasserstoffproduktion bzw. den -export gibt.
Auf den ersten Blick sehen die Ergebnisse dieses Atlas sehr gut aus. 33 Prozent der Landflächen in Westafrika eignen sich für Photovoltaik, 76 Prozent für Onshore-Windkraftanlagen. Das haben die Jülicher Experten schon herausgefunden. Der damit produzierte Wasserstoff wäre deutlich günstiger als eine Produktion in Deutschland. Für Rainer Baake, Leiter der Stiftung Klimaneutralität und früherer Energie-Staatssekretär, kommt auf dem afrikanischen Kontinent bisher vor allem Namibia als Partnerland in Frage. “Namibia ist ein demokratischer Staat mit stabilem Rechtswesen”, sagt er. “Das ist eine wichtige Voraussetzung, um private Investoren für den Aufbau einer Wasserstoffproduktion zu begeistern.”
Anderen Ländern dagegen stellt Baake ein schlechteres Zeugnis aus. Südafrika verfolgt zwar auch eine Wasserstoffstrategie und arbeitet an der Energiewende. Und auch Marokko hat in dieser Hinsicht ambitionierte Ziele. In all diesen Ländern seien die politischen Systeme aber deutlich instabiler als in Namibia, sagt Baake. “Da sollten wir uns nach der Erfahrung mit Russland schon fragen, wie stark wir unsere Energieversorgung von solchen Staaten abhängig machen.” Südamerikanische Partner wie Chile oder Uruguay seien attraktiver.
Dazu kommt, dass auch einzelne Energieprojekte auf dem afrikanischen Kontinent stark umstritten sind – zum Beispiel der Staudamm am Kongo-Fluss, den Jakkie Cilliers vorschlägt. Der Kongo wird schon jetzt für zwei kleinere Wasserkraftwerke genutzt: Inga I und Inga II. Geplant ist, die Energieversorgung mit Inga III weiter auszubauen. Und manche träumen sogar von “Grand Inga” als absoluten Giga-Damm. Der ehemalige Afrika-Beauftragte Günter Nooke hält zumindest die Pläne für Inga III für sinnvoll. Rund 11.000 Megawatt Energie soll dieser erzeugen, so viel wie acht Atomkraftwerke.
Für Nooke ist klar: Ob davon nur Europa oder auch die Menschen im Kongo profitieren werden, hängt vor allem von der Vertragsgestaltung ab. “Die Bauarbeiten zu Inga III können dem Kongo einen Industrialisierungsschub bescheren”, sagt er. Das schaffe Arbeitsplätze. Und die Einnahmen aus dem Stromexport könne das Land in seine eigene Energieversorgung investieren. Die Regierung in der Demokratischen Republik Kongo treibt die Pläne daher voran. Sie hat Ende vergangenen Jahres das australische Bergbauunternehmen Fortescue mit der Planung des Staudamms beauftragt.
Kritiker des Projekts verweisen dagegen darauf, dass sich die Weltbank aus gutem Grund aus der Finanzierung des Staudamms zurückgezogen habe. Im Kongo haben derzeit nur neun Prozent der Menschen Zugang zu Energie, sagt Franziska Müller, Professorin für Globalisierung an der Universität Hamburg. Und die Stromnetze, um den Strom aus Inga III im Land zu verteilen, fehlen. “Dort Energie für den Export nach Deutschland und Europa zu produzieren, halte ich unter ethischen Gesichtspunkten für schwierig.” Vor allem, da für den Bau des Staudamms zahlreiche Menschen umgesiedelt werden müssten und unberührte Natur zerstört werde.
Das Beispiel zeigt: Mal eben so in Afrika Energieanlagen aufbauen und grünen Wasserstoff herstellen, das funktioniert nicht. Zwar ist der Export von Wasserstoff eine große Chance für den Kontinent. Nicht alle Projekte, die theoretisch möglich sind, sind aber auch praktisch sinnvoll. Es bräuchte in vielen Ländern zudem stabilere rechtliche und politische Rahmenbedingungen. Nur dann kommen die privaten Investoren, die den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft möglich machen.
Außerdem sollten die westlichen Staaten einen Fehler aus der Vergangenheit nicht wiederholen, rät Müller. “Afrika ist kein großer leerer Raum, der beliebig genutzt werden kann”, sagt sie. Das sei eine kolonialistische Denkweise. EU und Bundesregierung sollten sich viel stärker die vorhandenen Energiestrategien afrikanischer Länder anschauen – und dann überlegen, wie sie diese sinnvoll ergänzen könnten. “Bisher geschieht das noch zu wenig”, findet Müller. Eine Partnerschaft auf Augenhöhe sieht anders aus. Katja Scherer
Katja Scherer ist Wirtschaftsjournalistin und betreibt den Blog Wirtschaft in Afrika. Als freie Journalistin arbeitet sie unter anderem für Die Zeit, NDR, DLF, WDR und t3n.
04.05.-06.05.2022, Leipzig/online
Germanwatch, Konferenz Weltweit Wissen 2022: Klimagerechtigkeit
Germanwatch bietet Inputs, Workshops, (Podiums-)diskussionen und Exkursionen an, um über verschiedene Aspekte der Klimagerechtigkeit zu diskutieren. INFOS & ANMELDUNG
04.05.2022 – 09:00-17:00 Uhr, online
Forum Institut, Konferenz Werbung für DiGAs
Das Seminar des Forum Instituts gibt einen Überblick über den rechtlichen Rahmen der Werbung für DiGAs und was Sie bei Werbung im Healthcare-Bereich beachten müssen. INFOS & ANMELDUNG
04.05.2022 – 13:30 Uhr, online
EBD, Seminar De-Briefing zum CoFoE-Plenum
Die Europäische Bewegung Deutschlands (EBD) stellt die Ergebnisse der Konferenz zur Zukunft Europas vor. INFOS & ANMELDUNG
04.05.2022 – 13:45-20:00 Uhr, Berlin
HBS, Konferenz Die Europäische Integration nach Corona und der Ukraine-Invasion
Die Hans-Böckler-Stiftung (HBS) stellt die Frage, was man aus der Erfahrung der vergangenen Jahre wie auch dem NextGenEU-Programm lernen kann und welche Reformschritte bei der Europäischen Economic Governance notwendig sind, dass der Euroraum den aktuellen und zukünftigen Herausforderungen gerecht werden kann. INFOS & ANMELDUNG
04.05.2022 – 14:00-15:30 Uhr, online
FSR, Discussion Regulating lock-in effects
The Florence School of Regulation (FSR) will discuss how the risks associated with carbon-lock-in can be avoided. INFOS & REGISTRATION
04.05.2022 – 14:00-15:30 Uhr, online
HBS, Diskussion Welche Rolle spielen öffentliches und privates Kapital bei der Finanzierung der Transformation?
Die Heinrich-Böll-Stiftung (HBS) geht der Frage nach, wie grüne Investitionen finanziert werden können. INFOS & ANMELDUNG
04.05.2022 – 19:00 Uhr, Hamburg
KS, Diskussion Let’s talk about Außenpolitik: Was bedeutet Zeitenwende?
Die Körber-Stiftung (KS) beschäftigt sich mit der Frage, welche Veränderungen die aktuelle geopolitische Zeitenwende für die deutsche und europäische Außen- und Sicherheitspolitik mit sich bringt. INFOS & ANMELDUNG
05.05.2022 – 09:00-15:00 Uhr, online
WIG Digital Health Conference
Das Wissenschaftliche Institut für Gesundheitsökonomie und Gesundheitssystemforschung (WIG) bietet Vorträge, Impulse und Diskussionen sowie Networking-Möglichkeiten rund um aktuelle Digital Health Themen. INFOS & ANMELDUNG
05.05.2022 – 09:00-12:00 Uhr, online
BVMW, Konferenz Chefsache Cybersicherheit: Gefahren erkennen, wirksam schützen
Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) präsentiert, wie Unternehmen sich vor den häufigsten Gefahren durch Cyberangriffe schützen können. INFOS & ANMELDUNG
05.05.2022 – 12:00-23:30 Uhr, Berlin
BFW Deutscher Immobilien Kongress 2022
Der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) verbindet die mittelständische Wohnungswirtschaft mit Akteuren aus Politik und Verwaltung. INFOS & ANMELDUNG
05.05.2022 – 15:00-17:00 Uhr, online
Mittelstand 4.0, Workshop KI im Gesundheitswesen – Aus- und Weiterbildungseinrichtungen in der Pflege
Der Mittelstand 4.0 beschäftigt sich mit den sozio-technischen Herausforderung bei der Einführung von KI in kleinen und mittleren Unternehmen. INFOS & ANMELDUNG
05.05.2022 – 15:00-16:00 Uhr, online
BGA, Seminar Vertragsrecht und Ukraine-Krise
Der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) setzt sich mit den Folgen des Ukraine-Kriegs und den Auswirkungen der in seiner Folge erlassenen Sanktionen auf die Lieferketten auseinander. INFOS & ANMELDUNG
05.05.2022 – 16:00-18:00 Uhr, online
IHK, Vortrag Förderangebote für Energieeffizienz und Eigenversorgung in Industrie und Handwerk
Die Industrie- und Handelskammer (IHK) stellt Fördermöglichkeiten für Industrie und Handwerk im Bereich Energiewende vor. INFOS & ANMELDUNG
05.05.2022 – 18:00 Uhr, online
HSS, Seminar Die NATO – Der Ukraine-Krieg zeigt die Bedeutung des Verteidigungsbündnisses für Europas Sicherheit
Die Hanns-Seidel-Stiftung (HSS) beschäftigt sich mit der Bedeutung der NATO für die westliche Welt. INFOS & ANMELDUNG
Die EU-Energieminister haben am Montag an einem Sondertreffen über die Lage nach dem russischen Gasstopp für Polen und Bulgarien beraten. Großes Thema am Rande war das sechste Sanktionspaket, das die EU-Kommission heute präsentieren soll. Denn jetzt soll es plötzlich schnell gehen: Er gehe davon aus, dass die EU-Kommission diesen Dienstag das sechste Sanktionspaket präsentieren werde, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck nach dem Sondertreffen mit den für Energie zuständigen Amtskolleginnen und Kollegen.
Habeck erwartet, dass der Ausstieg aus dem russischen Öl dabei ist. Es werde zwar noch diskutiert, wie hart das Embargo gestaltet werde. Öl werde aber auf der Liste sein. Die EU-Kommission will das sechste Sanktionspaket heute an ihrer Sitzung in Straßburg beschließen. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen dürfte ein Ergebnis am Nachmittag oder spätestens am Mittwoch präsentieren. Es werde dann noch ein paar Tage für die Beratungen der Mitgliedstaaten brauchen, sagte Robert Habeck. Ob das noch vor dem Wochenende klappe, wisse er nicht. Offen war bis zuletzt, wie ein Veto der ungarischen Regierung verhindert werden könnte. Im Gespräch sind lange Übergangsfristen oder Ausnahmeklauseln für Länder wie Ungarn und die Slowakei, die besonders stark von russischem Öl abhängig sind.
Ähnlich wie beim Kohleembargo dürfte es eine Übergangsfrist von drei bis vier Monaten geben, um bestehende Verträge abzuwickeln. Möglicherweise sind in einem ersten Schritt auch nur gewisse Produktgruppen und Transportwege vom Embargo betroffen. Der Ausstieg bei Benzin und Diesel könnte schneller erfolgen, während beim Rohöl das Jahresende im Gespräch war. Unter ein Verbot könnte zudem die Anlieferung per Schiff fallen. Deutschland bezieht ein Drittel des russischen Öls per Schiff, während zwei Drittel über die Druschba-Pipeline in die Raffinerien in Leuna in Sachsen-Anhalt und Schwedt an der Oder in Brandenburg gelangt. Deutschland könne ein Öl-Embargo inzwischen tragen, bekräftigte Habeck. Seit Beginn des Ukraine-Krieges sei der Anteil russischen Öls am deutschen Ölverbrauch von 35 Prozent auf zwölf Prozent gesunken. Andere Länder seien aber noch nicht so weit.
Hauptthema und Anlass für das Sondertreffen war allerdings die Lage nach dem russischen Gasstopp gegen Polen und Bulgarien. Die französische Energieministerin und derzeitige Ratsvorsitzende Barbara Pompili unterstrich nach dem Treffen die starke Solidarität unter den Mitgliedstaaten. Die Vertreter Polens und Bulgariens hätten betont, dass kurzfristig keine Gefahr für die Versorgung bestehe. Bulgarien bekomme Gas aus Griechenland und Polen aus Deutschland. Es bestehe kein direktes Risiko für die Energiesicherheit in Europa, sagte auch EU-Energiekommissarin Kadri Simson. Die Speicher seien zu mehr als 32 Prozent gefüllt. Es könnte jetzt aber jeden Mitgliedstaat treffen. Vladimir Putin versuche, die EU zu spalten. Man müsse sich für mögliche Versorgungsunterbrechungen wappnen.
Auch Robert Habeck betonte mit Blick auf den Gasstopp gegen Bulgarien und Polen den hohen Grad an Geschlossenheit, Kooperation und Solidarität. Der Bundeswirtschaftsminister sprach von einem Qualitätssprung: “Man liest keine Statements vor, sondern bezieht sich in der Diskussion aufeinander”. Jedes Land handle nicht nur für sich, sondern für alle anderen. Deutschland ziehe bei den LNG-Terminals Kapazitäten in kurzer Zeit hoch, fülle die Gasspeicher. Deutschland habe vier schwimmende LNG-Terminals angemietet, wovon zwei Ende des Jahres den Betrieb aufnehmen könnten. Die Gasspeicher vollzubekommen sei nicht nur aus nationalstaatlicher Sicht eine Rückversicherung, sondern für die ganze EU. Der Schritt weg von russischer Energie werde zudem als Schritt weg von fossiler Energie generell verstanden. Das sei neu. sti
Obwohl angesichts des russischen Angriffskrieges in der Ukraine aktuell vermehrt auf LNG als Alternative zu russischem Gas gesetzt wird, halten die Vertreter verschiedener Thinktanks und Verbände Flüssiggas maximal für eine Teillösung. Casimir Lorenz, Ökonom bei Aurora Energy Research, stellte bei den Berliner Energietagen klar, dass die geplanten LNG-Kapazitäten in Deutschland nicht ausreichen, um kurzfristig russisches Gas zu ersetzen. Auch global seien von der Gesamtproduktionskapazität von 500 bcm nur etwa 120 bcm frei. Dies reiche nicht aus. Abschaltungen der Industrie wären die Folge eines Gasembargos.
Sommer 2024 hält Lorenz für den frühestmöglichen Zeitpunkt, um komplett unabhängig von Energielieferungen aus Russland zu sein. In der Zwischenzeit könnten Kohlekraftwerke bei der Stromproduktion helfen, den Gasverbrauch zu reduzieren, beziehungsweise die frei werdenden Kapazitäten für die Industrie zu sichern. Den Kohleausstieg 2030 würde dies nicht in Gefahr bringen, so Lorenz, da 2026 ohnehin mehr LNG zur Verfügung stünde und die Kohlekraftwerke wie geplant heruntergefahren werden könnten.
Im Zentrum der Versorgungssicherheit sollten allerdings erneuerbare Energien stehen, betont Tilman Schwencke, Leiter Politik und Strategie beim Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Die Ziele seien vor und nach dem Kriegsbeginn die gleichen: Ausbau der Erneuerbaren, Erhöhung der Effizienz und Renovierung bei Gebäuden. Geändert habe sich nur die Geschwindigkeit, mit der dies passieren muss sowie die Substituierung russischer Energielieferungen und Diversifizierung der Lieferanten.
Zu hohe Abhängigkeiten von LNG sieht er kritisch. Man sei auch nicht ganz blöd gewesen, auf russisches Erdgas zu setzen, weil LNG schmutziger und teurer sei. Zudem nehme man in den kommenden Jahren anderen Ländern LNG weg, da Qatar und die Vereinigten Arabischen Emirate beispielsweise vor 2024 ihre Produktionsmengen nicht erheblich erhöhen könnten.
Für die Zukunft der europäischen Energieversorgung mahnt Georg Zachmann vom Brüsseler Thinktank Bruegel, dass jedes einzelne Element ersetzbar sein müsse. Das bedeutet, dass zur Energieversorgung keine neuen Abhängigkeiten geschaffen werden würden. Die Erneuerbaren sieht er dabei ebenfalls in der geeignetsten Position.
Kurzfristig muss man Russland laut Zachmann dringend klarmachen, dass man nicht abhängig von ihren Energielieferungen sei. Wie genau, ließ er offen. Auch im Hinblick auf mögliche Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine sei es “politisch ein absoluter Imperativ”, sodass man der Ukraine zur Seite stünde, statt ihnen in den Rücken zu fallen. Um die Folgen für die Industrie abzufedern, fordert Zachmann “europäische Lösungen”. Deutschland könne nicht seine eigene Industrie mit subventionierter Energie versorgen, während man die Speicher der Nachbarländer leer saugt, so der Energieexperte. luk
Europäische Schlüsselindustrien werden nach Experteneinschätzung erst nach 2030 in ausreichendem Umfang mit Wasserstoff und seinen Derivaten versorgt werden können. Schon eine gesicherte Belieferung der deutschen Stahlindustrie werde bis 2030 auch durch Importe voraussichtlich nicht sichergestellt werden können, sagte Maike Schmidt vom Zentrum für Sonnenergie- und Wasserstoffforschung Baden-Württemberg (ZSW) am Montag bei den Berliner Energietagen. “Ich glaube eher, dass kleinere Wasserstoffanwendungen im Inland wachsen werden”, sagte die Wissenschaftlerin.
Um den Wasserstoffbedarf aller Sektoren in Deutschland bis 2030 zu decken, sind nach einer Metaanalyse der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech) 50 bis 250 Terrawattstunden (TWh) Wasserstoff nötig. Dafür würden Elektrolyseure mit 17 bis 90 Gigawatt (GW) benötigt. Bis Mitte der 2030er-Jahre seien allerdings in Deutschland bisher nur Erzeugungsanlagen mit 4 GW angekündigt, sagte Acatech-Wissenschaftlerin Andrea Lübcke. Die Bundesregierung verfolgt für 2030 das Ziel von 10 GW Elektrolyseleistung.
Selbst wenn es ausreichend Erzeugungskapazitäten geben sollte, ist die Verteilung innerhalb Europas über Schiffe, Lkw oder Leitungen eine weitere ungelöste Aufgabe. “Damit es nicht zu einer Abkopplung einzelner Regionen kommt, ist eine Herausforderung, eine gleichzeitige Entwicklung in Europa hinzubekommen”, sagte Kirsten Westphal, Vorstand des Importprojekts H2Global der Bundesregierung und Mitglied im Nationalen Wasserstoffrat.
Um die Technologieentwicklung zu beschleunigen, rieten mehrere Experten von zu strengen Nachhaltigkeitsanforderungen ab. Eine erste Phase mit niedrigeren Anforderungen und einer schrittweisen Verschärfung sei ein diskussionswürdiger Ansatz, sagte Schmidt. Japan und Südkorea würden bei der Beschaffung keine strengen Anforderungen an die Nachhaltigkeit der Wasserstofferzeugung stellen, berichtete Christoph Stemmler von acatech.
Eine wichtige technische Begrenzung ist beispielsweise die kontinuierliche Auslastung von Elektrolyseuren und Syntheseanlagen zur Herstellung von Wasserstoff und seinen Derivaten. Allein mit fluktuierenden erneuerbaren Energien lässt sie sich kaum gewährleisten. Würde man für Versorgungslücken weiteren grünen Wasserstoff zur Rückverstromung vorhalten, müssten Schmidt zufolge deutlich größere Elektrolyseleistungen und sehr große Wasserstoffspeicher an den Erzeugungsstandorten eingeplant werden. Bei den derzeitigen Kosten sei dies aber unwirtschaftlich. ber
Diese Woche dürfte eine ganz entscheidende auf dem Weg zu einem überarbeiteten europäischen Emissionshandel (ETS) werden. Berichterstatter Peter Liese (EVP, DE) und die Schattenberichterstatter führen gleich mehrere Verhandlungsrunden durch. Heute (Dienstag) gibt es unter anderem ein gemeinsames Treffen der Verhandlungsgruppen zu den beiden Fit-for-55-Dossiers ETS und CBAM. Dort wird die Dauer der Einführungsphase des Grenzausgleichsmechanismus und die Reduzierung der kostenlosen CO2-Zertifikate für die Industrie das entscheidende Thema sein.
Am Donnerstag kommt es dann womöglich zum Showdown bei einem “Open-End-Meeting”. Gut möglich, dass Liese und die Schattenberichterstatter:innen bis in die späten Abendstunden über Kompromisse zum bislang noch schwierigsten Punkt der Verhandlungen diskutieren werden. Die Einführung eines zweiten europäischen Emissionshandels für den Straßenverkehr und das Heizen von Gebäuden (ETS 2) bereitet den Verhandlern weiterhin die größten Kopfschmerzen.
Berichterstatter Liese fürchtet um den ETS 2 als Ganzes, da dieser zunehmend in der Kritik steht, die Bürger:innen zu stark zu belasten. Auch nach seinen vorgeschlagenen Kompromissen bleibt die Skepsis erhalten. Grünen-Schattenberichterstatter Michael Bloss sieht die Kompromisse zwar positiv, ob der ETS 2 dadurch angenommen werden wird, das wisse er noch nicht. Die Stimmung innerhalb der Verhandlungsgruppe sei “gereizt”, berichtete Bloss am Montag.
Aus Kreisen des Bundeswirtschaftsministeriums heißt es weiterhin, man unterstütze die Einführung des ETS 2, sofern es einen sozialen Ausgleich in Form des Klima-Sozialfonds gebe. Damit scheint die Gegenwehr der europäischen Grünen gegen den ETS 2 größer zu sein als die des von den Grünen geführten BMWK. luk
Deutschland und Indien wollen trotz Differenzen über den Ukraine-Krieg enger kooperieren. Kanzler Olaf Scholz und Indiens Ministerpräsident Narendra Modi kündigten am Montag bei einem gemeinsamen Auftritt in Berlin eine vertiefte Partnerschaft an. Scholz sagte, die Bundesregierung werde für die Zusammenarbeit beim Klimaschutz oder bei erneuerbaren Energien zehn Milliarden Euro bis 2030 zur Verfügung stellen. In einer gemeinsamen Erklärung wird die geplante Zusammenarbeit beschrieben.
Unter anderem dringen Deutschland und Indien auf einen Sitz im UN-Sicherheitsrat. Beide Regierungschefs bemühten sich, Gemeinsamkeiten herauszustellen. Differenzen gibt es etwa beim Ukraine-Krieg. Modi warnte, dass dieser keine Gewinner, sondern nur Verlierer bringen werde. Besonders Entwicklungsländer würden unter Preissteigerungen und Lieferengpässen leiden.
Beide Regierungen unterzeichneten eine Reihe von Absichtserklärungen. Indien möchte vor dem Hintergrund der sogenannten “Bonn Challenge” bis 2030 rund 26 Millionen Hektar Wald wiederherstellen und seinen Waldflächenanteil von 21 auf 33 Prozent steigern.
Außerdem unterzeichneten Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und der indische Energieminister R.K. Singh eine Absichtserklärung zur Deutsch-Indischen Wasserstoffkooperation. Dafür soll eine Taskforce, das sogenannte Indo-German Energy Forum, eingerichtet werden. Zudem planen beide Länder Abkommen über den Austausch geheimer Informationen sowie verschlüsselte Verbindungen zwischen den Außenministerien beider Staaten. Die nächsten Regierungskonsultationen sollen 2024 in Indien stattfinden. rtr
In Finnland hat ein Firmenkonsortium ein Projekt zum Bau eines Atomkraftwerks mit Russland gestoppt. Die Unternehmensgruppe Fennovoima erklärte am Montag, den Vertrag mit dem russischen Staatskonzern Rosatom für die Erstellung der Anlage in Zentral-Finnland aufgekündigt zu haben. Als Grund nannte Fennovoima Verzögerungen und wachsende Risiken durch den Krieg in der Ukraine.
Seit dem russischen Einmarsch in der Ukraine hatte der finnische Wirtschaftsminister Mika Lintilä eine endgültige Genehmigung des AKW-Projekts wiederholt ausgeschlossen (Europe.Table berichtete). Lintilä begrüßte die Entscheidung des Konsortiums. Das traditionell neutrale Finnland erwägt seit Kurzem angesichts des Vorgehens Russlands in der Ukraine eine Mitgliedschaft in der Nato.
An dem Konsortium hält die Uniper-Mutter Fortum zusammen mit dem finnischen Stahlkocher Outokumpu und dem schwedischen Unternehmen SSAB zwei Drittel der Anteile, der russische Rosatom-Konzern über die Firma RAOS Voima den Rest. Was mit dieser Beteiligung nun geschieht, sei derzeit noch unklar, sagte Fennovoima-Verwaltungsratschef Esa Härmälä.
Auch sei es noch zu früh für Überlegungen, ob sich das Konsortium einen anderen Partner zum Bau der Anlage suchen könnte. Die Unternehmensgruppe habe bisher 600 bis 700 Millionen Euro für das Projekt ausgegeben. Die Gesamtkosten für die Anlage waren mit 7,5 Milliarden Euro beziffert worden. Zu Abschreibungen, die auf Fennovoima-Eigner zukommen könnten, wollte sich Härmälä nicht äußern.
Das Atomkraftwerk soll auf der Halbinsel Hanhikivi in Finnland gebaut werden. Die Frist für die endgültige Baugenehmigung lief bis Ende 2022. Wirtschaftsminister Lintilä erklärte am Montag, die Entscheidung von Fennovoima sei eindeutig. “Es wäre praktisch unmöglich gewesen, das Projekt fortzusetzen.” Der Krieg in der Ukraine habe die Risiken für das Projekt verschärft. “RAOS konnte keines dieser Risiken abmildern.” Einzelheiten wurden nicht genannt.
Finnland trennt eine 1300 Kilometer lange Grenze von Russland, das den Krieg in seinem anderen Nachbarland als “Spezialoperation” bezeichnet. Das Konsortiumsmitglied Fortum ist die Muttergesellschaft des deutschen Energiekonzerns Uniper, der seinerseits größter ausländischer Kunde des russischen Gaskonzerns Gazprom ist. Uniper hat im ersten Quartal einen Milliardenverlust eingefahren, der auf Abschreibungen im Zusammenhang mit der vorerst gescheiterten Gaspipeline Nord Stream 2 und der russischen Tochter Unipro zurückgeführt wurde.
Bei Rosatom war am Montag zunächst keine Stellungnahme zu der Entwicklung zu bekommen, die finnische Tochter RAOS wollte sich nicht äußern. rtr
Verstöße gegen die Sanktionspakete der EU als Reaktion auf den Krieg Russlands in der Ukraine sollen nach dem Willen der Bundesregierung wirksamer geahndet werden. Wie das Wirtschaftsministerium mitteilte, gelten mit der am Montag in Kraft getreten Novelle der Außenwirtschaftsverordnung auch neue Bußgeldvorschriften für den Finanzsektor. Wer etwa verbotene Einlagen- oder Börsengeschäfte für russische Personen tätige, könne mit einer Geldbuße von bis zu 500.000 Euro belegt werden. Verstöße gegen “klassische” Sanktionsvorschriften wie Ein- und Ausfuhrverbote oder gegen das “Einfrieren” finanzieller Vermögenswerte stellen den Angaben zufolge Straftaten dar und können wie bisher mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren bestraft werden. dpa
Auf dem Handy des spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sanchez ist Regierungsangaben zufolge die Spähsoftware Pegasus des israelischen Herstellers NSO Group gefunden worden. Das Telefon sei im Mai 2021 infiziert worden, und es habe damals mindestens einen Fall von Daten-Diebstahl gegeben, sagte Präsidentschaftsminister Felix Bolanos am Montag auf einer Pressekonferenz. Das Programm wurde demnach auch auf dem Handy von Verteidigungsministerin Margarita Robles gefunden. Bolanos äußerte sich nicht dazu, wer nach Einschätzung der Regierung hinter dem Spähangriff stecken könnte. Die linke Minderheitsregierung von Sanchez steht derzeit selbst im Zusammenhang mit “Pegasus” politisch unter Druck.
Mehr als 60 Personen im Umfeld der katalanischen Separatistenbewegung sollen laut dem in Kanada ansässigen Forschungsinstitut Citizen Lab mit der Software ausspioniert worden sein (Europe.Table berichtete). Die katalanische Partei ERC, die für eine Unabhängigkeit der Region eintritt und in Madrid Sanchez’ Regierung stützt, fordert vom Ministerpräsidenten nun Aufklärung. Die ERC erklärte, sie werde die Regierung so lange bei Abstimmungen nicht unterstützen, bis das Vertrauen wieder hergestellt sei.
Die “Pegasus”-Software ist nach Angaben des israelischen Herstellers NSO allein für den Einsatz von Geheimdiensten und der Polizei im Kampf gegen Terrorismus und Kriminalität gedacht. Doch immer wieder gibt es Vorwürfe, das Spionage-Programm werde von Regierungen dazu genutzt, um Politiker, Menschenrechtler und Journalisten auszuspähen (Europe.Table berichtete). Auch EU-Justizkommissar Didier Reynders und Mitarbeiter der EU-Kommission wurden Opfer von Ausspähangriffen (Europe.Table berichtete). Das Europäische Parlament hat einen Sonderausschuss zum Einsatz von Pegasus und ähnlicher Software eingesetzt (Europe.Table berichtete). Der Europäische Datenschutzbeauftragte hat sich für ein Verbot von “Pegasus” und vergleichbarer Software eingesetzt. rtr
Apple droht in der Europäischen Union eine hohe Kartellstrafe. Am Montag übersandte die EU-Kommission an den US-Konzern eine Liste mit Beschwerdepunkten wegen des Bezahldienstes Apple Pay.
“Uns liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass Apple den Zugang Dritter zu Schlüsseltechnologien beschränkt hat, die für die Entwicklung konkurrierender mobiler Geldbörsen für Apple-Geräte benötigt werden”, teilte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager mit. “In unserer Mitteilung der Beschwerdepunkte stellen wir vorläufig fest, dass Apple den Wettbewerb zugunsten seiner eigenen Lösung Apple Pay beschränkt haben könnte.”
Apple teilte mit, weiterhin mit der EU-Kommission zusammenarbeiten zu wollen. Bisher hat die Firma ihr Bezahlsystem, bei dem in der digitalen Apple-Wallet hinterlegte Bezahlmöglichkeiten per Nahfunktechnologie NFC mit Point-of-Sale-Systemen interagieren, nicht für Drittanbieter zugänglich gemacht. Apple Pay wird derzeit von über 2.500 Banken und über 250 Fintech-Unternehmen genutzt.
Die Mitteilung der Beschwerdepunkte ist ein förmlicher Bestandteil von Untersuchungen der Kommission im Falle mutmaßlicher Verstöße gegen Kartellvorschriften. Sollte Apple für schuldig befunden werden, könnte der US-Konzern dazu gezwungen werden, sein System zu öffnen. Zudem droht dann eine hohe Kartellstrafe.
Auch der erst kürzlich von den Verhandlern geeinte Digital Markets Act (DMA) dürfte den Druck auf Apple weiter erhöhen, sein weitgehend geschlossenes Ökosystem in Europa weiter zu öffnen. Für das jetzige Apple Pay-Verfahren ist der DMA noch nicht relevant: Dieser muss erst noch vom Europaparlament abgesegnet werden, anschließend tritt eine sechsmonatige Übergangsfrist in Kraft. Im Wiederholungsfall allerdings könnten mit ihm die Strafen für Apple noch einmal empfindlich höher ausfallen.
Die Alphabet-Tochter Google hat derweil beim zweithöchsten Gericht der Europäischen Union, dem Europäischen Gericht, beantragt, eine 2019 von der EU-Kommission verhängte Kartellstrafe in Höhe von 1,49 Milliarden Euro aufzuheben. Einige Annahmen der EU-Kommission seien falsch, teilte Google zu Beginn der dreitägigen Anhörung vor dem Gericht der Europäischen Union in Luxemburg mit. Die EU-Kommission hatte die Strafe damit begründet, dass der US-Technologiekonzern mit dem Dienst Adsense seine marktbeherrschende Stellung in der Onlinewerbung missbraucht. Es war einer von drei Fällen, die insgesamt zu Geldbußen von mehr als acht Milliarden Euro führten. fst/rtr
Tech-Giganten wie Google, Meta und Netflix müssen möglicherweise einen Teil der Kosten für das europäische Telekommunikationsnetz tragen, sagte die für Digitales zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager am Montag nach Beschwerden von EU-Telekommunikationsbetreibern.
“Die Frage des fairen Beitrags zu den Telekommunikationsnetzen müssen wir mit viel Aufmerksamkeit betrachten”, sagte Vestager auf einer Pressekonferenz. “Es gibt Akteure, die viel Datenverkehr verursachen, der dann ihr Hauptgeschäft ermöglicht, die aber nicht wirklich dazu beitragen, die Investitionen in den Ausbau der Konnektivität zu fördern”, sagte sie.
“Wir wollen ein tiefergehendes Verständnis dafür entwickeln, wie das möglich sein kann”, sagte Vestager. Sie fügte hinzu, dass man derzeit untersuche, wie sich der Datenverkehr im Laufe der Zeit entwickle und wie dies mit der COVID-19-Pandemie zusammenhänge. Laut einer Studie, die am Montag von der Telekom-Lobbygruppe ETNO veröffentlicht wurde, entfielen auf Meta, Alphabet, Apple, Amazon, Microsoft und Netflix im vergangenen Jahr über 56 Prozent des gesamten weltweiten Datenverkehrs.
Laut der Studie könnte ein jährlicher Beitrag von 20 Milliarden Euro zu den Netzwerkkosten durch die Tech-Giganten der EU-Wirtschaft einen 72-Milliarden-Euro-Schub geben. Zu den Mitgliedern von ETNO gehören die Deutsche Telekom und Orange.
Margrethe Vestager wies jedoch die Forderungen der Telekommunikationsbranche nach einer Lockerung der EU-Fusionsvorschriften zurück, um eine stärkere Konsolidierung zu ermöglichen. “Das Problem ist, dass die Argumente, die wir hören, wie zum Beispiel der Bedarf an Größe, um zu investieren, nicht neu sind”, sagte sie. rtr
Der Krieg in der Ukraine und die Folgen für die deutsche Industrie halten Carsten Rolle seit Wochen auf Trab. Als Leiter der Abteilung für Energie und Rohstoffe beim BDI ist es vor allem die Abhängigkeit von russischem Gas, die Carsten Rolle beschäftigt. Sowohl die Wirtschaftssanktionen als auch der Konflikt selbst würden der deutschen Industrie schaden, sagt er. Rolle ist überzeugt: “Es gibt kein Szenario, in dem die Industrie nicht unter dem Konflikt zu leiden hätte.” Sollte der Gashahn – ob von russischer oder deutscher Seite – zugedreht werden, sei bis dato noch unklar, wie diese Lücke innerhalb der nächsten drei bis vier Jahre zu füllen wäre. Damit wolle er nicht die Notwendigkeit von Sanktionen infrage stellen. Doch wie auch immer das russische Erdgas kompensiert werden soll: “Es wird schmerzhaft, teuer und schwieriger als zuvor.”
Carsten Rolle ist promovierter Volkswirt. Dass er an der Schnittstelle zwischen Politik und Wirtschaft arbeiten will, war für ihn schon während des Studiums klar. Der Fokus auf Energie- und Klimathemen kam erst später. “Während meines Studiums haben mich vor allem Fragen an der Schnittstelle von ökonomischer Rationalität und politischer Realität interessiert”, erinnert er sich.
Heute ist Carsten Rolle nicht nur Abteilungsleiter im BDI, sondern seit 2005 auch Geschäftsführer des Weltenergierats, also der deutschen Sektion im World Energy Council. In diesen beiden Rollen sitzt Rolle an vorderster Front der deutschen Wirtschaftstransformation. Als eine der großen Gefahren dieser Transformation sieht er Carbon Leakage, also die Verlagerung von vor allem emissionsintensiver Produktion in Länder mit weniger stringenten Klimaschutzvorgaben als in der EU. Das könne man heute schon sehen, sagt Rolle. Es sei nicht unbedingt die Fabrikpforte, die mit lautem Knall zufällt. Doch der Kapitalstock sei in diesen Industriebranchen erkennbar geschrumpft.
Dieses Problem wird auch in der EU heiß diskutiert. Bisher waren es vor allem freie CO2-Zertifikate, die dem Abwandern von Produktion entgegenwirken sollten. Das neue Instrumentarium ist der CO2-Grenzausgleichsmechanismus CBAM. Er geht nächstes Jahr in die Probephase und soll ab 2026 Stück für Stück die freien CO2-Zertifikate ersetzen. Von vielen Seiten gab es bereits Kritik an dem Konzept. Auch der BDI ist nicht überzeugt. Die genaue Umsetzung sei an vielen Stellen unklar, sagt Rolle (Europe.Table berichtete). “Das ist ein völlig neues und unerprobtes Instrument.” Außerdem erwarte er, dass andere Länder die Besteuerung ihrer Exporte in die EU nicht einfach hinnehmen werden. Es sei zu befürchten, dass Handelskonflikte entstehen.
Dass die Rolle des Staates im Hinblick auf den Klimaschutz in verschiedenen Ländern sehr unterschiedlich bewertet wird, hat Rolle im World Energy Council erlebt: “Eine CO2-Steuer wird von großen Teilen der Bevölkerung einiger Länder, etwa den USA, wirklich als Diebstahl angesehen.” Es sei wichtig, dass man gemeinsame Strategien finde, die international funktionierten und akzeptiert würden. Verschiedene politische und kulturelle Hintergründe miteinzubeziehen und nachzuvollziehen, sei herausfordernd, aber auch spannend. Wie schwierig das manchmal ist, sehe man auch in der EU.
An seine Zeit als Mitglied im European Student’s Forum hat Rolle positive Erinnerungen. Es habe ihm unheimlich viel Spaß gemacht, Sprachkurse und kulturelle Veranstaltungen mitzuorganisieren. “Die europäische Integration, gerade die Osterweiterung, hatte damals einen so positiven Spin.” Wenn er heute auf Polen oder Ungarn schaut, habe er das Gefühl, dass man sich von einem vereinten Europa wieder ein Stück wegbewege. Wie der Krieg in der Ukraine Europa beeinflusst, werde sich noch zeigen. “Wenn dieser schreckliche Krieg irgendeinen positiven Effekt hat, dann vielleicht, dass er wieder zu mehr Zusammenhalt in Europa führt.” David Zauner