die Energiepreise sorgen weiter für Diskussionen, und eine strategische, europäische Gasbeschaffung mitsamt Speicherkapazitäten gehört zu den denkbaren Optionen. Das könnte Wladimir Putins Macht eindämmen. Doch derartige Markteingriffe sind umstritten. Lukas Scheid und Timo Landenberger analysieren die Argumente – und suchen gemeinsame europäische Interessen.
Deutschland hat noch keine abgeschlossene Position zur KI-Verordnung. Der Rat der Telekommunikationsminister hatte zum Kommissionsvorschlag dennoch einiges zu sagen, und das hat für Sie Jasmin Kohl aufgeschrieben.
Das Nordirland-Protokoll bleibt der aktuelle Zankapfel zwischen EU und Vereinigtem Königreich. Während Maroš Šefčovič sich kompromissbereit gibt, wachsen die Zweifel an der Vertragstreue Boris Johnsons weiter. Wie groß das Risiko ist, dass sich aus den Scharmützeln der vergangenen Wochen noch ein veritabler Handelskrieg entwickelt, analysiert Eric Bonse. Ein solcher würde dann ziemlich sicher nicht nur mit Symbolik wie dem Kampf um Wurstwaren, sondern auch im Digital- und Energiefeld ausgetragen.
Heute sollen in Berlin die Sondierungen mit einem Papier zu Ende gehen, das die Grundlage für Koalitionsverhandlungen werden soll. Über das sollen dann die Bundesvorstände von Liberalen und Sozialdemokraten sowie am Sonntag ein Grünen-Länderrat (Antrag dann hier) entscheiden – bei Vorliegen des Papiers wäre die Marschroute klar: Koalitionsverhandlungen, und das möglichst bald. Gehen diese ebenso schnell voran wie die Sondierungen, könnte der Europäische Rat in Brüssel kommende Woche schon der letzte der Bundeskanzlerin sein, die nun in Spanien vor Fliehkräften in der EU warnte.
Den Klimawandel ganz in den Mittelpunkt zu stellen und eine ambitionierte Reformagenda auf den Weg zu bringen, das fordert ein viele Kontrahenten vereinendes Bündnis von den Koalitionären in spe. Deren Forderungen und Vorstellungen sind der bislang interessanteste Ruf in die bisherigen Sondiererkreise. Wir erklären, was gefordert wird – und wer dabei mitmacht.
“Wir müssen uns gegen die russische Erpressung wehren, indem wir mit der gemeinsamen Beschaffung von Gas beginnen”, twitterte EVP-Fraktionschef Manfred Weber vergangene Woche. Webers Forderung nach kollektiven Gaseinkäufen durch die EU-Staaten ist geopolitischer Natur. Der Verdacht: Russland und dessen staatlicher Energiekonzern Gazprom manipulieren den Gaspreis durch künstliche Verknappung. Durch den gemeinsamen Ankauf und die Lagerung von Gasreserven, so argumentiert Weber, würde die EU energieunabhängiger.
Die Logiklücke ist allerdings schnell offensichtlich. Das Gas, welches die EU-Staaten beziehen würden, käme womöglich zu gleichen Anteilen aus Russland. Zwar wären die EU-Gasreserven besser vor unerwarteten Preissprüngen geschützt, doch von Unabhängigkeit kann noch nicht die Rede sein.
Aus EU-Kommissionskreisen heißt es, dass Gazprom seine Verträge ordnungsgemäß erfüllt und lediglich keine zusätzlichen Lieferungen als Reaktion auf die erhöhte Nachfrage angeboten habe. Dafür könne es zwar objektive, sachliche Erklärungen geben. Dennoch könne unter Marktbedingungen von einem Anbieter wie Gazprom erwartet werden, dass er sein Angebot erhöht.
Nichtsdestotrotz kam die EU-Kommission bei der Präsentation ihrer Toolbox (Europe.Table berichtete) zu einem anderen Schluss als Weber: Gemeinsame Gasankäufe und deren Lagerung könnten möglicherweise davor schützen, dass einkommensschwache Haushalte besser vor Energiearmut geschützt werden. Daher wolle sie den “potenziellen Nutzen von freiwilliger gemeinsamer Beschaffung von Gasvorräten untersuchen”.
Der “potenzielle Nutzen” gemeinsamer Gasreserven liegt für die Kommission also nicht in einer geostrategischen Überlegung, sondern in einer rein versorgungstechnischen. Die Abhängigkeit von Gaslieferungen aus Drittstaaten gelinge nur durch den schnelleren Ausbau der Erneuerbaren, um die “Anfälligkeit gegenüber Importen von Gas und anderen fossilen Energieträgern zu verringern”, so die Kommission.
Doch schon jetzt ist die Skepsis groß, dass eine derartige Reform des europäischen Energiemarkts das bewirkt, was man sich von ihr erhofft. Beispielsweise sei unklar, wer als Kunde auf einer solchen Plattform auftreten würde, wie eine faire Preisbildung funktionieren soll oder wie Verzerrungen des Marktes und der Wettbewerbsfähigkeit ausgeschlossen werden können, sagt Jens Geier, Vorsitzender und industriepolitischer Sprecher der Europa-SPD. “Auf Fragen wie diese muss die Kommission Antworten geben.”
Für Markus Pieper, industriepolitischer Sprecher der CDU/CSU im EU-Parlament, sind die gestiegenen Energiepreise ohnehin eher auf die hohen Abgaben und Energiesteuern in den EU-Staaten zurückzuführen statt auf strukturelle Unzulänglichkeiten des Energiemarktes. Der Abgeordnete fordert daher die nationalen Regierungen auf, die eigenen Rahmenbedingungen zu überprüfen, anstatt in den Energie-Binnenmarkt einzugreifen. Dieser sei Teil der Lösung, nicht des Problems, so Pieper.
Skeptisch sind auch die Energieunternehmen sowie die Wirtschaftsverbände. Sie fürchten sich vor Wettbewerbsverzerrungen durch gemeinsame Gaseinkäufe der Mitgliedstaaten. EnBW spricht sich deshalb für einen “marktlichen Ansatz” aus. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) teilte mit, eine Einkaufsgemeinschaft auf EU-Ebene würde den “funktionierenden EU-Binnenmarkt gefährden und dürfte wettbewerbs- und kartellrechtlichen Prinzipien widersprechen”. Die EU-Kommission machte in ihrer Mitteilung zur Toolbox allerdings auch deutlich, dass jegliche gemeinsame Gasankäufe das Funktionieren des Energiebinnenmarktes nicht beeinträchtigen und die Wettbewerbsregeln einhalten würden.
Dennoch sollte die Politik “die erfolgreiche Trennung zwischen Staat und Energiewirtschaft in Europa nicht zurückdrehen”, sagt Carsten Rolle, Abteilungsleiter Energie und Klima des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI). Eine Stärke des EU-Gasmarktes liege in dessen Offenheit.
Auch Henrike Hahn, industriepolitische Sprecherin der Grünen im EU-Parlament sieht den Vorschlag der gemeinsamen Beschaffung von Erdgasvorräten durch die EU-Staaten kritisch. Dadurch komme es nicht notwendigerweise zu reduzierten Preisen für Konsumenten, so die Abgeordnete. Um Marktmanipulation in Zukunft zu verhindern, sollten Mitgliedsstaaten eine angemessene Überprüfung ihrer Gasreserven anstreben.
Die Bundesregierung gab am Mittwoch bekannt, die Vorschläge zur gemeinsamen Gasbeschaffung “genau prüfen” zu wollen. Die Ergebnisoffenheit der Bundesregierung bei dem Thema ist etwas überraschend, hatte sie zuvor stets angedeutet, dass der liberalisierte Energiemarkt gut sei, wie er ist. Die Speicher in Deutschland seien aktuell zu 70 Prozent (Stand 11.10.2021) gefüllt, die Versorgungssicherheit in Deutschland weiterhin hoch, erklärte das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) auf Anfrage des Europe.Table.
Handlungsbedarf, den Energiemarkt in der aktuellen Situation zu reformieren, sieht das BMWi daher nicht. Über die Befüllung von Speichern entscheide der Markt, beziehungsweise der Händler, der die entsprechenden Kapazitäten bucht. “Dabei handelt es sich um privatrechtliche Verträge”, so das Ministerium. Zwar sei die derzeitige Situation auch für Deutschland “eine Belastung”, doch die Versorgungssicherheit, zum Beispiel durch Engpässe, sei nicht gefährdet. “Die in Deutschland bestehende Nachfrage wird vollständig bedient”, erklärt das BMWi.
Aus dieser Lageeinschätzung des BMWi wird deutlich, warum sich die Begeisterung in Deutschland, gemeinsam mit anderen EU-Staaten Gas einzukaufen, in Grenzen hält. Deutschlands Energiemix ist nicht ganz so sehr vom Gas abhängig, wie beispielsweise der Spaniens oder Italiens. Die Auswirkungen durch eine tiefgreifende Veränderung des Energiemarkts könnten hierzulande größer sein, als die derzeitige Energiekrise. Mit Timo Landenberger
Rat der EU: Auswärtige Angelegenheiten
18.10.2021 09:30 Uhr
Akteure: Rat der EU
Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung steht der Meinungsaustausch über tagesaktuelle außenpolitische Themen wie die Beziehungen zu den Golfstaaten und die Östliche Partnerschaft.
Vorläufige Tagesordnung
Plenartagung des EU-Parlaments: Aussprachen zur Strategie “Vom Hof auf den Tisch” sowie zur Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik
18.10.2021 17:00-22:00 Uhr
Akteure: ENVI, AGRI, ECON, EMPL
Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung stehen der Bericht über eine Strategie für ein faires, gesundes und umweltfreundliches Lebensmittelsystem (Strategie “Vom Hof auf den Tisch”), die Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets 2021 sowie die Beschäftigungs- und Sozialpolitik des Euro-Währungsgebiets 2021.
Vorläufige Tagesordnung
Wöchentliche Kommissionssitzung
19.10.2021
Akteure: EU-Kommission
Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung stehen das Arbeitsprogramm der Kommission für 2022 sowie die Auswirkungen von COVID-19 auf die europäische Wirtschaftspolitik. Im Anschluss findet gegen 15:00 Uhr eine Pressekonferenz statt.
Vorläufige Tagesordnung Live Pressekonferenz ab 15 Uhr
Rat der EU: Allgemeine Angelegenheiten
19.10.2021 10:00 Uhr
Akteure: Rat der EU
Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung steht unter anderem ein Meinungsaustausch über die Vorbereitung der Tagung des Europäischen Rates vom 21.10.-22.10.2021 sowie zum jährlichen Rechtsstaatlichkeitsdialog. Außerdem informiert der Vorsitz über die Konferenz zur Zukunft Europas.
Vorläufige Tagesordnung
Plenartagung des EU-Parlaments: Aussprache und Abstimmungen über Haushaltspläne
19.10.2021 12:00-15:00 Uhr
Akteure: BUDG, CONT, ITRE
Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung stehen unter anderem eine Aussprache über den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2022, eine Abstimmung über den Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans sowie eine Abstimmung über das Gemeinsame Unternehmen im Rahmen von “Horizont Europa”.
Vorläufige Tagesordnung
EuGH-Urteile zur Übernahme von Fluggesellschaften
20.10.2021
Akteure: Easy Jet, Air Berlin, Polskie Linie Lotnicze, Lufthansa, EU-Kommission
Agenda: Der EuGH entscheidet darüber, ob die Entscheidungen der EU-Kommission, den geplanten Erwerb bestimmter Vermögenswerte von Air Berlin durch Easy Jet sowie den geplanten Erwerb bestimmter Vermögenswerte von Air Berlin durch Lufthansa zu genehmigen, wettbewerbsrechtlich zulässig waren.
Informationen
Dreigliedriger Sozialgipfel
20.10.2021
Akteure: Präsident des Europäischen Rats, Präsidentin der EU-Kommission, Vorsitzender Rat der EU, europäische Sozialpartner
Agenda: Die vorläufige Tagesordnung war zu Redaktionsschluss noch nicht bekannt.
Informationen Hintergrund
Plenartagung des EU-Parlaments: Aussprache zum Klimagipfel der UN
20.10.2021 12:00-14:00 Uhr
Akteure: ENVI
Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung steht die Aussprache zum Klimagipfel der UN in Glasgow vom 01.11.-12.11.2021.
Vorläufige Tagesordnung
Plenartagung des EU-Parlaments: Abstimmungen über Haushaltspläne und über die Strategie “Vom Hof auf den Tisch”
20.10.2021 14:00-15:00 Uhr
Akteure: BUDG
Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung steht die Abstimmung über den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2022 sowie die Abstimmung über die Strategie “Vom Hof auf den Tisch”.
Vorläufige Tagesordnung
Plenartagung des EU-Parlaments: Aussprache zur Methanstrategie
20.10.2021 15:00-22:00 Uhr
Akteure: ENVI
Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung steht die Aussprache zur EU-Strategie zur Verringerung der Methanemissionen.
Vorläufige Tagesordnung
Europäischer Rat
21.10.-22.10.2021
Akteure: Europäischer Rat
Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung stehen eine Bestandsaufnahme der epidemiologischen Lage in der EU, Beratungen über den Stand der digitalen Agenda, der Umgang mit dem jüngsten Anstieg der Energiepreise und die Bewertung der Migrationssituation.
Informationen Vorläufige Tagesordnung
Plenartagung des EU-Parlaments: Abstimmung zur Methanstrategie
21.10.2021 12:00-14:00 Uhr
Akteure: ENVI
Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung steht die Abstimmung über die EU-Strategie zur Verringerung der Methanemissionen.
Vorläufige Tagesordnung
Heute wollen die Sondierer die Geschäftsgrundlage für Koalitionsverhandlungen vorstellen – und immer wieder betonen sie, dass sich eine künftige Regierung um die großen Fragen unserer Zeit kümmern müsse.
Doch wie das genau bewerkstelligt werden soll, ist offen. Nun haben einflussreiche Akteure unter der Überschrift “Deutschlands neue Agenda” der deutschen Politik einen deutlichen Auftrag ins Stammbuch geschrieben: Wenn die künftige Regierung die Klimaziele 2030, 2045 und 2050 erreichen wolle, müsse sie so schnell wie möglich handeln und alles dafür tun, dass Deutschland sich technologisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich auf dieses Ziel einschwöre.
Diese bedeuteten tiefgreifende Änderungen, erläutert Veronika Grimm, Mitglied im Sachverständigenrat für die Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: Ein “Dickes Brett, das die nächste Bundesregierung zu bohren hat” – und kritisiert damit indirekt Angela Merkels Regierungszeit: Das habe man bereits 2006 gewusst. “Auch wenn die Umsetzung noch nicht ganz ausbuchstabiert ist, besteht kein Zweifel daran, dass Geschäftsmodelle auf fossiler Basis keine Zukunft mehr haben.” Das müsse nun auch politisch anerkannt und gestaltet werden.
Der Präsident des Umweltbundesamtes Dirk Messner sieht mehrere Gelingensbedingungen für eine erfolgreiche Politik: “Klimaneutralität und nachhaltiges Wirtschaften, das wird so etwas wie eine neue Staatsräson, ein nicht hintergehbares Zielsystem.” Darin sei sich nicht nur die Runde der Beteiligten einig, dies müsse auch für die künftige Bundesregierung gelten.
Man dürfe sich “nicht mehr im Klein-Klein verheddern”, dafür sei keine Zeit – weshalb Klima und Umweltpolitik ein Projekt aller Ressorts werden müsse. “Klimawandel muss Chefsache werden”, so Messner, dessen Behörde dem Bundesumweltministerium nachgeordnet ist. “Das muss vom Kanzleramt vorangebracht werden.” Eine weitere Voraussetzung sei die “Modernisierung des Staates”, insbesondere auch der Verfahrens- und Planungsbeschleunigung. Zudem sei klar, dass Deutschland und Europa nicht der Nabel der Welt seien: “Das Klima retten wir nicht in Deutschland, auch nicht in Europa, sondern nur, wenn wir uns mit den großen Emittenten zusammenschließen, allen voran USA und China.”
Die Wunschliste der Initiative, die von der Zementindustrie über Chemieunternehmen und die Automobilwirtschaft bis hin zu Vertretern von Ministerien reicht, ist dabei umfangreich. Stefan Schaible von der Unternehmensberatung Roland Berger betont daher, er sehe in den vergangenen Jahren massive Veränderung aufseiten der Wirtschaft. Es habe ein Umdenken eingesetzt, nun ginge es weniger um das Was, als um das Wie: Er erlebe die “Notwendigkeit von Wirtschafts- und Verbandsebene darüber zu reden, um eine verlässliche Planung zu haben.” Als Beispiel nennt Schaible die Stahlindustrie: Wenn diese jetzt Investitionen plane, hätten diese eine Laufzeit von 20 bis 30 Jahren.
Was alles genau getan werden solle, dazu haben die Initiatoren einen umfangreichen Maßnahmenkatalog zusammengestellt. Der reicht von einer Reform des Abgaben-, Umlagen- und Steuersystems – so wird unter anderem die Senkung der Stromsteuer auf das europäische Minimum und die Abschaffung der EEG-Umlage gefordert – über die schrittweise, sektorenübergreifende Zusammenführung von europäischen Emissionshandelssystemen bis zur massiven Beschleunigung des Ausbaus von Energienetzen und Erneuerbaren Energien. “Wir sind da noch zu langsam, auch für Wasserstoff-Backbones, wir schließen den deutschen Süden zu spät an“, beklagt etwa die Ökonomin Veronika Grimm.
Und auch bei der Digitalisierung gelte: Nicht kleckern, sondern klotzen. So fordert der Zusammenschluss unter anderem den Gigabit-Glasfaserausbau binnen vier Jahren flächendeckend abzuschließen. UBA-Präsident Dirk Messner sieht sogar einen Vorteil darin, wenn Klimaschutz und Digitalisierung zusammen betrachtet würden: “Der Wettbewerbsvorteil könnte darin liegen, dass wir systematisch Digitalisierung auf die Ziele dieses Jahrhunderts ausrichten.”
Nur wenn es darum geht, wie diese Ziele ganz konkret erreicht werden sollen, bleibt auch diese Allianz vage. Wie soll das alles gelingen, wenn da gar keiner ist, der den Spaten in die Hand nimmt? Angesichts des Mangels an Arbeitskräften müsse auch das Verhältnis zur Zuwanderung überdacht werden. “Man muss es den Menschen attraktiv machen”, sagt Veronika Grimm, ein Zuwanderungsgesetz allein reiche nicht aus. Außerdem müsse massiv für kommende Bedarfe ausgebildet und heutige Fachkräfte rechtzeitig umgeschult werden.
Doch die Zeit bis 2030 ist knapp, und die meisten, die bis 2045 für die anstehenden Aufgaben auf den Arbeitsmarkt kommen sollen, sind heute bereits geboren. “Es ist ein Riesenasset, dass wir mit diesem industriellen Bereich diese ingenieursgetriebene Struktur haben, um als Entwicklungshaus der Welt oder Europas in diesen Wandel zu gehen”, sagt Roland Berger-Mann Stefan Schaible.
Es komme nun darauf an, dass die Parteien sich zusammenrauften und die gemeinsame Aufgabe akzeptierten. “Die Ambitionen der Grünen sind mit Konzepten der FDP gut zu kombinieren“, sagt die Ökonomin Veronika Grimm. Es gehe darum, das Umweltthema aus der “Grünen-Bubble” herauszuholen, so UBA-Präsident Messner. Eine “einmalige Chance, die richtigen Weichen zu stellen” sei jetzt da, so Stefan Schaible. Es gehe um eine gut moderierte, radikale Veränderung.
Eine ganz konkrete Strukturvorgabe für die Umsetzung ihrer Pläne durch die kommende Bundesregierung verkneifen sich die Initiatoren jedoch: In jedem Fall müsse das Kanzleramt das Thema aktiv vorantreiben.
Also ein Klimawandelkanzler Olaf Scholz, der die Kompetenz an sich zieht? Nein, das ist dann doch zu scharf. Als Leitmotiv müsse der Wandel über alle Ressorts durchgezogen werden, da ist sich die Allianz einig. Es gehe darum, in allen relevanten Sektoren gleichzeitig das Notwendige anzuschieben – und das klingt wie ein deutlicher Seitenhieb nicht zuletzt auf die bisherigen Amtsinhaber in Bundesverkehrs-, Bundeswirtschafts-, Bundeslandwirtschafts- und Bundesinnenministerium.
Die deutsche Wirtschaft schlägt Alarm: Im Streit um Nordirland müssten die EU und Großbritannien am bestehenden Brexit-Vertrag festhalten und einen Handelskrieg vermeiden, sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Joachim Lang. “Beide Seiten müssen ohne Wenn und Aber zu ihren Verpflichtungen stehen. Es braucht Stabilität in der neuen Partnerschaft, damit wechselseitige Investitionen auch in Zukunft erfolgreich sind.”
Doch die neue Partnerschaft, die am 24. Dezember 2020 mit einem bis zuletzt heftig umstrittenen Handels- und Kooperationsabkommen besiegelt wurde, steht auf wackligen Füssen. Wenn es dumm läuft, könnten die Spannungen wieder pünktlich zu Weihnachten eskalieren, sagen Skeptiker in der EU-Kommission in Brüssel. Am Mittwoch war die Kommission zwar mit neuen Vorschlägen auf London zugegangen. Doch die Positionen liegen immer noch so weit auseinander, dass der Konflikt jederzeit aufflammen kann.
Aus EU-Sicht geht es um die Vertragstreue Großbritanniens und um den Schutz des europäischen Binnenmarkts. Die britische Regierung hat die vollständige Neuverhandlung des im Brexit-Abkommen vereinbarten Nordirland-Protokolls verlangt, um den Handel zwischen der britischen Insel und Nordirland zu erleichtern. Außerdem lehnt sie den Europäischen Gerichtshof (EuGH) als oberste Schlichtungsstelle bei Streitfragen ab. Damit überschreitet sie jedoch zwei rote Linien der EU.
Die Mitwirkung des EuGH sei eine Grundvoraussetzung für den Zugang Nordirlands zum Binnenmarkt, sagte der EU-Botschafter in London, João Vale de Almeida. “Ohne Europäischen Gerichtshof gibt es keinen Binnenmarkt.” Die EU-Kommission will auch nicht am Brexit-Abkommen rütteln und das Nordirland-Protokoll neu verhandeln. “Pacta sunt servanda”, heißt es in Brüssel. “Das Protokoll kann nicht nachverhandelt werden. Es ist Teil der Lösung des Problems”, erklärte der Chef des außenpolitischen Ausschusses im Europaparlament, David McAllister (CDU). “Das Problem ist und bleibt der Brexit.”
Die EU bietet stattdessen eine flexible Auslegung an. So soll die Einfuhr von “identitätsbezogenen Produkten” (identity related products) nach Nordirland erlaubt werden. Dabei geht es vor allem um tiefgekühlte Würstchen aus England, an denen sich im Sommer der Streit entzündet hatte. Auch bei Medikamenten und Pflanzenschutzmitteln will die EU künftig nicht mehr so genau hinschauen. Die britischen Produkte sollen als solche gekennzeichnet werden, damit es keine Probleme im Binnenmarkt gibt.
Die Maßnahmen sollen für einen Großteil der für Nordirland bestimmten Waren gelten, erklärte Vizekommissionspräsident Maroš Šefčovič bei der Vorstellung des europäischen Angebots. Um 80 Prozent würden Kontrollen reduziert, die Zollformalitäten um 50 Prozent. Die Vorschläge seien eine “aufrichtige Antwort auf die Sorgen” in Nordirland. Es werde eine Art “Schnellspur” für Produkte geschaffen, so Šefčovič.
Die erste Reaktion von Unternehmen in Nordirland war positiv. Auch die “Times” in London begrüßte die Vorschläge: “Boris Johnson sollte die Chance nutzen, eine Einigung über das Nordirland-Protokoll zu erzielen und Verbraucher und Unternehmen nicht länger der Unsicherheit auszusetzen.” Doch der britische Premier hielt sich am Donnerstag, einen Tag nach dem Angebot aus Brüssel, bedeckt. Die Drohung aus London, Artikel 16 zu nutzen und das Nordirland-Protokoll auszusetzen, steht weiter im Raum.
Für zusätzliche Verunsicherung sorgen Aussagen des früheren Johnson-Beraters Dominic Cummings. Er selbst habe nie vorgehabt, sich an das Protokoll zu halten, erklärte Cummings auf Twitter. Johnson sei das Protokoll nur zum Schein eingegangen, sagt auch der Abgeordnete der nordirisch-protestantischen Partei DUP, Ian Paisley. “Boris Johnson hat mir persönlich gesagt, dass er sich nach Zustimmung zu dem Protokoll dafür einsetzen werde, es zu ändern und sogar in Stücke zu reißen”, erklärte er der BBC.
Damit ist die Glaubwürdigkeit des britischen Premiers erschüttert, wieder einmal. Aber auch das Vertrauen in die Vertragstreue Großbritanniens hat gelitten – nicht nur in Brüssel, sondern auch darüber hinaus. Schließlich geht es um einen internationalen Vertrag, über den sich Johnson und sein Brexit-Minister David Frost offenbar bewusst hinwegsetzen wollen. Frost hatte das Protokoll am Dienstag bei einer groß angekündigten Rede in Lissabon für gescheitert erklärt und Verhandlungen über eine neue Vereinbarung gefordert. Er hat die internationale Bühne gesucht – und dort einen Vertragsbruch gefordert.
Doch auch die EU-Seite hat Fehler gemacht. Sie hat die Brisanz des “Würstchenkriegs” viel zu spät erkannt und die Entschlossenheit der Briten unterschätzt. Umso mehr verhärtet sich nun die Position in Brüssel. “Auch die EU kann Hardball spielen”, zitiert die “Welt” einen ungenannten europäischen Diplomaten. Zunächst setzt man jedoch auf Dialog. Die britische Regierung kündigte am Donnerstag “intensive Gespräche” an. Zunächst setzt man jedoch auf Dialog. Die britische Regierung kündigte am Donnerstag “intensive Gespräche” an. Frost wird am Freitag in Brüssel erwartet, wo er mit Šefčovič über die EU-Vorschläge sprechen will. Bleibt zu hoffen, dass die Verhandlungen rechtzeitig vor Weihnachten beendet werden – und nicht doch noch in einen Handelskrieg münden.
Die für Telekommunikation und Digitales zuständigen EU-Minister:innen haben gestern bei einer informellen Rats-Videokonferenz erstmals tiefergehend über den Kommissionsvorschlag zu einer Verordnung für Künstliche Intelligenz diskutiert. Im Zentrum der Debatte stand die regulatorische Ausgestaltung der Verordnung sowie die Herausforderungen für ihre effektive Umsetzung.
Deutschland wurde durch Claudia Dörr-Voß vertreten, Staatssekretärin für Wirtschaft und Energie. Sie sagte, dass die Bundesregierung den horizontalen und risikobasierten Regulierungsansatz des Kommissionsvorschlages begrüße. Die regierungsinterne Prüfung des Vorschlags sei jedoch aufgrund seiner Komplexität noch nicht abgeschlossen. Nachbesserungsbedarf merkte Dörr-Voß bei der Liste der verbotenen KI-Anwendungen sowie bei der Liste von Hochrisiko-KI-Anwendungen an. Sie betonte zudem, wie wichtig die Unterstützung von KMUs und Start-ups innerhalb der Verordnung sei. Denn “an ihnen müssen wir die Praktikabilität der Vorschriften messen, wenn wir die europäische Wettbewerbsfähigkeit stärken wollen.”
Kritischer äußerte sich der niederländische stellvertretende Ständige Vertreter Michael Stibbe. Er gab zu bedenken, dass für eine effektive Umsetzung des Gesetzes mehrere Begriffe näher erläutert werden müssten, darunter die Definition und der Umfang von KI, die verbotenen KI-Anwendungen sowie Kontrollmechanismen. In diesem Kontext bezeichnete er den Kommissionsvorschlag als teilweise intransparent, was zu Rechtsunsicherheit führen würde.
“Wir sind auf dem wichtigen Weg”, fasste der Vertreter der slowenischen Ratspräsidentschaft, Boštjan Koritnik, die Debatte zusammen. In vielen Punkten seien sich die Mitgliedstaaten einig, aber Diskussionsbedarf gebe es noch bei der Governance-Struktur: Diese werde zwar von der Mehrheit befürwortet, wie die nationalen Kompetenzen innerhalb dieser Struktur zur Geltung kommen, müsse jedoch noch geklärt werden. Auch bezüglich des risikobasierten Ansatzes der Verordnung müsse noch das richtige Gleichgewicht zwischen Schutzauftrag und der Förderung von Innovationen gefunden werden.
Koritnik bestätigte, dass die slowenische Ratspräsidentschaft weiterhin plane, für das Gesetzesvorhaben noch diesen Dezember einen Fortschrittsbericht oder einen ersten Kompromissvorschlag zu verabschieden (Europe.Table berichtete). Jasmin Kohl
Bundeskanzlerin Angela Merkel pocht auf mehr Einheit in der Europäischen Union. “Machen wir uns nichts vor: Seit einiger Zeit wirken Fliehkräfte in der EU”, sagte Merkel am Donnerstag bei der Entgegennahme des spanischen Karl-V-Europapreises im spanischen Kloster Yuste. Diese Fliehkräfte entstünden, wenn der Kitt gemeinsamer Werte brüchig werde, die Europäische Union ihre Zusagen nicht erfülle, gesellschaftliche Entwicklungen mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten erfolgten und wirtschaftliche sowie soziale Unterschiede zu groß würden.
“Europa ist nur so stark, wie es einig ist“, betonte sie. Ohne einzelne Länder zu nennen, pochte Merkel darauf, die gemeinsame Wertebasis der EU einzuhalten. Wenn nationale Interessen über den gemeinsamen Nutzen gestellt würden, komme die Europäische Union in eine Schieflage. Zuletzt hatte das polnische Verfassungsgericht geurteilt, dass nationales Recht über dem EU-Recht stehe.
Konkret forderte Merkel eine gemeinsame europäische Migrationspolitik. Daneben setzte sich die Kanzlerin für eine solide Finanzpolitik in der EU ein. Nur dies garantiere, dass man in Krisenzeiten dann auch Solidarität üben könne, sagte sie in ihrer Rede. Die Einheit in der EU sei auch wichtig, um sich gegen andere Mächte wie China zu behaupten. Die Europäische Union müsse technologisch unabhängiger werden und endlich das selbst gesteckte Ziel erreichen, drei Prozent seiner Wirtschaftsleistung für Forschung und Entwicklung auszugeben.
Zudem forderte Merkel stärkere Anstrengungen beim Klimaschutz. Es werde noch ein hartes Stück Arbeit, die Umsetzung der angestrebten EU-Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen. Sie warb für mehr Investitionen. “Viel zu oft wird über die Kosten des Klimaschutzes geredet, viel zu wenig über Kosten des unterlassenen Klimaschutzes”, sagte die Kanzlerin. rtr
Inmitten stark steigender Energiepreise werden die deutschen Verbraucher zumindest beim Strom entlastet: Der Aufschlag zur Förderung des Ökostroms werde sich 2022 auch dank eines staatlichen Milliarden-Zuschusses um gut 40 Prozent verringern, sagten Regierungs- und Branchen-Vertreter am Donnerstag. Die sogenannte EEG Umlage, die grundsätzlich alle Verbraucher zahlen müssen, sinke auf etwas über 3,7 Cent pro Kilowattstunde von derzeit 6,5 Cent. Die Umlage hat in der Vergangenheit für Privat-Haushalte rund ein Viertel des Gesamt-Strompreises ausgemacht. Auch viele Industriebetriebe werden von der Senkung profitieren.
Die vier großen Stromnetz-Betreiber wollen die Höhe der EEG Umlage am Freitag veröffentlichen. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier will sich angesichts der hohen Energiepreise dann ebenfalls äußern. Die zuletzt rasant gestiegenen Energiepreise haben europaweit die Regierungen alarmiert. Der Wirtschaftsaufschwung nach der Corona-Krise und geleerte Gas-Speicher nach einem strengen Winter hatten die Preise getrieben. Der Gas-Preis hat zudem einen erheblichen Einfluss auf die Strompreise.
Die Europäische Kommission hat am Mittwoch ihre Toolbox gegen die Angespannte Lage an den Energiemärkten vorgestellt (Europe.Table berichtete). Der Leitfaden listet etliche Maßnahmen auf, welche die EU-Staaten im Einklang mit EU-Recht kurzfristig ergreifen können, um Verbraucher und Industrie vor den rekordhohen Energiepreisen zu schützen.
In der Corona-Krise waren die Strompreise an den Börsen noch eingebrochen. Da die Umlage die Differenz zwischen den garantierten, höheren Abnahmepreisen für Solar- und Windparks und den Tarifen an der Börse ausgleicht, drohte sie auf fast zehn Cent zu steigen. Die Regierung sagte daher insgesamt elf Milliarden Euro zu, damit die Umlage nicht zu stark steigt.
Nun ist die Lage umgekehrt: Da die Strompreise derzeit an den Börsen auf Rekordhoch sind, ist die auszugleichende Differenz klein. Dies allein hätte bereits zu einer Senkung der Umlage auf 4,3 Cent geführt. Da außerdem der Bund Regierungskreisen zufolge weitere 3,25 Milliarden Euro zuschießt, wird die Umlage 2022 nun auf etwas über 3,7 Cent gedrückt.
Der Verbraucher muss allerdings die gestiegenen Preise an der Börse sowie steigende Abgaben für die Stromleitungen tragen. Durch die Senkung der EEG Umlage könnte laut Berechnungen der Denkfabrik Agora Energiewende der Endpreis für die Haushalte 2022 aber in etwa stabil bleiben. rtr/til
Gewerkschaften und Unternehmen der Luftfahrt sind gemeinsam gegen Wettbewerbsnachteile für europäische Airlines durch die geplanten schärferen Klimaschutzregeln in der Europäischen Union eingetreten. Es müsse verhindert werden, dass Fluggesellschaften und die großen Flughafen-Drehkreuze innerhalb der EU gegenüber Konkurrenten aus Drittstaaten benachteiligt werden, erklärten die Luftfahrtverbände BDL und BDLI, die Gewerkschaften IG Metall, UFO, Verdi und Vereinigung Cockpit am Donnerstag. Der EU sei es schon bisher nicht gelungen, international gleiche Rahmenbedingungen zu schaffen. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Branche werde deshalb schon erheblich geschwächt.
Dabei geht es vor allem um Konkurrenten aus den Golf-Staaten wie Emirates oder Qatar Airways. Aber auch gegenüber dem Drehkreuz London werden nach dem EU-Austritt Großbritanniens Nachteile durch laschere Klimaschutzvorschriften dort befürchtet. Die EU hat vorgeschlagen, dass Fluggesellschaften künftig mehr für CO2-Verschmutzungsrechte zahlen müssen.
In dem gemeinsamen Papier fordern Gewerkschaften und Verbände, die CO2-Emissionen pro Passagier bei Zubringerflügen zu Langstreckenverbindungen im EU-Emissionshandelssystem (ETS) herauszurechnen. Die Pflicht zur Beimischung des noch sehr teuren CO2-freien synthetischen Kraftstoffes beim Kerosintanken solle auf innereuropäische Flüge beschränkt bleiben, bis es eine internationale Regelung gäbe.
Generell bekennen sich die Unterzeichner aber zum Kampf gegen den Klimawandel, für den die Luftfahrt weltweit mit drei bis fünf Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich ist. rtr
Der Konsum der Menschen wächst weiter an und mit ihm der weltweite Gütertransport. Bereits jetzt verstopfen dieselbetriebene LKW Europas Straßen und schaden dem Klima. Das Unternehmen CargoBeamer setzt deshalb auf den Lastentransport per Schiene. Es entwickelt einerseits Bahnwaggons, auf denen alle Arten von Trailern transportiert werden können – und andererseits Terminals, in denen sie sich in Rekordtempo verladen lassen.
Für dieses Geschäftskonzept steht auch Nicolas Albrecht, der hier seit eineinhalb Jahren als Chief Business Development Officer und Vorstandsmitglied die Zügel in der Hand hält. Er hat in den USA studiert und spricht von customs, reliability oder debottlenecking, arbeitet heute aber statt im Silicon Valley in der europäischen Gütertransportbranche.
Albrecht sieht die Herausforderungen, vor denen ein privates Unternehmen im Umfeld von Konkurrenten wie DB Cargo und SNCF steht. Und er ärgert sich über das schleppende Fortschreiten der Digitalisierung. Auch Regelungen und Mobilitätspläne, die die europäische Dimension ausklammern oder innovative Industrieprojekte ausbremsen, sind ihm ein Dorn im Auge. Ein Beispiel, das er anführt: “Jede Partei spricht sich in ihrem Wahlprogramm für nachhaltige Verkehrsträger wie die Schiene aus. Aber in den Kommunen hängen wir dann europaweit jahrelang in den Planverfahren, um eine Baugenehmigung für ein Terminal zu bekommen. Und private Geldgeber investieren Milliarden in wasserstoff- oder elektrobetriebene LKW, nicht aber in die Schiene, die nachhaltiger, sicherer und effizienter ist.”
Doch Nicolas Albrecht sieht seine Aufgabe nicht darin, sich mit der Politik herumzustreiten. “Ein kleines Unternehmen wie CargoBeamer kann sich nicht intensiv mit jeder einzelnen Gesetzesauslegung befassen, um sich zu beschweren oder Lobbyarbeit zu machen. Aber es wird sowieso viel zu viel über Politik gesprochen und viel zu wenig über konkrete Lösungsansätze”, sagt er.
Stattdessen krempelt das junge Team von CargoBeamer die Ärmel hoch. Nicolas Albrecht profitiert dabei von seinem Ökonomie-Studium in Stanford, seiner Tätigkeit als Unternehmensberater bei der Boston Consulting Group und seiner Berufserfahrung beim Rohstoffkonzern Glencore. Bei Glencore war er als kontinentaler Leiter für Südamerika für 10.000 Mitarbeiter verantwortlich. “Da habe ich verwaltet, was Andere vor mir aufgebaut haben. Jetzt betrachte ich es als Herausforderung, selbst eine Industrie mitzuverändern und Lösungen für gesellschaftliche Probleme zu finden”, erklärt der gebürtige Münchner.
Als Nicolas Albrecht bei CargoBeamer einstieg, bestand das Team noch aus elf Leuten, inzwischen sind es fast sechzig. Ein Unternehmen, das so schnell wächst, profitiert von einer Führungskraft wie ihm. Denn er weiß, wie eine große Organisation funktioniert und wodurch sich eine gute Struktur von einer schlechten unterscheidet. Jana Degener-Storr
Was Du heute kannst besorgen, das verschiebe lieber gleich auf nächste Woche. Dabei sollte es doch eigentlich ganz schnell gehen. Bereits im Juli hat die Europäische Kommission ihr Fit-for-55-Gesetzespaket zur Umsetzung der EU-Klimaziele vorgelegt (Europe.Table berichtete). Seither liegt der Ball beim EU-Parlament und die Zeit drängt. Das 1,5-Grad-Ziel ist kaum noch zu erreichen, das hat spätestens die Veröffentlichung des IPCC-Berichts noch einmal deutlich gemacht (Europe.Table berichtete).
Nach der wohlverdienten parlamentarischen Sommerpause stürzten sich die Abgeordneten also voller Tatendrang auf die begehrten Dossiers (Europe.Table berichtete). Wer darf als Berichterstatter die Position des Parlaments bei den Verhandlungen mit Kommission und Rat vertreten? Und wer bekommt das Europäische Emissionshandelssystem (ETS) – der Ferrari unter den Fit-for-55-Files? (Zugegeben, der Vergleich ist in Zeiten der Dekarbonisierung des Straßenverkehrs womöglich überholt.)
Besonders eilig hatte es dem Vernehmen nach der Vorsitzende des Umweltausschusses Pascal Canfin (Renew). Der EU-Abgeordnete aus Frankreich bestellte die Ausschuss-Koordinatoren der jeweiligen Fraktionen praktisch direkt aus dem Urlaubsflieger ein, um die Berichte zu verteilen. Der Elektro-Ferrari geht übrigens an die EVP: ETS-Berichterstatter wird demnach Peter Liese (CDU)
Derweil ist noch nicht mal final geklärt, welcher Ausschuss überhaupt für welches Dossier federführend zuständig sein wird. Vergangene Woche hatte die Konferenz der Präsidenten im EU-Parlament die endgültige Entscheidung treffen wollen, diese aber aufgrund von Uneinigkeiten auf den gestrigen Tag verschoben. Das Spiel wiederholte sich, eine Einigung ist nun für kommenden Donnerstag geplant.
In Parlamentskreisen heißt es, im Verkehrsausschuss sei man noch nicht einverstanden mit den Zuständigkeiten des Industrieausschusses. In den gleichen Kreisen heißt es aber auch, der ITRE habe Zweifel bezüglich der Zuständigkeiten des Umweltausschusses angemeldet und letzterer sei überhaupt der Überzeugung, für sämtliche Files zuständig zu sein. Schließlich geht es ja ums Klima.
Klar ist also im Grunde nur eins: Die Zeit drängt tatsächlich. Timo Landenberger
die Energiepreise sorgen weiter für Diskussionen, und eine strategische, europäische Gasbeschaffung mitsamt Speicherkapazitäten gehört zu den denkbaren Optionen. Das könnte Wladimir Putins Macht eindämmen. Doch derartige Markteingriffe sind umstritten. Lukas Scheid und Timo Landenberger analysieren die Argumente – und suchen gemeinsame europäische Interessen.
Deutschland hat noch keine abgeschlossene Position zur KI-Verordnung. Der Rat der Telekommunikationsminister hatte zum Kommissionsvorschlag dennoch einiges zu sagen, und das hat für Sie Jasmin Kohl aufgeschrieben.
Das Nordirland-Protokoll bleibt der aktuelle Zankapfel zwischen EU und Vereinigtem Königreich. Während Maroš Šefčovič sich kompromissbereit gibt, wachsen die Zweifel an der Vertragstreue Boris Johnsons weiter. Wie groß das Risiko ist, dass sich aus den Scharmützeln der vergangenen Wochen noch ein veritabler Handelskrieg entwickelt, analysiert Eric Bonse. Ein solcher würde dann ziemlich sicher nicht nur mit Symbolik wie dem Kampf um Wurstwaren, sondern auch im Digital- und Energiefeld ausgetragen.
Heute sollen in Berlin die Sondierungen mit einem Papier zu Ende gehen, das die Grundlage für Koalitionsverhandlungen werden soll. Über das sollen dann die Bundesvorstände von Liberalen und Sozialdemokraten sowie am Sonntag ein Grünen-Länderrat (Antrag dann hier) entscheiden – bei Vorliegen des Papiers wäre die Marschroute klar: Koalitionsverhandlungen, und das möglichst bald. Gehen diese ebenso schnell voran wie die Sondierungen, könnte der Europäische Rat in Brüssel kommende Woche schon der letzte der Bundeskanzlerin sein, die nun in Spanien vor Fliehkräften in der EU warnte.
Den Klimawandel ganz in den Mittelpunkt zu stellen und eine ambitionierte Reformagenda auf den Weg zu bringen, das fordert ein viele Kontrahenten vereinendes Bündnis von den Koalitionären in spe. Deren Forderungen und Vorstellungen sind der bislang interessanteste Ruf in die bisherigen Sondiererkreise. Wir erklären, was gefordert wird – und wer dabei mitmacht.
“Wir müssen uns gegen die russische Erpressung wehren, indem wir mit der gemeinsamen Beschaffung von Gas beginnen”, twitterte EVP-Fraktionschef Manfred Weber vergangene Woche. Webers Forderung nach kollektiven Gaseinkäufen durch die EU-Staaten ist geopolitischer Natur. Der Verdacht: Russland und dessen staatlicher Energiekonzern Gazprom manipulieren den Gaspreis durch künstliche Verknappung. Durch den gemeinsamen Ankauf und die Lagerung von Gasreserven, so argumentiert Weber, würde die EU energieunabhängiger.
Die Logiklücke ist allerdings schnell offensichtlich. Das Gas, welches die EU-Staaten beziehen würden, käme womöglich zu gleichen Anteilen aus Russland. Zwar wären die EU-Gasreserven besser vor unerwarteten Preissprüngen geschützt, doch von Unabhängigkeit kann noch nicht die Rede sein.
Aus EU-Kommissionskreisen heißt es, dass Gazprom seine Verträge ordnungsgemäß erfüllt und lediglich keine zusätzlichen Lieferungen als Reaktion auf die erhöhte Nachfrage angeboten habe. Dafür könne es zwar objektive, sachliche Erklärungen geben. Dennoch könne unter Marktbedingungen von einem Anbieter wie Gazprom erwartet werden, dass er sein Angebot erhöht.
Nichtsdestotrotz kam die EU-Kommission bei der Präsentation ihrer Toolbox (Europe.Table berichtete) zu einem anderen Schluss als Weber: Gemeinsame Gasankäufe und deren Lagerung könnten möglicherweise davor schützen, dass einkommensschwache Haushalte besser vor Energiearmut geschützt werden. Daher wolle sie den “potenziellen Nutzen von freiwilliger gemeinsamer Beschaffung von Gasvorräten untersuchen”.
Der “potenzielle Nutzen” gemeinsamer Gasreserven liegt für die Kommission also nicht in einer geostrategischen Überlegung, sondern in einer rein versorgungstechnischen. Die Abhängigkeit von Gaslieferungen aus Drittstaaten gelinge nur durch den schnelleren Ausbau der Erneuerbaren, um die “Anfälligkeit gegenüber Importen von Gas und anderen fossilen Energieträgern zu verringern”, so die Kommission.
Doch schon jetzt ist die Skepsis groß, dass eine derartige Reform des europäischen Energiemarkts das bewirkt, was man sich von ihr erhofft. Beispielsweise sei unklar, wer als Kunde auf einer solchen Plattform auftreten würde, wie eine faire Preisbildung funktionieren soll oder wie Verzerrungen des Marktes und der Wettbewerbsfähigkeit ausgeschlossen werden können, sagt Jens Geier, Vorsitzender und industriepolitischer Sprecher der Europa-SPD. “Auf Fragen wie diese muss die Kommission Antworten geben.”
Für Markus Pieper, industriepolitischer Sprecher der CDU/CSU im EU-Parlament, sind die gestiegenen Energiepreise ohnehin eher auf die hohen Abgaben und Energiesteuern in den EU-Staaten zurückzuführen statt auf strukturelle Unzulänglichkeiten des Energiemarktes. Der Abgeordnete fordert daher die nationalen Regierungen auf, die eigenen Rahmenbedingungen zu überprüfen, anstatt in den Energie-Binnenmarkt einzugreifen. Dieser sei Teil der Lösung, nicht des Problems, so Pieper.
Skeptisch sind auch die Energieunternehmen sowie die Wirtschaftsverbände. Sie fürchten sich vor Wettbewerbsverzerrungen durch gemeinsame Gaseinkäufe der Mitgliedstaaten. EnBW spricht sich deshalb für einen “marktlichen Ansatz” aus. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) teilte mit, eine Einkaufsgemeinschaft auf EU-Ebene würde den “funktionierenden EU-Binnenmarkt gefährden und dürfte wettbewerbs- und kartellrechtlichen Prinzipien widersprechen”. Die EU-Kommission machte in ihrer Mitteilung zur Toolbox allerdings auch deutlich, dass jegliche gemeinsame Gasankäufe das Funktionieren des Energiebinnenmarktes nicht beeinträchtigen und die Wettbewerbsregeln einhalten würden.
Dennoch sollte die Politik “die erfolgreiche Trennung zwischen Staat und Energiewirtschaft in Europa nicht zurückdrehen”, sagt Carsten Rolle, Abteilungsleiter Energie und Klima des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI). Eine Stärke des EU-Gasmarktes liege in dessen Offenheit.
Auch Henrike Hahn, industriepolitische Sprecherin der Grünen im EU-Parlament sieht den Vorschlag der gemeinsamen Beschaffung von Erdgasvorräten durch die EU-Staaten kritisch. Dadurch komme es nicht notwendigerweise zu reduzierten Preisen für Konsumenten, so die Abgeordnete. Um Marktmanipulation in Zukunft zu verhindern, sollten Mitgliedsstaaten eine angemessene Überprüfung ihrer Gasreserven anstreben.
Die Bundesregierung gab am Mittwoch bekannt, die Vorschläge zur gemeinsamen Gasbeschaffung “genau prüfen” zu wollen. Die Ergebnisoffenheit der Bundesregierung bei dem Thema ist etwas überraschend, hatte sie zuvor stets angedeutet, dass der liberalisierte Energiemarkt gut sei, wie er ist. Die Speicher in Deutschland seien aktuell zu 70 Prozent (Stand 11.10.2021) gefüllt, die Versorgungssicherheit in Deutschland weiterhin hoch, erklärte das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) auf Anfrage des Europe.Table.
Handlungsbedarf, den Energiemarkt in der aktuellen Situation zu reformieren, sieht das BMWi daher nicht. Über die Befüllung von Speichern entscheide der Markt, beziehungsweise der Händler, der die entsprechenden Kapazitäten bucht. “Dabei handelt es sich um privatrechtliche Verträge”, so das Ministerium. Zwar sei die derzeitige Situation auch für Deutschland “eine Belastung”, doch die Versorgungssicherheit, zum Beispiel durch Engpässe, sei nicht gefährdet. “Die in Deutschland bestehende Nachfrage wird vollständig bedient”, erklärt das BMWi.
Aus dieser Lageeinschätzung des BMWi wird deutlich, warum sich die Begeisterung in Deutschland, gemeinsam mit anderen EU-Staaten Gas einzukaufen, in Grenzen hält. Deutschlands Energiemix ist nicht ganz so sehr vom Gas abhängig, wie beispielsweise der Spaniens oder Italiens. Die Auswirkungen durch eine tiefgreifende Veränderung des Energiemarkts könnten hierzulande größer sein, als die derzeitige Energiekrise. Mit Timo Landenberger
Rat der EU: Auswärtige Angelegenheiten
18.10.2021 09:30 Uhr
Akteure: Rat der EU
Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung steht der Meinungsaustausch über tagesaktuelle außenpolitische Themen wie die Beziehungen zu den Golfstaaten und die Östliche Partnerschaft.
Vorläufige Tagesordnung
Plenartagung des EU-Parlaments: Aussprachen zur Strategie “Vom Hof auf den Tisch” sowie zur Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik
18.10.2021 17:00-22:00 Uhr
Akteure: ENVI, AGRI, ECON, EMPL
Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung stehen der Bericht über eine Strategie für ein faires, gesundes und umweltfreundliches Lebensmittelsystem (Strategie “Vom Hof auf den Tisch”), die Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets 2021 sowie die Beschäftigungs- und Sozialpolitik des Euro-Währungsgebiets 2021.
Vorläufige Tagesordnung
Wöchentliche Kommissionssitzung
19.10.2021
Akteure: EU-Kommission
Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung stehen das Arbeitsprogramm der Kommission für 2022 sowie die Auswirkungen von COVID-19 auf die europäische Wirtschaftspolitik. Im Anschluss findet gegen 15:00 Uhr eine Pressekonferenz statt.
Vorläufige Tagesordnung Live Pressekonferenz ab 15 Uhr
Rat der EU: Allgemeine Angelegenheiten
19.10.2021 10:00 Uhr
Akteure: Rat der EU
Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung steht unter anderem ein Meinungsaustausch über die Vorbereitung der Tagung des Europäischen Rates vom 21.10.-22.10.2021 sowie zum jährlichen Rechtsstaatlichkeitsdialog. Außerdem informiert der Vorsitz über die Konferenz zur Zukunft Europas.
Vorläufige Tagesordnung
Plenartagung des EU-Parlaments: Aussprache und Abstimmungen über Haushaltspläne
19.10.2021 12:00-15:00 Uhr
Akteure: BUDG, CONT, ITRE
Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung stehen unter anderem eine Aussprache über den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2022, eine Abstimmung über den Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans sowie eine Abstimmung über das Gemeinsame Unternehmen im Rahmen von “Horizont Europa”.
Vorläufige Tagesordnung
EuGH-Urteile zur Übernahme von Fluggesellschaften
20.10.2021
Akteure: Easy Jet, Air Berlin, Polskie Linie Lotnicze, Lufthansa, EU-Kommission
Agenda: Der EuGH entscheidet darüber, ob die Entscheidungen der EU-Kommission, den geplanten Erwerb bestimmter Vermögenswerte von Air Berlin durch Easy Jet sowie den geplanten Erwerb bestimmter Vermögenswerte von Air Berlin durch Lufthansa zu genehmigen, wettbewerbsrechtlich zulässig waren.
Informationen
Dreigliedriger Sozialgipfel
20.10.2021
Akteure: Präsident des Europäischen Rats, Präsidentin der EU-Kommission, Vorsitzender Rat der EU, europäische Sozialpartner
Agenda: Die vorläufige Tagesordnung war zu Redaktionsschluss noch nicht bekannt.
Informationen Hintergrund
Plenartagung des EU-Parlaments: Aussprache zum Klimagipfel der UN
20.10.2021 12:00-14:00 Uhr
Akteure: ENVI
Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung steht die Aussprache zum Klimagipfel der UN in Glasgow vom 01.11.-12.11.2021.
Vorläufige Tagesordnung
Plenartagung des EU-Parlaments: Abstimmungen über Haushaltspläne und über die Strategie “Vom Hof auf den Tisch”
20.10.2021 14:00-15:00 Uhr
Akteure: BUDG
Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung steht die Abstimmung über den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2022 sowie die Abstimmung über die Strategie “Vom Hof auf den Tisch”.
Vorläufige Tagesordnung
Plenartagung des EU-Parlaments: Aussprache zur Methanstrategie
20.10.2021 15:00-22:00 Uhr
Akteure: ENVI
Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung steht die Aussprache zur EU-Strategie zur Verringerung der Methanemissionen.
Vorläufige Tagesordnung
Europäischer Rat
21.10.-22.10.2021
Akteure: Europäischer Rat
Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung stehen eine Bestandsaufnahme der epidemiologischen Lage in der EU, Beratungen über den Stand der digitalen Agenda, der Umgang mit dem jüngsten Anstieg der Energiepreise und die Bewertung der Migrationssituation.
Informationen Vorläufige Tagesordnung
Plenartagung des EU-Parlaments: Abstimmung zur Methanstrategie
21.10.2021 12:00-14:00 Uhr
Akteure: ENVI
Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung steht die Abstimmung über die EU-Strategie zur Verringerung der Methanemissionen.
Vorläufige Tagesordnung
Heute wollen die Sondierer die Geschäftsgrundlage für Koalitionsverhandlungen vorstellen – und immer wieder betonen sie, dass sich eine künftige Regierung um die großen Fragen unserer Zeit kümmern müsse.
Doch wie das genau bewerkstelligt werden soll, ist offen. Nun haben einflussreiche Akteure unter der Überschrift “Deutschlands neue Agenda” der deutschen Politik einen deutlichen Auftrag ins Stammbuch geschrieben: Wenn die künftige Regierung die Klimaziele 2030, 2045 und 2050 erreichen wolle, müsse sie so schnell wie möglich handeln und alles dafür tun, dass Deutschland sich technologisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich auf dieses Ziel einschwöre.
Diese bedeuteten tiefgreifende Änderungen, erläutert Veronika Grimm, Mitglied im Sachverständigenrat für die Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: Ein “Dickes Brett, das die nächste Bundesregierung zu bohren hat” – und kritisiert damit indirekt Angela Merkels Regierungszeit: Das habe man bereits 2006 gewusst. “Auch wenn die Umsetzung noch nicht ganz ausbuchstabiert ist, besteht kein Zweifel daran, dass Geschäftsmodelle auf fossiler Basis keine Zukunft mehr haben.” Das müsse nun auch politisch anerkannt und gestaltet werden.
Der Präsident des Umweltbundesamtes Dirk Messner sieht mehrere Gelingensbedingungen für eine erfolgreiche Politik: “Klimaneutralität und nachhaltiges Wirtschaften, das wird so etwas wie eine neue Staatsräson, ein nicht hintergehbares Zielsystem.” Darin sei sich nicht nur die Runde der Beteiligten einig, dies müsse auch für die künftige Bundesregierung gelten.
Man dürfe sich “nicht mehr im Klein-Klein verheddern”, dafür sei keine Zeit – weshalb Klima und Umweltpolitik ein Projekt aller Ressorts werden müsse. “Klimawandel muss Chefsache werden”, so Messner, dessen Behörde dem Bundesumweltministerium nachgeordnet ist. “Das muss vom Kanzleramt vorangebracht werden.” Eine weitere Voraussetzung sei die “Modernisierung des Staates”, insbesondere auch der Verfahrens- und Planungsbeschleunigung. Zudem sei klar, dass Deutschland und Europa nicht der Nabel der Welt seien: “Das Klima retten wir nicht in Deutschland, auch nicht in Europa, sondern nur, wenn wir uns mit den großen Emittenten zusammenschließen, allen voran USA und China.”
Die Wunschliste der Initiative, die von der Zementindustrie über Chemieunternehmen und die Automobilwirtschaft bis hin zu Vertretern von Ministerien reicht, ist dabei umfangreich. Stefan Schaible von der Unternehmensberatung Roland Berger betont daher, er sehe in den vergangenen Jahren massive Veränderung aufseiten der Wirtschaft. Es habe ein Umdenken eingesetzt, nun ginge es weniger um das Was, als um das Wie: Er erlebe die “Notwendigkeit von Wirtschafts- und Verbandsebene darüber zu reden, um eine verlässliche Planung zu haben.” Als Beispiel nennt Schaible die Stahlindustrie: Wenn diese jetzt Investitionen plane, hätten diese eine Laufzeit von 20 bis 30 Jahren.
Was alles genau getan werden solle, dazu haben die Initiatoren einen umfangreichen Maßnahmenkatalog zusammengestellt. Der reicht von einer Reform des Abgaben-, Umlagen- und Steuersystems – so wird unter anderem die Senkung der Stromsteuer auf das europäische Minimum und die Abschaffung der EEG-Umlage gefordert – über die schrittweise, sektorenübergreifende Zusammenführung von europäischen Emissionshandelssystemen bis zur massiven Beschleunigung des Ausbaus von Energienetzen und Erneuerbaren Energien. “Wir sind da noch zu langsam, auch für Wasserstoff-Backbones, wir schließen den deutschen Süden zu spät an“, beklagt etwa die Ökonomin Veronika Grimm.
Und auch bei der Digitalisierung gelte: Nicht kleckern, sondern klotzen. So fordert der Zusammenschluss unter anderem den Gigabit-Glasfaserausbau binnen vier Jahren flächendeckend abzuschließen. UBA-Präsident Dirk Messner sieht sogar einen Vorteil darin, wenn Klimaschutz und Digitalisierung zusammen betrachtet würden: “Der Wettbewerbsvorteil könnte darin liegen, dass wir systematisch Digitalisierung auf die Ziele dieses Jahrhunderts ausrichten.”
Nur wenn es darum geht, wie diese Ziele ganz konkret erreicht werden sollen, bleibt auch diese Allianz vage. Wie soll das alles gelingen, wenn da gar keiner ist, der den Spaten in die Hand nimmt? Angesichts des Mangels an Arbeitskräften müsse auch das Verhältnis zur Zuwanderung überdacht werden. “Man muss es den Menschen attraktiv machen”, sagt Veronika Grimm, ein Zuwanderungsgesetz allein reiche nicht aus. Außerdem müsse massiv für kommende Bedarfe ausgebildet und heutige Fachkräfte rechtzeitig umgeschult werden.
Doch die Zeit bis 2030 ist knapp, und die meisten, die bis 2045 für die anstehenden Aufgaben auf den Arbeitsmarkt kommen sollen, sind heute bereits geboren. “Es ist ein Riesenasset, dass wir mit diesem industriellen Bereich diese ingenieursgetriebene Struktur haben, um als Entwicklungshaus der Welt oder Europas in diesen Wandel zu gehen”, sagt Roland Berger-Mann Stefan Schaible.
Es komme nun darauf an, dass die Parteien sich zusammenrauften und die gemeinsame Aufgabe akzeptierten. “Die Ambitionen der Grünen sind mit Konzepten der FDP gut zu kombinieren“, sagt die Ökonomin Veronika Grimm. Es gehe darum, das Umweltthema aus der “Grünen-Bubble” herauszuholen, so UBA-Präsident Messner. Eine “einmalige Chance, die richtigen Weichen zu stellen” sei jetzt da, so Stefan Schaible. Es gehe um eine gut moderierte, radikale Veränderung.
Eine ganz konkrete Strukturvorgabe für die Umsetzung ihrer Pläne durch die kommende Bundesregierung verkneifen sich die Initiatoren jedoch: In jedem Fall müsse das Kanzleramt das Thema aktiv vorantreiben.
Also ein Klimawandelkanzler Olaf Scholz, der die Kompetenz an sich zieht? Nein, das ist dann doch zu scharf. Als Leitmotiv müsse der Wandel über alle Ressorts durchgezogen werden, da ist sich die Allianz einig. Es gehe darum, in allen relevanten Sektoren gleichzeitig das Notwendige anzuschieben – und das klingt wie ein deutlicher Seitenhieb nicht zuletzt auf die bisherigen Amtsinhaber in Bundesverkehrs-, Bundeswirtschafts-, Bundeslandwirtschafts- und Bundesinnenministerium.
Die deutsche Wirtschaft schlägt Alarm: Im Streit um Nordirland müssten die EU und Großbritannien am bestehenden Brexit-Vertrag festhalten und einen Handelskrieg vermeiden, sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Joachim Lang. “Beide Seiten müssen ohne Wenn und Aber zu ihren Verpflichtungen stehen. Es braucht Stabilität in der neuen Partnerschaft, damit wechselseitige Investitionen auch in Zukunft erfolgreich sind.”
Doch die neue Partnerschaft, die am 24. Dezember 2020 mit einem bis zuletzt heftig umstrittenen Handels- und Kooperationsabkommen besiegelt wurde, steht auf wackligen Füssen. Wenn es dumm läuft, könnten die Spannungen wieder pünktlich zu Weihnachten eskalieren, sagen Skeptiker in der EU-Kommission in Brüssel. Am Mittwoch war die Kommission zwar mit neuen Vorschlägen auf London zugegangen. Doch die Positionen liegen immer noch so weit auseinander, dass der Konflikt jederzeit aufflammen kann.
Aus EU-Sicht geht es um die Vertragstreue Großbritanniens und um den Schutz des europäischen Binnenmarkts. Die britische Regierung hat die vollständige Neuverhandlung des im Brexit-Abkommen vereinbarten Nordirland-Protokolls verlangt, um den Handel zwischen der britischen Insel und Nordirland zu erleichtern. Außerdem lehnt sie den Europäischen Gerichtshof (EuGH) als oberste Schlichtungsstelle bei Streitfragen ab. Damit überschreitet sie jedoch zwei rote Linien der EU.
Die Mitwirkung des EuGH sei eine Grundvoraussetzung für den Zugang Nordirlands zum Binnenmarkt, sagte der EU-Botschafter in London, João Vale de Almeida. “Ohne Europäischen Gerichtshof gibt es keinen Binnenmarkt.” Die EU-Kommission will auch nicht am Brexit-Abkommen rütteln und das Nordirland-Protokoll neu verhandeln. “Pacta sunt servanda”, heißt es in Brüssel. “Das Protokoll kann nicht nachverhandelt werden. Es ist Teil der Lösung des Problems”, erklärte der Chef des außenpolitischen Ausschusses im Europaparlament, David McAllister (CDU). “Das Problem ist und bleibt der Brexit.”
Die EU bietet stattdessen eine flexible Auslegung an. So soll die Einfuhr von “identitätsbezogenen Produkten” (identity related products) nach Nordirland erlaubt werden. Dabei geht es vor allem um tiefgekühlte Würstchen aus England, an denen sich im Sommer der Streit entzündet hatte. Auch bei Medikamenten und Pflanzenschutzmitteln will die EU künftig nicht mehr so genau hinschauen. Die britischen Produkte sollen als solche gekennzeichnet werden, damit es keine Probleme im Binnenmarkt gibt.
Die Maßnahmen sollen für einen Großteil der für Nordirland bestimmten Waren gelten, erklärte Vizekommissionspräsident Maroš Šefčovič bei der Vorstellung des europäischen Angebots. Um 80 Prozent würden Kontrollen reduziert, die Zollformalitäten um 50 Prozent. Die Vorschläge seien eine “aufrichtige Antwort auf die Sorgen” in Nordirland. Es werde eine Art “Schnellspur” für Produkte geschaffen, so Šefčovič.
Die erste Reaktion von Unternehmen in Nordirland war positiv. Auch die “Times” in London begrüßte die Vorschläge: “Boris Johnson sollte die Chance nutzen, eine Einigung über das Nordirland-Protokoll zu erzielen und Verbraucher und Unternehmen nicht länger der Unsicherheit auszusetzen.” Doch der britische Premier hielt sich am Donnerstag, einen Tag nach dem Angebot aus Brüssel, bedeckt. Die Drohung aus London, Artikel 16 zu nutzen und das Nordirland-Protokoll auszusetzen, steht weiter im Raum.
Für zusätzliche Verunsicherung sorgen Aussagen des früheren Johnson-Beraters Dominic Cummings. Er selbst habe nie vorgehabt, sich an das Protokoll zu halten, erklärte Cummings auf Twitter. Johnson sei das Protokoll nur zum Schein eingegangen, sagt auch der Abgeordnete der nordirisch-protestantischen Partei DUP, Ian Paisley. “Boris Johnson hat mir persönlich gesagt, dass er sich nach Zustimmung zu dem Protokoll dafür einsetzen werde, es zu ändern und sogar in Stücke zu reißen”, erklärte er der BBC.
Damit ist die Glaubwürdigkeit des britischen Premiers erschüttert, wieder einmal. Aber auch das Vertrauen in die Vertragstreue Großbritanniens hat gelitten – nicht nur in Brüssel, sondern auch darüber hinaus. Schließlich geht es um einen internationalen Vertrag, über den sich Johnson und sein Brexit-Minister David Frost offenbar bewusst hinwegsetzen wollen. Frost hatte das Protokoll am Dienstag bei einer groß angekündigten Rede in Lissabon für gescheitert erklärt und Verhandlungen über eine neue Vereinbarung gefordert. Er hat die internationale Bühne gesucht – und dort einen Vertragsbruch gefordert.
Doch auch die EU-Seite hat Fehler gemacht. Sie hat die Brisanz des “Würstchenkriegs” viel zu spät erkannt und die Entschlossenheit der Briten unterschätzt. Umso mehr verhärtet sich nun die Position in Brüssel. “Auch die EU kann Hardball spielen”, zitiert die “Welt” einen ungenannten europäischen Diplomaten. Zunächst setzt man jedoch auf Dialog. Die britische Regierung kündigte am Donnerstag “intensive Gespräche” an. Zunächst setzt man jedoch auf Dialog. Die britische Regierung kündigte am Donnerstag “intensive Gespräche” an. Frost wird am Freitag in Brüssel erwartet, wo er mit Šefčovič über die EU-Vorschläge sprechen will. Bleibt zu hoffen, dass die Verhandlungen rechtzeitig vor Weihnachten beendet werden – und nicht doch noch in einen Handelskrieg münden.
Die für Telekommunikation und Digitales zuständigen EU-Minister:innen haben gestern bei einer informellen Rats-Videokonferenz erstmals tiefergehend über den Kommissionsvorschlag zu einer Verordnung für Künstliche Intelligenz diskutiert. Im Zentrum der Debatte stand die regulatorische Ausgestaltung der Verordnung sowie die Herausforderungen für ihre effektive Umsetzung.
Deutschland wurde durch Claudia Dörr-Voß vertreten, Staatssekretärin für Wirtschaft und Energie. Sie sagte, dass die Bundesregierung den horizontalen und risikobasierten Regulierungsansatz des Kommissionsvorschlages begrüße. Die regierungsinterne Prüfung des Vorschlags sei jedoch aufgrund seiner Komplexität noch nicht abgeschlossen. Nachbesserungsbedarf merkte Dörr-Voß bei der Liste der verbotenen KI-Anwendungen sowie bei der Liste von Hochrisiko-KI-Anwendungen an. Sie betonte zudem, wie wichtig die Unterstützung von KMUs und Start-ups innerhalb der Verordnung sei. Denn “an ihnen müssen wir die Praktikabilität der Vorschriften messen, wenn wir die europäische Wettbewerbsfähigkeit stärken wollen.”
Kritischer äußerte sich der niederländische stellvertretende Ständige Vertreter Michael Stibbe. Er gab zu bedenken, dass für eine effektive Umsetzung des Gesetzes mehrere Begriffe näher erläutert werden müssten, darunter die Definition und der Umfang von KI, die verbotenen KI-Anwendungen sowie Kontrollmechanismen. In diesem Kontext bezeichnete er den Kommissionsvorschlag als teilweise intransparent, was zu Rechtsunsicherheit führen würde.
“Wir sind auf dem wichtigen Weg”, fasste der Vertreter der slowenischen Ratspräsidentschaft, Boštjan Koritnik, die Debatte zusammen. In vielen Punkten seien sich die Mitgliedstaaten einig, aber Diskussionsbedarf gebe es noch bei der Governance-Struktur: Diese werde zwar von der Mehrheit befürwortet, wie die nationalen Kompetenzen innerhalb dieser Struktur zur Geltung kommen, müsse jedoch noch geklärt werden. Auch bezüglich des risikobasierten Ansatzes der Verordnung müsse noch das richtige Gleichgewicht zwischen Schutzauftrag und der Förderung von Innovationen gefunden werden.
Koritnik bestätigte, dass die slowenische Ratspräsidentschaft weiterhin plane, für das Gesetzesvorhaben noch diesen Dezember einen Fortschrittsbericht oder einen ersten Kompromissvorschlag zu verabschieden (Europe.Table berichtete). Jasmin Kohl
Bundeskanzlerin Angela Merkel pocht auf mehr Einheit in der Europäischen Union. “Machen wir uns nichts vor: Seit einiger Zeit wirken Fliehkräfte in der EU”, sagte Merkel am Donnerstag bei der Entgegennahme des spanischen Karl-V-Europapreises im spanischen Kloster Yuste. Diese Fliehkräfte entstünden, wenn der Kitt gemeinsamer Werte brüchig werde, die Europäische Union ihre Zusagen nicht erfülle, gesellschaftliche Entwicklungen mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten erfolgten und wirtschaftliche sowie soziale Unterschiede zu groß würden.
“Europa ist nur so stark, wie es einig ist“, betonte sie. Ohne einzelne Länder zu nennen, pochte Merkel darauf, die gemeinsame Wertebasis der EU einzuhalten. Wenn nationale Interessen über den gemeinsamen Nutzen gestellt würden, komme die Europäische Union in eine Schieflage. Zuletzt hatte das polnische Verfassungsgericht geurteilt, dass nationales Recht über dem EU-Recht stehe.
Konkret forderte Merkel eine gemeinsame europäische Migrationspolitik. Daneben setzte sich die Kanzlerin für eine solide Finanzpolitik in der EU ein. Nur dies garantiere, dass man in Krisenzeiten dann auch Solidarität üben könne, sagte sie in ihrer Rede. Die Einheit in der EU sei auch wichtig, um sich gegen andere Mächte wie China zu behaupten. Die Europäische Union müsse technologisch unabhängiger werden und endlich das selbst gesteckte Ziel erreichen, drei Prozent seiner Wirtschaftsleistung für Forschung und Entwicklung auszugeben.
Zudem forderte Merkel stärkere Anstrengungen beim Klimaschutz. Es werde noch ein hartes Stück Arbeit, die Umsetzung der angestrebten EU-Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen. Sie warb für mehr Investitionen. “Viel zu oft wird über die Kosten des Klimaschutzes geredet, viel zu wenig über Kosten des unterlassenen Klimaschutzes”, sagte die Kanzlerin. rtr
Inmitten stark steigender Energiepreise werden die deutschen Verbraucher zumindest beim Strom entlastet: Der Aufschlag zur Förderung des Ökostroms werde sich 2022 auch dank eines staatlichen Milliarden-Zuschusses um gut 40 Prozent verringern, sagten Regierungs- und Branchen-Vertreter am Donnerstag. Die sogenannte EEG Umlage, die grundsätzlich alle Verbraucher zahlen müssen, sinke auf etwas über 3,7 Cent pro Kilowattstunde von derzeit 6,5 Cent. Die Umlage hat in der Vergangenheit für Privat-Haushalte rund ein Viertel des Gesamt-Strompreises ausgemacht. Auch viele Industriebetriebe werden von der Senkung profitieren.
Die vier großen Stromnetz-Betreiber wollen die Höhe der EEG Umlage am Freitag veröffentlichen. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier will sich angesichts der hohen Energiepreise dann ebenfalls äußern. Die zuletzt rasant gestiegenen Energiepreise haben europaweit die Regierungen alarmiert. Der Wirtschaftsaufschwung nach der Corona-Krise und geleerte Gas-Speicher nach einem strengen Winter hatten die Preise getrieben. Der Gas-Preis hat zudem einen erheblichen Einfluss auf die Strompreise.
Die Europäische Kommission hat am Mittwoch ihre Toolbox gegen die Angespannte Lage an den Energiemärkten vorgestellt (Europe.Table berichtete). Der Leitfaden listet etliche Maßnahmen auf, welche die EU-Staaten im Einklang mit EU-Recht kurzfristig ergreifen können, um Verbraucher und Industrie vor den rekordhohen Energiepreisen zu schützen.
In der Corona-Krise waren die Strompreise an den Börsen noch eingebrochen. Da die Umlage die Differenz zwischen den garantierten, höheren Abnahmepreisen für Solar- und Windparks und den Tarifen an der Börse ausgleicht, drohte sie auf fast zehn Cent zu steigen. Die Regierung sagte daher insgesamt elf Milliarden Euro zu, damit die Umlage nicht zu stark steigt.
Nun ist die Lage umgekehrt: Da die Strompreise derzeit an den Börsen auf Rekordhoch sind, ist die auszugleichende Differenz klein. Dies allein hätte bereits zu einer Senkung der Umlage auf 4,3 Cent geführt. Da außerdem der Bund Regierungskreisen zufolge weitere 3,25 Milliarden Euro zuschießt, wird die Umlage 2022 nun auf etwas über 3,7 Cent gedrückt.
Der Verbraucher muss allerdings die gestiegenen Preise an der Börse sowie steigende Abgaben für die Stromleitungen tragen. Durch die Senkung der EEG Umlage könnte laut Berechnungen der Denkfabrik Agora Energiewende der Endpreis für die Haushalte 2022 aber in etwa stabil bleiben. rtr/til
Gewerkschaften und Unternehmen der Luftfahrt sind gemeinsam gegen Wettbewerbsnachteile für europäische Airlines durch die geplanten schärferen Klimaschutzregeln in der Europäischen Union eingetreten. Es müsse verhindert werden, dass Fluggesellschaften und die großen Flughafen-Drehkreuze innerhalb der EU gegenüber Konkurrenten aus Drittstaaten benachteiligt werden, erklärten die Luftfahrtverbände BDL und BDLI, die Gewerkschaften IG Metall, UFO, Verdi und Vereinigung Cockpit am Donnerstag. Der EU sei es schon bisher nicht gelungen, international gleiche Rahmenbedingungen zu schaffen. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Branche werde deshalb schon erheblich geschwächt.
Dabei geht es vor allem um Konkurrenten aus den Golf-Staaten wie Emirates oder Qatar Airways. Aber auch gegenüber dem Drehkreuz London werden nach dem EU-Austritt Großbritanniens Nachteile durch laschere Klimaschutzvorschriften dort befürchtet. Die EU hat vorgeschlagen, dass Fluggesellschaften künftig mehr für CO2-Verschmutzungsrechte zahlen müssen.
In dem gemeinsamen Papier fordern Gewerkschaften und Verbände, die CO2-Emissionen pro Passagier bei Zubringerflügen zu Langstreckenverbindungen im EU-Emissionshandelssystem (ETS) herauszurechnen. Die Pflicht zur Beimischung des noch sehr teuren CO2-freien synthetischen Kraftstoffes beim Kerosintanken solle auf innereuropäische Flüge beschränkt bleiben, bis es eine internationale Regelung gäbe.
Generell bekennen sich die Unterzeichner aber zum Kampf gegen den Klimawandel, für den die Luftfahrt weltweit mit drei bis fünf Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich ist. rtr
Der Konsum der Menschen wächst weiter an und mit ihm der weltweite Gütertransport. Bereits jetzt verstopfen dieselbetriebene LKW Europas Straßen und schaden dem Klima. Das Unternehmen CargoBeamer setzt deshalb auf den Lastentransport per Schiene. Es entwickelt einerseits Bahnwaggons, auf denen alle Arten von Trailern transportiert werden können – und andererseits Terminals, in denen sie sich in Rekordtempo verladen lassen.
Für dieses Geschäftskonzept steht auch Nicolas Albrecht, der hier seit eineinhalb Jahren als Chief Business Development Officer und Vorstandsmitglied die Zügel in der Hand hält. Er hat in den USA studiert und spricht von customs, reliability oder debottlenecking, arbeitet heute aber statt im Silicon Valley in der europäischen Gütertransportbranche.
Albrecht sieht die Herausforderungen, vor denen ein privates Unternehmen im Umfeld von Konkurrenten wie DB Cargo und SNCF steht. Und er ärgert sich über das schleppende Fortschreiten der Digitalisierung. Auch Regelungen und Mobilitätspläne, die die europäische Dimension ausklammern oder innovative Industrieprojekte ausbremsen, sind ihm ein Dorn im Auge. Ein Beispiel, das er anführt: “Jede Partei spricht sich in ihrem Wahlprogramm für nachhaltige Verkehrsträger wie die Schiene aus. Aber in den Kommunen hängen wir dann europaweit jahrelang in den Planverfahren, um eine Baugenehmigung für ein Terminal zu bekommen. Und private Geldgeber investieren Milliarden in wasserstoff- oder elektrobetriebene LKW, nicht aber in die Schiene, die nachhaltiger, sicherer und effizienter ist.”
Doch Nicolas Albrecht sieht seine Aufgabe nicht darin, sich mit der Politik herumzustreiten. “Ein kleines Unternehmen wie CargoBeamer kann sich nicht intensiv mit jeder einzelnen Gesetzesauslegung befassen, um sich zu beschweren oder Lobbyarbeit zu machen. Aber es wird sowieso viel zu viel über Politik gesprochen und viel zu wenig über konkrete Lösungsansätze”, sagt er.
Stattdessen krempelt das junge Team von CargoBeamer die Ärmel hoch. Nicolas Albrecht profitiert dabei von seinem Ökonomie-Studium in Stanford, seiner Tätigkeit als Unternehmensberater bei der Boston Consulting Group und seiner Berufserfahrung beim Rohstoffkonzern Glencore. Bei Glencore war er als kontinentaler Leiter für Südamerika für 10.000 Mitarbeiter verantwortlich. “Da habe ich verwaltet, was Andere vor mir aufgebaut haben. Jetzt betrachte ich es als Herausforderung, selbst eine Industrie mitzuverändern und Lösungen für gesellschaftliche Probleme zu finden”, erklärt der gebürtige Münchner.
Als Nicolas Albrecht bei CargoBeamer einstieg, bestand das Team noch aus elf Leuten, inzwischen sind es fast sechzig. Ein Unternehmen, das so schnell wächst, profitiert von einer Führungskraft wie ihm. Denn er weiß, wie eine große Organisation funktioniert und wodurch sich eine gute Struktur von einer schlechten unterscheidet. Jana Degener-Storr
Was Du heute kannst besorgen, das verschiebe lieber gleich auf nächste Woche. Dabei sollte es doch eigentlich ganz schnell gehen. Bereits im Juli hat die Europäische Kommission ihr Fit-for-55-Gesetzespaket zur Umsetzung der EU-Klimaziele vorgelegt (Europe.Table berichtete). Seither liegt der Ball beim EU-Parlament und die Zeit drängt. Das 1,5-Grad-Ziel ist kaum noch zu erreichen, das hat spätestens die Veröffentlichung des IPCC-Berichts noch einmal deutlich gemacht (Europe.Table berichtete).
Nach der wohlverdienten parlamentarischen Sommerpause stürzten sich die Abgeordneten also voller Tatendrang auf die begehrten Dossiers (Europe.Table berichtete). Wer darf als Berichterstatter die Position des Parlaments bei den Verhandlungen mit Kommission und Rat vertreten? Und wer bekommt das Europäische Emissionshandelssystem (ETS) – der Ferrari unter den Fit-for-55-Files? (Zugegeben, der Vergleich ist in Zeiten der Dekarbonisierung des Straßenverkehrs womöglich überholt.)
Besonders eilig hatte es dem Vernehmen nach der Vorsitzende des Umweltausschusses Pascal Canfin (Renew). Der EU-Abgeordnete aus Frankreich bestellte die Ausschuss-Koordinatoren der jeweiligen Fraktionen praktisch direkt aus dem Urlaubsflieger ein, um die Berichte zu verteilen. Der Elektro-Ferrari geht übrigens an die EVP: ETS-Berichterstatter wird demnach Peter Liese (CDU)
Derweil ist noch nicht mal final geklärt, welcher Ausschuss überhaupt für welches Dossier federführend zuständig sein wird. Vergangene Woche hatte die Konferenz der Präsidenten im EU-Parlament die endgültige Entscheidung treffen wollen, diese aber aufgrund von Uneinigkeiten auf den gestrigen Tag verschoben. Das Spiel wiederholte sich, eine Einigung ist nun für kommenden Donnerstag geplant.
In Parlamentskreisen heißt es, im Verkehrsausschuss sei man noch nicht einverstanden mit den Zuständigkeiten des Industrieausschusses. In den gleichen Kreisen heißt es aber auch, der ITRE habe Zweifel bezüglich der Zuständigkeiten des Umweltausschusses angemeldet und letzterer sei überhaupt der Überzeugung, für sämtliche Files zuständig zu sein. Schließlich geht es ja ums Klima.
Klar ist also im Grunde nur eins: Die Zeit drängt tatsächlich. Timo Landenberger