auch nach Ostern sind wir nicht schlauer, ob und wie schnell Europa ohne russisches Gas auskommt. Arbeitgeber und Gewerkschaften warnen vor einem Gas-Importstopp aus Russland, wie Sie heute in den News lesen. Die Preise für Strom und Gas werden auch in den kommenden Monaten weiter steigen, heißt es derweil vom Vergleichsportal Verivox, das sich auf Veröffentlichungen von Energieanbietern bezieht.
Erdgas aus Deutschland ist für den Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck aber weiterhin kein Thema. In der Norddeutschen Tiefebene säße man zwar auf einer großen Menge Gas, allerdings käme man nur mit Fracking heran. “Man müsste also mit großem Druck und chemischen Substanzen tiefe Gesteinsschichten zerstören, um das Gas zu gewinnen”, sagte er und verwies auf negative Folgen für die Umwelt. Im Moment gibt es laut Habeck auch keine Unternehmen, die das wollen. Zudem würde es “Jahre dauern, neue Förderungen hochzuziehen und die Genehmigungsverfahren hinzubekommen”.
Große Hoffnungen, den Energiesektor sowie die Industrie der EU zu dekarbonisieren, liegen im europäischen Emissionshandel. Bekanntlich funktioniert das aber nur mit ausreichendem Schutz vor Carbon Leakage. Damit europäische Produzenten trotz hoher CO2-Preise international wettbewerbsfähig bleiben, soll der CO2-Grenzausgleichsmechanismus CBAM dafür sorgen, dass ausländische Importeure zur Kasse gebeten werden, sofern sie nicht klimafreundlich produzieren. Die genaue Ausgestaltung des Instruments sorgt aktuell mal wieder für Diskussionen im EU-Parlament, da ein Kompromissvorschlag des Industrie- und Energieausschusses an anderen Stellen auf wenig Gegenliebe stößt. Inhalt und Kritikpunkte am Kompromiss lesen Sie in der heutigen Ausgabe des Europe.Table.
Ende 2022 will die EU-Kommission das europäische Arzneimittelrecht grundlegend überarbeiten. Bei der Pharmaindustrie schrillen deshalb Alarmglocken. Nun versucht sie mit eigenen Vorschlägen zur Verbesserung des Medikamentenzugangs die Marschrichtung für die anstehenden Reformen vorzugeben, analysiert Eugenie Ankowitsch.
Im heutgien Portrait erfahren Sie, was der viel beschäftigte Wirtschaftswissenschaftler und CEPS-Fellow Daniel Gros mit Barack Obama zu besprechen hatte und wie er als Deutsch-Italiener stets aus zwei Perspektiven argumentieren muss.
Ich wünsche Ihnen einen guten Start in die neue Woche und hoffe, Sie hatte erholsame Feiertage.
Die geplanten Maßnahmen der Mitgliedsunternehmen des Europäischen Verbands der pharmazeutischen Industrie (EFPIA), zu denen unter anderem 20 der weltweit größten Pharmakonzerne gehören, sollen die Verfügbarkeit innovativer Arzneimittel in EU-Ländern “wesentlich steigern”. Zudem soll die Wartezeit der Patienten für neue Arzneimittel um mehrere Monate reduziert werden, heißt es in der aktuellen EFPIA-Erklärung.
Demnach verpflichten sich die EFPIA-Mitgliedsunternehmen unter anderem dazu, Anträge auf Preisfestsetzung- und Erstattung in allen EU-Ländern so früh wie möglich und nicht später als zwei Jahre nach der zentralen EU-Marktzulassung einzureichen – sofern lokale Systeme dies erlauben.
Nur wenigen Tage zuvor hatte der Verband die bisher umfassendste EFPIA WAIT Indicator Survey veröffentlicht. Darin wird für einzelne Länder ermittelt, wie schnell neue Medikamente verfügbar sind und wie viele neue Medikamente für die Patientenversorgung zur Verfügung stehen. Die Untersuchung umfasst den Zeitraum zwischen 2017 und 2020 und zeigt, dass es nach wie vor erhebliche Unterschiede zwischen den Ländern gibt. In der Regel warten die Patienten in Mittel- und Osteuropa und in den kleineren Mitgliedstaaten am längsten auf den Zugang zu neuen Medikamenten. Viele neue Arzneimittel kommen dort erst gar nicht in der breiten Patientenversorgung an.
Die durchschnittliche Wartezeit bis zur Kostenerstattung für innovative Arzneimitteltherapien in den Ländern der EU und des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) beträgt 511 Tage. Doch während Patienten in Deutschland nur rund 133 Tage auf den Zugang zu neuen Medikamenten warten, sind es in Litauen 594 Tage und in Rumänien sogar 899 Tage.
Im untersuchten Zeitraum hat die EMA insgesamt 160 Medikamente zugelassen. Immerhin 147 haben es in Deutschland bis zur Erstattung und damit in die allgemeine Versorgung geschafft. Es folgen Dänemark (129), Österreich (127) und Italien (127). Unter den EU-Ländern belegen Litauen, Lettland und Malta die letzten Plätze mit 28, 26 und 11 erstattungsfähigen Medikamenten.
Auch bei der Verfügbarkeit von Arzneimitteln für seltene Erkrankungen liegt Deutschland an der Spitze. Im Durchschnitt dauert es 102 Tage, bis ein sogenanntes Orphan Drug hierzulande verfügbar ist. Insgesamt wurden im untersuchten Zeitraum 57 Arzneimittel von der EMA zugelassen – 54 davon schafften es auch in Deutschland. Schlusslichter sind unter den EU-Ländern auch hier Litauen und Lettland. In den beiden baltischen Staaten dauerte es 984 bzw. 1077 Tage, bis die Medikamente für seltene Erkrankungen in der Patientenversorgung ankommen. Von den zugelassenen 57 Medikamenten haben allerdings nur eines in Litauen bzw. zwei in Lettland bis zur Erstattungsfähigkeit geschafft.
“Die sehr gute Position Deutschlands in puncto Arzneimittelversorgung ist kein Zufall, sondern das Ergebnis eines jahrzehntelangen politischen Konsenses, dass zugelassene Medikamente hierzulande schnell beim Patienten ankommen sollen”, kommentierte der Präsident des Verbandes forschender Pharmaunternehmen (VFA) Han Steutel. “Deshalb ist es keine gute Idee der Ampelkoalition, dies aufs Spiel zu setzen und in versorgungsrelevanten Bereichen regulatorische Experimente zu machen.”
Der VFA-Präsident zielt mit seiner Warnung auf eine Klausel im Koalitionsvertrag ab, wonach rückwirkende Arzneimittelrabatte im AMNOG-Verfahren möglich werden sollen. Für Unternehmen seien das finanziell schwer kalkulierbare Risiken, die ihre Planungssicherheit erheblich beeinträchtigen, warnt der Verband. Sie müssten dann prüfen, ob sie ihr neues Arzneimittel erst dann in Deutschland auf den Markt bringen, wenn klar sei, wie der tatsächliche Preis nach verhandelter Rabattierung aussieht. Dann könnte es auch schnell vorbei sein mit der traditionell schnellen Verfügbarkeit von Arzneimitteln im deutschen Gesundheitssystem.
Mit Blick auf ganz Europa kommt die EFPIA-Generaldirektorin Nathalie Moll zu einem anderen Fazit: “Für Patienten und Gesundheitssysteme ist die Situation unhaltbar“, erklärte sie. “Nach jahrelanger Forschung und Entwicklung in Bereichen mit ungedecktem Bedarf wollen die Unternehmen, dass ihre Medikamente die Patienten so schnell wie möglich erreichen. Wir glauben, dass es an der Zeit ist, dies zu ändern”.
In den vergangenen zwei Jahren habe die EFPIA die Ursachen für die Ungleichheiten beim Zugang zu Arzneimitteln dokumentiert und festgestellt, dass es zehn miteinander zusammenhängende Faktoren gibt, die die mangelnde Verfügbarkeit und Verzögerungen erklären. Aus Sicht der Pharmaindustrie sind sie in den Zugangssystemen und -prozessen in den EU-Mitgliedstaaten und den entsprechenden Auswirkungen auf kommerzielle Entscheidungsfindung begründet. Sie reichten von einem langsamen Regulierungsprozess über eine späte Einleitung der Marktzugangsbewertung, doppelte Beweisanforderungen bis hin zu Erstattungsverzögerungen und lokalen Rezepturentscheidungen. Da die Ursachen multifaktoriell seien, könne man nur durch die Zusammenarbeit verschiedener Interessengruppen einen schnelleren und gerechteren Zugang für Patienten in ganz Europa erreichen.
Eine Modellierung der Analytikfirma IQVIA prognostiziert laut EFPIA, dass die Einreichungsverpflichtung die Verfügbarkeit von Arzneimitteln in mehreren Ländern von 18 Prozent auf bis zu 64 Prozent steigern werde. Darüber hinaus lasse sich die Wartezeit auf neue Medikamente dank der Verpflichtung um schätzungsweise vier bis fünf Monate reduzieren, insbesondere in Ländern wie Bulgarien (um 179 Tage), Polen (um 129 Tage) und Rumänien (um 155 Tage).
Die Einreichungsverpflichtung soll außerdem durch eine neues Online-Portal mit aktuellen Informationen zur Bearbeitung von Anträgen auf Preis- und Erstattungsregelungen in den 27 EU-Ländern flankiert werden. EFPIA kündigte zudem an, eine Diskussion über gerechte Preise für innovative Arzneimittel in den EU-Mitgliedstaaten führen zu wollen. So soll der Preis von Land zu Land je nach Wirtschaftskraft variieren, kündigte der Verband in einem Diskussionspapier an.
Darin werden die Eckpunkte eines auf Fairness basierenden Preisgestaltungssystems dargelegt, das in dem Prinzip der Solidarität zwischen Mitgliedstaaten und in den EU-Verträgen verankert sei. Die Bereitstellung eines auf Gerechtigkeit basierenden Systems erfordere, dass Kommission und Mitgliedstaaten externe Preisreferenzsysteme ändern und Mechanismen in die Wege leiten, um die unabsichtlichen Konsequenzen des Binnenhandels mit Arzneimitteln zu verhindern, heißt es.
“Wir können die Situation für Patienten in ganz Europa drastisch verändern, indem wir die Zeit für die Beantragung der Preisfestsetzung und Kostenerstattung in allen 27 EU-Mitgliedstaaten verkürzen, mehr Transparenz über Barrieren und Verzögerungen beim Zugang schaffen, ein auf Fairness basierendes Preissystem gemeinsam gestalten, ein effizientes System für EU-Bewertungen der relativen Wirksamkeit anwenden und Informationen über die Implementierung neuartiger Preismechanismen austauschen”, sagte EFPIA-Generaldirektorin Moll.
Die Bemühungen der Pharmaindustrie muten dabei wie die berühmte Flucht nach vorn an. Noch bei den Konsultationen zur geplanten Überarbeitung des EU-Arzneimittelrechts, die im Dezember 2021 abgeschlossen wurden, kamen die meisten Pharmaunternehmen und Branchenverbände in ihren Stellungnahmen zum Ergebnis, dass zwar an manchen Stellen Nachbesserungen möglich seien. Eine grundsätzliche Überarbeitung sei aber nicht nötig.
Die Europäische Kommission sieht das offenbar anders. Bei der Überarbeitung des Arzneimittelrechts stehen daher ein verbesserter Zugang zu erschwinglichen Arzneimitteln und die Beseitigung von teilweise eklatanten Ungleichheiten zwischen den EU-Mitgliedstaaten ganz weit oben auf der Agenda. Diskutiert wird etwa, Pharmaunternehmen zu verpflichten, ihre Produkte in allen EU-Mitgliedstaaten zu vermarkten und zu auszuliefern.
Eines hat die Pharmabranche inzwischen offenbar erkannt: Ein “weiter so” wird es sicherlich nicht geben. Und so ist in den aktuellen Veröffentlichungen von EFPIA keine Rede mehr von lediglich punktuellen Nachbesserungen. Vielmehr heißt es dort, dass die Industrie “die Besorgnis über diese Verzögerungen” teile und anerkenne, dass Verzögerungen und die Nichtverfügbarkeit von Arzneimitteln den Patienten schade. Es müsse dringend gehandelt werden, um diese “seit Langem bestehenden Probleme” zu lösen. Ob die mächtige Pharmaindustrie damit die Marschrichtung vorgeben und die anstehenden Reformen in ihrem Sinne beeinflussen behalten kann, wird sich voraussichtlich Ende 2022 zeigen. Dann will die EU-Kommission ihre Vorschläge vorlegen.
Geht es nach der voraussichtlichen Mehrheit der Abgeordneten des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie (ITRE) wird der geplante CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) über einen deutlich kürzeren Zeitraum eingeführt als von der EU-Kommission vorgesehen. Das geht aus einem Kompromissvorschlag zu beiden Dossiers des Fit-for-55-Pakets hervor, den Contexte kurz vor Ostern veröffentlichte.
Ende 2034 soll der CBAM die freie Zuteilung von CO2-Zertifikaten für die Industrie vollständig ersetzt haben. Die EU-Kommission hatte ein Jahr später vorgeschlagen. Allerdings will die Brüsseler Behörde schon 2026 schrittweise mit der Einführung des CBAM und dem Auslaufen der freien Zuteilung beginnen. Im ITRE-Ausschuss werden sich die EU-Abgeordneten kommende Woche voraussichtlich für das Jahr 2028 als Phase-Out-Beginn der freien Zuteilung aussprechen, während der CBAM 2027 starten soll.
Damit würden die freien Zuteilungen zunächst bis 2028 unverändert an die Industrie ausgegeben, sodass der CBAM ein Jahr lang unter Realbedingungen getestet werden könnte. Von 2023 bis 2026 soll es eine Übergangsphase zur Datensammlung geben, in der Unternehmen der CBAM-Sektoren zwar erfassen müssen, welchen finanziellen Grenzausgleich sie theoretisch zahlen müssten, diesen aber nicht entrichten. 2027 würde der CBAM eingeführt, während parallel die kostenlosen Zuteilungen vorerst in vollem Umfang erhalten bleiben.
Eine solche doppelte Bevorteilung der europäischen Produzenten könnte jedoch im Konflikt mit den Handelsregeln der WTO stehen. Aus Reihen der SPD im EU-Parlament heißt es, dass dies möglich sei, sofern zeitlich begrenzt. In anderen Fraktionen ist man da deutlich skeptischer. Im ITRE-Kompromiss wird daher explizit erwähnt, dass der CBAM WTO-konform sein muss.
Sollte der CBAM die erhoffte Wirksamkeit gegen Carbon Leakage entfalten, würden die freien Zuteilungen in den CBAM-Sektoren ab 2028 schrittweise zurückgefahren werden. Bis einschließlich 2030 zunächst um jährlich 10 Prozent, anschließend bis Ende 2034 um jeweils 17,5 Prozent.
Für Exporte sollen die freien Zuteilungen unverändert beibehalten werden. Erst nach dem Ende der Einführungsphase des CBAM solle die Kommission eine detaillierte Folgenabschätzung der “Auswirkungen auf die EU-Exporte der CBAM-Sektoren und der Entwicklung der globalen Emissionen” vorlegen, heißt es in dem Papier.
Reduziert werden sollen die freien Zuteilungen für Unternehmen, die die Empfehlungen des Energieaudit-Berichts nicht vollständig umsetzen – sofern einer durch die Energieeffizienzrichtlinie vorgeschrieben ist. Die Kommission hatte vorgeschlagen, in diesem Fall 25 Prozent weniger Zertifikate kostenlos auszugeben. Der ITRE-Kompromiss sieht vor, die Höhe der Reduktion an den Empfehlungen des Energieaudits zu bemessen, allerdings mindestens um 15 Prozent und maximal um 40 Prozent.
Die Kompromissvorschläge zu beiden Dossiers werden von der liberalen Renew-, den Konservativen von EVP- und ECR-, der sozialdemokratischen S&D- sowie der nationalistischen ID-Fraktion unterstützt. Einzig die Grünen und Linken fehlen. Die Grünen fürchten, dass der CBAM weiter abgeschwächt werden könnte, wodurch auch “die Schlagkraft des Klima-Mechanismus sich immer weiter abschwächt”, erklärt Michael Bloss (Greens/EFA) auf Anfrage von des Europe.Table. Bloss ist Schattenberichterstatter für den ETS im ENVI-Ausschuss sowie Mitglied im ITRE. Er fordert einen starken CBAM, der mithilfe hoher CO2-Preise Anreize für die Industrie setzt, CO2 einzusparen und in klimaneutrale und moderne Technologien zu investieren. Durch den Kompromissvorschlag im ITRE-Ausschuss sieht er dies nicht erfüllt.
Dennoch dürften die beiden Kompromisse im Industrieausschuss am Mittwoch eine klare Mehrheit erhalten. Wie groß die Auswirkungen der Abstimmung tatsächlich sind, ist allerdings fraglich. Zwar ist der ITRE als assoziierter Ausschuss an den Verhandlungen beteiligt und dessen Stellungnahme sollte berücksichtigt werden, federführend ist jedoch der Umweltausschuss.
Innerhalb der jeweiligen Fraktionen gibt es zudem teilweise erhebliche Unterschiede in den Positionen der Ausschussmitglieder von ITRE und ENVI. Die Unterstützung des Kompromisses im ITRE beispielsweise durch die Sozialdemokraten ist deshalb nicht gleichbedeutend mit dessen Berücksichtigung im ENVI.
Wie die Positionen im ENVI zu CBAM und ETS verteilt sind, lesen Sie hier (Europe.Table berichtete).
20.04.-22.04.2022, online
Eurogas Hydrogen Supply Chains Summit
Eurogas invites all stakeholers to discuss the concrete and practical preparation of the decarbonization of the energy sector. INFOS & REGISTRATION
20.04.-21.04.2022, online
Weconect, Conference Smart Track and Trace
Weconect addresses the requirements of the digital supply chain in pharmaceutical manufacturing. INFOS & REGISTRATION
20.04.2022 – 13:30-14:30 Uhr, online
KAS, Vortrag Wie wirksam sind die Russlandsanktionen?
Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) diskutiert über die Wirkung der Russlandsanktionen der EU und ihrer Folgen für die deutsche Wirtschaft. INFOS & ANMELDUNG
20.04.2022 – 14:00-15:00 Uhr, online
FSR, Presentation Building Net-Zero by 2050 with three building blocks: Which ones and how?
The Florence School of Regulation (FSR) takes up the question of what energy policy measures might be preferable for the EU to implement in the coming years. INFOS & REGISTRATION
20.04.2022 – 18:00-19:30 Uhr, Erfurt
KAS, Vortrag Der Klimawandel als transatlantische Herausforderung
Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) stellt zur Debatte, welche Klimapolitiken die USA und Deutschland verfolgen und von welchen Rahmenbedingungen diese geprägt sind. INFOS & ANMELDUNG
20.04.2022 – 18:00-19:15 Uhr, online
FNF, Diskussion Digitale Gesellschaft: Umgang mit Daten und Recht auf Information
Die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit (FNF) beschäftigt sich mit dem Stand der digitalen Transparenz, Quellenoffenheit und Teilhabe in Deutschland. INFOS & ANMELDUNG
21.04.2022 – 08:00-08:50 Uhr, online
VDE “Cyberfrühstück” Digitaler Produktpass
Der Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (VDE) fragt, welche Ziele der digitale Produktpass verfolgen und wie dieser konkret ausgestaltet sein sollte. INFOS & ANMELDUNG
21.04.2022 – 11:00-12:00 Uhr, online
ASEW, Seminar Klimaschutz in einem Jahr
Die Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (ASEW) informiert über die Anforderungen der Stadtwerke-Initiative Klimaschutz. INFOS & ANMELDUNG
21.04.2022 – 13:00-17:45 Uhr, Brüssel (Belgien)
Reconnect, Conference The Future of the European Union
Reconnect addresses the following three topics: ‘Stronger Rule of Law for a Stronger EU’, ‘Democratic Renewal for a More Resilient EU’ and ‘The Future of the European Union’. INFOS & REGISTRATION
21.04.2022 – 17:00-18:00 Uhr, online
FES, Seminar Wie wählt Europa? Die Parlamentswahl in Slowenien
Die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) beschäftigt sich mit der Parlamentswahl in Slowenien am 24.04.2022. INFOS & ANMELDUNG
21.04.2022 – 17:30-21:00 Uhr, Hamburg
BVMW, Diskussion Sanktionen gegen Russland. Auswirkungen auf den Mittelstand
Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) setzt sich mit den Folgen der Russland-Sanltionen für mittelständische Unternehmen auseinander. INFOS & ANMELDUNG
21.04.2022 – 18:00 Uhr, online
HSS, Seminar Der Green Deal: Europa wird CO2-frei
Die Hanns-Seidel-Stiftung (HSS) disktuiert mögliche Wege der konkreten Ausgestaltung des Green Deal. INFOS & ANMELDUNG
Kataloniens Regionalchef Pere Aragonès beschuldigte die spanische Regierung am Montag, ihre Bürger auszuspionieren. Die Menschenrechtsorganisation Citizen Lab hatte festgestellt, dass sein Telefon und die von dutzenden katalanischen Unabhängigkeitsbefürwortern mit der Spionagesoftware “Pegasus” infiziert worden waren.
Citizen Lab fand heraus, dass mehr als 60 Personen, die mit der katalanischen Separatistenbewegung in Verbindung stehen, betroffen waren – darunter mehrere Mitglieder des Europäischen Parlaments, Anwälte und Aktivisten. Auslöser für die Überwachung mit Pegasus soll der gescheiterte Versuch gewesen sein, Katalonien unabhängig von Spanien zu machen.
Es sei “beschämend und nicht zu rechtfertigen”, twitterte der katalanische Regierungschef Aragones. “Ein äußerst schwerwiegender Angriff auf die Grundrechte und die Demokratie.” Er bezeichnete den Einsatz von Überwachungssoftware als Überschreitung einer “roten Linie” und forderte Erklärungen von der spanischen Regierung. Die Regierung lehnte laut Reuters eine Stellungnahme ab.
Das israelische Unternehmen NSO Group Technologies, das die Spionagesoftware Pegasus entwickelt hat und als Strafverfolgungsinstrument vermarktet, wies die Anschuldigungen zurück. Citizen Lab und Amnesty International, die zwar nicht an dieser Untersuchung beteiligt waren, aber frühere Studien über Pegasus veröffentlicht haben, hätten ungenaue und unbegründete Berichte erstellt, um das Unternehmen anzugreifen. Die Anschuldigungen könnten aus technischen und vertraglichen Gründen nicht mit NSO-Produkten in Verbindung gebracht werden, erklärte ein Sprecher per E-Mail, ohne zu erklären, warum dies der Fall war.
Das in Toronto ansässige Citizen Lab sagte, dass fast alle Infektionen zwischen 2017 und 2020 stattfanden, als die Unabhängigkeitsbestrebungen Kataloniens Spanien in die schwerste politische Krise seit Jahren stürzten. Man könne die Spionageaktionen nicht eindeutig einer bestimmten Einrichtung zuordnen. Starke Indizien würden jedoch auf eine Verbindung zu spanischen Behörden hindeuten, heißt es. rtr/luk
Europa kann sich der bundeseigenen Deutschen Rohstoffagentur (DERA) zufolge durch eine verstärkte Wiederaufbereitung unabhängiger von russischen Importen machen. “Wir sehen noch erhebliches Potenzial beim Recycling, auch wenn wir in Deutschland schon vergleichsweise gut unterwegs sind”, sagte der Chef des DERA-Bereichs Rohstoffwirtschaft, Siyamend Al Barazi, der Zeitschrift Automobilwoche laut einer Vorabmeldung vom Montag.
Bei Kupfer, Blei, Aluminium und Nickel etwa lägen die Recyclingquoten zwischen 40 und 60 Prozent. Eine Lagerhaltung wichtiger Bodenschätze könnte dazu beitragen, kritische Phasen wie aktuell zu überbrücken: “Andere Länder wie Südkorea, Japan oder die USA betreiben staatliche Lagerhaltung, aber auch die Unterstützung unternehmerischer Lagerhaltung könnte eine Option darstellen.” Wegen des Einmarsches russischer Truppen in die Ukraine will Europa unabhängiger von Lieferungen aus Russland werden (Europe.Table berichtete).
Europa habe noch viel Potenzial, sagte Al Barazi. “In Finnland etwa gibt es Nickelvorkommen. Interessante Lithium-Lagerstätten finden sich auch in Spanien, Portugal oder Serbien. Die Frage ist aber immer, ob solche Projekte im weltweiten Vergleich wirtschaftlich betrieben werden können.” Es koste Geld und Zeit, etablierte Prozessketten grundlegend zu verändern.
Die Ukraine und Russland seien vor allem für den europäischen Markt wichtige Lieferanten etwa von Aluminium, Ferrowolfram, Nickel, Palladium und Edelgasen wie Neon, Argon und Xenon. Diese Mengen könnten nicht einfach von heute auf morgen durch andere Lieferanten ersetzt werden. Auch die Versorgung mit Titan und Titanprodukten sehe die Deutsche Rohstoffagentur sehr kritisch. rtr
Arbeitgeber und Gewerkschaften haben gemeinschaftlich vor einem Importstopp von russischem Gas nach Deutschland gewarnt. Sanktionen müssten gezielt sein, die Gegenseite unter Druck setzen und möglichst Schaden von der eigenen Wirtschaft abhalten, sagten der Vorsitzende des Arbeitgeberverbands BDA, Rainer Dulger, und der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Reiner Hoffmann, der dpa. “Beim aktuell diskutierten Gas-Embargo sehen wir das nicht.”
Die negativen Auswirkungen auf Wirtschaft und Beschäftigung wären nach Ansicht Dulgers und Hoffmanns momentan in Deutschland höher als in Russland. “Ein schnelles Gas-Embargo hätte in Deutschland Produktionsausfälle, Produktionsstillstand, eine weitere Deindustrialisierung und nachhaltige Arbeitsplatzverluste zur Folge.”
Um die Ukraine weiter zu unterstützen und den Druck auf Russland aufrechtzuerhalten, brauche man eine stabile Wirtschaft und einen stabilen Arbeitsmarkt, hieß es von DGB und BDA. “Die nächsten Monate werden wir noch viele Herausforderungen stemmen müssen. Das können wir nicht aus der Position der Schwäche heraus.” dpa
Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) wird gemeinsam mit dem Europäischen Netzwerk für die Bewertung von Gesundheitstechnologien (EUnetHTA) die neue Verordnung zur Bewertung von Gesundheitstechnologien (Health Technology Assessment, HTA) vorbereiten. Die Verordnung soll im Januar 2025 in Kraft treten.
In ihrem gemeinsamen Arbeitsplan kündigten die EMA und das EUnetHTA an, sich unter anderem auf die Wiederaufnahme einer gemeinsamen wissenschaftlichen Konsultation und die Entwicklung von Methoden zur Generierung patientenrelevanter Informationen konzentrieren zu wollen. Man werde außerdem darüber diskutieren, wie der Austausch zwischen Patienten und Angehörigen der Gesundheitsberufe gefördert werden könne.
Nach der Vergabe des “Dienstleistungsauftrag für die Bereitstellung gemeinsamer Arbeiten zur Bewertung von Gesundheitstechnologien (HTA) zur Unterstützung der Fortsetzung der EU-Zusammenarbeit im Bereich der HTA” an das EUnetHTA hat die Europäische Kommission die EMA und EUnetHTA aufgefordert, einen gemeinsamen Arbeitsplan für die Umsetzung der zuvor festgelegten Prioritäten zu erstellen. Dieser Auftrag läuft bis September 2023. Bis dahin werden vier bilaterale Treffen zwischen dem EUnetHTA und der EMA stattfinden. ank
Die EU stellt insgesamt eine Milliarde Euro für den internationalen Schutz der Meere bereit. Auf der Konferenz “Unser Ozean” in Palau stellte die Kommission am vergangenen Donnerstag eine Liste mit 44 Verpflichtungen vor. Die Maßnahmen sollen unter anderem Plastikmüll in den Meeren reduzieren, nachhaltige Fischerei fördern und die Biodiversität in den Ozeanen erhalten.
Virginijus Sinkevičius, EU-Kommissar für Umwelt, Meere und Fischerei, sprach von einer “bedeutenden Summe” für den Schutz der Ozeane, von denen “unsere Zukunft” abhänge. Es seien die umfangreichsten Verpflichtungen der EU zum Schutz der Ozeane, teilte die Kommission mit.
Die “Unser Ozean”-Konferenz findet seit 2014 einmal im Jahr statt. In diesem Jahr richtete der westpazifische Inselstaat Palau die Konferenz gemeinsam mit den USA aus. Sie soll Aufmerksamkeit auf Regionen lenken, die besonders stark von den Ozeanen abhängig und vom Klimawandel bedroht sind. leo
Es ist gar nicht so leicht, Daniel Gros an die Strippe zu bekommen. Er ist viel unterwegs, sitzt beim ersten Versuch schon im Flieger, wird beim nächsten Anlauf parallel auf dem anderen Telefon angerufen, antwortet dann aber schnell (auf Italienisch) und nimmt sich schließlich doch Zeit für ein entspanntes Gespräch, in dem er von sich und seinem durch und durch von Europa geprägtem Leben erzählt: Mit achtzehn Jahren zog der gebürtige Deutsche mit seiner Familie nach Italien, wo er auch seinen Master in Ökonomie machte. “In Italien gelte ich mehr als der Deutsche und in Deutschland mehr als der Italiener”, sagt der Wirtschaftswissenschaftler, der zwischendurch in den USA promoviert hat und nun seit Jahrzehnten in Brüssel lebt.
Und dann illustriert er seine Aussage mit einem Beispiel, das nicht zufällig aus der Ökonomie stammt: “In Deutschland stieß es auf Irritation, dass ich mich schon früh für eine Währungsunion und auch für eine Bankenunion ausgesprochen habe. Und in Italien wirke ich fremd, wenn ich darauf beharre, dass solide Staatsfinanzen gut für die Volkswirtschaft sind und dem Land langfristig zu mehr Wohlstand verhelfen.”
Daniel Gros hat schon einige Krisen erlebt. Doch in den aktuell so brisanten Zeiten liegt selbst er manchmal nachts mit Sorgen wach. “Die Eurokrise war hart und keiner wollte, dass das Ganze den Bach runtergeht. Die Flüchtlingskrise war auch eine Zerreißprobe. Aber jetzt geht es nicht nur um finanzielle und praktische Fragen, sondern um die Werte, die wir vertreten, um die Ordnung in Europa und unsere Sicherheit. Das lässt niemanden kalt”, sagt er.
Dennoch: Wenn er ein gesellschaftliches Problem sieht, fragt er als Analytiker zunächst einmal nach den ökonomischen Mechanismen, die da wirken. Denn das ist nun einmal der Beitrag, den er als Wirtschaftswissenschaftler leisten kann. Aktuell zum Beispiel beschäftigt ihn die Geldentwertung (Europe.Table berichtete). “Wir haben eine merkwürdig hohe Inflation, die immer den Energiepreisen zugeschrieben wird. Aber die Energiepreise sind gar nicht höher als vor zehn Jahren. Wie kann da sein?”, fragt er – ohne eine Antwort parat zu haben.
Klar ist für den Ökonomen, dass die Bevölkerung Anreize braucht, um Gas zu sparen und damit zur Energieunabhängigkeit Europas beizutragen: “Natürlich müssen wir einen Ausgleich für Geringverdiener schaffen. Und man könnte denjenigen, die im Vergleich zum Vorjahr weniger Gas verbrauchen, eine Prämie geben, so dass sie dabei sogar Gewinn machen würde.”
Vor seiner Tätigkeit in der europäischen Denkfabrik Centre for European Policy Studies (CEPS) hat Daniel Gros unter anderem als Wirtschaftsberater für das Delors Committee der Europäischen Kommission gearbeitet, das die Pläne für den Euro entwickelt hat. Das ist eine Zeit, an die er gerne zurückdenkt. “An den Plan für die Währungsunion hat damals niemand geglaubt”, erinnert er sich. Anfang der Neunzigerjahre hatte er dann die Gelegenheit, ein Russland kennenzulernen, das es heute nicht mehr gibt (Europe.Table berichtete).
Und während der Eurokrise sprach er persönlich mit verschiedenen Staatsoberhäuptern, unter anderem mit dem US-amerikanischen Präsidenten. “Barack Obama hatte Angst, dass ihm die Eurokrise die Wiederwahl vermasselt. Aber er wusste, was er tut. Ich konnte ihm nicht viel Neues erzählen”, sagt Daniel Gros, der viel über seinen Beruf und wenig über sein Privatleben spricht. Aber immerhin: Er gibt preis, dass er drei Kinder hat und sich in der japanischen Kampfkunst Aikidō übt. Janna Degener-Storr
auch nach Ostern sind wir nicht schlauer, ob und wie schnell Europa ohne russisches Gas auskommt. Arbeitgeber und Gewerkschaften warnen vor einem Gas-Importstopp aus Russland, wie Sie heute in den News lesen. Die Preise für Strom und Gas werden auch in den kommenden Monaten weiter steigen, heißt es derweil vom Vergleichsportal Verivox, das sich auf Veröffentlichungen von Energieanbietern bezieht.
Erdgas aus Deutschland ist für den Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck aber weiterhin kein Thema. In der Norddeutschen Tiefebene säße man zwar auf einer großen Menge Gas, allerdings käme man nur mit Fracking heran. “Man müsste also mit großem Druck und chemischen Substanzen tiefe Gesteinsschichten zerstören, um das Gas zu gewinnen”, sagte er und verwies auf negative Folgen für die Umwelt. Im Moment gibt es laut Habeck auch keine Unternehmen, die das wollen. Zudem würde es “Jahre dauern, neue Förderungen hochzuziehen und die Genehmigungsverfahren hinzubekommen”.
Große Hoffnungen, den Energiesektor sowie die Industrie der EU zu dekarbonisieren, liegen im europäischen Emissionshandel. Bekanntlich funktioniert das aber nur mit ausreichendem Schutz vor Carbon Leakage. Damit europäische Produzenten trotz hoher CO2-Preise international wettbewerbsfähig bleiben, soll der CO2-Grenzausgleichsmechanismus CBAM dafür sorgen, dass ausländische Importeure zur Kasse gebeten werden, sofern sie nicht klimafreundlich produzieren. Die genaue Ausgestaltung des Instruments sorgt aktuell mal wieder für Diskussionen im EU-Parlament, da ein Kompromissvorschlag des Industrie- und Energieausschusses an anderen Stellen auf wenig Gegenliebe stößt. Inhalt und Kritikpunkte am Kompromiss lesen Sie in der heutigen Ausgabe des Europe.Table.
Ende 2022 will die EU-Kommission das europäische Arzneimittelrecht grundlegend überarbeiten. Bei der Pharmaindustrie schrillen deshalb Alarmglocken. Nun versucht sie mit eigenen Vorschlägen zur Verbesserung des Medikamentenzugangs die Marschrichtung für die anstehenden Reformen vorzugeben, analysiert Eugenie Ankowitsch.
Im heutgien Portrait erfahren Sie, was der viel beschäftigte Wirtschaftswissenschaftler und CEPS-Fellow Daniel Gros mit Barack Obama zu besprechen hatte und wie er als Deutsch-Italiener stets aus zwei Perspektiven argumentieren muss.
Ich wünsche Ihnen einen guten Start in die neue Woche und hoffe, Sie hatte erholsame Feiertage.
Die geplanten Maßnahmen der Mitgliedsunternehmen des Europäischen Verbands der pharmazeutischen Industrie (EFPIA), zu denen unter anderem 20 der weltweit größten Pharmakonzerne gehören, sollen die Verfügbarkeit innovativer Arzneimittel in EU-Ländern “wesentlich steigern”. Zudem soll die Wartezeit der Patienten für neue Arzneimittel um mehrere Monate reduziert werden, heißt es in der aktuellen EFPIA-Erklärung.
Demnach verpflichten sich die EFPIA-Mitgliedsunternehmen unter anderem dazu, Anträge auf Preisfestsetzung- und Erstattung in allen EU-Ländern so früh wie möglich und nicht später als zwei Jahre nach der zentralen EU-Marktzulassung einzureichen – sofern lokale Systeme dies erlauben.
Nur wenigen Tage zuvor hatte der Verband die bisher umfassendste EFPIA WAIT Indicator Survey veröffentlicht. Darin wird für einzelne Länder ermittelt, wie schnell neue Medikamente verfügbar sind und wie viele neue Medikamente für die Patientenversorgung zur Verfügung stehen. Die Untersuchung umfasst den Zeitraum zwischen 2017 und 2020 und zeigt, dass es nach wie vor erhebliche Unterschiede zwischen den Ländern gibt. In der Regel warten die Patienten in Mittel- und Osteuropa und in den kleineren Mitgliedstaaten am längsten auf den Zugang zu neuen Medikamenten. Viele neue Arzneimittel kommen dort erst gar nicht in der breiten Patientenversorgung an.
Die durchschnittliche Wartezeit bis zur Kostenerstattung für innovative Arzneimitteltherapien in den Ländern der EU und des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) beträgt 511 Tage. Doch während Patienten in Deutschland nur rund 133 Tage auf den Zugang zu neuen Medikamenten warten, sind es in Litauen 594 Tage und in Rumänien sogar 899 Tage.
Im untersuchten Zeitraum hat die EMA insgesamt 160 Medikamente zugelassen. Immerhin 147 haben es in Deutschland bis zur Erstattung und damit in die allgemeine Versorgung geschafft. Es folgen Dänemark (129), Österreich (127) und Italien (127). Unter den EU-Ländern belegen Litauen, Lettland und Malta die letzten Plätze mit 28, 26 und 11 erstattungsfähigen Medikamenten.
Auch bei der Verfügbarkeit von Arzneimitteln für seltene Erkrankungen liegt Deutschland an der Spitze. Im Durchschnitt dauert es 102 Tage, bis ein sogenanntes Orphan Drug hierzulande verfügbar ist. Insgesamt wurden im untersuchten Zeitraum 57 Arzneimittel von der EMA zugelassen – 54 davon schafften es auch in Deutschland. Schlusslichter sind unter den EU-Ländern auch hier Litauen und Lettland. In den beiden baltischen Staaten dauerte es 984 bzw. 1077 Tage, bis die Medikamente für seltene Erkrankungen in der Patientenversorgung ankommen. Von den zugelassenen 57 Medikamenten haben allerdings nur eines in Litauen bzw. zwei in Lettland bis zur Erstattungsfähigkeit geschafft.
“Die sehr gute Position Deutschlands in puncto Arzneimittelversorgung ist kein Zufall, sondern das Ergebnis eines jahrzehntelangen politischen Konsenses, dass zugelassene Medikamente hierzulande schnell beim Patienten ankommen sollen”, kommentierte der Präsident des Verbandes forschender Pharmaunternehmen (VFA) Han Steutel. “Deshalb ist es keine gute Idee der Ampelkoalition, dies aufs Spiel zu setzen und in versorgungsrelevanten Bereichen regulatorische Experimente zu machen.”
Der VFA-Präsident zielt mit seiner Warnung auf eine Klausel im Koalitionsvertrag ab, wonach rückwirkende Arzneimittelrabatte im AMNOG-Verfahren möglich werden sollen. Für Unternehmen seien das finanziell schwer kalkulierbare Risiken, die ihre Planungssicherheit erheblich beeinträchtigen, warnt der Verband. Sie müssten dann prüfen, ob sie ihr neues Arzneimittel erst dann in Deutschland auf den Markt bringen, wenn klar sei, wie der tatsächliche Preis nach verhandelter Rabattierung aussieht. Dann könnte es auch schnell vorbei sein mit der traditionell schnellen Verfügbarkeit von Arzneimitteln im deutschen Gesundheitssystem.
Mit Blick auf ganz Europa kommt die EFPIA-Generaldirektorin Nathalie Moll zu einem anderen Fazit: “Für Patienten und Gesundheitssysteme ist die Situation unhaltbar“, erklärte sie. “Nach jahrelanger Forschung und Entwicklung in Bereichen mit ungedecktem Bedarf wollen die Unternehmen, dass ihre Medikamente die Patienten so schnell wie möglich erreichen. Wir glauben, dass es an der Zeit ist, dies zu ändern”.
In den vergangenen zwei Jahren habe die EFPIA die Ursachen für die Ungleichheiten beim Zugang zu Arzneimitteln dokumentiert und festgestellt, dass es zehn miteinander zusammenhängende Faktoren gibt, die die mangelnde Verfügbarkeit und Verzögerungen erklären. Aus Sicht der Pharmaindustrie sind sie in den Zugangssystemen und -prozessen in den EU-Mitgliedstaaten und den entsprechenden Auswirkungen auf kommerzielle Entscheidungsfindung begründet. Sie reichten von einem langsamen Regulierungsprozess über eine späte Einleitung der Marktzugangsbewertung, doppelte Beweisanforderungen bis hin zu Erstattungsverzögerungen und lokalen Rezepturentscheidungen. Da die Ursachen multifaktoriell seien, könne man nur durch die Zusammenarbeit verschiedener Interessengruppen einen schnelleren und gerechteren Zugang für Patienten in ganz Europa erreichen.
Eine Modellierung der Analytikfirma IQVIA prognostiziert laut EFPIA, dass die Einreichungsverpflichtung die Verfügbarkeit von Arzneimitteln in mehreren Ländern von 18 Prozent auf bis zu 64 Prozent steigern werde. Darüber hinaus lasse sich die Wartezeit auf neue Medikamente dank der Verpflichtung um schätzungsweise vier bis fünf Monate reduzieren, insbesondere in Ländern wie Bulgarien (um 179 Tage), Polen (um 129 Tage) und Rumänien (um 155 Tage).
Die Einreichungsverpflichtung soll außerdem durch eine neues Online-Portal mit aktuellen Informationen zur Bearbeitung von Anträgen auf Preis- und Erstattungsregelungen in den 27 EU-Ländern flankiert werden. EFPIA kündigte zudem an, eine Diskussion über gerechte Preise für innovative Arzneimittel in den EU-Mitgliedstaaten führen zu wollen. So soll der Preis von Land zu Land je nach Wirtschaftskraft variieren, kündigte der Verband in einem Diskussionspapier an.
Darin werden die Eckpunkte eines auf Fairness basierenden Preisgestaltungssystems dargelegt, das in dem Prinzip der Solidarität zwischen Mitgliedstaaten und in den EU-Verträgen verankert sei. Die Bereitstellung eines auf Gerechtigkeit basierenden Systems erfordere, dass Kommission und Mitgliedstaaten externe Preisreferenzsysteme ändern und Mechanismen in die Wege leiten, um die unabsichtlichen Konsequenzen des Binnenhandels mit Arzneimitteln zu verhindern, heißt es.
“Wir können die Situation für Patienten in ganz Europa drastisch verändern, indem wir die Zeit für die Beantragung der Preisfestsetzung und Kostenerstattung in allen 27 EU-Mitgliedstaaten verkürzen, mehr Transparenz über Barrieren und Verzögerungen beim Zugang schaffen, ein auf Fairness basierendes Preissystem gemeinsam gestalten, ein effizientes System für EU-Bewertungen der relativen Wirksamkeit anwenden und Informationen über die Implementierung neuartiger Preismechanismen austauschen”, sagte EFPIA-Generaldirektorin Moll.
Die Bemühungen der Pharmaindustrie muten dabei wie die berühmte Flucht nach vorn an. Noch bei den Konsultationen zur geplanten Überarbeitung des EU-Arzneimittelrechts, die im Dezember 2021 abgeschlossen wurden, kamen die meisten Pharmaunternehmen und Branchenverbände in ihren Stellungnahmen zum Ergebnis, dass zwar an manchen Stellen Nachbesserungen möglich seien. Eine grundsätzliche Überarbeitung sei aber nicht nötig.
Die Europäische Kommission sieht das offenbar anders. Bei der Überarbeitung des Arzneimittelrechts stehen daher ein verbesserter Zugang zu erschwinglichen Arzneimitteln und die Beseitigung von teilweise eklatanten Ungleichheiten zwischen den EU-Mitgliedstaaten ganz weit oben auf der Agenda. Diskutiert wird etwa, Pharmaunternehmen zu verpflichten, ihre Produkte in allen EU-Mitgliedstaaten zu vermarkten und zu auszuliefern.
Eines hat die Pharmabranche inzwischen offenbar erkannt: Ein “weiter so” wird es sicherlich nicht geben. Und so ist in den aktuellen Veröffentlichungen von EFPIA keine Rede mehr von lediglich punktuellen Nachbesserungen. Vielmehr heißt es dort, dass die Industrie “die Besorgnis über diese Verzögerungen” teile und anerkenne, dass Verzögerungen und die Nichtverfügbarkeit von Arzneimitteln den Patienten schade. Es müsse dringend gehandelt werden, um diese “seit Langem bestehenden Probleme” zu lösen. Ob die mächtige Pharmaindustrie damit die Marschrichtung vorgeben und die anstehenden Reformen in ihrem Sinne beeinflussen behalten kann, wird sich voraussichtlich Ende 2022 zeigen. Dann will die EU-Kommission ihre Vorschläge vorlegen.
Geht es nach der voraussichtlichen Mehrheit der Abgeordneten des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie (ITRE) wird der geplante CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) über einen deutlich kürzeren Zeitraum eingeführt als von der EU-Kommission vorgesehen. Das geht aus einem Kompromissvorschlag zu beiden Dossiers des Fit-for-55-Pakets hervor, den Contexte kurz vor Ostern veröffentlichte.
Ende 2034 soll der CBAM die freie Zuteilung von CO2-Zertifikaten für die Industrie vollständig ersetzt haben. Die EU-Kommission hatte ein Jahr später vorgeschlagen. Allerdings will die Brüsseler Behörde schon 2026 schrittweise mit der Einführung des CBAM und dem Auslaufen der freien Zuteilung beginnen. Im ITRE-Ausschuss werden sich die EU-Abgeordneten kommende Woche voraussichtlich für das Jahr 2028 als Phase-Out-Beginn der freien Zuteilung aussprechen, während der CBAM 2027 starten soll.
Damit würden die freien Zuteilungen zunächst bis 2028 unverändert an die Industrie ausgegeben, sodass der CBAM ein Jahr lang unter Realbedingungen getestet werden könnte. Von 2023 bis 2026 soll es eine Übergangsphase zur Datensammlung geben, in der Unternehmen der CBAM-Sektoren zwar erfassen müssen, welchen finanziellen Grenzausgleich sie theoretisch zahlen müssten, diesen aber nicht entrichten. 2027 würde der CBAM eingeführt, während parallel die kostenlosen Zuteilungen vorerst in vollem Umfang erhalten bleiben.
Eine solche doppelte Bevorteilung der europäischen Produzenten könnte jedoch im Konflikt mit den Handelsregeln der WTO stehen. Aus Reihen der SPD im EU-Parlament heißt es, dass dies möglich sei, sofern zeitlich begrenzt. In anderen Fraktionen ist man da deutlich skeptischer. Im ITRE-Kompromiss wird daher explizit erwähnt, dass der CBAM WTO-konform sein muss.
Sollte der CBAM die erhoffte Wirksamkeit gegen Carbon Leakage entfalten, würden die freien Zuteilungen in den CBAM-Sektoren ab 2028 schrittweise zurückgefahren werden. Bis einschließlich 2030 zunächst um jährlich 10 Prozent, anschließend bis Ende 2034 um jeweils 17,5 Prozent.
Für Exporte sollen die freien Zuteilungen unverändert beibehalten werden. Erst nach dem Ende der Einführungsphase des CBAM solle die Kommission eine detaillierte Folgenabschätzung der “Auswirkungen auf die EU-Exporte der CBAM-Sektoren und der Entwicklung der globalen Emissionen” vorlegen, heißt es in dem Papier.
Reduziert werden sollen die freien Zuteilungen für Unternehmen, die die Empfehlungen des Energieaudit-Berichts nicht vollständig umsetzen – sofern einer durch die Energieeffizienzrichtlinie vorgeschrieben ist. Die Kommission hatte vorgeschlagen, in diesem Fall 25 Prozent weniger Zertifikate kostenlos auszugeben. Der ITRE-Kompromiss sieht vor, die Höhe der Reduktion an den Empfehlungen des Energieaudits zu bemessen, allerdings mindestens um 15 Prozent und maximal um 40 Prozent.
Die Kompromissvorschläge zu beiden Dossiers werden von der liberalen Renew-, den Konservativen von EVP- und ECR-, der sozialdemokratischen S&D- sowie der nationalistischen ID-Fraktion unterstützt. Einzig die Grünen und Linken fehlen. Die Grünen fürchten, dass der CBAM weiter abgeschwächt werden könnte, wodurch auch “die Schlagkraft des Klima-Mechanismus sich immer weiter abschwächt”, erklärt Michael Bloss (Greens/EFA) auf Anfrage von des Europe.Table. Bloss ist Schattenberichterstatter für den ETS im ENVI-Ausschuss sowie Mitglied im ITRE. Er fordert einen starken CBAM, der mithilfe hoher CO2-Preise Anreize für die Industrie setzt, CO2 einzusparen und in klimaneutrale und moderne Technologien zu investieren. Durch den Kompromissvorschlag im ITRE-Ausschuss sieht er dies nicht erfüllt.
Dennoch dürften die beiden Kompromisse im Industrieausschuss am Mittwoch eine klare Mehrheit erhalten. Wie groß die Auswirkungen der Abstimmung tatsächlich sind, ist allerdings fraglich. Zwar ist der ITRE als assoziierter Ausschuss an den Verhandlungen beteiligt und dessen Stellungnahme sollte berücksichtigt werden, federführend ist jedoch der Umweltausschuss.
Innerhalb der jeweiligen Fraktionen gibt es zudem teilweise erhebliche Unterschiede in den Positionen der Ausschussmitglieder von ITRE und ENVI. Die Unterstützung des Kompromisses im ITRE beispielsweise durch die Sozialdemokraten ist deshalb nicht gleichbedeutend mit dessen Berücksichtigung im ENVI.
Wie die Positionen im ENVI zu CBAM und ETS verteilt sind, lesen Sie hier (Europe.Table berichtete).
20.04.-22.04.2022, online
Eurogas Hydrogen Supply Chains Summit
Eurogas invites all stakeholers to discuss the concrete and practical preparation of the decarbonization of the energy sector. INFOS & REGISTRATION
20.04.-21.04.2022, online
Weconect, Conference Smart Track and Trace
Weconect addresses the requirements of the digital supply chain in pharmaceutical manufacturing. INFOS & REGISTRATION
20.04.2022 – 13:30-14:30 Uhr, online
KAS, Vortrag Wie wirksam sind die Russlandsanktionen?
Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) diskutiert über die Wirkung der Russlandsanktionen der EU und ihrer Folgen für die deutsche Wirtschaft. INFOS & ANMELDUNG
20.04.2022 – 14:00-15:00 Uhr, online
FSR, Presentation Building Net-Zero by 2050 with three building blocks: Which ones and how?
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20.04.2022 – 18:00-19:30 Uhr, Erfurt
KAS, Vortrag Der Klimawandel als transatlantische Herausforderung
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20.04.2022 – 18:00-19:15 Uhr, online
FNF, Diskussion Digitale Gesellschaft: Umgang mit Daten und Recht auf Information
Die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit (FNF) beschäftigt sich mit dem Stand der digitalen Transparenz, Quellenoffenheit und Teilhabe in Deutschland. INFOS & ANMELDUNG
21.04.2022 – 08:00-08:50 Uhr, online
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Der Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (VDE) fragt, welche Ziele der digitale Produktpass verfolgen und wie dieser konkret ausgestaltet sein sollte. INFOS & ANMELDUNG
21.04.2022 – 11:00-12:00 Uhr, online
ASEW, Seminar Klimaschutz in einem Jahr
Die Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (ASEW) informiert über die Anforderungen der Stadtwerke-Initiative Klimaschutz. INFOS & ANMELDUNG
21.04.2022 – 13:00-17:45 Uhr, Brüssel (Belgien)
Reconnect, Conference The Future of the European Union
Reconnect addresses the following three topics: ‘Stronger Rule of Law for a Stronger EU’, ‘Democratic Renewal for a More Resilient EU’ and ‘The Future of the European Union’. INFOS & REGISTRATION
21.04.2022 – 17:00-18:00 Uhr, online
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Die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) beschäftigt sich mit der Parlamentswahl in Slowenien am 24.04.2022. INFOS & ANMELDUNG
21.04.2022 – 17:30-21:00 Uhr, Hamburg
BVMW, Diskussion Sanktionen gegen Russland. Auswirkungen auf den Mittelstand
Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) setzt sich mit den Folgen der Russland-Sanltionen für mittelständische Unternehmen auseinander. INFOS & ANMELDUNG
21.04.2022 – 18:00 Uhr, online
HSS, Seminar Der Green Deal: Europa wird CO2-frei
Die Hanns-Seidel-Stiftung (HSS) disktuiert mögliche Wege der konkreten Ausgestaltung des Green Deal. INFOS & ANMELDUNG
Kataloniens Regionalchef Pere Aragonès beschuldigte die spanische Regierung am Montag, ihre Bürger auszuspionieren. Die Menschenrechtsorganisation Citizen Lab hatte festgestellt, dass sein Telefon und die von dutzenden katalanischen Unabhängigkeitsbefürwortern mit der Spionagesoftware “Pegasus” infiziert worden waren.
Citizen Lab fand heraus, dass mehr als 60 Personen, die mit der katalanischen Separatistenbewegung in Verbindung stehen, betroffen waren – darunter mehrere Mitglieder des Europäischen Parlaments, Anwälte und Aktivisten. Auslöser für die Überwachung mit Pegasus soll der gescheiterte Versuch gewesen sein, Katalonien unabhängig von Spanien zu machen.
Es sei “beschämend und nicht zu rechtfertigen”, twitterte der katalanische Regierungschef Aragones. “Ein äußerst schwerwiegender Angriff auf die Grundrechte und die Demokratie.” Er bezeichnete den Einsatz von Überwachungssoftware als Überschreitung einer “roten Linie” und forderte Erklärungen von der spanischen Regierung. Die Regierung lehnte laut Reuters eine Stellungnahme ab.
Das israelische Unternehmen NSO Group Technologies, das die Spionagesoftware Pegasus entwickelt hat und als Strafverfolgungsinstrument vermarktet, wies die Anschuldigungen zurück. Citizen Lab und Amnesty International, die zwar nicht an dieser Untersuchung beteiligt waren, aber frühere Studien über Pegasus veröffentlicht haben, hätten ungenaue und unbegründete Berichte erstellt, um das Unternehmen anzugreifen. Die Anschuldigungen könnten aus technischen und vertraglichen Gründen nicht mit NSO-Produkten in Verbindung gebracht werden, erklärte ein Sprecher per E-Mail, ohne zu erklären, warum dies der Fall war.
Das in Toronto ansässige Citizen Lab sagte, dass fast alle Infektionen zwischen 2017 und 2020 stattfanden, als die Unabhängigkeitsbestrebungen Kataloniens Spanien in die schwerste politische Krise seit Jahren stürzten. Man könne die Spionageaktionen nicht eindeutig einer bestimmten Einrichtung zuordnen. Starke Indizien würden jedoch auf eine Verbindung zu spanischen Behörden hindeuten, heißt es. rtr/luk
Europa kann sich der bundeseigenen Deutschen Rohstoffagentur (DERA) zufolge durch eine verstärkte Wiederaufbereitung unabhängiger von russischen Importen machen. “Wir sehen noch erhebliches Potenzial beim Recycling, auch wenn wir in Deutschland schon vergleichsweise gut unterwegs sind”, sagte der Chef des DERA-Bereichs Rohstoffwirtschaft, Siyamend Al Barazi, der Zeitschrift Automobilwoche laut einer Vorabmeldung vom Montag.
Bei Kupfer, Blei, Aluminium und Nickel etwa lägen die Recyclingquoten zwischen 40 und 60 Prozent. Eine Lagerhaltung wichtiger Bodenschätze könnte dazu beitragen, kritische Phasen wie aktuell zu überbrücken: “Andere Länder wie Südkorea, Japan oder die USA betreiben staatliche Lagerhaltung, aber auch die Unterstützung unternehmerischer Lagerhaltung könnte eine Option darstellen.” Wegen des Einmarsches russischer Truppen in die Ukraine will Europa unabhängiger von Lieferungen aus Russland werden (Europe.Table berichtete).
Europa habe noch viel Potenzial, sagte Al Barazi. “In Finnland etwa gibt es Nickelvorkommen. Interessante Lithium-Lagerstätten finden sich auch in Spanien, Portugal oder Serbien. Die Frage ist aber immer, ob solche Projekte im weltweiten Vergleich wirtschaftlich betrieben werden können.” Es koste Geld und Zeit, etablierte Prozessketten grundlegend zu verändern.
Die Ukraine und Russland seien vor allem für den europäischen Markt wichtige Lieferanten etwa von Aluminium, Ferrowolfram, Nickel, Palladium und Edelgasen wie Neon, Argon und Xenon. Diese Mengen könnten nicht einfach von heute auf morgen durch andere Lieferanten ersetzt werden. Auch die Versorgung mit Titan und Titanprodukten sehe die Deutsche Rohstoffagentur sehr kritisch. rtr
Arbeitgeber und Gewerkschaften haben gemeinschaftlich vor einem Importstopp von russischem Gas nach Deutschland gewarnt. Sanktionen müssten gezielt sein, die Gegenseite unter Druck setzen und möglichst Schaden von der eigenen Wirtschaft abhalten, sagten der Vorsitzende des Arbeitgeberverbands BDA, Rainer Dulger, und der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Reiner Hoffmann, der dpa. “Beim aktuell diskutierten Gas-Embargo sehen wir das nicht.”
Die negativen Auswirkungen auf Wirtschaft und Beschäftigung wären nach Ansicht Dulgers und Hoffmanns momentan in Deutschland höher als in Russland. “Ein schnelles Gas-Embargo hätte in Deutschland Produktionsausfälle, Produktionsstillstand, eine weitere Deindustrialisierung und nachhaltige Arbeitsplatzverluste zur Folge.”
Um die Ukraine weiter zu unterstützen und den Druck auf Russland aufrechtzuerhalten, brauche man eine stabile Wirtschaft und einen stabilen Arbeitsmarkt, hieß es von DGB und BDA. “Die nächsten Monate werden wir noch viele Herausforderungen stemmen müssen. Das können wir nicht aus der Position der Schwäche heraus.” dpa
Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) wird gemeinsam mit dem Europäischen Netzwerk für die Bewertung von Gesundheitstechnologien (EUnetHTA) die neue Verordnung zur Bewertung von Gesundheitstechnologien (Health Technology Assessment, HTA) vorbereiten. Die Verordnung soll im Januar 2025 in Kraft treten.
In ihrem gemeinsamen Arbeitsplan kündigten die EMA und das EUnetHTA an, sich unter anderem auf die Wiederaufnahme einer gemeinsamen wissenschaftlichen Konsultation und die Entwicklung von Methoden zur Generierung patientenrelevanter Informationen konzentrieren zu wollen. Man werde außerdem darüber diskutieren, wie der Austausch zwischen Patienten und Angehörigen der Gesundheitsberufe gefördert werden könne.
Nach der Vergabe des “Dienstleistungsauftrag für die Bereitstellung gemeinsamer Arbeiten zur Bewertung von Gesundheitstechnologien (HTA) zur Unterstützung der Fortsetzung der EU-Zusammenarbeit im Bereich der HTA” an das EUnetHTA hat die Europäische Kommission die EMA und EUnetHTA aufgefordert, einen gemeinsamen Arbeitsplan für die Umsetzung der zuvor festgelegten Prioritäten zu erstellen. Dieser Auftrag läuft bis September 2023. Bis dahin werden vier bilaterale Treffen zwischen dem EUnetHTA und der EMA stattfinden. ank
Die EU stellt insgesamt eine Milliarde Euro für den internationalen Schutz der Meere bereit. Auf der Konferenz “Unser Ozean” in Palau stellte die Kommission am vergangenen Donnerstag eine Liste mit 44 Verpflichtungen vor. Die Maßnahmen sollen unter anderem Plastikmüll in den Meeren reduzieren, nachhaltige Fischerei fördern und die Biodiversität in den Ozeanen erhalten.
Virginijus Sinkevičius, EU-Kommissar für Umwelt, Meere und Fischerei, sprach von einer “bedeutenden Summe” für den Schutz der Ozeane, von denen “unsere Zukunft” abhänge. Es seien die umfangreichsten Verpflichtungen der EU zum Schutz der Ozeane, teilte die Kommission mit.
Die “Unser Ozean”-Konferenz findet seit 2014 einmal im Jahr statt. In diesem Jahr richtete der westpazifische Inselstaat Palau die Konferenz gemeinsam mit den USA aus. Sie soll Aufmerksamkeit auf Regionen lenken, die besonders stark von den Ozeanen abhängig und vom Klimawandel bedroht sind. leo
Es ist gar nicht so leicht, Daniel Gros an die Strippe zu bekommen. Er ist viel unterwegs, sitzt beim ersten Versuch schon im Flieger, wird beim nächsten Anlauf parallel auf dem anderen Telefon angerufen, antwortet dann aber schnell (auf Italienisch) und nimmt sich schließlich doch Zeit für ein entspanntes Gespräch, in dem er von sich und seinem durch und durch von Europa geprägtem Leben erzählt: Mit achtzehn Jahren zog der gebürtige Deutsche mit seiner Familie nach Italien, wo er auch seinen Master in Ökonomie machte. “In Italien gelte ich mehr als der Deutsche und in Deutschland mehr als der Italiener”, sagt der Wirtschaftswissenschaftler, der zwischendurch in den USA promoviert hat und nun seit Jahrzehnten in Brüssel lebt.
Und dann illustriert er seine Aussage mit einem Beispiel, das nicht zufällig aus der Ökonomie stammt: “In Deutschland stieß es auf Irritation, dass ich mich schon früh für eine Währungsunion und auch für eine Bankenunion ausgesprochen habe. Und in Italien wirke ich fremd, wenn ich darauf beharre, dass solide Staatsfinanzen gut für die Volkswirtschaft sind und dem Land langfristig zu mehr Wohlstand verhelfen.”
Daniel Gros hat schon einige Krisen erlebt. Doch in den aktuell so brisanten Zeiten liegt selbst er manchmal nachts mit Sorgen wach. “Die Eurokrise war hart und keiner wollte, dass das Ganze den Bach runtergeht. Die Flüchtlingskrise war auch eine Zerreißprobe. Aber jetzt geht es nicht nur um finanzielle und praktische Fragen, sondern um die Werte, die wir vertreten, um die Ordnung in Europa und unsere Sicherheit. Das lässt niemanden kalt”, sagt er.
Dennoch: Wenn er ein gesellschaftliches Problem sieht, fragt er als Analytiker zunächst einmal nach den ökonomischen Mechanismen, die da wirken. Denn das ist nun einmal der Beitrag, den er als Wirtschaftswissenschaftler leisten kann. Aktuell zum Beispiel beschäftigt ihn die Geldentwertung (Europe.Table berichtete). “Wir haben eine merkwürdig hohe Inflation, die immer den Energiepreisen zugeschrieben wird. Aber die Energiepreise sind gar nicht höher als vor zehn Jahren. Wie kann da sein?”, fragt er – ohne eine Antwort parat zu haben.
Klar ist für den Ökonomen, dass die Bevölkerung Anreize braucht, um Gas zu sparen und damit zur Energieunabhängigkeit Europas beizutragen: “Natürlich müssen wir einen Ausgleich für Geringverdiener schaffen. Und man könnte denjenigen, die im Vergleich zum Vorjahr weniger Gas verbrauchen, eine Prämie geben, so dass sie dabei sogar Gewinn machen würde.”
Vor seiner Tätigkeit in der europäischen Denkfabrik Centre for European Policy Studies (CEPS) hat Daniel Gros unter anderem als Wirtschaftsberater für das Delors Committee der Europäischen Kommission gearbeitet, das die Pläne für den Euro entwickelt hat. Das ist eine Zeit, an die er gerne zurückdenkt. “An den Plan für die Währungsunion hat damals niemand geglaubt”, erinnert er sich. Anfang der Neunzigerjahre hatte er dann die Gelegenheit, ein Russland kennenzulernen, das es heute nicht mehr gibt (Europe.Table berichtete).
Und während der Eurokrise sprach er persönlich mit verschiedenen Staatsoberhäuptern, unter anderem mit dem US-amerikanischen Präsidenten. “Barack Obama hatte Angst, dass ihm die Eurokrise die Wiederwahl vermasselt. Aber er wusste, was er tut. Ich konnte ihm nicht viel Neues erzählen”, sagt Daniel Gros, der viel über seinen Beruf und wenig über sein Privatleben spricht. Aber immerhin: Er gibt preis, dass er drei Kinder hat und sich in der japanischen Kampfkunst Aikidō übt. Janna Degener-Storr