Table.Briefing: Europe

Beihilfen für Gasspeicherung + Bernd Lange zum Lieferkettengesetz + Münchener Sicherheitskonferenz

  • Energiekrise: Kommission will Beihilfen für Gasspeicher ermöglichen
  • Bernd Lange: “Von der Leyen hat den Mund sehr voll genommen”
  • Strommarkt: EU-Staaten könnten Mehrerlöse abschöpfen
  • Verzögerungen beim Fit-for-55-Paket erwartet
  • Michel stellt Ukraine mehr Unterstützung in Aussicht
  • EU wirft China Patent-Lizenzerpressung vor
  • Sascha Müller-Kraenner im Portrait
Liebe Leserin, lieber Leser,

Der andauernde Russland-Ukraine-Konflikt war das alles überlagernde Thema am Wochenende auf der diesjährigen Münchener Sicherheitskonferenz, die erstmals seit Jahrzehnten ohne Russland stattfand. Europas Spitzenpolitiker traten bei dem diplomatischen Treffen betont geeint auf und sicherten der Ukraine weitere Unterstützung zu. EU-Ratspräsident Charles Michel kündigte am Sonntag eine Geberkonferenz für das Land an und warnte Russland erneut vor “massiven Sanktionen”, sollte es zu einem Angriff kommen.

In der Fernsehsendung “Anne Will” konkretisierte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Sonntagabend, bei militärische Interventionen werde Russland “von den internationalen Finanzmärkten praktisch abgeschnitten.” Auch Sanktionen gegen die russische Energiewirtschaft, die stark vom Export fossiler Energieträger abhängig ist, seien ein mächtiger Hebel, der der Diplomatie ein sehr starkes Gewicht verleihe. Mehr dazu in den News.

Ungeachtet westlicher Warnungen bleibt Moskau im Konflikt um die Ukraine auf Konfrontationskurs. So kündigte das belarussische Verteidigungsministerium am Sonntag an, dass ein militärisches Manöver mit russischen Truppen verlängert werde. Ursprünglich sollte das Großmanöver am Sonntag enden.

Die Europäische Kommission will auf die anhaltend hohen Gaspreise reagieren und die Mitgliedsstaaten dazu verpflichten, im Herbst jedes Jahres für einen Mindestfüllstand der Gasspeicher zu sorgen. Um fehlende wirtschaftliche Anreize für die Energieunternehmen auszugleichen, setzt die Kommission dabei auf nationale finanzielle Unterstützung, etwa in Form von Differenzverträgen für Speicherbetreiber.

Bei der Speicherung sollen sich die EU-Staaten untereinander absprechen, auch die Möglichkeit der gemeinsamen Beschaffung strategischer Reserven soll weiter vorangetrieben werden. Das kündigt die Brüsseler Behörde in einer Mitteilung an, die Anfang März offiziell veröffentlicht werden soll. Manuel Berkel hat das Dokument vorab ausgewertet. Der Entwurf enthält außerdem “Maßnahmen zur Wiederverwendung hoher Renten“, womit Gewinne von Energieunternehmen durch die hohen Strompreise gemeint sind. Die eingenommenen Gelder könnten demnach an Haushalte und Unternehmen zurückfließen, wie sie in den News nachlesen können.

Bernd Lange ist Vorsitzender des Ausschusses für internationalen Handel im EU-Parlament. Dass die für Mittwoch erwartete Lieferketten-Gesetzgebung der Kommission kein Importverbot für Produkte aus Zwangsarbeit enthalten soll, ist für den SPD-Europaabgeordnete nur schwer akzeptabel. Entsprechendes sei schließlich von langer Hand angekündigt worden. Der Politiker erwartet nun eine eigenständige Gesetzgebung für ein solches Einfuhrverbot, wie er im Interview mit Amelie Richter erläutert und dabei auch mögliche Auswirkungen auf den Handel der EU mit China beleuchtet.

Kommen Sie gut in die neue Woche.

Ihr
Timo Landenberger
Bild von Timo  Landenberger

Analyse

Gasspeicher: Kommission will Beihilfen ermöglichen

In der Gaskrise macht die EU-Kommission wenig Hoffnung auf baldige Entspannung. “Gas- und Strompreise werden noch mindestens bis 2023 hoch und volatil bleiben”, schreibt die Behörde im Entwurf für eine Mitteilung zu Energiepreisen, der Europe.Table vorliegt. Die endgültige Fassung des 30-seitigen Papiers will Kommissionsvize Frans Timmermans am 2. März vorstellen. Im Entwurf deutet sich an, dass für eine höhere Versorgungssicherheit zusätzliche finanzielle Mittel aus den Staatshaushalten oder von den Verbrauchern nötig werden könnten.

Angesichts anhaltend hoher Preise werde der Markt laut dem Papier auch weiterhin unzureichende Anreize bieten, Gas zum Speichern einzukaufen. Im Sommer war dies für den Handel bei niedriger Nachfrage jahrzehntelang üblich. Die Kommission hält die Mitgliedsstaaten deshalb an, Mindestfüllstände für Betreiber von Gasspeichern festzusetzen, damit die Reservoire zum Beginn der Heizsaison in Europa ausreichend gefüllt sind. Gleichzeitig weist das Papier aber auch auf mögliche Beihilfen oder regulatorische Erleichterungen hin. So könnten die Speicher vollständig von den Netzentgelten befreit werden, die auf die Gaskunden umgelegt werden.

Beihilfen ohne Ausschreibungen

Als neue mögliche Beihilfen nennt die Kommission Differenzverträge für Händler, die Speicherkapazitäten buchen und nutzen. Der Staat würde dabei Mehrkosten der Händler gegenüber einem fixen Ausübungspreis übernehmen. Fällt der Gaspreis unter diesen Wert, würde die Differenz an den Staat fließen. Im Gegenzug für Beihilfen sollen die Empfänger verpflichtet werden können, Gas im Winter stufenweise auszuspeichern.

Der Handlungsbedarf ist für die Kommission so dringend, dass sie laut dem Papier sogar auf eine wettbewerbliche Ermittlung des Ausübungspreises über Ausschreibungen verzichten will. Mit nationalen Regeln sollen die Mitgliedsstaaten selbst dafür sorgen, dass die Kosten nicht ausufern, nähere Hinweise bleibt die Kommission aber schuldig.

Plattform für LNG-Importe

Bei der Speicherung sollen sich die Staaten untereinander abstimmen, da nicht alle über entsprechende Infrastruktur verfügen. Bis zum Sommer will die Kommission dazu eine Orientierungshilfe vorlegen, in der es um Finanzierung, eine faire Verteilung der Kosten und regional differenzierte Füllstände gehen soll. In einem weiteren Arbeitsdokument soll außerdem möglicher zusätzlicher Speicherbedarf ermittelt werden.

Mit einem Pilotprojekt möchte die Kommission außerdem die gemeinsame Beschaffung von Gasvorräten unterstützen, die bereits im Gaspaket im Dezember angekündigt wurde. Um LNG-Terminals besser auszulasten, soll es eine neue Koordinierungsplattform zwischen Mitgliedsstaaten und Flüssiggas-Betreibern geben.

Gasspeicher in Europa beenden die Spiele von Gazprom

Die Grünen im Europaparlament sehen die Maßnahmen für fossile Infrastruktur zwiespältig. “Es ist gut, dass die Kommission nun Gasspeicher als strategische Reserve deklarieren will und somit den Spielen von Gazprom mit denjenigen, die sich das Heizen nicht mehr leisten können, einen Riegel vorschieben will”, sagte der Europa-Abgeordnete Michael Bloss zu Europe.Table. “Aber noch mehr in fossile Infrastruktur zu investieren ist der falsche Weg. Das Geld wird für den Ausbau der Erneuerbaren gebraucht.”

In dem Mitteilungsentwurf verweist die Kommission tatsächlich auf einen schnelleren Ausbau erneuerbarer Energien, erwägt die Einführung einer Europäischen Wasserstoffbörse und will die Biogaserzeugung massiv ausbauen: “Die Kommission schlägt auf EU-Ebene ein Ziel von 35 Milliarden Kubikmetern Biogas bis 2030 vor. Die Mitgliedsstaaten sollten Strategien für erneuerbare Gase beschließen, die im Einklang mit diesem Ziel stehen.”

Biogas soll Erdgas teilweise ersetzen

Für dieses Ziel müsste die Union ihre Biogaserzeugung verdoppeln. Die 35 Milliarden Kubikmeter entsprechen einem Energiegehalt von 1260 Petajoule, laut Eurostat lag die heimische Erzeugung 2020 lediglich bei 616 Petajoule. Eine stärkere Nutzung von Biogas könnte allerdings Konflikte verursachen. Der Think-Tank Agora Energiewende zum Beispiel erwartet in seiner Studie “Klimaneutrales Deutschland” schon bis 2030 einen Rückgang gasförmiger Biomasse zugunsten von fester Biomasse wie Holz und Kurzumtriebsplantagen auf Äckern.

Wenn Landwirte künftig zum Beispiel schnell wachsende Pappeln statt Mais für die Vergärung und Gasgewinnung anbauen, würden Wälder als CO2-Speicher nicht zusätzlich gefährdet. Weiter heißt es: “Auch aus Sicht der Landwirtschaft hat die Umstellung von Mais auf holzige Anbaubiomasse aus Klimasicht Vorteile. Hier sind insbesondere die Reduktion des Düngemitteleinsatzes, ein zusätzlicher Humusaufbau und eine bessere Anpassungsfähigkeit an den Klimawandel als Vorteile zu nennen.”

Ein neues EU-Ziel für Biogas würde sich also auch auf die Klimapolitik der Bundesregierung auswirken. Das Klimaschutzgesetz setzt stark auf natürliche CO2-Speicher wie Wälder und Böden, die Ampel hat im Koalitionsvertrag außerdem eine Biomassestrategie angekündigt.

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Bernd Lange: “Ursula von der Leyen hat den Mund sehr voll genommen”

Bernd Lange, Ausschuss für internationalen Handel im EU-Parlament, zur Zwangsarbeit im EU-Lieferkettengesetz: Porträt mit Brille in Gebäude
Bernd Lange, Vorsitzender des Ausschusses für internationalen Handel im Europaparlament.

Herr Lange, wie groß ist Ihre Enttäuschung und die des Europaparlaments, dass das Importverbot von Produkten aus Zwangsarbeit nicht im EU-Lieferkettengesetz enthalten sein wird?

Zunächst einmal sind wir sauer, dass das ganze Gesetzgebungsverfahren überhaupt so lange gedauert hat. Es gab Verzögerungen, auch durch den Ausschuss für Regulierungskontrolle. Das Verbot für die Produkte aus Zwangsarbeit kam auch erst später in den Prozess der Lieferketten-Gesetzgebung hinzu und hat nochmal einen anderen Schwerpunkt. Wir hätten uns aber gewünscht, dass es ein gemeinsames Gesetzgebungs-Paket gibt. Es gibt natürlich noch ein paar inhaltliche Fragen zu klären. Wie geht man mit den Produkten um? Gibt es eine Dialogphase? Ist es wirklich ein Importverbot am Hafen? Oder soll es auch ein Vermarktungsverbot werden, wenn eben diese Produkte über einen Drittstaat eingeführt werden? Da sind wirklich noch ein paar technische Fragen zu klären. Insofern gibt es eine gewisse Logik, dass das nun noch gründlicher gemacht wird und es entsprechend auch ein Impact Assessment gibt. Wenn das jetzt einfach hingeklatscht worden wäre, hätte es das nicht gegeben. Es wäre schöner gewesen, wenn alles zusammen im letzten Jahr gemacht worden wäre, aber paar Dinge haben das leider nicht möglich gemacht.

Importverbot von Produkten aus Zwangsarbeit

Die EU-Kommission und Ursula von der Leyen hatte das Importverbot groß angekündigt (Europe.Table berichtete). Wurde da eventuell der Mund zu voll genommen?

Das Importverbot für Produkte aus Zwangsarbeit war in den ursprünglichen Plänen von Justizkommissar Reynders nicht enthalten. Ich habe mit ihm darüber gesprochen und der Ansatz lief immer so ein bisschen nebenher. Dann kam besonders die Frage nach der Unternehmensverfassung auf und Binnenmarkt-Kommissar Breton wurde mit einbezogen. Die Unternehmensverfassung war ein großer Streitpunkt. Und es ist ja auch eine ziemlich fundamentale Frage, ob man die Verpflichtung eines Unternehmens in der Zielsetzung reguliert und in welche Richtung reguliert wird. Und da gibt es sicherlich große Abstriche von dem ursprünglichen Ansatz von Herrn Reynders. “Forced Labour” lief deshalb ein bisschen nebenher und da hat Ursula von der Leyen den Mund sehr voll genommen. Aber wir kennen sie ja alle, wie sie sehr theatralisch und blumenreich vieles verkündet und dann die Bilanz etwas magerer aussieht. Wir haben aber als Europäische Union den Anspruch, im Vergleich zu anderen Gesetzgebern weltweit, dass wir ein Auge darauf haben, wie ein Gesetz gestrickt wird und welche Konsequenzen es hat. Und das muss man beim Importverbot für Produkte aus Zwangsarbeit auch sorgfältig machen. Es wird deswegen jetzt aber nicht auf die lange Bank geschoben, sondern soll schon zügig auf den Tisch kommen.

Welche Möglichkeiten gibt es jetzt noch für dieses Importverbot? Wird es ein eigenständiges Gesetz?

Ich gehe davon aus, dass es ein eigenständiges Gesetz wird. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass das dann auch ein sogenanntes Handelsinstrument wird, womit wir uns auch die rechtlichen Fragen nochmal ansehen müssen. Die Lieferketten-Gesetzgebung wird wegen der Unternehmensverfassung eher zu einer Richtlinie führen, was ich nicht so schön finde. Denn dann haben die Mitgliedstaaten Möglichkeiten in der nationalen Umsetzung, um mehr Gestaltungsspielraum zu haben und auch gewisse Schlupflöcher zu nutzen. Insofern habe ich immer für eine Verordnung plädiert. Bei den Importrestriktionen für Zwangsarbeit gehe ich davon aus, dass es eine Verordnung wird, die dann auch für alle Mitgliedstaaten sofort und im gleichen Maß gilt.

Verschiebungen des EU-Lieferkettengesetzes

Finden Sie denn, dass durch die kommissionsinternen Schiebereien und die Verzögerungen (Europe.Table berichtete) das Lieferkettengesetz massiv verwässert wurde?

Wir müssen mal schauen, welcher Vorschlag am 23. Februar wirklich auf dem Tisch liegt. Es war eine schwierige Operation, weil wir ja auch noch 27 unterschiedliche nationale rechtliche Rahmenbedingungen dafür haben. Ich war am Anfang sowieso ein Freund davon, das stärker zu trennen, das Lieferkettengesetz und die Unternehmensverantwortung. Aber die Würfel sind anders gefallen. Es wird es wohl größere Ausnahmen für Klein- und Mittelbetriebe im EU-Lieferkettengesetz geben, als ursprünglich angedacht. Aber ansonsten gehe ich nicht davon aus, dass es eine stärkere Verwässerung gibt.

Wann kann man dazu mit einer Abstimmung im Europaparlament rechnen? Und wann könnte das Lieferkettengesetz dann in Kraft treten?

Das ist eine sehr komplexe Gesetzgebung. Wir haben ein kleines Vorbild für die Sorgfaltspflicht beim Umgang mit Mineralien aus Konfliktgebieten. Daraus haben wir ein bisschen gelernt: Wir müssen eine relativ klare Gesetzgebung haben. Also, was sind Sorgfaltspflichten, damit das auch gerichtsfest ist. In Frankreich haben wir das Problem, dass die französische Gesetzgebung so viel Interpretationsspielraum zulässt, dass es nicht gerichtsfest ist. Die Anforderungen müssen klar definiert werden. Dann steht noch die Verhandlung mit dem EU-Rat an. Und wir brauchen auch die Zertifizierer, die das überprüfen können. Der Erfahrung nach, mit den Konfliktmineralien, dauert das alles etwa fünf Jahre. Ich will jetzt nicht sagen, dass für das absolute Scharfstellen des EU-Lieferkettengesetzes den 01.01.2026 sehe, aber das könnte der zeitliche Horizont sein.

Handel zwischen der EU und China

Welche Auswirkung erwarten Sie dadurch auf den Handel mit China?

Das ist ja kein “Lex China”, es ist eine generelle Sorgfaltspflicht. Aber wir müssen das dann auch bei Produkten aus China Wirklichkeit werden lassen: Also Risikoanalysen machen, um zu sehen, wo werden die Sorgfaltspflichten verletzt und was kann man tun, um das unter Kontrolle zu kriegen. Wir wollen kein “cut and go”, das ist sicherlich nicht unser Ansatz.

Also keinen plötzlich Abbruch der Handelsbeziehungen, sondern eine Verbesserung der Praktiken der Firmen.

Deswegen werden wir auch für China Risikoanalysen und entsprechende Management-Pläne verlangen. Das wird natürlich, was die Zertifizierung betrifft, eine schwierige Nummer. Wir wissen alle, dass derzeit in Xinjiang keine Zertifizierung mehr möglich ist. Aber trotzdem ist der Anspruch da. Und wenn es eben nicht geht, dann kann man in der Tat auch keine Sorgfaltspflichten überprüfen. Das muss dann auch mit den chinesischen Verantwortlichen zu diskutieren sein. China stellt nicht nur einseitig eine Abhängigkeit für uns dar, sondern dort gibt es auch eine Abhängigkeit von europäischen Firmen. Das ist keine einseitige Machtsituation, die vielleicht die Umsetzung des Lieferkettengesetzes infrage stellen würde. Ich will nicht ausschließen, dass es Konflikte geben wird, aber da muss eben mit den zuständigen Verantwortlichen deutlich gesprochen und klargestellt werden, dass wir keine Einmischung in eine europäische Gesetzgebung akzeptieren werden.

EU-Industrievertreter in China argumentieren, dass es schier unmöglich ist, dort Zwangsarbeit festzustellen, weil das chinesische Recht keine Zwangsarbeit kennt. Welche Probleme könnten sich für Händler ergeben, die ihre Waren in die EU einführen wollen?

Das ist genau das Problem bei der Gesetzgebung zur “Forced Labor” und China. Die Vereinigten Staaten haben zum Beispiel in Zusammenarbeit mit der ILO und Nichtregierungsorganisationen Verfahren entwickelt, um Zwangsarbeit festzustellen und das dann auch dementsprechend zu überprüfen. Die Gesetzgebung soll ja keine politische Waffe sein, sondern soll sich auf Fakten beziehen. Und dabei ist es, glaube ich, unabhängig davon, ob China den rechtlichen Bestand von Zwangsarbeit zulässt oder nicht. Die Praxis ist das Entscheidende. Der Einzelfall bei Unternehmen soll bewertet und dann entschieden werden.

Im Handelsstreit um Litauen haben die EU und China noch bis zum 6. März Zeit, Gespräche im Rahmen einer WTO-Anfrage aufzunehmen. Erwarten Sie dadurch eine Lösung des Konflikts?

Man muss sehen, was dabei rauskommen wird. Es ist das normale WTO-Verfahren, dass es erst einen Dialogprozess gibt, was ich auch gut finde. Man sollte nicht sofort die Kanonen aus dem Keller holen. Inwieweit China bereit sein wird, muss man absehen. Es ist meiner Ansicht nach völlig klar, dass WTO-Regeln verletzt und Handelsmaßnahmen als politische Waffe benutzt werden. Das ist nicht akzeptabel.

Das geplante Instrument gegen wirtschaftlichen Zwang, also das Anti-Coercion-Instrument, könnte künftig Abhilfe bei solchen Situationen schaffen. Die französische EU-Ratspräsidentschaft möchte bei dem Thema aufs Gaspedal treten. Wie ist der aktuelle Stand?

Es gibt drei Gesetzgebungsverfahren, die derzeit auf dem Tisch liegen und uns wehrhafter machen sollen: Das zum Zugang zur öffentlichen Beschaffung auf einem “level playing field”, also das International Procurement Instrument IPI, der Ausschluss von illegaler Subventionierung für ausländische Unternehmen und eben die Möglichkeit, sich gegen Zwangsmaßnahmen politischer Art, die aber mit wirtschaftlichen Mitteln durchgepresst werden, zu wehren. Diese drei defensiven Instrumente sind sicherlich eine Priorität der französischen Ratspräsidentschaft. Angesichts der Vorläufe und des Diskussionsstandes ist realistisch zu sagen, dass IPI unter der französischen EU-Ratspräsidentschaft abgeschlossen werden könnte, vielleicht sogar im März.

Was sind hier die Knackpunkte?

In der Frage der illegalen Subventionen direkter oder indirekter Art für ausländische Unternehmen auf dem Binnenmarkt, da werden wir vielleicht noch die Verhandlungen mit den Franzosen beginnen. Das Anti-Coercion-Instrument ist von der Vorlage des Gesetzgebungsverfahrens her das jüngste. Dazu stelle ich gerade meinen Bericht fertig. Ich gehe davon aus, dass wir vielleicht vor der Sommerpause im Parlament eine Positionierung haben. Hier werden wir sicherlich nicht unter der französischen Ratspräsidentschaft noch eine Einigung hinkriegen. Aber ich hoffe, dass es möglichst schnell in diesem Jahr auch zu einer Gesetzgebung kommt.

Last but not least: Ein EU-Handels-Dauerthema, das Investitionsabkommen CAI. Gibt es einen neuen Stand? Wird im Hintergrund durch China versucht, das Abkommen doch noch voranzubringen?

Die Sanktionen gegen meine Kolleginnen und Kollegen im Europäischen Parlament stehen weiterhin und damit ist klar: Wir werden jetzt nichts tun und auch die Weiterbearbeitung im Parlament erfolgt nicht. Das Abkommen an sich hat ein paar positive Elemente. Aber eben auch Dinge, bei denen das EU-Parlament sowieso noch Nachbesserungen einfordern würde. Aber auch damit beschäftigen wir uns zurzeit nicht. Das liegt ganz unten im Gefrierfach – neben dem EU-Mercosur-Abkommen. Und ich sehe derzeit auch niemanden, der da die Tür aufmacht.

Bernd Lange ist seit 1994 mit einer Unterbrechung (2005-2009) Abgeordneter im EU-Parlament. Der Oldenburger ist seit Juli 2014 Vorsitzender des Handelsausschusses. Lange ist zudem Mitglied der Delegation für die Beziehungen zu Südostasien und den ASEAN-Staaten im Europaparlament.

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Strommarkt: Staaten könnten Mehrerlöse abschöpfen

Wegen hoher Strompreise in Europa erzielen viele Energieerzeuger derzeit hohe Gewinne. Die EU-Kommission bereitet nun Empfehlungen vor, wie die Mitgliedsstaaten einen Teil der Gewinne zusätzlich besteuern könnten. Die eingenommenen Gelder könnten demnach an Haushalte und Unternehmen zurückfließen. Die Empfehlungen finden sich im Entwurf für eine Mitteilung der Kommission zu Energiepreisen, die Table.Media vorliegt. Änderungen sind allerdings noch möglich, die endgültige Fassung soll am 2. März vorgestellt werden.

In dem Entwurf beschreibt die Kommission “Maßnahmen zur Wiederverwendung hoher Renten“, womit Gewinne von Energieunternehmen gemeint sind. Mit den hohen Gaspreisen sind in den vergangenen Monaten auch die Preise für Elektrizität gestiegen. Hintergrund ist der Mechanismus zur Preisfindung an der Strombörse. Im derzeitigen Grenzkostenmodell bestimmt das teuerste Kraftwerk, das gerade noch zur Deckung der aktuellen Stromnachfrage nötig ist, den Preis für alle Anbieter. Meist handelt es sich dabei um ein Gaskraftwerk. In solchen Fällen hätten alle Marktteilnehmer hohe unerwartete Gewinne erzielt, schreibt die Kommission.

Haushalte & Unternehmen in Europa von hohen Strompreisen entlasten

Um dieses Problem zu lösen, wurden bisher erst mittelfristige Lösungen diskutiert, die auch nur für neue Anlagen gegolten hätten. Eine angepasste Form der Vergütung wäre zum Beispiel eine sogenannte symmetrische Marktprämie. Überraschend regte Patrick Graichen, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, in der vergangenen Woche zudem eine Debatte über neue Regeln an den Strombörsen an (Europe.Table berichtete): “Wir müssen eine offene Diskussion darüber führen, ob das Grenzkraftwerk den Preis für alle bestimmt.” Graichen verwies auf entsprechende Überlegungen in Frankreich und Spanien.

Der Kommissionsentwurf belegt nun, dass sich Brüssel bereits mit möglichen kurzfristigen Markteingriffen der EU-Mitgliedsstaaten auseinandersetzt. Getrieben sind die Überlegungen offenbar von der Notwendigkeit, notleidende Haushalte und Unternehmen in Europa von den hohen Strompreisen zu entlasten. “Um in der gegenwärtigen Krise Hilfsmaßnahmen zu finanzieren, könnten die Mitgliedsstaaten planen, einen Teil dieser zusätzlichen inframarginalen Rente durch spezifische fiskalische Maßnahmen abzuschöpfen”, heißt es in dem Papier.

Kommission verteidigt Strombinnenmarkt

In einem eigenen Anhang sieht sich die Kommission deshalb veranlasst, Maßnahmen zu beschreiben, die Wettbewerbsverzerrungen verhindern sollen. Diese Orientierungshilfe umfasst neun Punkte. Die Mitgliedsstaaten sollen etwa darauf achten, nicht nur die Mehrerlöse von erneuerbaren Energien zu besteuern, sondern auch die von Atom- und Kohlekraftwerken. Außerdem sollen bei der Berechnung die gestiegenen Kosten von Emissionsrechten unberücksichtigt bleiben. Damit will die Kommission offensichtlich den zentralen Anreiz für den klimafreundlichen Umbau der Stromversorgung erhalten.

Die Empfehlungen der Kommission sollen ausdrücklich dazu dienen, das Grenzkostenmodell im Strommarkt zu bewahren. Das Festhalten an Grenzkosten sei wichtig für die ökonomische Effizienz der Stromerzeugung und die Kopplung der Elektrizitätsmärkte der Mitgliedsstaaten. ber

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Regierungsberater erwarten Verzögerungen beim Fit-for-55-Paket

Die “Wissenschaftsplattform Klimaschutz” geht davon aus, dass die EU die Rechtsakte des Fit-for-55-Pakets nicht wie geplant bereits Ende 2022 erlassen wird. Realistisch sei mit einem Erlass erst ab Mitte bis Ende 2023 zu rechnen. So steht es im ersten Jahres-Gutachten der Wissenschaftsplattform, das am Freitag vorgestellt wurde.

Es sei daher fraglich, ob das Emissionshandelssystem für Straßenverkehr und Gebäude (ETS 2) von den Mitgliedstaaten bereits bis Ende 2023 umgesetzt werden könne – wie im Fit-for-55-Paket von der Kommission vorgesehen. Dies habe möglicherweise auch eine Verschiebung der anvisierten Einführung des ETS 2 im Jahr 2025 und die erstmalige Zertifikatabgabepflicht ab 2026 zur Konsequenz, heißt es in dem Gutachten.

Mehr Planungssicherheit für Einführung des ETS 2

Außerdem fordern die Autoren, einen klaren Zusammenführungspfad des ETS 2 mit dem bestehenden ETS. Die bisher nur vage Ankündigung einer zukünftigen Zusammenführung rücke die Frage geeigneter Handlungsoptionen gegen eine ungewollte Preiskonvergenz in den Vordergrund. Diese könnte entstehen, da nicht klar wäre, inwiefern Emissionsrechte aus dem einen ETS zu einem späteren Zeitpunkt auch im gemeinsamen einlösbar sind. Ein klarer Pfad würde stattdessen für mehr Planungssicherheit “bei den Emittenten und Marktakteuren” sorgen.

Grundsätzlich begrüßt die Plattform die Einführung des ETS 2 ausdrücklich und fordert die Bundesregierung auf, diesen Vorschlag zu unterstützen. Darüber hinaus fordern die Autoren, dass sich die Bundesregierung dafür einsetzen solle, den Anwendungsbereich des ETS 2 auf den des deutschen Bundesemissionshandelsgesetzes (BEHG) zu erweitern.

Anders als im Kommissionsvorschlag für den ETS 2 werden im BEHG alle Brennstoffe mit einem CO2-Preis versehen, statt nur die im Straßenverkehr verwendeten. Dies sei eine Schwachstelle des Kommissionsvorschlags, heißt es in dem Gutachten, da die vom ETS 1 nicht erfassten Industrie- und Verkehrsemissionen jenseits des Straßenverkehrs nicht erfasst würden. Damit droht laut den Autoren eine Bepreisungslücke in Deutschland zwischen ETS 2 und BEHG.

Empfehlung zur Reform des Klimaschutzgesetzes

Die Wissenschaftsplattform empfiehlt außerdem eine Reform des deutschen Klimaschutzgesetzes sowie Strafzahlungen auf Treibhausgas-Emissionen der Landwirtschaft. “Wir sagen, die Sektorziele sollten flexibel gestaltet werden”, sagte der Chef des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), Ottmar Edenhofer. Man solle dabei etwa die Investitionen in einzelne Bereiche mit anschauen, wolle aber diese nicht aus der Verantwortung entlassen. Bislang sind im Klimaschutzgesetz jahresscharfe Ziele für jeden Sektor wie Verkehr, Energie oder Landwirtschaft vorgesehen. Die Ampel-Koalition will hier aber auch Änderungen. Das Gutachten fordert zudem Abgaben auf die Klimagase Methan und Lachgas, die vor allem die Landwirte betreffen würden. Obwohl diese teils klimaschädlicher als CO2 sind, gibt es für sie noch keine Abgaben.

Klima-Staatssekretär Patrick Graichen machte mit Blick auf die im Sommer geplante Reform des Gesetzes aber deutlich, auch bei einer sektorübergreifenden Verrechnung der Emissionen werde der Druck nicht geringer. “Ich sehe gar nicht, dass da einzelne Sektoren Überschussmengen haben.” Derzeit würden aller Voraussicht nach bereits einige Sektoren ihre Ziele verfehlen, im nächsten Jahr würden es noch mehr.

Ziele des Fit-for-55-Pakets durch neue Instrumente erreichen

Das Gutachten empfiehlt zudem, in der Landwirtschaft neue Instrumente zum Klimaschutz einzusetzen. In diesem Sektor gilt die Reduzierung der Emissionen als besonders schwierig. Vergleichsweise einfach realisierbar wäre ein Preis für Lachgasemissionen durch Dünger sowie Methanemissionen aus der Rinderhaltung. “Bei Weitergabe des Preissignals wären auch Anreize für klimafreundlichere Ernährungsweisen zu erwarten”, heißt es in der Studie.

Politisch strittig dürfte auch die Ermahnung der Experten sein, sich mit dem Einsatz von blauem Wasserstoff zu befassen. Dabei wird Wasserstoff mithilfe von Erdgas gewonnen, die Treibhausgase werden unterirdisch abgespeichert. Im Vergleich zum mit Ökostrom erzeugtem Wasserstoff ist er vergleichsweise günstig. Die Technik trifft aber vor allem bei den Grünen auf Widerstand.

Es ist das erste Jahres-Gutachten der Wissenschaftsplattform, die auch im Zusammenhang mit dem 2019 beschlossenen Klimaschutzgesetz gegründet wurde. Sie soll die Regierung dabei beraten, wie sie die Klimaneutralität bis 2045 erreichen und das Klimagesetz umgesetzt werden kann. luk/rtr

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EU stellt Ukraine mehr Unterstützung in Aussicht

Die Europäer wollen die Ukraine verstärkt unterstützen. EU-Ratspräsident Charles Michel sagte am Sonntag auf der Münchner Sicherheitskonferenz, er habe zu einer Geberkonferenz für das Land aufgerufen. Man habe bereits ein Paket in Höhe von 1,2 Milliarden Euro geschnürt. Die Ukraine solle zudem näher an die Europäische Union herangeführt werden. Russland unterliege einer Fehlkalkulation, wenn es glaube, den Westen und die Ukraine schwächen zu können.

Erneut warnt Michel Russland vor “massiven Sanktionen” aus Europa im Falle eines Angriffs auf die Ukraine. Auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sowie die Verteidigungsministerinnen von Deutschland und Frankreich, Christine Lambrecht und Florence Parly betonten die Einigkeit des Westens in der Unterstützung für die Ukraine.

Anders als 2014 bei der russischen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim seien Amerikaner und Europäer jetzt vorbereitet, sagte Lambrecht, die zudem eine Erhöhung der deutschen Verteidigungsausgaben forderte. Zwar redeten einzelne EU-Staats- und Regierungschefs mit Russlands Präsident Wladimir Putin. “Aber das Wichtige ist, dass er dabei immer dieselbe Botschaft hört”, fügte sie auch in Anspielung auf die angedrohten Sanktionen hinzu. Das ist jedoch nicht immer der Fall. So forderte Italiens Regierungschef Mario Draghi, Energieimporte von eventuellen Sanktionen auszunehmen. Ein heikler Punkt. Ähnlich wie Deutschland ist auch Italien stark von russischen Gas-Lieferungen abhängig. Jedoch gelten mögliche Sanktionen gegen Moskau gerade im Energiebereich als effektiv.

Sanktionen gegen Energiewirtschaft

Schließlich werde die Hälfte des russischen Staatshaushalts durch den Export fossiler Energieträger gefüttert, betonte auch die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Sonntagabend in der Fernsehsendung “Anne Will”. Somit habe die Diplomatie hier ein sehr starkes Gewicht. Denn für Russlands Präsident Wladimir Putin sei es schwierig, einen Angriff auf die Ukraine gegenüber der russischen Bevölkerung zu rechtfertigen, wenn damit sehenden Auges massive Konsequenzen in Kauf genommen würden.

Diese wiederum würden aber auch die europäische Energiewirtschaft hart treffen. “Ich halte uns jetzt schon für zu erpressbar”, sagte von der Leyen angesichts der Tatsache, dass 40 Prozent der europäischen Gasimporte aus Russland stammen und der russische Energiekonzern Gazprom seine Lieferungen seit Wochen auf das vertragliche Minimum reduziert hat. “Das ist ein erstaunliches Verhalten für ein Unternehmen in einer Zeit, in der die Preise so hoch und die Nachfrage enorm sind”, so die Kommissionschefin. Vor diesem Hintergrund stelle sich im Zertifizierungsprozess der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 die Frage, was eine Inbetriebnahme für die Versorgungssicherheit in Europa bedeute.

Europa bereitet sich auf Flüchtlingszustrom aus der Ukraine vor

Daneben bereitet sich Europa für den Fall eines russischen Angriffes gegen die Ukraine auf einen möglichen Zustrom von Kriegsflüchtlingen vor. «Ja, wir arbeiten daran», sagte die für das Thema zuständige EU-Kommissarin Ylva Johansson am Rande Sicherheitskonferenz. Bereits seit einigen Wochen würden mit den Mitgliedstaaten Notfallpläne erstellt, insbesondere mit denen, die unmittelbar an die rund 41 Millionen Einwohner zählende Ukraine grenzen.

Die aktuelle Krise hat die Europäische Union noch stärker zusammengeschweißt. Es brauche aber, das war in München oft zu hören, eine besser abgestimmte gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik. Lambrecht und Parly warben für einen weiteren Ausbau der militärischen Zusammenarbeit in der EU. Bundeskanzler Olaf Scholz forderte stärkere, aktive Anstrengungen bei der Integration von Ländern des westlichen Balkans in die Europäische Union. Zu den Beitrittsaspiranten zählen Albanien, Nordmazedonien, Serbien, Montenegro, Bosnien-Herzegowina sowie das Kosovo. rtr, dpa, til

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EU wirft China Patent-Lizenzerpressung vor

Die EU-Kommission hat bei der Welthandelsorganisation WTO am Freitag ein Verfahren gegen die Volksrepublik China eingeleitet. Die EU-Kommission wirft der Regierung in Peking vor, dass China den Rechtsschutz bei Patenten in Schlüsseltechnologien behindere und dadurch gegen die Regeln der WTO verstoßen würde.

Konkret geht es laut Mitteilung der EU-Kommission um essenzielle Standard-Patente (SEP) in der Mobilfunktechnologie. Diese unverzichtbaren Patente zu nutzen, muss vom Patentinhaber grundsätzlich allen Lizenznehmern ermöglicht werden, die sie in Anspruch nehmen möchten – allerdings nicht zu jedem Preis.

EU sieht in Urteil aus China Verstoß gegen WTO-Regeln

EU-Unternehmen würden, wenn sie bei nicht-chinesischen Gerichten ihre Rechte durchzusetzen versuchten, “oft mit erheblichen Geldstrafen belegt”, um sie zu einer günstigeren Lizenzierung ihrer Technologie zu drängen. Die Kommission sieht insbesondere in einem Urteil des Obersten Volksgerichts Chinas vom August 2020 sowie bislang vier darauf folgenden, mit Geldstrafen bewehrten und von Gerichten in der Volksrepublik erlassenen Prozessführungsverboten einen Verstoß gegen die Regeln der Welthandelsorganisation.

“EU-Unternehmen steht es zu, ihr Recht zu fairen Bedingungen einzuklagen, wenn ihre Technologie illegal eingesetzt wird”, sagte Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis am Freitag. Binnen 60 Tagen kann nun im ersten Schritt eine Streitbeilegung erfolgen. Sollte diese nicht erzielt werden, könnte die Kommission die WTO um eine Entscheidung in der Sache ersuchen. fst

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Portrait

Sascha Müller-Kraenner: Umweltschützer auf dem Klageweg

Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe

“Das novellierte Klimaschutzgesetz reicht immer noch nicht aus, um Deutschlands Beitrag zur Einhaltung des Paris Agreement zu leisten”, erklärte Sascha Müller-Kraenner Ende Januar. Der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH) betont: In dem neuen Gesetz würden die Vorgaben des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes nicht ausreichend umgesetzt. Die Folge: eine neue Klima-Klage. Neun junge Erwachsene und Kinder legen mit Unterstützung der DUH Verfassungsbeschwerde gegen das Klimaschutzgesetz der Bundesregierung ein. Zum zweiten Mal.

Seit sieben Jahren leitet Sascha Müller-Kraenner zusammen mit Jürgen Resch die Deutsche Umwelthilfe. Seitdem hat der Verein mit einigen großen Klagen für Aufsehen gesorgt und sich von einer kleinen und relativ unbekannten Organisation, zu einer der schlagkräftigsten deutschen Kampagnenorganisationen im Umwelt- und Verbraucherschutz entwickelt. “Umweltthemen haben gerade Konjunktur. Das ist ein Zeitfenster, das wir nutzen müssen”, sagt Müller-Kraenner. Und tatsächlich wachsen seit etwa einem Jahrzehnt die Mitgliederzahlen und Spendenaufkommen vieler Umweltorganisationen. Dass sich das auch schnell wieder ändern kann, weiß der Biologe aus eigener Erfahrung.

Von der Antiatombewegung zur Deutschen Umwelthilfe

Angefangen hat sein politisches Engagement in der Friedens- und Antiatomkraftbewegung der 80er Jahre. “Eine Zeit lang hatte diese Bewegung enorm viel Energie, aber das hat sich über die Jahre verplätschert”. Dennoch: Diejenigen, die wie er in die Vereinsstruktur oder in die Politik gegangen sind, würden die Gesellschaft mit ihren Erfahrungen aus dieser Zeit bis heute prägen.

Außerdem gebe es Parallelen zwischen der damaligen und heutigen Klimabewegungen, allen voran Fridays for Future. Es sei wichtig, dass bestehende Organisationen den Aktivist:innen Angebote machen und sich neue Organisationen gründen, sagt er. Denn es werde auch wieder eine Zeit geben, in der andere Themen im Vordergrund stehen. “So ein mediales Flackern gibt es immer, aber Institutionen bleiben“.

In seinen mehr als 30 Jahren als Naturschützer hat Sascha Müller-Kraenner selbst den Grundstein einiger Institutionen gelegt. In den 90er Jahren baute er die EU-Koordination des Deutschen Naturschutzrings auf. Im Auftrag der Heinrich-Böll-Stiftung gründete er deren ersten Sitz in Washington D.C., bevor Sascha Müller-Kraenner 2015 zur Deutschen Umwelthilfe kam.

Direktmandat für die Grünen

Müller-Kraenners Weg in den Naturschutz war kein zufälliger. Um ein besseres Verständnis von Ökosystemen zu erlangen, studierte er Biologie. Schon damals mit dem Ziel, sein Wissen für den Umweltschutz einsetzen zu wollen. 1990 machte er als Bundestags-Direktkandidat für die Grünen einen kleinen Abstecher in die Politik, bevor er sich vollends der Verbandsarbeit widmete.

Mit der Klimapolitik der Bundesregierung ist er trotz eines Grünen Wirtschafts- und Klimaministers nicht immer einer Meinung. Eine wesentlich deutlichere Stellungnahme der Bundesregierung hätte sich Müller-Kraenner zu den Plänen der Europäischen Kommission, Erdgas und Atomenergie in die EU-Taxonomie aufzunehmen (Europe.Table berichtete), gewünscht. Er ist zwar der Auffassung, dass Gaskraftwerke als Brückentechnologie unumgänglich sind. Sie als nachhaltig zu labeln, sei dennoch ein Schritt in die falsche Richtung. “Im Supermarkt gibt es Bio-Tomaten und konventionelle Tomaten. Beides ist erlaubt, aber es muss doch klar benannt werden”.

Sascha Müller-Kraenner verfolgt Entwicklungen auf EU-Ebene

Die klima- und umweltpolitischen Entwicklungen auf EU-Ebene verfolgt Müller-Kraenner sehr genau. Um etwas gegen den Klimawandel ausrichten zu können, dürfe man nicht in nationalen Grenzen verharren. Gerade in Europa sei es wichtig, dass alle Länder an einem Strang ziehen. Zwei Jahre seiner Jugend hat der Umweltschützer in Frankreich verbracht, ist dort zur Schule gegangen und pflegt immer noch viele Freundschaften. Dieser persönliche Bezug habe ihm den Wert der europäischen Verbundenheit und insbesondere der deutsch-französischen Freundschaft früh nahegebracht.

Er habe auch Macrons Vorstoß, Umweltschutz in die EU-Grundrechtcharta aufzunehmen, sehr begrüßt. Rechtlich würde sich zwar dadurch nicht viel ändern, meint Müller-Kraenner. “Aber es hätte eine große Symbolkraft”. Große Symbolkraft hatte auch das Urteil zur letzten Verfassungsklage gegen das Klimagesetz der Bundesregierung. Damit wurde ein Präzedenzfall geschaffen, der weit über die deutschen Grenzen hinaus Aufsehen erregt hat. Ob die neue Verfassungsbeschwerde ähnlich weit reicht, bleibt abzuwarten. David Zauner

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Apéropa

Nun hat es ihn also erwischt. Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn ist Covid-positiv und muss also daheim bleiben, wenn Staats-und Regierungschefs das weitere Vorgehen in der Russland-Ukrainekrise besprechen. Es hat lange genug gebraucht. Asselborns Maskenstil gilt als dezent-alternativ: Der Mund ist verdeckt, doch die Nase braucht ihre Schnüffelfreiheit. 

Aber wie soll Europa denn ohne den dienstältesten Außenminister und selfmade Diplomat verhandeln? Gibt es nun also Krieg? Ist Asselborns Covid-Erkrankung vielleicht sogar der Vorwand, den Putin suchte, um endlich in der Ukraine einzumarschieren?

Schließlich sind Luxemburg und Russland ziemlich dicke. Finanzplatz, Holdings, Investments und so. Die wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen den beiden Nationen sind groß. Sanktionen findet das kleine Großherzogtum keine so tolle Lösung, die würden letztlich Luxemburg und somit auch Jean Asselborn sehr weh tun.

Auch deswegen schreit Asselborn so laut “Dialog, Dialog, Dialooog”, dass ihm nun der Halsweh tut. Man solle doch Verständnis zeigen für Putins Forderungen. Ein offenes Ohr für Putin, das ist quasi Luxemburger Regierungsmotto. So zeigte auch Luxemburgs grüner Verteidigungsminister François Bausch Verständnis für Vladimir’s Dilemma. Die Großmacht wäre ja auch ziemlich eingekesselt, wenn die Ukraine auf einmal NATO Mitglied werden würde – solche Ansprüche könnte vielleicht ein EU-Mitglied stellen, aber die Ukraine …

Auch ohne Asselborn wird die Pro-Vladimir-Front also nicht gleich fallen. Dennoch: Wir wünschen gute Besserung und hoffen, dass “Jang” bald wieder den Mont Ventoux  hochfährt. In Luxemburg sind nämlich nächstes Jahr Wahlen. Charlotte Wirth

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Europe.Table Redaktion

EUROPE.TABLE REDAKTION

Licenses:
    • Energiekrise: Kommission will Beihilfen für Gasspeicher ermöglichen
    • Bernd Lange: “Von der Leyen hat den Mund sehr voll genommen”
    • Strommarkt: EU-Staaten könnten Mehrerlöse abschöpfen
    • Verzögerungen beim Fit-for-55-Paket erwartet
    • Michel stellt Ukraine mehr Unterstützung in Aussicht
    • EU wirft China Patent-Lizenzerpressung vor
    • Sascha Müller-Kraenner im Portrait
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    Der andauernde Russland-Ukraine-Konflikt war das alles überlagernde Thema am Wochenende auf der diesjährigen Münchener Sicherheitskonferenz, die erstmals seit Jahrzehnten ohne Russland stattfand. Europas Spitzenpolitiker traten bei dem diplomatischen Treffen betont geeint auf und sicherten der Ukraine weitere Unterstützung zu. EU-Ratspräsident Charles Michel kündigte am Sonntag eine Geberkonferenz für das Land an und warnte Russland erneut vor “massiven Sanktionen”, sollte es zu einem Angriff kommen.

    In der Fernsehsendung “Anne Will” konkretisierte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Sonntagabend, bei militärische Interventionen werde Russland “von den internationalen Finanzmärkten praktisch abgeschnitten.” Auch Sanktionen gegen die russische Energiewirtschaft, die stark vom Export fossiler Energieträger abhängig ist, seien ein mächtiger Hebel, der der Diplomatie ein sehr starkes Gewicht verleihe. Mehr dazu in den News.

    Ungeachtet westlicher Warnungen bleibt Moskau im Konflikt um die Ukraine auf Konfrontationskurs. So kündigte das belarussische Verteidigungsministerium am Sonntag an, dass ein militärisches Manöver mit russischen Truppen verlängert werde. Ursprünglich sollte das Großmanöver am Sonntag enden.

    Die Europäische Kommission will auf die anhaltend hohen Gaspreise reagieren und die Mitgliedsstaaten dazu verpflichten, im Herbst jedes Jahres für einen Mindestfüllstand der Gasspeicher zu sorgen. Um fehlende wirtschaftliche Anreize für die Energieunternehmen auszugleichen, setzt die Kommission dabei auf nationale finanzielle Unterstützung, etwa in Form von Differenzverträgen für Speicherbetreiber.

    Bei der Speicherung sollen sich die EU-Staaten untereinander absprechen, auch die Möglichkeit der gemeinsamen Beschaffung strategischer Reserven soll weiter vorangetrieben werden. Das kündigt die Brüsseler Behörde in einer Mitteilung an, die Anfang März offiziell veröffentlicht werden soll. Manuel Berkel hat das Dokument vorab ausgewertet. Der Entwurf enthält außerdem “Maßnahmen zur Wiederverwendung hoher Renten“, womit Gewinne von Energieunternehmen durch die hohen Strompreise gemeint sind. Die eingenommenen Gelder könnten demnach an Haushalte und Unternehmen zurückfließen, wie sie in den News nachlesen können.

    Bernd Lange ist Vorsitzender des Ausschusses für internationalen Handel im EU-Parlament. Dass die für Mittwoch erwartete Lieferketten-Gesetzgebung der Kommission kein Importverbot für Produkte aus Zwangsarbeit enthalten soll, ist für den SPD-Europaabgeordnete nur schwer akzeptabel. Entsprechendes sei schließlich von langer Hand angekündigt worden. Der Politiker erwartet nun eine eigenständige Gesetzgebung für ein solches Einfuhrverbot, wie er im Interview mit Amelie Richter erläutert und dabei auch mögliche Auswirkungen auf den Handel der EU mit China beleuchtet.

    Kommen Sie gut in die neue Woche.

    Ihr
    Timo Landenberger
    Bild von Timo  Landenberger

    Analyse

    Gasspeicher: Kommission will Beihilfen ermöglichen

    In der Gaskrise macht die EU-Kommission wenig Hoffnung auf baldige Entspannung. “Gas- und Strompreise werden noch mindestens bis 2023 hoch und volatil bleiben”, schreibt die Behörde im Entwurf für eine Mitteilung zu Energiepreisen, der Europe.Table vorliegt. Die endgültige Fassung des 30-seitigen Papiers will Kommissionsvize Frans Timmermans am 2. März vorstellen. Im Entwurf deutet sich an, dass für eine höhere Versorgungssicherheit zusätzliche finanzielle Mittel aus den Staatshaushalten oder von den Verbrauchern nötig werden könnten.

    Angesichts anhaltend hoher Preise werde der Markt laut dem Papier auch weiterhin unzureichende Anreize bieten, Gas zum Speichern einzukaufen. Im Sommer war dies für den Handel bei niedriger Nachfrage jahrzehntelang üblich. Die Kommission hält die Mitgliedsstaaten deshalb an, Mindestfüllstände für Betreiber von Gasspeichern festzusetzen, damit die Reservoire zum Beginn der Heizsaison in Europa ausreichend gefüllt sind. Gleichzeitig weist das Papier aber auch auf mögliche Beihilfen oder regulatorische Erleichterungen hin. So könnten die Speicher vollständig von den Netzentgelten befreit werden, die auf die Gaskunden umgelegt werden.

    Beihilfen ohne Ausschreibungen

    Als neue mögliche Beihilfen nennt die Kommission Differenzverträge für Händler, die Speicherkapazitäten buchen und nutzen. Der Staat würde dabei Mehrkosten der Händler gegenüber einem fixen Ausübungspreis übernehmen. Fällt der Gaspreis unter diesen Wert, würde die Differenz an den Staat fließen. Im Gegenzug für Beihilfen sollen die Empfänger verpflichtet werden können, Gas im Winter stufenweise auszuspeichern.

    Der Handlungsbedarf ist für die Kommission so dringend, dass sie laut dem Papier sogar auf eine wettbewerbliche Ermittlung des Ausübungspreises über Ausschreibungen verzichten will. Mit nationalen Regeln sollen die Mitgliedsstaaten selbst dafür sorgen, dass die Kosten nicht ausufern, nähere Hinweise bleibt die Kommission aber schuldig.

    Plattform für LNG-Importe

    Bei der Speicherung sollen sich die Staaten untereinander abstimmen, da nicht alle über entsprechende Infrastruktur verfügen. Bis zum Sommer will die Kommission dazu eine Orientierungshilfe vorlegen, in der es um Finanzierung, eine faire Verteilung der Kosten und regional differenzierte Füllstände gehen soll. In einem weiteren Arbeitsdokument soll außerdem möglicher zusätzlicher Speicherbedarf ermittelt werden.

    Mit einem Pilotprojekt möchte die Kommission außerdem die gemeinsame Beschaffung von Gasvorräten unterstützen, die bereits im Gaspaket im Dezember angekündigt wurde. Um LNG-Terminals besser auszulasten, soll es eine neue Koordinierungsplattform zwischen Mitgliedsstaaten und Flüssiggas-Betreibern geben.

    Gasspeicher in Europa beenden die Spiele von Gazprom

    Die Grünen im Europaparlament sehen die Maßnahmen für fossile Infrastruktur zwiespältig. “Es ist gut, dass die Kommission nun Gasspeicher als strategische Reserve deklarieren will und somit den Spielen von Gazprom mit denjenigen, die sich das Heizen nicht mehr leisten können, einen Riegel vorschieben will”, sagte der Europa-Abgeordnete Michael Bloss zu Europe.Table. “Aber noch mehr in fossile Infrastruktur zu investieren ist der falsche Weg. Das Geld wird für den Ausbau der Erneuerbaren gebraucht.”

    In dem Mitteilungsentwurf verweist die Kommission tatsächlich auf einen schnelleren Ausbau erneuerbarer Energien, erwägt die Einführung einer Europäischen Wasserstoffbörse und will die Biogaserzeugung massiv ausbauen: “Die Kommission schlägt auf EU-Ebene ein Ziel von 35 Milliarden Kubikmetern Biogas bis 2030 vor. Die Mitgliedsstaaten sollten Strategien für erneuerbare Gase beschließen, die im Einklang mit diesem Ziel stehen.”

    Biogas soll Erdgas teilweise ersetzen

    Für dieses Ziel müsste die Union ihre Biogaserzeugung verdoppeln. Die 35 Milliarden Kubikmeter entsprechen einem Energiegehalt von 1260 Petajoule, laut Eurostat lag die heimische Erzeugung 2020 lediglich bei 616 Petajoule. Eine stärkere Nutzung von Biogas könnte allerdings Konflikte verursachen. Der Think-Tank Agora Energiewende zum Beispiel erwartet in seiner Studie “Klimaneutrales Deutschland” schon bis 2030 einen Rückgang gasförmiger Biomasse zugunsten von fester Biomasse wie Holz und Kurzumtriebsplantagen auf Äckern.

    Wenn Landwirte künftig zum Beispiel schnell wachsende Pappeln statt Mais für die Vergärung und Gasgewinnung anbauen, würden Wälder als CO2-Speicher nicht zusätzlich gefährdet. Weiter heißt es: “Auch aus Sicht der Landwirtschaft hat die Umstellung von Mais auf holzige Anbaubiomasse aus Klimasicht Vorteile. Hier sind insbesondere die Reduktion des Düngemitteleinsatzes, ein zusätzlicher Humusaufbau und eine bessere Anpassungsfähigkeit an den Klimawandel als Vorteile zu nennen.”

    Ein neues EU-Ziel für Biogas würde sich also auch auf die Klimapolitik der Bundesregierung auswirken. Das Klimaschutzgesetz setzt stark auf natürliche CO2-Speicher wie Wälder und Böden, die Ampel hat im Koalitionsvertrag außerdem eine Biomassestrategie angekündigt.

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    Bernd Lange: “Ursula von der Leyen hat den Mund sehr voll genommen”

    Bernd Lange, Ausschuss für internationalen Handel im EU-Parlament, zur Zwangsarbeit im EU-Lieferkettengesetz: Porträt mit Brille in Gebäude
    Bernd Lange, Vorsitzender des Ausschusses für internationalen Handel im Europaparlament.

    Herr Lange, wie groß ist Ihre Enttäuschung und die des Europaparlaments, dass das Importverbot von Produkten aus Zwangsarbeit nicht im EU-Lieferkettengesetz enthalten sein wird?

    Zunächst einmal sind wir sauer, dass das ganze Gesetzgebungsverfahren überhaupt so lange gedauert hat. Es gab Verzögerungen, auch durch den Ausschuss für Regulierungskontrolle. Das Verbot für die Produkte aus Zwangsarbeit kam auch erst später in den Prozess der Lieferketten-Gesetzgebung hinzu und hat nochmal einen anderen Schwerpunkt. Wir hätten uns aber gewünscht, dass es ein gemeinsames Gesetzgebungs-Paket gibt. Es gibt natürlich noch ein paar inhaltliche Fragen zu klären. Wie geht man mit den Produkten um? Gibt es eine Dialogphase? Ist es wirklich ein Importverbot am Hafen? Oder soll es auch ein Vermarktungsverbot werden, wenn eben diese Produkte über einen Drittstaat eingeführt werden? Da sind wirklich noch ein paar technische Fragen zu klären. Insofern gibt es eine gewisse Logik, dass das nun noch gründlicher gemacht wird und es entsprechend auch ein Impact Assessment gibt. Wenn das jetzt einfach hingeklatscht worden wäre, hätte es das nicht gegeben. Es wäre schöner gewesen, wenn alles zusammen im letzten Jahr gemacht worden wäre, aber paar Dinge haben das leider nicht möglich gemacht.

    Importverbot von Produkten aus Zwangsarbeit

    Die EU-Kommission und Ursula von der Leyen hatte das Importverbot groß angekündigt (Europe.Table berichtete). Wurde da eventuell der Mund zu voll genommen?

    Das Importverbot für Produkte aus Zwangsarbeit war in den ursprünglichen Plänen von Justizkommissar Reynders nicht enthalten. Ich habe mit ihm darüber gesprochen und der Ansatz lief immer so ein bisschen nebenher. Dann kam besonders die Frage nach der Unternehmensverfassung auf und Binnenmarkt-Kommissar Breton wurde mit einbezogen. Die Unternehmensverfassung war ein großer Streitpunkt. Und es ist ja auch eine ziemlich fundamentale Frage, ob man die Verpflichtung eines Unternehmens in der Zielsetzung reguliert und in welche Richtung reguliert wird. Und da gibt es sicherlich große Abstriche von dem ursprünglichen Ansatz von Herrn Reynders. “Forced Labour” lief deshalb ein bisschen nebenher und da hat Ursula von der Leyen den Mund sehr voll genommen. Aber wir kennen sie ja alle, wie sie sehr theatralisch und blumenreich vieles verkündet und dann die Bilanz etwas magerer aussieht. Wir haben aber als Europäische Union den Anspruch, im Vergleich zu anderen Gesetzgebern weltweit, dass wir ein Auge darauf haben, wie ein Gesetz gestrickt wird und welche Konsequenzen es hat. Und das muss man beim Importverbot für Produkte aus Zwangsarbeit auch sorgfältig machen. Es wird deswegen jetzt aber nicht auf die lange Bank geschoben, sondern soll schon zügig auf den Tisch kommen.

    Welche Möglichkeiten gibt es jetzt noch für dieses Importverbot? Wird es ein eigenständiges Gesetz?

    Ich gehe davon aus, dass es ein eigenständiges Gesetz wird. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass das dann auch ein sogenanntes Handelsinstrument wird, womit wir uns auch die rechtlichen Fragen nochmal ansehen müssen. Die Lieferketten-Gesetzgebung wird wegen der Unternehmensverfassung eher zu einer Richtlinie führen, was ich nicht so schön finde. Denn dann haben die Mitgliedstaaten Möglichkeiten in der nationalen Umsetzung, um mehr Gestaltungsspielraum zu haben und auch gewisse Schlupflöcher zu nutzen. Insofern habe ich immer für eine Verordnung plädiert. Bei den Importrestriktionen für Zwangsarbeit gehe ich davon aus, dass es eine Verordnung wird, die dann auch für alle Mitgliedstaaten sofort und im gleichen Maß gilt.

    Verschiebungen des EU-Lieferkettengesetzes

    Finden Sie denn, dass durch die kommissionsinternen Schiebereien und die Verzögerungen (Europe.Table berichtete) das Lieferkettengesetz massiv verwässert wurde?

    Wir müssen mal schauen, welcher Vorschlag am 23. Februar wirklich auf dem Tisch liegt. Es war eine schwierige Operation, weil wir ja auch noch 27 unterschiedliche nationale rechtliche Rahmenbedingungen dafür haben. Ich war am Anfang sowieso ein Freund davon, das stärker zu trennen, das Lieferkettengesetz und die Unternehmensverantwortung. Aber die Würfel sind anders gefallen. Es wird es wohl größere Ausnahmen für Klein- und Mittelbetriebe im EU-Lieferkettengesetz geben, als ursprünglich angedacht. Aber ansonsten gehe ich nicht davon aus, dass es eine stärkere Verwässerung gibt.

    Wann kann man dazu mit einer Abstimmung im Europaparlament rechnen? Und wann könnte das Lieferkettengesetz dann in Kraft treten?

    Das ist eine sehr komplexe Gesetzgebung. Wir haben ein kleines Vorbild für die Sorgfaltspflicht beim Umgang mit Mineralien aus Konfliktgebieten. Daraus haben wir ein bisschen gelernt: Wir müssen eine relativ klare Gesetzgebung haben. Also, was sind Sorgfaltspflichten, damit das auch gerichtsfest ist. In Frankreich haben wir das Problem, dass die französische Gesetzgebung so viel Interpretationsspielraum zulässt, dass es nicht gerichtsfest ist. Die Anforderungen müssen klar definiert werden. Dann steht noch die Verhandlung mit dem EU-Rat an. Und wir brauchen auch die Zertifizierer, die das überprüfen können. Der Erfahrung nach, mit den Konfliktmineralien, dauert das alles etwa fünf Jahre. Ich will jetzt nicht sagen, dass für das absolute Scharfstellen des EU-Lieferkettengesetzes den 01.01.2026 sehe, aber das könnte der zeitliche Horizont sein.

    Handel zwischen der EU und China

    Welche Auswirkung erwarten Sie dadurch auf den Handel mit China?

    Das ist ja kein “Lex China”, es ist eine generelle Sorgfaltspflicht. Aber wir müssen das dann auch bei Produkten aus China Wirklichkeit werden lassen: Also Risikoanalysen machen, um zu sehen, wo werden die Sorgfaltspflichten verletzt und was kann man tun, um das unter Kontrolle zu kriegen. Wir wollen kein “cut and go”, das ist sicherlich nicht unser Ansatz.

    Also keinen plötzlich Abbruch der Handelsbeziehungen, sondern eine Verbesserung der Praktiken der Firmen.

    Deswegen werden wir auch für China Risikoanalysen und entsprechende Management-Pläne verlangen. Das wird natürlich, was die Zertifizierung betrifft, eine schwierige Nummer. Wir wissen alle, dass derzeit in Xinjiang keine Zertifizierung mehr möglich ist. Aber trotzdem ist der Anspruch da. Und wenn es eben nicht geht, dann kann man in der Tat auch keine Sorgfaltspflichten überprüfen. Das muss dann auch mit den chinesischen Verantwortlichen zu diskutieren sein. China stellt nicht nur einseitig eine Abhängigkeit für uns dar, sondern dort gibt es auch eine Abhängigkeit von europäischen Firmen. Das ist keine einseitige Machtsituation, die vielleicht die Umsetzung des Lieferkettengesetzes infrage stellen würde. Ich will nicht ausschließen, dass es Konflikte geben wird, aber da muss eben mit den zuständigen Verantwortlichen deutlich gesprochen und klargestellt werden, dass wir keine Einmischung in eine europäische Gesetzgebung akzeptieren werden.

    EU-Industrievertreter in China argumentieren, dass es schier unmöglich ist, dort Zwangsarbeit festzustellen, weil das chinesische Recht keine Zwangsarbeit kennt. Welche Probleme könnten sich für Händler ergeben, die ihre Waren in die EU einführen wollen?

    Das ist genau das Problem bei der Gesetzgebung zur “Forced Labor” und China. Die Vereinigten Staaten haben zum Beispiel in Zusammenarbeit mit der ILO und Nichtregierungsorganisationen Verfahren entwickelt, um Zwangsarbeit festzustellen und das dann auch dementsprechend zu überprüfen. Die Gesetzgebung soll ja keine politische Waffe sein, sondern soll sich auf Fakten beziehen. Und dabei ist es, glaube ich, unabhängig davon, ob China den rechtlichen Bestand von Zwangsarbeit zulässt oder nicht. Die Praxis ist das Entscheidende. Der Einzelfall bei Unternehmen soll bewertet und dann entschieden werden.

    Im Handelsstreit um Litauen haben die EU und China noch bis zum 6. März Zeit, Gespräche im Rahmen einer WTO-Anfrage aufzunehmen. Erwarten Sie dadurch eine Lösung des Konflikts?

    Man muss sehen, was dabei rauskommen wird. Es ist das normale WTO-Verfahren, dass es erst einen Dialogprozess gibt, was ich auch gut finde. Man sollte nicht sofort die Kanonen aus dem Keller holen. Inwieweit China bereit sein wird, muss man absehen. Es ist meiner Ansicht nach völlig klar, dass WTO-Regeln verletzt und Handelsmaßnahmen als politische Waffe benutzt werden. Das ist nicht akzeptabel.

    Das geplante Instrument gegen wirtschaftlichen Zwang, also das Anti-Coercion-Instrument, könnte künftig Abhilfe bei solchen Situationen schaffen. Die französische EU-Ratspräsidentschaft möchte bei dem Thema aufs Gaspedal treten. Wie ist der aktuelle Stand?

    Es gibt drei Gesetzgebungsverfahren, die derzeit auf dem Tisch liegen und uns wehrhafter machen sollen: Das zum Zugang zur öffentlichen Beschaffung auf einem “level playing field”, also das International Procurement Instrument IPI, der Ausschluss von illegaler Subventionierung für ausländische Unternehmen und eben die Möglichkeit, sich gegen Zwangsmaßnahmen politischer Art, die aber mit wirtschaftlichen Mitteln durchgepresst werden, zu wehren. Diese drei defensiven Instrumente sind sicherlich eine Priorität der französischen Ratspräsidentschaft. Angesichts der Vorläufe und des Diskussionsstandes ist realistisch zu sagen, dass IPI unter der französischen EU-Ratspräsidentschaft abgeschlossen werden könnte, vielleicht sogar im März.

    Was sind hier die Knackpunkte?

    In der Frage der illegalen Subventionen direkter oder indirekter Art für ausländische Unternehmen auf dem Binnenmarkt, da werden wir vielleicht noch die Verhandlungen mit den Franzosen beginnen. Das Anti-Coercion-Instrument ist von der Vorlage des Gesetzgebungsverfahrens her das jüngste. Dazu stelle ich gerade meinen Bericht fertig. Ich gehe davon aus, dass wir vielleicht vor der Sommerpause im Parlament eine Positionierung haben. Hier werden wir sicherlich nicht unter der französischen Ratspräsidentschaft noch eine Einigung hinkriegen. Aber ich hoffe, dass es möglichst schnell in diesem Jahr auch zu einer Gesetzgebung kommt.

    Last but not least: Ein EU-Handels-Dauerthema, das Investitionsabkommen CAI. Gibt es einen neuen Stand? Wird im Hintergrund durch China versucht, das Abkommen doch noch voranzubringen?

    Die Sanktionen gegen meine Kolleginnen und Kollegen im Europäischen Parlament stehen weiterhin und damit ist klar: Wir werden jetzt nichts tun und auch die Weiterbearbeitung im Parlament erfolgt nicht. Das Abkommen an sich hat ein paar positive Elemente. Aber eben auch Dinge, bei denen das EU-Parlament sowieso noch Nachbesserungen einfordern würde. Aber auch damit beschäftigen wir uns zurzeit nicht. Das liegt ganz unten im Gefrierfach – neben dem EU-Mercosur-Abkommen. Und ich sehe derzeit auch niemanden, der da die Tür aufmacht.

    Bernd Lange ist seit 1994 mit einer Unterbrechung (2005-2009) Abgeordneter im EU-Parlament. Der Oldenburger ist seit Juli 2014 Vorsitzender des Handelsausschusses. Lange ist zudem Mitglied der Delegation für die Beziehungen zu Südostasien und den ASEAN-Staaten im Europaparlament.

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    Strommarkt: Staaten könnten Mehrerlöse abschöpfen

    Wegen hoher Strompreise in Europa erzielen viele Energieerzeuger derzeit hohe Gewinne. Die EU-Kommission bereitet nun Empfehlungen vor, wie die Mitgliedsstaaten einen Teil der Gewinne zusätzlich besteuern könnten. Die eingenommenen Gelder könnten demnach an Haushalte und Unternehmen zurückfließen. Die Empfehlungen finden sich im Entwurf für eine Mitteilung der Kommission zu Energiepreisen, die Table.Media vorliegt. Änderungen sind allerdings noch möglich, die endgültige Fassung soll am 2. März vorgestellt werden.

    In dem Entwurf beschreibt die Kommission “Maßnahmen zur Wiederverwendung hoher Renten“, womit Gewinne von Energieunternehmen gemeint sind. Mit den hohen Gaspreisen sind in den vergangenen Monaten auch die Preise für Elektrizität gestiegen. Hintergrund ist der Mechanismus zur Preisfindung an der Strombörse. Im derzeitigen Grenzkostenmodell bestimmt das teuerste Kraftwerk, das gerade noch zur Deckung der aktuellen Stromnachfrage nötig ist, den Preis für alle Anbieter. Meist handelt es sich dabei um ein Gaskraftwerk. In solchen Fällen hätten alle Marktteilnehmer hohe unerwartete Gewinne erzielt, schreibt die Kommission.

    Haushalte & Unternehmen in Europa von hohen Strompreisen entlasten

    Um dieses Problem zu lösen, wurden bisher erst mittelfristige Lösungen diskutiert, die auch nur für neue Anlagen gegolten hätten. Eine angepasste Form der Vergütung wäre zum Beispiel eine sogenannte symmetrische Marktprämie. Überraschend regte Patrick Graichen, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, in der vergangenen Woche zudem eine Debatte über neue Regeln an den Strombörsen an (Europe.Table berichtete): “Wir müssen eine offene Diskussion darüber führen, ob das Grenzkraftwerk den Preis für alle bestimmt.” Graichen verwies auf entsprechende Überlegungen in Frankreich und Spanien.

    Der Kommissionsentwurf belegt nun, dass sich Brüssel bereits mit möglichen kurzfristigen Markteingriffen der EU-Mitgliedsstaaten auseinandersetzt. Getrieben sind die Überlegungen offenbar von der Notwendigkeit, notleidende Haushalte und Unternehmen in Europa von den hohen Strompreisen zu entlasten. “Um in der gegenwärtigen Krise Hilfsmaßnahmen zu finanzieren, könnten die Mitgliedsstaaten planen, einen Teil dieser zusätzlichen inframarginalen Rente durch spezifische fiskalische Maßnahmen abzuschöpfen”, heißt es in dem Papier.

    Kommission verteidigt Strombinnenmarkt

    In einem eigenen Anhang sieht sich die Kommission deshalb veranlasst, Maßnahmen zu beschreiben, die Wettbewerbsverzerrungen verhindern sollen. Diese Orientierungshilfe umfasst neun Punkte. Die Mitgliedsstaaten sollen etwa darauf achten, nicht nur die Mehrerlöse von erneuerbaren Energien zu besteuern, sondern auch die von Atom- und Kohlekraftwerken. Außerdem sollen bei der Berechnung die gestiegenen Kosten von Emissionsrechten unberücksichtigt bleiben. Damit will die Kommission offensichtlich den zentralen Anreiz für den klimafreundlichen Umbau der Stromversorgung erhalten.

    Die Empfehlungen der Kommission sollen ausdrücklich dazu dienen, das Grenzkostenmodell im Strommarkt zu bewahren. Das Festhalten an Grenzkosten sei wichtig für die ökonomische Effizienz der Stromerzeugung und die Kopplung der Elektrizitätsmärkte der Mitgliedsstaaten. ber

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    Regierungsberater erwarten Verzögerungen beim Fit-for-55-Paket

    Die “Wissenschaftsplattform Klimaschutz” geht davon aus, dass die EU die Rechtsakte des Fit-for-55-Pakets nicht wie geplant bereits Ende 2022 erlassen wird. Realistisch sei mit einem Erlass erst ab Mitte bis Ende 2023 zu rechnen. So steht es im ersten Jahres-Gutachten der Wissenschaftsplattform, das am Freitag vorgestellt wurde.

    Es sei daher fraglich, ob das Emissionshandelssystem für Straßenverkehr und Gebäude (ETS 2) von den Mitgliedstaaten bereits bis Ende 2023 umgesetzt werden könne – wie im Fit-for-55-Paket von der Kommission vorgesehen. Dies habe möglicherweise auch eine Verschiebung der anvisierten Einführung des ETS 2 im Jahr 2025 und die erstmalige Zertifikatabgabepflicht ab 2026 zur Konsequenz, heißt es in dem Gutachten.

    Mehr Planungssicherheit für Einführung des ETS 2

    Außerdem fordern die Autoren, einen klaren Zusammenführungspfad des ETS 2 mit dem bestehenden ETS. Die bisher nur vage Ankündigung einer zukünftigen Zusammenführung rücke die Frage geeigneter Handlungsoptionen gegen eine ungewollte Preiskonvergenz in den Vordergrund. Diese könnte entstehen, da nicht klar wäre, inwiefern Emissionsrechte aus dem einen ETS zu einem späteren Zeitpunkt auch im gemeinsamen einlösbar sind. Ein klarer Pfad würde stattdessen für mehr Planungssicherheit “bei den Emittenten und Marktakteuren” sorgen.

    Grundsätzlich begrüßt die Plattform die Einführung des ETS 2 ausdrücklich und fordert die Bundesregierung auf, diesen Vorschlag zu unterstützen. Darüber hinaus fordern die Autoren, dass sich die Bundesregierung dafür einsetzen solle, den Anwendungsbereich des ETS 2 auf den des deutschen Bundesemissionshandelsgesetzes (BEHG) zu erweitern.

    Anders als im Kommissionsvorschlag für den ETS 2 werden im BEHG alle Brennstoffe mit einem CO2-Preis versehen, statt nur die im Straßenverkehr verwendeten. Dies sei eine Schwachstelle des Kommissionsvorschlags, heißt es in dem Gutachten, da die vom ETS 1 nicht erfassten Industrie- und Verkehrsemissionen jenseits des Straßenverkehrs nicht erfasst würden. Damit droht laut den Autoren eine Bepreisungslücke in Deutschland zwischen ETS 2 und BEHG.

    Empfehlung zur Reform des Klimaschutzgesetzes

    Die Wissenschaftsplattform empfiehlt außerdem eine Reform des deutschen Klimaschutzgesetzes sowie Strafzahlungen auf Treibhausgas-Emissionen der Landwirtschaft. “Wir sagen, die Sektorziele sollten flexibel gestaltet werden”, sagte der Chef des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), Ottmar Edenhofer. Man solle dabei etwa die Investitionen in einzelne Bereiche mit anschauen, wolle aber diese nicht aus der Verantwortung entlassen. Bislang sind im Klimaschutzgesetz jahresscharfe Ziele für jeden Sektor wie Verkehr, Energie oder Landwirtschaft vorgesehen. Die Ampel-Koalition will hier aber auch Änderungen. Das Gutachten fordert zudem Abgaben auf die Klimagase Methan und Lachgas, die vor allem die Landwirte betreffen würden. Obwohl diese teils klimaschädlicher als CO2 sind, gibt es für sie noch keine Abgaben.

    Klima-Staatssekretär Patrick Graichen machte mit Blick auf die im Sommer geplante Reform des Gesetzes aber deutlich, auch bei einer sektorübergreifenden Verrechnung der Emissionen werde der Druck nicht geringer. “Ich sehe gar nicht, dass da einzelne Sektoren Überschussmengen haben.” Derzeit würden aller Voraussicht nach bereits einige Sektoren ihre Ziele verfehlen, im nächsten Jahr würden es noch mehr.

    Ziele des Fit-for-55-Pakets durch neue Instrumente erreichen

    Das Gutachten empfiehlt zudem, in der Landwirtschaft neue Instrumente zum Klimaschutz einzusetzen. In diesem Sektor gilt die Reduzierung der Emissionen als besonders schwierig. Vergleichsweise einfach realisierbar wäre ein Preis für Lachgasemissionen durch Dünger sowie Methanemissionen aus der Rinderhaltung. “Bei Weitergabe des Preissignals wären auch Anreize für klimafreundlichere Ernährungsweisen zu erwarten”, heißt es in der Studie.

    Politisch strittig dürfte auch die Ermahnung der Experten sein, sich mit dem Einsatz von blauem Wasserstoff zu befassen. Dabei wird Wasserstoff mithilfe von Erdgas gewonnen, die Treibhausgase werden unterirdisch abgespeichert. Im Vergleich zum mit Ökostrom erzeugtem Wasserstoff ist er vergleichsweise günstig. Die Technik trifft aber vor allem bei den Grünen auf Widerstand.

    Es ist das erste Jahres-Gutachten der Wissenschaftsplattform, die auch im Zusammenhang mit dem 2019 beschlossenen Klimaschutzgesetz gegründet wurde. Sie soll die Regierung dabei beraten, wie sie die Klimaneutralität bis 2045 erreichen und das Klimagesetz umgesetzt werden kann. luk/rtr

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    EU stellt Ukraine mehr Unterstützung in Aussicht

    Die Europäer wollen die Ukraine verstärkt unterstützen. EU-Ratspräsident Charles Michel sagte am Sonntag auf der Münchner Sicherheitskonferenz, er habe zu einer Geberkonferenz für das Land aufgerufen. Man habe bereits ein Paket in Höhe von 1,2 Milliarden Euro geschnürt. Die Ukraine solle zudem näher an die Europäische Union herangeführt werden. Russland unterliege einer Fehlkalkulation, wenn es glaube, den Westen und die Ukraine schwächen zu können.

    Erneut warnt Michel Russland vor “massiven Sanktionen” aus Europa im Falle eines Angriffs auf die Ukraine. Auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sowie die Verteidigungsministerinnen von Deutschland und Frankreich, Christine Lambrecht und Florence Parly betonten die Einigkeit des Westens in der Unterstützung für die Ukraine.

    Anders als 2014 bei der russischen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim seien Amerikaner und Europäer jetzt vorbereitet, sagte Lambrecht, die zudem eine Erhöhung der deutschen Verteidigungsausgaben forderte. Zwar redeten einzelne EU-Staats- und Regierungschefs mit Russlands Präsident Wladimir Putin. “Aber das Wichtige ist, dass er dabei immer dieselbe Botschaft hört”, fügte sie auch in Anspielung auf die angedrohten Sanktionen hinzu. Das ist jedoch nicht immer der Fall. So forderte Italiens Regierungschef Mario Draghi, Energieimporte von eventuellen Sanktionen auszunehmen. Ein heikler Punkt. Ähnlich wie Deutschland ist auch Italien stark von russischen Gas-Lieferungen abhängig. Jedoch gelten mögliche Sanktionen gegen Moskau gerade im Energiebereich als effektiv.

    Sanktionen gegen Energiewirtschaft

    Schließlich werde die Hälfte des russischen Staatshaushalts durch den Export fossiler Energieträger gefüttert, betonte auch die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Sonntagabend in der Fernsehsendung “Anne Will”. Somit habe die Diplomatie hier ein sehr starkes Gewicht. Denn für Russlands Präsident Wladimir Putin sei es schwierig, einen Angriff auf die Ukraine gegenüber der russischen Bevölkerung zu rechtfertigen, wenn damit sehenden Auges massive Konsequenzen in Kauf genommen würden.

    Diese wiederum würden aber auch die europäische Energiewirtschaft hart treffen. “Ich halte uns jetzt schon für zu erpressbar”, sagte von der Leyen angesichts der Tatsache, dass 40 Prozent der europäischen Gasimporte aus Russland stammen und der russische Energiekonzern Gazprom seine Lieferungen seit Wochen auf das vertragliche Minimum reduziert hat. “Das ist ein erstaunliches Verhalten für ein Unternehmen in einer Zeit, in der die Preise so hoch und die Nachfrage enorm sind”, so die Kommissionschefin. Vor diesem Hintergrund stelle sich im Zertifizierungsprozess der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 die Frage, was eine Inbetriebnahme für die Versorgungssicherheit in Europa bedeute.

    Europa bereitet sich auf Flüchtlingszustrom aus der Ukraine vor

    Daneben bereitet sich Europa für den Fall eines russischen Angriffes gegen die Ukraine auf einen möglichen Zustrom von Kriegsflüchtlingen vor. «Ja, wir arbeiten daran», sagte die für das Thema zuständige EU-Kommissarin Ylva Johansson am Rande Sicherheitskonferenz. Bereits seit einigen Wochen würden mit den Mitgliedstaaten Notfallpläne erstellt, insbesondere mit denen, die unmittelbar an die rund 41 Millionen Einwohner zählende Ukraine grenzen.

    Die aktuelle Krise hat die Europäische Union noch stärker zusammengeschweißt. Es brauche aber, das war in München oft zu hören, eine besser abgestimmte gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik. Lambrecht und Parly warben für einen weiteren Ausbau der militärischen Zusammenarbeit in der EU. Bundeskanzler Olaf Scholz forderte stärkere, aktive Anstrengungen bei der Integration von Ländern des westlichen Balkans in die Europäische Union. Zu den Beitrittsaspiranten zählen Albanien, Nordmazedonien, Serbien, Montenegro, Bosnien-Herzegowina sowie das Kosovo. rtr, dpa, til

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    EU wirft China Patent-Lizenzerpressung vor

    Die EU-Kommission hat bei der Welthandelsorganisation WTO am Freitag ein Verfahren gegen die Volksrepublik China eingeleitet. Die EU-Kommission wirft der Regierung in Peking vor, dass China den Rechtsschutz bei Patenten in Schlüsseltechnologien behindere und dadurch gegen die Regeln der WTO verstoßen würde.

    Konkret geht es laut Mitteilung der EU-Kommission um essenzielle Standard-Patente (SEP) in der Mobilfunktechnologie. Diese unverzichtbaren Patente zu nutzen, muss vom Patentinhaber grundsätzlich allen Lizenznehmern ermöglicht werden, die sie in Anspruch nehmen möchten – allerdings nicht zu jedem Preis.

    EU sieht in Urteil aus China Verstoß gegen WTO-Regeln

    EU-Unternehmen würden, wenn sie bei nicht-chinesischen Gerichten ihre Rechte durchzusetzen versuchten, “oft mit erheblichen Geldstrafen belegt”, um sie zu einer günstigeren Lizenzierung ihrer Technologie zu drängen. Die Kommission sieht insbesondere in einem Urteil des Obersten Volksgerichts Chinas vom August 2020 sowie bislang vier darauf folgenden, mit Geldstrafen bewehrten und von Gerichten in der Volksrepublik erlassenen Prozessführungsverboten einen Verstoß gegen die Regeln der Welthandelsorganisation.

    “EU-Unternehmen steht es zu, ihr Recht zu fairen Bedingungen einzuklagen, wenn ihre Technologie illegal eingesetzt wird”, sagte Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis am Freitag. Binnen 60 Tagen kann nun im ersten Schritt eine Streitbeilegung erfolgen. Sollte diese nicht erzielt werden, könnte die Kommission die WTO um eine Entscheidung in der Sache ersuchen. fst

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    Münchner Sicherheitskonferenz: Gespräche sind geprägt von der Angst vor einem Krieg in Europa GENERAL ANZEIGER
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    Jean Asselborn: Europa kann nicht nur Markt, sondern auch Macht WIWO
    Markus Ferber: EU braucht einen Masterplan für ihre Industriepolitik HANDELSBLATT
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    Sascha Müller-Kraenner: Umweltschützer auf dem Klageweg

    Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe
    Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe

    “Das novellierte Klimaschutzgesetz reicht immer noch nicht aus, um Deutschlands Beitrag zur Einhaltung des Paris Agreement zu leisten”, erklärte Sascha Müller-Kraenner Ende Januar. Der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH) betont: In dem neuen Gesetz würden die Vorgaben des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes nicht ausreichend umgesetzt. Die Folge: eine neue Klima-Klage. Neun junge Erwachsene und Kinder legen mit Unterstützung der DUH Verfassungsbeschwerde gegen das Klimaschutzgesetz der Bundesregierung ein. Zum zweiten Mal.

    Seit sieben Jahren leitet Sascha Müller-Kraenner zusammen mit Jürgen Resch die Deutsche Umwelthilfe. Seitdem hat der Verein mit einigen großen Klagen für Aufsehen gesorgt und sich von einer kleinen und relativ unbekannten Organisation, zu einer der schlagkräftigsten deutschen Kampagnenorganisationen im Umwelt- und Verbraucherschutz entwickelt. “Umweltthemen haben gerade Konjunktur. Das ist ein Zeitfenster, das wir nutzen müssen”, sagt Müller-Kraenner. Und tatsächlich wachsen seit etwa einem Jahrzehnt die Mitgliederzahlen und Spendenaufkommen vieler Umweltorganisationen. Dass sich das auch schnell wieder ändern kann, weiß der Biologe aus eigener Erfahrung.

    Von der Antiatombewegung zur Deutschen Umwelthilfe

    Angefangen hat sein politisches Engagement in der Friedens- und Antiatomkraftbewegung der 80er Jahre. “Eine Zeit lang hatte diese Bewegung enorm viel Energie, aber das hat sich über die Jahre verplätschert”. Dennoch: Diejenigen, die wie er in die Vereinsstruktur oder in die Politik gegangen sind, würden die Gesellschaft mit ihren Erfahrungen aus dieser Zeit bis heute prägen.

    Außerdem gebe es Parallelen zwischen der damaligen und heutigen Klimabewegungen, allen voran Fridays for Future. Es sei wichtig, dass bestehende Organisationen den Aktivist:innen Angebote machen und sich neue Organisationen gründen, sagt er. Denn es werde auch wieder eine Zeit geben, in der andere Themen im Vordergrund stehen. “So ein mediales Flackern gibt es immer, aber Institutionen bleiben“.

    In seinen mehr als 30 Jahren als Naturschützer hat Sascha Müller-Kraenner selbst den Grundstein einiger Institutionen gelegt. In den 90er Jahren baute er die EU-Koordination des Deutschen Naturschutzrings auf. Im Auftrag der Heinrich-Böll-Stiftung gründete er deren ersten Sitz in Washington D.C., bevor Sascha Müller-Kraenner 2015 zur Deutschen Umwelthilfe kam.

    Direktmandat für die Grünen

    Müller-Kraenners Weg in den Naturschutz war kein zufälliger. Um ein besseres Verständnis von Ökosystemen zu erlangen, studierte er Biologie. Schon damals mit dem Ziel, sein Wissen für den Umweltschutz einsetzen zu wollen. 1990 machte er als Bundestags-Direktkandidat für die Grünen einen kleinen Abstecher in die Politik, bevor er sich vollends der Verbandsarbeit widmete.

    Mit der Klimapolitik der Bundesregierung ist er trotz eines Grünen Wirtschafts- und Klimaministers nicht immer einer Meinung. Eine wesentlich deutlichere Stellungnahme der Bundesregierung hätte sich Müller-Kraenner zu den Plänen der Europäischen Kommission, Erdgas und Atomenergie in die EU-Taxonomie aufzunehmen (Europe.Table berichtete), gewünscht. Er ist zwar der Auffassung, dass Gaskraftwerke als Brückentechnologie unumgänglich sind. Sie als nachhaltig zu labeln, sei dennoch ein Schritt in die falsche Richtung. “Im Supermarkt gibt es Bio-Tomaten und konventionelle Tomaten. Beides ist erlaubt, aber es muss doch klar benannt werden”.

    Sascha Müller-Kraenner verfolgt Entwicklungen auf EU-Ebene

    Die klima- und umweltpolitischen Entwicklungen auf EU-Ebene verfolgt Müller-Kraenner sehr genau. Um etwas gegen den Klimawandel ausrichten zu können, dürfe man nicht in nationalen Grenzen verharren. Gerade in Europa sei es wichtig, dass alle Länder an einem Strang ziehen. Zwei Jahre seiner Jugend hat der Umweltschützer in Frankreich verbracht, ist dort zur Schule gegangen und pflegt immer noch viele Freundschaften. Dieser persönliche Bezug habe ihm den Wert der europäischen Verbundenheit und insbesondere der deutsch-französischen Freundschaft früh nahegebracht.

    Er habe auch Macrons Vorstoß, Umweltschutz in die EU-Grundrechtcharta aufzunehmen, sehr begrüßt. Rechtlich würde sich zwar dadurch nicht viel ändern, meint Müller-Kraenner. “Aber es hätte eine große Symbolkraft”. Große Symbolkraft hatte auch das Urteil zur letzten Verfassungsklage gegen das Klimagesetz der Bundesregierung. Damit wurde ein Präzedenzfall geschaffen, der weit über die deutschen Grenzen hinaus Aufsehen erregt hat. Ob die neue Verfassungsbeschwerde ähnlich weit reicht, bleibt abzuwarten. David Zauner

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    Apéropa

    Nun hat es ihn also erwischt. Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn ist Covid-positiv und muss also daheim bleiben, wenn Staats-und Regierungschefs das weitere Vorgehen in der Russland-Ukrainekrise besprechen. Es hat lange genug gebraucht. Asselborns Maskenstil gilt als dezent-alternativ: Der Mund ist verdeckt, doch die Nase braucht ihre Schnüffelfreiheit. 

    Aber wie soll Europa denn ohne den dienstältesten Außenminister und selfmade Diplomat verhandeln? Gibt es nun also Krieg? Ist Asselborns Covid-Erkrankung vielleicht sogar der Vorwand, den Putin suchte, um endlich in der Ukraine einzumarschieren?

    Schließlich sind Luxemburg und Russland ziemlich dicke. Finanzplatz, Holdings, Investments und so. Die wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen den beiden Nationen sind groß. Sanktionen findet das kleine Großherzogtum keine so tolle Lösung, die würden letztlich Luxemburg und somit auch Jean Asselborn sehr weh tun.

    Auch deswegen schreit Asselborn so laut “Dialog, Dialog, Dialooog”, dass ihm nun der Halsweh tut. Man solle doch Verständnis zeigen für Putins Forderungen. Ein offenes Ohr für Putin, das ist quasi Luxemburger Regierungsmotto. So zeigte auch Luxemburgs grüner Verteidigungsminister François Bausch Verständnis für Vladimir’s Dilemma. Die Großmacht wäre ja auch ziemlich eingekesselt, wenn die Ukraine auf einmal NATO Mitglied werden würde – solche Ansprüche könnte vielleicht ein EU-Mitglied stellen, aber die Ukraine …

    Auch ohne Asselborn wird die Pro-Vladimir-Front also nicht gleich fallen. Dennoch: Wir wünschen gute Besserung und hoffen, dass “Jang” bald wieder den Mont Ventoux  hochfährt. In Luxemburg sind nämlich nächstes Jahr Wahlen. Charlotte Wirth

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    Europe.Table Redaktion

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