auch Olympische Spiele kommen heute an der Frage der Nachhaltigkeit nicht mehr vorbei. Die Ausrichter in Peking betonen an allen Ecken und Enden die Klimaneutralität der Winterspiele. Alle Wettkampfstätten werden mit erneuerbaren Energien betrieben, jedes Passagierfahrzeug läuft entweder mit Wasserstoff, Gas oder Strom. Doch die Maßnahmen zu mehr Nachhaltigkeit überzeugen nur auf den ersten Blick, erklärt Marcel Grzanna. Vor allem der Wasserbedarf für die Massen an Kunstschnee ist problematisch. Wie nachhaltig die Spiele sind, bleibt schwer zu bestimmen – denn die Ausrichterstädte dürfen ihre Nachhaltigkeits-Rechnungen am Ende nach Belieben selbst aufstellen.
Wladimir Putin war Ehrengast bei der Eröffnungsfeier der Winterspiele. Vorher wurde er von Xi Jinping empfangen. Als erster ausländischer Staatschef seit Beginn der Pandemie. Neben der Ukraine-Krise besprachen die beiden Politiker auch Energie-Fragen. Das Ergebnis: Russland wird in Zukunft viel mehr Gas an die Volksrepublik liefern. Noch steht das nicht in Konkurrenz zu Lieferungen nach Deutschland und Europa. Doch bald wird China per Pipeline an das riesige Jamal-Gasfeld angeschlossen. Dann treten Europa und China in direkte Konkurrenz um das russische Gas, berichtet Michael Radunski.
Und während Europa über vermeintlich “nachhaltige Atomenergie” diskutiert, strebt China mit seinen Atomreaktoren auf den Weltmarkt. Kürzlich wurde ein Deal mit Argentinien zum Bau eines AKW abgeschlossen. Und auch Großbritannien hat den Bau eines chinesischen Atomreaktors genehmigt. Setzt China in Zukunft also stärker auf den Bau von AKWs, nachdem Präsident Xi im letzten Jahr das Ende von durch China finanzierter Kohlekraftwerke im Ausland verkündet hat? Wir bleiben für Sie dran!
Viele neue Erkenntnisse!
Der Kunstschnee auf den Hügeln von Yanqing und Zhangjiakou steht sinnbildlich für die Diskussion um die Nachhaltigkeit der Olympischen Winterspiele in Peking. Inmitten karg-brauner Landschaften strahlen Pisten und Loipen wie ein Netz aus Laserstrahlen in dunkler Nacht. Peking ist zwar nicht die erste Ausrichterstadt, die im Winter Schnee produzieren, statt schaufeln muss. Doch selten war die politische Komponente bei der Diskussion um Nachhaltigkeit von so großer Bedeutung wie im Fall Chinas.
Was unfair klingen mag, folgt tatsächlich einer stringenten Logik. Das Thema Nachhaltigkeit spielt heute eine deutlich größere Rolle als noch vor wenigen Jahren. In Peking wird deshalb eben noch etwas genauer hingeschaut und eben auch etwas lauter kritisiert. Die Volksrepublik zählt zudem zu den größten Umweltsündern der Welt. Dieser Ruf bringt bei der Ausrichtung der Winterspiele auch eine besondere Verantwortung mit sich.
Geht es nach dem Publikum, wäre den meisten Beobachtern echter Schnee ohnehin viel lieber. 60 Prozent der Bundesbürger würden sich bei der Vergabe der Winterspiele für jene Bewerber entscheiden, deren klimatische Bedingungen auf natürliche Art und Weise die Voraussetzungen zum Skifahren und Langlauf erfüllen. Gerade einmal jeder Zehnte hält Kunstschnee für eine gute Alternative. Das ergab eine Umfrage des Berliner Meinungs- und Marktforschungsunternehmens Civey, die von China.Table in Auftrag gegeben wurde.
Interessanterweise ist die Ablehnung von Kunstschnee in der Altersgruppe der über 65-Jährigen am größten (rund 65 Prozent). Bei den 18- bis 29-Jährigen dagegen befürworten nur etwa die Hälfte der Befragten das echte Weiß. Bemerkenswert daran ist, dass gerade der jüngeren Generation ein größeres Bewusstsein in Sachen Umwelt nachgesagt wird als der älteren. Doch offenbar wird Kunstschnee weniger als Problem für die Natur diskutiert, sondern vielmehr als eine Frage von “realness”.
Die Wassermenge, die verwendet wurde, um die Austragung der Wettbewerbe möglich zu machen, ist zweifellos gewaltig. Die Zahlen variieren zwischen 185 Millionen Litern bis einer Milliarde Liter. So oder so ist es problematisch, weil die Region ohnehin unter Wasserknappheit leidet. 2017 zum Beispiel standen den Einwohnern der chinesischen Hauptstadt 136.000 Liter Frischwasser pro Kopf zur Verfügung. Aktuellere Zahlen liegen nicht vor. Die Menge entspricht in etwa der Verfügbarkeit des afrikanischen Niger, einem Staat am Rande der Sahara. In Zhangjiakou, wo die alpinen Wettbewerbe ausgetragen werden, waren es immerhin noch 314.000 Liter pro Kopf.
Um das Wasser nun aus Richtung Peking dorthin zu leiten, wo es nötig war, um Schnee zu produzieren, investierten die Ausrichter rund 55 Millionen Euro in den Bau neuer Rohrleitungen. In Zhangjiakou wurde die Bewässerung riesiger Flächen von Ackerland eingestellt, um das Grundwasser zu sparen.
100 Schnee-Generatoren und 300 Schneekanonen produzierten seit Ende November tagein tagaus die gewaltigen Kunstschneemassen. Ein Horror für die Fauna der Region, die laut Nachhaltigkeitsbericht des Organisationskomitees BOCOG besonders geschützt werden sollte. Im Betrieb erzeugt eine Schneekanone 60 bis 80 Dezibel Lautstärke. Mehrere Hundert, die gleichzeitig angeschaltet waren, sorgten monatelang jedoch für einen Höllenlärm, der das Wildleben mindestens in Angst und Schrecken versetzt haben dürfte.
Für einen besseren CO2-Fußabdruck der Spiele sorgt indes die Corona-Pandemie. Weil ausländische Besucher in China nicht zugelassen sind, verringerte sich das Emissionsvolumen um rund 500.000 auf 1,3 Millionen Tonnen. Alle Wettkampfstätten werden erstmals in der Geschichte von Olympia mit Erneuerbarer Energie betrieben. Allerdings ist das eher ein theoretisches Rechenspiel, wie Michael Davidson von der University of California im Wissenschaftsmagazin Nature zu Bedenken gibt.
Einige Wettkampfstätten der Sommerspiele 2008 wurden umgebaut und nun erneut verwendet. Aus dem Watercube, wo vor 14 Jahren die Schwimmwettbewerbe ausgerichtet wurden, ist jetzt inoffiziell ein Icecube für die Curling-Wettbewerbe geworden. Die Eisflächen werden mit natürlichem Kohlendioxid gekühlt und schaffen eine Ersparnis von 20 Prozent zu herkömmlichen Technologien.
Ausnahmslos alle Passagierfahrzeuge, die während der Spiele zum Einsatz kommen, werden mit Wasserstoff, Strom oder Gas betrieben. Lediglich 15 Prozent der benötigten Nutzfahrzeuge sind mit Verbrennermotoren ausgestattet. Dank umfangreicher Wiederaufforstungsprojekte in Peking und Zhangjiakou sind seit 2014 rund 80.000 Hektar neue Waldflächen entstanden. So verspricht Peking, dass die Winterspiele klimaneutral über die Bühne gehen.
“Wir sind zuversichtlich, dass wir wahrlich klimaneutrale Spiele ausrichten werden”, sagte Liu Xinping, der im BOCOC für die Nachhaltigkeit verantwortlich ist. Die Sponsoren der Spiele sind mit rund 600.000 Tonnen Ausgleich beteiligt. Dennoch sind 1,3 Millionen Tonnen Ausstoß für die Ausrichtung der Spiele nur ein winziger Anteil der chinesischen Emissionen, die pro Jahr elf Milliarden Tonnen CO2 betragen. Die Volksrepublik ist weltweit der größte Emittent klimaschädlicher Gase.
Die nachhaltige Nutzung mancher Wettkampfstätten ist allerdings fraglich. Die Bob- und Rodelbahn, deren Bau über zwei Milliarden Euro gekostet haben soll, könnte zu einer regelrechten Ruine verkommen. Auch die Skisprunganlage in Zhangjiakou dürfte als Weltcup-Schanze nicht infrage kommen. Wohl wissend haben die Planer im Auslauf ein Fußballfeld angelegt. Und auch die touristische Nutzung ist vorbereitet. Oberhalb der Schanzen befindet sich eine ein Rundplateau, in dem ein Restaurant betrieben wird.
Das IOC sieht derweil neue Maßstäbe gesetzt. “Dennoch sind Pekings Winterspiele die ersten, die ein breites Spektrum an Emissionen bereits in den frühesten Phasen der Vorbereitung berücksichtigt haben”, sagte Marie Sallois, die im IOC verantwortlich ist für nachhaltige Entwicklung. Auch indirekte Quellen von Emissionen wie Flugreisen seien erstmals in die Rechnung integriert worden. Das Konzept solle auch für künftige Olympische Spiele als Maßstab gelten.
Problematisch bleibt jedoch, dass die Ausrichterstädte ihre Nachhaltigkeits-Aufstellungen nach Belieben selbst angeben. Der frühere kanadische 100-Meter-Läufer Seyi Smith, der sich um einen Platz in der IOC-Athletenkommission bewirbt und dort das Thema Nachhaltigkeit zum Schwerpunkt nehmen möchte, fordert deshalb unabhängige Kontrollen von Drittparteien. “Es müssen systematische Veränderungen im IOC und den Nationalen Olympischen Komitees her. Bis 2030 müssen Spiele nicht nur klimaneutral sein, sondern klimapositiv”, sagte Smith bei der Webshow “Bring it in” von CBC Sports.
Xi Jinping hat derzeit mehrere Gründe zu feiern: Mit dem chinesischen Frühlingsfest beginnt dieser Tage das neue Jahr, es sind die wichtigsten Feiertage der Volksrepublik. Zudem finden die Olympischen Winterspiele in Peking statt; es ist damit die erste Stadt der Welt, die sowohl Winter- wie auch Sommerspiele ausrichten konnte. Und auch politisch bietet sich Chinas Staatschef Grund zur Freude: Sein guter Freund Wladimir Putin ist eigens für die olympische Eröffnungsfeier angereist. Russlands Präsident ließ die Welt wissen: Die Beziehungen zwischen China und Russland haben “einen wirklich beispiellosen Charakter angenommen”.
Wie wichtig der Besuch Putins ist, zeigt ein kurzer Blick in Xis außenpolitischen Terminkalender: Seit dem Beginn der Corona-Pandemie vor knapp zwei Jahren hat er keinen Staatsführer mehr persönlich getroffen. Für Putin verlässt Xi nun jedoch seine selbstgewählte diplomatische Corona-Quarantäne. “Putins Besuch ist für China eine wichtige Demonstration der Unterstützung in einer Zeit, in der die USA, Großbritannien und andere Länder einen diplomatischen Boykott der Olympischen Spiele ausgerufen haben”, sagt David Shullmann, Direktor der China-Abteilung der Denkfabrik Atlantic Council in Washington. Entsprechend euphorisch feiern auch Chinas Medien das olympische Zusammentreffen von Xi und Putin: Es öffne ein neues Kapitel in den Beziehungen der beiden Länder.
Daran ließ Putin bei seiner Visite keinen Zweifel aufkommen. Er kenne Xi Jinping schon seit langem. “Als gute Freunde und Politiker, die viele gemeinsame Ansichten über die Lösung von Weltproblemen teilen” habe man eine ähnliche Sicht auf die globale Politik.
Diese Sicht legten die beiden Staatsführer denn auch gleich in einer gemeinsamen Erklärung offen. Sie strotzt vor gegenseitiger Unterstützung gegen den Westen: So fordern Xi und Putin, in Osteuropa müsse die Nato-Erweiterung gestoppt und im Indopazifik der wachsende Einfluss der USA begrenzt werden, denn er gefährde Frieden und Stabilität. Man sei ernsthaft besorgt angesichts der zunehmenden militärischen Zusammenarbeit der Partner USA, Großbritannien, Australien oder auch Japan (China.Table berichtete).
Auch im eskalierenden Ukraine-Konflikt hat sich China zuletzt ungewöhnlich klar auf die Seite Russlands gestellt. Außenminister Wang Yi bezeichnete Russlands Sicherheitsbedenken als “legitim”, die von allen ernst genommen werden sollten. Gespannt blickt man in Peking auf die weitere Entwicklung am Donbass. Sollten Moskaus militärische Eskapaden ohne großen Widerstand des Westens durchgehen, könnte Peking daraus Parallelen für seine eigenen Pläne hinsichtlich einer Wiedereingliederung Taiwans in die Volksrepublik ziehen.
Was der Kreml als “Vision zur internationalen Sicherheitspolitik” ankündigte, ist im Grunde ein verbriefter Schulterschluss gegen den Westen. China und Russland bilden zunehmend einen Block gegen eine von den Vereinigten Staaten angeführte Weltordnung. Juri Uschakow formulierte es vor wenigen Tagen in Moskau wie folgt: “Moskau und Peking sind beide der Meinung, dass es nötig ist, eine gerechtere und rationalere Weltordnung zu schaffen”, sagte der Berater der russischen Führung.
Der chinesische Politikexperte Ruan Zongze vom China Institute of International Studies (CIIS) meint: “Die beiden Länder zeigen ihre Entschlossenheit, weltweit Gerechtigkeit in einer multipolaren Welt aufrechtzuerhalten, während die USA unter dem Deckmantel des Multilateralismus anderen ihre Ideologie aufzwängen und sich in Staaten einmischen, um ihre eigene Hegemonie zu behaupten.”
Auffällig ist die Wortwahl: gerecht, rational, multipolar. Es sind Begriffe, die zeigen, dass man sich zusehends moralisch überlegen wähnt und mit denen sich die beiden autoritär regierenden Staatschefs gegen die liberale Weltordnung des Westens in Stellung bringen.
Putins Besuch in Peking ist das 38. Treffen der beiden Staatschefs seit 2013 – und Russlands Präsident hat nicht nur wortreiche Erklärungen mitgebracht nach Peking, sondern auch Abkommen im Bereich Energie. So soll China unter anderem künftig zusätzliche zehn Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr erhalten. Zum Vergleich: 2021 hat Russland rund 16 Milliarden Kubikmeter Gas an die Volksrepublik geliefert. Das Volumen wird also nahezu verdoppelt (China.Table berichtete). Interessanter als das reine Volumen wird aber der Preis sein, zu dem Peking das russische Gas beziehen wird. Denn beim Lieferpreis für Gas stieß die viel beschworene chinesisch-russische Freundschaft in der Vergangenheit überraschend schnell an ihre Grenzen.
Dennoch ist klar, beide profitieren von dem aktuellen Gas-Geschäft: Xi, weil seine energiehungrige Wirtschaftsmacht den Rohstoff dringend benötigt. Vor allem um bis 2060 CO2-neutral zu sein, muss China schleunigst von seiner schmutzigen Kohle wegkommen. Und Putin, weil der Westen ihm im Ukraine-Konflikt mit weiteren Sanktionen droht und die Gas-Lieferungen an China einen alternativen Exportweg bieten. Allerdings wird Putin europäische Lieferungen nicht einfach umleiten können, da das Gas für China nicht aus den gleichen Quellen wie das Gas für Europa stammt.
Weit wichtiger als die nun vereinbarten zehn Milliarden Kubikmeter Gas sind denn auch die Pläne zum Bau der Gaspipeline “Power of Siberia 2”: Mit einer Kapazität von 50 Milliarden Kubikmeter pro Jahr würde sie nicht nur Russlands Gasexport nach China mit einem Schlag dramatisch erhöhen, sondern aufgrund ihrer Anbindung an das Jamal-Gasfeld dann auch in direkte Konkurrenz zu Gaslieferungen nach Europa treten.
Ein weiterer wichtiger Punkt des aktuellen Treffens sind die Bemühungen der beiden Staaten, den Zahlungsverkehr zwischen dem russischen Rubel und dem chinesischen Yuan zu erleichtern, den Wladimir Putin in einem Gastbeitrag für die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua erwähnt. Auch das ist ein klarer Fingerzeig an den Westen, der im Ukraine-Konflikt damit droht, Moskau vom internationalen Zahlungssystem Swift ausschließen zu können.
Insgesamt hat der Handel zwischen China und Russland in den vergangenen Jahren massiv zugenommen – von rund 10 Milliarden Dollar 2001 auf 140 Milliarden Dollar 2021, wie das chinesische Handelsministerium zuletzt verkündete. Insgesamt sind die Verhältnisse in diesem Bereich allerdings klar verteilt – abseits der Energielieferungen ist Russland wirtschaftlich für China eher von geringer Relevanz.
Ähnliches ist im militärischen Bereich zu erkennen. Zwar nehmen die gemeinsamen Manöver und der bilaterale Waffenhandel stetig zu, doch ändern sich auch hier zusehends die Kraftverhältnisse. Bis in die vergangene Dekade konnte Moskau nicht mehr ganz frisches Equipment wie SU-35-Jets oder S-400-Raketen gewinnbringend an Peking verkaufen. Doch China hat längst aufgeholt – wie die jüngsten Erfolge bei der Entwicklung hypersonischer Waffen zeigt (China.Table berichtete). Und so gerät Moskau auch in diesem Bereich zunehmend in die Position des Juniorpartners.
Insgesamt sei Russland in der aktuellen Situation deutlich mehr auf China angewiesen, als es andersherum der Fall ist, sagte Alexander Gabuev vom Carnegie-Center in Moskau vor wenigen Tagen auf einer Diskussionsveranstaltung. Peking sei sehr pragmatisch und verfüge im Verhältnis zu Russland über viele Hebel. “Chinas Verhandlungsposition verbessert sich von Tag zu Tag. Es ist also besser, heute einen Deal mit China abzuschließen als morgen”, meint Gabuev.
Es stimmt, dass die Beziehungen zwischen China und Russland so gut sind wie nie zuvor – und das hat primär nichts mit dem Westen zu tun. Die Streitigkeiten an der gemeinsamen Grenze wurden beigelegt. Zudem finden die beiden Staaten politisch und wirtschaftlich immer enger zusammen. Und auch der persönliche Aspekt darf in diesem Fall nicht unterschätzt werden: Xi und Putin sind sich sehr ähnlich – als starke Männer an der Spitze von autoritären Staaten und ausgestattet mit theoretisch unbegrenzter Amtszeit sehen sich beide auf einer Mission.
Aber: Ob es sich bei den beiden tatsächlich um Freunde handelt, darf stark bezweifelt werden. Zu schnell stößt man in den einzelnen Bereichen an Grenzen. Erschwerend kommt hinzu, dass sich das chinesisch-russische Kräfteverhältnis immer mehr zugunsten Pekings verschiebt, wodurch potenzielle Konflikte drohen – sei es in Zentralasien oder in der Arktis. Und so sind es aktuell vor allem die geopolitischen Spannungen mit dem liberalen Westen, der China und Russland immer enger zusammenschweißt.
China hat die Klimaziele für den Stahlsektor aufgeweicht. Der Sektor soll nun erst bis zum Jahr 2030 den Höchststand bei den CO2-Emissionen erreichen. Das geht aus einem Leitfaden von drei Ministerien hervor, die den Sektor regulieren. In einem früheren Konsultationsdokument war noch von einer früheren Zielerreichung die Rede. Regierungsberater hatten für den Zeitraum um das Jahr 2025 plädiert. Die Stahl- und Eisenindustrie gehört zu den größten CO2-Emittenten der Volksrepublik. Die CO2-Emissionen in diesem Sektor zu senken, ist maßgeblich, damit China seine Klimaziele erreichen kann. “Um einen landesweiten Emissionshöchststand vor 2030 zu erreichen, müsste die Stahlindustrie ihren Höchststand um 2025 erreichen”, schreibt die Klima-Expertin Liu Hongqiao auf Twitter.
Auch der chinesische Eisen und Stahl-Verband hatte im letzten Jahr das Ziel gesetzt, die Treibhausgas-Emissionen nach 2025 zu senken. Bis 2030 sollte nach Industrieangaben 30 Prozent weniger CO2 ausgestoßen werden. Die Energieexpertin Yan Qin schrieb auf Twitter, dass die Aufweichung des Klimaziels mit jüngsten Aussagen Xi Jinpings übereinstimme. Während einer Sitzung des Politbüros hatte Xi Ende Januar gesagt, Chinas Klimaziele sollten nicht auf Kosten der wirtschaftlichen Entwicklung und des “normalen Lebens” der Bürger gehen (China.Table berichtete).
Um die Treibhausgas-Emissionen des Stahlsektors einzudämmen, sehen die drei Ministerien folgende Maßnahmen vor:
Sollten diese Maßnahmen umgesetzt werden, könnte der Sektor den Höchststand bei den CO2-Emissionen schon frühzeitig erreichen, sagen Experten. “Wenn die Stahlproduktion nicht wieder dramatisch ansteigt, werden diese Maßnahmen dafür sorgen, dass die CO2-Emissionen vor 2025 ihren Höchststand erreichen – sofern die Produktion nicht wieder ansteigt, wird allein die Erhöhung des Schrotteinsatzes bis 2025 eine CO2-Reduzierung um zehn Prozent bewirken und den Sektor auf den Weg zu einer Reduzierung um 30 Prozent bis 2030 bringen”, so der Klimaexperte Lauri Myllyvirta auf Twitter.
Allerdings bezweifelt Myllyvirta, ob die Führung in Peking wirklich bereit ist, das Wachstum der Stahlproduktion und des Bausektors einzuschränken. Beide Sektoren sind für das Wirtschaftswachstum und die Arbeitsplätze in China noch zu wichtig. nib
Großbritanniens Behörden haben am Montag den Bau eines chinesischen Atomreaktors genehmigt. Demnach darf der UKHRP1000 zukünftige im Vereinigten Königreich gebaut werden, wie es in der entsprechenden Erklärung des britischen “Office for Nuclear Regulation and the Environment Agency” heißt. Der Reaktor genüge den gesetzlichen Anforderungen hinsichtlich Sicherheit und Umweltschutz. Nun kann das Projekt Bradwell B beginnen. Bis zu vier Millionen Haushalte sollen von der Anlage mit Strom versorgt werden.
Der chinesische Reaktor folgt dem Baumuster des Kraftwerkstyps Hualong One, das von der China General Nuclear Group (CGN) entwickelt wurde. Der Entscheidung von Montag ging ein jahrelanger Streit voraus. Schon 2017 wollten der chinesische Staatskonzern CNG und das französische Atomunternehmen EDF den Reaktor in Essex bauen. Doch das Vorhaben stockte, als sich die politischen Beziehungen zwischen Großbritannien und China verschlechterten – unter anderem wegen Chinas brutalem Vorgehen gegen Uiguren in der autonomen Region Xinjiang. Im vergangenen Jahr wollte die britische Regierung CGN aus dem geplanten Neubau eines anderen Atomkraftwerks in Sizewell im ostenglischen Suffolk herausdrängen (China.Table berichtete).
Im Juli vergangenen Jahres warb Chinas Botschaft in London nochmals deutlich für den chinesischen Reaktor. “Chinas Atomkonzerne verfügen über die neueste Technologie und großen Investitionsmöglichkeiten”, hieß es damals in einer Erklärung. Sollte eine derartige Kooperation abgelehnt werden, wäre dies gegen die Interessen Großbritanniens.
Der Bau von Bradwell B wird Berichten zufolge bis zu zwölf Jahre dauern. Nach Fertigstellung soll er eine Leistung von 2,2 Gigawatt erreichen und rund 900 neue Arbeitsplätze schaffen. Atomkraft ist zentraler Baustein in den britischen Klimaplänen. Premierminister Boris Johnson will das Land bis 2050 CO₂-neutral machen. rad
Die China National Nuclear Corp. wird einen Atomreaktor in Argentinien bauen. Das chinesische Staatsunternehmen hat einen Vertrag mit dem Unternehmen Nucleoeléctrica Argentina S.A. zum Bau des Atucha III-Atomprojekts abgeschlossen, wie Reuters berichtet. Das Projekt war demnach schon in der Amtszeit der ehemaligen Präsidentin Cristina Kirchner angeschoben worden. Es kam jedoch zu Verzögerungen.
Das gesamte Projekt hat ein Volumen von mehr als acht Milliarden US-Dollar, wie Argentinien bekannt gab. Bisher wurden keine Details über die Finanzierung veröffentlicht. Argentinien befindet sich derzeit erneut in einer Schuldenkrise. Erst vor wenigen Tagen hat sich das Land im letzten Moment mit dem Internationalen Währungsfonds auf eine spätere Rückzahlung fälliger Schulden geeinigt.
Die China National Nuclear Corp. wird in der Stadt Lima (Provinz Buenos Aires) den von China entwickelten Hualong One Reaktor bauen (China.Table berichtete). Die Volksrepublik betreibt einen solchen Reaktor in Fujian. Das Projekt in Argentinien wird nach Pakistan der zweite Standort in Übersee sein, an dem die Hualong One-Technologie zum Einsatz kommt. nib
Volkswagen wird laut VW-Markenchef Ralf Brandstätter ab 2023 bis zu eine Million Elektrofahrzeuge pro Jahr in China bauen können – etwa 20 Prozent der gesamten Produktionskapazität des Unternehmens in China. Dazu werde das neue Werk in der Provinz Anhui beitragen, sagte der Manager der japanischen Zeitung Nikkei. In der Fabrik, ein Gemeinschaftsunternehmen mit der chinesischen Anhui Jianghuai Automobile Co (JAC), sollen von 2023 an jährlich 300.000 E-Autos produziert werden.
Volkswagen werde auch die lokale Entwicklung vorantreiben, um chinesische Autofahrer stärker anzusprechen. “Wir nutzen diese Technologietrends auch für den Rest der Welt und unsere anderen Unternehmen”, sagte Brandstätter gegenüber Nikkei.Asia. Zu den angesprochenen Technologien zählten mit dem Internet verbundene Autos sowie E-Modelle mit Selbstfahr-Funktionen.
“In der Vergangenheit war unser Ansatz, in Deutschland zu entwickeln und in China zu lokalisieren”, sagte Brandstätter. “Aber dieser Ansatz wird sich deutlich ändern, indem wir mehr lokale Ressourcen für Forschung und Entwicklung aufbauen, insbesondere für Software, um schneller und unabhängiger in China zu sein.”
Volkswagen hatte seine E-Auto-Ziele in China im vergangenen Jahr verfehlt. Der Konzern führte den Chipmangel als Ursache an. Branchenexperten sagen jedoch, die dürftige Nachfrage liege auch an den speziellen Wünschen der chinesischen Kundschaft, auf die Volkswagen bisher schlecht eingestellt sei. China ist der größte Einzelmarkt für Volkswagen und macht gut 40 Prozent der Verkäufe des Unternehmens aus. nib/rtr
auch Olympische Spiele kommen heute an der Frage der Nachhaltigkeit nicht mehr vorbei. Die Ausrichter in Peking betonen an allen Ecken und Enden die Klimaneutralität der Winterspiele. Alle Wettkampfstätten werden mit erneuerbaren Energien betrieben, jedes Passagierfahrzeug läuft entweder mit Wasserstoff, Gas oder Strom. Doch die Maßnahmen zu mehr Nachhaltigkeit überzeugen nur auf den ersten Blick, erklärt Marcel Grzanna. Vor allem der Wasserbedarf für die Massen an Kunstschnee ist problematisch. Wie nachhaltig die Spiele sind, bleibt schwer zu bestimmen – denn die Ausrichterstädte dürfen ihre Nachhaltigkeits-Rechnungen am Ende nach Belieben selbst aufstellen.
Wladimir Putin war Ehrengast bei der Eröffnungsfeier der Winterspiele. Vorher wurde er von Xi Jinping empfangen. Als erster ausländischer Staatschef seit Beginn der Pandemie. Neben der Ukraine-Krise besprachen die beiden Politiker auch Energie-Fragen. Das Ergebnis: Russland wird in Zukunft viel mehr Gas an die Volksrepublik liefern. Noch steht das nicht in Konkurrenz zu Lieferungen nach Deutschland und Europa. Doch bald wird China per Pipeline an das riesige Jamal-Gasfeld angeschlossen. Dann treten Europa und China in direkte Konkurrenz um das russische Gas, berichtet Michael Radunski.
Und während Europa über vermeintlich “nachhaltige Atomenergie” diskutiert, strebt China mit seinen Atomreaktoren auf den Weltmarkt. Kürzlich wurde ein Deal mit Argentinien zum Bau eines AKW abgeschlossen. Und auch Großbritannien hat den Bau eines chinesischen Atomreaktors genehmigt. Setzt China in Zukunft also stärker auf den Bau von AKWs, nachdem Präsident Xi im letzten Jahr das Ende von durch China finanzierter Kohlekraftwerke im Ausland verkündet hat? Wir bleiben für Sie dran!
Viele neue Erkenntnisse!
Der Kunstschnee auf den Hügeln von Yanqing und Zhangjiakou steht sinnbildlich für die Diskussion um die Nachhaltigkeit der Olympischen Winterspiele in Peking. Inmitten karg-brauner Landschaften strahlen Pisten und Loipen wie ein Netz aus Laserstrahlen in dunkler Nacht. Peking ist zwar nicht die erste Ausrichterstadt, die im Winter Schnee produzieren, statt schaufeln muss. Doch selten war die politische Komponente bei der Diskussion um Nachhaltigkeit von so großer Bedeutung wie im Fall Chinas.
Was unfair klingen mag, folgt tatsächlich einer stringenten Logik. Das Thema Nachhaltigkeit spielt heute eine deutlich größere Rolle als noch vor wenigen Jahren. In Peking wird deshalb eben noch etwas genauer hingeschaut und eben auch etwas lauter kritisiert. Die Volksrepublik zählt zudem zu den größten Umweltsündern der Welt. Dieser Ruf bringt bei der Ausrichtung der Winterspiele auch eine besondere Verantwortung mit sich.
Geht es nach dem Publikum, wäre den meisten Beobachtern echter Schnee ohnehin viel lieber. 60 Prozent der Bundesbürger würden sich bei der Vergabe der Winterspiele für jene Bewerber entscheiden, deren klimatische Bedingungen auf natürliche Art und Weise die Voraussetzungen zum Skifahren und Langlauf erfüllen. Gerade einmal jeder Zehnte hält Kunstschnee für eine gute Alternative. Das ergab eine Umfrage des Berliner Meinungs- und Marktforschungsunternehmens Civey, die von China.Table in Auftrag gegeben wurde.
Interessanterweise ist die Ablehnung von Kunstschnee in der Altersgruppe der über 65-Jährigen am größten (rund 65 Prozent). Bei den 18- bis 29-Jährigen dagegen befürworten nur etwa die Hälfte der Befragten das echte Weiß. Bemerkenswert daran ist, dass gerade der jüngeren Generation ein größeres Bewusstsein in Sachen Umwelt nachgesagt wird als der älteren. Doch offenbar wird Kunstschnee weniger als Problem für die Natur diskutiert, sondern vielmehr als eine Frage von “realness”.
Die Wassermenge, die verwendet wurde, um die Austragung der Wettbewerbe möglich zu machen, ist zweifellos gewaltig. Die Zahlen variieren zwischen 185 Millionen Litern bis einer Milliarde Liter. So oder so ist es problematisch, weil die Region ohnehin unter Wasserknappheit leidet. 2017 zum Beispiel standen den Einwohnern der chinesischen Hauptstadt 136.000 Liter Frischwasser pro Kopf zur Verfügung. Aktuellere Zahlen liegen nicht vor. Die Menge entspricht in etwa der Verfügbarkeit des afrikanischen Niger, einem Staat am Rande der Sahara. In Zhangjiakou, wo die alpinen Wettbewerbe ausgetragen werden, waren es immerhin noch 314.000 Liter pro Kopf.
Um das Wasser nun aus Richtung Peking dorthin zu leiten, wo es nötig war, um Schnee zu produzieren, investierten die Ausrichter rund 55 Millionen Euro in den Bau neuer Rohrleitungen. In Zhangjiakou wurde die Bewässerung riesiger Flächen von Ackerland eingestellt, um das Grundwasser zu sparen.
100 Schnee-Generatoren und 300 Schneekanonen produzierten seit Ende November tagein tagaus die gewaltigen Kunstschneemassen. Ein Horror für die Fauna der Region, die laut Nachhaltigkeitsbericht des Organisationskomitees BOCOG besonders geschützt werden sollte. Im Betrieb erzeugt eine Schneekanone 60 bis 80 Dezibel Lautstärke. Mehrere Hundert, die gleichzeitig angeschaltet waren, sorgten monatelang jedoch für einen Höllenlärm, der das Wildleben mindestens in Angst und Schrecken versetzt haben dürfte.
Für einen besseren CO2-Fußabdruck der Spiele sorgt indes die Corona-Pandemie. Weil ausländische Besucher in China nicht zugelassen sind, verringerte sich das Emissionsvolumen um rund 500.000 auf 1,3 Millionen Tonnen. Alle Wettkampfstätten werden erstmals in der Geschichte von Olympia mit Erneuerbarer Energie betrieben. Allerdings ist das eher ein theoretisches Rechenspiel, wie Michael Davidson von der University of California im Wissenschaftsmagazin Nature zu Bedenken gibt.
Einige Wettkampfstätten der Sommerspiele 2008 wurden umgebaut und nun erneut verwendet. Aus dem Watercube, wo vor 14 Jahren die Schwimmwettbewerbe ausgerichtet wurden, ist jetzt inoffiziell ein Icecube für die Curling-Wettbewerbe geworden. Die Eisflächen werden mit natürlichem Kohlendioxid gekühlt und schaffen eine Ersparnis von 20 Prozent zu herkömmlichen Technologien.
Ausnahmslos alle Passagierfahrzeuge, die während der Spiele zum Einsatz kommen, werden mit Wasserstoff, Strom oder Gas betrieben. Lediglich 15 Prozent der benötigten Nutzfahrzeuge sind mit Verbrennermotoren ausgestattet. Dank umfangreicher Wiederaufforstungsprojekte in Peking und Zhangjiakou sind seit 2014 rund 80.000 Hektar neue Waldflächen entstanden. So verspricht Peking, dass die Winterspiele klimaneutral über die Bühne gehen.
“Wir sind zuversichtlich, dass wir wahrlich klimaneutrale Spiele ausrichten werden”, sagte Liu Xinping, der im BOCOC für die Nachhaltigkeit verantwortlich ist. Die Sponsoren der Spiele sind mit rund 600.000 Tonnen Ausgleich beteiligt. Dennoch sind 1,3 Millionen Tonnen Ausstoß für die Ausrichtung der Spiele nur ein winziger Anteil der chinesischen Emissionen, die pro Jahr elf Milliarden Tonnen CO2 betragen. Die Volksrepublik ist weltweit der größte Emittent klimaschädlicher Gase.
Die nachhaltige Nutzung mancher Wettkampfstätten ist allerdings fraglich. Die Bob- und Rodelbahn, deren Bau über zwei Milliarden Euro gekostet haben soll, könnte zu einer regelrechten Ruine verkommen. Auch die Skisprunganlage in Zhangjiakou dürfte als Weltcup-Schanze nicht infrage kommen. Wohl wissend haben die Planer im Auslauf ein Fußballfeld angelegt. Und auch die touristische Nutzung ist vorbereitet. Oberhalb der Schanzen befindet sich eine ein Rundplateau, in dem ein Restaurant betrieben wird.
Das IOC sieht derweil neue Maßstäbe gesetzt. “Dennoch sind Pekings Winterspiele die ersten, die ein breites Spektrum an Emissionen bereits in den frühesten Phasen der Vorbereitung berücksichtigt haben”, sagte Marie Sallois, die im IOC verantwortlich ist für nachhaltige Entwicklung. Auch indirekte Quellen von Emissionen wie Flugreisen seien erstmals in die Rechnung integriert worden. Das Konzept solle auch für künftige Olympische Spiele als Maßstab gelten.
Problematisch bleibt jedoch, dass die Ausrichterstädte ihre Nachhaltigkeits-Aufstellungen nach Belieben selbst angeben. Der frühere kanadische 100-Meter-Läufer Seyi Smith, der sich um einen Platz in der IOC-Athletenkommission bewirbt und dort das Thema Nachhaltigkeit zum Schwerpunkt nehmen möchte, fordert deshalb unabhängige Kontrollen von Drittparteien. “Es müssen systematische Veränderungen im IOC und den Nationalen Olympischen Komitees her. Bis 2030 müssen Spiele nicht nur klimaneutral sein, sondern klimapositiv”, sagte Smith bei der Webshow “Bring it in” von CBC Sports.
Xi Jinping hat derzeit mehrere Gründe zu feiern: Mit dem chinesischen Frühlingsfest beginnt dieser Tage das neue Jahr, es sind die wichtigsten Feiertage der Volksrepublik. Zudem finden die Olympischen Winterspiele in Peking statt; es ist damit die erste Stadt der Welt, die sowohl Winter- wie auch Sommerspiele ausrichten konnte. Und auch politisch bietet sich Chinas Staatschef Grund zur Freude: Sein guter Freund Wladimir Putin ist eigens für die olympische Eröffnungsfeier angereist. Russlands Präsident ließ die Welt wissen: Die Beziehungen zwischen China und Russland haben “einen wirklich beispiellosen Charakter angenommen”.
Wie wichtig der Besuch Putins ist, zeigt ein kurzer Blick in Xis außenpolitischen Terminkalender: Seit dem Beginn der Corona-Pandemie vor knapp zwei Jahren hat er keinen Staatsführer mehr persönlich getroffen. Für Putin verlässt Xi nun jedoch seine selbstgewählte diplomatische Corona-Quarantäne. “Putins Besuch ist für China eine wichtige Demonstration der Unterstützung in einer Zeit, in der die USA, Großbritannien und andere Länder einen diplomatischen Boykott der Olympischen Spiele ausgerufen haben”, sagt David Shullmann, Direktor der China-Abteilung der Denkfabrik Atlantic Council in Washington. Entsprechend euphorisch feiern auch Chinas Medien das olympische Zusammentreffen von Xi und Putin: Es öffne ein neues Kapitel in den Beziehungen der beiden Länder.
Daran ließ Putin bei seiner Visite keinen Zweifel aufkommen. Er kenne Xi Jinping schon seit langem. “Als gute Freunde und Politiker, die viele gemeinsame Ansichten über die Lösung von Weltproblemen teilen” habe man eine ähnliche Sicht auf die globale Politik.
Diese Sicht legten die beiden Staatsführer denn auch gleich in einer gemeinsamen Erklärung offen. Sie strotzt vor gegenseitiger Unterstützung gegen den Westen: So fordern Xi und Putin, in Osteuropa müsse die Nato-Erweiterung gestoppt und im Indopazifik der wachsende Einfluss der USA begrenzt werden, denn er gefährde Frieden und Stabilität. Man sei ernsthaft besorgt angesichts der zunehmenden militärischen Zusammenarbeit der Partner USA, Großbritannien, Australien oder auch Japan (China.Table berichtete).
Auch im eskalierenden Ukraine-Konflikt hat sich China zuletzt ungewöhnlich klar auf die Seite Russlands gestellt. Außenminister Wang Yi bezeichnete Russlands Sicherheitsbedenken als “legitim”, die von allen ernst genommen werden sollten. Gespannt blickt man in Peking auf die weitere Entwicklung am Donbass. Sollten Moskaus militärische Eskapaden ohne großen Widerstand des Westens durchgehen, könnte Peking daraus Parallelen für seine eigenen Pläne hinsichtlich einer Wiedereingliederung Taiwans in die Volksrepublik ziehen.
Was der Kreml als “Vision zur internationalen Sicherheitspolitik” ankündigte, ist im Grunde ein verbriefter Schulterschluss gegen den Westen. China und Russland bilden zunehmend einen Block gegen eine von den Vereinigten Staaten angeführte Weltordnung. Juri Uschakow formulierte es vor wenigen Tagen in Moskau wie folgt: “Moskau und Peking sind beide der Meinung, dass es nötig ist, eine gerechtere und rationalere Weltordnung zu schaffen”, sagte der Berater der russischen Führung.
Der chinesische Politikexperte Ruan Zongze vom China Institute of International Studies (CIIS) meint: “Die beiden Länder zeigen ihre Entschlossenheit, weltweit Gerechtigkeit in einer multipolaren Welt aufrechtzuerhalten, während die USA unter dem Deckmantel des Multilateralismus anderen ihre Ideologie aufzwängen und sich in Staaten einmischen, um ihre eigene Hegemonie zu behaupten.”
Auffällig ist die Wortwahl: gerecht, rational, multipolar. Es sind Begriffe, die zeigen, dass man sich zusehends moralisch überlegen wähnt und mit denen sich die beiden autoritär regierenden Staatschefs gegen die liberale Weltordnung des Westens in Stellung bringen.
Putins Besuch in Peking ist das 38. Treffen der beiden Staatschefs seit 2013 – und Russlands Präsident hat nicht nur wortreiche Erklärungen mitgebracht nach Peking, sondern auch Abkommen im Bereich Energie. So soll China unter anderem künftig zusätzliche zehn Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr erhalten. Zum Vergleich: 2021 hat Russland rund 16 Milliarden Kubikmeter Gas an die Volksrepublik geliefert. Das Volumen wird also nahezu verdoppelt (China.Table berichtete). Interessanter als das reine Volumen wird aber der Preis sein, zu dem Peking das russische Gas beziehen wird. Denn beim Lieferpreis für Gas stieß die viel beschworene chinesisch-russische Freundschaft in der Vergangenheit überraschend schnell an ihre Grenzen.
Dennoch ist klar, beide profitieren von dem aktuellen Gas-Geschäft: Xi, weil seine energiehungrige Wirtschaftsmacht den Rohstoff dringend benötigt. Vor allem um bis 2060 CO2-neutral zu sein, muss China schleunigst von seiner schmutzigen Kohle wegkommen. Und Putin, weil der Westen ihm im Ukraine-Konflikt mit weiteren Sanktionen droht und die Gas-Lieferungen an China einen alternativen Exportweg bieten. Allerdings wird Putin europäische Lieferungen nicht einfach umleiten können, da das Gas für China nicht aus den gleichen Quellen wie das Gas für Europa stammt.
Weit wichtiger als die nun vereinbarten zehn Milliarden Kubikmeter Gas sind denn auch die Pläne zum Bau der Gaspipeline “Power of Siberia 2”: Mit einer Kapazität von 50 Milliarden Kubikmeter pro Jahr würde sie nicht nur Russlands Gasexport nach China mit einem Schlag dramatisch erhöhen, sondern aufgrund ihrer Anbindung an das Jamal-Gasfeld dann auch in direkte Konkurrenz zu Gaslieferungen nach Europa treten.
Ein weiterer wichtiger Punkt des aktuellen Treffens sind die Bemühungen der beiden Staaten, den Zahlungsverkehr zwischen dem russischen Rubel und dem chinesischen Yuan zu erleichtern, den Wladimir Putin in einem Gastbeitrag für die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua erwähnt. Auch das ist ein klarer Fingerzeig an den Westen, der im Ukraine-Konflikt damit droht, Moskau vom internationalen Zahlungssystem Swift ausschließen zu können.
Insgesamt hat der Handel zwischen China und Russland in den vergangenen Jahren massiv zugenommen – von rund 10 Milliarden Dollar 2001 auf 140 Milliarden Dollar 2021, wie das chinesische Handelsministerium zuletzt verkündete. Insgesamt sind die Verhältnisse in diesem Bereich allerdings klar verteilt – abseits der Energielieferungen ist Russland wirtschaftlich für China eher von geringer Relevanz.
Ähnliches ist im militärischen Bereich zu erkennen. Zwar nehmen die gemeinsamen Manöver und der bilaterale Waffenhandel stetig zu, doch ändern sich auch hier zusehends die Kraftverhältnisse. Bis in die vergangene Dekade konnte Moskau nicht mehr ganz frisches Equipment wie SU-35-Jets oder S-400-Raketen gewinnbringend an Peking verkaufen. Doch China hat längst aufgeholt – wie die jüngsten Erfolge bei der Entwicklung hypersonischer Waffen zeigt (China.Table berichtete). Und so gerät Moskau auch in diesem Bereich zunehmend in die Position des Juniorpartners.
Insgesamt sei Russland in der aktuellen Situation deutlich mehr auf China angewiesen, als es andersherum der Fall ist, sagte Alexander Gabuev vom Carnegie-Center in Moskau vor wenigen Tagen auf einer Diskussionsveranstaltung. Peking sei sehr pragmatisch und verfüge im Verhältnis zu Russland über viele Hebel. “Chinas Verhandlungsposition verbessert sich von Tag zu Tag. Es ist also besser, heute einen Deal mit China abzuschließen als morgen”, meint Gabuev.
Es stimmt, dass die Beziehungen zwischen China und Russland so gut sind wie nie zuvor – und das hat primär nichts mit dem Westen zu tun. Die Streitigkeiten an der gemeinsamen Grenze wurden beigelegt. Zudem finden die beiden Staaten politisch und wirtschaftlich immer enger zusammen. Und auch der persönliche Aspekt darf in diesem Fall nicht unterschätzt werden: Xi und Putin sind sich sehr ähnlich – als starke Männer an der Spitze von autoritären Staaten und ausgestattet mit theoretisch unbegrenzter Amtszeit sehen sich beide auf einer Mission.
Aber: Ob es sich bei den beiden tatsächlich um Freunde handelt, darf stark bezweifelt werden. Zu schnell stößt man in den einzelnen Bereichen an Grenzen. Erschwerend kommt hinzu, dass sich das chinesisch-russische Kräfteverhältnis immer mehr zugunsten Pekings verschiebt, wodurch potenzielle Konflikte drohen – sei es in Zentralasien oder in der Arktis. Und so sind es aktuell vor allem die geopolitischen Spannungen mit dem liberalen Westen, der China und Russland immer enger zusammenschweißt.
China hat die Klimaziele für den Stahlsektor aufgeweicht. Der Sektor soll nun erst bis zum Jahr 2030 den Höchststand bei den CO2-Emissionen erreichen. Das geht aus einem Leitfaden von drei Ministerien hervor, die den Sektor regulieren. In einem früheren Konsultationsdokument war noch von einer früheren Zielerreichung die Rede. Regierungsberater hatten für den Zeitraum um das Jahr 2025 plädiert. Die Stahl- und Eisenindustrie gehört zu den größten CO2-Emittenten der Volksrepublik. Die CO2-Emissionen in diesem Sektor zu senken, ist maßgeblich, damit China seine Klimaziele erreichen kann. “Um einen landesweiten Emissionshöchststand vor 2030 zu erreichen, müsste die Stahlindustrie ihren Höchststand um 2025 erreichen”, schreibt die Klima-Expertin Liu Hongqiao auf Twitter.
Auch der chinesische Eisen und Stahl-Verband hatte im letzten Jahr das Ziel gesetzt, die Treibhausgas-Emissionen nach 2025 zu senken. Bis 2030 sollte nach Industrieangaben 30 Prozent weniger CO2 ausgestoßen werden. Die Energieexpertin Yan Qin schrieb auf Twitter, dass die Aufweichung des Klimaziels mit jüngsten Aussagen Xi Jinpings übereinstimme. Während einer Sitzung des Politbüros hatte Xi Ende Januar gesagt, Chinas Klimaziele sollten nicht auf Kosten der wirtschaftlichen Entwicklung und des “normalen Lebens” der Bürger gehen (China.Table berichtete).
Um die Treibhausgas-Emissionen des Stahlsektors einzudämmen, sehen die drei Ministerien folgende Maßnahmen vor:
Sollten diese Maßnahmen umgesetzt werden, könnte der Sektor den Höchststand bei den CO2-Emissionen schon frühzeitig erreichen, sagen Experten. “Wenn die Stahlproduktion nicht wieder dramatisch ansteigt, werden diese Maßnahmen dafür sorgen, dass die CO2-Emissionen vor 2025 ihren Höchststand erreichen – sofern die Produktion nicht wieder ansteigt, wird allein die Erhöhung des Schrotteinsatzes bis 2025 eine CO2-Reduzierung um zehn Prozent bewirken und den Sektor auf den Weg zu einer Reduzierung um 30 Prozent bis 2030 bringen”, so der Klimaexperte Lauri Myllyvirta auf Twitter.
Allerdings bezweifelt Myllyvirta, ob die Führung in Peking wirklich bereit ist, das Wachstum der Stahlproduktion und des Bausektors einzuschränken. Beide Sektoren sind für das Wirtschaftswachstum und die Arbeitsplätze in China noch zu wichtig. nib
Großbritanniens Behörden haben am Montag den Bau eines chinesischen Atomreaktors genehmigt. Demnach darf der UKHRP1000 zukünftige im Vereinigten Königreich gebaut werden, wie es in der entsprechenden Erklärung des britischen “Office for Nuclear Regulation and the Environment Agency” heißt. Der Reaktor genüge den gesetzlichen Anforderungen hinsichtlich Sicherheit und Umweltschutz. Nun kann das Projekt Bradwell B beginnen. Bis zu vier Millionen Haushalte sollen von der Anlage mit Strom versorgt werden.
Der chinesische Reaktor folgt dem Baumuster des Kraftwerkstyps Hualong One, das von der China General Nuclear Group (CGN) entwickelt wurde. Der Entscheidung von Montag ging ein jahrelanger Streit voraus. Schon 2017 wollten der chinesische Staatskonzern CNG und das französische Atomunternehmen EDF den Reaktor in Essex bauen. Doch das Vorhaben stockte, als sich die politischen Beziehungen zwischen Großbritannien und China verschlechterten – unter anderem wegen Chinas brutalem Vorgehen gegen Uiguren in der autonomen Region Xinjiang. Im vergangenen Jahr wollte die britische Regierung CGN aus dem geplanten Neubau eines anderen Atomkraftwerks in Sizewell im ostenglischen Suffolk herausdrängen (China.Table berichtete).
Im Juli vergangenen Jahres warb Chinas Botschaft in London nochmals deutlich für den chinesischen Reaktor. “Chinas Atomkonzerne verfügen über die neueste Technologie und großen Investitionsmöglichkeiten”, hieß es damals in einer Erklärung. Sollte eine derartige Kooperation abgelehnt werden, wäre dies gegen die Interessen Großbritanniens.
Der Bau von Bradwell B wird Berichten zufolge bis zu zwölf Jahre dauern. Nach Fertigstellung soll er eine Leistung von 2,2 Gigawatt erreichen und rund 900 neue Arbeitsplätze schaffen. Atomkraft ist zentraler Baustein in den britischen Klimaplänen. Premierminister Boris Johnson will das Land bis 2050 CO₂-neutral machen. rad
Die China National Nuclear Corp. wird einen Atomreaktor in Argentinien bauen. Das chinesische Staatsunternehmen hat einen Vertrag mit dem Unternehmen Nucleoeléctrica Argentina S.A. zum Bau des Atucha III-Atomprojekts abgeschlossen, wie Reuters berichtet. Das Projekt war demnach schon in der Amtszeit der ehemaligen Präsidentin Cristina Kirchner angeschoben worden. Es kam jedoch zu Verzögerungen.
Das gesamte Projekt hat ein Volumen von mehr als acht Milliarden US-Dollar, wie Argentinien bekannt gab. Bisher wurden keine Details über die Finanzierung veröffentlicht. Argentinien befindet sich derzeit erneut in einer Schuldenkrise. Erst vor wenigen Tagen hat sich das Land im letzten Moment mit dem Internationalen Währungsfonds auf eine spätere Rückzahlung fälliger Schulden geeinigt.
Die China National Nuclear Corp. wird in der Stadt Lima (Provinz Buenos Aires) den von China entwickelten Hualong One Reaktor bauen (China.Table berichtete). Die Volksrepublik betreibt einen solchen Reaktor in Fujian. Das Projekt in Argentinien wird nach Pakistan der zweite Standort in Übersee sein, an dem die Hualong One-Technologie zum Einsatz kommt. nib
Volkswagen wird laut VW-Markenchef Ralf Brandstätter ab 2023 bis zu eine Million Elektrofahrzeuge pro Jahr in China bauen können – etwa 20 Prozent der gesamten Produktionskapazität des Unternehmens in China. Dazu werde das neue Werk in der Provinz Anhui beitragen, sagte der Manager der japanischen Zeitung Nikkei. In der Fabrik, ein Gemeinschaftsunternehmen mit der chinesischen Anhui Jianghuai Automobile Co (JAC), sollen von 2023 an jährlich 300.000 E-Autos produziert werden.
Volkswagen werde auch die lokale Entwicklung vorantreiben, um chinesische Autofahrer stärker anzusprechen. “Wir nutzen diese Technologietrends auch für den Rest der Welt und unsere anderen Unternehmen”, sagte Brandstätter gegenüber Nikkei.Asia. Zu den angesprochenen Technologien zählten mit dem Internet verbundene Autos sowie E-Modelle mit Selbstfahr-Funktionen.
“In der Vergangenheit war unser Ansatz, in Deutschland zu entwickeln und in China zu lokalisieren”, sagte Brandstätter. “Aber dieser Ansatz wird sich deutlich ändern, indem wir mehr lokale Ressourcen für Forschung und Entwicklung aufbauen, insbesondere für Software, um schneller und unabhängiger in China zu sein.”
Volkswagen hatte seine E-Auto-Ziele in China im vergangenen Jahr verfehlt. Der Konzern führte den Chipmangel als Ursache an. Branchenexperten sagen jedoch, die dürftige Nachfrage liege auch an den speziellen Wünschen der chinesischen Kundschaft, auf die Volkswagen bisher schlecht eingestellt sei. China ist der größte Einzelmarkt für Volkswagen und macht gut 40 Prozent der Verkäufe des Unternehmens aus. nib/rtr