heute ist der 11.11., wegen seiner vielen Einsen in China auch bekannt als “Tag der einsamen Herzen”. Alibaba hatte ihn einst eingeführt und ihn zugleich zum Schnäppchentag erklärt. Inzwischen laden auch Lidl oder Saturn in Deutschland zum Singles Day ein und begehen ihn ebenfalls mit einer Rabattschlacht. Dass die Konsumausgaben das stärkste Vehikel aus Pekings Sicht sind, um das Binnenwachstum voranzutreiben und dann an die entwickelten Volkswirtschaften des Westens aufzuschließen, hat Frank Sieren analysiert.
Braucht uns China noch? Dieser Frage ist Fabian Peltsch nachgegangen. Er hat mit Sinologen und Wirtschaftsexperten darüber gesprochen, ob sich die Volksrepublik mit ihren aktuellen Industriestrategien immer mehr einigelt und die Stacheln, die dabei ausgefahren werden, das Land noch schneller und umfassender vom Rest der Welt abkoppeln soll.
Minxin Pei ist bekannt dafür, dass er nicht mit Kritik spart, wenn es um die Kommunistische Partei seines Heimatlandes geht. Für Pei ist der Personenkult um Staats- und Parteichef Xi Jinping die größte Hürde für Chinas Wachstum. In unserem Porträt bringt der 63-Jährige die derzeitige Stimmung auf den Punkt: “Politisch ist die Herrschaft der Angst zurück und das nicht nur für die einfache Bevölkerung, sondern auch für die Eliten der KPCh”, sagt er aus seiner Wahlheimat Kalifornien.
Ich wünsche Ihnen einen guten Start zur Wochenmitte
Überschwemmungen, Stromknappheit und sporadische Covid-19-Ausbrüche haben die chinesische Wirtschaft in den letzten Monaten mehrfach auf die Probe gestellt. Die Konsumentenstimmung konnte aber auch das nicht wirklich trüben.
Trotz schwächer als erwarteter Zahlen stieg der Gesamteinzelhandelsumsatz mit Konsumgütern in den ersten drei Quartalen des Jahres nach Angaben des National Bureau of Statistics im Jahresvergleich um 16 Prozent auf 31,8 Billionen Yuan (4,9 Billionen US-Dollar). Die Umsätze im chinesischen Einzelhandel, die als Indikator für den Konsum gelten, erholten sich stärker als gedacht und wuchsen im September im Jahresvergleich um 4,4 Prozent.
Damit sind die Konsumausgaben weiterhin der größte Wachstumsmotor der chinesischen Wirtschaft. In den ersten drei Quartalen dieses Jahres trugen sie 64,8 Prozent zu Chinas BIP bei. Damit schließt die Volksrepublik beim Inlandskonsum langsam, aber sicher zu den entwickelten Volkswirtschaften des Westens auf. Noch ist im Vergleich etwa zur USA ein wenig Luft nach oben. Dort wurden im 2. Quartal ein Anteil von 69 Prozent gemessen, der höchste seit dem Zweiten Weltkrieg. Im 3. Quartal ist der Wert dann aber schon wieder leicht gefallen auf 68,8. Ein Wert, den China noch nie erreicht hat. In der Exportnation Deutschland liegt der Wert hingegen normalerweise knapp über 50 Prozent, ist aber wegen der Folgen der Corona-Krise auf unter 50 Prozent gefallen.
In seinem jüngsten Fünfjahresplan setzt China noch deutlicher als bisher darauf, sich vom Ausland unabhängiger zu machen. Das hat mit den schwankenden Exporten in Zeiten der Corona-Pandemie zu tun, aber auch mit der harten China-Politik der USA seit Trump. Peking erachtet es als notwendig, das Land wirtschaftlich, technologisch und finanziell autarker zu machen. Das bedeutet: mehr eigene technologische Innovationen, mehr eigene Energieressourcen und vor allem mehr Binnenkonsum. Unter dem Stichwort der “Dual Circulation” will China mehr exportieren und weniger importieren und die Exporte stärker diversifizieren. China will zudem mehr nach Südostasien exportieren. Noch wichtiger jedoch ist der heimische Konsum (China.Table berichtete).
Doch selbst in China kann man die Konsumenten nicht zwingen, zumal Chinesen traditionell eine hohe Sparquote haben. Während sie in den USA normalerweise unter zehn Prozent liegt, ist sie in China mehr als dreimal so hoch. Der Konsum ist also ein wichtiger Maßstab für das Vertrauen der Menschen in die Politik. Peking fordert deshalb die Provinzregierungen dazu auf, die Mindestlöhne regelmäßig an die Inflation und die steigenden Lebenshaltungskosten anzupassen. Allein in diesem Jahr haben 12 Provinzen und zwei Städte, darunter Hubei, Xinjiang und Peking, ihren Mindestlohn erhöht.
Zuletzt wurden die Chinesen von der Pleite des Immobilienunternehmens Evergrande verunsichert. Viele Bürger der chinesischen Mittelschicht hätten 70 Prozent ihres Vermögens in Form von Wohneigentum angelegt. Um den Konsum nicht zu stören, hat die Regierung festgelegt, dass die Städte und Gemeinden die von Investoren angezahlten Evergrande-Wohnungen zu Ende bauen müssen.
Das durchschnittliche Brutto-Einkommen der Chinesen hat sich gemessen am Bruttonationaleinkommen pro Kopf seit 2000 mehr als verzehnfacht. 2002 gehörten noch weniger als ein Prozent der chinesischen Bevölkerung zur globalen Mittelschicht. 2018 ist es laut Berechnungen des IZA-Instituts für Arbeitsökonomie bereits ein Viertel. In den USA jedoch sind es 50 Prozent. In Deutschland 70 Prozent.
All das sind auch wichtige Daten für die deutsche Wirtschaft. Sie bedeuten, dass der chinesische Wachstumsmarkt aus vier Gründen seinen Zenit noch lange nicht erreicht hat. Die Mittelschicht ist vergleichsweise klein. Das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen liegt unter dem von Rumänien. Der Anteil des Konsums am BIP lässt sich also noch steigern. Und da es sich bei diesen Zahlen um ein Land mit 1,41 Milliarden Menschen handelt, steigt auch die Bedeutung des China-Konsums im Weltmaßstab deutlich an. In der Autobranche zeichnet sich diese Entwicklung bereits gut ab: Im Jahr 2020 wurde mehr als ein Drittel der weltweit verkauften Autos an chinesische Kunden verkauft, obwohl der Anteil der Chinesen an der Weltbevölkerung nur bei 18 Prozent liegt.
Die US-Investmentbank Morgan Stanley prognostiziert, dass sich die Konsumausgaben der Chinesen in den nächsten zehn Jahren mehr als verdoppeln werden. Laut dem McKinsey Global Institute wird die Zahl der chinesischen Haushalte mit mittlerem bis hohem Einkommen bis 2030 um 68 Prozent steigen. Damit wird der chinesische Markt dramatisch an Bedeutung für westliche Unternehmen gewinnen.
Peking ist bewusst, dass Chinas Wachstum in Zukunft mehr von Innovation und digitalem Produktivitätswachstum geprägt sein muss. Innerhalb des Binnenmarktes wird vor allem der E-Commerce-Sektor weiter ausgebaut, der durch die Corona-Epidemie ohnehin einen Schub bekommen hat. Ein Fünftel bis ein Viertel des chinesischen Konsums findet mittlerweile online statt.
Wie es um die Kauflaune in China derzeit wirklich bestellt ist, wird deshalb der sogenannte “Singles Day” zeigen. Bei dem weltweit größten Online-Shopping-Event gaben chinesische Käufer im Krisenjahr 2020 umgerechnet 78 Milliarden US-Dollar aus. 2019 waren es erst 38 Milliarden US-Dollar. Für Peking ein untrügliches Zeichen, dass die Corona-Krise aus der Sicht der Bevölkerung gut gemanagt wurde.
Ein Jahr, acht Monate und neun Tage hat Matthias Mersch seine Frau nicht gesehen. Im März 2020 war er bei einem Heimaturlaub von der Corona-Pandemie überrascht worden. “Ich dachte, die ganze Sache wäre in ein paar Wochen vorbei”, erzählt der 60-Jährige aus dem Corona-Exil in Bayern. Wie so viele Menschen, deren Leben eng mit China verknüpft ist, rennt Mersch seit Monaten gegen zugeschlagene Türen an. Seine Frau arbeitet in China, er hängt in Deutschland fest.
Nur noch Nordkorea und Turkmenistan haben sich ähnlich hermetisch von der Außenwelt abgeschottet wie China. Mit dem vergangene Woche veröffentlichten Winterflugplan hat Peking die Zahl der internationalen Passagierflüge noch einmal von 644 auf 408 pro Woche zusammengestrichen (China.Table berichtete). In gewohnter Geradlinigkeit erklärt die Regierung, die Maßnahmen stünden im “Einklang mit den Anforderungen der Pandemiebekämpfung”. Außerhalb der Landesgrenzen werden dagegen die Stimmen immer lauter, dass sich hinter Chinas “Zero Covid”-Strategie mehr verbirgt als bloße Virus-Eindämmung.
Bereits im September hatte Jörg Wuttke, Präsident der Europäischen Handelskammer in China, auf “besorgniserregende Anzeichen” hingewiesen, die nahelegen, dass Peking die Covid-Maßnahmen nutzt, um “ausländische Unternehmen vom Markt und insbesondere von strategischen Sektoren auszuschließen”. Patricia Schetelig, stellvertretende Abteilungsleiterin für Internationale Märkte beim Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. (BDI) pflichtet Wuttke bei: “Covid bietet China eine gute Gelegenheit, um sich stärker zu isolieren, zum Beispiel durch weitreichende Reise- und Quarantänebeschränkungen. Dies stellt die Wirtschaftstätigkeit deutscher Unternehmen vor Ort vor große Hürden.”
Nach innen gerichtete Industriestrategien wie “Made in China 2025” oder auch der letzte Fünfjahresplan hätten gezeigt, wo die Reise hingeht, sagt Schetelig, die nicht mit einer Öffnung der Grenzen vor Ende 2022 rechnet. “Wir sehen mit Sorge und Bedauern, dass China die Tendenz erkennen lässt, sich mehr auf sich selbst verlassen zu wollen und das ein gutes Stück weit auch zu können.”
Unter dem Motto der “Dual Circulation”, also der “zwei Kreisläufe”, will Peking die Abhängigkeit vom Ausland reduzieren, die Inlandsnachfrage ankurbeln, mehr exportieren und weniger importieren (China.Table berichtete). Die Konsumausgaben sind schon jetzt der größte Wachstumstreiber der chinesischen Wirtschaft. In den ersten drei Quartalen dieses Jahres trugen sie 64,8 Prozent zum BIP bei.
Wissenschaftler sehen das Streben nach Eigenständigkeit kritisch. “Die Ausrichtung auf den Binnenmarkt steht im Widerspruch zu Chinas ursprünglichen Reform-und Öffnungsplänen, ebenso zur groß aufgestellten Seidenstraßen-Initiative, die eigentlich darauf ausgelegt ist, mehr Verflechtungen mit dem Ausland anzustreben”, sagt Angela Stanzel von der Forschungsgruppe Asien der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). “Ich denke, dass auch chinesische Wirtschaftsexperten diese Entwicklung bis zu einem gewissen Grad sehr skeptisch sehen“, so die Sinologin. Die Frage sei nun, ob die chinesische Wirtschaft mit all ihren Akteuren da mitmache. Es könne auch sein, dass sich “doch eine stärkere Opposition” gegen den Kurs formiert.
Auch der Sinologe Klaus Mühlhahn glaubt, dass die Covid-Pandemie widerstreitende Kräfte innerhalb des Parteiapparates provoziert. “Zu Beginn war der Corona-Ausbruch ein Schock für die Regierung”, erläutert der Professor für chinesische Geschichte und Kultur, der seit Juni 2020 als Präsident die Zeppelin Universität (ZU) in Friedrichshafen leitet. “Erst gegen Ende 2020 hat man dann in bestimmten Kreisen auch Vorteile der Abschottung erkannt, von der Reduzierung der globalen Abhängigkeit bis zur Ausweisung ausländischer Journalisten.”
Der Historiker, der sich in seinem neuen Buch “Geschichte des modernen China: Von der Qing-Dynastie bis zur Gegenwart” auch intensiv mit dem Aufstieg der Volksrepublik auseinandersetzt, zieht Parallelen zu Chinas jüngster Vergangenheit. Dort seien Phasen der Isolation oft als Reaktion auf starken Druck von Außen erfolgt, aber auch Möglichkeiten gewesen, die Macht im Innern zu festigen. “In den vergangenen drei Jahrzehnten der Öffnung sind viele Ideen in das Land eingedrungen. China ist heute eine extrem diverse Gesellschaft. Da ist Isolation ein gutes Mittel um die Homogenität und Einheit wiederherzustellen.”
Ein wichtiger Bestandteil des Narrativs sei dabei, dass Covid-19 eine von außen eingeschleppte Gefahr darstelle, etwa durch Geschäftsreisende. Sogar importierte Tiefkühlkost wurde in Chinas Propaganda-Offensive bereits als potentieller Virusherd ausgemacht, wissenschaftlich lässt sich das kaum halten. “China hat sich wieder in eine gefährliche Position begeben, was den innenpolitischen Diskurs gegenüber dem Ausland angeht”, so Mühlhahn. “Die Haltung ist: Die Welt versteht uns nicht.”
Mühlhahn zufolge hat sich hier eine trotzige Grundhaltung verfestigt. “Wir werden kritisiert, also müssen wir uns auf uns selbst besinnen. Das ist verhängnisvoll, weil sich die Illusion breitmacht: Wir brauchen die Außenwelt eigentlich nicht.” Dabei habe China in der Isolation stets an Dynamik verloren. Allerdings ist China im Jahr 2021 keine abgehängte Dynastie oder revolutionäre Insel des Chaos mehr, sondern eine dynamische Weltmacht mit 30 Prozent Anteil am globalen Wirtschaftswachstum.
Welche Schlussfolgerung können westliche Firmen und Institutionen aus dieser Bestandsaufnahme ziehen? Die chinesischen Wirtschaftsstrategien zeigen: Wer nach der Pandemie noch am chinesischen Markt teilhaben will, muss verstärkt vor Ort produzieren. Gleichzeitig steigt die Qualität und Beliebtheit heimischer Produkte, von Autos über Smartphones bis hin zu Filmen. Eine im September von der Beratungsfirma PwC veröffentlichte Umfrage unter Chinesen ab 18 Jahren zeigte eine deutliche Verschiebung der Vorlieben weg von den einst so gefragten internationalen zu heimischen Marken.
In China nennt man die Hinwendung zu heimischen Produkten Guochao 国潮 – “nationale Flut”. Besonders in der “Generation Z” zwischen 16 und 25 ist der patriotisch gefärbte Trend verbreitet. Laut Schätzungen von McKinsey entfallen bereits 60 Prozent des chinesischen Ausgabenwachstums auf Digital Natives unter 35, obwohl sie nur 25 Prozent der Bevölkerung ausmachen.
Die im Konsum ausgedrückte Heimatliebe sei nicht neu, wurde aber durch die global unterschiedlich gehandhabte Pandemie aber noch einmal angefacht, erklärt Prof. Dr. Wolfgang Arlt, Direktor von COTRI, dem Marktführer für Studien zur chinesischen Tourismusbranche. “Vor der Pandemie waren etwa Inlandsreisen nicht mit viel Prestige verbunden. Das hat sich geändert.” Innerchinesische Destinationen wie das Duty-Free-Paradies Hainan seien ernsthafte Konkurrenten zu Paris und Co. geworden.
Im Jahr vor dem Ausbruch der Pandemie hatten die Chinesen auf Reisen ins Ausland rund 255 Milliarden US-Dollar ausgegeben – etwa ein Fünftel der gesamten touristischen Ausgaben weltweit. Diese Einnahmen fehlen jetzt von Phuket bis Garmisch-Partenkirchen. Dass die Chinesen in Zukunft die Heimat kaum mehr verlassen, glaubt der Tourismus-Experte allerdings nicht. “Es gab immer Phasen, in denen die Regierung angeregt hat, sich vom Ausland zu distanzieren, etwa als Paris vor ein paar Jahren den Dalai Lama zum Ehrenbürger gemacht hat. Nach drei Monaten war das wieder vergessen.”
Dass China die Isolation lange aufrechterhalten kann, bezweifelt auch Klaus Mühlhahn. “Unter den Chinesen wird es weiter ein großes Bedürfnis geben, ins Ausland zu reisen und ausländische Produkte zu kaufen”, so der China-Experte. “Chinas Öffnung wird nach der Pandemie weiter graduell verlaufen, aber die Vernetzung und die günstigen Geschäftsbedingungen, wie wir sie vor der Krise hatten, wird es nicht mehr geben. Darauf muss sich die deutsche Wirtschaft einstellen.”
Mersch hofft derweil, mit einem der raren Charterflüge der deutschen Außenhandelskammer Ende November wieder nach Qingdao zu reisen, wo seine Frau, eine chinesische Chemie-Ingenieurin, auf ihn wartet. Drei Wochen Quarantäne und Economy-Preise von 3.200 Euro entlocken zumindest ihm nur noch ein Schulterzucken. Fabian Peltsch
Sie sind mit Abstand die beiden größten Treibhausgasemittenten der Welt: China und die USA. Gemeinsam verursachen sie über 40 Prozent der weltweiten klimaschädlichen CO2-Emissionen. Ohne mehr Klimaschutz dieser beiden Volkswirtschaften könnten die Pariser Klimaziele kaum erreicht werden. Bei der UN-Klimakonferenz in Glasgow haben sich beide Seiten auf “konkrete Pläne” geeinigt, wie chinesische Klimagesandte Xie Zhenhua und der US-Amerikaner John Kerry am Mittwochabend in Glasgow bekannt gaben.
Xie sagte: “Beide Seiten erkennen an, dass es eine Kluft zwischen den gegenwärtigen Bemühungen und den Zielen des Pariser Klimaabkommens gibt”. Er sicherte zu, dass beide Länder auf die Fertigstellung des Regelbuchs zur konkreten Umsetzung des Pariser Klimaabkommen hinarbeiteten. Beide Seiten wollen zudem eine “Arbeitsgruppe zur Verstärkung der Klimaschutzmaßnahmen in den 2020er Jahren” einrichten. Die USA und China erklärten, dass sie in den kommenden Jahren die Methan-Emissionen senken, Anstrengungen zum Kohleausstieg unternehmen und die Wälder besser schützen wollen. “Beim Klimawandel gibt es mehr Übereinstimmung zwischen China und den Vereinigten Staaten als Divergenzen”, sagt Xie.
Das Pariser Abkommen sieht eine Begrenzung der Erderwärmung auf “deutlich unter zwei Grad”, möglichst auf 1,5 Grad vor. Derzeit steuert die Erde nach UN-Angaben aber selbst bei Erfüllung aller nationaler Klimaschutzzusagen auf eine folgenschwere Erwärmung um 2,7 Grad bis zum Jahrhundertende zu. Kurz vor der Weltklimakonferenz hatte China mit seinem überarbeiteten Klimaziel enttäuscht (China.Table berichtete). Das bevölkerungsreichste Land der Welt sagte lediglich zu, dass es bis zum Jahr 2060 CO2-Neutralität erreichen will. Die Treibhausgasemissionen des Landes sollen vor 2030 ihren Höhepunkt erreichen. Viel zu unverbindlich, kritisierten zahlreiche andere Regierungschefs. UN-Generalsekretär António Guterres lobte die Vereinbarung der beiden Länder als “wichtigen Schritt in die richtige Richtung”. flee / nib
Wegen teurer Rohstoffe, Stromknappheit und anhaltender Lieferengpässen haben die chinesischen Industriebetriebe ihre Preise im Oktober so stark angehoben wie seit 26 Jahren nicht mehr. Die Produzentenpreise stiegen um 13,5 Prozent zum Vorjahresmonat, teilte das Statistikamt am Mittwoch in Peking mit. Ökonomen hatten lediglich mit einer Teuerungsrate von 12,4 Prozent gerechnet, nachdem sie im September bei 10,7 Prozent gelegen hatte (China.Table berichtete). Die Erzeugerpreise gelten als Frühindikator für die Entwicklung der Inflation. Auf die Verbraucherpreise haben sich die Preissteigerungen noch nicht ausgewirkt. Sie legten im Oktober um 1,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat zu.
Die höheren Preise in China werden auch die deutschen Verbraucher zu spüren bekommen. Denn China ist für Deutschland inzwischen der größte Importeur, nicht zuletzt auch vieler vorindustrieller Produkte. 2020 summierten sich die gesamten Einfuhren aus der Volksrepublik auf 116,3 Milliarden Euro. flee
Gut ein Jahr vor seinem Inkrafttreten beschäftigt das geplante Lieferkettengesetz bereits deutsche Unternehmen in China. Gut ein Drittel (31 Prozent) der befragten Firmen in der Volksrepublik bereitet sich einer Umfrage der Außenhandelskammer (AHK) zufolge schon jetzt auf die Umsetzung des Gesetzes zum Schutz der Menschenrechte in globalen Lieferketten vor. 35 Prozent der befragten Unternehmen haben nach eigenen Angaben noch keine Schritte zur Umsetzung eingeleitet, wie die AHK China.Table mitteilte. Weitere 34 Prozent machten dazu keine Angaben.
Die Unternehmen überprüften laut AHK in Peking verstärkt das Risiko in Bezug auf ihre Lieferketten, Produkte, Dienstleistungen und alle Bereiche, die von diesen Gesetzen betroffen sein könnten. “Das umfasst zum Beispiel Lieferantenmanagement und Risikobewertungen“, teilte die AHK mit. Während größere Unternehmen schön länger entsprechende Systeme eingerichtet hätten, müssten kleinere Unternehmen erst einmal die internen Zuständigkeiten und Kapazitäten klären, um die zusätzlichen Anforderungen zu erfüllen.
Laut der AHK-Zahlen befassen sich Unternehmen in China bereits mehr mit dem geplanten Gesetz als Firmen weltweit. So gab in der globalen Befragung nur ein Viertel der Unternehmen an, sich auf die Umsetzung vorzubereiten. Ein Drittel tue das noch nicht und 42 Prozent machten demnach zu dieser Frage keine Angabe. Das deutsche Lieferkettengesetz tritt im Januar 2023 in Kraft.
Die Fragen zu den Veränderungen in den Lieferketten wurden in dem vergangene Woche veröffentlichten “AHK World Business Outlook” noch nicht thematisiert, ebenso wie das Thema Nachhaltigkeit (China.Table berichtete). Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) in China kündigte dazu noch weitere Informationen in den kommenden Wochen an. Der DIHK hatte im Juni einen Muster-Verhaltenskodex zur Nachhaltigkeit in Lieferketten veröffentlicht. ari
Was in der alten Bundesrepublik lange Zeit der Käfer war, ist in China der Santana. Viele Jahre lang hat die Mittelklasse-Limousine die chinesischen Straßen geprägt und war der Inbegriff auch der aufstrebenden Mittelschicht des Landes. Nach über drei Jahrzehnten stellt Volkswagen die Produktion des Santana in China nun ein. “Die Kundenpräferenzen verlagern sich allmählich weg von ICE-Modellen (Verbrennungsmotor) mit Stufenheck hin zu BEV-Modellen (batterieelektrische Fahrzeuge) und SUVs”, teilte VW laut Reuters mit. Daher wird das Joint-Venture-Unternehmen von Volkswagen AG und SAIC auch die Produktion des Skoda Rapid und des Tharu Sport in seinem Werk in der Stadt Yizheng beenden. An dem Standort sollen ab 2023 dann der T-Roc und eine überarbeite Geländewagen-Version des Tharu vom Band rollen. flee
Lieferkettenprobleme, Lockdowns und ein Boykottaufruf in China haben dazu geführt, dass der Gewinn von Adidas im dritten Quartal eingebrochen ist. Vorstandschef Kasper Rorsted bekräftigte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters zwar die erst zum Halbjahr angehobene Prognose, rechnet aber mit einem Gewinn- und Umsatzwachstum am unteren Ende der Zielspanne. Der Gewinn aus fortgeführten Geschäften sowie die operative Marge sollen im unteren Bereich des avisierten Korridors von 1,4 bis 1,5 Milliarden Euro beziehungsweise 9,5 bis 10 Prozent liegen. Der Umsatz werde um 17 bis 18 Prozent zulegen. Bislang hatte das Unternehmen ein Plus von bis zu 20 Prozent prognostiziert.
Sorge bereitet dem zweitgrößten Sportartikelhersteller nach Nike nicht zuletzt auch China. Die Volksrepublik, jahrelang ein verlässlicher Wachstumsmarkt, brachen die Erlöse um 15 Prozent ein. Dort wurde über soziale Medien zu einem Boykott westlicher Marken aufgerufen (China.Table berichtete), weil die USA und die Europäische Union (EU) Sanktionen gegen China wegen des Umgangs mit der Minderheit der Uiguren beschlossen hatten. Adidas-Finanzchef Harm Ohlmeyer zeigte sich aber zuversichtlich, dass die Geschäfte in China bald wieder ansprängen. “Die Region bleibt langfristig ein Wachstumsmarkt für uns.” flee
Minxin Pei gehört zu den bekanntesten chinesischen Intellektuellen der Welt. Allerdings ist er alles andere als ein Sprachrohr der Volksrepublik. Ganz im Gegenteil: Von seinem Arbeitszimmer in Claremont im Speckgürtel von Los Angeles kommentiert Pei seit über zwei Jahrzehnten das Geschehen in seinem Heimatland und äußert teils harsche Kritik an den Machthabern. “Politisch ist die Herrschaft der Angst zurück und das nicht nur für die einfache Bevölkerung, sondern auch für die Eliten der KPCh”, meint Pei.
Der heute 63-Jährige kam in den Achtzigerjahren – nach seinem Bachelorstudium in Shanghai – in die USA, wo er erst in Pittsburgh und später an der Harvard University seine akademische Ausbildung fortsetzte. Seit dem Abschluss seiner politikwissenschaftlichen Doktorarbeit ist Pei als Autor und Dozent tätig – seit 2009 fungiert er als “Tom and Margot Pritzker Professor of Government” am Claremont McKenna College. Ein spezielles Augenmerk legt er dabei auf den Themenkomplex “Leadership” in der Volksrepublik.
Kurzum: Er betrachtet die Führungsriege um Xi Jinping als großen Hemmschuh für Chinas Vorankommen. “Ironischerweise ist die regierende KPCh das größte Hindernis für China im Wettrennen mit Amerika. Die existenzielle Angst der Partei, die eigene Macht zu verlieren, wird sie dazu veranlassen, die Wirtschaft fest im Griff zu behalten, wodurch sie weniger effizient agieren kann”, urteilt Pei. Die willkürliche Ausübung der Macht, wie sie etwa beim zuletzt scharfen Vorgehen gegen die Tech-Unternehmen Didi und Alibaba wieder zu Tage trat, werde Innovation und Wachstum im Tech-Sektor bei weitem mehr abwürgen als Sanktionen der USA. “Die Führung wird angesichts von Chinas Weg hin zu einer noch personalisierteren Herrschaftsform weniger Korrekturen von fragwürdigen Entscheidungen vornehmen”, sagt der Politikwissenschaftler.
Der Kult um seine Person werde von Xi immerzu gefördert. Die Titelseiten des Parteiorgans Renmin Ribao etwa seien mit Berichten über die persönlichen Aktivitäten des Staatspräsidenten gefüllt. Pei erinnert sich daran, dass sich vor der Machtübernahme von Xi viele Offizielle in Peking mit dem “Modell Singapur” eingehender beschäftigten. Der Stadtstaat wird immerhin seit 1959 von der nationalkonservativen People’s Action Party (PAP) regiert.
Aber als Beamte in Singapur die genauen Gründe für den Machterhalt der PAP untersuchten, sei ihnen deutlich geworden, dass derlei Reformen ein Abschwächen des politischen Monopols der KPCh zur Folge hätten. “Das ist vielleicht der Grund, warum das Singapur-Model seine Attraktivität in der Ära unter Xi verloren hat, während das nordkoreanische Modell, also die totalitäre politische Unterdrückung, der Personenkult um den obersten Führer und wirtschaftliche Eigenständigkeit, immer attraktiver geworden ist”, so Minxin Pei.
Er ist seit 2018 Chefredakteur des “China Leadership Monitor” und wird sich in dieser Funktion auch künftig mit Xi Jinping und den anderen Entscheidern in Peking befassen. Denn obwohl er prognostiziert, dass eben diese Führung dem Wachstum Chinas im Weg steht, glaubt er nicht an deren Untergang. “Selbst wenn China nicht zum mächtigsten Land der Welt wird, die Kommunistische Partei wird trotzdem ein Gewinner sein. Anders als der verstorbene sowjetische Cousin behält die KPCh die feste Kontrolle über eine Supermacht, welche die Amerikaner nicht bezwingen werden”, so sein Verdikt. Constantin Eckner
Alexander Garbar wird neuer Leiter für Unternehmensentwicklung am Duisburger Hafen. Zum 1. Januar 2022 tritt Garbar die Nachfolge von Sascha Treppte an, der das Unternehmen auf eigenen Wunsch verlässt. Garbar ist seit fünf Jahren in der Unternehmensentwicklung tätig, zuletzt als Stellvertreter von Treppte. Als Logistikdrehscheibe in Europa ist der Duisburger Hafen ein wichtiger Bestandteil der chinesischen Belt and Road Initiative.
Der derzeitige Aufsichtsratsvorsitzende Johnny Chen von Clarks hat die Rolle des CEO des Schuhhändler übergangsweise übernommen. Der bisherige CEO Victor Herrero soll sich umfassenderen Aufgaben innerhalb der LionRock- und Viva-China-Gruppe zuwenden, die mehrheitlich die Anteile von Clarks halten. Chen ist seit Februar dieses Jahres Mitglied des Verwaltungsrats von Clarks. Darüber hinaus sitzt er auch im Aufsichtsrat der Alibaba Pictures Group und der staatlichen Tourismus und Reisebehörde China Travel Service.
So wie auf dem Bild in Shenzhen haben sich am Wochenende landesweit Zehntausende Videospiel-Fans auf zentralen Plätzen versammelt. Sie wollten den Sieg des chinesischen Teams bei der Weltmeisterschaft im Online-Strategiespiel “League of Legends” feiern. In Wuhan war den Sicherheitskräften aber nicht zum Feiern zumute. Sie nahmen drei der Organisatoren fest.
Einige “verrückte” Videospiel-Fans seien bei der nächtlichen Party “ein bisschen zu weit gegangen”, moniert die Global Times. Dabei hatte die Staatszeitung in einem anderen Artikel den Sieg selbst noch bejubelt. Den drei Fans droht nun bis zu zehn Tage Haft und eine Geldstrafe von mindestens 500 Yuan (gut 67 Euro).
heute ist der 11.11., wegen seiner vielen Einsen in China auch bekannt als “Tag der einsamen Herzen”. Alibaba hatte ihn einst eingeführt und ihn zugleich zum Schnäppchentag erklärt. Inzwischen laden auch Lidl oder Saturn in Deutschland zum Singles Day ein und begehen ihn ebenfalls mit einer Rabattschlacht. Dass die Konsumausgaben das stärkste Vehikel aus Pekings Sicht sind, um das Binnenwachstum voranzutreiben und dann an die entwickelten Volkswirtschaften des Westens aufzuschließen, hat Frank Sieren analysiert.
Braucht uns China noch? Dieser Frage ist Fabian Peltsch nachgegangen. Er hat mit Sinologen und Wirtschaftsexperten darüber gesprochen, ob sich die Volksrepublik mit ihren aktuellen Industriestrategien immer mehr einigelt und die Stacheln, die dabei ausgefahren werden, das Land noch schneller und umfassender vom Rest der Welt abkoppeln soll.
Minxin Pei ist bekannt dafür, dass er nicht mit Kritik spart, wenn es um die Kommunistische Partei seines Heimatlandes geht. Für Pei ist der Personenkult um Staats- und Parteichef Xi Jinping die größte Hürde für Chinas Wachstum. In unserem Porträt bringt der 63-Jährige die derzeitige Stimmung auf den Punkt: “Politisch ist die Herrschaft der Angst zurück und das nicht nur für die einfache Bevölkerung, sondern auch für die Eliten der KPCh”, sagt er aus seiner Wahlheimat Kalifornien.
Ich wünsche Ihnen einen guten Start zur Wochenmitte
Überschwemmungen, Stromknappheit und sporadische Covid-19-Ausbrüche haben die chinesische Wirtschaft in den letzten Monaten mehrfach auf die Probe gestellt. Die Konsumentenstimmung konnte aber auch das nicht wirklich trüben.
Trotz schwächer als erwarteter Zahlen stieg der Gesamteinzelhandelsumsatz mit Konsumgütern in den ersten drei Quartalen des Jahres nach Angaben des National Bureau of Statistics im Jahresvergleich um 16 Prozent auf 31,8 Billionen Yuan (4,9 Billionen US-Dollar). Die Umsätze im chinesischen Einzelhandel, die als Indikator für den Konsum gelten, erholten sich stärker als gedacht und wuchsen im September im Jahresvergleich um 4,4 Prozent.
Damit sind die Konsumausgaben weiterhin der größte Wachstumsmotor der chinesischen Wirtschaft. In den ersten drei Quartalen dieses Jahres trugen sie 64,8 Prozent zu Chinas BIP bei. Damit schließt die Volksrepublik beim Inlandskonsum langsam, aber sicher zu den entwickelten Volkswirtschaften des Westens auf. Noch ist im Vergleich etwa zur USA ein wenig Luft nach oben. Dort wurden im 2. Quartal ein Anteil von 69 Prozent gemessen, der höchste seit dem Zweiten Weltkrieg. Im 3. Quartal ist der Wert dann aber schon wieder leicht gefallen auf 68,8. Ein Wert, den China noch nie erreicht hat. In der Exportnation Deutschland liegt der Wert hingegen normalerweise knapp über 50 Prozent, ist aber wegen der Folgen der Corona-Krise auf unter 50 Prozent gefallen.
In seinem jüngsten Fünfjahresplan setzt China noch deutlicher als bisher darauf, sich vom Ausland unabhängiger zu machen. Das hat mit den schwankenden Exporten in Zeiten der Corona-Pandemie zu tun, aber auch mit der harten China-Politik der USA seit Trump. Peking erachtet es als notwendig, das Land wirtschaftlich, technologisch und finanziell autarker zu machen. Das bedeutet: mehr eigene technologische Innovationen, mehr eigene Energieressourcen und vor allem mehr Binnenkonsum. Unter dem Stichwort der “Dual Circulation” will China mehr exportieren und weniger importieren und die Exporte stärker diversifizieren. China will zudem mehr nach Südostasien exportieren. Noch wichtiger jedoch ist der heimische Konsum (China.Table berichtete).
Doch selbst in China kann man die Konsumenten nicht zwingen, zumal Chinesen traditionell eine hohe Sparquote haben. Während sie in den USA normalerweise unter zehn Prozent liegt, ist sie in China mehr als dreimal so hoch. Der Konsum ist also ein wichtiger Maßstab für das Vertrauen der Menschen in die Politik. Peking fordert deshalb die Provinzregierungen dazu auf, die Mindestlöhne regelmäßig an die Inflation und die steigenden Lebenshaltungskosten anzupassen. Allein in diesem Jahr haben 12 Provinzen und zwei Städte, darunter Hubei, Xinjiang und Peking, ihren Mindestlohn erhöht.
Zuletzt wurden die Chinesen von der Pleite des Immobilienunternehmens Evergrande verunsichert. Viele Bürger der chinesischen Mittelschicht hätten 70 Prozent ihres Vermögens in Form von Wohneigentum angelegt. Um den Konsum nicht zu stören, hat die Regierung festgelegt, dass die Städte und Gemeinden die von Investoren angezahlten Evergrande-Wohnungen zu Ende bauen müssen.
Das durchschnittliche Brutto-Einkommen der Chinesen hat sich gemessen am Bruttonationaleinkommen pro Kopf seit 2000 mehr als verzehnfacht. 2002 gehörten noch weniger als ein Prozent der chinesischen Bevölkerung zur globalen Mittelschicht. 2018 ist es laut Berechnungen des IZA-Instituts für Arbeitsökonomie bereits ein Viertel. In den USA jedoch sind es 50 Prozent. In Deutschland 70 Prozent.
All das sind auch wichtige Daten für die deutsche Wirtschaft. Sie bedeuten, dass der chinesische Wachstumsmarkt aus vier Gründen seinen Zenit noch lange nicht erreicht hat. Die Mittelschicht ist vergleichsweise klein. Das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen liegt unter dem von Rumänien. Der Anteil des Konsums am BIP lässt sich also noch steigern. Und da es sich bei diesen Zahlen um ein Land mit 1,41 Milliarden Menschen handelt, steigt auch die Bedeutung des China-Konsums im Weltmaßstab deutlich an. In der Autobranche zeichnet sich diese Entwicklung bereits gut ab: Im Jahr 2020 wurde mehr als ein Drittel der weltweit verkauften Autos an chinesische Kunden verkauft, obwohl der Anteil der Chinesen an der Weltbevölkerung nur bei 18 Prozent liegt.
Die US-Investmentbank Morgan Stanley prognostiziert, dass sich die Konsumausgaben der Chinesen in den nächsten zehn Jahren mehr als verdoppeln werden. Laut dem McKinsey Global Institute wird die Zahl der chinesischen Haushalte mit mittlerem bis hohem Einkommen bis 2030 um 68 Prozent steigen. Damit wird der chinesische Markt dramatisch an Bedeutung für westliche Unternehmen gewinnen.
Peking ist bewusst, dass Chinas Wachstum in Zukunft mehr von Innovation und digitalem Produktivitätswachstum geprägt sein muss. Innerhalb des Binnenmarktes wird vor allem der E-Commerce-Sektor weiter ausgebaut, der durch die Corona-Epidemie ohnehin einen Schub bekommen hat. Ein Fünftel bis ein Viertel des chinesischen Konsums findet mittlerweile online statt.
Wie es um die Kauflaune in China derzeit wirklich bestellt ist, wird deshalb der sogenannte “Singles Day” zeigen. Bei dem weltweit größten Online-Shopping-Event gaben chinesische Käufer im Krisenjahr 2020 umgerechnet 78 Milliarden US-Dollar aus. 2019 waren es erst 38 Milliarden US-Dollar. Für Peking ein untrügliches Zeichen, dass die Corona-Krise aus der Sicht der Bevölkerung gut gemanagt wurde.
Ein Jahr, acht Monate und neun Tage hat Matthias Mersch seine Frau nicht gesehen. Im März 2020 war er bei einem Heimaturlaub von der Corona-Pandemie überrascht worden. “Ich dachte, die ganze Sache wäre in ein paar Wochen vorbei”, erzählt der 60-Jährige aus dem Corona-Exil in Bayern. Wie so viele Menschen, deren Leben eng mit China verknüpft ist, rennt Mersch seit Monaten gegen zugeschlagene Türen an. Seine Frau arbeitet in China, er hängt in Deutschland fest.
Nur noch Nordkorea und Turkmenistan haben sich ähnlich hermetisch von der Außenwelt abgeschottet wie China. Mit dem vergangene Woche veröffentlichten Winterflugplan hat Peking die Zahl der internationalen Passagierflüge noch einmal von 644 auf 408 pro Woche zusammengestrichen (China.Table berichtete). In gewohnter Geradlinigkeit erklärt die Regierung, die Maßnahmen stünden im “Einklang mit den Anforderungen der Pandemiebekämpfung”. Außerhalb der Landesgrenzen werden dagegen die Stimmen immer lauter, dass sich hinter Chinas “Zero Covid”-Strategie mehr verbirgt als bloße Virus-Eindämmung.
Bereits im September hatte Jörg Wuttke, Präsident der Europäischen Handelskammer in China, auf “besorgniserregende Anzeichen” hingewiesen, die nahelegen, dass Peking die Covid-Maßnahmen nutzt, um “ausländische Unternehmen vom Markt und insbesondere von strategischen Sektoren auszuschließen”. Patricia Schetelig, stellvertretende Abteilungsleiterin für Internationale Märkte beim Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. (BDI) pflichtet Wuttke bei: “Covid bietet China eine gute Gelegenheit, um sich stärker zu isolieren, zum Beispiel durch weitreichende Reise- und Quarantänebeschränkungen. Dies stellt die Wirtschaftstätigkeit deutscher Unternehmen vor Ort vor große Hürden.”
Nach innen gerichtete Industriestrategien wie “Made in China 2025” oder auch der letzte Fünfjahresplan hätten gezeigt, wo die Reise hingeht, sagt Schetelig, die nicht mit einer Öffnung der Grenzen vor Ende 2022 rechnet. “Wir sehen mit Sorge und Bedauern, dass China die Tendenz erkennen lässt, sich mehr auf sich selbst verlassen zu wollen und das ein gutes Stück weit auch zu können.”
Unter dem Motto der “Dual Circulation”, also der “zwei Kreisläufe”, will Peking die Abhängigkeit vom Ausland reduzieren, die Inlandsnachfrage ankurbeln, mehr exportieren und weniger importieren (China.Table berichtete). Die Konsumausgaben sind schon jetzt der größte Wachstumstreiber der chinesischen Wirtschaft. In den ersten drei Quartalen dieses Jahres trugen sie 64,8 Prozent zum BIP bei.
Wissenschaftler sehen das Streben nach Eigenständigkeit kritisch. “Die Ausrichtung auf den Binnenmarkt steht im Widerspruch zu Chinas ursprünglichen Reform-und Öffnungsplänen, ebenso zur groß aufgestellten Seidenstraßen-Initiative, die eigentlich darauf ausgelegt ist, mehr Verflechtungen mit dem Ausland anzustreben”, sagt Angela Stanzel von der Forschungsgruppe Asien der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). “Ich denke, dass auch chinesische Wirtschaftsexperten diese Entwicklung bis zu einem gewissen Grad sehr skeptisch sehen“, so die Sinologin. Die Frage sei nun, ob die chinesische Wirtschaft mit all ihren Akteuren da mitmache. Es könne auch sein, dass sich “doch eine stärkere Opposition” gegen den Kurs formiert.
Auch der Sinologe Klaus Mühlhahn glaubt, dass die Covid-Pandemie widerstreitende Kräfte innerhalb des Parteiapparates provoziert. “Zu Beginn war der Corona-Ausbruch ein Schock für die Regierung”, erläutert der Professor für chinesische Geschichte und Kultur, der seit Juni 2020 als Präsident die Zeppelin Universität (ZU) in Friedrichshafen leitet. “Erst gegen Ende 2020 hat man dann in bestimmten Kreisen auch Vorteile der Abschottung erkannt, von der Reduzierung der globalen Abhängigkeit bis zur Ausweisung ausländischer Journalisten.”
Der Historiker, der sich in seinem neuen Buch “Geschichte des modernen China: Von der Qing-Dynastie bis zur Gegenwart” auch intensiv mit dem Aufstieg der Volksrepublik auseinandersetzt, zieht Parallelen zu Chinas jüngster Vergangenheit. Dort seien Phasen der Isolation oft als Reaktion auf starken Druck von Außen erfolgt, aber auch Möglichkeiten gewesen, die Macht im Innern zu festigen. “In den vergangenen drei Jahrzehnten der Öffnung sind viele Ideen in das Land eingedrungen. China ist heute eine extrem diverse Gesellschaft. Da ist Isolation ein gutes Mittel um die Homogenität und Einheit wiederherzustellen.”
Ein wichtiger Bestandteil des Narrativs sei dabei, dass Covid-19 eine von außen eingeschleppte Gefahr darstelle, etwa durch Geschäftsreisende. Sogar importierte Tiefkühlkost wurde in Chinas Propaganda-Offensive bereits als potentieller Virusherd ausgemacht, wissenschaftlich lässt sich das kaum halten. “China hat sich wieder in eine gefährliche Position begeben, was den innenpolitischen Diskurs gegenüber dem Ausland angeht”, so Mühlhahn. “Die Haltung ist: Die Welt versteht uns nicht.”
Mühlhahn zufolge hat sich hier eine trotzige Grundhaltung verfestigt. “Wir werden kritisiert, also müssen wir uns auf uns selbst besinnen. Das ist verhängnisvoll, weil sich die Illusion breitmacht: Wir brauchen die Außenwelt eigentlich nicht.” Dabei habe China in der Isolation stets an Dynamik verloren. Allerdings ist China im Jahr 2021 keine abgehängte Dynastie oder revolutionäre Insel des Chaos mehr, sondern eine dynamische Weltmacht mit 30 Prozent Anteil am globalen Wirtschaftswachstum.
Welche Schlussfolgerung können westliche Firmen und Institutionen aus dieser Bestandsaufnahme ziehen? Die chinesischen Wirtschaftsstrategien zeigen: Wer nach der Pandemie noch am chinesischen Markt teilhaben will, muss verstärkt vor Ort produzieren. Gleichzeitig steigt die Qualität und Beliebtheit heimischer Produkte, von Autos über Smartphones bis hin zu Filmen. Eine im September von der Beratungsfirma PwC veröffentlichte Umfrage unter Chinesen ab 18 Jahren zeigte eine deutliche Verschiebung der Vorlieben weg von den einst so gefragten internationalen zu heimischen Marken.
In China nennt man die Hinwendung zu heimischen Produkten Guochao 国潮 – “nationale Flut”. Besonders in der “Generation Z” zwischen 16 und 25 ist der patriotisch gefärbte Trend verbreitet. Laut Schätzungen von McKinsey entfallen bereits 60 Prozent des chinesischen Ausgabenwachstums auf Digital Natives unter 35, obwohl sie nur 25 Prozent der Bevölkerung ausmachen.
Die im Konsum ausgedrückte Heimatliebe sei nicht neu, wurde aber durch die global unterschiedlich gehandhabte Pandemie aber noch einmal angefacht, erklärt Prof. Dr. Wolfgang Arlt, Direktor von COTRI, dem Marktführer für Studien zur chinesischen Tourismusbranche. “Vor der Pandemie waren etwa Inlandsreisen nicht mit viel Prestige verbunden. Das hat sich geändert.” Innerchinesische Destinationen wie das Duty-Free-Paradies Hainan seien ernsthafte Konkurrenten zu Paris und Co. geworden.
Im Jahr vor dem Ausbruch der Pandemie hatten die Chinesen auf Reisen ins Ausland rund 255 Milliarden US-Dollar ausgegeben – etwa ein Fünftel der gesamten touristischen Ausgaben weltweit. Diese Einnahmen fehlen jetzt von Phuket bis Garmisch-Partenkirchen. Dass die Chinesen in Zukunft die Heimat kaum mehr verlassen, glaubt der Tourismus-Experte allerdings nicht. “Es gab immer Phasen, in denen die Regierung angeregt hat, sich vom Ausland zu distanzieren, etwa als Paris vor ein paar Jahren den Dalai Lama zum Ehrenbürger gemacht hat. Nach drei Monaten war das wieder vergessen.”
Dass China die Isolation lange aufrechterhalten kann, bezweifelt auch Klaus Mühlhahn. “Unter den Chinesen wird es weiter ein großes Bedürfnis geben, ins Ausland zu reisen und ausländische Produkte zu kaufen”, so der China-Experte. “Chinas Öffnung wird nach der Pandemie weiter graduell verlaufen, aber die Vernetzung und die günstigen Geschäftsbedingungen, wie wir sie vor der Krise hatten, wird es nicht mehr geben. Darauf muss sich die deutsche Wirtschaft einstellen.”
Mersch hofft derweil, mit einem der raren Charterflüge der deutschen Außenhandelskammer Ende November wieder nach Qingdao zu reisen, wo seine Frau, eine chinesische Chemie-Ingenieurin, auf ihn wartet. Drei Wochen Quarantäne und Economy-Preise von 3.200 Euro entlocken zumindest ihm nur noch ein Schulterzucken. Fabian Peltsch
Sie sind mit Abstand die beiden größten Treibhausgasemittenten der Welt: China und die USA. Gemeinsam verursachen sie über 40 Prozent der weltweiten klimaschädlichen CO2-Emissionen. Ohne mehr Klimaschutz dieser beiden Volkswirtschaften könnten die Pariser Klimaziele kaum erreicht werden. Bei der UN-Klimakonferenz in Glasgow haben sich beide Seiten auf “konkrete Pläne” geeinigt, wie chinesische Klimagesandte Xie Zhenhua und der US-Amerikaner John Kerry am Mittwochabend in Glasgow bekannt gaben.
Xie sagte: “Beide Seiten erkennen an, dass es eine Kluft zwischen den gegenwärtigen Bemühungen und den Zielen des Pariser Klimaabkommens gibt”. Er sicherte zu, dass beide Länder auf die Fertigstellung des Regelbuchs zur konkreten Umsetzung des Pariser Klimaabkommen hinarbeiteten. Beide Seiten wollen zudem eine “Arbeitsgruppe zur Verstärkung der Klimaschutzmaßnahmen in den 2020er Jahren” einrichten. Die USA und China erklärten, dass sie in den kommenden Jahren die Methan-Emissionen senken, Anstrengungen zum Kohleausstieg unternehmen und die Wälder besser schützen wollen. “Beim Klimawandel gibt es mehr Übereinstimmung zwischen China und den Vereinigten Staaten als Divergenzen”, sagt Xie.
Das Pariser Abkommen sieht eine Begrenzung der Erderwärmung auf “deutlich unter zwei Grad”, möglichst auf 1,5 Grad vor. Derzeit steuert die Erde nach UN-Angaben aber selbst bei Erfüllung aller nationaler Klimaschutzzusagen auf eine folgenschwere Erwärmung um 2,7 Grad bis zum Jahrhundertende zu. Kurz vor der Weltklimakonferenz hatte China mit seinem überarbeiteten Klimaziel enttäuscht (China.Table berichtete). Das bevölkerungsreichste Land der Welt sagte lediglich zu, dass es bis zum Jahr 2060 CO2-Neutralität erreichen will. Die Treibhausgasemissionen des Landes sollen vor 2030 ihren Höhepunkt erreichen. Viel zu unverbindlich, kritisierten zahlreiche andere Regierungschefs. UN-Generalsekretär António Guterres lobte die Vereinbarung der beiden Länder als “wichtigen Schritt in die richtige Richtung”. flee / nib
Wegen teurer Rohstoffe, Stromknappheit und anhaltender Lieferengpässen haben die chinesischen Industriebetriebe ihre Preise im Oktober so stark angehoben wie seit 26 Jahren nicht mehr. Die Produzentenpreise stiegen um 13,5 Prozent zum Vorjahresmonat, teilte das Statistikamt am Mittwoch in Peking mit. Ökonomen hatten lediglich mit einer Teuerungsrate von 12,4 Prozent gerechnet, nachdem sie im September bei 10,7 Prozent gelegen hatte (China.Table berichtete). Die Erzeugerpreise gelten als Frühindikator für die Entwicklung der Inflation. Auf die Verbraucherpreise haben sich die Preissteigerungen noch nicht ausgewirkt. Sie legten im Oktober um 1,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat zu.
Die höheren Preise in China werden auch die deutschen Verbraucher zu spüren bekommen. Denn China ist für Deutschland inzwischen der größte Importeur, nicht zuletzt auch vieler vorindustrieller Produkte. 2020 summierten sich die gesamten Einfuhren aus der Volksrepublik auf 116,3 Milliarden Euro. flee
Gut ein Jahr vor seinem Inkrafttreten beschäftigt das geplante Lieferkettengesetz bereits deutsche Unternehmen in China. Gut ein Drittel (31 Prozent) der befragten Firmen in der Volksrepublik bereitet sich einer Umfrage der Außenhandelskammer (AHK) zufolge schon jetzt auf die Umsetzung des Gesetzes zum Schutz der Menschenrechte in globalen Lieferketten vor. 35 Prozent der befragten Unternehmen haben nach eigenen Angaben noch keine Schritte zur Umsetzung eingeleitet, wie die AHK China.Table mitteilte. Weitere 34 Prozent machten dazu keine Angaben.
Die Unternehmen überprüften laut AHK in Peking verstärkt das Risiko in Bezug auf ihre Lieferketten, Produkte, Dienstleistungen und alle Bereiche, die von diesen Gesetzen betroffen sein könnten. “Das umfasst zum Beispiel Lieferantenmanagement und Risikobewertungen“, teilte die AHK mit. Während größere Unternehmen schön länger entsprechende Systeme eingerichtet hätten, müssten kleinere Unternehmen erst einmal die internen Zuständigkeiten und Kapazitäten klären, um die zusätzlichen Anforderungen zu erfüllen.
Laut der AHK-Zahlen befassen sich Unternehmen in China bereits mehr mit dem geplanten Gesetz als Firmen weltweit. So gab in der globalen Befragung nur ein Viertel der Unternehmen an, sich auf die Umsetzung vorzubereiten. Ein Drittel tue das noch nicht und 42 Prozent machten demnach zu dieser Frage keine Angabe. Das deutsche Lieferkettengesetz tritt im Januar 2023 in Kraft.
Die Fragen zu den Veränderungen in den Lieferketten wurden in dem vergangene Woche veröffentlichten “AHK World Business Outlook” noch nicht thematisiert, ebenso wie das Thema Nachhaltigkeit (China.Table berichtete). Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) in China kündigte dazu noch weitere Informationen in den kommenden Wochen an. Der DIHK hatte im Juni einen Muster-Verhaltenskodex zur Nachhaltigkeit in Lieferketten veröffentlicht. ari
Was in der alten Bundesrepublik lange Zeit der Käfer war, ist in China der Santana. Viele Jahre lang hat die Mittelklasse-Limousine die chinesischen Straßen geprägt und war der Inbegriff auch der aufstrebenden Mittelschicht des Landes. Nach über drei Jahrzehnten stellt Volkswagen die Produktion des Santana in China nun ein. “Die Kundenpräferenzen verlagern sich allmählich weg von ICE-Modellen (Verbrennungsmotor) mit Stufenheck hin zu BEV-Modellen (batterieelektrische Fahrzeuge) und SUVs”, teilte VW laut Reuters mit. Daher wird das Joint-Venture-Unternehmen von Volkswagen AG und SAIC auch die Produktion des Skoda Rapid und des Tharu Sport in seinem Werk in der Stadt Yizheng beenden. An dem Standort sollen ab 2023 dann der T-Roc und eine überarbeite Geländewagen-Version des Tharu vom Band rollen. flee
Lieferkettenprobleme, Lockdowns und ein Boykottaufruf in China haben dazu geführt, dass der Gewinn von Adidas im dritten Quartal eingebrochen ist. Vorstandschef Kasper Rorsted bekräftigte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters zwar die erst zum Halbjahr angehobene Prognose, rechnet aber mit einem Gewinn- und Umsatzwachstum am unteren Ende der Zielspanne. Der Gewinn aus fortgeführten Geschäften sowie die operative Marge sollen im unteren Bereich des avisierten Korridors von 1,4 bis 1,5 Milliarden Euro beziehungsweise 9,5 bis 10 Prozent liegen. Der Umsatz werde um 17 bis 18 Prozent zulegen. Bislang hatte das Unternehmen ein Plus von bis zu 20 Prozent prognostiziert.
Sorge bereitet dem zweitgrößten Sportartikelhersteller nach Nike nicht zuletzt auch China. Die Volksrepublik, jahrelang ein verlässlicher Wachstumsmarkt, brachen die Erlöse um 15 Prozent ein. Dort wurde über soziale Medien zu einem Boykott westlicher Marken aufgerufen (China.Table berichtete), weil die USA und die Europäische Union (EU) Sanktionen gegen China wegen des Umgangs mit der Minderheit der Uiguren beschlossen hatten. Adidas-Finanzchef Harm Ohlmeyer zeigte sich aber zuversichtlich, dass die Geschäfte in China bald wieder ansprängen. “Die Region bleibt langfristig ein Wachstumsmarkt für uns.” flee
Minxin Pei gehört zu den bekanntesten chinesischen Intellektuellen der Welt. Allerdings ist er alles andere als ein Sprachrohr der Volksrepublik. Ganz im Gegenteil: Von seinem Arbeitszimmer in Claremont im Speckgürtel von Los Angeles kommentiert Pei seit über zwei Jahrzehnten das Geschehen in seinem Heimatland und äußert teils harsche Kritik an den Machthabern. “Politisch ist die Herrschaft der Angst zurück und das nicht nur für die einfache Bevölkerung, sondern auch für die Eliten der KPCh”, meint Pei.
Der heute 63-Jährige kam in den Achtzigerjahren – nach seinem Bachelorstudium in Shanghai – in die USA, wo er erst in Pittsburgh und später an der Harvard University seine akademische Ausbildung fortsetzte. Seit dem Abschluss seiner politikwissenschaftlichen Doktorarbeit ist Pei als Autor und Dozent tätig – seit 2009 fungiert er als “Tom and Margot Pritzker Professor of Government” am Claremont McKenna College. Ein spezielles Augenmerk legt er dabei auf den Themenkomplex “Leadership” in der Volksrepublik.
Kurzum: Er betrachtet die Führungsriege um Xi Jinping als großen Hemmschuh für Chinas Vorankommen. “Ironischerweise ist die regierende KPCh das größte Hindernis für China im Wettrennen mit Amerika. Die existenzielle Angst der Partei, die eigene Macht zu verlieren, wird sie dazu veranlassen, die Wirtschaft fest im Griff zu behalten, wodurch sie weniger effizient agieren kann”, urteilt Pei. Die willkürliche Ausübung der Macht, wie sie etwa beim zuletzt scharfen Vorgehen gegen die Tech-Unternehmen Didi und Alibaba wieder zu Tage trat, werde Innovation und Wachstum im Tech-Sektor bei weitem mehr abwürgen als Sanktionen der USA. “Die Führung wird angesichts von Chinas Weg hin zu einer noch personalisierteren Herrschaftsform weniger Korrekturen von fragwürdigen Entscheidungen vornehmen”, sagt der Politikwissenschaftler.
Der Kult um seine Person werde von Xi immerzu gefördert. Die Titelseiten des Parteiorgans Renmin Ribao etwa seien mit Berichten über die persönlichen Aktivitäten des Staatspräsidenten gefüllt. Pei erinnert sich daran, dass sich vor der Machtübernahme von Xi viele Offizielle in Peking mit dem “Modell Singapur” eingehender beschäftigten. Der Stadtstaat wird immerhin seit 1959 von der nationalkonservativen People’s Action Party (PAP) regiert.
Aber als Beamte in Singapur die genauen Gründe für den Machterhalt der PAP untersuchten, sei ihnen deutlich geworden, dass derlei Reformen ein Abschwächen des politischen Monopols der KPCh zur Folge hätten. “Das ist vielleicht der Grund, warum das Singapur-Model seine Attraktivität in der Ära unter Xi verloren hat, während das nordkoreanische Modell, also die totalitäre politische Unterdrückung, der Personenkult um den obersten Führer und wirtschaftliche Eigenständigkeit, immer attraktiver geworden ist”, so Minxin Pei.
Er ist seit 2018 Chefredakteur des “China Leadership Monitor” und wird sich in dieser Funktion auch künftig mit Xi Jinping und den anderen Entscheidern in Peking befassen. Denn obwohl er prognostiziert, dass eben diese Führung dem Wachstum Chinas im Weg steht, glaubt er nicht an deren Untergang. “Selbst wenn China nicht zum mächtigsten Land der Welt wird, die Kommunistische Partei wird trotzdem ein Gewinner sein. Anders als der verstorbene sowjetische Cousin behält die KPCh die feste Kontrolle über eine Supermacht, welche die Amerikaner nicht bezwingen werden”, so sein Verdikt. Constantin Eckner
Alexander Garbar wird neuer Leiter für Unternehmensentwicklung am Duisburger Hafen. Zum 1. Januar 2022 tritt Garbar die Nachfolge von Sascha Treppte an, der das Unternehmen auf eigenen Wunsch verlässt. Garbar ist seit fünf Jahren in der Unternehmensentwicklung tätig, zuletzt als Stellvertreter von Treppte. Als Logistikdrehscheibe in Europa ist der Duisburger Hafen ein wichtiger Bestandteil der chinesischen Belt and Road Initiative.
Der derzeitige Aufsichtsratsvorsitzende Johnny Chen von Clarks hat die Rolle des CEO des Schuhhändler übergangsweise übernommen. Der bisherige CEO Victor Herrero soll sich umfassenderen Aufgaben innerhalb der LionRock- und Viva-China-Gruppe zuwenden, die mehrheitlich die Anteile von Clarks halten. Chen ist seit Februar dieses Jahres Mitglied des Verwaltungsrats von Clarks. Darüber hinaus sitzt er auch im Aufsichtsrat der Alibaba Pictures Group und der staatlichen Tourismus und Reisebehörde China Travel Service.
So wie auf dem Bild in Shenzhen haben sich am Wochenende landesweit Zehntausende Videospiel-Fans auf zentralen Plätzen versammelt. Sie wollten den Sieg des chinesischen Teams bei der Weltmeisterschaft im Online-Strategiespiel “League of Legends” feiern. In Wuhan war den Sicherheitskräften aber nicht zum Feiern zumute. Sie nahmen drei der Organisatoren fest.
Einige “verrückte” Videospiel-Fans seien bei der nächtlichen Party “ein bisschen zu weit gegangen”, moniert die Global Times. Dabei hatte die Staatszeitung in einem anderen Artikel den Sieg selbst noch bejubelt. Den drei Fans droht nun bis zu zehn Tage Haft und eine Geldstrafe von mindestens 500 Yuan (gut 67 Euro).