Table.Briefing: China

Grüner Wasserstoff + Schwammstädte + Grüne Aktien

  • Grauer Wasserstoff soll grüner werden
  • Problematische Schwammstädte
  • Grüne Aktien nehmen an Fahrt auf
  • Keine Onlinespiele mehr unter der Woche für Minderjährige
  • Keine Prüfungen mehr für Kinder unter acht Jahren
  • Forsa: Mehrheit für härteren Kurs gegenüber China
  • Wang Yi: USA schuld an Terror-Rückkehr
  • Tools: Was bedeutet das Grunderwerbsteuer-Gesetz für Unternehmen?
  • Personalien: Poggenpohls neuer Chef ist Asienexperte
Liebe Leserin, lieber Leser,

in unser heutigen Ausgabe widmen wir uns vor allem der Nachhaltigkeit: dem Hoffnungsträger Wasserstoff, den chinesischen Schwammstädten und “grünen” Aktien.

Wasserstoff gilt derzeit als der große Hoffnungsträger für die Energiewende – auch in China. Schon jetzt produziert kein anderes Land der Welt so viel Wasserstoff wie die Volksrepublik. Doch: Hierbei handelt es sich vor allem um “grauen” Wasserstoff. Das soll nun ausgerechnet eine Kohleregion im Norden des Landes ändern. Mit Sonne, Wind und viel Geld will Peking aus der Inneren Mongolei ein Zentrum für “grünen” Wasserstoff machen. Frank Sieren zeigt, welche Probleme China auf diesem Weg noch bewältigen muss. Denn innovativ sind in diesem Bereich bislang vor allem europäische Firmen.

Xi Jinping war erst kurz im Amt, da verordnete Chinas Staats- und Parteichef seinem Land das Konzept der Schwammstädte. Grund für das Kommando von oberste Stelle: Immer häufiger wird die Volksrepublik von großflächigen Überschwemmungen heimgesucht. Doch bislang bringen die “Haimian Chengshi” keine große Abhilfe. Ning Wang zeigt in ihrer Analyse, wie vielfältig die Probleme von Chinas Schwammstädten sind und wie einzelne Provinzregierungen die Klimavorgaben der Zentrale missbrauchen.

Wenn derzeit über Chinas Aktienmärkte berichtet wird, greifen Kommentatoren gerne zu martialischen Vokabular. Oftmals ist vom Blutbad chinesischer Internet-Konzerne die Rede. Unser Autorenteam in Peking zeigt, dass diese Sichtweise nur die halbe Wahrheit ist, denn es gibt durchaus auch Gewinner: “grüne” Aktien. Die Hersteller von Solarzellen, Windturbinen und Elektroautos profitieren derzeit von den ambitionierten Klima-Plänen der chinesischen Führung. Es sind Aktien, die auch in ihrem Portfolio nicht fehlen sollten.

Viele neue Erkenntnisse bei der Lektüre wünscht

Ihr
Michael Radunski
Bild von Michael  Radunski

Analyse

Grüner Wasserstoff aus der Inneren Mongolei

China hat ein Energieprojekt in der inneren Mongolei genehmigt: Hier soll grüner Wasserstoff hergestellt werden. Dort soll das Gas in Zukunft nachhaltig mithilfe von Wind- und Sonnenenergie erzeugt werden. 

Die Anlagen in der Nähe der Städte Ordos und Baotou sollen aus 1,85 Gigawatt Solarenergie und 370 Megawatt Windenergie jährlich 66.900 Tonnen grünen Wasserstoff produzieren, teilt die chinesische Hydrogen Energy Industry Promotion Association mit. Die Region, in der bislang ein Großteil der chinesischen Kohle abgebaut wird, kommt auf etwa 3.100 Sonnenstunden pro Jahr, die für die Solarenergieerzeugung genutzt werden können. Zudem liegt sie der Route sibirischer Kontinentalwinde. Windrädern erbringen hier zusätzlich eine erhebliche Leistung.

Schon Mitte 2023 sollen die Anlagen betriebsbereit sein. Es ist die bisher größte Anlage in der Volksrepublik und eine der größten der Welt. Die genauen Kosten sind noch nicht bekannt. Klar ist jedoch, dass es sich um die bislang größte staatliche Wasserstoffunternehmung Chinas handelt.

Das Mega-Projekt in der Inneren Mongolei könnte, so schätzt Bloomberg, genügend Wasserstoff produzieren, um etwa 680 Millionen Liter Benzin pro Jahr zu ersetzen, wenn es für Brennstoffzellenfahrzeuge verwendet würde – und diese Brennstoffzellenfahrzeuge will China vor allem im Schwerlastverkehr einsetzen. Wasserstoff-Fahrzeuge werden 2050 bereits ein Drittel der Lastwagen ausmachen, schätzt die Analystin Elaine Wu von der US-Investmentbank JP Morgan. Derzeit seien es erst fünf Prozent.

China günstig, Europa innovativ

Allerdings birgt das Mega-Projekt auch ein Problem: Allein der Bau dieser einen Mega-Anlage könnte zu einer ernsthaften Verknappung der weltweit verfügbaren Elektrolyseure führen. Im Protonen-Austausch-Membran-Elektrolyseur wird in einer chemischen Reaktion der Elektrolyse destilliertes Wasser mithilfe von Strom in Sauerstoff und Wasserstoff gespalten. Die geplante Anlage wird Elektrolyseure mit einer Kapazität von 465 Megawatt benötigen. Allerdings betrug im vergangenen Jahr die weltweite Produktion nur 200 Megawatt.

Eine der führenden Unternehmen auf diesem Gebiet ist die deutsche Linde AG. Sie baut derzeit den größten PEM (Proton Exchange Membrane) Elektrolyseur der Welt in Leuna mit 24 Megawatt. Die bisher größte Anlage mit 20 Megawatt steht in Bécancour, im kanadischen Quebec. Sie wurde von dem französischen Unternehmen Air Liquide hergestellt. Der größte Hersteller weltweit ist das norwegische Unternehmen NEL.

China und Europa befinden sich in diesem Bereich derzeit in einem Wettbewerb: Während China die billigsten Elektrolyseure der Welt herstellt, ist Europa führend bei innovativen Technologien, die besser geeignet sind, grünen Wasserstoff zu erzeugen. Nach Schätzungen der Nachrichtenagentur Bloomberg können chinesische Hersteller inzwischen alkalische Elektrolyseure für 200 US-Dollar pro Kilowatt verkaufen – 80 Prozent billiger als europäische Maschinen desselben Typs. Die eigenen sich aber nicht für Strom aus erneuerbaren Energien, weil sie nicht so gut mit unterschiedlichen Stromlasten arbeiten. 

Chance für die Energiewende

Wasserstoff gilt derzeit als der große Hoffnungsträger für die Energiewende – auch in China, dessen Regierung sich vorgenommen hat, das Land bis 2060 klimaneutral zu machen. Peking erwartet, dass Wasserstoff bis 2050 einen Anteil von zehn Prozent an der Energieversorgung haben wird. Wasserstoff, der immer chemisch gebunden ist und nicht in Reinform vorkommt, lässt sich durch Elektrolyse aus Wasser erzeugen und wie Erdgas in Tanks speichern. Beim Verbrennen entstehen als Rückstand Wasser und Energie, jedoch keine direkten CO2-Emissionen.

Schon heute ist China führend bei der Wasserstoffproduktion. Die Chinesen stellen rund 40 Prozent des weltweiten Wasserstoffes her. Ende August hat allein Great Wall Motors eine Flotte von 100 Wasserstofflastwagen für das Bauprojekt Xiong’an New Area Construction in der Provinz Hebei geliefert. Nach Herstellerangaben sind sie inzwischen knapp 30 Prozent billiger als herkömmliche Dieselfahrzeuge. Allein die Stadt Peking will bis 2025 rund 10.000 Wasserstofffahrzeuge auf der Straße haben, die von 74 Füllstationen versorgt werden.

Ende 2020 gab es in China rund 7.300 Fahrzeuge mit Wasserstoff-Brennstoffzellen, die meisten davon Nutzfahrzeuge. Doch das Ministry of Industry and Information Technology (MIIT) hat große Pläne: Bis 2025 sollen es chinaweit zwischen 50.000 und 100.000 Fahrzeuge sein, im Jahr 2030 dann schon eine Million – und mindestens 1000 Füllstationen. Bis zum Jahr 2050 soll das Gas dann mit einem jährlichen Produktionswert von über zwölf Billionen Yuan das Rückgrat der chinesischen Energiewirtschaft bilden.

Grüner Wasserstoff bleibt rar

Das größte Problem bis dahin: Wasserstoff ist nur dann wirklich sinnvoll, wenn er grün ist, also aus Sonnen-, Wasser- oder Windenergie hergestellt wird. Doch bisher wird der meiste Wasserstoff noch “grau” hergestellt, also aus Gas. 67 Prozent der 25 Millionen metrischen Tonnen Wasserstoff, die pro Jahr in China hergestellt werden, entstehen auf Basis von fossiler Energie, erst drei Prozent aus erneuerbaren Energien. Chinas Wasserstoffproduktion basiert bislang jedoch vor allem auf Methan-Umwandlung aus Kohle, die im Land reich verfügbar ist. “Grüner Wasserstoff” der mithilfe von erneuerbaren Energiequellen wie Wasser, Wind und Sonnenenergie gewonnen wird, ist bislang noch sehr teuer und mit hohem Energieaufwand verbunden. Auch die Lagerung und der Transport des hochentzündlichen Stoffs stellt die Entwickler vor Herausforderungen.  

Bislang hat die chinesische Regierung öffentliche Mittel in Höhe von 20 Milliarden Dollar für Wasserstoffprojekte zur Verfügung gestellt. Während in China dreiundfünfzig Großprojekte angekündigt wurden, die erneuerbare Energien mit Wasserstoff kombinieren, sind die meisten vor allem für die Stromerzeugung geplant. Die oftmals nur geringfügige Wasserstoffkomponente dient bisweilen nur als Zugeständnis, um eine staatliche Genehmigung zum Bau zu erhalten, erklärt ein Experte gegenüber Bloomberg

Die bisher größten chinesischen Projekte mit grünem Wasserstoff stammen von staatlichen Industriegiganten wie Sinopec oder der Ningxia Baofeng Energy Group, die in diesem Jahr ein 150-Megawatt-Solar-Elektrolyseur-Array fertigstellen wird. Die China Baowu Steel Group hat Pläne für 1,5-Gigawatt-Elektrolyseure mit erneuerbaren Energien angekündigt, jedoch ohne einen Zeitplan anzugeben.

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Die Probleme um Chinas Schwammstädte

Xi Jinping war noch nicht lange im Amt, da sprach er bereits von sogenannten Schwammstädten. Es war 2013, und der Staats- und Parteichef wollte etwas gegen die zunehmenden Überschwemmungen in China tun. Denn Hochwasser und ihre Folgen sind ein gravierendes Problem für die politische Führung und bedrohen immer mehr die wirtschaftliche und soziale Stabilität des Landes.

Und dieses Risiko wird immer größer: Allein im vergangenen Jahr kam es in der Volksrepublik zu 21 großflächigen Überschwemmungen, so viel wie seit zwei Jahrzehnten nicht mehr. Mehr als 30 Flüsse erreichten bisher nicht gesehene Höchststände.

Doch dass die Zahl der Überschwemmungen in den vergangenen Jahren immer weiter zugenommen hat, liegt nicht nur am weltweiten Klimawandel. Ein wesentlicher Grund ist Chinas rasante Urbanisierung. Allein zwischen 1990 und 2015 hat sich der Anteil der Stadtbewohner mehr als verdoppelt – von rund 26 Prozent auf über 56 Prozent. Und Peking möchte diese Entwicklung weiter ausbauen und plant, dass die Urbanisierung im Land bis 2035 bei 70 Prozent liegen soll. Damit will die Regierung die Produktion im eigenen Land beschleunigen und den Binnenkonsum stärken. Es ist eine der zentralen Transformationen, die die politische Führung erreichen will, um unabhängiger von Importen zu werden und gleichzeitig den Wachstumsmotor des Landes am Laufen zu halten.

Schwammstadt ist Neuland

Beides – Urbanisierung und Schutz vor Überschwemmungen – soll mit dem Konzept der Schwammstädte gelingen. Doch als Xi Jinping 2013 das Konzept jener “Haimian Chengshi” vorstellte, hörten die meisten Beamten den Begriff zum ersten Mal – und wussten denn auch nicht so recht, wie man dieses Konzept in der Praxis umsetzen sollte.

So begann China 2014 westliche Pläne von Schwammstädten zu übernehmen und anzuwenden. Im März 2015 startete dann das Ministerium für Wohnungsbau- und Stadt-Land-Entwicklung einen nationalen Pilotversuch: 100 Städte verschiedener Provinzen sollten Konzepte entwickeln, wie große Mengen Wasser aufgenommen, recycelt und gespeichert werden können. Seither haben 30 Städte Feuchtgebiete angelegt oder wiederhergestellt, Stadtgebiete wurden begrünt durch Bäume und Pflanzen – inklusive begrünter Dächer –  und allerorts wasserdurchlässige Straßen und Gehwege gebaut (China.Table berichtete).

Offizielles Ziel ist es, dass Schwammstädte im Jahr 2030 bis zu 70 Prozent der Wassermengen aufnehmen und im Untergrund speichern können, um bei Dürre oder Trockenheit diese Wasserressourcen in die nahe gelegenen Flüsse oder Seen abzugeben. Positiver Nebeneffekt: Die Entwässerung würde nicht nur durch die Kanalisation erfolgen, die mancherorts schon sehr veraltet und überlastet ist.

Zhengzhou galt als Schwammstadt-Vorbild

Doch wie weit die bisherigen Vorkehrungen davon entfernt sind, effiziente Schwammstädte zu erzeugen, zeigten zuletzt die schweren Überschwemmungen in der zentralchinesischen Stadt Zhengzhou (China.Table berichtete). Obwohl die Elf-Millionen-Metropole als vorbildliche Schwammstadt gepriesen wurde, fielen den Überschwemmungen Ende Juli offiziellen Angaben zufolge mehr als 300 Menschen zum Opfer.

In den sozialen Medien stellten Nutzer die Frage, warum die Stadt überflutet wurde, obwohl massiv in die Hochwasserschutzinfrastruktur investiert wurde – auch unter Berücksichtigung, dass Zhengzhou 2014 zu einer der ersten Städte gehört, die zur Schwammstadt ausgebaut wurde.

“Die Überschwemmungen in Zhengzhou sind wie eine Ohrfeige für das Projekt Schwammstadt und zeigen, dass der Mensch möglicherweise nicht in der Lage ist, über den Himmel zu triumphieren”, schrieb ein Weibo-Nutzer.

Der ehemalige Journalist He Guangwei sagte, der Kurznachrichtendienst Weibo habe sein Konto vorübergehend deaktiviert, nachdem er eine Reihe von Beiträgen veröffentlicht hatte, in denen die Reaktion der Regierung auf die Überschwemmungen infrage gestellt wurde. Vor allem das Projekt “Schwammstadt Zhengzhou” und dessen Kosten wurde kritisch hinterfragt, schrieb die Zeitung Wall Street Journal. Die chinesische Zeitung Zhengzhou Daily berichtete zuletzt, dass Zhengzhou bis vergangenes Jahr 53,48 Milliarden Yuan (8,26 Milliarden US-Dollar) in Projekte wie die Verstärkung der Flussufer und den Bau wasserdurchlässiger Straßen investiert habe – und zeigte damit, wie kostenintensiv Schwammstädte sein können.

Fehlende Koordinierung

Das Hochwasser in Zhengzhou zeigt aber auch die wesentlichen Probleme, die das hochgesteckte Ziel, landesweit Schwammstädte entstehen zu lassen, mit sich bringt. Landschafts- und Städteplaner sind gefangen in den bürokratischen Zwängen, eben weil die Regierung gezielt gegen Überschwemmungen vorgehen will und Parolen vorgibt wie “China grüner werden zu lassen” und “widerstandsfähiger gegen den Klimawandel” zu machen.

Aber es fehlt an koordinierten Aktionen. So veröffentlichte die Nachrichtenagentur Xinhua Ende Juli ein Dokument, wonach die Behörden im April abermals dazu aufgerufen hatten, den Bau von Schwammstädten zu fördern und den städtischen Hochwasserschutz zu verbessern. Vor allem wurden “bessere Mechanismen für die politische Koordinierung zwischen den Provinzen” bei den Projekten gefordert.

Darüber hinaus gelten nicht überall die gleichen Standards für Schwammstädte. Mal ist die nötige Infrastruktur für Schwammstädte gar nicht vorhanden, ein anderes Mal ist die vorhandene Infrastruktur nicht anwendbar für den Ausbau zu einer Schwammstadt. Bisher haben die Verantwortlichen in den Provinzen in ihrem Kampf gegen Überschwemmungen meist den Fokus darauf gelegt, in Dämme, Deiche oder Entwässerungssysteme zu investieren. Doch das erweist sich immer öfter als unzureichend.

Vorwand für schnellere Baugenehmigungen

Das größte Problem stellt aber nach wie vor die Finanzierung dar. Wie zu Beginn der Schwammstädte-Kampagne vor nunmehr sechs Jahren kommt das Geld für den Ausbau der Städte zu Schwammstädte vor allem von der Regierung. Zu Beginn stellte Peking ein Budget von 20 Milliarden (umgerechnet zwei Milliarden Euro) bereit, um die Summe auf 16 Städte zu verteilen, die sich damals für den Ausbau zur Schwammstadt qualifiziert hatten. Der Staatsrat ermutigte lokale Banken, zusätzlich benötigtes Geld durch Ausgaben von Anleihen und über private Investoren zu besorgen. Bisher wurden mehr als 12 Milliarden US-Dollar für Schwammstadtprojekte ausgegeben (Stand 2019). Etwa 15-20 Prozent der Kosten wurden von der Zentralregierung getragen, während die Lokalregierungen und der Privatsektor den Rest aufbringen mussten.

Um das Schwammstadtprogramm besser zu fördern, setzen Chinas Behörden vermehrt auf öffentlich-private Partnerschaften, ein kollaboratives Investitionsmodell zwischen Regierung und Privatunternehmen. Doch das Vertrauen der Investoren und Privatunternehmen in die Schwammstadtprojekte ist gering. Ihrer Ansicht nach benötige der Ausbau von Schwammstädten zu lange, und auch die Erfolge seien nicht sonderlich überzeugend. So haben die Unternehmen und Lokalregierungen Schwammstädte oft als Vorwand genutzt, um an staatliche Baugenehmigungen zu kommen, wie eine Recherche von Bloomberg Green zeigt. Dabei sind Projekte entstanden, die auf Wäldern und Feuchtgebieten gebaut wurden, die sonst Hochwasser hätten aufnehmen können. Und nach Fertigstellung der Bauprojekte fehlten die finanziellen Anreize, in die Kosten für Instandhaltungen zu investieren.

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Grüne Aktien sind der Gewinner des Jahres

Für chinesische Technologie-Konzerne läuft es an den Märkten nicht rund. Damit verschiebt sich die Aufmerksamkeit von den stark schwankenden Werten hin zu verlässlicheren Geldanlagen. Hier geraten derzeit vor allem grüne Aktien in den Fokus der Investoren.

Pekings anhaltender Crackdown gegen den Technik-Sektor hat in den vergangenen Monaten die Aktien von Firmen wie Tencent, Alibaba und Meituan abstürzen lassen (China.Table berichtete). Zwar gab es in der vergangenen Woche eine kleine Rallye, in der beispielsweise Alibaba um 13 Prozent zulegte. Doch im Vergleich zum vergangenen Herbst bleiben die Bewertungen weiterhin niedrig. Der Wert der Alibaba-Papiere hat sich im Vergleich zum vergangenen Herbst fast halbiert, Tencent hat sei Februar ähnlich viel eingebüßt. An den Kurstafeln lässt sich recht genau erkennen, wann die Firmen in den Fokus der Behörden gerückt sind. Für die Zukunft sind zudem weitere Hiobsbotschaften für Chinas Internet-Werte zu erwarten.

Grüne Aktien eindeutige Gewinner an der Börse

Doch es gibt in diesen Tagen nicht nur Verlierer an Chinas Börsen. Während vor allem der Internet-Sektor Hunderte Milliarden Dollar an Marktkapitalisierung einbüßte, haben Unternehmen, die mit der grünen Energiewende in China ihr Geld verdienen, zuletzt eine bemerkenswerte Rally hingelegt.

Der CSI New Energy, ein Aktienindex, der große chinesische Firmen in dem Bereich zusammenfasst, legte allein in den vergangenen drei Monaten um 55 Prozent zu. Wer bereits vor etwa einem Jahr investierte, konnte sein Geld sogar verdoppeln. Die Kurstendenz der grünen Aktien lief also den Technik-Werten direkt entgegen. In einem ausgewogenen China-Portfolio hätten die beiden Trends sich fast ausgeglichen.

Das Beispiel verdeutlicht, dass sich die derzeitigen Eingriffe der chinesischen Regierung nicht pauschal gegen den Aktienmarkt und privatwirtschaftliche Aktivitäten richten. Während Internet-Firmen die nicht abreißenden Nachrichten über strengere Regeln zu schaffen machen, profitieren Hersteller von Solarzellen, Windturbinen und Elektroautos von den ambitionierten Klima-Plänen der Führung. 

Ambitionierte Klima-Pläne

Chinas Präsident Xi Jinping hatte im vergangenen Jahr zugesagt, dass China vor 2060 kohlendioxidneutral sein will. Das bedeutet, dass kein Kohlendioxid ausgestoßen wird oder die CO2-Emissionen des Landes vollständig kompensiert werden. Der Ausstoß soll vor 2030 seinen Höhepunkt erreichen. Klimapolitik ist auch ein wichtiger Bestandteil des aktuellen 14. Fünfjahresplans der Regierung. 

Experten zufolge machen solche Regierungspläne die Geldanlage in diesem Bereich vergleichsweise berechenbar. “Die politischen Risiken für die Branche sind gering”, sagte der Hongkonger Analyst Stanley Chan kürzlich der South China Morning Post. Auch sein Kollege Kai-Kong Chay gab an, den Sektor “positiv” zu sehen. Von einer “langfristigen Wachstumsgeschichte” spricht James Thom von der Investment-Gesellschaft Aberdeen Standard gegenüber Bloomberg.

Erhebliches Interesse zeigten Anleger in den vergangenen Monaten etwa an der China Longyuan Power Group, dem größten chinesischen Betreiber von Windfarmen. Auch der weltgrößte Batteriehersteller CATL und der chinesische Solarproduzent Longi erreichten erst kürzlich neue Höchststände an der Börse, nachdem sie im abgelaufenen Quartal jeweils um mehr als 40 Prozent zulegen konnten (China.Table berichtete).

Weiterhin positiv werden auch die Aussichten für chinesische Hersteller von E-Autos gesehen. In Erwartung steigender Kurse erhöhte die US-Investmentgesellschaft Fidelity zuletzt seinen Anteil an Xpeng Motors, Goldman Sachs kaufte derweil weitere Anteile des Konkurrenten Nio. 

Comeback für Alibaba und Tencent?

Zwar waren grüne Aktien in den vergangenen Monaten klar in der Gunst der Anleger. Doch mehrten sich zuletzt auch Stimmen, dass bei den unter Druck geratenen Tech- und Internetaktien das Schlimmste überstanden sein könnte. Auch Chinas Staatsmedien zeigten sich zuletzt wieder versöhnlicher gegenüber dem Sektor. 

So zitierte die Global Times vergangene Woche den chinesischen Finanzexperten Dong Shaopeng von der Pekinger Volksuniversität mit der Aussage, dass es sich bei den jüngsten “administrativen Maßnahmen” nur um “Patches” gehandelt habe, um “eine unausgewogene Entwicklung auszugleichen”. Der Bedarf des Landes an Internetdiensten werde anhalten. Das Wachstumspotenzial einheimischer Internetunternehmen wie Alibaba und Tencent sei immer noch “vielversprechend”. Das mag zu der aktuellen Erholung beigetragen haben.

Für langfristig orientierte Anleger bleiben jedoch grüne Aktien nach Ansicht von Analysten die sicherere Bank. Sie erlauben zwar keine so extremen Wertsteigerungen wie die innovationsgetriebenen Internet-Papiere. Doch es fiel auf, dass der E-Autohersteller BYD und der Solarzellenanbieter Xinyi Solar während des Ausverkaufs zu den besten Werten gehörten. Als Beimischung in einem ausgewogenen China-Portfolio sind sie unverzichtbar, um die heftigen Schwankungen der Technikwerte auszugleichen. Gregor Koppenburg/Joern Petring

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News

Keine Onlinespiele mehr unter der Woche für Minderjährige

Für die Hunderte Millionen junger Spieler in China gilt seit Montag: keine Videospiele mehr während der Schulwoche. Selbst für Freitage, Wochenenden und Feiertage haben die Behörden die Zeit, die Minderjährige online mit Spielen verbringen dürfen, auf je eine Stunde eingeschränkt. Peking hat am Montag laut Staatsmedien diese neuen Vorschriften erlassen, um die Videospielsucht bei den Jugendlichen einzudämmen. Sie wird als Ursache für gesellschaftliche Missstände gesehen und lenke die jungen Menschen zu sehr von ihren Schul- und Familienpflichten ab. Künftig dürfen Onlinespiele daher freitags, samstags, sonntags und an Feiertagen jeweils nur noch von 20 bis 21 Uhr genutzt werden. Bislang durften Minderjährige täglich 1,5 Stunden spielen sowie drei Stunden an Ferientagen.

Von den Videospiel-Unternehmen forderten die Behörden eine strengere Überprüfung, damit die neuen Regeln eingehalten werden. Auf Details wurde nicht eingegangen. Der Videospieleanbieter Tencent hat schon vor einiger Zeit aufgrund von früheren Richtlinien zum Beispiel auf Gesichtserkennung zurückgegriffen, um die Spielzeit von minderjährigen Spieler zu beschränken (China.Table berichtete).

Die Maßnahme kommt einen Monat nachdem Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping den Druck auf die Behörden erhöhte hatte, indem er vor den Gefahren von Spielsucht bei Jugendlichen warnte.

Bereits 2018 hatten die Behörden für nahezu neun Monate die Ausgabe von Videospiellizenzen eingestellt, was Tencent damals laut der Zeitung Wall Street Journal mehr als eine Milliarde US-Dollar an Umsatzeinbußen kostete. Peking greift derzeit im Technologiesektor hart durch, nachdem dieser Bereich jahrelang unkontrolliert immer einflussreicher geworden ist (China.Table berichtete). niw

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Keine Prüfungen mehr für Kinder unter acht Jahren

Das Bildungsministerium in Peking hat schriftliche Prüfungen für Sechs- und Siebenjährige Kinder verboten. In den neuen Richtlinien heißt es zur Begründung, dass damit der Druck von Schulkindern genommen werden soll, da dieser der geistigen und körperlichen Gesundheit der jungen Schulkinder schade. Bisher war es in den Grundschulen üblich, dass bereits Erstklässler zum Halbjahr Zwischenprüfungen bestehen mussten und auch sonst im Schuljahr regelmäßig schriftlichen Tests unterzogen worden sind.

Den neuen Vorschriften zufolge dürfen auch ältere Schüler nur noch ein Mal im Jahr geprüft werden. Ausgenommen davon sind weiterhin Zwischenprüfungen und Examen in den Oberstufen.

Ob dieser Schritt, der zur umfassenden Bildungsreform der chinesischen Regierung gehört, in der Praxis auch umgesetzt wird, bleibt ungewiss. Gerade Eltern aus Chinas Mittelklasse stehen den Reformen des Bildungsministeriums besonders kritisch entgegen. Sie sehen in den Schulleistungen und guten Noten ihrer Kinder meist die einzige Möglichkeit für den Zugang zu guten Schulen und Universitäten. Für den damit verbundenen sozialen Aufstieg in der Gesellschaft sind sie bereit, einen Großteil ihrer Einkünfte in Nachhilfekurse und Zusatzklassen zu investieren.

Ende Juli erst hatte Peking dem milliardenschweren Nachhilfemarkt im Land untersagt, künftig auf Profit ausgerichtet zu sein. Vielmehr sollten sie als Non-Profit-Anbieter tätig sein. In den sozialen Netzwerken wird seither befürchtet, dass ein Schwarzmarkt um Privatunterricht entstehen wird (China.Table berichtete), der die Bildungsungleichheit im Land zusätzlich verstärken werde. niw

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Forsa: Mehrheit für härteren Kurs gegenüber China

Die Mehrheit der Deutschen will eine härtere Gangart gegenüber China. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa. Der von der Zeitschrift “Internationale Politik” in Auftrag gegebenen Umfrage zufolge sagten 58 Prozent der Befragten, dass die Bundesregierung auch dann eine härtere Haltung einnehmen und die eigenen Interessen offensiver vertreten sollte, wenn dies die Wirtschaftsbeziehungen mit China beeinträchtigen würde. 17 Prozent unterstützen einen härteren Kurs nur, wenn die Wirtschaftsbeziehungen nicht darunter leiden. 19 Prozent sind grundsätzlich gegen eine härtere Gangart.

Noch im vergangenen Jahr war das China-Bild in Deutschland laut einer Umfrage von Kantar Public im Auftrag der Körber-Stiftung ein ganz anderes: 2020 sahen mehr als ein Drittel (36 Prozent) der Deutschen China als den Partner Nummer eins außerhalb Europas. Dies war ein hoher Anstieg im Vergleich zu einer Befragung von September 2019. Damals sagten nur 24 Prozent, dass die Beziehungen zu China wichtiger seien als die zu den USA. Besonders bei den 18- bis 34-Jährigen war mit 46 Prozent die Erwartung an Pekings größer als an Washington. niw

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Wang Yi: USA schuld an Terror-Rückkehr

China hat die USA für die dramatische Situation in Afghanistan verantwortlich gemacht. Der Krieg in Afghanistan habe sein Ziel, terroristische Kräfte zu beseitigen, nicht erreicht, sagte Chinas Außenminister Wang Yi seinem amerikanischen Amtskollegen Antony Blinken. Im Gegenteil: Der übereilte Abzug der US-Truppen werde laut Wang dazu führen, dass Terrororganisationen in das Land am Hindukusch zurückkehren. Wie die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua am Montag berichtet, habe Wang am Sonntag mit dem US-Außenminister telefoniert. Wang forderte in dem Gespräch, dass alle Parteien in direkten Kontakt mit den Taliban treten sollten, um die Situation in Afghanistan zu beruhigen.

Unterdessen stand am Montag der Flughafen Kabul abermals unter Beschuss. Bis zu fünf Raketen wurden auf den Airport abgefeuert, wie ein US-Regierungsbeamter sagte. Sie seien aber von einem Raketenabwehrsystem abgefangen worden.

In ihrem Telefonat sprachen Wang und Blinken auch über den aktuellen Stand der bilateralen Beziehungen. “Wenn Washington die chinesisch-amerikanischen Beziehungen wieder auf Kurs bringen will, dann sollte es aufhören, China zu verleumden und Chinas Souveränität, Sicherheit und Entwicklungsinteressen zu untergraben”, sagte Chinas Außenminister laut Xinhua. Die USA sollten Chinas Forderungen ernst nehmen, die man bei dem gemeinsamen Treffen in Tianjin vorgelegt habe (China.Table berichtete). Demnach sollten die USA alle Sanktionen gegen chinesische Funktionäre aufheben, den Auslieferungsantrag gegen die in Kanada festgehaltene Huawei-Managerin Meng Wanzhou zurückziehen, Konfuzius-Institute wie auch chinesische Staatsmedien in Amerika frei gewähren lassen und die Visabeschränkungen gegen Mitglieder der Kommunistischen Partei sowie chinesische Studenten zurücknehmen.

Alle wichtigen Player an einem Tisch bringen

Derweil hat sich Bundesaußenminister Heiko Maas für Gespräche mit China und Russland ausgesprochen. Es gebe Bemühungen, “international alle wichtigen Player an einen Tisch zu bringen, und dabei wird es wichtig sein, auch Russland und China dabei zu haben”, sagte Maas am Montag bei einem Besuch in der usbekischen Hauptstadt Taschkent. Er verwies in diesem Zusammenhang auf die laufenden Gespräche über eine Resolution des UN-Sicherheitsrats zu Afghanistan. Dort werde sich zeigen, ob in Moskau und Peking die Bereitschaft zur Kooperation bestehe. Anders als die westlichen Staaten sind die beiden Länder auch nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan noch mit Botschaften in Kabul vertreten.

Direkte Gespräche mit den Taliban will Maas allerdings nicht führen. Der Gesprächspartner der Bundesregierung sei Markus Potzel. Der Diplomat verhandelt derzeit in Katar mit den Vertretern der neuen afghanischen Machthaber. “Das ist der Kanal, den wir nutzen”, sagte Maas am Montag. rad

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Presseschau

China beschränkt Videospielzeit für Kinder TAGESSCHAU
Bildungsreform verbietet schriftliche Prüfungen für Sechs- und Siebenjährige DEUTSCHLANDFUNK
Wohlstand auf chinesisch – Aufruf an Firmen zum Spenden SÜDDEUTSCHE
Xi Is Forgetting the Very Thing That Made China Great Again BLOOMBERG
Porsche baut erstmals Fabrik und Forschungsstandort in China FAZ
China eyes Germany’s famous ‘hidden champions’ model DW
US-Klimabeauftragte Kerry soll in China ein Umdenken bei CO2-Ausstoß befördern TAGESSCHAU
Außenministerium würdigt Investitionszusammenarbeit zwischen China und Afrika CRI (Staatsmedium)
Litauen bekommt nach Ankündigung einer diplomatischen Vertretung in Taiwan den Zorn Chinas zu spüren RND
Internet-Protokolle: Wie China IPv4 zugunsten von IPv6 ablöst HEISE

Tools

Was bedeutet das Grunderwerbsteuer-Gesetz für Unternehmen?

Von Zoey Zhang, Dezan Shira

Chinas neues Grunderwerbsteuergesetz (Deed Tax Law, 中华人民共和国契税法) wird am 1. September 2021 in Kraft treten. Ausländische Unternehmen unterliegen der Grunderwerbsteuer, wenn sie Immobilien oder Landnutzungsrechte in China erwerben. Das geschieht häufig bei einer Umstrukturierung des Unternehmens geschieht. Glücklicherweise hat China die Befreiung von der Grunderwerbsteuer erweitert, um bestimmte Arten von Unternehmensumstrukturierungen und -reorganisationen zu unterstützen.

China hat am 11. August 2020 angekündigt, die Grunderwerbssteuerregelung in nationales Recht zu überführen. Das neue Gesetz wird am 1. September 2021 in Kraft treten und die 1997 erlassenen Übergangsvorschriften zur Grunderwerbsteuer aufheben.

Die Grunderwerbsteuer wird von den Empfängern von Landnutzungsrechten und echtem Immobilienbesitz gezahlt, also von den Käufern. Bei Unternehmen wird sie häufig bei Fusionen, Aufspaltungen, Übertragung von Vermögenswerten usw. erhoben.

Für bestimmte Umstrukturierungen und Reorganisationen von Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen gewährt der Fiskus Steuerbefreiungen. Die Befreiungen, die zuvor bis zum 31. Dezember 2020 verlängert wurden, gelten nun bis zum 31. Dezember 2023.

Geltungsbereich der Grunderwerbsteuer

Nach dem Grunderwerbsteuergesetz muss jede Organisation oder Einzelperson, auf die Landnutzungsrechte oder Immobilien im Hoheitsgebiet Chinas übertragen werden, Grunderwerbsteuer zahlen.

Die Steuerpflicht trifft den Erwerber in einem der folgenden Fälle:

  • Erwerb von eingeräumten Landnutzungsrechten vom Staat;
  • Übertragung von eingeräumten Landnutzungsrechten (“土地使用权”), entweder durch Verkauf, Tausch oder Schenkung – mit Ausnahme von Landverwaltungsrechten (“土地经营权”); oder
  • Kauf und Verkauf, Tausch oder Schenkung von auf dem Grundstück befindlichem Grundbesitz;
  • für die Übertragung des Eigentums an Landnutzungsrechten oder Grundstücken durch Umwandlung in eine Investition (Kapitalbeteiligung), Schuldentilgung, Zuteilung und dergleichen wird die Grundsteuer ebenfalls gemäß den gesetzlichen Bestimmungen erhoben.

Wie wird die Grunderwerbsteuer berechnet? Die Sätze der Grunderwerbsteuer in China liegen zwischen drei und fünf Prozent. Das neue Gesetz sieht vor, dass die Kommunalverwaltungen einen bestimmten Satz innerhalb der genannten Spanne wählen können.

Formel zur Berechnung des zu zahlenden Betrags der Grunderwerbsteuer: Der zu zahlende Betrag der Grunderwerbsteuer = die Bemessungsgrundlage × der anwendbare Steuersatz

Was sind die neuen Änderungen im Grunderwerbsteuergesetz?

Im Vergleich zu den bestehenden Interimsverordnungen über die Grunderwerbsteuer wurden im neuen Grunderwerbsteuergesetz die Grundsätze für mehrere Fälle präzisiert. Es geht um die Erhebung der Steuer bei der Übertragung von Landnutzungsrechten und Immobilien in Form

  • einer Umwandlung in eine Investition (Kapitalbeteiligung),
  • einer Schuldentilgung,
  • einer Zuteilung
  • und einer Belohnung präzisiert.

Darüber hinaus erweitert das neue Gesetz den Anwendungsbereich für die Befreiung von der Grunderwerbsteuer auf:

  • öffentliche Schulen,
  • medizinische Einrichtungen und
  • soziale Wohlfahrtseinrichtungen, wenn sie Grundstücke oder Räumlichkeiten für Büroräume, Unterricht, Gesundheitsfürsorge, wissenschaftliche Forschung, Altenpflege oder Hilfszwecke nutzen,
  • brachliegendes Land (auch in Bergen oder an Stränden) für die Land- und Forstwirtschaft, die Viehzucht oder die Fischereiproduktion,
  • die Änderung der Eigentumsverhältnisse zwischen Eheleuten während der Ehe,
  • Vererbung von Landnutzungsrechten und Immobilieneigentum durch gesetzliche Erben,
  • die Übernahme von Landnutzungsrechten und Immobilien durch ausländische Botschaften, Konsulate und Vertretungen internationaler Organisationen in China.

Darüber hinaus verpflichtet das Gesetz die Steuerbehörden und ihre Mitarbeiter ausdrücklich, die persönlichen Daten der Steuerzahler bei der Steuererhebung und -verwaltung vertraulich zu behandeln.

Richtlinien für die Umstrukturierung von Firmen

Um bestimmte Arten von Unternehmensumstrukturierungen und -reorganisationen zu unterstützen, haben das Finanzministerium (MOF) und die staatliche Steuerverwaltung (STA) am 26. April 2021 gemeinsam eine Bekanntmachung über die fortgesetzte Umsetzung relevanter Grundsteuerrichtlinien für die Umstrukturierung und Reorganisation von Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen (MOF STA Bekanntmachung [2021] N.17) veröffentlicht, die rückwirkend vom 1. Januar 2021 bis zum 31. Dezember 2023 gilt.

Im Rahmen dieser Regeln gibt es Ausnahmen von der Grunderwerbsteuer für:

  • die Vererbung und Übertragung von Landnutzungsrechten und Immobilien in Fällen der vollständigen Umstrukturierung von Unternehmen,
  • die Umstrukturierung öffentlicher Einrichtungen,
  • Fusionen und Aufspaltungen,
  • Übertragungen im Rahmen eines Konkursverfahrens,
  • Übertragungen von Vermögenswerten zwischen Unternehmen mit gemeinsamen Eigentümern.

Die Nachfolge von Landnutzungsrechten, die den umstrukturierten Unternehmen oder öffentlichen Einrichtungen ursprünglich durch Abtretung oder staatliche Kapitaleinlage zugeteilt wurden, fällt jedoch nicht unter die Befreiung.

Darüber hinaus können während des Prozesses der Unternehmensumstrukturierung und -reorganisation neben der Grunderwerbsteuer auch andere Steuern anfallen, darunter die Landkapitalertragssteuer, die Mehrwertsteuer, die Körperschaftssteuer und die Stempelsteuer.

Hintergrund: gesetzesbasierte Steuerverwaltung

Im Jahr 2015 veröffentlichte die Steuerverwaltung die “Guiding Opinions on Comprehensive Promoting the Governing of Taxes according to Law” (Shui Zong Fa [2015] Nr. 32), die besagen, dass China den Prozess der Umwandlung relevanter Steuervorschriften in Gesetze beschleunigen wird, um die Sicherheit der Steuerpolitik zu verbessern, die Aussagekraft der Steuerdokumente zu erhöhen und die Effizienz der Steuerverwaltung zu gewährleisten. Dies ist ein wichtiger Teil der umfassenderen Bemühungen Chinas um Rule of Law im Sinne einer gesetzesbasierten Verwaltung des Landes. Unternehmen sind gut beraten, die künftige Entwicklung der chinesischen Steuergesetze genau zu verfolgen.

Dieser Artikel ist zuerst im Asia Briefing erschienen, das von Dezan Shira Associates herausgegeben wird. Das Unternehmen berät internationale Investoren in Asien und unterhält Büros in China, Hongkong, Indonesien, Singapur, Russland und Vietnam.

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  • KP Chinas
  • Markt

Personalien

Dirk Lange wird zum 1. September neuer Chef beim Küchenhersteller Poggenpohl. “Wir sind sehr zufrieden, mit Dirk Lange einen Geschäftsführer gewonnen zu haben, dessen internationale Erfahrungen und strategische Kompetenz den Wachstumskurs von Poggenpohl nachhaltig vorantreiben werden”, betont Xiaowei Lin, Aufsichtsratsvorsitzender von Poggenpohl. Im vergangenen September hatte die chinesische Jomoo Group Poggenpohl aus Herford übernommen. Lange hat langjährige Erfahrungen bei deutschen und amerikanischen Herstellern für Sanitär- und Innenausstattung gesammelt. Der 56-Jährige leitete zuvor sieben Jahre lang die Geschäfte des Bauunternehmens Züblin in China. Zuletzt war Lange als selbstständiger Führungs- und Strategieberater mit Büros in Shanghai und Stuttgart tätig und hat mittelständische Unternehmen beim Ausbau ihrer Asiengeschäfte unterstützt.

Alania Hsu Concepcion ist neue Leiterin des Investment-Management-Teams bei Deutsche Bank Wealth Management in Südostasien. Concepcion ist erst vor kurzem nach Singapur zurückgekehrt aus Europa, wo sie im Bereich ESG und Fintech tätig war. Davor war Concepcion Leiterin der Anlageberatung der Credit Suisse für Singapur und Malaysia. Zuvor war sie Co-Leitung beim Private Banking Sales der Barclays Bank und leitete ein Team, das für die Strukturierung, den Vertrieb und den Handel von Kapitalmarktprodukten für Privatbanken und Family Offices in Singapur und Hongkong verantwortlich war. Zu Beginn ihrer Karriere hat sie als Spezialistin für festverzinsliche Wertpapiere und Derivate bei Credit Suisse und Merril Lynch Institutionen und Firmenkunden betreut.

Dessert

Chinas Tischtennisspieler Zhao Shuai (26) hat bei den Paralympics in Tokio die Goldmedaille gewonnen. Für Zhao ist der Sieg ein Triple: Schon bei den Sommerparalympics 2012 gewann er die C8-Einzel, vier Jahre später in Rio verteidigte seinen Titel. All das gelingt Zhao ohne seinen linken Arm. Dieser wurde ihm nach einem Autounfall im Alter von vier Jahren abgenommen.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

Licenses:
    • Grauer Wasserstoff soll grüner werden
    • Problematische Schwammstädte
    • Grüne Aktien nehmen an Fahrt auf
    • Keine Onlinespiele mehr unter der Woche für Minderjährige
    • Keine Prüfungen mehr für Kinder unter acht Jahren
    • Forsa: Mehrheit für härteren Kurs gegenüber China
    • Wang Yi: USA schuld an Terror-Rückkehr
    • Tools: Was bedeutet das Grunderwerbsteuer-Gesetz für Unternehmen?
    • Personalien: Poggenpohls neuer Chef ist Asienexperte
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    in unser heutigen Ausgabe widmen wir uns vor allem der Nachhaltigkeit: dem Hoffnungsträger Wasserstoff, den chinesischen Schwammstädten und “grünen” Aktien.

    Wasserstoff gilt derzeit als der große Hoffnungsträger für die Energiewende – auch in China. Schon jetzt produziert kein anderes Land der Welt so viel Wasserstoff wie die Volksrepublik. Doch: Hierbei handelt es sich vor allem um “grauen” Wasserstoff. Das soll nun ausgerechnet eine Kohleregion im Norden des Landes ändern. Mit Sonne, Wind und viel Geld will Peking aus der Inneren Mongolei ein Zentrum für “grünen” Wasserstoff machen. Frank Sieren zeigt, welche Probleme China auf diesem Weg noch bewältigen muss. Denn innovativ sind in diesem Bereich bislang vor allem europäische Firmen.

    Xi Jinping war erst kurz im Amt, da verordnete Chinas Staats- und Parteichef seinem Land das Konzept der Schwammstädte. Grund für das Kommando von oberste Stelle: Immer häufiger wird die Volksrepublik von großflächigen Überschwemmungen heimgesucht. Doch bislang bringen die “Haimian Chengshi” keine große Abhilfe. Ning Wang zeigt in ihrer Analyse, wie vielfältig die Probleme von Chinas Schwammstädten sind und wie einzelne Provinzregierungen die Klimavorgaben der Zentrale missbrauchen.

    Wenn derzeit über Chinas Aktienmärkte berichtet wird, greifen Kommentatoren gerne zu martialischen Vokabular. Oftmals ist vom Blutbad chinesischer Internet-Konzerne die Rede. Unser Autorenteam in Peking zeigt, dass diese Sichtweise nur die halbe Wahrheit ist, denn es gibt durchaus auch Gewinner: “grüne” Aktien. Die Hersteller von Solarzellen, Windturbinen und Elektroautos profitieren derzeit von den ambitionierten Klima-Plänen der chinesischen Führung. Es sind Aktien, die auch in ihrem Portfolio nicht fehlen sollten.

    Viele neue Erkenntnisse bei der Lektüre wünscht

    Ihr
    Michael Radunski
    Bild von Michael  Radunski

    Analyse

    Grüner Wasserstoff aus der Inneren Mongolei

    China hat ein Energieprojekt in der inneren Mongolei genehmigt: Hier soll grüner Wasserstoff hergestellt werden. Dort soll das Gas in Zukunft nachhaltig mithilfe von Wind- und Sonnenenergie erzeugt werden. 

    Die Anlagen in der Nähe der Städte Ordos und Baotou sollen aus 1,85 Gigawatt Solarenergie und 370 Megawatt Windenergie jährlich 66.900 Tonnen grünen Wasserstoff produzieren, teilt die chinesische Hydrogen Energy Industry Promotion Association mit. Die Region, in der bislang ein Großteil der chinesischen Kohle abgebaut wird, kommt auf etwa 3.100 Sonnenstunden pro Jahr, die für die Solarenergieerzeugung genutzt werden können. Zudem liegt sie der Route sibirischer Kontinentalwinde. Windrädern erbringen hier zusätzlich eine erhebliche Leistung.

    Schon Mitte 2023 sollen die Anlagen betriebsbereit sein. Es ist die bisher größte Anlage in der Volksrepublik und eine der größten der Welt. Die genauen Kosten sind noch nicht bekannt. Klar ist jedoch, dass es sich um die bislang größte staatliche Wasserstoffunternehmung Chinas handelt.

    Das Mega-Projekt in der Inneren Mongolei könnte, so schätzt Bloomberg, genügend Wasserstoff produzieren, um etwa 680 Millionen Liter Benzin pro Jahr zu ersetzen, wenn es für Brennstoffzellenfahrzeuge verwendet würde – und diese Brennstoffzellenfahrzeuge will China vor allem im Schwerlastverkehr einsetzen. Wasserstoff-Fahrzeuge werden 2050 bereits ein Drittel der Lastwagen ausmachen, schätzt die Analystin Elaine Wu von der US-Investmentbank JP Morgan. Derzeit seien es erst fünf Prozent.

    China günstig, Europa innovativ

    Allerdings birgt das Mega-Projekt auch ein Problem: Allein der Bau dieser einen Mega-Anlage könnte zu einer ernsthaften Verknappung der weltweit verfügbaren Elektrolyseure führen. Im Protonen-Austausch-Membran-Elektrolyseur wird in einer chemischen Reaktion der Elektrolyse destilliertes Wasser mithilfe von Strom in Sauerstoff und Wasserstoff gespalten. Die geplante Anlage wird Elektrolyseure mit einer Kapazität von 465 Megawatt benötigen. Allerdings betrug im vergangenen Jahr die weltweite Produktion nur 200 Megawatt.

    Eine der führenden Unternehmen auf diesem Gebiet ist die deutsche Linde AG. Sie baut derzeit den größten PEM (Proton Exchange Membrane) Elektrolyseur der Welt in Leuna mit 24 Megawatt. Die bisher größte Anlage mit 20 Megawatt steht in Bécancour, im kanadischen Quebec. Sie wurde von dem französischen Unternehmen Air Liquide hergestellt. Der größte Hersteller weltweit ist das norwegische Unternehmen NEL.

    China und Europa befinden sich in diesem Bereich derzeit in einem Wettbewerb: Während China die billigsten Elektrolyseure der Welt herstellt, ist Europa führend bei innovativen Technologien, die besser geeignet sind, grünen Wasserstoff zu erzeugen. Nach Schätzungen der Nachrichtenagentur Bloomberg können chinesische Hersteller inzwischen alkalische Elektrolyseure für 200 US-Dollar pro Kilowatt verkaufen – 80 Prozent billiger als europäische Maschinen desselben Typs. Die eigenen sich aber nicht für Strom aus erneuerbaren Energien, weil sie nicht so gut mit unterschiedlichen Stromlasten arbeiten. 

    Chance für die Energiewende

    Wasserstoff gilt derzeit als der große Hoffnungsträger für die Energiewende – auch in China, dessen Regierung sich vorgenommen hat, das Land bis 2060 klimaneutral zu machen. Peking erwartet, dass Wasserstoff bis 2050 einen Anteil von zehn Prozent an der Energieversorgung haben wird. Wasserstoff, der immer chemisch gebunden ist und nicht in Reinform vorkommt, lässt sich durch Elektrolyse aus Wasser erzeugen und wie Erdgas in Tanks speichern. Beim Verbrennen entstehen als Rückstand Wasser und Energie, jedoch keine direkten CO2-Emissionen.

    Schon heute ist China führend bei der Wasserstoffproduktion. Die Chinesen stellen rund 40 Prozent des weltweiten Wasserstoffes her. Ende August hat allein Great Wall Motors eine Flotte von 100 Wasserstofflastwagen für das Bauprojekt Xiong’an New Area Construction in der Provinz Hebei geliefert. Nach Herstellerangaben sind sie inzwischen knapp 30 Prozent billiger als herkömmliche Dieselfahrzeuge. Allein die Stadt Peking will bis 2025 rund 10.000 Wasserstofffahrzeuge auf der Straße haben, die von 74 Füllstationen versorgt werden.

    Ende 2020 gab es in China rund 7.300 Fahrzeuge mit Wasserstoff-Brennstoffzellen, die meisten davon Nutzfahrzeuge. Doch das Ministry of Industry and Information Technology (MIIT) hat große Pläne: Bis 2025 sollen es chinaweit zwischen 50.000 und 100.000 Fahrzeuge sein, im Jahr 2030 dann schon eine Million – und mindestens 1000 Füllstationen. Bis zum Jahr 2050 soll das Gas dann mit einem jährlichen Produktionswert von über zwölf Billionen Yuan das Rückgrat der chinesischen Energiewirtschaft bilden.

    Grüner Wasserstoff bleibt rar

    Das größte Problem bis dahin: Wasserstoff ist nur dann wirklich sinnvoll, wenn er grün ist, also aus Sonnen-, Wasser- oder Windenergie hergestellt wird. Doch bisher wird der meiste Wasserstoff noch “grau” hergestellt, also aus Gas. 67 Prozent der 25 Millionen metrischen Tonnen Wasserstoff, die pro Jahr in China hergestellt werden, entstehen auf Basis von fossiler Energie, erst drei Prozent aus erneuerbaren Energien. Chinas Wasserstoffproduktion basiert bislang jedoch vor allem auf Methan-Umwandlung aus Kohle, die im Land reich verfügbar ist. “Grüner Wasserstoff” der mithilfe von erneuerbaren Energiequellen wie Wasser, Wind und Sonnenenergie gewonnen wird, ist bislang noch sehr teuer und mit hohem Energieaufwand verbunden. Auch die Lagerung und der Transport des hochentzündlichen Stoffs stellt die Entwickler vor Herausforderungen.  

    Bislang hat die chinesische Regierung öffentliche Mittel in Höhe von 20 Milliarden Dollar für Wasserstoffprojekte zur Verfügung gestellt. Während in China dreiundfünfzig Großprojekte angekündigt wurden, die erneuerbare Energien mit Wasserstoff kombinieren, sind die meisten vor allem für die Stromerzeugung geplant. Die oftmals nur geringfügige Wasserstoffkomponente dient bisweilen nur als Zugeständnis, um eine staatliche Genehmigung zum Bau zu erhalten, erklärt ein Experte gegenüber Bloomberg

    Die bisher größten chinesischen Projekte mit grünem Wasserstoff stammen von staatlichen Industriegiganten wie Sinopec oder der Ningxia Baofeng Energy Group, die in diesem Jahr ein 150-Megawatt-Solar-Elektrolyseur-Array fertigstellen wird. Die China Baowu Steel Group hat Pläne für 1,5-Gigawatt-Elektrolyseure mit erneuerbaren Energien angekündigt, jedoch ohne einen Zeitplan anzugeben.

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    Die Probleme um Chinas Schwammstädte

    Xi Jinping war noch nicht lange im Amt, da sprach er bereits von sogenannten Schwammstädten. Es war 2013, und der Staats- und Parteichef wollte etwas gegen die zunehmenden Überschwemmungen in China tun. Denn Hochwasser und ihre Folgen sind ein gravierendes Problem für die politische Führung und bedrohen immer mehr die wirtschaftliche und soziale Stabilität des Landes.

    Und dieses Risiko wird immer größer: Allein im vergangenen Jahr kam es in der Volksrepublik zu 21 großflächigen Überschwemmungen, so viel wie seit zwei Jahrzehnten nicht mehr. Mehr als 30 Flüsse erreichten bisher nicht gesehene Höchststände.

    Doch dass die Zahl der Überschwemmungen in den vergangenen Jahren immer weiter zugenommen hat, liegt nicht nur am weltweiten Klimawandel. Ein wesentlicher Grund ist Chinas rasante Urbanisierung. Allein zwischen 1990 und 2015 hat sich der Anteil der Stadtbewohner mehr als verdoppelt – von rund 26 Prozent auf über 56 Prozent. Und Peking möchte diese Entwicklung weiter ausbauen und plant, dass die Urbanisierung im Land bis 2035 bei 70 Prozent liegen soll. Damit will die Regierung die Produktion im eigenen Land beschleunigen und den Binnenkonsum stärken. Es ist eine der zentralen Transformationen, die die politische Führung erreichen will, um unabhängiger von Importen zu werden und gleichzeitig den Wachstumsmotor des Landes am Laufen zu halten.

    Schwammstadt ist Neuland

    Beides – Urbanisierung und Schutz vor Überschwemmungen – soll mit dem Konzept der Schwammstädte gelingen. Doch als Xi Jinping 2013 das Konzept jener “Haimian Chengshi” vorstellte, hörten die meisten Beamten den Begriff zum ersten Mal – und wussten denn auch nicht so recht, wie man dieses Konzept in der Praxis umsetzen sollte.

    So begann China 2014 westliche Pläne von Schwammstädten zu übernehmen und anzuwenden. Im März 2015 startete dann das Ministerium für Wohnungsbau- und Stadt-Land-Entwicklung einen nationalen Pilotversuch: 100 Städte verschiedener Provinzen sollten Konzepte entwickeln, wie große Mengen Wasser aufgenommen, recycelt und gespeichert werden können. Seither haben 30 Städte Feuchtgebiete angelegt oder wiederhergestellt, Stadtgebiete wurden begrünt durch Bäume und Pflanzen – inklusive begrünter Dächer –  und allerorts wasserdurchlässige Straßen und Gehwege gebaut (China.Table berichtete).

    Offizielles Ziel ist es, dass Schwammstädte im Jahr 2030 bis zu 70 Prozent der Wassermengen aufnehmen und im Untergrund speichern können, um bei Dürre oder Trockenheit diese Wasserressourcen in die nahe gelegenen Flüsse oder Seen abzugeben. Positiver Nebeneffekt: Die Entwässerung würde nicht nur durch die Kanalisation erfolgen, die mancherorts schon sehr veraltet und überlastet ist.

    Zhengzhou galt als Schwammstadt-Vorbild

    Doch wie weit die bisherigen Vorkehrungen davon entfernt sind, effiziente Schwammstädte zu erzeugen, zeigten zuletzt die schweren Überschwemmungen in der zentralchinesischen Stadt Zhengzhou (China.Table berichtete). Obwohl die Elf-Millionen-Metropole als vorbildliche Schwammstadt gepriesen wurde, fielen den Überschwemmungen Ende Juli offiziellen Angaben zufolge mehr als 300 Menschen zum Opfer.

    In den sozialen Medien stellten Nutzer die Frage, warum die Stadt überflutet wurde, obwohl massiv in die Hochwasserschutzinfrastruktur investiert wurde – auch unter Berücksichtigung, dass Zhengzhou 2014 zu einer der ersten Städte gehört, die zur Schwammstadt ausgebaut wurde.

    “Die Überschwemmungen in Zhengzhou sind wie eine Ohrfeige für das Projekt Schwammstadt und zeigen, dass der Mensch möglicherweise nicht in der Lage ist, über den Himmel zu triumphieren”, schrieb ein Weibo-Nutzer.

    Der ehemalige Journalist He Guangwei sagte, der Kurznachrichtendienst Weibo habe sein Konto vorübergehend deaktiviert, nachdem er eine Reihe von Beiträgen veröffentlicht hatte, in denen die Reaktion der Regierung auf die Überschwemmungen infrage gestellt wurde. Vor allem das Projekt “Schwammstadt Zhengzhou” und dessen Kosten wurde kritisch hinterfragt, schrieb die Zeitung Wall Street Journal. Die chinesische Zeitung Zhengzhou Daily berichtete zuletzt, dass Zhengzhou bis vergangenes Jahr 53,48 Milliarden Yuan (8,26 Milliarden US-Dollar) in Projekte wie die Verstärkung der Flussufer und den Bau wasserdurchlässiger Straßen investiert habe – und zeigte damit, wie kostenintensiv Schwammstädte sein können.

    Fehlende Koordinierung

    Das Hochwasser in Zhengzhou zeigt aber auch die wesentlichen Probleme, die das hochgesteckte Ziel, landesweit Schwammstädte entstehen zu lassen, mit sich bringt. Landschafts- und Städteplaner sind gefangen in den bürokratischen Zwängen, eben weil die Regierung gezielt gegen Überschwemmungen vorgehen will und Parolen vorgibt wie “China grüner werden zu lassen” und “widerstandsfähiger gegen den Klimawandel” zu machen.

    Aber es fehlt an koordinierten Aktionen. So veröffentlichte die Nachrichtenagentur Xinhua Ende Juli ein Dokument, wonach die Behörden im April abermals dazu aufgerufen hatten, den Bau von Schwammstädten zu fördern und den städtischen Hochwasserschutz zu verbessern. Vor allem wurden “bessere Mechanismen für die politische Koordinierung zwischen den Provinzen” bei den Projekten gefordert.

    Darüber hinaus gelten nicht überall die gleichen Standards für Schwammstädte. Mal ist die nötige Infrastruktur für Schwammstädte gar nicht vorhanden, ein anderes Mal ist die vorhandene Infrastruktur nicht anwendbar für den Ausbau zu einer Schwammstadt. Bisher haben die Verantwortlichen in den Provinzen in ihrem Kampf gegen Überschwemmungen meist den Fokus darauf gelegt, in Dämme, Deiche oder Entwässerungssysteme zu investieren. Doch das erweist sich immer öfter als unzureichend.

    Vorwand für schnellere Baugenehmigungen

    Das größte Problem stellt aber nach wie vor die Finanzierung dar. Wie zu Beginn der Schwammstädte-Kampagne vor nunmehr sechs Jahren kommt das Geld für den Ausbau der Städte zu Schwammstädte vor allem von der Regierung. Zu Beginn stellte Peking ein Budget von 20 Milliarden (umgerechnet zwei Milliarden Euro) bereit, um die Summe auf 16 Städte zu verteilen, die sich damals für den Ausbau zur Schwammstadt qualifiziert hatten. Der Staatsrat ermutigte lokale Banken, zusätzlich benötigtes Geld durch Ausgaben von Anleihen und über private Investoren zu besorgen. Bisher wurden mehr als 12 Milliarden US-Dollar für Schwammstadtprojekte ausgegeben (Stand 2019). Etwa 15-20 Prozent der Kosten wurden von der Zentralregierung getragen, während die Lokalregierungen und der Privatsektor den Rest aufbringen mussten.

    Um das Schwammstadtprogramm besser zu fördern, setzen Chinas Behörden vermehrt auf öffentlich-private Partnerschaften, ein kollaboratives Investitionsmodell zwischen Regierung und Privatunternehmen. Doch das Vertrauen der Investoren und Privatunternehmen in die Schwammstadtprojekte ist gering. Ihrer Ansicht nach benötige der Ausbau von Schwammstädten zu lange, und auch die Erfolge seien nicht sonderlich überzeugend. So haben die Unternehmen und Lokalregierungen Schwammstädte oft als Vorwand genutzt, um an staatliche Baugenehmigungen zu kommen, wie eine Recherche von Bloomberg Green zeigt. Dabei sind Projekte entstanden, die auf Wäldern und Feuchtgebieten gebaut wurden, die sonst Hochwasser hätten aufnehmen können. Und nach Fertigstellung der Bauprojekte fehlten die finanziellen Anreize, in die Kosten für Instandhaltungen zu investieren.

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    Grüne Aktien sind der Gewinner des Jahres

    Für chinesische Technologie-Konzerne läuft es an den Märkten nicht rund. Damit verschiebt sich die Aufmerksamkeit von den stark schwankenden Werten hin zu verlässlicheren Geldanlagen. Hier geraten derzeit vor allem grüne Aktien in den Fokus der Investoren.

    Pekings anhaltender Crackdown gegen den Technik-Sektor hat in den vergangenen Monaten die Aktien von Firmen wie Tencent, Alibaba und Meituan abstürzen lassen (China.Table berichtete). Zwar gab es in der vergangenen Woche eine kleine Rallye, in der beispielsweise Alibaba um 13 Prozent zulegte. Doch im Vergleich zum vergangenen Herbst bleiben die Bewertungen weiterhin niedrig. Der Wert der Alibaba-Papiere hat sich im Vergleich zum vergangenen Herbst fast halbiert, Tencent hat sei Februar ähnlich viel eingebüßt. An den Kurstafeln lässt sich recht genau erkennen, wann die Firmen in den Fokus der Behörden gerückt sind. Für die Zukunft sind zudem weitere Hiobsbotschaften für Chinas Internet-Werte zu erwarten.

    Grüne Aktien eindeutige Gewinner an der Börse

    Doch es gibt in diesen Tagen nicht nur Verlierer an Chinas Börsen. Während vor allem der Internet-Sektor Hunderte Milliarden Dollar an Marktkapitalisierung einbüßte, haben Unternehmen, die mit der grünen Energiewende in China ihr Geld verdienen, zuletzt eine bemerkenswerte Rally hingelegt.

    Der CSI New Energy, ein Aktienindex, der große chinesische Firmen in dem Bereich zusammenfasst, legte allein in den vergangenen drei Monaten um 55 Prozent zu. Wer bereits vor etwa einem Jahr investierte, konnte sein Geld sogar verdoppeln. Die Kurstendenz der grünen Aktien lief also den Technik-Werten direkt entgegen. In einem ausgewogenen China-Portfolio hätten die beiden Trends sich fast ausgeglichen.

    Das Beispiel verdeutlicht, dass sich die derzeitigen Eingriffe der chinesischen Regierung nicht pauschal gegen den Aktienmarkt und privatwirtschaftliche Aktivitäten richten. Während Internet-Firmen die nicht abreißenden Nachrichten über strengere Regeln zu schaffen machen, profitieren Hersteller von Solarzellen, Windturbinen und Elektroautos von den ambitionierten Klima-Plänen der Führung. 

    Ambitionierte Klima-Pläne

    Chinas Präsident Xi Jinping hatte im vergangenen Jahr zugesagt, dass China vor 2060 kohlendioxidneutral sein will. Das bedeutet, dass kein Kohlendioxid ausgestoßen wird oder die CO2-Emissionen des Landes vollständig kompensiert werden. Der Ausstoß soll vor 2030 seinen Höhepunkt erreichen. Klimapolitik ist auch ein wichtiger Bestandteil des aktuellen 14. Fünfjahresplans der Regierung. 

    Experten zufolge machen solche Regierungspläne die Geldanlage in diesem Bereich vergleichsweise berechenbar. “Die politischen Risiken für die Branche sind gering”, sagte der Hongkonger Analyst Stanley Chan kürzlich der South China Morning Post. Auch sein Kollege Kai-Kong Chay gab an, den Sektor “positiv” zu sehen. Von einer “langfristigen Wachstumsgeschichte” spricht James Thom von der Investment-Gesellschaft Aberdeen Standard gegenüber Bloomberg.

    Erhebliches Interesse zeigten Anleger in den vergangenen Monaten etwa an der China Longyuan Power Group, dem größten chinesischen Betreiber von Windfarmen. Auch der weltgrößte Batteriehersteller CATL und der chinesische Solarproduzent Longi erreichten erst kürzlich neue Höchststände an der Börse, nachdem sie im abgelaufenen Quartal jeweils um mehr als 40 Prozent zulegen konnten (China.Table berichtete).

    Weiterhin positiv werden auch die Aussichten für chinesische Hersteller von E-Autos gesehen. In Erwartung steigender Kurse erhöhte die US-Investmentgesellschaft Fidelity zuletzt seinen Anteil an Xpeng Motors, Goldman Sachs kaufte derweil weitere Anteile des Konkurrenten Nio. 

    Comeback für Alibaba und Tencent?

    Zwar waren grüne Aktien in den vergangenen Monaten klar in der Gunst der Anleger. Doch mehrten sich zuletzt auch Stimmen, dass bei den unter Druck geratenen Tech- und Internetaktien das Schlimmste überstanden sein könnte. Auch Chinas Staatsmedien zeigten sich zuletzt wieder versöhnlicher gegenüber dem Sektor. 

    So zitierte die Global Times vergangene Woche den chinesischen Finanzexperten Dong Shaopeng von der Pekinger Volksuniversität mit der Aussage, dass es sich bei den jüngsten “administrativen Maßnahmen” nur um “Patches” gehandelt habe, um “eine unausgewogene Entwicklung auszugleichen”. Der Bedarf des Landes an Internetdiensten werde anhalten. Das Wachstumspotenzial einheimischer Internetunternehmen wie Alibaba und Tencent sei immer noch “vielversprechend”. Das mag zu der aktuellen Erholung beigetragen haben.

    Für langfristig orientierte Anleger bleiben jedoch grüne Aktien nach Ansicht von Analysten die sicherere Bank. Sie erlauben zwar keine so extremen Wertsteigerungen wie die innovationsgetriebenen Internet-Papiere. Doch es fiel auf, dass der E-Autohersteller BYD und der Solarzellenanbieter Xinyi Solar während des Ausverkaufs zu den besten Werten gehörten. Als Beimischung in einem ausgewogenen China-Portfolio sind sie unverzichtbar, um die heftigen Schwankungen der Technikwerte auszugleichen. Gregor Koppenburg/Joern Petring

    • 14. Fünfjahresplan
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    • Tencent

    News

    Keine Onlinespiele mehr unter der Woche für Minderjährige

    Für die Hunderte Millionen junger Spieler in China gilt seit Montag: keine Videospiele mehr während der Schulwoche. Selbst für Freitage, Wochenenden und Feiertage haben die Behörden die Zeit, die Minderjährige online mit Spielen verbringen dürfen, auf je eine Stunde eingeschränkt. Peking hat am Montag laut Staatsmedien diese neuen Vorschriften erlassen, um die Videospielsucht bei den Jugendlichen einzudämmen. Sie wird als Ursache für gesellschaftliche Missstände gesehen und lenke die jungen Menschen zu sehr von ihren Schul- und Familienpflichten ab. Künftig dürfen Onlinespiele daher freitags, samstags, sonntags und an Feiertagen jeweils nur noch von 20 bis 21 Uhr genutzt werden. Bislang durften Minderjährige täglich 1,5 Stunden spielen sowie drei Stunden an Ferientagen.

    Von den Videospiel-Unternehmen forderten die Behörden eine strengere Überprüfung, damit die neuen Regeln eingehalten werden. Auf Details wurde nicht eingegangen. Der Videospieleanbieter Tencent hat schon vor einiger Zeit aufgrund von früheren Richtlinien zum Beispiel auf Gesichtserkennung zurückgegriffen, um die Spielzeit von minderjährigen Spieler zu beschränken (China.Table berichtete).

    Die Maßnahme kommt einen Monat nachdem Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping den Druck auf die Behörden erhöhte hatte, indem er vor den Gefahren von Spielsucht bei Jugendlichen warnte.

    Bereits 2018 hatten die Behörden für nahezu neun Monate die Ausgabe von Videospiellizenzen eingestellt, was Tencent damals laut der Zeitung Wall Street Journal mehr als eine Milliarde US-Dollar an Umsatzeinbußen kostete. Peking greift derzeit im Technologiesektor hart durch, nachdem dieser Bereich jahrelang unkontrolliert immer einflussreicher geworden ist (China.Table berichtete). niw

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    Keine Prüfungen mehr für Kinder unter acht Jahren

    Das Bildungsministerium in Peking hat schriftliche Prüfungen für Sechs- und Siebenjährige Kinder verboten. In den neuen Richtlinien heißt es zur Begründung, dass damit der Druck von Schulkindern genommen werden soll, da dieser der geistigen und körperlichen Gesundheit der jungen Schulkinder schade. Bisher war es in den Grundschulen üblich, dass bereits Erstklässler zum Halbjahr Zwischenprüfungen bestehen mussten und auch sonst im Schuljahr regelmäßig schriftlichen Tests unterzogen worden sind.

    Den neuen Vorschriften zufolge dürfen auch ältere Schüler nur noch ein Mal im Jahr geprüft werden. Ausgenommen davon sind weiterhin Zwischenprüfungen und Examen in den Oberstufen.

    Ob dieser Schritt, der zur umfassenden Bildungsreform der chinesischen Regierung gehört, in der Praxis auch umgesetzt wird, bleibt ungewiss. Gerade Eltern aus Chinas Mittelklasse stehen den Reformen des Bildungsministeriums besonders kritisch entgegen. Sie sehen in den Schulleistungen und guten Noten ihrer Kinder meist die einzige Möglichkeit für den Zugang zu guten Schulen und Universitäten. Für den damit verbundenen sozialen Aufstieg in der Gesellschaft sind sie bereit, einen Großteil ihrer Einkünfte in Nachhilfekurse und Zusatzklassen zu investieren.

    Ende Juli erst hatte Peking dem milliardenschweren Nachhilfemarkt im Land untersagt, künftig auf Profit ausgerichtet zu sein. Vielmehr sollten sie als Non-Profit-Anbieter tätig sein. In den sozialen Netzwerken wird seither befürchtet, dass ein Schwarzmarkt um Privatunterricht entstehen wird (China.Table berichtete), der die Bildungsungleichheit im Land zusätzlich verstärken werde. niw

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    • Gesellschaft
    • Kinder

    Forsa: Mehrheit für härteren Kurs gegenüber China

    Die Mehrheit der Deutschen will eine härtere Gangart gegenüber China. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa. Der von der Zeitschrift “Internationale Politik” in Auftrag gegebenen Umfrage zufolge sagten 58 Prozent der Befragten, dass die Bundesregierung auch dann eine härtere Haltung einnehmen und die eigenen Interessen offensiver vertreten sollte, wenn dies die Wirtschaftsbeziehungen mit China beeinträchtigen würde. 17 Prozent unterstützen einen härteren Kurs nur, wenn die Wirtschaftsbeziehungen nicht darunter leiden. 19 Prozent sind grundsätzlich gegen eine härtere Gangart.

    Noch im vergangenen Jahr war das China-Bild in Deutschland laut einer Umfrage von Kantar Public im Auftrag der Körber-Stiftung ein ganz anderes: 2020 sahen mehr als ein Drittel (36 Prozent) der Deutschen China als den Partner Nummer eins außerhalb Europas. Dies war ein hoher Anstieg im Vergleich zu einer Befragung von September 2019. Damals sagten nur 24 Prozent, dass die Beziehungen zu China wichtiger seien als die zu den USA. Besonders bei den 18- bis 34-Jährigen war mit 46 Prozent die Erwartung an Pekings größer als an Washington. niw

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    Wang Yi: USA schuld an Terror-Rückkehr

    China hat die USA für die dramatische Situation in Afghanistan verantwortlich gemacht. Der Krieg in Afghanistan habe sein Ziel, terroristische Kräfte zu beseitigen, nicht erreicht, sagte Chinas Außenminister Wang Yi seinem amerikanischen Amtskollegen Antony Blinken. Im Gegenteil: Der übereilte Abzug der US-Truppen werde laut Wang dazu führen, dass Terrororganisationen in das Land am Hindukusch zurückkehren. Wie die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua am Montag berichtet, habe Wang am Sonntag mit dem US-Außenminister telefoniert. Wang forderte in dem Gespräch, dass alle Parteien in direkten Kontakt mit den Taliban treten sollten, um die Situation in Afghanistan zu beruhigen.

    Unterdessen stand am Montag der Flughafen Kabul abermals unter Beschuss. Bis zu fünf Raketen wurden auf den Airport abgefeuert, wie ein US-Regierungsbeamter sagte. Sie seien aber von einem Raketenabwehrsystem abgefangen worden.

    In ihrem Telefonat sprachen Wang und Blinken auch über den aktuellen Stand der bilateralen Beziehungen. “Wenn Washington die chinesisch-amerikanischen Beziehungen wieder auf Kurs bringen will, dann sollte es aufhören, China zu verleumden und Chinas Souveränität, Sicherheit und Entwicklungsinteressen zu untergraben”, sagte Chinas Außenminister laut Xinhua. Die USA sollten Chinas Forderungen ernst nehmen, die man bei dem gemeinsamen Treffen in Tianjin vorgelegt habe (China.Table berichtete). Demnach sollten die USA alle Sanktionen gegen chinesische Funktionäre aufheben, den Auslieferungsantrag gegen die in Kanada festgehaltene Huawei-Managerin Meng Wanzhou zurückziehen, Konfuzius-Institute wie auch chinesische Staatsmedien in Amerika frei gewähren lassen und die Visabeschränkungen gegen Mitglieder der Kommunistischen Partei sowie chinesische Studenten zurücknehmen.

    Alle wichtigen Player an einem Tisch bringen

    Derweil hat sich Bundesaußenminister Heiko Maas für Gespräche mit China und Russland ausgesprochen. Es gebe Bemühungen, “international alle wichtigen Player an einen Tisch zu bringen, und dabei wird es wichtig sein, auch Russland und China dabei zu haben”, sagte Maas am Montag bei einem Besuch in der usbekischen Hauptstadt Taschkent. Er verwies in diesem Zusammenhang auf die laufenden Gespräche über eine Resolution des UN-Sicherheitsrats zu Afghanistan. Dort werde sich zeigen, ob in Moskau und Peking die Bereitschaft zur Kooperation bestehe. Anders als die westlichen Staaten sind die beiden Länder auch nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan noch mit Botschaften in Kabul vertreten.

    Direkte Gespräche mit den Taliban will Maas allerdings nicht führen. Der Gesprächspartner der Bundesregierung sei Markus Potzel. Der Diplomat verhandelt derzeit in Katar mit den Vertretern der neuen afghanischen Machthaber. “Das ist der Kanal, den wir nutzen”, sagte Maas am Montag. rad

    • Afghanistan
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    Presseschau

    China beschränkt Videospielzeit für Kinder TAGESSCHAU
    Bildungsreform verbietet schriftliche Prüfungen für Sechs- und Siebenjährige DEUTSCHLANDFUNK
    Wohlstand auf chinesisch – Aufruf an Firmen zum Spenden SÜDDEUTSCHE
    Xi Is Forgetting the Very Thing That Made China Great Again BLOOMBERG
    Porsche baut erstmals Fabrik und Forschungsstandort in China FAZ
    China eyes Germany’s famous ‘hidden champions’ model DW
    US-Klimabeauftragte Kerry soll in China ein Umdenken bei CO2-Ausstoß befördern TAGESSCHAU
    Außenministerium würdigt Investitionszusammenarbeit zwischen China und Afrika CRI (Staatsmedium)
    Litauen bekommt nach Ankündigung einer diplomatischen Vertretung in Taiwan den Zorn Chinas zu spüren RND
    Internet-Protokolle: Wie China IPv4 zugunsten von IPv6 ablöst HEISE

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    Was bedeutet das Grunderwerbsteuer-Gesetz für Unternehmen?

    Von Zoey Zhang, Dezan Shira

    Chinas neues Grunderwerbsteuergesetz (Deed Tax Law, 中华人民共和国契税法) wird am 1. September 2021 in Kraft treten. Ausländische Unternehmen unterliegen der Grunderwerbsteuer, wenn sie Immobilien oder Landnutzungsrechte in China erwerben. Das geschieht häufig bei einer Umstrukturierung des Unternehmens geschieht. Glücklicherweise hat China die Befreiung von der Grunderwerbsteuer erweitert, um bestimmte Arten von Unternehmensumstrukturierungen und -reorganisationen zu unterstützen.

    China hat am 11. August 2020 angekündigt, die Grunderwerbssteuerregelung in nationales Recht zu überführen. Das neue Gesetz wird am 1. September 2021 in Kraft treten und die 1997 erlassenen Übergangsvorschriften zur Grunderwerbsteuer aufheben.

    Die Grunderwerbsteuer wird von den Empfängern von Landnutzungsrechten und echtem Immobilienbesitz gezahlt, also von den Käufern. Bei Unternehmen wird sie häufig bei Fusionen, Aufspaltungen, Übertragung von Vermögenswerten usw. erhoben.

    Für bestimmte Umstrukturierungen und Reorganisationen von Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen gewährt der Fiskus Steuerbefreiungen. Die Befreiungen, die zuvor bis zum 31. Dezember 2020 verlängert wurden, gelten nun bis zum 31. Dezember 2023.

    Geltungsbereich der Grunderwerbsteuer

    Nach dem Grunderwerbsteuergesetz muss jede Organisation oder Einzelperson, auf die Landnutzungsrechte oder Immobilien im Hoheitsgebiet Chinas übertragen werden, Grunderwerbsteuer zahlen.

    Die Steuerpflicht trifft den Erwerber in einem der folgenden Fälle:

    • Erwerb von eingeräumten Landnutzungsrechten vom Staat;
    • Übertragung von eingeräumten Landnutzungsrechten (“土地使用权”), entweder durch Verkauf, Tausch oder Schenkung – mit Ausnahme von Landverwaltungsrechten (“土地经营权”); oder
    • Kauf und Verkauf, Tausch oder Schenkung von auf dem Grundstück befindlichem Grundbesitz;
    • für die Übertragung des Eigentums an Landnutzungsrechten oder Grundstücken durch Umwandlung in eine Investition (Kapitalbeteiligung), Schuldentilgung, Zuteilung und dergleichen wird die Grundsteuer ebenfalls gemäß den gesetzlichen Bestimmungen erhoben.

    Wie wird die Grunderwerbsteuer berechnet? Die Sätze der Grunderwerbsteuer in China liegen zwischen drei und fünf Prozent. Das neue Gesetz sieht vor, dass die Kommunalverwaltungen einen bestimmten Satz innerhalb der genannten Spanne wählen können.

    Formel zur Berechnung des zu zahlenden Betrags der Grunderwerbsteuer: Der zu zahlende Betrag der Grunderwerbsteuer = die Bemessungsgrundlage × der anwendbare Steuersatz

    Was sind die neuen Änderungen im Grunderwerbsteuergesetz?

    Im Vergleich zu den bestehenden Interimsverordnungen über die Grunderwerbsteuer wurden im neuen Grunderwerbsteuergesetz die Grundsätze für mehrere Fälle präzisiert. Es geht um die Erhebung der Steuer bei der Übertragung von Landnutzungsrechten und Immobilien in Form

    • einer Umwandlung in eine Investition (Kapitalbeteiligung),
    • einer Schuldentilgung,
    • einer Zuteilung
    • und einer Belohnung präzisiert.

    Darüber hinaus erweitert das neue Gesetz den Anwendungsbereich für die Befreiung von der Grunderwerbsteuer auf:

    • öffentliche Schulen,
    • medizinische Einrichtungen und
    • soziale Wohlfahrtseinrichtungen, wenn sie Grundstücke oder Räumlichkeiten für Büroräume, Unterricht, Gesundheitsfürsorge, wissenschaftliche Forschung, Altenpflege oder Hilfszwecke nutzen,
    • brachliegendes Land (auch in Bergen oder an Stränden) für die Land- und Forstwirtschaft, die Viehzucht oder die Fischereiproduktion,
    • die Änderung der Eigentumsverhältnisse zwischen Eheleuten während der Ehe,
    • Vererbung von Landnutzungsrechten und Immobilieneigentum durch gesetzliche Erben,
    • die Übernahme von Landnutzungsrechten und Immobilien durch ausländische Botschaften, Konsulate und Vertretungen internationaler Organisationen in China.

    Darüber hinaus verpflichtet das Gesetz die Steuerbehörden und ihre Mitarbeiter ausdrücklich, die persönlichen Daten der Steuerzahler bei der Steuererhebung und -verwaltung vertraulich zu behandeln.

    Richtlinien für die Umstrukturierung von Firmen

    Um bestimmte Arten von Unternehmensumstrukturierungen und -reorganisationen zu unterstützen, haben das Finanzministerium (MOF) und die staatliche Steuerverwaltung (STA) am 26. April 2021 gemeinsam eine Bekanntmachung über die fortgesetzte Umsetzung relevanter Grundsteuerrichtlinien für die Umstrukturierung und Reorganisation von Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen (MOF STA Bekanntmachung [2021] N.17) veröffentlicht, die rückwirkend vom 1. Januar 2021 bis zum 31. Dezember 2023 gilt.

    Im Rahmen dieser Regeln gibt es Ausnahmen von der Grunderwerbsteuer für:

    • die Vererbung und Übertragung von Landnutzungsrechten und Immobilien in Fällen der vollständigen Umstrukturierung von Unternehmen,
    • die Umstrukturierung öffentlicher Einrichtungen,
    • Fusionen und Aufspaltungen,
    • Übertragungen im Rahmen eines Konkursverfahrens,
    • Übertragungen von Vermögenswerten zwischen Unternehmen mit gemeinsamen Eigentümern.

    Die Nachfolge von Landnutzungsrechten, die den umstrukturierten Unternehmen oder öffentlichen Einrichtungen ursprünglich durch Abtretung oder staatliche Kapitaleinlage zugeteilt wurden, fällt jedoch nicht unter die Befreiung.

    Darüber hinaus können während des Prozesses der Unternehmensumstrukturierung und -reorganisation neben der Grunderwerbsteuer auch andere Steuern anfallen, darunter die Landkapitalertragssteuer, die Mehrwertsteuer, die Körperschaftssteuer und die Stempelsteuer.

    Hintergrund: gesetzesbasierte Steuerverwaltung

    Im Jahr 2015 veröffentlichte die Steuerverwaltung die “Guiding Opinions on Comprehensive Promoting the Governing of Taxes according to Law” (Shui Zong Fa [2015] Nr. 32), die besagen, dass China den Prozess der Umwandlung relevanter Steuervorschriften in Gesetze beschleunigen wird, um die Sicherheit der Steuerpolitik zu verbessern, die Aussagekraft der Steuerdokumente zu erhöhen und die Effizienz der Steuerverwaltung zu gewährleisten. Dies ist ein wichtiger Teil der umfassenderen Bemühungen Chinas um Rule of Law im Sinne einer gesetzesbasierten Verwaltung des Landes. Unternehmen sind gut beraten, die künftige Entwicklung der chinesischen Steuergesetze genau zu verfolgen.

    Dieser Artikel ist zuerst im Asia Briefing erschienen, das von Dezan Shira Associates herausgegeben wird. Das Unternehmen berät internationale Investoren in Asien und unterhält Büros in China, Hongkong, Indonesien, Singapur, Russland und Vietnam.

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    Personalien

    Dirk Lange wird zum 1. September neuer Chef beim Küchenhersteller Poggenpohl. “Wir sind sehr zufrieden, mit Dirk Lange einen Geschäftsführer gewonnen zu haben, dessen internationale Erfahrungen und strategische Kompetenz den Wachstumskurs von Poggenpohl nachhaltig vorantreiben werden”, betont Xiaowei Lin, Aufsichtsratsvorsitzender von Poggenpohl. Im vergangenen September hatte die chinesische Jomoo Group Poggenpohl aus Herford übernommen. Lange hat langjährige Erfahrungen bei deutschen und amerikanischen Herstellern für Sanitär- und Innenausstattung gesammelt. Der 56-Jährige leitete zuvor sieben Jahre lang die Geschäfte des Bauunternehmens Züblin in China. Zuletzt war Lange als selbstständiger Führungs- und Strategieberater mit Büros in Shanghai und Stuttgart tätig und hat mittelständische Unternehmen beim Ausbau ihrer Asiengeschäfte unterstützt.

    Alania Hsu Concepcion ist neue Leiterin des Investment-Management-Teams bei Deutsche Bank Wealth Management in Südostasien. Concepcion ist erst vor kurzem nach Singapur zurückgekehrt aus Europa, wo sie im Bereich ESG und Fintech tätig war. Davor war Concepcion Leiterin der Anlageberatung der Credit Suisse für Singapur und Malaysia. Zuvor war sie Co-Leitung beim Private Banking Sales der Barclays Bank und leitete ein Team, das für die Strukturierung, den Vertrieb und den Handel von Kapitalmarktprodukten für Privatbanken und Family Offices in Singapur und Hongkong verantwortlich war. Zu Beginn ihrer Karriere hat sie als Spezialistin für festverzinsliche Wertpapiere und Derivate bei Credit Suisse und Merril Lynch Institutionen und Firmenkunden betreut.

    Dessert

    Chinas Tischtennisspieler Zhao Shuai (26) hat bei den Paralympics in Tokio die Goldmedaille gewonnen. Für Zhao ist der Sieg ein Triple: Schon bei den Sommerparalympics 2012 gewann er die C8-Einzel, vier Jahre später in Rio verteidigte seinen Titel. All das gelingt Zhao ohne seinen linken Arm. Dieser wurde ihm nach einem Autounfall im Alter von vier Jahren abgenommen.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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