die Stratcom ist eine wichtige Abteilung des Europäischen Auswärtigen Dienstes in der EU. Sie filtert Lügen, Propaganda und Falschinformationen mit Ursprung in Russland oder der Volksrepublik China aus Sozialmedien und offiziellen staatlichen Kanälen heraus.
Die Aufgabe der Stratcom ist es, die Mitgliedsstaaten der EU darüber zu informieren, wenn der Lügendetektor die autokratischen Regime mal wieder überführt hat. Was übrigens schon seit Jahren der Fall ist und jüngst immer öfter vorkommt. In den Mitgliedsstaaten soll dann entsprechend gegengesteuert werden, um die Wirkungen von Lügen und Propaganda ins Leere laufen zu lassen.
Das Problem der Stratcom aber ist es, dass sie völlig unterfinanziert ist und im Bezug auf die Volksrepublik China mit keinem politischen Mandat der EU ausgestattet ist. Das hemmt ihre Tätigkeit und mindert die Wertschätzung für ihre Arbeit. Beides ist fatal. Denn die digitale Welt ist eines der zentralen Schlachtfelder im Kampf der politischen Systeme im 21. Jahrhundert. Russland ist zurzeit zwar in aller Munde. Aber es ist die Volksrepublik China, die ein noch größeres Arseanl in die Informationsschlacht führt.
Ihre Regierung ist nicht nur technologisch bestens ausgerüstet. Sie verfügt dazu noch über finanzielle Möglichkeiten, die ihresgleichen suchen, und Abermillionen Arbeitsbienen, die sie für den Frontalangriff auf unsere Werte und unser Weltbild einsetzen kann. Die Stratcom ist bislang nur ein schwacher Schutzschild.
“China vor dem Kommunismus” lautet der Untertitel des Show-Spektakels Shen Yun, das am 29. und 31. März in Berlin gastiert. Auf den vielen Plakaten sieht man eine ins Bild springende Tänzerin in Hanfu-Kleidung, die weiten Ärmel wie zwei Flügel aufgespannt. Shen Yun verbindet Akrobatik und Musik mit traditionellen chinesischen Elementen. Doch das 80-köpfige Ensemble ist weit davon entfernt, ein chinesischer Staatszirkus zu sein. Hinter Shen Yun steht Falun Gong, eine auch als Falun Dafa bekannte spirituelle Bewegung, die in China verboten ist. Ihre Mitglieder haben sich im Exil zu einer mächtigen Stimme gegen Peking zusammengeschlossen. In diesem Kontext ist auch der Titel der Veranstaltung zu verstehen: Für die Macher von Shen Yun endete die 5.000-jährige Zivilisation Chinas mit der Machtübernahme durch die Kommunisten.
Dabei waren sich Falun Gong und die kommunistische Partei Chinas nicht immer feindlich gesinnt. Als ihre Techniken zur Ertüchtigung von Körper und Geist Mitte der 90er-Jahre Bekanntheit erlangten, wurden sie von der Partei zunächst als Praktik zur Stärkung der Volksgesundheit willkommen geheißen. Hohe Kader und ganze Polizeieinheiten ließen sich von Falun-Gong-Gründer Li Hongzhi persönlich behandeln. Die Bewegung konnte nicht auf “ausländische Kräfte” zurückgeführt werden. Symbole, Terminologie und Techniken bedienen sich bei Buddhismus, Taoismus und traditionellem Qi-Gong.
Mit seinen religiösen und moralischen Bezügen bot Falun Gong vielen Chinesen, die von den Veränderungen der Reform und Öffnungspolitik überfordert waren, einen Halt. Auf ihrem Höhepunkt sollen der Bewegung zwischen 70 und 100 Millionen Chinesen angehört haben – mehr als die kommunistische Partei in China Mitglieder hatte. Damit war für Peking die kritische Masse erreicht, zumal die effizient strukturierte Organisation vor Protesten nicht zurückschreckte. Am 25. April 1999 demonstrierten 10.000 Anhänger wegen kritischer Berichterstattung in einigen staatlichen Medien vor dem Regierungssitz in Peking. Am 22. Juli 1999 verbot Chinas Regierung Falun Gong dann mit der Begründung, es sei ein “böser Kult” und eine “verbrecherische Sekte”. Hunderttausende Anhänger entgingen Verhaftung und Folter, indem sie Li Hongzhi ins Exil folgten.
Vor allem in den USA lebte die Organisation als Massenbewegung weiter. Zudem entwickelte sie sich zum antikommunistischen Sprachrohr. Falun-Gong-Praktizierende starteten in den USA mehrsprachige Nachrichtenmedien wie die Zeitung Epoch Times, die in 36 Ländern erscheint und den Kabelsender New Tang Dynasty Television (NTD), der laut eigenen Angaben Korrespondenten in weltweit 70 Städten beschäftigt. Das inoffizielle Hauptquartier von Falun Gong befindet sich im Bundesstaat New York. Dort wurde im Jahr 2006 auch die Gruppe “Shen Yun Performing Arts” gegründet. Shen Yun hat, was Peking gerne hätte: kulturelle Soft Power. Die Show, die weltweit von rund 400 Tänzern und Tänzerinnen auf die Beine gestellt wird, ist regelmäßig in prestigeträchtigen Konzerthäusern auf der ganzen Welt ausverkauft. Dieses Jahr führt die Welttournee durch 81 Städte auf vier Kontinenten.
Der Erfolg von Shen Yun hat auch mit den massiven Werbeausgaben zu tun. Die Banner der Veranstaltung sind im Netz und in den urbanen Räumen so allgegenwärtig, dass sie sogar zum Internet-Meme wurden. Ein bekanntes zeigt “neue Bilder der Rover-Marssonde”: Weite Ebenen aus rotbraunem Sand, und mittendrin, als einziger Fixpunkt am Horizont ein Plakat von Shen Yun. Das Budget kommt zum einen aus den Ticketpreisen, die zwar je nach Stadt und Veranstaltungsort variieren, aber meist die Hundert-Euro-Marke knacken. In der Deutschen Oper in Berlin reicht die Preisspanne bei den Veranstaltungen Ende März von 72 bis 152 Euro.
Zum anderen tragen die vielen freiwilligen Helfer der lokalen Falun-Dafa-Vereine dazu bei, dass Shen Yun die Ausgaben niedrig halten kann. 2016, dem letzten Jahr, in dem offizielle Zahlen verfügbar sind, erzielte Shen Yun Einnahmen in Höhe von 22,5 Millionen US-Dollar, während die Ausgaben nur rund 7,3 Millionen US-Dollar betrugen. Dass Shen Yun zu Falun Gong gehört, wird nur subtil kommuniziert. Auf den ersten Blick soll die Darbietung der Tanzkompanie die chinesische Kultur repräsentieren. Einzelne Szenen stellen jedoch recht offensichtlich Repressionen gegen Falun-Gong-Anhänger dar: In schwarze Gewänder gekleidete Gesellen mit Hammer und Sichel auf dem Rücken knüppeln begleitet von Paukenschlägen meditierende Frauen nieder. Auch eine riesige Tsunami-Welle mit dem Konterfei von Karl Marx soll bereits Teil der Show gewesen sein.
Chinesische Auslandsvertretungen versuchen den vermeintlichen Kulturexport aus China zu boykottieren. Der deutsche Verfassungsschutz berichtete bereits 2008, dass das chinesische Generalkonsulat in München versucht haben soll, eine Deutschland-Tournee von Shen Yun zu verhindern, indem es dem deutschen Veranstalter mit Nachteilen drohte. Das historisch recht frei interpretierte Musical sei ganz offensichtlich keine kulturelle Darbietung, “sondern ein politisches Instrument von ‘Falun Gong’, um seine kultischen Botschaften zu predigen, Anti-China-Propaganda zu verbreiten und Spenden einzutreiben”, erklärt die chinesische Botschaft in den USA auf ihrer Webseite.
Ein dankbares Ziel für Kritik bietet dabei Falun-Gong-Gründer Li Hongzhi, der seit 1998 in den USA lebt und dort mit fragwürdigen Aussagen aufgefallen ist. In einem Interview mit dem Time-Magazin sprach Li von Außerirdischen, die mithilfe wissenschaftlicher Experimente Herr über die Menschheit werden wollen. An anderer Stelle erklärte er, dass die Seelen im Jenseits nach Hautfarbe getrennt würden und Homosexualität und Atheismus Geißeln der Moderne seien. Auch wenn viele Jünger seine kruden Ansichten teilen dürften, spielt Li als sichtbare Führungspersönlichkeit von Falun Gong offenbar keine Rolle mehr. Der 70-Jährige lebt zurückgezogen und kommuniziert fast ausschließlich durch Beiträge auf Falun-Gong-Webseiten.
In der chinesischen Geschichte waren die Herrschenden immer wieder von spirituellen Geheimbünden bedroht, etwa von der Taiping-Rebellion unter dem Christen Hong Xiuquan, die im 19. Jahrhundert Nanjing einnahm und die Stadt zur Himmlischen Hauptstadt erkläre. Doch diese und andere Bewegungen aus dem Volk schafften es nie, sich wie Falun Gong jenseits der Landesgrenzen dauerhaft zu etablieren. Chinas damaliger Staatschef Jiang Zemin wollte Falun Gong in den 90er-Jahren eigentlich innerhalb von 100 Tagen eliminieren. Das ist gründlich schiefgegangen. Durch das Verbot zu Hause hat sich Chinas Regierung einen global aufgestellten Gegenspieler geschaffen, den sie so schnell nicht wieder loswird.
Großbritannien zieht wegen des Nationalen Sicherheitsgesetzes überraschend seine Richter vom Obersten Gericht in Hongkong ab. “Wir sehen einen systematischen Verfall der Freiheit und Demokratie in Hongkong“, begründete die britische Außenministerin Liz Truss am Mittwoch in London den Schritt. Seit der Einführung des Sicherheitsgesetzes seien Meinungs- und Pressefreiheit systematisch unterdrückt worden. “Die Situation hat einen Kipppunkt erreicht, an dem es nicht länger haltbar für britische Richter ist, Teil des führenden Hongkonger Gerichts zu sein”, teilte Truss weiter mit. Man riskiere sonst, die Unterdrückung in Chinas Sonderverwaltungsregion zu legitimieren.
Der Supreme Court, das höchste britische Gericht, habe die Situation vor der Entscheidung zum Abzug der Richter in Kooperation mit der britischen Regierung kontinuierlich geprüft, hieß es in der Mitteilung. Seit der Rückgabe des Territoriums im Jahr 1997 sind britische Richter weiterhin in der Hongkongs Justiz tätig. Doch das Sicherheitsgesetz stelle einen Verstoß gegen die chinesisch-britische Gemeinsame Erklärung von 1984 dar, so Truss. Die Erklärung war Grundlage für die Übergabe gewesen. Das Nationale Sicherheitsgesetz ist seit Juni 2020 in Kraft. ari
Der Zufluss von Desinformationen aus China nach Europa hat im vergangenen Jahr deutlich zugenommen. Das geht aus dem Aktivitätenbericht 2021 der Taskforce Strategische Kommunikation (Stratcom) hervor. Die Abteilung gehört zum Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) und identifiziert Desinformation, Lügen und Einflussnahme aus dem Ausland.
Vor allem Desinformation im Zusammenhang mit dem Coronavirus haben zugenommen. Oft seien deren Ausgangspunkt Stellen gewesen, die “direkt oder indirekt mit chinesischen Behörden verbunden sind”. Chinesische Beamte und staatlich kontrollierte Medien hätten Behauptungen verbreitet, “die Zweifel am Ursprung des Virus und der Sicherheit westlicher Impfstoffe säen”.
Zudem habe China “systematisch die Botschaft verbreitet, dass sein eigenes Regierungssystem eine bessere Alternative zu westlichen Demokratien ist“. Dabei habe es vermehrt Übereinstimmungen mit und “Verstärkung von Pro-Kreml-Verschwörungserzählungen” durch chinesische Akteure gegeben. Diese Tendenz sei zuletzt auch beim Ukraine-Krieg deutlich geworden, hieß es in dem Stratcom-Bericht.
Die Art und Weise der Desinformation aus der Volksrepublik zeichnete sich oft durch “schroffe Botschaften über offizielle Kanäle” aus, so Stratcom. Auch werde versucht, kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen oder über Influencer positive Narrative über China zu verbreiten. Vor allem im Westbalkan habe China zunehmenden Einfluss auf Medien und in sozialen Netzwerken.
Zuletzt hatte das EU-Parlament eine schärfere Vorgehensweise gegen Desinformationskampagnen und ausländische Einflussnahme gefordert (China.Table berichtete). ari
Schlangestehen für Massentests und Restaurant-Gerichte nur noch für zu Hause: Die 26 Millionen Einwohner von Shanghai arrangieren sich mit dem Ausnahmezustand. Ab Montag hatte die Stadtverwaltung sie überraschend in einen Lockdown geschickt, um die Verbreitung von Sars-CoV-2 aufzuhalten. Nachdem Omikron in der dicht bevölkerten Metropole Fuß gefasst hatte, stieg die Sorge vor Hongkonger Verhältnissen. Allein für Sonntag wurden in Shanghai 3450 asymptomatische Corona-Fälle gemeldet.
Das öffentliche Leben wird wegen der steigenden Zahl von Coronavirus-Neuinfektionen in zwei Stufen bis zum 05. April heruntergefahren. Zuerst gehen die neueren Stadtbezirke in Pudong (östlich des Huangpu-Flusses) bis 1. April in den Lockdown. Dann folgt Puxi (westlich des Huangpu) bis zum 5. April. Brücken und Tunnel wurden geschlossen, damit sich die Bewohner der Bereiche nicht mehr mischen.
Auch die öffentlichen Verkehrsmittel wie U-Bahnen und Busse fahren seit Sonntagabend nicht mehr. Wohnblocks sind mit gelben Wandelementen aus Plastik abgeriegelt. Die Polizei ermahnt die Bürgerinnen und Bürger zu Einhaltung der Vorschriften. Es gilt eine Ausgangssperre für große Teile des Stadtgebiets. Mitarbeiter der meisten Unternehmen dürften nur noch im Homeoffice arbeiten.
Unterdessen bildeten sich lange Schlangen an den Testzentren. Jeder Bürger soll zweimal getestet werden, um die Infektionen in der Bevölkerung aufzuspüren. “Der Ausbruch in Shanghai ist dadurch gekennzeichnet, dass es regionale Anhäufungen gibt und Infektionen über die Stadt verteilt sind”, sagte Wu Fan von der Pandemie-Taskforce der Stadtregierung. Der plötzlich verhängte Lockdown führte aber auch zu Problemen. Lieferdienste sind von den vielen Bestellungen überfordert, Firmen stehen ohne Mitarbeiter da.
In den Supermärkten sind viele Regale leer: Kurz vor Beginn des Lockdowns in Shanghai nutzten etliche Einwohner der Metropole die letzte Chance vor der Isolation, um noch einmal ihre Vorräte aufzustocken. Zwar soll der Lockdown auf wenige Tage beschränkt sein. Doch die Kaufwut der Bürger:innen deutet darauf hin, dass sie der Ankündigung nicht so recht trauen und sich vorsichtshalber auf eine längere Ausgangssperre vorbereiten.
Vom Lockdown betroffen sein können auch die mehr als 2.100 deutschen Unternehmen, die nach Angaben der Auslandshandelskammer dort aktiv sind. ThyssenKrupp etwa ist vor Ort unter anderem mit einem Werk vertreten, das Lenkungen und Dämpfer für die Automobilindustrie herstellt. Die Produktion werde aufrechterhalten, erklärte das Unternehmen. In dem Werk sind mehrere hundert Mitarbeiter beschäftigt.
Die Deutsche Post hat derweil ihr großes Luftfracht-Drehkreuzes am Flughafen Pudong vorübergehend stillgelegt. Das dortige Drehkreuz ist der Sprecherin zufolge einer von vier Umschlagplätzen des DHL-Netzwerkes in der Region, weitere gibt es in Hongkong, Tokio und Singapur. Das Unternehmen versprach, seine Logistik-Kunden über die weitere Entwicklung auf dem Laufenden zu halten.
Die deutsche Wirtschaft befürchtet wegen des Corona-Lockdowns vor allem Probleme für die ohnehin schon angespannten Lieferketten. “Die Stimmung unter den deutschen Unternehmern ist vor dem Hintergrund des neuerlichen Lockdowns und von ohnehin gedämpften Wachstumserwartungen merklich eingetrübt”, sagte der Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Volker Treier, der Nachrichtenagentur Reuters.
Noch arbeitet der Hafen in Shanghai aber wie üblich. “Dadurch könnten sich Schäden für globale Lieferketten in Grenzen halten”, sagte Handelsexperte Vincent Stamer vom Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW). “Probleme beim Transport der Waren zum Hafen könnten sich allerdings auch als längere Lieferzeiten von Gütern nach Deutschland äußern.” fin/rtr/grz
Chinesische Streamingplattformen wie Iqiyi oder QQ-Video haben über Nacht alle Filme entfernt, in denen der Hollywood-Star Keanu Reeves eine Rolle spielt, darunter bekannte Blockbuster wie “Matrix” oder “Speed”. Reeves chinesischer Name “Jinu Liweisi” erzielt keine Suchergebnisse auf den Kanälen mehr. Einzig und allein der Animationsfilm “Toy Story 4” sei noch auffindbar, schreibt die LA Times. Reeves hatte darin eine Sprecherrolle. In den Credits der Synchronsprecher taucht er allerdings ebenfalls nicht mehr auf.
Der Hintergrund der Löschung dürfte ein Auftritt Reeves bei einem Online-Event der New Yorker Non-Profit-Organisation Tibet House am 3. März gewesen sein. Die 1987 gegründete Organisation steht dem Dalai Lama nahe und setzt sich für die Freiheit Tibets ein. Andere Stars wie Lady Gaga, Richard Gere oder Björk waren in der Vergangenheit wegen ihres Engagements für Tibet oder Verbindungen zum Dalai Lama bereits auf schwarze Listen gesetzt worden.
Reeves, dessen Familie chinesische Wurzeln hat, ist seit den 90er-Jahren ein bekannter Name in China. Zuletzt hatte er seine Zusammenarbeit mit der chinesischen Filmindustrie noch vertieft. Sein Regiedebüt “Man of Tai Chi” aus dem Jahr 2013 war eine amerikanisch-chinesische Koproduktion, die von der staatlichen China Film Group gefördert und größtenteils in China abgedreht wurde. In diesem Jahr unterzeichnete Reeves Firma Company Films einen Vertrag mit Fundamental Films aus Shanghai, um weitere Projekte mit China-Bezug zu realisieren.
China war 2021 mit Einnahmen von 7,4 Milliarden US-Dollar zum zweiten Mal in Folge der größte Filmmarkt der Welt. In Hollywood sind Filmproduzenten aus China längst der größte Geldgeber, was dazu führt, dass die Chinesen auch inhaltlich immer mehr Einfluss nehmen können. Gleichzeitig werden in China jährlich nur 38 ausländische Filme in den heimischen Kinos zugelassen. fpe
Drei Stunden benötigte das Pekinger Gericht am Donnerstag, um den Fall Cheng Lei mit der Angeklagten persönlich zu erörtern. Drei Stunden genügten der chinesischen Rechtssprechung, um den schweren Vorwurf der Weitergabe von Staatsgeheimnissen abschließend bewerten zu können. Der winzig kurze Zeitraum steht im Widerspruch zu der langen Ungewissheit, in der die zweifache Mutter zuvor gehalten wurde. Denn die chinesische Justiz hatte sich viel Zeit genommen, ehe sie ihr am Donnerstag den Prozess machte.
Vor 19 Monaten wurde die Australierin mit chinesischen Wurzeln in Gewahrsam genommen. Ein knappes halbes Jahr lang war ihr Aufenthaltsort unbekannt. Ebenso wusste niemand, warum sie überhaupt verhaftet worden war. Das war nach chinesischem Gesetz legal: Die Polizei kann Verdächtige bis zu sechs Monate unter RSDL (Residential Surveillance at a Designated Location) setzen. Während dieser Zeit muss sie ihr weder einen Anwalt gewähren, noch irgendjemanden über ihren Aufenthaltsort informieren.
Erst im August 2020 teilten chinesische Behörden den australischen Kollegen:innen mit, dass Cheng Lei formal verhaftet und des Geheimnisverrats beschuldigt wurde. Der Fall schlug hohe Wellen. Nicht nur in der internationalen Gemeinschaft in Peking, wo sie als alleinerziehende Mutter bereitwillig private Tipps gab, welche Kindergärten für ausländische Familien am besten infrage kommen, sondern auch in weiten Teilen Chinas, Australien und großen Teil des politischen Westens.
Cheng hatte acht Jahre lang für Chinas staatlichen Auslandssender CGTN gearbeitet. Dem dortigen Publikum war sie als Moderatorin von Nachrichtensendungen bekannt. Sie machte nie einen Hehl daraus, dass sie die liberale Geisteshaltung demokratischer Systeme wertschätzte. Als “Global Alumni” trat sie einst in einem Werbevideo für den Universitäts-Standort Australien auf, das sich an junge Chinesen:innen richtete. Australiens Bildungssystem “bringt dir nicht bei, einfach nur Anweisungen zu befolgen, sondern es erlaubt dir die Freiheit, dir deine eigenen Gedanken zu machen”, sagte sie darin.
Solche eigenen Gedanken formulierte sie auch bis zuletzt während ihrer Zeit bei CGTN. Als australische Staatsbürgerin, die mit ihren Eltern als Neunjährige aus China nach Down Under ausgewandert war, ließ sie es sich nicht nehmen, im Internet Kritik an Staatspräsident Xi Jinping zu äußern oder an der frühen Corona-Politik der chinesischen Regierung. Ob diese Äußerungen mit ihrer späteren Ingewahrsamnahme zu tun hatten, ist nicht sicher.
Staatliche chinesische Medien halten sich zwar in ihrer Berichterstattung streng an öffentliche Verlautbarungen durch die Regierung. Dennoch drangen Informationen über Sozialmedien an die Öffentlichkeit. Vor rund einem Jahr nahm sich eine Nutzerin bei Wechat des Falles an, die unter dem Namen “Kleine, süße Pekinger Melone” erstaunliches Detailwissen über Cheng Leis Privatleben sowie die Vorwürfe gegen sie preisgab.
Über dem Eintrag stand: “Wie wurde die berühmte CCTV-Moderatorin Cheng Lei, die ihr Mutterland verriet, zu einer australischen Spionin?” Und weiter unten hieß es: “China hat dir alles gegeben, aber du kommst als Werkzeug des Feindes.” Es folgten binnen kurzer Zeit weitere Posts in Sozialmedien von anderen Konten mit Pseudonymen zu dem Fall, alle mit dem gleichen Tenor. Später tauchte ein Video auf: “Spionage-CCTV-Moderatorin Cheng Lei: 20 Jahre lang hat sie sich im Staatsfernsehen versteckt und Staatsgeheimnisse gestohlen. Jetzt spricht sie schamlos von Ungerechtigkeiten.”
Dass solche Veröffentlichungen in derart hochrangigen staatlichen Angelegenheiten zufällig sind, scheint in einem derart stark kontrollierten Überwachungsstaat nahezu ausgeschlossen. “Diese Posts werden von Mitarbeitern des Ministeriums für Staatssicherheit geschrieben, um den öffentlichen Ton vorzugeben”, sagte Feng Chongyi von der University of Technology Sydney dem australischen Rundfunk ABC. Feng war vor vier Jahren während eines Besuchs in China eine Woche lang selbst inhaftiert worden.
Nach Cheng Leis formeller Verhaftung war es australischen Diplomaten einmal monatlich erlaubt, sich mit ihr über Videotelefonate auszutauschen. Die Themen allerdings wurden von chinesischer Seite ausgewählt. Australiens Botschafter Graham Fletcher wurde am Donnerstag zudem der Einlass in den Gerichtssaal verwehrt. Die australische Regierung hatte im Vorfeld des Prozesses um ein Mindestmaß an Rechtsstaatlichkeit gebeten.
Die größten Leidtragenden des Falls sind aber wohl die beiden zwölf- und zehnjährigen Kinder der 46-Jährigen. Die Mutter hatte das Mädchen und den Jungen kurz vor ihrem Verschwinden nach Melbourne zur Großmutter gebracht. Cheng Lei hatte wegen des Coronavirus-Ausbruchs in China kurzfristig entschieden, die beiden außer Landes zu schaffen. Seit mehr als anderthalb Jahren haben sie ihre Mutter nicht mehr gesehen.
Schlimmstenfalls könnte sich dieser Zustand dauerhaft fortsetzen, wenn die Richter eine lebenslange Haftstrafe aussprechen. Möglich ist das, als wahrscheinlich gilt es dennoch nicht. Üblich sind bei solchen Anklagen Haftstrafen von fünf bis zehn Jahren Dauer. Ein möglicher Schuldspruch und das Strafmaß werden zu einem späteren Zeitpunkt von der chinesischen Justiz verkündet. Üblicherweise hat sie es dabei weniger eilig als bei der Verhandlung selbst. Marcel Grzanna
die Stratcom ist eine wichtige Abteilung des Europäischen Auswärtigen Dienstes in der EU. Sie filtert Lügen, Propaganda und Falschinformationen mit Ursprung in Russland oder der Volksrepublik China aus Sozialmedien und offiziellen staatlichen Kanälen heraus.
Die Aufgabe der Stratcom ist es, die Mitgliedsstaaten der EU darüber zu informieren, wenn der Lügendetektor die autokratischen Regime mal wieder überführt hat. Was übrigens schon seit Jahren der Fall ist und jüngst immer öfter vorkommt. In den Mitgliedsstaaten soll dann entsprechend gegengesteuert werden, um die Wirkungen von Lügen und Propaganda ins Leere laufen zu lassen.
Das Problem der Stratcom aber ist es, dass sie völlig unterfinanziert ist und im Bezug auf die Volksrepublik China mit keinem politischen Mandat der EU ausgestattet ist. Das hemmt ihre Tätigkeit und mindert die Wertschätzung für ihre Arbeit. Beides ist fatal. Denn die digitale Welt ist eines der zentralen Schlachtfelder im Kampf der politischen Systeme im 21. Jahrhundert. Russland ist zurzeit zwar in aller Munde. Aber es ist die Volksrepublik China, die ein noch größeres Arseanl in die Informationsschlacht führt.
Ihre Regierung ist nicht nur technologisch bestens ausgerüstet. Sie verfügt dazu noch über finanzielle Möglichkeiten, die ihresgleichen suchen, und Abermillionen Arbeitsbienen, die sie für den Frontalangriff auf unsere Werte und unser Weltbild einsetzen kann. Die Stratcom ist bislang nur ein schwacher Schutzschild.
“China vor dem Kommunismus” lautet der Untertitel des Show-Spektakels Shen Yun, das am 29. und 31. März in Berlin gastiert. Auf den vielen Plakaten sieht man eine ins Bild springende Tänzerin in Hanfu-Kleidung, die weiten Ärmel wie zwei Flügel aufgespannt. Shen Yun verbindet Akrobatik und Musik mit traditionellen chinesischen Elementen. Doch das 80-köpfige Ensemble ist weit davon entfernt, ein chinesischer Staatszirkus zu sein. Hinter Shen Yun steht Falun Gong, eine auch als Falun Dafa bekannte spirituelle Bewegung, die in China verboten ist. Ihre Mitglieder haben sich im Exil zu einer mächtigen Stimme gegen Peking zusammengeschlossen. In diesem Kontext ist auch der Titel der Veranstaltung zu verstehen: Für die Macher von Shen Yun endete die 5.000-jährige Zivilisation Chinas mit der Machtübernahme durch die Kommunisten.
Dabei waren sich Falun Gong und die kommunistische Partei Chinas nicht immer feindlich gesinnt. Als ihre Techniken zur Ertüchtigung von Körper und Geist Mitte der 90er-Jahre Bekanntheit erlangten, wurden sie von der Partei zunächst als Praktik zur Stärkung der Volksgesundheit willkommen geheißen. Hohe Kader und ganze Polizeieinheiten ließen sich von Falun-Gong-Gründer Li Hongzhi persönlich behandeln. Die Bewegung konnte nicht auf “ausländische Kräfte” zurückgeführt werden. Symbole, Terminologie und Techniken bedienen sich bei Buddhismus, Taoismus und traditionellem Qi-Gong.
Mit seinen religiösen und moralischen Bezügen bot Falun Gong vielen Chinesen, die von den Veränderungen der Reform und Öffnungspolitik überfordert waren, einen Halt. Auf ihrem Höhepunkt sollen der Bewegung zwischen 70 und 100 Millionen Chinesen angehört haben – mehr als die kommunistische Partei in China Mitglieder hatte. Damit war für Peking die kritische Masse erreicht, zumal die effizient strukturierte Organisation vor Protesten nicht zurückschreckte. Am 25. April 1999 demonstrierten 10.000 Anhänger wegen kritischer Berichterstattung in einigen staatlichen Medien vor dem Regierungssitz in Peking. Am 22. Juli 1999 verbot Chinas Regierung Falun Gong dann mit der Begründung, es sei ein “böser Kult” und eine “verbrecherische Sekte”. Hunderttausende Anhänger entgingen Verhaftung und Folter, indem sie Li Hongzhi ins Exil folgten.
Vor allem in den USA lebte die Organisation als Massenbewegung weiter. Zudem entwickelte sie sich zum antikommunistischen Sprachrohr. Falun-Gong-Praktizierende starteten in den USA mehrsprachige Nachrichtenmedien wie die Zeitung Epoch Times, die in 36 Ländern erscheint und den Kabelsender New Tang Dynasty Television (NTD), der laut eigenen Angaben Korrespondenten in weltweit 70 Städten beschäftigt. Das inoffizielle Hauptquartier von Falun Gong befindet sich im Bundesstaat New York. Dort wurde im Jahr 2006 auch die Gruppe “Shen Yun Performing Arts” gegründet. Shen Yun hat, was Peking gerne hätte: kulturelle Soft Power. Die Show, die weltweit von rund 400 Tänzern und Tänzerinnen auf die Beine gestellt wird, ist regelmäßig in prestigeträchtigen Konzerthäusern auf der ganzen Welt ausverkauft. Dieses Jahr führt die Welttournee durch 81 Städte auf vier Kontinenten.
Der Erfolg von Shen Yun hat auch mit den massiven Werbeausgaben zu tun. Die Banner der Veranstaltung sind im Netz und in den urbanen Räumen so allgegenwärtig, dass sie sogar zum Internet-Meme wurden. Ein bekanntes zeigt “neue Bilder der Rover-Marssonde”: Weite Ebenen aus rotbraunem Sand, und mittendrin, als einziger Fixpunkt am Horizont ein Plakat von Shen Yun. Das Budget kommt zum einen aus den Ticketpreisen, die zwar je nach Stadt und Veranstaltungsort variieren, aber meist die Hundert-Euro-Marke knacken. In der Deutschen Oper in Berlin reicht die Preisspanne bei den Veranstaltungen Ende März von 72 bis 152 Euro.
Zum anderen tragen die vielen freiwilligen Helfer der lokalen Falun-Dafa-Vereine dazu bei, dass Shen Yun die Ausgaben niedrig halten kann. 2016, dem letzten Jahr, in dem offizielle Zahlen verfügbar sind, erzielte Shen Yun Einnahmen in Höhe von 22,5 Millionen US-Dollar, während die Ausgaben nur rund 7,3 Millionen US-Dollar betrugen. Dass Shen Yun zu Falun Gong gehört, wird nur subtil kommuniziert. Auf den ersten Blick soll die Darbietung der Tanzkompanie die chinesische Kultur repräsentieren. Einzelne Szenen stellen jedoch recht offensichtlich Repressionen gegen Falun-Gong-Anhänger dar: In schwarze Gewänder gekleidete Gesellen mit Hammer und Sichel auf dem Rücken knüppeln begleitet von Paukenschlägen meditierende Frauen nieder. Auch eine riesige Tsunami-Welle mit dem Konterfei von Karl Marx soll bereits Teil der Show gewesen sein.
Chinesische Auslandsvertretungen versuchen den vermeintlichen Kulturexport aus China zu boykottieren. Der deutsche Verfassungsschutz berichtete bereits 2008, dass das chinesische Generalkonsulat in München versucht haben soll, eine Deutschland-Tournee von Shen Yun zu verhindern, indem es dem deutschen Veranstalter mit Nachteilen drohte. Das historisch recht frei interpretierte Musical sei ganz offensichtlich keine kulturelle Darbietung, “sondern ein politisches Instrument von ‘Falun Gong’, um seine kultischen Botschaften zu predigen, Anti-China-Propaganda zu verbreiten und Spenden einzutreiben”, erklärt die chinesische Botschaft in den USA auf ihrer Webseite.
Ein dankbares Ziel für Kritik bietet dabei Falun-Gong-Gründer Li Hongzhi, der seit 1998 in den USA lebt und dort mit fragwürdigen Aussagen aufgefallen ist. In einem Interview mit dem Time-Magazin sprach Li von Außerirdischen, die mithilfe wissenschaftlicher Experimente Herr über die Menschheit werden wollen. An anderer Stelle erklärte er, dass die Seelen im Jenseits nach Hautfarbe getrennt würden und Homosexualität und Atheismus Geißeln der Moderne seien. Auch wenn viele Jünger seine kruden Ansichten teilen dürften, spielt Li als sichtbare Führungspersönlichkeit von Falun Gong offenbar keine Rolle mehr. Der 70-Jährige lebt zurückgezogen und kommuniziert fast ausschließlich durch Beiträge auf Falun-Gong-Webseiten.
In der chinesischen Geschichte waren die Herrschenden immer wieder von spirituellen Geheimbünden bedroht, etwa von der Taiping-Rebellion unter dem Christen Hong Xiuquan, die im 19. Jahrhundert Nanjing einnahm und die Stadt zur Himmlischen Hauptstadt erkläre. Doch diese und andere Bewegungen aus dem Volk schafften es nie, sich wie Falun Gong jenseits der Landesgrenzen dauerhaft zu etablieren. Chinas damaliger Staatschef Jiang Zemin wollte Falun Gong in den 90er-Jahren eigentlich innerhalb von 100 Tagen eliminieren. Das ist gründlich schiefgegangen. Durch das Verbot zu Hause hat sich Chinas Regierung einen global aufgestellten Gegenspieler geschaffen, den sie so schnell nicht wieder loswird.
Großbritannien zieht wegen des Nationalen Sicherheitsgesetzes überraschend seine Richter vom Obersten Gericht in Hongkong ab. “Wir sehen einen systematischen Verfall der Freiheit und Demokratie in Hongkong“, begründete die britische Außenministerin Liz Truss am Mittwoch in London den Schritt. Seit der Einführung des Sicherheitsgesetzes seien Meinungs- und Pressefreiheit systematisch unterdrückt worden. “Die Situation hat einen Kipppunkt erreicht, an dem es nicht länger haltbar für britische Richter ist, Teil des führenden Hongkonger Gerichts zu sein”, teilte Truss weiter mit. Man riskiere sonst, die Unterdrückung in Chinas Sonderverwaltungsregion zu legitimieren.
Der Supreme Court, das höchste britische Gericht, habe die Situation vor der Entscheidung zum Abzug der Richter in Kooperation mit der britischen Regierung kontinuierlich geprüft, hieß es in der Mitteilung. Seit der Rückgabe des Territoriums im Jahr 1997 sind britische Richter weiterhin in der Hongkongs Justiz tätig. Doch das Sicherheitsgesetz stelle einen Verstoß gegen die chinesisch-britische Gemeinsame Erklärung von 1984 dar, so Truss. Die Erklärung war Grundlage für die Übergabe gewesen. Das Nationale Sicherheitsgesetz ist seit Juni 2020 in Kraft. ari
Der Zufluss von Desinformationen aus China nach Europa hat im vergangenen Jahr deutlich zugenommen. Das geht aus dem Aktivitätenbericht 2021 der Taskforce Strategische Kommunikation (Stratcom) hervor. Die Abteilung gehört zum Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) und identifiziert Desinformation, Lügen und Einflussnahme aus dem Ausland.
Vor allem Desinformation im Zusammenhang mit dem Coronavirus haben zugenommen. Oft seien deren Ausgangspunkt Stellen gewesen, die “direkt oder indirekt mit chinesischen Behörden verbunden sind”. Chinesische Beamte und staatlich kontrollierte Medien hätten Behauptungen verbreitet, “die Zweifel am Ursprung des Virus und der Sicherheit westlicher Impfstoffe säen”.
Zudem habe China “systematisch die Botschaft verbreitet, dass sein eigenes Regierungssystem eine bessere Alternative zu westlichen Demokratien ist“. Dabei habe es vermehrt Übereinstimmungen mit und “Verstärkung von Pro-Kreml-Verschwörungserzählungen” durch chinesische Akteure gegeben. Diese Tendenz sei zuletzt auch beim Ukraine-Krieg deutlich geworden, hieß es in dem Stratcom-Bericht.
Die Art und Weise der Desinformation aus der Volksrepublik zeichnete sich oft durch “schroffe Botschaften über offizielle Kanäle” aus, so Stratcom. Auch werde versucht, kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen oder über Influencer positive Narrative über China zu verbreiten. Vor allem im Westbalkan habe China zunehmenden Einfluss auf Medien und in sozialen Netzwerken.
Zuletzt hatte das EU-Parlament eine schärfere Vorgehensweise gegen Desinformationskampagnen und ausländische Einflussnahme gefordert (China.Table berichtete). ari
Schlangestehen für Massentests und Restaurant-Gerichte nur noch für zu Hause: Die 26 Millionen Einwohner von Shanghai arrangieren sich mit dem Ausnahmezustand. Ab Montag hatte die Stadtverwaltung sie überraschend in einen Lockdown geschickt, um die Verbreitung von Sars-CoV-2 aufzuhalten. Nachdem Omikron in der dicht bevölkerten Metropole Fuß gefasst hatte, stieg die Sorge vor Hongkonger Verhältnissen. Allein für Sonntag wurden in Shanghai 3450 asymptomatische Corona-Fälle gemeldet.
Das öffentliche Leben wird wegen der steigenden Zahl von Coronavirus-Neuinfektionen in zwei Stufen bis zum 05. April heruntergefahren. Zuerst gehen die neueren Stadtbezirke in Pudong (östlich des Huangpu-Flusses) bis 1. April in den Lockdown. Dann folgt Puxi (westlich des Huangpu) bis zum 5. April. Brücken und Tunnel wurden geschlossen, damit sich die Bewohner der Bereiche nicht mehr mischen.
Auch die öffentlichen Verkehrsmittel wie U-Bahnen und Busse fahren seit Sonntagabend nicht mehr. Wohnblocks sind mit gelben Wandelementen aus Plastik abgeriegelt. Die Polizei ermahnt die Bürgerinnen und Bürger zu Einhaltung der Vorschriften. Es gilt eine Ausgangssperre für große Teile des Stadtgebiets. Mitarbeiter der meisten Unternehmen dürften nur noch im Homeoffice arbeiten.
Unterdessen bildeten sich lange Schlangen an den Testzentren. Jeder Bürger soll zweimal getestet werden, um die Infektionen in der Bevölkerung aufzuspüren. “Der Ausbruch in Shanghai ist dadurch gekennzeichnet, dass es regionale Anhäufungen gibt und Infektionen über die Stadt verteilt sind”, sagte Wu Fan von der Pandemie-Taskforce der Stadtregierung. Der plötzlich verhängte Lockdown führte aber auch zu Problemen. Lieferdienste sind von den vielen Bestellungen überfordert, Firmen stehen ohne Mitarbeiter da.
In den Supermärkten sind viele Regale leer: Kurz vor Beginn des Lockdowns in Shanghai nutzten etliche Einwohner der Metropole die letzte Chance vor der Isolation, um noch einmal ihre Vorräte aufzustocken. Zwar soll der Lockdown auf wenige Tage beschränkt sein. Doch die Kaufwut der Bürger:innen deutet darauf hin, dass sie der Ankündigung nicht so recht trauen und sich vorsichtshalber auf eine längere Ausgangssperre vorbereiten.
Vom Lockdown betroffen sein können auch die mehr als 2.100 deutschen Unternehmen, die nach Angaben der Auslandshandelskammer dort aktiv sind. ThyssenKrupp etwa ist vor Ort unter anderem mit einem Werk vertreten, das Lenkungen und Dämpfer für die Automobilindustrie herstellt. Die Produktion werde aufrechterhalten, erklärte das Unternehmen. In dem Werk sind mehrere hundert Mitarbeiter beschäftigt.
Die Deutsche Post hat derweil ihr großes Luftfracht-Drehkreuzes am Flughafen Pudong vorübergehend stillgelegt. Das dortige Drehkreuz ist der Sprecherin zufolge einer von vier Umschlagplätzen des DHL-Netzwerkes in der Region, weitere gibt es in Hongkong, Tokio und Singapur. Das Unternehmen versprach, seine Logistik-Kunden über die weitere Entwicklung auf dem Laufenden zu halten.
Die deutsche Wirtschaft befürchtet wegen des Corona-Lockdowns vor allem Probleme für die ohnehin schon angespannten Lieferketten. “Die Stimmung unter den deutschen Unternehmern ist vor dem Hintergrund des neuerlichen Lockdowns und von ohnehin gedämpften Wachstumserwartungen merklich eingetrübt”, sagte der Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Volker Treier, der Nachrichtenagentur Reuters.
Noch arbeitet der Hafen in Shanghai aber wie üblich. “Dadurch könnten sich Schäden für globale Lieferketten in Grenzen halten”, sagte Handelsexperte Vincent Stamer vom Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW). “Probleme beim Transport der Waren zum Hafen könnten sich allerdings auch als längere Lieferzeiten von Gütern nach Deutschland äußern.” fin/rtr/grz
Chinesische Streamingplattformen wie Iqiyi oder QQ-Video haben über Nacht alle Filme entfernt, in denen der Hollywood-Star Keanu Reeves eine Rolle spielt, darunter bekannte Blockbuster wie “Matrix” oder “Speed”. Reeves chinesischer Name “Jinu Liweisi” erzielt keine Suchergebnisse auf den Kanälen mehr. Einzig und allein der Animationsfilm “Toy Story 4” sei noch auffindbar, schreibt die LA Times. Reeves hatte darin eine Sprecherrolle. In den Credits der Synchronsprecher taucht er allerdings ebenfalls nicht mehr auf.
Der Hintergrund der Löschung dürfte ein Auftritt Reeves bei einem Online-Event der New Yorker Non-Profit-Organisation Tibet House am 3. März gewesen sein. Die 1987 gegründete Organisation steht dem Dalai Lama nahe und setzt sich für die Freiheit Tibets ein. Andere Stars wie Lady Gaga, Richard Gere oder Björk waren in der Vergangenheit wegen ihres Engagements für Tibet oder Verbindungen zum Dalai Lama bereits auf schwarze Listen gesetzt worden.
Reeves, dessen Familie chinesische Wurzeln hat, ist seit den 90er-Jahren ein bekannter Name in China. Zuletzt hatte er seine Zusammenarbeit mit der chinesischen Filmindustrie noch vertieft. Sein Regiedebüt “Man of Tai Chi” aus dem Jahr 2013 war eine amerikanisch-chinesische Koproduktion, die von der staatlichen China Film Group gefördert und größtenteils in China abgedreht wurde. In diesem Jahr unterzeichnete Reeves Firma Company Films einen Vertrag mit Fundamental Films aus Shanghai, um weitere Projekte mit China-Bezug zu realisieren.
China war 2021 mit Einnahmen von 7,4 Milliarden US-Dollar zum zweiten Mal in Folge der größte Filmmarkt der Welt. In Hollywood sind Filmproduzenten aus China längst der größte Geldgeber, was dazu führt, dass die Chinesen auch inhaltlich immer mehr Einfluss nehmen können. Gleichzeitig werden in China jährlich nur 38 ausländische Filme in den heimischen Kinos zugelassen. fpe
Drei Stunden benötigte das Pekinger Gericht am Donnerstag, um den Fall Cheng Lei mit der Angeklagten persönlich zu erörtern. Drei Stunden genügten der chinesischen Rechtssprechung, um den schweren Vorwurf der Weitergabe von Staatsgeheimnissen abschließend bewerten zu können. Der winzig kurze Zeitraum steht im Widerspruch zu der langen Ungewissheit, in der die zweifache Mutter zuvor gehalten wurde. Denn die chinesische Justiz hatte sich viel Zeit genommen, ehe sie ihr am Donnerstag den Prozess machte.
Vor 19 Monaten wurde die Australierin mit chinesischen Wurzeln in Gewahrsam genommen. Ein knappes halbes Jahr lang war ihr Aufenthaltsort unbekannt. Ebenso wusste niemand, warum sie überhaupt verhaftet worden war. Das war nach chinesischem Gesetz legal: Die Polizei kann Verdächtige bis zu sechs Monate unter RSDL (Residential Surveillance at a Designated Location) setzen. Während dieser Zeit muss sie ihr weder einen Anwalt gewähren, noch irgendjemanden über ihren Aufenthaltsort informieren.
Erst im August 2020 teilten chinesische Behörden den australischen Kollegen:innen mit, dass Cheng Lei formal verhaftet und des Geheimnisverrats beschuldigt wurde. Der Fall schlug hohe Wellen. Nicht nur in der internationalen Gemeinschaft in Peking, wo sie als alleinerziehende Mutter bereitwillig private Tipps gab, welche Kindergärten für ausländische Familien am besten infrage kommen, sondern auch in weiten Teilen Chinas, Australien und großen Teil des politischen Westens.
Cheng hatte acht Jahre lang für Chinas staatlichen Auslandssender CGTN gearbeitet. Dem dortigen Publikum war sie als Moderatorin von Nachrichtensendungen bekannt. Sie machte nie einen Hehl daraus, dass sie die liberale Geisteshaltung demokratischer Systeme wertschätzte. Als “Global Alumni” trat sie einst in einem Werbevideo für den Universitäts-Standort Australien auf, das sich an junge Chinesen:innen richtete. Australiens Bildungssystem “bringt dir nicht bei, einfach nur Anweisungen zu befolgen, sondern es erlaubt dir die Freiheit, dir deine eigenen Gedanken zu machen”, sagte sie darin.
Solche eigenen Gedanken formulierte sie auch bis zuletzt während ihrer Zeit bei CGTN. Als australische Staatsbürgerin, die mit ihren Eltern als Neunjährige aus China nach Down Under ausgewandert war, ließ sie es sich nicht nehmen, im Internet Kritik an Staatspräsident Xi Jinping zu äußern oder an der frühen Corona-Politik der chinesischen Regierung. Ob diese Äußerungen mit ihrer späteren Ingewahrsamnahme zu tun hatten, ist nicht sicher.
Staatliche chinesische Medien halten sich zwar in ihrer Berichterstattung streng an öffentliche Verlautbarungen durch die Regierung. Dennoch drangen Informationen über Sozialmedien an die Öffentlichkeit. Vor rund einem Jahr nahm sich eine Nutzerin bei Wechat des Falles an, die unter dem Namen “Kleine, süße Pekinger Melone” erstaunliches Detailwissen über Cheng Leis Privatleben sowie die Vorwürfe gegen sie preisgab.
Über dem Eintrag stand: “Wie wurde die berühmte CCTV-Moderatorin Cheng Lei, die ihr Mutterland verriet, zu einer australischen Spionin?” Und weiter unten hieß es: “China hat dir alles gegeben, aber du kommst als Werkzeug des Feindes.” Es folgten binnen kurzer Zeit weitere Posts in Sozialmedien von anderen Konten mit Pseudonymen zu dem Fall, alle mit dem gleichen Tenor. Später tauchte ein Video auf: “Spionage-CCTV-Moderatorin Cheng Lei: 20 Jahre lang hat sie sich im Staatsfernsehen versteckt und Staatsgeheimnisse gestohlen. Jetzt spricht sie schamlos von Ungerechtigkeiten.”
Dass solche Veröffentlichungen in derart hochrangigen staatlichen Angelegenheiten zufällig sind, scheint in einem derart stark kontrollierten Überwachungsstaat nahezu ausgeschlossen. “Diese Posts werden von Mitarbeitern des Ministeriums für Staatssicherheit geschrieben, um den öffentlichen Ton vorzugeben”, sagte Feng Chongyi von der University of Technology Sydney dem australischen Rundfunk ABC. Feng war vor vier Jahren während eines Besuchs in China eine Woche lang selbst inhaftiert worden.
Nach Cheng Leis formeller Verhaftung war es australischen Diplomaten einmal monatlich erlaubt, sich mit ihr über Videotelefonate auszutauschen. Die Themen allerdings wurden von chinesischer Seite ausgewählt. Australiens Botschafter Graham Fletcher wurde am Donnerstag zudem der Einlass in den Gerichtssaal verwehrt. Die australische Regierung hatte im Vorfeld des Prozesses um ein Mindestmaß an Rechtsstaatlichkeit gebeten.
Die größten Leidtragenden des Falls sind aber wohl die beiden zwölf- und zehnjährigen Kinder der 46-Jährigen. Die Mutter hatte das Mädchen und den Jungen kurz vor ihrem Verschwinden nach Melbourne zur Großmutter gebracht. Cheng Lei hatte wegen des Coronavirus-Ausbruchs in China kurzfristig entschieden, die beiden außer Landes zu schaffen. Seit mehr als anderthalb Jahren haben sie ihre Mutter nicht mehr gesehen.
Schlimmstenfalls könnte sich dieser Zustand dauerhaft fortsetzen, wenn die Richter eine lebenslange Haftstrafe aussprechen. Möglich ist das, als wahrscheinlich gilt es dennoch nicht. Üblich sind bei solchen Anklagen Haftstrafen von fünf bis zehn Jahren Dauer. Ein möglicher Schuldspruch und das Strafmaß werden zu einem späteren Zeitpunkt von der chinesischen Justiz verkündet. Üblicherweise hat sie es dabei weniger eilig als bei der Verhandlung selbst. Marcel Grzanna