Table.Briefing: China

Ende von Diesel und Benziner + Auto-Software-Entwickler Banma

  • Verbietet Peking bald Diesel und Benziner?
  • Alibabas Autosoftware Entwickler Banma auf Siegeszug
  • Peking will Standards setzen
  • Autoverkäufe gehen zurück
  • Honda startet Elektro-Marke
  • Weltmeister Motors wirbt 260 Millionen Euro ein
  • CATL geht beim Batterie-Recycling voran
  • Steigende Nachfrage nach Lithium
  • Personalien: Neuer Chef bei Mahle
Liebe Leserin, lieber Leser,

trotz allem Klimaschutzgerede – die CO2-Emissionen in Chinas Verkehrssektor steigen rapide an. Kein Wunder: Obwohl in der Volksrepublik weltweit die meisten E-Autos verkauft werden, haben vier von fünf verkauften Neuwagen noch immer einen Verbrennungsmotor unter der Haube. Es verwundert daher nicht, dass auch in China über einen Verbrenner-Ausstieg diskutiert wird. Bisher hat die chinesische Führung noch kein Enddatum für das Aus von Diesel und Benzinern beschlossen. Noch setzt sie auf andere Mittel, um die Emissionen zu senken, analysiert Nico Beckert. 

Bei der Auto-Software-Enwicklung ist Alibaba ganz vorne dabei. Mit seinem Start-up Banma tüftelt der Tech-Riese am Auto der Zukunft, das immer mehr einem riesigen Smartphone auf Rädern ähnelt. Und längst sind es nicht mehr nur chinesische Autobauer, die auf Banma-Software setzen, sondern auch Volkswagen, wie Frank Sieren schreibt.

Und: Normung ist Macht. Das wusste auch Kaiser Qin und ließ 200 Jahre vor Christi Geburt die Spurbreite der Wagen, die Währung und die Maßeinheiten standardisieren. Das schuf die Grundlage für eine zentrale Verwaltung und für produktiven Handel zwischen den ehemals getrennten Fürstentümern. Bei den neuen Techniken des 21. Jahrhunderts will die jetzige chinesische Führung nicht hinten anstehen und versucht Standards für Industrie 4.0, das Internet der Dinge oder selbstfahrende Autos federführend zu setzen. Die EU schaut misstrauisch zu. 

Ihr
Felix Lee
Bild von Felix  Lee

Analyse

China diskutiert Verbrenner-Ausstieg

China ist einer der größten Märkte für Autos mit alternativen Antrieben. Fahrzeuge mit elektrischem, Wasserstoff- oder Hybrid-Antrieb (New Energy Vehicles – NEV) machen in der Volksrepublik mittlerweile 18 Prozent aller Autoverkäufe aus. Der Umstieg auf E-Autos läuft schneller als geplant. Pekings Ziel eines Anteils von NEV-Verkäufen von 20 Prozent für 2025 ist schon heute fast erreicht (China.Table berichtete). Gleichzeitig wachsen die CO2-Emissionen des Verkehrssektors massiv. Immerhin sind noch gut 80 Prozent aller verkauften Autos klimaschädliche Verbrenner. Welche Maßnahmen verfolgt Peking, um diesen Anteil weiter zu senken?

Beratungsgremium empfiehlt Verbrenner-Ausstieg

Bislang hat China kein Datum für den Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor bekannt gegeben. Ein hohes Beratungsgremium der chinesischen Regierung hat kürzlich jedoch “klare Wegmarken” für die “schrittweise Abschaffung von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor” vorgeschlagen. Der China Council for International Cooperation on Environment and Development (CCICED) hat in einem Bericht dargelegt, wie China zum Klimaschutz beitragen soll. Die Analysten von Trivium China nennen die Studie “wegweisend”. Das CCICED ist direkt mit dem Staatsrat verbunden. Den Vorsitz führt der stellvertretende Ministerpräsident Han Zheng.

Schon 2017 hat die Regierung einen möglichen Zeitplan für den Ausstieg aus Verbrenner-Autos diskutiert – war damals aber zu keinem Entschluss gekommen. Offizielle Regierungsdokumente sehen jedoch vor, dass batteriebetriebene E-Autos bis 2035 den Großteil der verkauften Autos ausmachen, ohne jedoch klare Zielmarken zu setzen, so Barbara Finamore, Energieexpertin und Autorin des Buchs “Will China Save the Planet?” gegenüber China.Table. Öffentliche Flottenfahrzeuge wie Busse, Taxis und Lieferfahrzeuge sollen ab 2035 komplett elektrisch fahren.

Verbrenner-Ausstieg industriepolitisch sinnvoll?

Auf den ersten Blick sprechen einige industriepolitische Argumente für einen baldigen Verbrenner-Ausstieg Chinas. 44 Prozent der weltweit hergestellten E-Autos wurden in den letzten zehn Jahren in China produziert. Die Volksrepublik dominiert die Produktion von E-Autobatterien und die Lieferketten für wichtige Batterierohstoffe. Die eigene Auto-Industrie ist im NEV-Bereich wettbewerbsfähiger als bei der Herstellung von Verbrennern.

Die Volksrepublik würde westlichen Wettbewerbern, die in China noch immer eine große Anzahl Verbrenner verkaufen, den Zugang zu einem wichtigen Markt abschneiden, beziehungsweise sie zwingen, nur noch E-Autos anzubieten. Allerdings würde das auch die einheimischen Joint-Venture-Partner westlicher Autobauer treffen und Arbeitsplätze in China vernichten.

Auch bei der Infrastruktur für E-Autos ist China im internationalen Vergleich sehr gut aufgestellt. Die Volksrepublik hat in den letzten Jahren zwei von drei weltweit gebauten Ladepunkten errichtet. In China teilen sich umgerechnet sechs Autos einen Ladepunkt, während es in Deutschland derzeit 17 Autos pro öffentlichem Ladepunkt sind (China.Table berichtete).

Doch zahlreiche und stärkere Argumente sprechen gegen einen schnellen Verbrenner-Ausstieg Chinas.

Finamore gibt zu bedenken, dass Chinas derzeitige wirtschaftliche Sorgen groß seien. Sie bezweifelt deswegen, dass “die chinesische Führung bereit wäre, das wirtschaftliche Risiko einzugehen, den Verkauf von Autos mit Verbrenner-Antrieb so schnell wie möglich einzustellen”. Die Autoindustrie sei ein viel zu wichtiger Wirtschaftsfaktor, sodass die Regierung kaum Risiken eingehen werde.

Ausstieg wäre risikobehaftet

Bei den Ladepunkten für E-Autos gilt in China der Grundsatz “Masse statt Klasse”. Besonders im ländlichen Raum sind einige Ladepunkte häufig defekt und schwer zu bedienen (China.Table berichtete). Finamore sagt: “Es wird in jedem Fall schwierig sein, dass sich E-Autos außerhalb der großen Städte durchsetzen werden.” Sie schreibt, die Regierung müsse “starke Unterstützung bereitstellen und das öffentliche Ladenetz des Landes weiter ausbauen”.

Auch Ilaria Mazzocco, China-Energieexpertin vom “Center for Strategic & International Studies”, hält einen Verbrenner-Ausstieg für unwahrscheinlich. China sei der größte Automarkt der Welt, sodass ein Ausstieg nicht leicht zu erreichen wäre. Mazzocco betont zudem: “In China gibt es viele ärmere ländliche Regionen mit begrenzter EV-Durchdringung, was einen Ausstieg zu einer großen Herausforderung macht.” Reichere Provinzen und vor allem die Boom-Städte könnten bei der Dekarbonisierung des Verkehrssektors jedoch auch Maßnahmen wie ein Verbrenner-Verbot in Betracht ziehen, so Mazzocco gegenüber dem China.Table.

Auch in der EU wird derzeit der Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor diskutiert. Die EU-Kommission hat im Juli dieses Jahres vorgeschlagen, die CO2-Emissionen von Neufahrzeugen bis 2035 um 100 Prozent zu senken. De facto wäre das ein Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor ab 2035. Ein Verbrenner-Ausstieg in China wäre demnach kein industriepolitischer Vorteil mehr, da sich die internationalen Autokonzerne ohnehin umstellen müssten.

Neue Maßnahmen zur Emissionsreduktion

Um den Anstieg der CO2-Emissionen im Verkehrssektor zu bremsen, zieht China andere Instrumente in Betracht. Auf Ministeriumsebene wird diskutiert, den Verkehrssektor in den Handel mit CO2-Zertifikaten aufzunehmen (China.Table berichtete). Reuters spekuliert, dass dadurch auch das “Green Car Credit System” abgelöst werden könnte. Im Rahmen dieses Systems erhalten die Autohersteller Gutschriften für den Verkauf von Elektrofahrzeugen oder kraftstoffsparenden Fahrzeugen, mit denen sie Strafzahlungen für ihre kohlenstoffintensiveren Modelle ausgleichen können. Das Kredit-System ist bis mindestens 2023 in Kraft.

Schon in den letzten Jahren hat China zudem die Abgasnormen für Verbrenner verschärft. Ab 2025 muss der Flottenverbrauchsdurchschnitt bei vier Litern auf 100 Kilometer liegen. Bis 2020 lag die Vorgabe bei einem Durchschnitt der Neuwagen eines Anbieters bei fünf Liter Verbrauch auf 100 Kilometer.

Chinas E-Autobauer hätten von diesen Maßnahmen stark profitiert, so Mazzocco. “Aus rein industriepolitischer Sicht ist es unklar, ob ein Verbot von Verbrenner-Verkäufen überhaupt notwendig ist”, so Mazzocco.

Kohlestrom macht NEVs wenig attraktiv

Hinzu kommt: Klimapolitisch wäre wenig gewonnen, wenn China Verbrennungsmotoren bald verbieten würde. Zwar ist Chinas Transportsektor sehr energiehungrig. Schon heute ist er für zehn Prozent der CO2-Emissionen des Landes verantwortlich und liegt hinter der Industrie auf Platz zwei der größten Energieverbraucher. Die Emissionen des Transportsektors sind zwischen 2013 und 2018 um 23 Prozent angestiegen. Verbrennerautos machen den größten Anteil der CO2-Emissionen des Transportsektors aus. Umso dringender wird ein Umstieg auf E-Autos, wenn China seine Klimaziele erreichen will.

Doch dem emissionsfreien Verkehr steht eine Hürde im Weg: Chinas Abhängigkeit von der Kohle. Der klimaschädlichste aller Energieträger macht noch immer fast zwei Drittel des chinesischen Strommix aus. Sehr stark vereinfacht heißt das: zwei von drei Kilometern, die ein E-Auto derzeit in China fährt, verursacht es CO2-Emissionen. Selbst wenn es China gelänge, die wachsende Flotte von E-Autos ausschließlich mit erneuerbaren Energien aufzuladen, wäre den Klimazielen nicht gedient, wenn dadurch andere Sektoren länger fossile Energien verbrauchen, weil noch nicht genug Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt wird. Das zeigt, vor welch immensen Herausforderungen China beim Aufbau der erneuerbaren Energien steht. Ein Verbrenner-Ausstieg müsste also mit weitreichenden Maßnahmen flankiert sein, um in Sachen Klima nicht nur Symbolpolitik zu sein.

  • Autoindustrie

Banma: Startup für intelligente Auto-Software

Früher einmal prägte die Motorleistung ein Auto, oder vielleicht das Design. Doch in der Zukunft wird sich ein Fahrzeug immer mehr über die darin installierte Software auszeichnen – vor allem in China. “Mehr und mehr definiert die Software das Auto”, fasst es etwa eine Branchenstudie von Business Wire zusammen. Zentral sind dabei sogenannte Over-the-air Updates (OTAs). Das bedeutet, die Software des Autos wird, wie beim Smartphone, ständig upgedatet – was sich die Anbieter durchaus auch gern bezahlen lassen. 

Der Faktor Software werde die Autobranche der Zukunft am stärksten prägen, sagte kürzlich auch Tesla-Chef Elon Musk – “bei der Entwicklung, in der Produktion und vor allem beim autonomen Fahren.” Die Verbraucher in China verlangen laut Musk immer mehr vernetzte und intelligente Funktionen. Er sehe für Auto-Software daher großes Wachstumspotenzial, einschließlich beim autonomem Fahren. Bei der Software seien einige chinesische Anbieter sehr gut geworden, findet der Tesla-Chef. Unter anderem entwickeln Chinas Tech-Riesen wie Baidu, Tencent und Huawei eigene In-Car-Softwaresysteme.

Besonderes Augenmerk der Autoentwickler liegt in diesem Bereich heute auf dem Shanghaier Unternehmen Banma Network Technology Co., Ltd., aus Shanghai, einem führenden Zulieferer smarter Auto-Software. Das Start-up war 2015 als Joint Venture zwischen Alibaba und Shanghai Automotive (SAIC), einem der größten staatlichen Automobilhersteller Chinas, gegründet worden. Banma entwickelte seine Software dann auf der Grundlage des von Alibaba entwickelten AliOS-Systems, das in Autos Funktionen wie Navigation, Spracherkennung und Entertainment unterstützt.

Heute sind in China bereits etwa eine Million Autos mit Banma-Technologie auf den Straßen unterwegs. Autobauer wie SAIC, FAW und Volkswagen nutzen die Banma-Software. Auch mit dem Elektro-Startup Nio unterhält Banma seit 2020 eine strategische Partnerschaft.

Smarte Software für Elektroautos der nächsten Generation

Die von chinesischen Start-ups entwickelten Stromer sind zunehmend autonom und vernetzt unterwegs. Sie setzen auf eine völlig neue und deutlich einfachere Antriebsarchitektur, bestehend aus Batterien, Elektromotoren und elektronischen Steuerungen. Im Vergleich zu herkömmlichen Fahrzeugen lässt sich die Produktion von Elektroautos leichter in verschiedene Module unterteilen, sagt Wen Gai, leitender Angestellter der Tech-Tochter der Guangzhou Automobile Group (GAC). Damit wird die Produktion eines Autos zukünftig eher der Herstellung eines Smartphones ähneln. Die Software spielt dabei eine Schlüsselrolle. “In der neuen Ära des Automobilbaus wird die Fertigung nur ein Teil der langen Geschäftskette sein, die Software-Services, After-Sales-Services und sogar Finanzdienstleistungen umfasst”, erklärt Gai. “Gerätehersteller können den Markt an vielen Stellen erschließen.”

Dadurch wird auch der Markt für smarte Automobiltechnologie immer lukrativer. Zumal in China der Markt für Elektroautos derzeit verlässlich wächst. Laut der China Association of Automobile Manufacturers (CAAM) stieg der Absatz von New-Energy-Fahrzeugen inklusive Hybrid-Elektroautos in den ersten drei Quartalen 2021 um 190 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum auf 2,16 Millionen Autos – darunter 1,79 Millionen reine Batteriefahrzeuge. Für Zulieferer wie Banma ist indes auch der globale Markt für vernetzte Fahrzeuge von Interesse. Und dieser wird nach Schätzungen des Marktforschungsunternehmens Counterpoint Insights zwischen 2018 und 2022 um 270 Prozent wachsen auf mehr als 125 Millionen ausgelieferte Netz-Pkw weltweit.

Banma: Führender Software-Lieferant für die Autoindustrie

Das, was eine Auto-Software abdecken muss, wird mit dem autonomen Fahren derweil immer umfassender. Banma arbeitet daher stetig an neuen Entwicklungen. Im Juli erhielt Banma von seinen Hauptaktionären Alibaba, SAIC, CMG-SDIC Capital Management und Yunfeng Capital eine kräftige Finanzspritze von 3 Milliarden Yuan (464 Millionen US-Dollar). Das Geld will Banma vor allem in Forschung und Entwicklung von intelligenten Fahrzeugbetriebssystemen stecken, erklärt Co-Chef Zhang Chunhui, vormals Präsident der OS Business Group von Alibaba.

Es ist bereits die zweite große Finanzierungsrunde des Start-ups, das 2018 bereits mehr als 247 Millionen US-Dollar an Investitionen eingesammelt hatte. Dies brachte ihm damals eine Bewertung von über einer Milliarde US-Dollar einbrachte, womit es zu den sogenannten Technologie-Einhörnern zählt. Die derzeitige Bewertung des Unternehmens wird nicht bekannt gegeben.

Banma: Kooperationen mit anderen Tech-Firmen

Noch im Laufe dieses Jahres möchte Banma ein selbst entwickeltes Smart-Cockpit-System auf den Markt bringen. Auch setzt Banma auf Kooperationen mit Anbietern der neuesten Technologien. So schloss das Unternehmen eine strategische Partnerschaft mit Robosense, einem führenden Hersteller von 3D-Lidarsensoren in China, und AutoX, einer führenden Plattform für auf künstlicher Intelligenz basierendes Autonomes Fahren. Die drei wollen gemeinsam die Integration intelligenter Cockpits mit autonomen Fahrsystemen fördern. Durch eine Verschmelzung von Hardware, Software und KI-Fähigkeiten soll dabei ein komplettes Ökosystem entstehen. Banma trägt dazu nach den Worten von CIO Qiang Xiu Systemlösungen zur Unterstützung der Wahrnehmungsleistung der Robosense-Lidarsensoren. AutoX stelle Banma “eine umfangreiche Toolchain, Cloud und Endservice-System zur Verfügung.”

  • Autoindustrie
  • CAAM

Wer Standards setzt, gibt die Richtung vor

China will der weltweite Vorreiter in Schlüsseltechnologien wie biometrischer Gesichtserkennung, Cloud-Computing und autonomem Fahren werden – und hat dazu die Normung als industrie- und machtpolitisches Instrument entdeckt. Denn wer die Industriestandards bestimmt, wird auf den Märkten der Zukunft das Sagen haben. Beobachter fordern deshalb, dass sich der Westen in den Normungsgremien besser abstimmt. Damit könnte er sich auch in der Volksrepublik vermehrt beim Setzen der Standards einbringen. Der zu Beginn der Woche veröffentlichte Entwurf zu Standardisierungs-Richtlinien Chinas lässt vermuten, in welche Richtung die Volksrepublik strebt: Für Peking war Standardisierung nie strategischer.

Wie aus dem Entwurf hervorgeht, will die Volksrepublik die Rolle des Marktes in der Standardisierung stärken, aber die staatliche Kontrolle beibehalten. Auch eine bessere Synchronisierung mit internationalen Standards ist angedacht. Allerdings mit einer klaren Verschiebung der Ambitionen: Die Standardisierung soll nicht nur Innovationen im Heimatmarkt unterstützen, sondern explizit Chinas Präsenz und Rolle in Lieferketten stärken und chinesische Standards internationalisieren. Dem Entwurf zufolge strebt die Volksrepublik an, dass 85 Prozent seiner Standards international übernommen werden.

Außerdem will Peking bei der Standardisierung aufs Gaspedal treten: Der Zeitrahmen für die Entwicklung von Standards soll dem Papier zufolge auf weniger als 18 Monate verkürzt werden. Normungen sollen auch vermehrt in Regulierungen, Zertifizierungen und dem öffentlichen Beschaffungswesen berücksichtigt werden. Dass China eine dominierende Rolle in den Normungsgremien spielen soll, erwähnt der Entwurf nicht – das Ziel der wachsenden internationalen Bedeutung ist aber klar. Vor allem in den genannten Kernsektoren Digitales, Mobilität, Energie, Nachhaltigkeit und Finanzen.

Europa und Berlin beobachten Chinas Initiativen

Der Richtlinien-Entwurf werde in der Volksrepublik derzeit genau unter die Lupe genommen, erklärt Betty Xu. Sie ist Direktorin des Projekts Seconded European Standardization Expert in China (SESEC). Eines stehe aber bereits fest, sagt Xu: “Standardisierung wird eine größere Steuerungsfunktion bekommen.” Diese Aussage machte sie bei der Auftaktveranstaltung “Die politischen Normungsstrategien – China, USA, EU – im Vergleich” des Deutschen Institut für Normung (DIN) und der Deutschen Kommission Elektrotechnik (DKE) am Dienstag.

Die Staatsführung in Peking fährt mit ihrer Strategie mehrgleisig. Sie vereinheitlicht das nationale Normungswesen und bringt chinesische Experten verstärkt in internationale Foren. Parallel versucht sie, Standards mit der “Belt and Road-Initiative” in andere Länder zu tragen. Sie engagiert sich hier vor allem in Afrika, Asien und auf dem Balkan. Das beobachtet auch SESEC-Expertin Xu: China exportiere in großem Stil seine Standards. Das macht es nicht nur durch die Internationale Organisation für Normung (ISO) und die Internationale Elektrotechnische Kommission (IEC). Zusätzlich nutzt China auch direkt seine Projekte der “Belt and Road-Initiative”. “Chinas Standards werden global”, sagt Xu.

Das Wachstum der Normungsanträge Chinas bei ISO und IEC lag in den vergangenen Jahren je bei 20 Prozent. 2019 unterbreitete die Volksrepublik bei den Normungsgremien insgesamt 238 Vorschläge für internationale Normen. Parallel reichte die Volksrepublik 830 technische Dokumente bei der Internationalen Fernmeldeunion ITU ein, mehr als die drei nachfolgenden Staaten Südkorea, USA und Japan zusammen.

Deutsche Firmen sollten sich stärker einbringen

Das System in der Volksrepublik unterliege dabei aber weiterhin stark dem Willen der Staatsführung: Bereits in den vergangenen zehn Jahren habe China zwar durch neue Gesetzgebung Reformen des Normungssystems angestoßen, die nun stärker marktgetrieben seien. Es sei aber immer noch stark von der Regierung abhängig, so Xu. SESEC will die Kooperation zwischen chinesischen und europäischen Normungsgremien verstärken und wird unter anderem von der EU-Kommission finanziert.

Xu wirbt dafür, dass sich deutsche Unternehmen noch mehr an Standardisierung-Debatten und -Forschung in China einbringen und auch China-spezifische Standardisierungen intensiver beobachten.

Auch Brüssel und Berlin haben ein Auge auf die Pekinger Bestrebungen – denn China besetzt wichtige Schlüsselpositionen in technischen Standardisierungsorganisationen, wie auch in einem Hintergrundpapier des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag betont wird: Shu Yinbiao ist amtierender IEC-Präsident, mit Zhao Houlin hat die ITU einen Generalsekretär ebenfalls aus der Volksrepublik. Wichtiger für die konkrete Standardisierungsarbeit seien jedoch die Sekretariate der Technischen Komitees und ihrer Untergruppen innerhalb der Normungsgremien. Deutschland und andere Staaten liegen dem Bericht zufolge in dieser Hinsicht deutlich vor China. Allerdings leitet China überproportional viele Komitees, die mit der Standardisierung von neuen Technologien, betraut sind.

Innovationen werden schneller – die Standards müssen folgen

Der Auswärtige Ausschuss des Bundestags hat mehrere Herausforderungen im Bereich der Standardisierung und Chinas wachsendem Einfluss ausgemacht: Deutschland und der EU droht schwindender Einfluss. Weltweit könnte es außerdem eine zunehmende Politisierung von Standards und Normen geben. In dem Papier wird zudem vor einer Spaltung in zwei “Standardsphären” gewarnt – einer westlichen und einer von China angeführten. Und es gibt Zeitdruck: Branchenexperten zufolge wird beobachtet, dass sich die Zyklen von Innovationen massiv beschleunigen – der Zeitraum für das Setzen von Standards wird also kleiner, das Rennen beginnt.

Bei diesem Wettbewerb um Standards und Normen geht es nicht nur um Geltung, sondern auch um Geld. Denn neben der Einflussnahme auf die globale industriepolitische Ausrichtung spielen auch Lizenzgebühren eine Rolle. Frühe Standards des Industriezeitalters wurden vor allem von europäischen Ländern wie Deutschland gesetzt. Die Standards für das Internet werden in erster Linie von US-Gremien festgelegt. Dazu gehören die Internet Engineering Task Force (IETF) oder das World Wide Web Consortium (W3C). Im Internet der Dinge, bei Industrie 4.0 und anderen Zukunftstechnologien wie der E-Mobilität will Peking nun die Nase vorn haben.

Washington und Brüssel wollen mit Kooperation kontern

Die EU und USA wollen deshalb im Gegenzug auf Kooperation setzen, zum Beispiel mit dem neuen EU-USA-Handels- und Technologierat (Trade and Technology Council, TTC). Globale “Normen und Standards formen” sei, so formulierte es US-Außenminister Antony Blinken, nun auch eines der zentralen Vorhaben des TTC. Wenn sich zwei der drei großen Wirtschaftsblöcke der Welt zusammentäten, dann hätten sie auch “die Fähigkeit” dazu, so Blinken. Das TTC tagte Ende September erstmals in Pittsburgh.

Eine erste Probe aufs Exempel streben beide Seiten nun auf dem Feld der künstlichen Intelligenz an, auf dem sie ihre Zusammenarbeit intensivieren wollen. Dabei haben sie auch technische Normen und allgemeine regulatorische Rahmenbedingungen im Blick. Inwieweit die KI-Kooperation schlicht eigene Kapazitäten stärken und eigene Standards durchsetzen soll oder ob sie auch aggressive Schritte gegen China, etwa Sanktionen, umfassen wird, ist aber noch offen.

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News

Autoabsatz sinkt weiter

Die Autoverkäufe sind im September bereits im fünften Monat in Folge zurückgegangen. Die Firmen verkauften 19,6 Prozent weniger Fahrzeuge als noch zu Jahresbeginn, teilte der Branchenverband CAAM mit. Insgesamt wurden 2,07 Millionen Autos ausgeliefert. Das Minus sei vor allem auf die Chip-Engpässe zurückzuführen, sagte CAAM-Analyst Chen Shihua. Auch die Stromkrise in China trage zu dem Engpass bei. Beides habe dazu geführt, dass viele Autohersteller ihre Werke zeitweise stilllegen mussten.

Betroffen ist vor allem der Verkauf von Verbrennerautos. Der Absatz von Elektroautos, Plug-In-Hybride und Brennstoffzellen-Fahrzeuge verdoppelte sich auf insgesamt 357.000 Stück. Allein Tesla setzte 56.006 Autos aus chinesischer Produktion ab, so viele wie noch nie seit Eröffnung des Werks in Shanghai vor zwei Jahren. Die chinesischen Elektroautobauer Nio und Xpeng lieferten jeweils mehr als 10.000 Elektroautos aus. Und auch Volkswagen verkaufte rund 10.000 Elektroautos. flee

  • Autoindustrie
  • CAAM

Honda startet Elektro-Marke

Der japanische Autobauer Honda Motor will 2022 in China mit einer neuen Elektrofahrzeugmarke an den Start gehen. Die neue Marke mit Namen “e:N Series” werde laut dem Unternehmen in den nächsten fünf Jahren zehn Modelle mit den Joint-Venture-Partnern Guangzhou Auto (GAC) und Dongfeng Motor auf den Markt bringen, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch. Ab 2030 will Honda dem Bericht zufolge ausschließlich Batteriefahrzeuge, Plug-in Hybride und Brennstoffzellenfahrzeuge auf den chinesischen Markt bringen. Neue Modelle mit Verbrennungsmotor wird es demnach danach in China nicht mehr geben. Bereits existierende Benziner sollen aber auch nach 2030 weiter verkauft werden. Wie lange noch, erwähnte der Bericht nicht.

Die beiden Joint Ventures GAC-Honda und Dongfeng-Honda planen laut Reuters jeweils den Bau einer reinen Elektroauto-Fabrik, in welchen ab 2024 Autos vom Band laufen sollen. Der japanische Autobauer wolle bei allen rund 1.200 Händlern im Land einen “e:N Series”-Bereich einrichten. Der Absatz von Elektroautos, Plug-in-Hybriden und Brennstoffzellenautos wird 2021 nach einer Prognose des Autoherstellerverbandes CAAM vom Dienstag auf drei Millionen steigen. In den ersten drei Quartalen wuchs der Absatz des Segments um 190 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. ck

  • Autoindustrie
  • CAAM

Weltmeister Motors überzeugt Investoren

In einer neuen Finanzierungsrunde hat das E-Auto Start-Up Weltmeister Motors umgerechnet mehr als 260 Millionen Euro von Investoren erhalten. Die Gelder sollen nach Firmenangaben für die Entwicklung des autonomen Fahrens und anderer “intelligenter Technologien” verwendet. Das 2016 gegründete Unternehmen konnte bisher noch keinen Gewinn erwirtschaften. In den ersten neun Monaten des letzten Jahres fiel ein Verlust von umgerechnet 490 Millionen Euro an, wie das Wirtschaftsportal Caixin berichtet. Der Verlust verdoppelte sich demnach im Vergleich zu 2017.

Im letzten Jahr hat Weltmeister 22.000 Autos verkauft. Nach Firmenangaben waren es allein im ersten Monat 2021 schon 29.000. Ende letzten Jahres musste das Unternehmen jedoch fast 1.300 Fahrzeuge wegen potenzieller Brandgefahren zurückrufen. Innerhalb eines Monats waren drei E-Autos wegen Batterieproblemen in Brand geraten. nib

  • Autoindustrie
  • Autonomes Fahren

CATL investiert in Batterie-Recycling

CATL plant den Bau einer Fabrik zum Recycling von E-Auto-Batterien und will dafür umgerechnet bis zu fünf Milliarden US-Dollar investieren, wie Reuters berichtet. Die Anlage soll im zentralchinesischen Hubei entstehen und Rohstoffe wie Lithium und Kobalt zurückgewinnen. Erst vor wenigen Wochen war CATL eine Kooperation mit BASF eingegangen, die auch das Recycling von Batterierohstoffen voranbringen soll (China.Table berichtete).

Mit der weltweit steigenden Nachfrage nach E-Autos steigt auch die Nachfrage nach wichtigen Rohstoffen. Die Rückgewinnung aus ausgedienten Batterien gewinnt dementsprechend an Bedeutung. Die Behörden in Peking haben das Problem erkannt und den Recycling-Sektor in den letzten Jahren stärker reguliert. Allerdings gibt es eine Schieflage zwischen den Regulierungen und der Recycling-Praxis. Bisher werden noch zu wenig Batterien nach ihrer ersten Nutzung gesammelt. Die staatlichen Richtlinien enthalten auch keine Vorschriften, wie viel der wertvollen Rohstoffe beim Recycling zurückgewonnen werden müssen (China.Table berichtete). nib

  • Autoindustrie

Steigende Nachfrage nach Lithium

Aufgrund von steigender Nachfrage nach E-Auto-Batterien ist der Preis für Rohstoffe weltweit gestiegen. So ist der Preis für Lithium, das ein elementarer Bestandteil von Batterien für E-Autos und Smartphones ist, zuletzt stark nach oben gegangen. Laut dem Benchmark Mineral Intelligence Index für Lithiumcarbonat und -hydroxid haben sich die Preise im vergangenen Jahr mehr als verdoppelt, wie Bloomberg berichtete. Die Nachfrage nach Materialien, die in Elektroautos und erneuerbaren Energiespeichern verwendet werden, ist demnach sprunghaft angestiegen.

Abbau-Unternehmen versuchten zwar, das Angebot zu erhöhen. Das reiche aber nicht aus, um den Verbrauch zu decken, hieß es weiter in dem Bericht. “Die Kosten von Zellen sind ein wichtiger Preisfaktor für Batterien. Und Rohmaterialien wie Lithium, Kobalt und Nickel machen immer noch 50 Prozent der Kosten aus”, sagte Christophe Pillot, Chef der französischen Energieberatung Avicenne, Ende September auf einer Konferenz der Branche.

Lagen die Preise für Lithium vor gut einem Jahr noch auf Tiefstmarken, sind sie seit Ende September nun auf ein Rekordhoch gestiegen. So wurde an den Spotmärkten in China, wo kurzfristige Lieferverträge abgeschlossen werden, ein neuer Rekordpreis von 182 Yuan (etwa 24 Euro) pro Kilogramm Lithiumcarbonat erreicht.

Aufgrund des Anstiegs der Rohstoffpreise prognostiziert Bloomberg, dass die Batteriepreise im Jahr 2021 erstmals seit langer Zeit nicht fallen werden. Lithium-Ionen-Batterien könnten durch die starke Nachfrage teurer werden und dadurch die Preise von E-Autos in die Höhe treiben, so Experten. Laut Bloomberg NEF wird sich der weltweite Lithiumverbrauch bis Ende dieses Jahrzehnts verfünffachen. niw

  • Autoindustrie

Personalien

Matthias Arleth wird zum 1. Januar 2022 neuer CEO und Vorsitzender der Geschäftsführung des Automobilzulieferers Mahle. Der 53-jährige Diplom-Ingenieur der Fahrzeugtechnik wechselt vom Automobilzulieferer Webasto SE. Arleth folgt auf Jörg Stratmann, nachdem dessen Zusammenarbeit mit Mahle im März beendet wurde. Mahle hat vergangenes Jahr in China einen Umsatzrekord erzielt.

Ralf Schmidt ist neuer Senior Manager Passive Safety and Restraint System bei Daimler Greater China. Schmidt war zuvor bereits in verschiedenen Positionen bei der Daimler AG in China und Deutschland tätig.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

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    trotz allem Klimaschutzgerede – die CO2-Emissionen in Chinas Verkehrssektor steigen rapide an. Kein Wunder: Obwohl in der Volksrepublik weltweit die meisten E-Autos verkauft werden, haben vier von fünf verkauften Neuwagen noch immer einen Verbrennungsmotor unter der Haube. Es verwundert daher nicht, dass auch in China über einen Verbrenner-Ausstieg diskutiert wird. Bisher hat die chinesische Führung noch kein Enddatum für das Aus von Diesel und Benzinern beschlossen. Noch setzt sie auf andere Mittel, um die Emissionen zu senken, analysiert Nico Beckert. 

    Bei der Auto-Software-Enwicklung ist Alibaba ganz vorne dabei. Mit seinem Start-up Banma tüftelt der Tech-Riese am Auto der Zukunft, das immer mehr einem riesigen Smartphone auf Rädern ähnelt. Und längst sind es nicht mehr nur chinesische Autobauer, die auf Banma-Software setzen, sondern auch Volkswagen, wie Frank Sieren schreibt.

    Und: Normung ist Macht. Das wusste auch Kaiser Qin und ließ 200 Jahre vor Christi Geburt die Spurbreite der Wagen, die Währung und die Maßeinheiten standardisieren. Das schuf die Grundlage für eine zentrale Verwaltung und für produktiven Handel zwischen den ehemals getrennten Fürstentümern. Bei den neuen Techniken des 21. Jahrhunderts will die jetzige chinesische Führung nicht hinten anstehen und versucht Standards für Industrie 4.0, das Internet der Dinge oder selbstfahrende Autos federführend zu setzen. Die EU schaut misstrauisch zu. 

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    Felix Lee
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    China diskutiert Verbrenner-Ausstieg

    China ist einer der größten Märkte für Autos mit alternativen Antrieben. Fahrzeuge mit elektrischem, Wasserstoff- oder Hybrid-Antrieb (New Energy Vehicles – NEV) machen in der Volksrepublik mittlerweile 18 Prozent aller Autoverkäufe aus. Der Umstieg auf E-Autos läuft schneller als geplant. Pekings Ziel eines Anteils von NEV-Verkäufen von 20 Prozent für 2025 ist schon heute fast erreicht (China.Table berichtete). Gleichzeitig wachsen die CO2-Emissionen des Verkehrssektors massiv. Immerhin sind noch gut 80 Prozent aller verkauften Autos klimaschädliche Verbrenner. Welche Maßnahmen verfolgt Peking, um diesen Anteil weiter zu senken?

    Beratungsgremium empfiehlt Verbrenner-Ausstieg

    Bislang hat China kein Datum für den Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor bekannt gegeben. Ein hohes Beratungsgremium der chinesischen Regierung hat kürzlich jedoch “klare Wegmarken” für die “schrittweise Abschaffung von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor” vorgeschlagen. Der China Council for International Cooperation on Environment and Development (CCICED) hat in einem Bericht dargelegt, wie China zum Klimaschutz beitragen soll. Die Analysten von Trivium China nennen die Studie “wegweisend”. Das CCICED ist direkt mit dem Staatsrat verbunden. Den Vorsitz führt der stellvertretende Ministerpräsident Han Zheng.

    Schon 2017 hat die Regierung einen möglichen Zeitplan für den Ausstieg aus Verbrenner-Autos diskutiert – war damals aber zu keinem Entschluss gekommen. Offizielle Regierungsdokumente sehen jedoch vor, dass batteriebetriebene E-Autos bis 2035 den Großteil der verkauften Autos ausmachen, ohne jedoch klare Zielmarken zu setzen, so Barbara Finamore, Energieexpertin und Autorin des Buchs “Will China Save the Planet?” gegenüber China.Table. Öffentliche Flottenfahrzeuge wie Busse, Taxis und Lieferfahrzeuge sollen ab 2035 komplett elektrisch fahren.

    Verbrenner-Ausstieg industriepolitisch sinnvoll?

    Auf den ersten Blick sprechen einige industriepolitische Argumente für einen baldigen Verbrenner-Ausstieg Chinas. 44 Prozent der weltweit hergestellten E-Autos wurden in den letzten zehn Jahren in China produziert. Die Volksrepublik dominiert die Produktion von E-Autobatterien und die Lieferketten für wichtige Batterierohstoffe. Die eigene Auto-Industrie ist im NEV-Bereich wettbewerbsfähiger als bei der Herstellung von Verbrennern.

    Die Volksrepublik würde westlichen Wettbewerbern, die in China noch immer eine große Anzahl Verbrenner verkaufen, den Zugang zu einem wichtigen Markt abschneiden, beziehungsweise sie zwingen, nur noch E-Autos anzubieten. Allerdings würde das auch die einheimischen Joint-Venture-Partner westlicher Autobauer treffen und Arbeitsplätze in China vernichten.

    Auch bei der Infrastruktur für E-Autos ist China im internationalen Vergleich sehr gut aufgestellt. Die Volksrepublik hat in den letzten Jahren zwei von drei weltweit gebauten Ladepunkten errichtet. In China teilen sich umgerechnet sechs Autos einen Ladepunkt, während es in Deutschland derzeit 17 Autos pro öffentlichem Ladepunkt sind (China.Table berichtete).

    Doch zahlreiche und stärkere Argumente sprechen gegen einen schnellen Verbrenner-Ausstieg Chinas.

    Finamore gibt zu bedenken, dass Chinas derzeitige wirtschaftliche Sorgen groß seien. Sie bezweifelt deswegen, dass “die chinesische Führung bereit wäre, das wirtschaftliche Risiko einzugehen, den Verkauf von Autos mit Verbrenner-Antrieb so schnell wie möglich einzustellen”. Die Autoindustrie sei ein viel zu wichtiger Wirtschaftsfaktor, sodass die Regierung kaum Risiken eingehen werde.

    Ausstieg wäre risikobehaftet

    Bei den Ladepunkten für E-Autos gilt in China der Grundsatz “Masse statt Klasse”. Besonders im ländlichen Raum sind einige Ladepunkte häufig defekt und schwer zu bedienen (China.Table berichtete). Finamore sagt: “Es wird in jedem Fall schwierig sein, dass sich E-Autos außerhalb der großen Städte durchsetzen werden.” Sie schreibt, die Regierung müsse “starke Unterstützung bereitstellen und das öffentliche Ladenetz des Landes weiter ausbauen”.

    Auch Ilaria Mazzocco, China-Energieexpertin vom “Center for Strategic & International Studies”, hält einen Verbrenner-Ausstieg für unwahrscheinlich. China sei der größte Automarkt der Welt, sodass ein Ausstieg nicht leicht zu erreichen wäre. Mazzocco betont zudem: “In China gibt es viele ärmere ländliche Regionen mit begrenzter EV-Durchdringung, was einen Ausstieg zu einer großen Herausforderung macht.” Reichere Provinzen und vor allem die Boom-Städte könnten bei der Dekarbonisierung des Verkehrssektors jedoch auch Maßnahmen wie ein Verbrenner-Verbot in Betracht ziehen, so Mazzocco gegenüber dem China.Table.

    Auch in der EU wird derzeit der Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor diskutiert. Die EU-Kommission hat im Juli dieses Jahres vorgeschlagen, die CO2-Emissionen von Neufahrzeugen bis 2035 um 100 Prozent zu senken. De facto wäre das ein Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor ab 2035. Ein Verbrenner-Ausstieg in China wäre demnach kein industriepolitischer Vorteil mehr, da sich die internationalen Autokonzerne ohnehin umstellen müssten.

    Neue Maßnahmen zur Emissionsreduktion

    Um den Anstieg der CO2-Emissionen im Verkehrssektor zu bremsen, zieht China andere Instrumente in Betracht. Auf Ministeriumsebene wird diskutiert, den Verkehrssektor in den Handel mit CO2-Zertifikaten aufzunehmen (China.Table berichtete). Reuters spekuliert, dass dadurch auch das “Green Car Credit System” abgelöst werden könnte. Im Rahmen dieses Systems erhalten die Autohersteller Gutschriften für den Verkauf von Elektrofahrzeugen oder kraftstoffsparenden Fahrzeugen, mit denen sie Strafzahlungen für ihre kohlenstoffintensiveren Modelle ausgleichen können. Das Kredit-System ist bis mindestens 2023 in Kraft.

    Schon in den letzten Jahren hat China zudem die Abgasnormen für Verbrenner verschärft. Ab 2025 muss der Flottenverbrauchsdurchschnitt bei vier Litern auf 100 Kilometer liegen. Bis 2020 lag die Vorgabe bei einem Durchschnitt der Neuwagen eines Anbieters bei fünf Liter Verbrauch auf 100 Kilometer.

    Chinas E-Autobauer hätten von diesen Maßnahmen stark profitiert, so Mazzocco. “Aus rein industriepolitischer Sicht ist es unklar, ob ein Verbot von Verbrenner-Verkäufen überhaupt notwendig ist”, so Mazzocco.

    Kohlestrom macht NEVs wenig attraktiv

    Hinzu kommt: Klimapolitisch wäre wenig gewonnen, wenn China Verbrennungsmotoren bald verbieten würde. Zwar ist Chinas Transportsektor sehr energiehungrig. Schon heute ist er für zehn Prozent der CO2-Emissionen des Landes verantwortlich und liegt hinter der Industrie auf Platz zwei der größten Energieverbraucher. Die Emissionen des Transportsektors sind zwischen 2013 und 2018 um 23 Prozent angestiegen. Verbrennerautos machen den größten Anteil der CO2-Emissionen des Transportsektors aus. Umso dringender wird ein Umstieg auf E-Autos, wenn China seine Klimaziele erreichen will.

    Doch dem emissionsfreien Verkehr steht eine Hürde im Weg: Chinas Abhängigkeit von der Kohle. Der klimaschädlichste aller Energieträger macht noch immer fast zwei Drittel des chinesischen Strommix aus. Sehr stark vereinfacht heißt das: zwei von drei Kilometern, die ein E-Auto derzeit in China fährt, verursacht es CO2-Emissionen. Selbst wenn es China gelänge, die wachsende Flotte von E-Autos ausschließlich mit erneuerbaren Energien aufzuladen, wäre den Klimazielen nicht gedient, wenn dadurch andere Sektoren länger fossile Energien verbrauchen, weil noch nicht genug Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt wird. Das zeigt, vor welch immensen Herausforderungen China beim Aufbau der erneuerbaren Energien steht. Ein Verbrenner-Ausstieg müsste also mit weitreichenden Maßnahmen flankiert sein, um in Sachen Klima nicht nur Symbolpolitik zu sein.

    • Autoindustrie

    Banma: Startup für intelligente Auto-Software

    Früher einmal prägte die Motorleistung ein Auto, oder vielleicht das Design. Doch in der Zukunft wird sich ein Fahrzeug immer mehr über die darin installierte Software auszeichnen – vor allem in China. “Mehr und mehr definiert die Software das Auto”, fasst es etwa eine Branchenstudie von Business Wire zusammen. Zentral sind dabei sogenannte Over-the-air Updates (OTAs). Das bedeutet, die Software des Autos wird, wie beim Smartphone, ständig upgedatet – was sich die Anbieter durchaus auch gern bezahlen lassen. 

    Der Faktor Software werde die Autobranche der Zukunft am stärksten prägen, sagte kürzlich auch Tesla-Chef Elon Musk – “bei der Entwicklung, in der Produktion und vor allem beim autonomen Fahren.” Die Verbraucher in China verlangen laut Musk immer mehr vernetzte und intelligente Funktionen. Er sehe für Auto-Software daher großes Wachstumspotenzial, einschließlich beim autonomem Fahren. Bei der Software seien einige chinesische Anbieter sehr gut geworden, findet der Tesla-Chef. Unter anderem entwickeln Chinas Tech-Riesen wie Baidu, Tencent und Huawei eigene In-Car-Softwaresysteme.

    Besonderes Augenmerk der Autoentwickler liegt in diesem Bereich heute auf dem Shanghaier Unternehmen Banma Network Technology Co., Ltd., aus Shanghai, einem führenden Zulieferer smarter Auto-Software. Das Start-up war 2015 als Joint Venture zwischen Alibaba und Shanghai Automotive (SAIC), einem der größten staatlichen Automobilhersteller Chinas, gegründet worden. Banma entwickelte seine Software dann auf der Grundlage des von Alibaba entwickelten AliOS-Systems, das in Autos Funktionen wie Navigation, Spracherkennung und Entertainment unterstützt.

    Heute sind in China bereits etwa eine Million Autos mit Banma-Technologie auf den Straßen unterwegs. Autobauer wie SAIC, FAW und Volkswagen nutzen die Banma-Software. Auch mit dem Elektro-Startup Nio unterhält Banma seit 2020 eine strategische Partnerschaft.

    Smarte Software für Elektroautos der nächsten Generation

    Die von chinesischen Start-ups entwickelten Stromer sind zunehmend autonom und vernetzt unterwegs. Sie setzen auf eine völlig neue und deutlich einfachere Antriebsarchitektur, bestehend aus Batterien, Elektromotoren und elektronischen Steuerungen. Im Vergleich zu herkömmlichen Fahrzeugen lässt sich die Produktion von Elektroautos leichter in verschiedene Module unterteilen, sagt Wen Gai, leitender Angestellter der Tech-Tochter der Guangzhou Automobile Group (GAC). Damit wird die Produktion eines Autos zukünftig eher der Herstellung eines Smartphones ähneln. Die Software spielt dabei eine Schlüsselrolle. “In der neuen Ära des Automobilbaus wird die Fertigung nur ein Teil der langen Geschäftskette sein, die Software-Services, After-Sales-Services und sogar Finanzdienstleistungen umfasst”, erklärt Gai. “Gerätehersteller können den Markt an vielen Stellen erschließen.”

    Dadurch wird auch der Markt für smarte Automobiltechnologie immer lukrativer. Zumal in China der Markt für Elektroautos derzeit verlässlich wächst. Laut der China Association of Automobile Manufacturers (CAAM) stieg der Absatz von New-Energy-Fahrzeugen inklusive Hybrid-Elektroautos in den ersten drei Quartalen 2021 um 190 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum auf 2,16 Millionen Autos – darunter 1,79 Millionen reine Batteriefahrzeuge. Für Zulieferer wie Banma ist indes auch der globale Markt für vernetzte Fahrzeuge von Interesse. Und dieser wird nach Schätzungen des Marktforschungsunternehmens Counterpoint Insights zwischen 2018 und 2022 um 270 Prozent wachsen auf mehr als 125 Millionen ausgelieferte Netz-Pkw weltweit.

    Banma: Führender Software-Lieferant für die Autoindustrie

    Das, was eine Auto-Software abdecken muss, wird mit dem autonomen Fahren derweil immer umfassender. Banma arbeitet daher stetig an neuen Entwicklungen. Im Juli erhielt Banma von seinen Hauptaktionären Alibaba, SAIC, CMG-SDIC Capital Management und Yunfeng Capital eine kräftige Finanzspritze von 3 Milliarden Yuan (464 Millionen US-Dollar). Das Geld will Banma vor allem in Forschung und Entwicklung von intelligenten Fahrzeugbetriebssystemen stecken, erklärt Co-Chef Zhang Chunhui, vormals Präsident der OS Business Group von Alibaba.

    Es ist bereits die zweite große Finanzierungsrunde des Start-ups, das 2018 bereits mehr als 247 Millionen US-Dollar an Investitionen eingesammelt hatte. Dies brachte ihm damals eine Bewertung von über einer Milliarde US-Dollar einbrachte, womit es zu den sogenannten Technologie-Einhörnern zählt. Die derzeitige Bewertung des Unternehmens wird nicht bekannt gegeben.

    Banma: Kooperationen mit anderen Tech-Firmen

    Noch im Laufe dieses Jahres möchte Banma ein selbst entwickeltes Smart-Cockpit-System auf den Markt bringen. Auch setzt Banma auf Kooperationen mit Anbietern der neuesten Technologien. So schloss das Unternehmen eine strategische Partnerschaft mit Robosense, einem führenden Hersteller von 3D-Lidarsensoren in China, und AutoX, einer führenden Plattform für auf künstlicher Intelligenz basierendes Autonomes Fahren. Die drei wollen gemeinsam die Integration intelligenter Cockpits mit autonomen Fahrsystemen fördern. Durch eine Verschmelzung von Hardware, Software und KI-Fähigkeiten soll dabei ein komplettes Ökosystem entstehen. Banma trägt dazu nach den Worten von CIO Qiang Xiu Systemlösungen zur Unterstützung der Wahrnehmungsleistung der Robosense-Lidarsensoren. AutoX stelle Banma “eine umfangreiche Toolchain, Cloud und Endservice-System zur Verfügung.”

    • Autoindustrie
    • CAAM

    Wer Standards setzt, gibt die Richtung vor

    China will der weltweite Vorreiter in Schlüsseltechnologien wie biometrischer Gesichtserkennung, Cloud-Computing und autonomem Fahren werden – und hat dazu die Normung als industrie- und machtpolitisches Instrument entdeckt. Denn wer die Industriestandards bestimmt, wird auf den Märkten der Zukunft das Sagen haben. Beobachter fordern deshalb, dass sich der Westen in den Normungsgremien besser abstimmt. Damit könnte er sich auch in der Volksrepublik vermehrt beim Setzen der Standards einbringen. Der zu Beginn der Woche veröffentlichte Entwurf zu Standardisierungs-Richtlinien Chinas lässt vermuten, in welche Richtung die Volksrepublik strebt: Für Peking war Standardisierung nie strategischer.

    Wie aus dem Entwurf hervorgeht, will die Volksrepublik die Rolle des Marktes in der Standardisierung stärken, aber die staatliche Kontrolle beibehalten. Auch eine bessere Synchronisierung mit internationalen Standards ist angedacht. Allerdings mit einer klaren Verschiebung der Ambitionen: Die Standardisierung soll nicht nur Innovationen im Heimatmarkt unterstützen, sondern explizit Chinas Präsenz und Rolle in Lieferketten stärken und chinesische Standards internationalisieren. Dem Entwurf zufolge strebt die Volksrepublik an, dass 85 Prozent seiner Standards international übernommen werden.

    Außerdem will Peking bei der Standardisierung aufs Gaspedal treten: Der Zeitrahmen für die Entwicklung von Standards soll dem Papier zufolge auf weniger als 18 Monate verkürzt werden. Normungen sollen auch vermehrt in Regulierungen, Zertifizierungen und dem öffentlichen Beschaffungswesen berücksichtigt werden. Dass China eine dominierende Rolle in den Normungsgremien spielen soll, erwähnt der Entwurf nicht – das Ziel der wachsenden internationalen Bedeutung ist aber klar. Vor allem in den genannten Kernsektoren Digitales, Mobilität, Energie, Nachhaltigkeit und Finanzen.

    Europa und Berlin beobachten Chinas Initiativen

    Der Richtlinien-Entwurf werde in der Volksrepublik derzeit genau unter die Lupe genommen, erklärt Betty Xu. Sie ist Direktorin des Projekts Seconded European Standardization Expert in China (SESEC). Eines stehe aber bereits fest, sagt Xu: “Standardisierung wird eine größere Steuerungsfunktion bekommen.” Diese Aussage machte sie bei der Auftaktveranstaltung “Die politischen Normungsstrategien – China, USA, EU – im Vergleich” des Deutschen Institut für Normung (DIN) und der Deutschen Kommission Elektrotechnik (DKE) am Dienstag.

    Die Staatsführung in Peking fährt mit ihrer Strategie mehrgleisig. Sie vereinheitlicht das nationale Normungswesen und bringt chinesische Experten verstärkt in internationale Foren. Parallel versucht sie, Standards mit der “Belt and Road-Initiative” in andere Länder zu tragen. Sie engagiert sich hier vor allem in Afrika, Asien und auf dem Balkan. Das beobachtet auch SESEC-Expertin Xu: China exportiere in großem Stil seine Standards. Das macht es nicht nur durch die Internationale Organisation für Normung (ISO) und die Internationale Elektrotechnische Kommission (IEC). Zusätzlich nutzt China auch direkt seine Projekte der “Belt and Road-Initiative”. “Chinas Standards werden global”, sagt Xu.

    Das Wachstum der Normungsanträge Chinas bei ISO und IEC lag in den vergangenen Jahren je bei 20 Prozent. 2019 unterbreitete die Volksrepublik bei den Normungsgremien insgesamt 238 Vorschläge für internationale Normen. Parallel reichte die Volksrepublik 830 technische Dokumente bei der Internationalen Fernmeldeunion ITU ein, mehr als die drei nachfolgenden Staaten Südkorea, USA und Japan zusammen.

    Deutsche Firmen sollten sich stärker einbringen

    Das System in der Volksrepublik unterliege dabei aber weiterhin stark dem Willen der Staatsführung: Bereits in den vergangenen zehn Jahren habe China zwar durch neue Gesetzgebung Reformen des Normungssystems angestoßen, die nun stärker marktgetrieben seien. Es sei aber immer noch stark von der Regierung abhängig, so Xu. SESEC will die Kooperation zwischen chinesischen und europäischen Normungsgremien verstärken und wird unter anderem von der EU-Kommission finanziert.

    Xu wirbt dafür, dass sich deutsche Unternehmen noch mehr an Standardisierung-Debatten und -Forschung in China einbringen und auch China-spezifische Standardisierungen intensiver beobachten.

    Auch Brüssel und Berlin haben ein Auge auf die Pekinger Bestrebungen – denn China besetzt wichtige Schlüsselpositionen in technischen Standardisierungsorganisationen, wie auch in einem Hintergrundpapier des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag betont wird: Shu Yinbiao ist amtierender IEC-Präsident, mit Zhao Houlin hat die ITU einen Generalsekretär ebenfalls aus der Volksrepublik. Wichtiger für die konkrete Standardisierungsarbeit seien jedoch die Sekretariate der Technischen Komitees und ihrer Untergruppen innerhalb der Normungsgremien. Deutschland und andere Staaten liegen dem Bericht zufolge in dieser Hinsicht deutlich vor China. Allerdings leitet China überproportional viele Komitees, die mit der Standardisierung von neuen Technologien, betraut sind.

    Innovationen werden schneller – die Standards müssen folgen

    Der Auswärtige Ausschuss des Bundestags hat mehrere Herausforderungen im Bereich der Standardisierung und Chinas wachsendem Einfluss ausgemacht: Deutschland und der EU droht schwindender Einfluss. Weltweit könnte es außerdem eine zunehmende Politisierung von Standards und Normen geben. In dem Papier wird zudem vor einer Spaltung in zwei “Standardsphären” gewarnt – einer westlichen und einer von China angeführten. Und es gibt Zeitdruck: Branchenexperten zufolge wird beobachtet, dass sich die Zyklen von Innovationen massiv beschleunigen – der Zeitraum für das Setzen von Standards wird also kleiner, das Rennen beginnt.

    Bei diesem Wettbewerb um Standards und Normen geht es nicht nur um Geltung, sondern auch um Geld. Denn neben der Einflussnahme auf die globale industriepolitische Ausrichtung spielen auch Lizenzgebühren eine Rolle. Frühe Standards des Industriezeitalters wurden vor allem von europäischen Ländern wie Deutschland gesetzt. Die Standards für das Internet werden in erster Linie von US-Gremien festgelegt. Dazu gehören die Internet Engineering Task Force (IETF) oder das World Wide Web Consortium (W3C). Im Internet der Dinge, bei Industrie 4.0 und anderen Zukunftstechnologien wie der E-Mobilität will Peking nun die Nase vorn haben.

    Washington und Brüssel wollen mit Kooperation kontern

    Die EU und USA wollen deshalb im Gegenzug auf Kooperation setzen, zum Beispiel mit dem neuen EU-USA-Handels- und Technologierat (Trade and Technology Council, TTC). Globale “Normen und Standards formen” sei, so formulierte es US-Außenminister Antony Blinken, nun auch eines der zentralen Vorhaben des TTC. Wenn sich zwei der drei großen Wirtschaftsblöcke der Welt zusammentäten, dann hätten sie auch “die Fähigkeit” dazu, so Blinken. Das TTC tagte Ende September erstmals in Pittsburgh.

    Eine erste Probe aufs Exempel streben beide Seiten nun auf dem Feld der künstlichen Intelligenz an, auf dem sie ihre Zusammenarbeit intensivieren wollen. Dabei haben sie auch technische Normen und allgemeine regulatorische Rahmenbedingungen im Blick. Inwieweit die KI-Kooperation schlicht eigene Kapazitäten stärken und eigene Standards durchsetzen soll oder ob sie auch aggressive Schritte gegen China, etwa Sanktionen, umfassen wird, ist aber noch offen.

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    News

    Autoabsatz sinkt weiter

    Die Autoverkäufe sind im September bereits im fünften Monat in Folge zurückgegangen. Die Firmen verkauften 19,6 Prozent weniger Fahrzeuge als noch zu Jahresbeginn, teilte der Branchenverband CAAM mit. Insgesamt wurden 2,07 Millionen Autos ausgeliefert. Das Minus sei vor allem auf die Chip-Engpässe zurückzuführen, sagte CAAM-Analyst Chen Shihua. Auch die Stromkrise in China trage zu dem Engpass bei. Beides habe dazu geführt, dass viele Autohersteller ihre Werke zeitweise stilllegen mussten.

    Betroffen ist vor allem der Verkauf von Verbrennerautos. Der Absatz von Elektroautos, Plug-In-Hybride und Brennstoffzellen-Fahrzeuge verdoppelte sich auf insgesamt 357.000 Stück. Allein Tesla setzte 56.006 Autos aus chinesischer Produktion ab, so viele wie noch nie seit Eröffnung des Werks in Shanghai vor zwei Jahren. Die chinesischen Elektroautobauer Nio und Xpeng lieferten jeweils mehr als 10.000 Elektroautos aus. Und auch Volkswagen verkaufte rund 10.000 Elektroautos. flee

    • Autoindustrie
    • CAAM

    Honda startet Elektro-Marke

    Der japanische Autobauer Honda Motor will 2022 in China mit einer neuen Elektrofahrzeugmarke an den Start gehen. Die neue Marke mit Namen “e:N Series” werde laut dem Unternehmen in den nächsten fünf Jahren zehn Modelle mit den Joint-Venture-Partnern Guangzhou Auto (GAC) und Dongfeng Motor auf den Markt bringen, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch. Ab 2030 will Honda dem Bericht zufolge ausschließlich Batteriefahrzeuge, Plug-in Hybride und Brennstoffzellenfahrzeuge auf den chinesischen Markt bringen. Neue Modelle mit Verbrennungsmotor wird es demnach danach in China nicht mehr geben. Bereits existierende Benziner sollen aber auch nach 2030 weiter verkauft werden. Wie lange noch, erwähnte der Bericht nicht.

    Die beiden Joint Ventures GAC-Honda und Dongfeng-Honda planen laut Reuters jeweils den Bau einer reinen Elektroauto-Fabrik, in welchen ab 2024 Autos vom Band laufen sollen. Der japanische Autobauer wolle bei allen rund 1.200 Händlern im Land einen “e:N Series”-Bereich einrichten. Der Absatz von Elektroautos, Plug-in-Hybriden und Brennstoffzellenautos wird 2021 nach einer Prognose des Autoherstellerverbandes CAAM vom Dienstag auf drei Millionen steigen. In den ersten drei Quartalen wuchs der Absatz des Segments um 190 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. ck

    • Autoindustrie
    • CAAM

    Weltmeister Motors überzeugt Investoren

    In einer neuen Finanzierungsrunde hat das E-Auto Start-Up Weltmeister Motors umgerechnet mehr als 260 Millionen Euro von Investoren erhalten. Die Gelder sollen nach Firmenangaben für die Entwicklung des autonomen Fahrens und anderer “intelligenter Technologien” verwendet. Das 2016 gegründete Unternehmen konnte bisher noch keinen Gewinn erwirtschaften. In den ersten neun Monaten des letzten Jahres fiel ein Verlust von umgerechnet 490 Millionen Euro an, wie das Wirtschaftsportal Caixin berichtet. Der Verlust verdoppelte sich demnach im Vergleich zu 2017.

    Im letzten Jahr hat Weltmeister 22.000 Autos verkauft. Nach Firmenangaben waren es allein im ersten Monat 2021 schon 29.000. Ende letzten Jahres musste das Unternehmen jedoch fast 1.300 Fahrzeuge wegen potenzieller Brandgefahren zurückrufen. Innerhalb eines Monats waren drei E-Autos wegen Batterieproblemen in Brand geraten. nib

    • Autoindustrie
    • Autonomes Fahren

    CATL investiert in Batterie-Recycling

    CATL plant den Bau einer Fabrik zum Recycling von E-Auto-Batterien und will dafür umgerechnet bis zu fünf Milliarden US-Dollar investieren, wie Reuters berichtet. Die Anlage soll im zentralchinesischen Hubei entstehen und Rohstoffe wie Lithium und Kobalt zurückgewinnen. Erst vor wenigen Wochen war CATL eine Kooperation mit BASF eingegangen, die auch das Recycling von Batterierohstoffen voranbringen soll (China.Table berichtete).

    Mit der weltweit steigenden Nachfrage nach E-Autos steigt auch die Nachfrage nach wichtigen Rohstoffen. Die Rückgewinnung aus ausgedienten Batterien gewinnt dementsprechend an Bedeutung. Die Behörden in Peking haben das Problem erkannt und den Recycling-Sektor in den letzten Jahren stärker reguliert. Allerdings gibt es eine Schieflage zwischen den Regulierungen und der Recycling-Praxis. Bisher werden noch zu wenig Batterien nach ihrer ersten Nutzung gesammelt. Die staatlichen Richtlinien enthalten auch keine Vorschriften, wie viel der wertvollen Rohstoffe beim Recycling zurückgewonnen werden müssen (China.Table berichtete). nib

    • Autoindustrie

    Steigende Nachfrage nach Lithium

    Aufgrund von steigender Nachfrage nach E-Auto-Batterien ist der Preis für Rohstoffe weltweit gestiegen. So ist der Preis für Lithium, das ein elementarer Bestandteil von Batterien für E-Autos und Smartphones ist, zuletzt stark nach oben gegangen. Laut dem Benchmark Mineral Intelligence Index für Lithiumcarbonat und -hydroxid haben sich die Preise im vergangenen Jahr mehr als verdoppelt, wie Bloomberg berichtete. Die Nachfrage nach Materialien, die in Elektroautos und erneuerbaren Energiespeichern verwendet werden, ist demnach sprunghaft angestiegen.

    Abbau-Unternehmen versuchten zwar, das Angebot zu erhöhen. Das reiche aber nicht aus, um den Verbrauch zu decken, hieß es weiter in dem Bericht. “Die Kosten von Zellen sind ein wichtiger Preisfaktor für Batterien. Und Rohmaterialien wie Lithium, Kobalt und Nickel machen immer noch 50 Prozent der Kosten aus”, sagte Christophe Pillot, Chef der französischen Energieberatung Avicenne, Ende September auf einer Konferenz der Branche.

    Lagen die Preise für Lithium vor gut einem Jahr noch auf Tiefstmarken, sind sie seit Ende September nun auf ein Rekordhoch gestiegen. So wurde an den Spotmärkten in China, wo kurzfristige Lieferverträge abgeschlossen werden, ein neuer Rekordpreis von 182 Yuan (etwa 24 Euro) pro Kilogramm Lithiumcarbonat erreicht.

    Aufgrund des Anstiegs der Rohstoffpreise prognostiziert Bloomberg, dass die Batteriepreise im Jahr 2021 erstmals seit langer Zeit nicht fallen werden. Lithium-Ionen-Batterien könnten durch die starke Nachfrage teurer werden und dadurch die Preise von E-Autos in die Höhe treiben, so Experten. Laut Bloomberg NEF wird sich der weltweite Lithiumverbrauch bis Ende dieses Jahrzehnts verfünffachen. niw

    • Autoindustrie

    Personalien

    Matthias Arleth wird zum 1. Januar 2022 neuer CEO und Vorsitzender der Geschäftsführung des Automobilzulieferers Mahle. Der 53-jährige Diplom-Ingenieur der Fahrzeugtechnik wechselt vom Automobilzulieferer Webasto SE. Arleth folgt auf Jörg Stratmann, nachdem dessen Zusammenarbeit mit Mahle im März beendet wurde. Mahle hat vergangenes Jahr in China einen Umsatzrekord erzielt.

    Ralf Schmidt ist neuer Senior Manager Passive Safety and Restraint System bei Daimler Greater China. Schmidt war zuvor bereits in verschiedenen Positionen bei der Daimler AG in China und Deutschland tätig.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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