Mercedes-Benz braucht Batteriezellen – und zwar sehr viele davon. Wenn alle Autos des Konzerns einmal elektrisch fahren sollen, dann dürfen die Stromspeicher nicht knapp werden. Das soll schon 2025 so weit sein. Das Unternehmen stellt seine Beschaffung daher breiter auf, verzichtet aber mitnichten auf chinesische Partner, schreibt Christian Domke Seidel in seiner Analyse. Im Gegenteil: Anbieter aus China wie CATL gehören weiterhin fest zur Strategie. Sie sollen bloß sicherheitshalber in Europa produzieren, so wie es CATL demnächst in Ungarn macht.
Mehr Aufmerksamkeit sollte die chinesische Regierung derweil den Sorgen ihrer Großunternehmen schenken. Als in der vergangenen Woche Huawei-Gründer Ren Zhengfei seine Mitarbeiter auf harte Zeiten einschwor, schickte er vor allem auch ein Signal in Richtung Peking, analysiert Frank Sieren. Das klingt plausibel, denn direkte Kritik an der Regierung sollten sich private Firmenbetreiber besser verkneifen. Der Letzte, der das wagte, war Alibaba-Chef Jack Ma. Der malt jetzt lieber, statt seinen IT-Konzern in die Zukunft zu führen.
Viel Spaß beim Lesen!
Akku-Marktführer CATL baut im ungarischen Debrecen eine neue Fabrik (China.Table berichtete). Das Projekt hat ein Investitionsvolumen von umgerechnet 7,34 Milliarden Euro. Mercedes Benz ist zwar der größte Kunde dieser Fabrik, ist entgegen anderslautender Meldungen (zum Beispiel hier oder hier) am Projekt aber nicht weitergehend beteiligt. “Wir haben die größte Abnahmemenge, sind aber weder finanziell noch anderweitig eingebunden”, erklärte eine Sprecherin des Konzerns auf Anfrage gegenüber Table.Media. Andere Medien hatten den Vorgang so dargestellt, als ob Mercedes selbst in das Werk investiere.
Mercedes verfolgt aktuell eine “Electric-Only”-Strategie. Ab dem Ende des Jahrzehnts sollen nur noch vollelektrische Fahrzeuge gebaut werden – zumindest “überall dort, wo es die Marktbedingungen zulassen”, wie der Konzern einschränkend hinterherschiebt. Die Planungen sehen vor, dass ab dem Jahr 2025 alle neuen Fahrzeugarchitekturen ausschließlich elektrisch sind. Die Hälfte aller Neuwagen mit Stern sollen dann E-Autos sein. Um das Ziel zu erreichen, will Mercedes zwischen 2022 und 2030 rund 40 Milliarden Euro investieren.
Die Partnerschaft mit Contemporary Amperex Technology Co. Limited (CATL) ist ein Baustein dieser Planungen. Mercedes rechnet vor, 200 Gigawattstunden Batteriekapazität zu benötigen, um eine ausreichende Menge Fahrzeuge rein elektrisch bewegen zu können. In Zukunft möchte der Konzern zwar weniger, aber dafür teurere Autos verkaufen. Die Corona-Pandemie hat aber Schwachstellen in den Lieferketten offengelegt. Deswegen will sich Mercedes bei der Versorgung mit Akkus möglichst breit aufstellen, also möglichst viele Lieferanten anwerben.
Weltweit benötigt Mercedes acht Zellfabriken, um ausreichend Batteriekapazität produzieren oder zukaufen zu können. Vier in Europa, vier in den USA und in China. In den USA kooperiert Mercedes mit Envision AESC. Dort soll eine Batteriezellenfabrik in der Nähe des eigenen Werkes entstehen. In China heißen die Partner zum einen CATL und zum anderen Farasis. Von Farasis hält Mercedes sogar drei Prozent der Aktien, die angeblich rund 400 Millionen Euro gekostet haben sollen. Ursprünglich wollte Farasis in Bitterfeld Batteriezellen für Mercedes produzieren. Doch das Projekt scheiterte 2021 endgültig.
In Europa ist Mercedes an der Automotive Cells Company (ACC) mit Sitz in Frankreich beteiligt – gemeinsam mit der Stellantis-Gruppe (Peugeot, Citroën, Fiat, Chrysler, Jeep) und dem französischen Energieunternehmen Total Energies. Hier sind die Pläne durchaus ambitioniert, wie die Unternehmenssprecherin erläutert: “Wir haben uns gemeinsam mit Stellantis und Total Energies an ACC beteiligt, um einen europäischen Batteriechampion aufzubauen. Hier wollen wir unsere eigene Expertise mit einbringen und so die Entwicklung von ACC beschleunigen.” Diese Diversifizierung ist Teil der “local-for-local”-Strategie. Fällt die Produktion oder die Lieferkette in einem Teil der Welt aus, sitzen die Fabriken in anderen Ländern nicht gänzlich auf dem Trockenen. Gleichzeitig werden so beim Transport Treibhausgase eingespart.
In Europa soll CATL diese Versorgung mit den begehrten Zellen garantieren. Befeuert von Ungarns Wirtschaftspolitik. Ministerpräsident Viktor Orbán möchte sein Land zum zweitwichtigsten Standort für die E-Mobilität ausbauen – hinter Deutschland. Dafür lockte er unter anderem Samsung SDI nach Göd, eine Kleinstadt nördlich von Budapest, in der seitdem Batterien gefertigt werden. Wegen schlechter Arbeitsbedingungen, Lärm und Verschmutzungen musste das Unternehmen bereits über ein Dutzend Strafzahlungen leisten, wie die NZZ berichtet. Auch die südkoreanischen Firmen SK One (in Ivancsa) und Ecpro BM (in Debrecen) werden bald Batterien und benötigte Bauteile in Ungarn fertigen. Dazu kommt das von Mercedes angekündigte CATL-Werk.
Die Investitionen in die E-Mobilität in Ungarn beliefen sich in den vergangenen Jahren auf insgesamt acht Milliarden Euro. Allein das CATL-Werk wird diese Summe fast verdoppeln. Woher die Arbeitskräfte kommen sollen, ist derweil unklar. Mercedes verweist im Gespräch mit Table.Media zwar auf die nachhaltige Produktion der Batteriezellen, meint damit aber nur die CO2-Neutralität. Die sozialen und wirtschaftlichen Aspekte schließt die Unternehmenssprecherin dezidiert aus.
Das stellt Ungarn vor Probleme. Denn in dem Land gibt es schlichtweg nicht ausreichend Fachkräfte, um die wachsende Nachfrage bedienen zu können. Von den geschätzt 5.000 Mitarbeitern bei Samsung SDI sollen gerade einmal hundert aus Ungarn kommen, wie Balogh Csaba, Bürgermeister von Göd, gegenüber der NZZ vorrechnet. Die restlichen Arbeitskräfte kommen aus Asien. Wie das bei CATL aussehen könnte, ist derzeit noch völlig offen.
“Die Kälte wird jedermann spüren”, warnte Ren Zhengfei jüngst in einem Memo seine Mitarbeiter vor schwierigen Zeiten. Und der Huawei-Chef weiß, wovon er spricht. Er hatte den chinesischen Telekommunikationskonzern bis an die Weltspitze geführt, Huawei hatte sogar den US-Konkurrenten Apple überholt und war zum größten Smartphone-Hersteller der Welt aufgestiegen. Doch dann kam der tiefe Fall – nicht aufgrund von unternehmerischen Fehlern oder Chinas Wachstumsproblemen, sondern hauptsächlich wegen politischer US-Sanktionen. Sie haben Huaweis Hauptgeschäft der Smartphones vollkommen zerstört.
Auf die US-Sanktionen folgten sechs Quartale voller Umsatz- und Gewinneinbrüche. Inzwischen glänzt Huawei nur noch auf dem Nischenmarkt der Smartphones mit faltbaren Bildschirmen. Auch legte man zuletzt kräftig zu bei den Tablets, bleibt aber weiterhin weit hinter Apple zurück. Das sonstige Geschäft liegt weiterhin am Boden.
Immerhin: Trotz Gewinn- und Umsatzrückgang ist das Personal bei Huawei kaum geschrumpft. Hatte der chinesische Telekommunikationskonzern 2020 noch 197.000 Mitarbeiter, sind es Ende 2021 immerhin noch 195.000 – also ein Rückgang von rund einem Prozent, während der Umsatz im gleichen Zeitraum um 30 Prozent eingebrochen war. Es ist der erste Personal-Rückgang seit 2008.
Wie besonders der Weg von Huawei ist, zeigt der Blick auf die Wettbewerber: Tencent, das neben Huawei bekannteste Hightech-Unternehmen im südchinesischen Shenzhen, hat allein zwischen März und Juni die Mitarbeiterzahl um 4,7 Prozent verringert. Das sind rund 5.500 Mitarbeiter in nur drei Monaten – gegenüber 2.000 Mitarbeitern bei Huawei in einem ganzen Jahr. Alibaba hat sogar 10.000 Mitarbeiter in drei Monaten entlassen.
Doch Huaweis Festhalten an seinen Mitarbeitern zahlt sich langsam wieder aus. So ist es im zweiten Quartal dieses Jahres gelungen, den Umsatz im Vergleich zum Vorjahreszeitraum wieder zu steigern. Zwar ist das Wachstum mit 1,45 Prozent auf rund 25 Milliarden US-Dollar noch gering, aber nach einem Verlust von 14 Prozent im ersten Quartal doch ein wichtiger Schritt nach vorne. Der Gewinn ist allerdings um 34 Prozent auf umgerechnet knapp 1,4 Milliarden US-Dollar eingebrochen.
Trotzdem sind das gute Nachrichten für den Konzern: Die Umsatzentwicklung könnte darauf hindeuten, dass Huawei die Talsohle erreicht hat. Auch im Gesamtumsatz lässt sich Positives erkennen. Er ist zwar seit dem ersten Halbjahr 2019 von 400 Milliarden Yuan auf 300 Milliarden Yuan eingebrochen, doch der Rückgang erstreckt sich fast ausschließlich auf das von den US-Sanktionen zerstörte Smartphone-Geschäft. Die übrigen Geschäftszweige legen wieder zu: Das 5G-Ausrüstergeschäft zwar nur um 4,42 Prozent, weil die heiße Phase von Chinas 5G-Ausbau bereits abgeschlossen ist. Aber das Netzwerk-Geschäft für Unternehmen wuchs im ersten Halbjahr um satte 27,5 Prozent.
Doch um weiter innovativ sein zu können, muss sich Huawei nun höher verschulden – und das wird man vor allem in China tun. Zum einen, weil dort der Glauben an die Zukunft des Unternehmens höher ist, als auf den internationalen Kapitalmärkten. Und zum anderen, weil es für Huawei weniger riskant ist, Schulden im eigenen Land aufzunehmen, als international.
Und diesen Weg verfolgt das Unternehmen aus Shenzhen konsequent: Zuletzt legte man am 1. August eine 120-Tage-Anleihe im Wert von umgerechnet 470 Millionen US-Dollar auf. Damit hat sich Huawei allein in diesem Jahr bereits 24 Milliarden Yuan geliehen – im vergangenen Jahr waren es noch neun Milliarden Yuan gewesen. Und dennoch ist die Verschuldungsquote des Unternehmens noch immer moderat.
Zudem gilt es für Huawei, alternative Geschäfte zu entwickeln. Eine der vielversprechendsten Bereiche ist der “Intelligent Vehicle”-Bereich. Ende 2021 hat Huawei mit dem jungen Autohersteller Seres den AITO M5 auf den Markt gebracht – mit beachtlichem Verkaufsstart: Der Fünfsitzer verkaufte sich in den ersten 87 Tagen mehr als 11.000 Mal. Im Juli wurde deshalb gleich noch der passende Siebensitzer M7 vorgestellt.
Zusätzlich eröffnete man eine Fahrdienstplattform namens Petal Chuxing, die in Huaweis OS 3.0, neben Android und IOS von Apple das dritte Betriebssystem weltweit, fest installiert ist. Inzwischen ist das OS 3.0 allen Unkenrufen trotzend auf rund 300 Millionen Huawei-Geräten und als Plattform auf 170 Millionen Geräten von anderen Marken. Das zeigt zudem: Washington ist es gelungen, das Endkundengeschäft von Huawei empfindlich zu treffen, aber nicht, es zu vernichten.
Natürlich handelt es sich hierbei noch nicht um das ganz große Geschäft, so wie es Huawei einst mit Smartphones gelang. Aber es ist ein vielversprechender Anfang.
Der vielversprechendste neue Bereich für Huawei ist jedoch das autonome Fahren. Vor einer Woche schloss man eine Partnerschaft mit idriverplus, einem 2015 gegründeten Pekinger Start-up. Gemeinsam will man autonom fahrende Autos entwickeln, die dann auf Huaweis Ascend AI Processor basieren sollen.
Schon im Juli hat der Hersteller Arcfox ein erstes Auto mit “Huawei Inside” in Produktion geschickt: der Alpha-S, dessen autonomes Fahrsystem 400 Tera Operations per second (TOPS) schafft. TOPS sind gewissermaßen die PS der Chips. Zum Vergleich: das iPhone 13 schafft gerade einmal 15,3 TOPS. Und auch Arcfox ist kein unbedeutender Akteur, sondern ein Tochterunternehmen des Daimler Partners BAIC in Peking, einem der vier größten staatlichen Autohersteller Chinas.
Huawei blickt also längst wieder optimistischer in die Zukunft. In der Firmenzentrale rechnet man denn auch damit, dass man 2025 die Umsätze wieder das Niveau vor den US-Sanktionen erreichen werden. Die Sanktionen hätten Huawei dann um fünf Jahre zurückgeworfen.
Vor diesem Hintergrund bekommt die Warnung von Huawei-Chef Ren Zhengfei einen eigenen Klang. Schon seit Jahren stellt er sich die Frage, wie man es schaffen kann, dass ein so großes Unternehmen weiter an einem Strang zieht. Nun, da die Zahlen wieder etwas besser werden, scheint für Ren der Zeitpunkt gekommen, die Mitarbeiter anzuhalten, nicht nachzulassen. Denn die Wende ist noch längst nicht geschafft.
Zudem könnte Ren bei seiner Warnung auch an die Machthaber in Peking gedacht haben. Es wäre Rens indirekter Hinweis, dass die Staatsführung mehr tun muss, um die chinesische Konjunktur wieder anzukurbeln.
Ein ehemaliger Mitarbeiter des US-Technikkonzerns Apple hat vor Gericht zugegeben, technische Daten aus der Entwicklung eines selbstfahrenden Autos kopiert zu haben. Nachdem er das Unternehmen verlassen hat, wollte er nach China zurückkehren und dort bei dem Autohersteller Xpeng anheuern. Die US-Polizei hatte ihn am Flughafen verhaftet.
Ein Zusammenhang zwischen dem Diebstahl der Baupläne und dem Wechsel des Arbeitgebers ist nicht nachgewiesen. Xpeng leugnet jedes Interesse an dem Know-how von Apple Car. Zhang Xiaolang hatte von 2015 bis 2018 für Apple gearbeitet. Ihm drohen nun bis zu zehn Jahren Gefängnis für Industriespionage. fin
Chinas Öl-Konzerne haben im ersten Halbjahr 2022 kräftige Gewinne verbucht. Die staatliche Sinopec-Gruppe, der größte Ölverarbeiter in Asien, meldete am Sonntag für das erste Halbjahr einen Nettogewinn von 43,53 Milliarden Yuan (6,37 Milliarden Euro) – das ist eine Steigerung von 10,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
Grund sind die rasant angestiegenen Energiepreise infolge des Ukraine-Kriegs, die die höheren Importkosten und den rückläufigen inländischen Kraftstoffverbrauch der vergangenen Monate mehr als aufgewogen haben. So verkaufte beispielsweise Sinopec nicht mehr, sondern weniger Öl. Der Absatz des Konzerns ging gar um 9,8 Prozent zurück.
Der Ölkonzern PetroChina wiederum verbuchte von Januar bis Juli einen Gewinn von 82,39 Milliarden Yuan. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bedeutet das ein Plus von satten 55,3 Prozent. Der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge handelt es sich um ein Rekordergebnis für den größten chinesischen Rohölproduzenten.
Wie die chinesische Zeitung “China Daily” berichtet, gelang auch CNOOC, dem größten Produzenten von Gas und Öl aus dem Meer, ein enormer Gewinnsprung: Das Unternehmen fuhr im ersten Halbjahr 71,89 Milliarden Yuan ein, eine Steigerung um 116 Prozent. Zudem erwarten die Unternehmen eine Trendwende für die chinesische Wirtschaft. Der Vorsitzende von PetroChina sagte, dass die Konjunkturpakete der Regierung die Ölnachfrage zusätzlich stützten. Bei Sinopec geht man davon aus, dass die inländischen Kraftstoffverkäufe in der zweiten Hälfte gegenüber der ersten um elf Prozent steigen werden. rad
Ein Beitrag auf dem Nachrichtenportal Spiegel Online weckt Hoffnung auf Lieferungen von Flüssigerdgas (Liquefied Natural Gas, LNG) aus China. Die Meldung basiert allerdings allein auf einem Artikel in der britischen Zeitung Financial Times (FT), der sich seinerseits auf einen Bericht in der japanischen Wirtschaftszeitung Nikkei stützt, zu deren Verlagsgruppe auch die FT gehört. Und auch dem Nikkei-Bericht liegen nur wenig neue Informationen zugrunde.
China könne demnach aus den eigenen, gut gefüllten Beständen im Laufe des Winters LNG-Bestände nach Europa verschiffen, so die Argumentation. Die Nikkei zitiert als wichtigsten Beleg eine anonyme Quelle bei dem chinesische Rohstoff-Handelshaus Jovo Group aus Guangzhou. Diese berichtet davon, bereits “eine Ladung” an einen EU-Abnehmer veräußert zu haben. Der Öl- und Gasförderer Sinopec berichtete zudem ganz offiziell davon, überschüssige LNG-Bestände “auf den Weltmarkt” abzugeben.
Der mögliche Weiterverkauf von russischem Gas und Öl durch China war jedoch von Anfang des Krieges an ein Diskussionsthema (China.Table berichtete), ohne dass sich entsprechende Ideen bisher konkretisiert haben. Russland setzt einen guten Teil dessen, was nicht mehr nach Europa geht, mit Rabatt an China, Indien und andere treue Käufer ab. Einem Weiterverkauf steht zwar theoretisch nichts im Wege: Russland kann China nicht vorschreiben, was es mit dem LNG macht. Es gibt jedoch in der Praxis erhebliche Engstellen:
Chinesische LNG-Lieferungen für Europa sind daher zwar hochwillkommen und werden auch stattfinden, aber sie werden – anders als der Spiegel es suggeriert – vermutlich kein entscheidender Faktor für die Überwindung der akuten Energiekrise in Deutschland sein. fin
Die Schiffscontainer-Hersteller China International Marine Containers und Maersk Container Industry haben die geplante Fusion ihres Kühlcontainer-Geschäfts nach einem Veto der deutschen und amerikanischen Kartellbehörden abgesagt. Maersk aus Kopenhagen erklärte, der Konzern bedauere das Scheitern der Übernahme seiner Sparte durch den chinesischen Konzern mit einem Volumen von knapp einer Milliarde Dollar.
Die beiden Unternehmen gehören zu den vier größten Anbietern von isolierten Container-Boxen und Kühlcontainern. Hätten die Kartellabteilungen keinen Einspruch erhoben, wären über 90 Prozent der weltweiten Produktion in chinesischen Staatsbesitz beziehungsweise in den Besitz von Staatsbetrieben geraten.
“Die amerikanischen Verbraucher sind bei vielen Gütern des täglichen Bedarfs auf die globale Kältelieferkette angewiesen”, erklärte der stellvertretende Generalstaatsanwalt Jonathan Kanter von der Kartellabteilung des US-Justizministeriums. Die Übernahme hätte zu “höheren Preisen, niedrigerer Qualität und geringerer Widerstandsfähigkeit der globalen Lieferketten“ führen können, so Kanter. Maersk wäre zudem als innovativer, unabhängiger Wettbewerber ausgeschaltet worden. fpe
Seit den Tagen von Deng Xiaoping ist hohes Wirtschaftswachstum der chinesischen Führung wichtiger als alles andere. Das jährliche Hyperwachstum von zehn Prozent zwischen 1980 und 2010 wurde weithin als Mittel zur Bekämpfung der relativen Stasis der Mao-Ära betrachtet, als die Wirtschaft nur um etwa sechs Prozent wuchs. Doch unter Präsident Xi Jinping schlug das Pendel um: Das durchschnittliche Wachstum der Jahre 2013 bis 2021 von 6,6 Prozent lag sehr viel näher an der Entwicklung unter Mao als an der unter Deng.
Zu einem gewissen Grad war diese Verlangsamung unvermeidlich und spiegelte teilweise das Gesetz der großen Zahlen wider: Kleine Volkswirtschaften sind eher in der Lage, hohe Wachstumsraten aufrechtzuerhalten. Angesichts des Wachstums der chinesischen Wirtschaft – von zwei Prozent am globalen BIP zu Beginn des Wachstumsschubs unter Deng 1980 auf 15 Prozent bei der Machtübernahme durch Xi im Jahr 2012 – war eine arithmetische Verlangsamung nur eine Frage der Zeit. Die Überraschung ist vielmehr, dass es so lange dauerte, bis sie eintrat.
Die durch diese Verlangsamung bedingte Verringerung der chinesischen Wirtschaftsleitung lässt sich quantifizieren. Hätte sich der jährliche reale BIP-Anstieg um zehn Prozent unter Xi fortgesetzt statt sich seit 2012 um fast 3,5 Prozentpunkte zu verlangsamen, wäre die chinesische Volkswirtschaft heute gut 40 Prozent größer.
Doch ist der chinesische Konjunkturabschwung viel mehr als ein arithmetisches Ereignis. Es kommen dabei zugleich drei machtvolle Kräfte zum Tragen – ein wirtschaftlicher Strukturwandel, der Ausgleich vergangener Exzesse und eine profunde Verschiebung der ideologischen Fundamente chinesischer Regierungsführung.
Die strukturelle Erklärung verleiht dem Abschwung einen optimistischen Anstrich, indem sie ihn als Beiprodukt einer auf Verbesserung der Qualität des Wirtschaftswachstums ausgerichteten Strategie fasst. Durch sein zu langes Festhalten am Kurs des Hyperwachstums litt China zunehmend unter den “vier Uns” des ehemaligen chinesischen Ministerpräsidenten Wen Jiabao: einer Wirtschaft, die immer unstabiler, unausgewogener, unkoordinierter und (letztlich) untragbar wurde. Sie in ein neues Gleichgewicht zu bringen war der einzige Ausweg – insbesondere, wenn dies zu einem umweltfreundlicheren, stärker verbraucherorientierten und dienstleistungsintensiveren Wachstum führte, das die beiden Ziele der Ausgewogenheit und der Nachhaltigkeit erfüllte. Wenn ein langsameres Wachstum der Preis hierfür sein sollte, so wäre dies die Sache wert.
Für eine Weile schien die strukturelle Wachstumsverlangsamung auf dem richtigen Weg zu sein. Das dienstleistungsbedingte Wachstum kurbelte die Schaffung von Arbeitsplätzen an, und die Urbanisierung verlieh den Realeinkommen einen machtvollen Schub. Obwohl der Konsum aufgrund eines schwachen sozialen Netzes, das zu überzogenen Vorsorgeansparungen führte, noch immer lahmte, gab es gute Gründe, an die Wahrscheinlichkeit eines Strukturwandels zu glauben. Doch hatte das Bemühen um eine strukturelle Wachstumsverlangsamung auch ihre Schattenseiten – insbesondere eine besorgniserregende Abschwächung der Verbesserung der chinesischen Gesamtfaktorproduktivität sowie einen durch die zwischen 1980 und 2015 in Kraft gewesene Ein-Kind-Politik bedingten starken demografischen Gegenwind.
Doch gibt es gute Gründe zu der Annahme, dass Chinas Wirtschaftsabschwung zugleich eher ein unvermeidlicher Ausgleich für die Exzesse der Ära des Hyperwachstums ist. Tatsächlich wurde dieser Gedankengang 2016 in einem viel beachteten, auf der Titelseite des Zentralorgans der Kommunistischen Partei erschienenen Interview mit einer “maßgeblichen Person” zum Ausdruck gebracht, das vor der potenziellen Japanisierung einer zunehmend schuldenintensiven, durch Spekulationsblasen gestützten chinesischen Wirtschaft warnte. Zu diesem Drehbuch passen der überschuldete chinesische Immobiliensektor und auch das schuldenbeflügelte Wachstum der staatseigenen Unternehmen seit der globalen Finanzkrise von 2008-2009. Hieraus entwickelte sich eine Argumentation über die Notwendigkeit einer Entschuldung Chinas, deren kurzfristige Kosten sich durchaus lohnten, wenn sich dadurch die längerfristige Stagnation japanartiger verlorener Jahrzehnte vermeiden ließe.
Und schließlich ist auch eine wichtige Umkehrung der ideologischen Fundamente der Regierungsführung mit im Spiel. Als revolutionärer Gründer eines neuen chinesischen Staates gab Mao Zedong der Ideologie den Vorzug vor der Entwicklung. Bei Deng und seinen Nachfolgern war es umgekehrt: Die Verlagerung des Schwerpunkts weg von der Ideologie wurde für notwendig erachtet, um das Wirtschaftswachstum durch eine marktgestützte “Reform und Öffnung” anzukurbeln.
Dann kam Xi. Ursprünglich war die Hoffnung, dass seine sogenannten “Reformen der dritten Vollversammlung” von 2013 eine neue Ära kraftvoller wirtschaftlicher Entwicklung einläuten würden. Doch die neuen, unter der allgemeinen Rubrik des Gedankenguts Xi Jinpings durchgeführten ideologischen Kampagnen, darunter die harte Regulierung der einst dynamischen Internetplattform-Unternehmen und damit verknüpfte Online-Beschränkungen für Glücksspiel, Musik und Privatunterricht, sowie eine zu endlosen Lockdowns führende Null-Covid-Politik haben all diese Hoffnungen zunichte gemacht.
Gleichermaßen wichtig war Xis Fixierung auf eine nationale Erneuerung, ein Auswuchs seines sogenannten “chinesischen Traums”, der zu einer deutlich aggressiveren, im scharfen Gegensatz zu Dengs passiverer Haltung des “Versteckens und Abwartens” stehenden chinesischen Außenpolitik führte. Es ist kein Zufall, dass diese die Handels- und Technologiekriege mit den USA befeuert hat, Chinas “uneingeschränkte Partnerschaft” mit Russland hervorbrachte und Spannungen in Bezug auf Taiwan angeheizt hat. All dies deutet auf eine Rückabwicklung der Globalisierung hin, von der China lange mehr als jedes andere Land profitiert hat.
Mein Fehler war, es China zu sehr zugutezuhalten, dass es ein strukturelles Gegenmittel gegen Wens “vier Uns” entwickelt hatte. Dies hat mich dazu verleitet, zu viel Gewicht auf die positiven Aspekte der Neugewichtung als Begründung für ein Wirtschaftswachstum höherer Qualität zu legen. Ich habe mir große Sorgen über die Risiken einer Japanisierung, doch überwiegend als Symptome einer gescheiterten Neugewichtung gemacht. Das führte dazu, dass ich umso stärker für eine Neugewichtung eintrat; ich argumentierte, dass ein Strukturwandel Chinas einzige echte Option sei.
Mein größter Fehler bestand darin, die Folgen von Xi Jinpings Denken zu bagatellisieren. Xis Fokus auf die Ideologie deutet viel stärker auf eine Auferstehung von Maos Erbe hin als auf eine Kontinuität mit der Deng-Ära. In Chinas neuer Ära unter Xi geht es mehr um die Vorherrschaft der Partei, mit einer damit verknüpften Betonung von Macht, Kontrolle und ideologischen Beschränkungen für die Wirtschaft.
Anders als in Maos China, wo es nicht viel Wachstum gab, das man hätte opfern können, steht für die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt heute viel mehr auf dem Spiel. Und angesichts der Tatsache, dass der anstehende 20. Parteikongress eine nie dagewesene dritte fünfjährige Amtszeit für Xi einläuten könnte, gibt es gute Gründe für die Annahme, dass Chinas Wachstumsopfer gerade erst begonnen haben.
Stephen S. Roach war Chairman von Morgan Stanley Asia und ist heute Professor an der Universität Yale. Er ist der Verfasser des in Kürze erscheinenden Buches Accidental Conflict: America, China, and the Clash of False Narratives (Yale University Press, November 2022). Übersetzung: Jan Doolan.
Copyright: Project Syndicate, 2022.
www.project-syndicate.org
Pierre Ganninger de Botmiliau hat die Stelle des Project Manager Business Development China bei Mercedes-Benz Vans übernommen. De Botmiliau ist seit fünf Jahren für Daimler tätig. Sein derzeitiger Einsatzort ist Stuttgart.
Saad Azza ist seit Juli Senior Business Development Manager & Team Lead bei Porsche Taiwan. In Taipei ist er unter anderem für die Steuerung des Porsche Taiwan E-Performance-Programms und den Rollout neuer Ladelösungen verantwortlich.
Eduardo Thamm hat bei BMW China die Rolle des Senior Managers R&D Driving Dynamics übernommen. Der China-erfahrene Manager ist seit 2010 für BMW in der Produktentwicklung tätig. Sein Spezialgebiet ist die Koordination multikultureller, funktionsübergreifender Teams. Für seinen neuen Posten wechselte Thamm von Shenyang nach Peking.
Andre Gantenbrink ist jetzt Assistent der Geschäftsleitung der Audi-Forschungstochter in Peking. Zuvor war er im Bereich Customer Racing tätig. Vorher hat Gantenbrink bei CRRC Group – Zhuzhou Times New Material Technology Erfahrung als Regional Manager gesammelt.
Björn Giner ist seit August Senior Engineer bei Schaeffler in Shanghai. Die Schaeffler-Gruppe ist ein börsennotierter deutscher Zulieferer der Automobil- und Maschinenbauindustrie. Zuvor war Giner drei Jahre als Projektmanager im Hauptsitz des Unternehmens in Herzogenaurach tätig.
Marianne Bäumle leitet das Controlling bei dem Roboterhersteller Kuka aus Augsburg, der sich im Besitz des chinesischen Midea-Konzerns befindet. Von 2019 bis 2020 war sie Finanzchefin von Kuka Systems China in Shanghai. Ihre China-Erfahrung reicht 20 Jahre zurück.
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Mercedes-Benz braucht Batteriezellen – und zwar sehr viele davon. Wenn alle Autos des Konzerns einmal elektrisch fahren sollen, dann dürfen die Stromspeicher nicht knapp werden. Das soll schon 2025 so weit sein. Das Unternehmen stellt seine Beschaffung daher breiter auf, verzichtet aber mitnichten auf chinesische Partner, schreibt Christian Domke Seidel in seiner Analyse. Im Gegenteil: Anbieter aus China wie CATL gehören weiterhin fest zur Strategie. Sie sollen bloß sicherheitshalber in Europa produzieren, so wie es CATL demnächst in Ungarn macht.
Mehr Aufmerksamkeit sollte die chinesische Regierung derweil den Sorgen ihrer Großunternehmen schenken. Als in der vergangenen Woche Huawei-Gründer Ren Zhengfei seine Mitarbeiter auf harte Zeiten einschwor, schickte er vor allem auch ein Signal in Richtung Peking, analysiert Frank Sieren. Das klingt plausibel, denn direkte Kritik an der Regierung sollten sich private Firmenbetreiber besser verkneifen. Der Letzte, der das wagte, war Alibaba-Chef Jack Ma. Der malt jetzt lieber, statt seinen IT-Konzern in die Zukunft zu führen.
Viel Spaß beim Lesen!
Akku-Marktführer CATL baut im ungarischen Debrecen eine neue Fabrik (China.Table berichtete). Das Projekt hat ein Investitionsvolumen von umgerechnet 7,34 Milliarden Euro. Mercedes Benz ist zwar der größte Kunde dieser Fabrik, ist entgegen anderslautender Meldungen (zum Beispiel hier oder hier) am Projekt aber nicht weitergehend beteiligt. “Wir haben die größte Abnahmemenge, sind aber weder finanziell noch anderweitig eingebunden”, erklärte eine Sprecherin des Konzerns auf Anfrage gegenüber Table.Media. Andere Medien hatten den Vorgang so dargestellt, als ob Mercedes selbst in das Werk investiere.
Mercedes verfolgt aktuell eine “Electric-Only”-Strategie. Ab dem Ende des Jahrzehnts sollen nur noch vollelektrische Fahrzeuge gebaut werden – zumindest “überall dort, wo es die Marktbedingungen zulassen”, wie der Konzern einschränkend hinterherschiebt. Die Planungen sehen vor, dass ab dem Jahr 2025 alle neuen Fahrzeugarchitekturen ausschließlich elektrisch sind. Die Hälfte aller Neuwagen mit Stern sollen dann E-Autos sein. Um das Ziel zu erreichen, will Mercedes zwischen 2022 und 2030 rund 40 Milliarden Euro investieren.
Die Partnerschaft mit Contemporary Amperex Technology Co. Limited (CATL) ist ein Baustein dieser Planungen. Mercedes rechnet vor, 200 Gigawattstunden Batteriekapazität zu benötigen, um eine ausreichende Menge Fahrzeuge rein elektrisch bewegen zu können. In Zukunft möchte der Konzern zwar weniger, aber dafür teurere Autos verkaufen. Die Corona-Pandemie hat aber Schwachstellen in den Lieferketten offengelegt. Deswegen will sich Mercedes bei der Versorgung mit Akkus möglichst breit aufstellen, also möglichst viele Lieferanten anwerben.
Weltweit benötigt Mercedes acht Zellfabriken, um ausreichend Batteriekapazität produzieren oder zukaufen zu können. Vier in Europa, vier in den USA und in China. In den USA kooperiert Mercedes mit Envision AESC. Dort soll eine Batteriezellenfabrik in der Nähe des eigenen Werkes entstehen. In China heißen die Partner zum einen CATL und zum anderen Farasis. Von Farasis hält Mercedes sogar drei Prozent der Aktien, die angeblich rund 400 Millionen Euro gekostet haben sollen. Ursprünglich wollte Farasis in Bitterfeld Batteriezellen für Mercedes produzieren. Doch das Projekt scheiterte 2021 endgültig.
In Europa ist Mercedes an der Automotive Cells Company (ACC) mit Sitz in Frankreich beteiligt – gemeinsam mit der Stellantis-Gruppe (Peugeot, Citroën, Fiat, Chrysler, Jeep) und dem französischen Energieunternehmen Total Energies. Hier sind die Pläne durchaus ambitioniert, wie die Unternehmenssprecherin erläutert: “Wir haben uns gemeinsam mit Stellantis und Total Energies an ACC beteiligt, um einen europäischen Batteriechampion aufzubauen. Hier wollen wir unsere eigene Expertise mit einbringen und so die Entwicklung von ACC beschleunigen.” Diese Diversifizierung ist Teil der “local-for-local”-Strategie. Fällt die Produktion oder die Lieferkette in einem Teil der Welt aus, sitzen die Fabriken in anderen Ländern nicht gänzlich auf dem Trockenen. Gleichzeitig werden so beim Transport Treibhausgase eingespart.
In Europa soll CATL diese Versorgung mit den begehrten Zellen garantieren. Befeuert von Ungarns Wirtschaftspolitik. Ministerpräsident Viktor Orbán möchte sein Land zum zweitwichtigsten Standort für die E-Mobilität ausbauen – hinter Deutschland. Dafür lockte er unter anderem Samsung SDI nach Göd, eine Kleinstadt nördlich von Budapest, in der seitdem Batterien gefertigt werden. Wegen schlechter Arbeitsbedingungen, Lärm und Verschmutzungen musste das Unternehmen bereits über ein Dutzend Strafzahlungen leisten, wie die NZZ berichtet. Auch die südkoreanischen Firmen SK One (in Ivancsa) und Ecpro BM (in Debrecen) werden bald Batterien und benötigte Bauteile in Ungarn fertigen. Dazu kommt das von Mercedes angekündigte CATL-Werk.
Die Investitionen in die E-Mobilität in Ungarn beliefen sich in den vergangenen Jahren auf insgesamt acht Milliarden Euro. Allein das CATL-Werk wird diese Summe fast verdoppeln. Woher die Arbeitskräfte kommen sollen, ist derweil unklar. Mercedes verweist im Gespräch mit Table.Media zwar auf die nachhaltige Produktion der Batteriezellen, meint damit aber nur die CO2-Neutralität. Die sozialen und wirtschaftlichen Aspekte schließt die Unternehmenssprecherin dezidiert aus.
Das stellt Ungarn vor Probleme. Denn in dem Land gibt es schlichtweg nicht ausreichend Fachkräfte, um die wachsende Nachfrage bedienen zu können. Von den geschätzt 5.000 Mitarbeitern bei Samsung SDI sollen gerade einmal hundert aus Ungarn kommen, wie Balogh Csaba, Bürgermeister von Göd, gegenüber der NZZ vorrechnet. Die restlichen Arbeitskräfte kommen aus Asien. Wie das bei CATL aussehen könnte, ist derzeit noch völlig offen.
“Die Kälte wird jedermann spüren”, warnte Ren Zhengfei jüngst in einem Memo seine Mitarbeiter vor schwierigen Zeiten. Und der Huawei-Chef weiß, wovon er spricht. Er hatte den chinesischen Telekommunikationskonzern bis an die Weltspitze geführt, Huawei hatte sogar den US-Konkurrenten Apple überholt und war zum größten Smartphone-Hersteller der Welt aufgestiegen. Doch dann kam der tiefe Fall – nicht aufgrund von unternehmerischen Fehlern oder Chinas Wachstumsproblemen, sondern hauptsächlich wegen politischer US-Sanktionen. Sie haben Huaweis Hauptgeschäft der Smartphones vollkommen zerstört.
Auf die US-Sanktionen folgten sechs Quartale voller Umsatz- und Gewinneinbrüche. Inzwischen glänzt Huawei nur noch auf dem Nischenmarkt der Smartphones mit faltbaren Bildschirmen. Auch legte man zuletzt kräftig zu bei den Tablets, bleibt aber weiterhin weit hinter Apple zurück. Das sonstige Geschäft liegt weiterhin am Boden.
Immerhin: Trotz Gewinn- und Umsatzrückgang ist das Personal bei Huawei kaum geschrumpft. Hatte der chinesische Telekommunikationskonzern 2020 noch 197.000 Mitarbeiter, sind es Ende 2021 immerhin noch 195.000 – also ein Rückgang von rund einem Prozent, während der Umsatz im gleichen Zeitraum um 30 Prozent eingebrochen war. Es ist der erste Personal-Rückgang seit 2008.
Wie besonders der Weg von Huawei ist, zeigt der Blick auf die Wettbewerber: Tencent, das neben Huawei bekannteste Hightech-Unternehmen im südchinesischen Shenzhen, hat allein zwischen März und Juni die Mitarbeiterzahl um 4,7 Prozent verringert. Das sind rund 5.500 Mitarbeiter in nur drei Monaten – gegenüber 2.000 Mitarbeitern bei Huawei in einem ganzen Jahr. Alibaba hat sogar 10.000 Mitarbeiter in drei Monaten entlassen.
Doch Huaweis Festhalten an seinen Mitarbeitern zahlt sich langsam wieder aus. So ist es im zweiten Quartal dieses Jahres gelungen, den Umsatz im Vergleich zum Vorjahreszeitraum wieder zu steigern. Zwar ist das Wachstum mit 1,45 Prozent auf rund 25 Milliarden US-Dollar noch gering, aber nach einem Verlust von 14 Prozent im ersten Quartal doch ein wichtiger Schritt nach vorne. Der Gewinn ist allerdings um 34 Prozent auf umgerechnet knapp 1,4 Milliarden US-Dollar eingebrochen.
Trotzdem sind das gute Nachrichten für den Konzern: Die Umsatzentwicklung könnte darauf hindeuten, dass Huawei die Talsohle erreicht hat. Auch im Gesamtumsatz lässt sich Positives erkennen. Er ist zwar seit dem ersten Halbjahr 2019 von 400 Milliarden Yuan auf 300 Milliarden Yuan eingebrochen, doch der Rückgang erstreckt sich fast ausschließlich auf das von den US-Sanktionen zerstörte Smartphone-Geschäft. Die übrigen Geschäftszweige legen wieder zu: Das 5G-Ausrüstergeschäft zwar nur um 4,42 Prozent, weil die heiße Phase von Chinas 5G-Ausbau bereits abgeschlossen ist. Aber das Netzwerk-Geschäft für Unternehmen wuchs im ersten Halbjahr um satte 27,5 Prozent.
Doch um weiter innovativ sein zu können, muss sich Huawei nun höher verschulden – und das wird man vor allem in China tun. Zum einen, weil dort der Glauben an die Zukunft des Unternehmens höher ist, als auf den internationalen Kapitalmärkten. Und zum anderen, weil es für Huawei weniger riskant ist, Schulden im eigenen Land aufzunehmen, als international.
Und diesen Weg verfolgt das Unternehmen aus Shenzhen konsequent: Zuletzt legte man am 1. August eine 120-Tage-Anleihe im Wert von umgerechnet 470 Millionen US-Dollar auf. Damit hat sich Huawei allein in diesem Jahr bereits 24 Milliarden Yuan geliehen – im vergangenen Jahr waren es noch neun Milliarden Yuan gewesen. Und dennoch ist die Verschuldungsquote des Unternehmens noch immer moderat.
Zudem gilt es für Huawei, alternative Geschäfte zu entwickeln. Eine der vielversprechendsten Bereiche ist der “Intelligent Vehicle”-Bereich. Ende 2021 hat Huawei mit dem jungen Autohersteller Seres den AITO M5 auf den Markt gebracht – mit beachtlichem Verkaufsstart: Der Fünfsitzer verkaufte sich in den ersten 87 Tagen mehr als 11.000 Mal. Im Juli wurde deshalb gleich noch der passende Siebensitzer M7 vorgestellt.
Zusätzlich eröffnete man eine Fahrdienstplattform namens Petal Chuxing, die in Huaweis OS 3.0, neben Android und IOS von Apple das dritte Betriebssystem weltweit, fest installiert ist. Inzwischen ist das OS 3.0 allen Unkenrufen trotzend auf rund 300 Millionen Huawei-Geräten und als Plattform auf 170 Millionen Geräten von anderen Marken. Das zeigt zudem: Washington ist es gelungen, das Endkundengeschäft von Huawei empfindlich zu treffen, aber nicht, es zu vernichten.
Natürlich handelt es sich hierbei noch nicht um das ganz große Geschäft, so wie es Huawei einst mit Smartphones gelang. Aber es ist ein vielversprechender Anfang.
Der vielversprechendste neue Bereich für Huawei ist jedoch das autonome Fahren. Vor einer Woche schloss man eine Partnerschaft mit idriverplus, einem 2015 gegründeten Pekinger Start-up. Gemeinsam will man autonom fahrende Autos entwickeln, die dann auf Huaweis Ascend AI Processor basieren sollen.
Schon im Juli hat der Hersteller Arcfox ein erstes Auto mit “Huawei Inside” in Produktion geschickt: der Alpha-S, dessen autonomes Fahrsystem 400 Tera Operations per second (TOPS) schafft. TOPS sind gewissermaßen die PS der Chips. Zum Vergleich: das iPhone 13 schafft gerade einmal 15,3 TOPS. Und auch Arcfox ist kein unbedeutender Akteur, sondern ein Tochterunternehmen des Daimler Partners BAIC in Peking, einem der vier größten staatlichen Autohersteller Chinas.
Huawei blickt also längst wieder optimistischer in die Zukunft. In der Firmenzentrale rechnet man denn auch damit, dass man 2025 die Umsätze wieder das Niveau vor den US-Sanktionen erreichen werden. Die Sanktionen hätten Huawei dann um fünf Jahre zurückgeworfen.
Vor diesem Hintergrund bekommt die Warnung von Huawei-Chef Ren Zhengfei einen eigenen Klang. Schon seit Jahren stellt er sich die Frage, wie man es schaffen kann, dass ein so großes Unternehmen weiter an einem Strang zieht. Nun, da die Zahlen wieder etwas besser werden, scheint für Ren der Zeitpunkt gekommen, die Mitarbeiter anzuhalten, nicht nachzulassen. Denn die Wende ist noch längst nicht geschafft.
Zudem könnte Ren bei seiner Warnung auch an die Machthaber in Peking gedacht haben. Es wäre Rens indirekter Hinweis, dass die Staatsführung mehr tun muss, um die chinesische Konjunktur wieder anzukurbeln.
Ein ehemaliger Mitarbeiter des US-Technikkonzerns Apple hat vor Gericht zugegeben, technische Daten aus der Entwicklung eines selbstfahrenden Autos kopiert zu haben. Nachdem er das Unternehmen verlassen hat, wollte er nach China zurückkehren und dort bei dem Autohersteller Xpeng anheuern. Die US-Polizei hatte ihn am Flughafen verhaftet.
Ein Zusammenhang zwischen dem Diebstahl der Baupläne und dem Wechsel des Arbeitgebers ist nicht nachgewiesen. Xpeng leugnet jedes Interesse an dem Know-how von Apple Car. Zhang Xiaolang hatte von 2015 bis 2018 für Apple gearbeitet. Ihm drohen nun bis zu zehn Jahren Gefängnis für Industriespionage. fin
Chinas Öl-Konzerne haben im ersten Halbjahr 2022 kräftige Gewinne verbucht. Die staatliche Sinopec-Gruppe, der größte Ölverarbeiter in Asien, meldete am Sonntag für das erste Halbjahr einen Nettogewinn von 43,53 Milliarden Yuan (6,37 Milliarden Euro) – das ist eine Steigerung von 10,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
Grund sind die rasant angestiegenen Energiepreise infolge des Ukraine-Kriegs, die die höheren Importkosten und den rückläufigen inländischen Kraftstoffverbrauch der vergangenen Monate mehr als aufgewogen haben. So verkaufte beispielsweise Sinopec nicht mehr, sondern weniger Öl. Der Absatz des Konzerns ging gar um 9,8 Prozent zurück.
Der Ölkonzern PetroChina wiederum verbuchte von Januar bis Juli einen Gewinn von 82,39 Milliarden Yuan. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bedeutet das ein Plus von satten 55,3 Prozent. Der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge handelt es sich um ein Rekordergebnis für den größten chinesischen Rohölproduzenten.
Wie die chinesische Zeitung “China Daily” berichtet, gelang auch CNOOC, dem größten Produzenten von Gas und Öl aus dem Meer, ein enormer Gewinnsprung: Das Unternehmen fuhr im ersten Halbjahr 71,89 Milliarden Yuan ein, eine Steigerung um 116 Prozent. Zudem erwarten die Unternehmen eine Trendwende für die chinesische Wirtschaft. Der Vorsitzende von PetroChina sagte, dass die Konjunkturpakete der Regierung die Ölnachfrage zusätzlich stützten. Bei Sinopec geht man davon aus, dass die inländischen Kraftstoffverkäufe in der zweiten Hälfte gegenüber der ersten um elf Prozent steigen werden. rad
Ein Beitrag auf dem Nachrichtenportal Spiegel Online weckt Hoffnung auf Lieferungen von Flüssigerdgas (Liquefied Natural Gas, LNG) aus China. Die Meldung basiert allerdings allein auf einem Artikel in der britischen Zeitung Financial Times (FT), der sich seinerseits auf einen Bericht in der japanischen Wirtschaftszeitung Nikkei stützt, zu deren Verlagsgruppe auch die FT gehört. Und auch dem Nikkei-Bericht liegen nur wenig neue Informationen zugrunde.
China könne demnach aus den eigenen, gut gefüllten Beständen im Laufe des Winters LNG-Bestände nach Europa verschiffen, so die Argumentation. Die Nikkei zitiert als wichtigsten Beleg eine anonyme Quelle bei dem chinesische Rohstoff-Handelshaus Jovo Group aus Guangzhou. Diese berichtet davon, bereits “eine Ladung” an einen EU-Abnehmer veräußert zu haben. Der Öl- und Gasförderer Sinopec berichtete zudem ganz offiziell davon, überschüssige LNG-Bestände “auf den Weltmarkt” abzugeben.
Der mögliche Weiterverkauf von russischem Gas und Öl durch China war jedoch von Anfang des Krieges an ein Diskussionsthema (China.Table berichtete), ohne dass sich entsprechende Ideen bisher konkretisiert haben. Russland setzt einen guten Teil dessen, was nicht mehr nach Europa geht, mit Rabatt an China, Indien und andere treue Käufer ab. Einem Weiterverkauf steht zwar theoretisch nichts im Wege: Russland kann China nicht vorschreiben, was es mit dem LNG macht. Es gibt jedoch in der Praxis erhebliche Engstellen:
Chinesische LNG-Lieferungen für Europa sind daher zwar hochwillkommen und werden auch stattfinden, aber sie werden – anders als der Spiegel es suggeriert – vermutlich kein entscheidender Faktor für die Überwindung der akuten Energiekrise in Deutschland sein. fin
Die Schiffscontainer-Hersteller China International Marine Containers und Maersk Container Industry haben die geplante Fusion ihres Kühlcontainer-Geschäfts nach einem Veto der deutschen und amerikanischen Kartellbehörden abgesagt. Maersk aus Kopenhagen erklärte, der Konzern bedauere das Scheitern der Übernahme seiner Sparte durch den chinesischen Konzern mit einem Volumen von knapp einer Milliarde Dollar.
Die beiden Unternehmen gehören zu den vier größten Anbietern von isolierten Container-Boxen und Kühlcontainern. Hätten die Kartellabteilungen keinen Einspruch erhoben, wären über 90 Prozent der weltweiten Produktion in chinesischen Staatsbesitz beziehungsweise in den Besitz von Staatsbetrieben geraten.
“Die amerikanischen Verbraucher sind bei vielen Gütern des täglichen Bedarfs auf die globale Kältelieferkette angewiesen”, erklärte der stellvertretende Generalstaatsanwalt Jonathan Kanter von der Kartellabteilung des US-Justizministeriums. Die Übernahme hätte zu “höheren Preisen, niedrigerer Qualität und geringerer Widerstandsfähigkeit der globalen Lieferketten“ führen können, so Kanter. Maersk wäre zudem als innovativer, unabhängiger Wettbewerber ausgeschaltet worden. fpe
Seit den Tagen von Deng Xiaoping ist hohes Wirtschaftswachstum der chinesischen Führung wichtiger als alles andere. Das jährliche Hyperwachstum von zehn Prozent zwischen 1980 und 2010 wurde weithin als Mittel zur Bekämpfung der relativen Stasis der Mao-Ära betrachtet, als die Wirtschaft nur um etwa sechs Prozent wuchs. Doch unter Präsident Xi Jinping schlug das Pendel um: Das durchschnittliche Wachstum der Jahre 2013 bis 2021 von 6,6 Prozent lag sehr viel näher an der Entwicklung unter Mao als an der unter Deng.
Zu einem gewissen Grad war diese Verlangsamung unvermeidlich und spiegelte teilweise das Gesetz der großen Zahlen wider: Kleine Volkswirtschaften sind eher in der Lage, hohe Wachstumsraten aufrechtzuerhalten. Angesichts des Wachstums der chinesischen Wirtschaft – von zwei Prozent am globalen BIP zu Beginn des Wachstumsschubs unter Deng 1980 auf 15 Prozent bei der Machtübernahme durch Xi im Jahr 2012 – war eine arithmetische Verlangsamung nur eine Frage der Zeit. Die Überraschung ist vielmehr, dass es so lange dauerte, bis sie eintrat.
Die durch diese Verlangsamung bedingte Verringerung der chinesischen Wirtschaftsleitung lässt sich quantifizieren. Hätte sich der jährliche reale BIP-Anstieg um zehn Prozent unter Xi fortgesetzt statt sich seit 2012 um fast 3,5 Prozentpunkte zu verlangsamen, wäre die chinesische Volkswirtschaft heute gut 40 Prozent größer.
Doch ist der chinesische Konjunkturabschwung viel mehr als ein arithmetisches Ereignis. Es kommen dabei zugleich drei machtvolle Kräfte zum Tragen – ein wirtschaftlicher Strukturwandel, der Ausgleich vergangener Exzesse und eine profunde Verschiebung der ideologischen Fundamente chinesischer Regierungsführung.
Die strukturelle Erklärung verleiht dem Abschwung einen optimistischen Anstrich, indem sie ihn als Beiprodukt einer auf Verbesserung der Qualität des Wirtschaftswachstums ausgerichteten Strategie fasst. Durch sein zu langes Festhalten am Kurs des Hyperwachstums litt China zunehmend unter den “vier Uns” des ehemaligen chinesischen Ministerpräsidenten Wen Jiabao: einer Wirtschaft, die immer unstabiler, unausgewogener, unkoordinierter und (letztlich) untragbar wurde. Sie in ein neues Gleichgewicht zu bringen war der einzige Ausweg – insbesondere, wenn dies zu einem umweltfreundlicheren, stärker verbraucherorientierten und dienstleistungsintensiveren Wachstum führte, das die beiden Ziele der Ausgewogenheit und der Nachhaltigkeit erfüllte. Wenn ein langsameres Wachstum der Preis hierfür sein sollte, so wäre dies die Sache wert.
Für eine Weile schien die strukturelle Wachstumsverlangsamung auf dem richtigen Weg zu sein. Das dienstleistungsbedingte Wachstum kurbelte die Schaffung von Arbeitsplätzen an, und die Urbanisierung verlieh den Realeinkommen einen machtvollen Schub. Obwohl der Konsum aufgrund eines schwachen sozialen Netzes, das zu überzogenen Vorsorgeansparungen führte, noch immer lahmte, gab es gute Gründe, an die Wahrscheinlichkeit eines Strukturwandels zu glauben. Doch hatte das Bemühen um eine strukturelle Wachstumsverlangsamung auch ihre Schattenseiten – insbesondere eine besorgniserregende Abschwächung der Verbesserung der chinesischen Gesamtfaktorproduktivität sowie einen durch die zwischen 1980 und 2015 in Kraft gewesene Ein-Kind-Politik bedingten starken demografischen Gegenwind.
Doch gibt es gute Gründe zu der Annahme, dass Chinas Wirtschaftsabschwung zugleich eher ein unvermeidlicher Ausgleich für die Exzesse der Ära des Hyperwachstums ist. Tatsächlich wurde dieser Gedankengang 2016 in einem viel beachteten, auf der Titelseite des Zentralorgans der Kommunistischen Partei erschienenen Interview mit einer “maßgeblichen Person” zum Ausdruck gebracht, das vor der potenziellen Japanisierung einer zunehmend schuldenintensiven, durch Spekulationsblasen gestützten chinesischen Wirtschaft warnte. Zu diesem Drehbuch passen der überschuldete chinesische Immobiliensektor und auch das schuldenbeflügelte Wachstum der staatseigenen Unternehmen seit der globalen Finanzkrise von 2008-2009. Hieraus entwickelte sich eine Argumentation über die Notwendigkeit einer Entschuldung Chinas, deren kurzfristige Kosten sich durchaus lohnten, wenn sich dadurch die längerfristige Stagnation japanartiger verlorener Jahrzehnte vermeiden ließe.
Und schließlich ist auch eine wichtige Umkehrung der ideologischen Fundamente der Regierungsführung mit im Spiel. Als revolutionärer Gründer eines neuen chinesischen Staates gab Mao Zedong der Ideologie den Vorzug vor der Entwicklung. Bei Deng und seinen Nachfolgern war es umgekehrt: Die Verlagerung des Schwerpunkts weg von der Ideologie wurde für notwendig erachtet, um das Wirtschaftswachstum durch eine marktgestützte “Reform und Öffnung” anzukurbeln.
Dann kam Xi. Ursprünglich war die Hoffnung, dass seine sogenannten “Reformen der dritten Vollversammlung” von 2013 eine neue Ära kraftvoller wirtschaftlicher Entwicklung einläuten würden. Doch die neuen, unter der allgemeinen Rubrik des Gedankenguts Xi Jinpings durchgeführten ideologischen Kampagnen, darunter die harte Regulierung der einst dynamischen Internetplattform-Unternehmen und damit verknüpfte Online-Beschränkungen für Glücksspiel, Musik und Privatunterricht, sowie eine zu endlosen Lockdowns führende Null-Covid-Politik haben all diese Hoffnungen zunichte gemacht.
Gleichermaßen wichtig war Xis Fixierung auf eine nationale Erneuerung, ein Auswuchs seines sogenannten “chinesischen Traums”, der zu einer deutlich aggressiveren, im scharfen Gegensatz zu Dengs passiverer Haltung des “Versteckens und Abwartens” stehenden chinesischen Außenpolitik führte. Es ist kein Zufall, dass diese die Handels- und Technologiekriege mit den USA befeuert hat, Chinas “uneingeschränkte Partnerschaft” mit Russland hervorbrachte und Spannungen in Bezug auf Taiwan angeheizt hat. All dies deutet auf eine Rückabwicklung der Globalisierung hin, von der China lange mehr als jedes andere Land profitiert hat.
Mein Fehler war, es China zu sehr zugutezuhalten, dass es ein strukturelles Gegenmittel gegen Wens “vier Uns” entwickelt hatte. Dies hat mich dazu verleitet, zu viel Gewicht auf die positiven Aspekte der Neugewichtung als Begründung für ein Wirtschaftswachstum höherer Qualität zu legen. Ich habe mir große Sorgen über die Risiken einer Japanisierung, doch überwiegend als Symptome einer gescheiterten Neugewichtung gemacht. Das führte dazu, dass ich umso stärker für eine Neugewichtung eintrat; ich argumentierte, dass ein Strukturwandel Chinas einzige echte Option sei.
Mein größter Fehler bestand darin, die Folgen von Xi Jinpings Denken zu bagatellisieren. Xis Fokus auf die Ideologie deutet viel stärker auf eine Auferstehung von Maos Erbe hin als auf eine Kontinuität mit der Deng-Ära. In Chinas neuer Ära unter Xi geht es mehr um die Vorherrschaft der Partei, mit einer damit verknüpften Betonung von Macht, Kontrolle und ideologischen Beschränkungen für die Wirtschaft.
Anders als in Maos China, wo es nicht viel Wachstum gab, das man hätte opfern können, steht für die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt heute viel mehr auf dem Spiel. Und angesichts der Tatsache, dass der anstehende 20. Parteikongress eine nie dagewesene dritte fünfjährige Amtszeit für Xi einläuten könnte, gibt es gute Gründe für die Annahme, dass Chinas Wachstumsopfer gerade erst begonnen haben.
Stephen S. Roach war Chairman von Morgan Stanley Asia und ist heute Professor an der Universität Yale. Er ist der Verfasser des in Kürze erscheinenden Buches Accidental Conflict: America, China, and the Clash of False Narratives (Yale University Press, November 2022). Übersetzung: Jan Doolan.
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Pierre Ganninger de Botmiliau hat die Stelle des Project Manager Business Development China bei Mercedes-Benz Vans übernommen. De Botmiliau ist seit fünf Jahren für Daimler tätig. Sein derzeitiger Einsatzort ist Stuttgart.
Saad Azza ist seit Juli Senior Business Development Manager & Team Lead bei Porsche Taiwan. In Taipei ist er unter anderem für die Steuerung des Porsche Taiwan E-Performance-Programms und den Rollout neuer Ladelösungen verantwortlich.
Eduardo Thamm hat bei BMW China die Rolle des Senior Managers R&D Driving Dynamics übernommen. Der China-erfahrene Manager ist seit 2010 für BMW in der Produktentwicklung tätig. Sein Spezialgebiet ist die Koordination multikultureller, funktionsübergreifender Teams. Für seinen neuen Posten wechselte Thamm von Shenyang nach Peking.
Andre Gantenbrink ist jetzt Assistent der Geschäftsleitung der Audi-Forschungstochter in Peking. Zuvor war er im Bereich Customer Racing tätig. Vorher hat Gantenbrink bei CRRC Group – Zhuzhou Times New Material Technology Erfahrung als Regional Manager gesammelt.
Björn Giner ist seit August Senior Engineer bei Schaeffler in Shanghai. Die Schaeffler-Gruppe ist ein börsennotierter deutscher Zulieferer der Automobil- und Maschinenbauindustrie. Zuvor war Giner drei Jahre als Projektmanager im Hauptsitz des Unternehmens in Herzogenaurach tätig.
Marianne Bäumle leitet das Controlling bei dem Roboterhersteller Kuka aus Augsburg, der sich im Besitz des chinesischen Midea-Konzerns befindet. Von 2019 bis 2020 war sie Finanzchefin von Kuka Systems China in Shanghai. Ihre China-Erfahrung reicht 20 Jahre zurück.
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