Table.Briefing: China

Bedrohte Biodiversität + Huawei-Chef mit Kampfansage

  • China unternimmt zu wenig gegen Artensterben
  • Huawei-Chef mit düsterer Prognose
  • Studie: Politischer Druck auf Unternehmen nimmt zu
  • Honda baut alternative Lieferkette auf
  • AHK besorgt wegen Stromausfällen
  • Ermittlungen gegen hochrangige Immobilien-Manager
  • Hainan will Verbrenner verbieten
  • Stadt Peking fördert Anwendungen für Wasserstoff
  • Im Portrait: Regisseurin und Sinologin Weina Zhao
Liebe Leserin, lieber Leser,

in China gibt es keine Dugongs mehr. Forscher haben den auch als Gabelschwanzseekuh oder Seeschwein bekannten Meeressäuger in einer am Mittwoch veröffentlichten Studie für ausgestorben erklärt – nur drei befragte Personen aus Küstengemeinden in China hatten demnach angegeben, in den vergangenen fünf Jahren auch nur einen Dugong gesehen zu haben. Die in Salzwasser heimische Gabelschwanzseekuh hatte wie ihre Artverwandten in anderen Gewässern auch in China zahlreiche Mythen und Geschichten über Sirenen und Meerjungfrauen inspiriert. Und das trotz der eher uneleganten Erscheinung, die einer schwimmenden Kartoffel gleicht. Genau dieses behäbige Vorankommen wurde den Forschern zufolge den Dugongs aber zum Verhängnis: Überfischung und Schiffsunfälle führten nun zum Aussterben in China.

Das Schicksal der Dugongs zeigt ein klares Problem unserer Zeit: Das massenhafte Aussterben von Tier- und Pflanzenarten, weil der Mensch immer mehr Platz in Anspruch nimmt. Die Volksrepublik wollte gegen das Artensterben eigentlich ins Feld ziehen und hatte nicht zuletzt bei der Biodiversitätskonferenz in Kunming Großes versprochen. Bei der Umsetzung hapert es nun allerdings massiv, wie Ning Wang analysiert. Vor allem die Auslandsprojekte Chinas tragen nur wenig zum Erhalt der Biodiversität bei – im Gegenteil. Und hinzu kommt noch: Die Aussichten dafür, dass es gelingen wird, auf der COP-Biodiversitätskonferenz im Dezember weltweit gültige Ziele zu vereinbaren, sind alles andere als rosig. 

Keinen rosigen Blick auf die Zukunft hat auch Huawei-Gründer Ren Zhengfei. In einem eigentlich nicht für die Öffentlichkeit bestimmten Memo stimmt er seine Belegschaften auf harte Jahre ein. Für Huawei ginge es nicht mehr um Expansion, sondern einzig ums “Überleben”. In den sozialen Netzwerken in China traf Ren damit offenbar einen Nerv, berichtet Fabian Kretschmer – in Kommentaren offenbarte sich der Unmut über die derzeitige wirtschaftliche Lage der Volksrepublik. Unser Autor hat sich den Weckruf des Huawei-Chefs näher angesehen.

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Amelie Richter
Bild von Amelie  Richter

Analyse

Leere Versprechen beim Artenschutz

Besucher bei einer Ausstellung zur Weltnaturkonferenz COP15 in Kunming in der Provinz Yunnan im Oktober vergangenen Jahres - China tut zu wenig für den Artenschutz.
Besucher bei einer Ausstellung zur Weltnaturkonferenz COP15 in Kunming in der Provinz Yunnan im Oktober vergangenen Jahres

Es gibt noch geschätzt acht Millionen Tier- und Pflanzenarten auf der Erde, zehn Prozent davon kommen auch in China vor. Ob es der (rote) Panda, Schneeleoparden oder Alligatoren sind: Die Lebensräume vieler Arten sind durch die Ausbreitung des Menschen und die Zerstörung von Lebensräumen immer kleiner geworden. Die Ausweitung landwirtschaftlicher Flächen, die Versiegelung von Flächen und das Abholzen von Wäldern sind zentrale Faktoren, weshalb Tiere aus ihren Lebensräumen verdrängt werden und immer mehr Pflanzenarten verschwinden. Laut Weltbiodiversitätsrat (IPBES) sind etwa eine Million Tier- und Pflanzenarten akut vom Aussterben bedroht.

Weil China eines der Länder mit den meisten Tier- und Pflanzenarten ist, hat die Pekinger Führung im Jahr 2012 den Beginn einer neuen Ära zum Schutz der biologischen Vielfalt ausgerufen. Chinesische Wissenschaftler sparen nicht mit Lobgesang auf die bisher erreichten Errungenschaften, wenn es um die Erhaltung der biologischen Vielfalt im eigenen Land geht. Laut Huang Chengming, Professor am Zoologischen Institut der Chinesischen Akademie der Wissenschaften (CAS), hat China in den vergangenen 20 Jahren das Netzwerk zur Überwachung der Biodiversität der Wälder weiter verbessert, indem es ein Überwachungssystem der Waldflächen aufgebaut hat.

Die Volksrepublik hat zudem eine Keimplasma-Ressourcenbank aufgebaut, die mehr als 10.000 Arten und 85.000 Kopien biologischer Ressourcen zählt. Darunter fallen Samen oder Gewebe, die zum Beispiel für die zukünftige Tier- oder Pflanzenzüchtung und -konservierung archiviert und erhalten werden.

“Monitoring und Forschung betreiben ist wichtig, um zu verstehen, wie ein Ökosystem und die darin lebende Arten funktionieren und was dagegen getan werden kann, um das Artensterben zu stoppen. Es ist aber nur eine von vielen nötigen Maßnahmen”, sagt Florian Titze, WWF-Experte für Internationale Biodiversitätspolitik. Er betont, dass nicht nur die Erhaltung der Vielfalt eine wichtige Rolle spiele, sondern dass ein funktionierendes Ökosystem in der Lage sei, sauberes Wasser und saubere Luft zu produzieren. “Wie viele andere Länder der Erde, ist auch China noch weit davon entfernt, den nötigen Systemwechsel einzuleiten, den wir für den Erhalt der biologischen Vielfalt brauchen” so Titze.

Blumige Worte statt klaren Ansagen

Unter dem blumigen Motto “Wie Mensch und Natur in Harmonie koexistieren” hat Staats- und Parteichef Xi Jinping zuletzt auf der 15. UN-Biodiversitätskonferenz (COP15) dazu aufgerufen, gemeinsam für die biologische Vielfalt zu kämpfen.

Für Xi Jinping ist der Zeitpunkt dennoch günstig, als Gastgeberland der UN-Artenschutzkonferenz ein Zeichen zu setzen. Und wie so häufig tut er dies durch finanzielle Versprechen. Gleich beim ersten Treffen des COP15-Gipfels kündigte er einen neuen Fonds in Höhe von 237 Millionen US-Dollar (200 Millionen Euro) zur Unterstützung des Schutzes der biologischen Vielfalt in Entwicklungsländern an (China.Table berichtete). Der Economist bewertete Xis Ankündigung als Versuch, sich in Sachen Biodiversität von den USA abzusetzen. Diese hatte die UN-Konventionen zur Biodiversität von 1993 nicht unterzeichnet – China hingegen gehört zu den Unterzeichnern der ersten Stunde. Außerdem hätten die USA derzeit einen Senat, “der eine schlechte Bilanz in der Ratifizierung von Umweltabkommen hat“, urteilte das Wirtschaftsmagazin im Februar dieses Jahres.

Laut WWF-Experte Titze gibt es große Unterschiede zwischen den einzelnen Staaten bei den Vorstellungen, was für mehr Artenschutz gebraucht und bereitgestellt werden müsste. Einer Studie nach sind rund 700 Milliarden US-Dollar dafür nötig. So betrachtet ist die Summe, die von den chinesischen Staatsmedien überall propagiert wird, in einer Größenordnung, die kaum signifikant ist.

Chinas Finanzierungen bedrohen Indigenen-Gebiete

Die Tatsache, dass Xi das Geld vor allem für Entwicklungsländer bereitstellen will, scheint auf den ersten Blick löblich. Doch bei genauerem Blick erscheint der Plan in einem anderen Licht. Denn eine Studie aus dem Herbst vergangenen Jahres zeigt, dass Chinas Entwicklungsfinanzierungen im Ausland Risiken für die weltweite Biodiversität erzeugen. Autoren des Nature Magazins kommen zu dem Ergebnis, dass sich 63 Prozent der von China finanzierten Projekte mit kritischen Lebensräumen, Schutzgebieten oder indigenen Gebieten überschneiden.

Hinzu kommt, dass bis zu 24 Prozent der weltweit bedrohten Vögel, Säugetiere, Reptilien und Amphibien potenziell von diesen Projekten betroffen sind. Sie leben in sogenannten Hotspots, die vor allem im nördlichen Subsahara-Afrika, in Südostasien und in Teilen Südamerikas liegen. “Insgesamt bergen Chinas Entwicklungsprojekte größere Risiken als die der Weltbank, insbesondere im Energiesektor”, so das Fazit des Nature-Berichts.

Die Aussichten dafür, dass es gelingen wird, auf der COP-Biodiversitätskonferenz im Dezember weltweit gültige Ziele zu vereinbaren, sind alles andere als rosig. Bereits der vorherige UN-Plan, die biologische Vielfalt zu erhalten, der 2010 in Aichi in Japan beschlossen wurde, zeigt, wie wenig in der Zwischenzeit erreicht worden ist.

Die dort gesetzten Ziele für den Zeitraum 2011 bis 2020 sind größtenteils verfehlt worden. Der Bericht zum Zustand der Biodiversität (CBD) zeigte zuletzt, dass von den damals gesetzten 20 Zielen gerade mal sechs erreicht wurden. Für das Treffen im Dezember sieht es derzeit nicht besser aus. Anstatt, wie erwartet, einen Konsens über viele der 23 im Rahmendokument enthaltenen Ziele zu erreichen, einigten sich die Delegierten im Juni nur auf zwei.

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  • Xi Jinping

Für Huawei geht es ums “Überleben”

Huawei-Gründer Ren Zhengfei bereitet seine Angestellten auf harte Zeiten vor

Huawei-Gründer Ren Zhengfei ist ein Mann, der sich zeit seines Lebens in einem existenziellen Kampf mit der Außenwelt wähnt. Als ältestes von sieben Kindern in bitterer Armut aufgewachsen, gründete er sein Telekommunikationsunternehmen in einer südchinesischen Garage mit weniger als 5.000 Dollar Startkapital. Und nach wie vor, als weltweit führender Netzwerkausrüster, bezeichnet der 77-Jährige seine Angestellten als “Offiziere” und das Verkaufsteam als “Frontsoldaten”.   

Doch selbst an seinem martialischen Weltbild gemessen sind die jüngsten Aussagen von Ren Zhengfei derart niederschmetternd, dass sie Teile der chinesischen Gesellschaft in eine regelrechte Schockstarre versetzt haben: In einem geleakten Memo an seine Mitarbeiter schreibt Ren von einer langanhaltenden globalen Rezession. Weiter heißt es: Für Huawei ginge es nicht mehr um Expansion, sondern einzig ums “Überleben”. Mehr noch: “Marginale Geschäftssparten werden geschrumpft und geschlossen”. In den nächsten “drei bis fünf Jahren” gebe es zudem für Huawei “keinen Lichtblick” – angesichts der Covid-Maßnahmen, des Ukraine-Krieges und der “Blockade durch die USA”.   

In China hat der Huawei-Gründer mit seinen Äußerungen einen direkten Nerv getroffen. “Das ist nicht die Rede eines Unternehmers, sondern spiegelt die Meinung des Volks über die derzeitige Wirtschaftslage wider”, schreibt ein Nutzer auf der Online-Plattform Weibo.   

Die wirtschaftliche Erholung stockt

Denn tatsächlich ist die volkswirtschaftliche Stimmung in China derzeit so niedergeschlagen wie seit über drei Jahrzehnten nicht. Die urbane Jugendarbeitslosigkeit hat die historische 20-Prozent-Marke erreicht, die Immobilienkrise zieht immer weitere Kreise und die ständig drohenden Corona-Lockdowns haben weite Teile der Bevölkerung zutiefst verunsichert. Die wirtschaftliche Erholung stockt massiv, der Binnenkonsum liegt am Boden.

Die japanische Investmentbank Nomura geht mittlerweile nur mehr von einem Wachstum von 3,3 Prozent für das kommende Jahr aus – ein für chinesische Maßstäbe katastrophaler Wert. Schließlich stoßen allein in diesem Jahr weit über zehn Millionen Universitätsabsolventen auf den Arbeitsmarkt. Viele von ihnen werden in ihrer Heimat wohl keine angemessene Perspektive vorfinden.    

Der alarmierende Weckruf von Ren Zhengfei wirkt umso eindrücklicher, wenn man ihn mit dem demonstrativ zur Schau gestellten Selbstbewusstsein von vor nicht einmal drei Jahren vergleicht. Im November 2019, nur wenige Monate vor Ausbruch der Pandemie, lud der Unternehmer einige ausgewählte Journalisten in seine Residenz im südchinesischen Shenzhen.

Ein sichtlich gut gelaunter Herr empfing damals stilecht in lachsrosa Hemd und olivgrünem Sakko. Schon damals hatte Washington seinen Technik-Boykott gegen Huawei beschlossen, doch Ren nahm dies – nach außen zumindest – gelassen hin: “Die amerikanische Regierung kann machen, was immer sie für richtig für ihre eigenen Unternehmen hält. Doch ich kann Ihnen versichern, dass wir auch ohne amerikanische Technologie weiter wachsen werden“, sagte er siegessicher.    

Weitere Umstrukturierung bei Huawei angekündigt

Die aktuellen Wirtschaftszahlen zeichnen ein deutlich ambivalenteres Bild. Erstmals seit zwei Jahren Abwärtstrend konnte Huawei zwar im zweiten Quartal seine Umsätze um 1,4 Prozent steigern. Der Nettogewinn hingegen ging im Jahresvergleich um satte 35 Prozent zurück. Zudem ist Huawei endgültig von der Liste der weltweit führenden Smartphone-Produzenten verschwunden. Was den Konzern etwas auffing, war die nach wie vor starke Sparte als Netzwerkausrüster.   

Doch wie das jüngste Memo von Ren Zhengfei nahelegt, stehen dem Unternehmen nun weitere schmerzhafte Umstrukturierungsprozesse bevor. Sämtliche Mitarbeiter, heißt es, sollten ihre Erwartungshaltung senken und sich “der Realität stellen”: “Wir müssen zuerst überleben, und wir werden nur dann eine Zukunft haben, wenn wir überleben können”, schrieb Ren in seiner dramatischen Sprache.

Und plötzlich macht es Sinn, was die meisten Besucher Ende 2019 beim Huawei-Campus in Shenzhen als reine Paranoia abgetan haben: In den Büroräumlichkeiten ließ Ren Zhengfei gut sichtbar an den Wänden Fotos eines sowjetischen Kampffliegers aufhängen, dessen Tragflächen bereits von Artilleriegeschossen durchlöchert wurde. Die Metapher ist derzeit treffender denn je: Noch fliegt das Huawei-Flugzeug, doch es ist bereits stark angeschlagen. Fabian Kretschmer

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News

Studie: Druck auf ausländische Firmen wächst

China will einer Studie zufolge ausländische Unternehmen im Land immer mehr politisch auf Kurs bringen. Das geht aus einer Untersuchung des China-Thinktanks Merics hervor, die die Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch veröffentlichte. Die Forscher stellten demnach bei einer Analyse von mehr als 100 Unternehmen fest, dass die für die chinesische Führung sensiblen Themen zunehmen. Zudem sei die Schwelle für die Ausübung von Druck gesunken. Seit 2018 hätten die Fälle deutlich zugenommen.

“Es ging darum, erstmals ein Muster zu erkennen, wann und wie China Druck ausübt”, sagte Max Zenglein, einer der Autoren der vom BDI mitfinanzierten Studie zu Reuters. Früher habe es traditionelle “rote Linien” gegeben, etwa wenn Fragen der nationalen Souveränität, Menschenrechtsfragen in Tibet oder Xinjiang oder Gebietsansprüchen im südchinesischen Meer berührt worden seien. Diese Linien werden laut des Berichts nun aber anders gezogen – etwa bei missliebigen Äußerungen über die Entstehung des Coronavirus oder Sanktionen gegen chinesische Unternehmen wie im Fall von Huawei beim Ausbau der 5G-Kommunikationsnetze.

Dabei nutze Peking ein ganzes Bündel an Bestrafungsmaßnahmen, heißt es in der Merics-Studie. Vor allem Konsumartikelfirmen würden mit einem Kaufboykott überzogen. Bekannt wurde etwa der Fall des deutschen Autokonzerns Daimler, der sich 2018 mehrfach entschuldigte, nachdem er mit einem Zitat des Dalai Lama geworben hatte.

123 Fälle von Druck nur “die Spitze des Eisbergs”

Zudem habe Peking die Sanktionsmöglichkeiten ausgeweitet. Dazu gehörten Strafzahlungen, regulatorische Maßnahmen wie Ausfuhrkontrollen sowie Antidumping-Zölle etwa gegen Australien. Die Forscher untersuchten 123 bekanntgewordene Fälle, die sich zwischen Februar 2010 und März 2022 zugetragen hatten und in welchen Druck auf ausländische Firmen in China ausgeübt wurde. Diese Zahl sei aber nur “die Spitze des Eisbergs”. Viele Unternehmen machten die wirtschaftliche Erpressung nicht öffentlich, so die Studie. Die Forscher empfehlen den Firmen, klar zu analysieren, wie angreifbar sie in China sind. Chinas wirksamste Formen der wirtschaftlicher Nötigung seien “impliziter Druck und informelle Maßnahmen”, um ausländische Unternehmen im Land zu beeinflussen.

Die Debatte um zu große Abhängigkeiten gegenüber China hat auch Deutschland erfasst. Insbesondere die deutsche Automobilindustrie erzielt große Teile ihrer Gewinne in der Volksrepublik. Doch auch bei Rohstoffen und zentralen Gütern der Pharma- sowie Techindustrie sowie bei erneuerbaren Energien bestehen Lieferabhängigkeiten. Bundespolitiker wie Kanzler Scholz, Außenministerin Baerbock und Wirtschaftsminister Habeck hatten sich in den letzten Wochen kritisch zu dem Thema geäußert. Auch große Wirtschaftsforschungsinstitute wie das Ifo und das IW hatten sich jüngst mit Analysen zu dem Thema gemeldet (China.Table berichtete). Die China-Community wartet derzeit gebannt auf eine neue China-Strategie aus dem Außenministerium. Es wird davon ausgegangen, dass die wirtschaftlichen Abhängigkeiten in dem Papier eine zentrale Rolle spielen. nib/rtr

  • Autoindustrie

Honda plant Lieferketten außerhalb Chinas

Der japanische Autobauer Honda will sich einem Zeitungsbericht zufolge von chinesischen Produktionsstandorten unabhängiger machen und plant demnach den Aufbau von Lieferketten außerhalb Chinas. Honda werde seine Lieferkette für den Inlandsmarkt in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt zwar weiterhin in China belassen. Doch gleichzeitig soll eine separate Lieferkette für Märkte außerhalb Chinas aufgebaut werden, berichtete die Zeitung “Sankei”. Die Zeitung nannte jedoch keine Quellen.

Ein Honda-Sprecher erklärte, der Konzern überprüfe zur Absicherung der Risiken die Lieferketten im Allgemeinen. “Die Überprüfung der Lieferkette aus China und die Risikoabsicherung sind Elemente, die berücksichtigt werden müssen, aber es ist nicht ganz dasselbe wie das Ziel der Entkopplung”, sagte er. Fast 40 Prozent der Honda-Produktion fand 2021 in China statt. Viele große japanische Unternehmen haben umfangreiche Produktionsstandorte in China, die zuletzt durch die Lockdowns in China eingeschränkt wurden. Es gibt auch wachsende Sorgen über die Auswirkungen der Spannungen zwischen den USA und der Volksrepublik. nib/rtr

  • Autoindustrie

Weiterhin Strommangel trotz sinkender Temperaturen

Nach wochenlang anhaltender Hitze sind die Temperaturen in China leicht gesunken. Für Mittwoch verzeichnete der nationale Wetterdienst nur noch in der Region bei Chongqing, in Teilen Sichuans und entlang des Jangtse-Flusses mehr als 40 Grad. Im restlichen Südwesten sanken die Temperaturen auf unter 40 oder unter 35 Grad. Für die kommenden Tage ist ein Temperaturrückgang auf unter die 35-Grad-Marke in Sicht.

Trotz der sinkenden Temperaturen leiden auch deutsche Unternehmen in China unter der Stromknappheit aufgrund der schlimmsten Dürre in der Volksrepublik seit mehr als 60 Jahren (China.Table berichtete). “In Regionen wie Sichuan stehen wegen des klimabedingten Energiemangels die Produktionsbänder deutscher Firmen still”, sagte Jens Hildebrandt, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutschen Handelskammer in China (AHK), am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur in Peking. “Es werden Erinnerungen an das vergangene Jahr wach, als sich die Energieknappheit bis in den November zog.” Damals mussten deutsche Unternehmen in China auf 20 bis 30 Prozent ihres Strombedarfes verzichten, was zur Unterbrechung der Produktion geführt hatte. Bei Bosch wurde die Produktion von Autoteilen in der Hauptstadt der Provinz Sichuan, Chengdu, wieder hochgefahren. Die Fertigung am Standort für Elektrowerkzeuge war jedoch noch immer unterbrochen, wie Bloomberg berichtet.

Seit mehr als einer Woche wird in der besonders dicht bevölkerten Provinz Sichuan der Strom für die Unternehmen rationiert. Privathaushalte waren bisher nur in einigen Bezirken betroffen. Normalerweise stammen 82 Prozent der Energie in der Provinz aus Wasserkraft. Doch durch die anhaltende Dürre sind die Pegel der Stauseen und Flüsse stark gesunken – und damit entsprechend auch die Stromproduktion aus Wasserkraft. Zugleich schalten wegen der Hitze viele ihre Klimaanlagen ein und verbrauchen damit sehr viel Strom. Sichuans Provinzhauptstadt Chengdu hat daher angeordnet, die Nutzung deutlich einzuschränken.

Wegen der Stromknappheit laufen indes die Kohlekraftwerke wieder auf Hochtouren. In Sichuan etwa produzieren die 67 dortigen Kohlekraftwerke nach Angaben der dpa 50 Prozent mehr Strom als vorgesehen. China bezieht ohnehin noch immer zwei Drittel seines Stroms aus klimaschädlicher Kohleverbrennung. flee

  • Energie
  • Gesundheit
  • Hitzewelle
  • Klima
  • Strom

Peking knüpft sich Immobilienbosse vor

Chinas Immobiliensektor steckt seit Monaten in großen Schwierigkeiten. Nun gehen die Behörden auch juristisch und parteidisziplinarisch vor. Gleich mehrere lokale Behörden sowie die Disziplinarkommission der Kommunistischen Partei teilten am Mittwoch mit, dass sie gegen vier ranghohe Manager in staatlichen Immobilienunternehmen Ermittlungen aufgenommen haben. Sie stünden wegen “schwerer Verletzungen der Disziplin und des Gesetzes” unter Verdacht, teilten die Behörden mit. In China ist dieses Vergehen eine Umschreibung für Korruption oder Unterschlagung.

Ermittelt wird staatlichen Medien zufolge gegen den Verwaltungsratsvorsitzenden von C&D Real Estate, Zhuang Yuekai, den Verwaltungsratschef von C&D Urban Services, Shi Zhen, den Vize-Geschäftsführer von Shenzhen Talents Housing Group, Liu Hui, sowie den Ex-Verwaltungsratsvorsitzenden von China Resources Land, Tang Yong. Geben Behörden solche Ermittlungen öffentlich bekannt, ist eine Verurteilung so gut wie sicher.

Der Immobiliensektor in der Volksrepublik steckt seit Monaten in einer tiefen Krise. Zahlreiche Immobilienkonzerne – sowohl staatliche als auch private – haben überinvestiert und können ihre angehäuften Schulden kaum zurückzahlen. Im Juni kam es in mehreren Städten zu Protesten, weil Wohnungskäufern ihre bereits bezahlten Wohnungen nicht übergeben wurden.

In immer mehr Regionen purzeln derzeit die Preise. Ganze Wohnblöcke, in denen nie jemand gewohnt hat, müssen wegen des hohen Leerstands abgerissen werden. Allein der Immobilienkonzern Evergrande, lange die Nummer eins der Branche, türmte im vergangenen Jahr Schulden in Höhe von 300 Milliarden Dollar auf. Die Immobilien-Branche steht für mehr als ein Viertel des Bruttoinlandsprodukts der Volksrepublik. flee

  • Evergrande
  • Finanzen
  • Immobilien

Hainan verbietet Autos mit Verbrenner-Motor ab 2030

Die Insel Hainan im Südchinesischen Meer will als erste Region in China den Verkauf von Autos mit Verbrennermotoren verbieten. Zur Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen werde der Verkauf bis 2030 untersagt, während gleichzeitig Elektroautos durch Steuererleichterungen und den Ausbau des Ladenetzes gefördert würden, hieß es in einem Implementierungsplan der Provinzregierung von Hainan. Elektrofahrzeuge sollen demnach bis 2030 in Hainan einen Anteil von 45 Prozent ausmachen.

Die Städte sollen sogenannte Null-Emissions-Zonen einrichten, in denen Fahrzeuge mit Benzin- und Dieselmotoren verboten sind. Ein stellvertretender chinesischer Industrieminister sagte im September 2017, dass die Regierung in Peking an einem Plan arbeite, um die Herstellung und den Verkauf von Benzin- und Dieselfahrzeugen vollständig einzustellen. Details dazu hat die Regierung nicht veröffentlicht. Derzeit gibt es keine konkreten Pläne für einen landesweiten Verbrennerausstieg (China.Table berichtete). ari

  • Autoindustrie

Stadt Peking fördert die Nutzung von Wasserstoff

Die Stadtverwaltung von Peking will Wasserstoff als Energiequelle populärer machen. Ein Strategiepapier als Teil des 14. Fünfjahresplans listet eine Reihe von Anwendungen des Elements auf, die die Stadt fördern wird. Dazu gehören der Aufbau von Wasserstofftankstellen für Pkw, Busse und Lkw, aber auch Forschungsgelder für neue Technologien.

Bei dem Plan handelt es sich um die regionale Umsetzung des nationalen Fünfjahresplans für die Entwicklung der Wasserstoffwirtschaft. Autohersteller in der Stadt erhalten aus zentralstaatlichen Fördertöpfen 1,7 Milliarden Yuan (250 Millionen Euro) an Steuererleichterungen, wenn sie innerhalb eines vorgegebenen Zeitplans die Zwischenziele für die Einführung der Wasserstoffmobilität erreichen. Bis 2025 sollen 50.000 Brennstoffzellenautos auf Chinas Straßen fahren. fin

  • Autoindustrie

Presseschau

Hitze in China: Energieknappheit erschwert Produktion deutscher Firmen TONLINE
Trotz Problemen bei der Stromerzeugung: Chinesische Provinz will Verbrenner-Motoren verbieten RND
China Rolls Out Aid to Help Power Firms and Save Rice Harvest WSJ
Hitzewelle trocknet Chinas größten Süßwassersee aus RND
China warns Canada over planned Taiwan visit by parliamentarians THEGUARDIAN
Wie ein Krieg Chinas gegen Taiwan und die USA ausgehen könnte DERSTANDARD
China Stayed 24 Nautical Miles Away From Taiwan During Drills BLOOMBERG
‘Everything under control’: Taiwan military confirms mainland civilian drone took photo, video of soldiers SCMP
Warum das Baltikum sich von China abnabelt EURACTIV
Zwischen Washington und Peking: Südkoreas zweigleisige China-Strategie RND
Was eine geleakte Nachricht des Huawei-Gründers über die chinesische Wirtschaft verrät RND
Was ist mit dem, was wir für Hongkong wollen? WELT
How has Hong Kong weaponized its judiciary to target dissent? DW
Chinesisches Ministerium bestraft Illustratoren wegen Zeichnungen in Mathebüchern SPIEGEL
Chinese parents look to send children abroad again for education as coronavirus fears ease SCMP
Börse in Japan notiert schwächer – Politische Stützmaßnahmen in China erfolglos HANDELSBLATT
China exerting growing pressure on foreign companies, study finds REUTERS
Twin giant panda cubs born at China research center DW
Sea creature that inspired mermaid tales declared extinct in China NBCNEWS

Heads

Weina Zhao – Regisseurin auf Spurensuche ihrer Familie

Weina Zhao war als Kind jeden Sommer in ihrem Geburtsort Peking
Weina Zhao war als Kind jeden Sommer in ihrem Geburtsort Peking.

“In unserer Familie gab es immer die lustige Anekdote, dass mein Opa nur kalt duscht”, erzählt Weina Zhao. “Erst in der Recherche zu meinem Film “Weiyena” habe ich erfahren, warum er das tut.” Weina Zhao ist in Peking geboren und im Alter von drei Jahren mit ihrer Familie nach Wien gezogen. Ihre Eltern benannten sie sogar auf Chinesisch nach dieser Stadt. Während ihres Sinologie-Studiums an der dortigen Universität interessierte sie sich immer mehr für die Filmbranche, nahm kleinere Jobs an und beschloss nach dem Masterabschluss gemeinsam mit Judith Benedikt einen Film über ihre Familiengeschichte zu drehen.

“Eigentlich war der Film eine Ausrede, um endlich die Fragen stellen zu können, die mich interessierten”, sagt die 36-Jährige. Es sei typisch für Kinder von migrierten Eltern, dass sie über die Einwanderungsgeschichte nur wenig wüssten. Sie habe immer gespürt, dass sie danach lieber nicht fragen sollte. “Durch meine Rolle als Regisseurin verändere ich mich als Tochter und Enkeltochter”, sagt Weina als Erzählerin in der Doku. “Intime Fragen werden als Spiel getarnt. Als Fremde in einer professionellen Funktion, ist meine Annäherung auf einmal nicht mehr unangenehm.”

Sieben Jahre für “Weiyena

Weiyena erzählt Chinas Geschichte des 20. Jahrhunderts anhand von Weinas Familie: Ihr Urgroßvater, der Mao Zedong an die Macht verhalf und dann selbst ein Verfolgter der kommunistischen Partei wurde, ihre Großmutter, die während des Zweiten Weltkriegs unter der Besatzung der Japaner litt oder der Großvater, der während der Kulturrevolution verfolgt und in ein Arbeitslager gebracht wurde. Bis heute duscht er kalt, weil seine Haut damals unter der schweren Arbeit in der Sonne verbrannte. “Erst als ich die Geschichte meiner Familie ins Deutsche übersetzte, spürte ich das ganze Leid und die Brutalität ihrer Leben”, sagt Weina. “Vielleicht ist Deutsch die Sprache, in der ich fühle.”

Sieben Jahre vergingen von der ersten Idee bis zur Veröffentlichung vor zwei Jahren. “Weiyena” hat das jahrelange Schweigen in ihrer Familie gebrochen. Sie wünscht sich, dass der Film auch andere Menschen dazu inspiriert, ihrer Familiengeschichte auf den Grund zu gehen. “Es ist das Schweigen, das transgenerationale Traumata erzeugt. Mein ganzes Leben hat meine Mutter mich vor ihrer Vergangenheit und die unserer Familie beschützt. Aber ich weiß, dass ihre Verletzungen auch in mein Leben hineinreichen. Erst, wenn wir darüber reden, können wir diese Traumata auflösen.”

Ein Magazin von und für die asiatische Diaspora

In ihrer Arbeit beschäftigen Weina die Themen der Identität und der Sprache. Gemeinsam mit Freundinnen hat sie vor zwei Jahren “Perilla” gegründet, ein Magazin von und für die asiatische Diaspora. “Bei Perilla geht es nicht darum, andere über das Asiatisch-sein aufzuklären oder ganz bewusst Stereotype aufzulösen. Wir wollten einfach einen Raum öffnen, in dem asiatisch-diasporische Menschen etwas erschaffen und veröffentlichen können, ein Raum, der Identität ermöglicht.”

Ihre eigene Identität stellt Weina nicht mehr infrage. Sie ist Österreicherin und Chinesin. Nichts von beidem ist sie mehr als das andere. Auch das Dazwischensein hat sie aufgegeben. Svenja Napp

  • Gesellschaft
  • Mao Zedong
  • Migration
  • Peking

Personalien

Zhang Qingsong soll Informationen der Wirtschaftsplattform Caixin zufolge zum stellvertretenden Gouverneur der chinesischen Zentralbank ernannt werden. Er soll dort die Stelle von Liu Guiping ausfüllen, der im April zum Vize-Bürgermeister von Tianjin ernannt worden ist.

Larry Li ist der neue President für das China-Geschäft bei dem kanadischen Bekleidungsanbieter Canada Goose Holdings. Zuletzt war Li Managing Director, China, der zum schweizerischen Richemont-Konzern gehörenden Marke Dunhill. Davor hatte er beim französischen Luxusgütergiganten LVMH verschiedene Führungspositionen bei Labels wie Louis Vuitton, Givenchy und Kenzo in Shanghai und Tokio bekleidet.

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Dessert

Ordentlich aufgereiht sind diese Fischteiche in einem Industriepark in Weishan in der Provinz Shandong. Aus der Ferne der Luftaufnahme sehen sie fast schon aus wie moderne Kunst.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

Licenses:
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    Das Schicksal der Dugongs zeigt ein klares Problem unserer Zeit: Das massenhafte Aussterben von Tier- und Pflanzenarten, weil der Mensch immer mehr Platz in Anspruch nimmt. Die Volksrepublik wollte gegen das Artensterben eigentlich ins Feld ziehen und hatte nicht zuletzt bei der Biodiversitätskonferenz in Kunming Großes versprochen. Bei der Umsetzung hapert es nun allerdings massiv, wie Ning Wang analysiert. Vor allem die Auslandsprojekte Chinas tragen nur wenig zum Erhalt der Biodiversität bei – im Gegenteil. Und hinzu kommt noch: Die Aussichten dafür, dass es gelingen wird, auf der COP-Biodiversitätskonferenz im Dezember weltweit gültige Ziele zu vereinbaren, sind alles andere als rosig. 

    Keinen rosigen Blick auf die Zukunft hat auch Huawei-Gründer Ren Zhengfei. In einem eigentlich nicht für die Öffentlichkeit bestimmten Memo stimmt er seine Belegschaften auf harte Jahre ein. Für Huawei ginge es nicht mehr um Expansion, sondern einzig ums “Überleben”. In den sozialen Netzwerken in China traf Ren damit offenbar einen Nerv, berichtet Fabian Kretschmer – in Kommentaren offenbarte sich der Unmut über die derzeitige wirtschaftliche Lage der Volksrepublik. Unser Autor hat sich den Weckruf des Huawei-Chefs näher angesehen.

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    Leere Versprechen beim Artenschutz

    Besucher bei einer Ausstellung zur Weltnaturkonferenz COP15 in Kunming in der Provinz Yunnan im Oktober vergangenen Jahres - China tut zu wenig für den Artenschutz.
    Besucher bei einer Ausstellung zur Weltnaturkonferenz COP15 in Kunming in der Provinz Yunnan im Oktober vergangenen Jahres

    Es gibt noch geschätzt acht Millionen Tier- und Pflanzenarten auf der Erde, zehn Prozent davon kommen auch in China vor. Ob es der (rote) Panda, Schneeleoparden oder Alligatoren sind: Die Lebensräume vieler Arten sind durch die Ausbreitung des Menschen und die Zerstörung von Lebensräumen immer kleiner geworden. Die Ausweitung landwirtschaftlicher Flächen, die Versiegelung von Flächen und das Abholzen von Wäldern sind zentrale Faktoren, weshalb Tiere aus ihren Lebensräumen verdrängt werden und immer mehr Pflanzenarten verschwinden. Laut Weltbiodiversitätsrat (IPBES) sind etwa eine Million Tier- und Pflanzenarten akut vom Aussterben bedroht.

    Weil China eines der Länder mit den meisten Tier- und Pflanzenarten ist, hat die Pekinger Führung im Jahr 2012 den Beginn einer neuen Ära zum Schutz der biologischen Vielfalt ausgerufen. Chinesische Wissenschaftler sparen nicht mit Lobgesang auf die bisher erreichten Errungenschaften, wenn es um die Erhaltung der biologischen Vielfalt im eigenen Land geht. Laut Huang Chengming, Professor am Zoologischen Institut der Chinesischen Akademie der Wissenschaften (CAS), hat China in den vergangenen 20 Jahren das Netzwerk zur Überwachung der Biodiversität der Wälder weiter verbessert, indem es ein Überwachungssystem der Waldflächen aufgebaut hat.

    Die Volksrepublik hat zudem eine Keimplasma-Ressourcenbank aufgebaut, die mehr als 10.000 Arten und 85.000 Kopien biologischer Ressourcen zählt. Darunter fallen Samen oder Gewebe, die zum Beispiel für die zukünftige Tier- oder Pflanzenzüchtung und -konservierung archiviert und erhalten werden.

    “Monitoring und Forschung betreiben ist wichtig, um zu verstehen, wie ein Ökosystem und die darin lebende Arten funktionieren und was dagegen getan werden kann, um das Artensterben zu stoppen. Es ist aber nur eine von vielen nötigen Maßnahmen”, sagt Florian Titze, WWF-Experte für Internationale Biodiversitätspolitik. Er betont, dass nicht nur die Erhaltung der Vielfalt eine wichtige Rolle spiele, sondern dass ein funktionierendes Ökosystem in der Lage sei, sauberes Wasser und saubere Luft zu produzieren. “Wie viele andere Länder der Erde, ist auch China noch weit davon entfernt, den nötigen Systemwechsel einzuleiten, den wir für den Erhalt der biologischen Vielfalt brauchen” so Titze.

    Blumige Worte statt klaren Ansagen

    Unter dem blumigen Motto “Wie Mensch und Natur in Harmonie koexistieren” hat Staats- und Parteichef Xi Jinping zuletzt auf der 15. UN-Biodiversitätskonferenz (COP15) dazu aufgerufen, gemeinsam für die biologische Vielfalt zu kämpfen.

    Für Xi Jinping ist der Zeitpunkt dennoch günstig, als Gastgeberland der UN-Artenschutzkonferenz ein Zeichen zu setzen. Und wie so häufig tut er dies durch finanzielle Versprechen. Gleich beim ersten Treffen des COP15-Gipfels kündigte er einen neuen Fonds in Höhe von 237 Millionen US-Dollar (200 Millionen Euro) zur Unterstützung des Schutzes der biologischen Vielfalt in Entwicklungsländern an (China.Table berichtete). Der Economist bewertete Xis Ankündigung als Versuch, sich in Sachen Biodiversität von den USA abzusetzen. Diese hatte die UN-Konventionen zur Biodiversität von 1993 nicht unterzeichnet – China hingegen gehört zu den Unterzeichnern der ersten Stunde. Außerdem hätten die USA derzeit einen Senat, “der eine schlechte Bilanz in der Ratifizierung von Umweltabkommen hat“, urteilte das Wirtschaftsmagazin im Februar dieses Jahres.

    Laut WWF-Experte Titze gibt es große Unterschiede zwischen den einzelnen Staaten bei den Vorstellungen, was für mehr Artenschutz gebraucht und bereitgestellt werden müsste. Einer Studie nach sind rund 700 Milliarden US-Dollar dafür nötig. So betrachtet ist die Summe, die von den chinesischen Staatsmedien überall propagiert wird, in einer Größenordnung, die kaum signifikant ist.

    Chinas Finanzierungen bedrohen Indigenen-Gebiete

    Die Tatsache, dass Xi das Geld vor allem für Entwicklungsländer bereitstellen will, scheint auf den ersten Blick löblich. Doch bei genauerem Blick erscheint der Plan in einem anderen Licht. Denn eine Studie aus dem Herbst vergangenen Jahres zeigt, dass Chinas Entwicklungsfinanzierungen im Ausland Risiken für die weltweite Biodiversität erzeugen. Autoren des Nature Magazins kommen zu dem Ergebnis, dass sich 63 Prozent der von China finanzierten Projekte mit kritischen Lebensräumen, Schutzgebieten oder indigenen Gebieten überschneiden.

    Hinzu kommt, dass bis zu 24 Prozent der weltweit bedrohten Vögel, Säugetiere, Reptilien und Amphibien potenziell von diesen Projekten betroffen sind. Sie leben in sogenannten Hotspots, die vor allem im nördlichen Subsahara-Afrika, in Südostasien und in Teilen Südamerikas liegen. “Insgesamt bergen Chinas Entwicklungsprojekte größere Risiken als die der Weltbank, insbesondere im Energiesektor”, so das Fazit des Nature-Berichts.

    Die Aussichten dafür, dass es gelingen wird, auf der COP-Biodiversitätskonferenz im Dezember weltweit gültige Ziele zu vereinbaren, sind alles andere als rosig. Bereits der vorherige UN-Plan, die biologische Vielfalt zu erhalten, der 2010 in Aichi in Japan beschlossen wurde, zeigt, wie wenig in der Zwischenzeit erreicht worden ist.

    Die dort gesetzten Ziele für den Zeitraum 2011 bis 2020 sind größtenteils verfehlt worden. Der Bericht zum Zustand der Biodiversität (CBD) zeigte zuletzt, dass von den damals gesetzten 20 Zielen gerade mal sechs erreicht wurden. Für das Treffen im Dezember sieht es derzeit nicht besser aus. Anstatt, wie erwartet, einen Konsens über viele der 23 im Rahmendokument enthaltenen Ziele zu erreichen, einigten sich die Delegierten im Juni nur auf zwei.

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    Für Huawei geht es ums “Überleben”

    Huawei-Gründer Ren Zhengfei bereitet seine Angestellten auf harte Zeiten vor

    Huawei-Gründer Ren Zhengfei ist ein Mann, der sich zeit seines Lebens in einem existenziellen Kampf mit der Außenwelt wähnt. Als ältestes von sieben Kindern in bitterer Armut aufgewachsen, gründete er sein Telekommunikationsunternehmen in einer südchinesischen Garage mit weniger als 5.000 Dollar Startkapital. Und nach wie vor, als weltweit führender Netzwerkausrüster, bezeichnet der 77-Jährige seine Angestellten als “Offiziere” und das Verkaufsteam als “Frontsoldaten”.   

    Doch selbst an seinem martialischen Weltbild gemessen sind die jüngsten Aussagen von Ren Zhengfei derart niederschmetternd, dass sie Teile der chinesischen Gesellschaft in eine regelrechte Schockstarre versetzt haben: In einem geleakten Memo an seine Mitarbeiter schreibt Ren von einer langanhaltenden globalen Rezession. Weiter heißt es: Für Huawei ginge es nicht mehr um Expansion, sondern einzig ums “Überleben”. Mehr noch: “Marginale Geschäftssparten werden geschrumpft und geschlossen”. In den nächsten “drei bis fünf Jahren” gebe es zudem für Huawei “keinen Lichtblick” – angesichts der Covid-Maßnahmen, des Ukraine-Krieges und der “Blockade durch die USA”.   

    In China hat der Huawei-Gründer mit seinen Äußerungen einen direkten Nerv getroffen. “Das ist nicht die Rede eines Unternehmers, sondern spiegelt die Meinung des Volks über die derzeitige Wirtschaftslage wider”, schreibt ein Nutzer auf der Online-Plattform Weibo.   

    Die wirtschaftliche Erholung stockt

    Denn tatsächlich ist die volkswirtschaftliche Stimmung in China derzeit so niedergeschlagen wie seit über drei Jahrzehnten nicht. Die urbane Jugendarbeitslosigkeit hat die historische 20-Prozent-Marke erreicht, die Immobilienkrise zieht immer weitere Kreise und die ständig drohenden Corona-Lockdowns haben weite Teile der Bevölkerung zutiefst verunsichert. Die wirtschaftliche Erholung stockt massiv, der Binnenkonsum liegt am Boden.

    Die japanische Investmentbank Nomura geht mittlerweile nur mehr von einem Wachstum von 3,3 Prozent für das kommende Jahr aus – ein für chinesische Maßstäbe katastrophaler Wert. Schließlich stoßen allein in diesem Jahr weit über zehn Millionen Universitätsabsolventen auf den Arbeitsmarkt. Viele von ihnen werden in ihrer Heimat wohl keine angemessene Perspektive vorfinden.    

    Der alarmierende Weckruf von Ren Zhengfei wirkt umso eindrücklicher, wenn man ihn mit dem demonstrativ zur Schau gestellten Selbstbewusstsein von vor nicht einmal drei Jahren vergleicht. Im November 2019, nur wenige Monate vor Ausbruch der Pandemie, lud der Unternehmer einige ausgewählte Journalisten in seine Residenz im südchinesischen Shenzhen.

    Ein sichtlich gut gelaunter Herr empfing damals stilecht in lachsrosa Hemd und olivgrünem Sakko. Schon damals hatte Washington seinen Technik-Boykott gegen Huawei beschlossen, doch Ren nahm dies – nach außen zumindest – gelassen hin: “Die amerikanische Regierung kann machen, was immer sie für richtig für ihre eigenen Unternehmen hält. Doch ich kann Ihnen versichern, dass wir auch ohne amerikanische Technologie weiter wachsen werden“, sagte er siegessicher.    

    Weitere Umstrukturierung bei Huawei angekündigt

    Die aktuellen Wirtschaftszahlen zeichnen ein deutlich ambivalenteres Bild. Erstmals seit zwei Jahren Abwärtstrend konnte Huawei zwar im zweiten Quartal seine Umsätze um 1,4 Prozent steigern. Der Nettogewinn hingegen ging im Jahresvergleich um satte 35 Prozent zurück. Zudem ist Huawei endgültig von der Liste der weltweit führenden Smartphone-Produzenten verschwunden. Was den Konzern etwas auffing, war die nach wie vor starke Sparte als Netzwerkausrüster.   

    Doch wie das jüngste Memo von Ren Zhengfei nahelegt, stehen dem Unternehmen nun weitere schmerzhafte Umstrukturierungsprozesse bevor. Sämtliche Mitarbeiter, heißt es, sollten ihre Erwartungshaltung senken und sich “der Realität stellen”: “Wir müssen zuerst überleben, und wir werden nur dann eine Zukunft haben, wenn wir überleben können”, schrieb Ren in seiner dramatischen Sprache.

    Und plötzlich macht es Sinn, was die meisten Besucher Ende 2019 beim Huawei-Campus in Shenzhen als reine Paranoia abgetan haben: In den Büroräumlichkeiten ließ Ren Zhengfei gut sichtbar an den Wänden Fotos eines sowjetischen Kampffliegers aufhängen, dessen Tragflächen bereits von Artilleriegeschossen durchlöchert wurde. Die Metapher ist derzeit treffender denn je: Noch fliegt das Huawei-Flugzeug, doch es ist bereits stark angeschlagen. Fabian Kretschmer

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    News

    Studie: Druck auf ausländische Firmen wächst

    China will einer Studie zufolge ausländische Unternehmen im Land immer mehr politisch auf Kurs bringen. Das geht aus einer Untersuchung des China-Thinktanks Merics hervor, die die Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch veröffentlichte. Die Forscher stellten demnach bei einer Analyse von mehr als 100 Unternehmen fest, dass die für die chinesische Führung sensiblen Themen zunehmen. Zudem sei die Schwelle für die Ausübung von Druck gesunken. Seit 2018 hätten die Fälle deutlich zugenommen.

    “Es ging darum, erstmals ein Muster zu erkennen, wann und wie China Druck ausübt”, sagte Max Zenglein, einer der Autoren der vom BDI mitfinanzierten Studie zu Reuters. Früher habe es traditionelle “rote Linien” gegeben, etwa wenn Fragen der nationalen Souveränität, Menschenrechtsfragen in Tibet oder Xinjiang oder Gebietsansprüchen im südchinesischen Meer berührt worden seien. Diese Linien werden laut des Berichts nun aber anders gezogen – etwa bei missliebigen Äußerungen über die Entstehung des Coronavirus oder Sanktionen gegen chinesische Unternehmen wie im Fall von Huawei beim Ausbau der 5G-Kommunikationsnetze.

    Dabei nutze Peking ein ganzes Bündel an Bestrafungsmaßnahmen, heißt es in der Merics-Studie. Vor allem Konsumartikelfirmen würden mit einem Kaufboykott überzogen. Bekannt wurde etwa der Fall des deutschen Autokonzerns Daimler, der sich 2018 mehrfach entschuldigte, nachdem er mit einem Zitat des Dalai Lama geworben hatte.

    123 Fälle von Druck nur “die Spitze des Eisbergs”

    Zudem habe Peking die Sanktionsmöglichkeiten ausgeweitet. Dazu gehörten Strafzahlungen, regulatorische Maßnahmen wie Ausfuhrkontrollen sowie Antidumping-Zölle etwa gegen Australien. Die Forscher untersuchten 123 bekanntgewordene Fälle, die sich zwischen Februar 2010 und März 2022 zugetragen hatten und in welchen Druck auf ausländische Firmen in China ausgeübt wurde. Diese Zahl sei aber nur “die Spitze des Eisbergs”. Viele Unternehmen machten die wirtschaftliche Erpressung nicht öffentlich, so die Studie. Die Forscher empfehlen den Firmen, klar zu analysieren, wie angreifbar sie in China sind. Chinas wirksamste Formen der wirtschaftlicher Nötigung seien “impliziter Druck und informelle Maßnahmen”, um ausländische Unternehmen im Land zu beeinflussen.

    Die Debatte um zu große Abhängigkeiten gegenüber China hat auch Deutschland erfasst. Insbesondere die deutsche Automobilindustrie erzielt große Teile ihrer Gewinne in der Volksrepublik. Doch auch bei Rohstoffen und zentralen Gütern der Pharma- sowie Techindustrie sowie bei erneuerbaren Energien bestehen Lieferabhängigkeiten. Bundespolitiker wie Kanzler Scholz, Außenministerin Baerbock und Wirtschaftsminister Habeck hatten sich in den letzten Wochen kritisch zu dem Thema geäußert. Auch große Wirtschaftsforschungsinstitute wie das Ifo und das IW hatten sich jüngst mit Analysen zu dem Thema gemeldet (China.Table berichtete). Die China-Community wartet derzeit gebannt auf eine neue China-Strategie aus dem Außenministerium. Es wird davon ausgegangen, dass die wirtschaftlichen Abhängigkeiten in dem Papier eine zentrale Rolle spielen. nib/rtr

    • Autoindustrie

    Honda plant Lieferketten außerhalb Chinas

    Der japanische Autobauer Honda will sich einem Zeitungsbericht zufolge von chinesischen Produktionsstandorten unabhängiger machen und plant demnach den Aufbau von Lieferketten außerhalb Chinas. Honda werde seine Lieferkette für den Inlandsmarkt in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt zwar weiterhin in China belassen. Doch gleichzeitig soll eine separate Lieferkette für Märkte außerhalb Chinas aufgebaut werden, berichtete die Zeitung “Sankei”. Die Zeitung nannte jedoch keine Quellen.

    Ein Honda-Sprecher erklärte, der Konzern überprüfe zur Absicherung der Risiken die Lieferketten im Allgemeinen. “Die Überprüfung der Lieferkette aus China und die Risikoabsicherung sind Elemente, die berücksichtigt werden müssen, aber es ist nicht ganz dasselbe wie das Ziel der Entkopplung”, sagte er. Fast 40 Prozent der Honda-Produktion fand 2021 in China statt. Viele große japanische Unternehmen haben umfangreiche Produktionsstandorte in China, die zuletzt durch die Lockdowns in China eingeschränkt wurden. Es gibt auch wachsende Sorgen über die Auswirkungen der Spannungen zwischen den USA und der Volksrepublik. nib/rtr

    • Autoindustrie

    Weiterhin Strommangel trotz sinkender Temperaturen

    Nach wochenlang anhaltender Hitze sind die Temperaturen in China leicht gesunken. Für Mittwoch verzeichnete der nationale Wetterdienst nur noch in der Region bei Chongqing, in Teilen Sichuans und entlang des Jangtse-Flusses mehr als 40 Grad. Im restlichen Südwesten sanken die Temperaturen auf unter 40 oder unter 35 Grad. Für die kommenden Tage ist ein Temperaturrückgang auf unter die 35-Grad-Marke in Sicht.

    Trotz der sinkenden Temperaturen leiden auch deutsche Unternehmen in China unter der Stromknappheit aufgrund der schlimmsten Dürre in der Volksrepublik seit mehr als 60 Jahren (China.Table berichtete). “In Regionen wie Sichuan stehen wegen des klimabedingten Energiemangels die Produktionsbänder deutscher Firmen still”, sagte Jens Hildebrandt, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutschen Handelskammer in China (AHK), am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur in Peking. “Es werden Erinnerungen an das vergangene Jahr wach, als sich die Energieknappheit bis in den November zog.” Damals mussten deutsche Unternehmen in China auf 20 bis 30 Prozent ihres Strombedarfes verzichten, was zur Unterbrechung der Produktion geführt hatte. Bei Bosch wurde die Produktion von Autoteilen in der Hauptstadt der Provinz Sichuan, Chengdu, wieder hochgefahren. Die Fertigung am Standort für Elektrowerkzeuge war jedoch noch immer unterbrochen, wie Bloomberg berichtet.

    Seit mehr als einer Woche wird in der besonders dicht bevölkerten Provinz Sichuan der Strom für die Unternehmen rationiert. Privathaushalte waren bisher nur in einigen Bezirken betroffen. Normalerweise stammen 82 Prozent der Energie in der Provinz aus Wasserkraft. Doch durch die anhaltende Dürre sind die Pegel der Stauseen und Flüsse stark gesunken – und damit entsprechend auch die Stromproduktion aus Wasserkraft. Zugleich schalten wegen der Hitze viele ihre Klimaanlagen ein und verbrauchen damit sehr viel Strom. Sichuans Provinzhauptstadt Chengdu hat daher angeordnet, die Nutzung deutlich einzuschränken.

    Wegen der Stromknappheit laufen indes die Kohlekraftwerke wieder auf Hochtouren. In Sichuan etwa produzieren die 67 dortigen Kohlekraftwerke nach Angaben der dpa 50 Prozent mehr Strom als vorgesehen. China bezieht ohnehin noch immer zwei Drittel seines Stroms aus klimaschädlicher Kohleverbrennung. flee

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    Peking knüpft sich Immobilienbosse vor

    Chinas Immobiliensektor steckt seit Monaten in großen Schwierigkeiten. Nun gehen die Behörden auch juristisch und parteidisziplinarisch vor. Gleich mehrere lokale Behörden sowie die Disziplinarkommission der Kommunistischen Partei teilten am Mittwoch mit, dass sie gegen vier ranghohe Manager in staatlichen Immobilienunternehmen Ermittlungen aufgenommen haben. Sie stünden wegen “schwerer Verletzungen der Disziplin und des Gesetzes” unter Verdacht, teilten die Behörden mit. In China ist dieses Vergehen eine Umschreibung für Korruption oder Unterschlagung.

    Ermittelt wird staatlichen Medien zufolge gegen den Verwaltungsratsvorsitzenden von C&D Real Estate, Zhuang Yuekai, den Verwaltungsratschef von C&D Urban Services, Shi Zhen, den Vize-Geschäftsführer von Shenzhen Talents Housing Group, Liu Hui, sowie den Ex-Verwaltungsratsvorsitzenden von China Resources Land, Tang Yong. Geben Behörden solche Ermittlungen öffentlich bekannt, ist eine Verurteilung so gut wie sicher.

    Der Immobiliensektor in der Volksrepublik steckt seit Monaten in einer tiefen Krise. Zahlreiche Immobilienkonzerne – sowohl staatliche als auch private – haben überinvestiert und können ihre angehäuften Schulden kaum zurückzahlen. Im Juni kam es in mehreren Städten zu Protesten, weil Wohnungskäufern ihre bereits bezahlten Wohnungen nicht übergeben wurden.

    In immer mehr Regionen purzeln derzeit die Preise. Ganze Wohnblöcke, in denen nie jemand gewohnt hat, müssen wegen des hohen Leerstands abgerissen werden. Allein der Immobilienkonzern Evergrande, lange die Nummer eins der Branche, türmte im vergangenen Jahr Schulden in Höhe von 300 Milliarden Dollar auf. Die Immobilien-Branche steht für mehr als ein Viertel des Bruttoinlandsprodukts der Volksrepublik. flee

    • Evergrande
    • Finanzen
    • Immobilien

    Hainan verbietet Autos mit Verbrenner-Motor ab 2030

    Die Insel Hainan im Südchinesischen Meer will als erste Region in China den Verkauf von Autos mit Verbrennermotoren verbieten. Zur Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen werde der Verkauf bis 2030 untersagt, während gleichzeitig Elektroautos durch Steuererleichterungen und den Ausbau des Ladenetzes gefördert würden, hieß es in einem Implementierungsplan der Provinzregierung von Hainan. Elektrofahrzeuge sollen demnach bis 2030 in Hainan einen Anteil von 45 Prozent ausmachen.

    Die Städte sollen sogenannte Null-Emissions-Zonen einrichten, in denen Fahrzeuge mit Benzin- und Dieselmotoren verboten sind. Ein stellvertretender chinesischer Industrieminister sagte im September 2017, dass die Regierung in Peking an einem Plan arbeite, um die Herstellung und den Verkauf von Benzin- und Dieselfahrzeugen vollständig einzustellen. Details dazu hat die Regierung nicht veröffentlicht. Derzeit gibt es keine konkreten Pläne für einen landesweiten Verbrennerausstieg (China.Table berichtete). ari

    • Autoindustrie

    Stadt Peking fördert die Nutzung von Wasserstoff

    Die Stadtverwaltung von Peking will Wasserstoff als Energiequelle populärer machen. Ein Strategiepapier als Teil des 14. Fünfjahresplans listet eine Reihe von Anwendungen des Elements auf, die die Stadt fördern wird. Dazu gehören der Aufbau von Wasserstofftankstellen für Pkw, Busse und Lkw, aber auch Forschungsgelder für neue Technologien.

    Bei dem Plan handelt es sich um die regionale Umsetzung des nationalen Fünfjahresplans für die Entwicklung der Wasserstoffwirtschaft. Autohersteller in der Stadt erhalten aus zentralstaatlichen Fördertöpfen 1,7 Milliarden Yuan (250 Millionen Euro) an Steuererleichterungen, wenn sie innerhalb eines vorgegebenen Zeitplans die Zwischenziele für die Einführung der Wasserstoffmobilität erreichen. Bis 2025 sollen 50.000 Brennstoffzellenautos auf Chinas Straßen fahren. fin

    • Autoindustrie

    Presseschau

    Hitze in China: Energieknappheit erschwert Produktion deutscher Firmen TONLINE
    Trotz Problemen bei der Stromerzeugung: Chinesische Provinz will Verbrenner-Motoren verbieten RND
    China Rolls Out Aid to Help Power Firms and Save Rice Harvest WSJ
    Hitzewelle trocknet Chinas größten Süßwassersee aus RND
    China warns Canada over planned Taiwan visit by parliamentarians THEGUARDIAN
    Wie ein Krieg Chinas gegen Taiwan und die USA ausgehen könnte DERSTANDARD
    China Stayed 24 Nautical Miles Away From Taiwan During Drills BLOOMBERG
    ‘Everything under control’: Taiwan military confirms mainland civilian drone took photo, video of soldiers SCMP
    Warum das Baltikum sich von China abnabelt EURACTIV
    Zwischen Washington und Peking: Südkoreas zweigleisige China-Strategie RND
    Was eine geleakte Nachricht des Huawei-Gründers über die chinesische Wirtschaft verrät RND
    Was ist mit dem, was wir für Hongkong wollen? WELT
    How has Hong Kong weaponized its judiciary to target dissent? DW
    Chinesisches Ministerium bestraft Illustratoren wegen Zeichnungen in Mathebüchern SPIEGEL
    Chinese parents look to send children abroad again for education as coronavirus fears ease SCMP
    Börse in Japan notiert schwächer – Politische Stützmaßnahmen in China erfolglos HANDELSBLATT
    China exerting growing pressure on foreign companies, study finds REUTERS
    Twin giant panda cubs born at China research center DW
    Sea creature that inspired mermaid tales declared extinct in China NBCNEWS

    Heads

    Weina Zhao – Regisseurin auf Spurensuche ihrer Familie

    Weina Zhao war als Kind jeden Sommer in ihrem Geburtsort Peking
    Weina Zhao war als Kind jeden Sommer in ihrem Geburtsort Peking.

    “In unserer Familie gab es immer die lustige Anekdote, dass mein Opa nur kalt duscht”, erzählt Weina Zhao. “Erst in der Recherche zu meinem Film “Weiyena” habe ich erfahren, warum er das tut.” Weina Zhao ist in Peking geboren und im Alter von drei Jahren mit ihrer Familie nach Wien gezogen. Ihre Eltern benannten sie sogar auf Chinesisch nach dieser Stadt. Während ihres Sinologie-Studiums an der dortigen Universität interessierte sie sich immer mehr für die Filmbranche, nahm kleinere Jobs an und beschloss nach dem Masterabschluss gemeinsam mit Judith Benedikt einen Film über ihre Familiengeschichte zu drehen.

    “Eigentlich war der Film eine Ausrede, um endlich die Fragen stellen zu können, die mich interessierten”, sagt die 36-Jährige. Es sei typisch für Kinder von migrierten Eltern, dass sie über die Einwanderungsgeschichte nur wenig wüssten. Sie habe immer gespürt, dass sie danach lieber nicht fragen sollte. “Durch meine Rolle als Regisseurin verändere ich mich als Tochter und Enkeltochter”, sagt Weina als Erzählerin in der Doku. “Intime Fragen werden als Spiel getarnt. Als Fremde in einer professionellen Funktion, ist meine Annäherung auf einmal nicht mehr unangenehm.”

    Sieben Jahre für “Weiyena

    Weiyena erzählt Chinas Geschichte des 20. Jahrhunderts anhand von Weinas Familie: Ihr Urgroßvater, der Mao Zedong an die Macht verhalf und dann selbst ein Verfolgter der kommunistischen Partei wurde, ihre Großmutter, die während des Zweiten Weltkriegs unter der Besatzung der Japaner litt oder der Großvater, der während der Kulturrevolution verfolgt und in ein Arbeitslager gebracht wurde. Bis heute duscht er kalt, weil seine Haut damals unter der schweren Arbeit in der Sonne verbrannte. “Erst als ich die Geschichte meiner Familie ins Deutsche übersetzte, spürte ich das ganze Leid und die Brutalität ihrer Leben”, sagt Weina. “Vielleicht ist Deutsch die Sprache, in der ich fühle.”

    Sieben Jahre vergingen von der ersten Idee bis zur Veröffentlichung vor zwei Jahren. “Weiyena” hat das jahrelange Schweigen in ihrer Familie gebrochen. Sie wünscht sich, dass der Film auch andere Menschen dazu inspiriert, ihrer Familiengeschichte auf den Grund zu gehen. “Es ist das Schweigen, das transgenerationale Traumata erzeugt. Mein ganzes Leben hat meine Mutter mich vor ihrer Vergangenheit und die unserer Familie beschützt. Aber ich weiß, dass ihre Verletzungen auch in mein Leben hineinreichen. Erst, wenn wir darüber reden, können wir diese Traumata auflösen.”

    Ein Magazin von und für die asiatische Diaspora

    In ihrer Arbeit beschäftigen Weina die Themen der Identität und der Sprache. Gemeinsam mit Freundinnen hat sie vor zwei Jahren “Perilla” gegründet, ein Magazin von und für die asiatische Diaspora. “Bei Perilla geht es nicht darum, andere über das Asiatisch-sein aufzuklären oder ganz bewusst Stereotype aufzulösen. Wir wollten einfach einen Raum öffnen, in dem asiatisch-diasporische Menschen etwas erschaffen und veröffentlichen können, ein Raum, der Identität ermöglicht.”

    Ihre eigene Identität stellt Weina nicht mehr infrage. Sie ist Österreicherin und Chinesin. Nichts von beidem ist sie mehr als das andere. Auch das Dazwischensein hat sie aufgegeben. Svenja Napp

    • Gesellschaft
    • Mao Zedong
    • Migration
    • Peking

    Personalien

    Zhang Qingsong soll Informationen der Wirtschaftsplattform Caixin zufolge zum stellvertretenden Gouverneur der chinesischen Zentralbank ernannt werden. Er soll dort die Stelle von Liu Guiping ausfüllen, der im April zum Vize-Bürgermeister von Tianjin ernannt worden ist.

    Larry Li ist der neue President für das China-Geschäft bei dem kanadischen Bekleidungsanbieter Canada Goose Holdings. Zuletzt war Li Managing Director, China, der zum schweizerischen Richemont-Konzern gehörenden Marke Dunhill. Davor hatte er beim französischen Luxusgütergiganten LVMH verschiedene Führungspositionen bei Labels wie Louis Vuitton, Givenchy und Kenzo in Shanghai und Tokio bekleidet.

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    Dessert

    Ordentlich aufgereiht sind diese Fischteiche in einem Industriepark in Weishan in der Provinz Shandong. Aus der Ferne der Luftaufnahme sehen sie fast schon aus wie moderne Kunst.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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