Table.Briefing: China

Bernd Lange über Lieferketten + Etappensieg bei 6G

  • Im Interview: Bernd Lange – nicht zufrieden mit dem EU-Lieferkettengesetz
  • Forscher melden Meilenstein in 6G-Forschung
  • Sanktionen gegen US-Firmen wegen Taiwan
  • IfW schlägt Alarm: Zu große Abhängigkeit
  • VW in Gesprächen mit Huawei
  • EU wendet sich erneut an WTO
  • Pekings Plan für die Energiewende
  • Continental hält an Investition in Litauen fest
  • Standpunkt: China profitiert von russischer Ukraine-Invasion
  • Im Portrait: Wolfgang Niedermark vom BDI – “Nationalistische Töne vergiften die Atmosphäre”
Liebe Leserin, lieber Leser,

Zwangsarbeit und China – das Thema ist ein Dauerbrenner. Kürzlich haben die USA einen Importstopp für Produkte aus Xinjiang verhängt, die mit Zwangsarbeit in Verbindung stehen könnten. Die EU hinkt hier noch etwas hinterher. Auch im neuen Lieferkettengesetz, das am Mittwoch vorgestellt wird, ist so ein Verbot nicht enthalten. Bernd Lange zeigt sich im Gespräch mit China.Table denn auch sehr enttäuscht: Ursula von der Leyen habe bei dem Thema schlicht den Mund zu voll genommen, klagt der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europaparlament. Doch Lange verspricht, das Thema nicht aus den Augen zu verlieren. Ohnehin könnte das EU-Lieferkettengesetz ihm zufolge erst Anfang 2026 wirksam werden.

In unserer Analyse blicken wir auf ein weiteres Dauer-Thema: der Wettstreit um die Technologie-Führerschaft. Während in Deutschland noch darüber gestritten wird, ob chinesische Firmen wie Huawei die nötige Infrastruktur für ein 5G-Netzwerk hierzulande aufbauen dürfen, ist China schon einen Schritt weiter. Dort haben Forscher wichtige Erfolge bei der Entwicklung von 6G erzielen können. 

Unser Autorenteam in Peking zeigt, wie bei 6G extrem hohe Geschwindigkeiten zur Datenübermittlung erreicht werden können und welche strategischen Vorteile China daraus für den Wirtschafts- und Militärbereich gewinnen könnte. Man stehe am Beginn einer Revolution in der Kommunikationstechnologie.

Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre!

Ihre
Amelie Richter
Bild von Amelie  Richter

Interview

“Ursula von der Leyen hat den Mund sehr voll genommen”

Bernd Lange im Interview zum EU-Lieferkettengesetz ohne das Importverbot für Produkte aus Zwangsarbeit und die Auswirkungen auf den Handel mit China.
Bernd Lange, Vorsitzender des Ausschusses für internationalen Handel im Europaparlament

Herr Lange, wie groß ist Ihre Enttäuschung und die des Europaparlaments, dass das Importverbot von Produkten aus Zwangsarbeit nicht im EU-Lieferkettengesetz enthalten sein wird?

Zunächst einmal sind wir sauer, dass das ganze Gesetzgebungsverfahren überhaupt so lange gedauert hat. Es gab Verzögerungen, auch durch den Ausschuss für Regulierungskontrolle. Das Verbot für die Produkte aus Zwangsarbeit kam auch erst später in den Prozess der Lieferketten-Gesetzgebung hinzu und hat nochmal einen anderen Schwerpunkt. Wir hätten uns aber gewünscht, dass es ein gemeinsames Gesetzgebungs-Paket gibt. Es gibt natürlich noch ein paar inhaltliche Fragen zu klären. Wie geht man mit den Produkten um? Gibt es eine Dialogphase? Ist es wirklich ein Importverbot am Hafen? Oder soll es auch ein Vermarktungsverbot werden, wenn eben diese Produkte über einen Drittstaat eingeführt werden? Da sind wirklich noch ein paar technische Fragen zu klären. Insofern gibt es eine gewisse Logik, dass das nun noch gründlicher gemacht wird und es entsprechend auch ein Impact Assessment gibt. Wenn das jetzt einfach hingeklatscht worden wäre, hätte es das nicht gegeben. Es wäre schöner gewesen, wenn alles zusammen im letzten Jahr gemacht worden wäre, aber ein paar Dinge haben das leider nicht möglich gemacht.

Die EU-Kommission und Ursula von der Leyen hatten das Importverbot groß angekündigt. Wurde da eventuell der Mund zu voll genommen?

Das Importverbot für Produkte aus Zwangsarbeit war in den ursprünglichen Plänen von Justizkommissar Reynders nicht enthalten. Ich habe mit ihm darüber gesprochen und der Ansatz lief immer so ein bisschen nebenher. Dann kam besonders die Frage nach der Unternehmensverfassung auf und Binnenmarkt-Kommissar Breton wurde mit einbezogen. Die Unternehmensverfassung war ein großer Streitpunkt. Und es ist ja auch eine ziemlich fundamentale Frage, ob man die Verpflichtung eines Unternehmens in der Zielsetzung reguliert und in welche Richtung reguliert wird. Und da gibt es sicherlich große Abstriche von dem ursprünglichen Ansatz von Herrn Reynders. “Forced Labour” lief deshalb ein bisschen nebenher und da hat Ursula von der Leyen den Mund sehr voll genommen. Aber wir kennen sie ja alle, wie sie sehr theatralisch und blumenreich vieles verkündet und dann die Bilanz etwas magerer aussieht. Wir haben aber als Europäische Union den Anspruch, im Vergleich zu anderen Gesetzgebern weltweit, dass wir ein Auge darauf haben, wie ein Gesetz gestrickt wird und welche Konsequenzen es hat. Und das muss man beim Importverbot für Produkte aus Zwangsarbeit auch sorgfältig machen. Es wird deswegen jetzt aber nicht auf die lange Bank geschoben, sondern soll schon zügig auf den Tisch kommen.

Welche Möglichkeiten gibt es jetzt noch für dieses Importverbot? Wird es ein eigenständiges Gesetz?

Ich gehe davon aus, dass es ein eigenständiges Gesetz wird. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass das dann auch ein sogenanntes Handelsinstrument wird, womit wir uns auch die rechtlichen Fragen nochmal ansehen müssen. Die Lieferketten-Gesetzgebung wird wegen der Unternehmensverfassung eher zu einer Richtlinie führen, was ich nicht so schön finde. Denn dann haben die Mitgliedstaaten Möglichkeiten in der nationalen Umsetzung, um mehr Gestaltungsspielraum zu haben und auch gewisse Schlupflöcher zu nutzen. Insofern habe ich immer für eine Verordnung plädiert. Bei den Importrestriktionen für Zwangsarbeit gehe ich davon aus, dass es eine Verordnung wird, die dann auch für alle Mitgliedstaaten sofort und im gleichen Maß gilt.

Finden Sie denn, dass durch die kommissionsinternen Schiebereien und die Verzögerungen das Lieferkettengesetz massiv verwässert wurde?

Wir müssen mal schauen, welcher Vorschlag am 23. Februar wirklich auf dem Tisch liegt. Es war eine schwierige Operation, weil wir ja auch noch 27 unterschiedliche nationale rechtliche Rahmenbedingungen dafür haben. Ich war am Anfang sowieso ein Freund davon, das stärker zu trennen, das Lieferkettengesetz und die Unternehmensverantwortung. Aber die Würfel sind anders gefallen. Es wird wohl größere Ausnahmen für Klein- und Mittelbetriebe im EU-Lieferkettengesetz geben, als ursprünglich angedacht. Aber ansonsten gehe ich nicht davon aus, dass es eine stärkere Verwässerung gibt.

Wann kann man dazu mit einer Abstimmung im Europaparlament rechnen? Und wann könnte das Lieferkettengesetz dann in Kraft treten?

Das ist eine sehr komplexe Gesetzgebung. Wir haben ein kleines Vorbild für die Sorgfaltspflicht beim Umgang mit Mineralien aus Konfliktgebieten. Daraus haben wir ein bisschen gelernt: Wir müssen eine relativ klare Gesetzgebung haben. Also, was sind Sorgfaltspflichten, damit das auch gerichtsfest ist. In Frankreich haben wir das Problem, dass die französische Gesetzgebung so viel Interpretationsspielraum zulässt, dass es nicht gerichtsfest ist. Die Anforderungen müssen klar definiert werden. Dann steht noch die Verhandlung mit dem EU-Rat an. Und wir brauchen auch die Zertifizierer, die das überprüfen können. Der Erfahrung nach, mit den Konfliktmineralien, dauert das alles etwa fünf Jahre. Ich will jetzt nicht sagen, dass ich für das absolute Scharfstellen des EU-Lieferkettengesetzes den 01.01.2026 sehe, aber das könnte der zeitliche Horizont sein.

Welche Auswirkung erwarten Sie dadurch auf den Handel mit China?

Das ist ja kein “Lex China”, es ist eine generelle Sorgfaltspflicht. Aber wir müssen das dann auch bei Produkten aus China Wirklichkeit werden lassen: Also Risikoanalysen machen, um zu sehen, wo werden die Sorgfaltspflichten verletzt und was kann man tun, um das unter Kontrolle zu kriegen. Wir wollen kein “cut and go”, das ist sicherlich nicht unser Ansatz.

Also keinen plötzlichen Abbruch der Handelsbeziehungen, sondern eine Verbesserung der Praktiken der Firmen.

Deswegen werden wir auch für China Risikoanalysen und entsprechende Management-Pläne verlangen. Das wird natürlich, was die Zertifizierung betrifft, eine schwierige Nummer. Wir wissen alle, dass derzeit in Xinjiang keine Zertifizierung mehr möglich ist. Aber trotzdem ist der Anspruch da. Und wenn es eben nicht geht, dann kann man in der Tat auch keine Sorgfaltspflichten überprüfen. Das muss dann auch mit den chinesischen Verantwortlichen zu diskutieren sein. China stellt nicht nur einseitig eine Abhängigkeit für uns dar, sondern dort gibt es auch eine Abhängigkeit von europäischen Firmen. Das ist keine einseitige Machtsituation, die vielleicht die Umsetzung des Lieferkettengesetzes infrage stellen würde. Ich will nicht ausschließen, dass es Konflikte geben wird, aber da muss eben mit den zuständigen Verantwortlichen deutlich gesprochen und klargestellt werden, dass wir keine Einmischung in eine europäische Gesetzgebung akzeptieren werden.

EU-Industrievertreter in China argumentieren, dass es schier unmöglich ist, dort Zwangsarbeit festzustellen, weil das chinesische Recht keine Zwangsarbeit kennt. Welche Probleme könnten sich für Händler ergeben, die ihre Waren in die EU einführen wollen?

Das ist genau das Problem bei der Gesetzgebung zur “Forced Labor” und China. Die Vereinigten Staaten haben zum Beispiel in Zusammenarbeit mit der ILO und Nichtregierungsorganisationen Verfahren entwickelt, um Zwangsarbeit festzustellen und das dann auch dementsprechend zu überprüfen. Die Gesetzgebung soll ja keine politische Waffe sein, sondern soll sich auf Fakten beziehen. Und dabei ist es, glaube ich, unabhängig davon, ob China den rechtlichen Bestand von Zwangsarbeit zulässt oder nicht. Die Praxis ist das Entscheidende. Der Einzelfall bei Unternehmen soll bewertet und dann entschieden werden.

Im Handelsstreit um Litauen haben die EU und China noch bis zum 6. März Zeit, Gespräche im Rahmen einer WTO-Anfrage aufzunehmen. Erwarten Sie dadurch eine Lösung des Konflikts?

Man muss sehen, was dabei rauskommen wird. Es ist das normale WTO-Verfahren, dass es erst einen Dialogprozess gibt, was ich auch gut finde. Man sollte nicht sofort die Kanonen aus dem Keller holen. Inwieweit China bereit sein wird, muss man absehen. Es ist meiner Ansicht nach völlig klar, dass WTO-Regeln verletzt und Handelsmaßnahmen als politische Waffe benutzt werden. Das ist nicht akzeptabel.

Das geplante Instrument gegen wirtschaftlichen Zwang, also das Anti-Coercion-Instrument, könnte künftig Abhilfe bei solchen Situationen schaffen. Die französische EU-Ratspräsidentschaft möchte bei dem Thema aufs Gaspedal treten. Wie ist der aktuelle Stand?

Es gibt drei Gesetzgebungsverfahren, die derzeit auf dem Tisch liegen und uns wehrhafter machen sollen: Das zum Zugang zur öffentlichen Beschaffung auf einem “level playing field”, also das International Procurement Instrument IPI, der Ausschluss von illegaler Subventionierung für ausländische Unternehmen und eben die Möglichkeit, sich gegen Zwangsmaßnahmen politischer Art, die aber mit wirtschaftlichen Mitteln durchgepresst werden, zu wehren. Diese drei defensiven Instrumente sind sicherlich eine Priorität der französischen Ratspräsidentschaft. Angesichts der Vorläufe und des Diskussionsstandes ist realistisch zu sagen, dass IPI unter der französischen EU-Ratspräsidentschaft abgeschlossen werden könnte, vielleicht sogar im März.

Was sind hier die Knackpunkte?

In der Frage der illegalen Subventionen direkter oder indirekter Art für ausländische Unternehmen auf dem Binnenmarkt, da werden wir vielleicht noch die Verhandlungen mit den Franzosen beginnen. Das Anti-Coercion-Instrument ist von der Vorlage des Gesetzgebungsverfahrens her das jüngste. Dazu stelle ich gerade meinen Bericht fertig. Ich gehe davon aus, dass wir vielleicht vor der Sommerpause im Parlament eine Positionierung haben. Hier werden wir sicherlich nicht unter der französischen Ratspräsidentschaft noch eine Einigung hinkriegen. Aber ich hoffe, dass es möglichst schnell in diesem Jahr auch zu einer Gesetzgebung kommt.

Last but not least: Ein EU-Handels-Dauerthema, das Investitionsabkommen CAI. Gibt es einen neuen Stand? Wird im Hintergrund durch China versucht, das Abkommen doch noch voranzubringen?

Die Sanktionen gegen meine Kolleginnen und Kollegen im Europäischen Parlament stehen weiterhin und damit ist klar: Wir werden jetzt nichts tun und auch die Weiterbearbeitung im Parlament erfolgt nicht. Das Abkommen an sich hat ein paar positive Elemente. Aber eben auch Dinge, bei denen das EU-Parlament sowieso noch Nachbesserungen einfordern würde. Aber auch damit beschäftigen wir uns zurzeit nicht. Das liegt ganz unten im Gefrierfach – neben dem EU-Mercosur-Abkommen. Und ich sehe derzeit auch niemanden, der da die Tür aufmacht.

Bernd Lange ist seit 1994 mit einer Unterbrechung (2005-2009) Abgeordneter im EU-Parlament. Der Oldenburger ist seit Juli 2014 Vorsitzender des Handelsausschusses. Lange ist zudem Mitglied der Delegation für die Beziehungen zu Südostasien und den ASEAN-Staaten im Europaparlament.

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Analyse

Wirbelwellen als Schlüssel zur Führerschaft bei 6G

Wie Chinas Führung hat auch diese Dame in Shanghai 6G fest im Blick.
Wie Chinas Regierung hat auch diese Dame in Shanghai 6G fest im Blick.

Im Wettlauf um die technologische Vorherrschaft hat die Pekinger Tsinghua Universität einen Etappensieg verkündet. Bei der Entwicklung der nächsten Generation drahtloser Kommunikation (6G) habe ein Forscherteam erstmals ein Terabyte Daten in nur einer Sekunde über eine Entfernung von einem Kilometer senden können, heißt es. Damit würde die Volksrepublik weltweit die Führungsposition bei der Erforschung potenzieller Schlüsseltechnologien für 6G übernehmen.

Wissenschaftler um Professor Zhang Chao von der Fakultät für Luft- und Raumfahrttechnik hatten bereits vor den Olympischen Winterspielen auf dem Gelände des Pekinger Olympiastadions entsprechende Tests durchgeführt. Mit dem Datenvolumen des experimentellen Systems könnten theoretisch mehr als 10.000 HD-Live-Übertragungen gleichzeitig gestreamt werden. Damit ließe sich das gesamte Angebot des populären Streamingdienstes Netflix parallel abspielen. Die extrem hohen Geschwindigkeiten bei der Übertragung bilden die Grundlage für strategische Vorteile in wirtschaftlichen und militärischen Sektoren.

Schon vor Jahren hat die chinesische Regierung die Weichen für die nächste Generation der mobilen Datenübertragung gelegt. Damals war nicht einmal die 5G-Technologie kommerziell im Einsatz, die zurzeit noch als Maß aller Dinge gilt. Auch im aktuellen Fünfjahresplan ist die Erforschung von 6G explizit erwähnt. Zig Milliarden US-Dollar sollen an Unternehmen und Forschungsinstitute fließen, damit China das Rennen um 6G gewinnen kann. Bereits bei 5G gilt China als führender Standort.

Geschwindigkeiten mit 100-facher Kapazität von 5G

Zwar wird damit gerechnet, dass die nächste Mobilfunkgeneration erst um das Jahr 2030 weltweit zum Einsatz kommen wird. Auch ist noch völlig unklar, welcher Standard und welche technologische Lösung sich am Ende durchsetzen wird. Klar ist aber, dass technologische Führerschaft eine gute Ausgangsposition liefert, um bei der Standardisierung ein gewichtiges Wort mitzusprechen. Und hier setzt China Maßstäbe (China.Table berichtete). Weitestgehend einig sind sich Forscher bisher lediglich in den Anforderungen an die neue Technik. Es wird erwartet, dass 6G Geschwindigkeiten in Terabit-Größe erreichen und damit noch einmal die 100-fache Kapazität von 5G bieten wird. 

Geht es nach den Forschern der Tsinghua Universität, könnte ihr Ansatz es möglich machen, diese Messlatte zu überspringen. Der Schlüssel ihrer Technik ist die Verwendung von hochfrequenten Radiowellen, die Vortex-Millimeterwellen genannt werden. Während die derzeitige 5G-Technologie zweidimensionale elektromagnetische Wellen nutzt, die sich auf und ab bewegen, um Informationen darzustellen, haben die Vortex-Millimeterwellen drei Dimensionen, die den Forschern zufolge mit der Wirbelbewegung eines Tornados verglichen werden können. Die Dreidimensionalität wäre geeignet, um zusätzliche Informationen zu transportieren und damit eine höhere Übertragungsgeschwindigkeit zu erreichen.

Wirbelwellen sind keinesfalls eine chinesische Erfindung. Sie wurden erstmals 1909 vom britischen Physiker John Henry Poynting nachgewiesen. Forscher in Europa führten in den 1990er-Jahren die frühesten Kommunikationsexperimente mit Wirbelwellen durch. Im Jahr 2000 verwendete schließlich ein japanisches Team Wirbelwellen, um Daten erstmals mit einer Geschwindigkeit von über 200 Gbit pro Sekunde über eine Entfernung von rund zehn Metern zu übertragen. Ein Gigabit (Gbit) entspricht 125 Megabytes.

Wirbelwellen seien “der Beginn einer Revolution”

“Das Spannendste ist nicht nur die Geschwindigkeit. Es geht um die Einführung einer neuen physischen Dimension, die zu einer ganz neuen Welt mit fast unbegrenzten Möglichkeiten führen kann”, zitierte die Zeitung South China Morning Post einen 6G-Forscher, der an vertraulichen Forschungsprojekten für die chinesische Regierung arbeiten soll. Die Wirbelwellen seien “der Beginn einer Revolution” in der Kommunikationstechnologie.

Forscher Zhang macht kein Geheimnis daraus, dass die Technologie auch viele militärische Anwendungsmöglichkeiten bietet. Er und sein Team stellten bereits vor drei Jahren eine Wirbelwellenverbindung über eine Distanz von 172 Kilometern zwischen einem Militärflugzeug und einer Bodenstation her. Das Tsinghua-Team erforscht auch ein Quantenradar mit ähnlicher Technologie, das Stealth-Flugzeuge erkennen soll. Analysten gehen davon aus, dass Chinas Militär schon Jahre vor der kommerziellen Einführung über 6G-Technik verfügen wird. Sie könnte etwa genutzt werden, um  Überschallwaffen präzise zu steuern. Gregor Koppenburg/Jörn Petring

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News

Peking sanktioniert US-Rüstungsfirmen

Peking hat Sanktionen gegen die US-Rüstungskonzerne Lockheed Martin und Raytheon Technologies wegen Waffenverkäufen an Taiwan verhängt. “In Übereinstimmung mit den einschlägigen Bestimmungen des chinesischen Anti-Auslandssanktionsgesetzes hat die chinesische Regierung beschlossen, Gegenmaßnahmen gegen die rechtsverletzenden Handlungen von Raytheon Technologies und Lockheed Martin zu ergreifen”, sagte der Sprecher des Außenministeriums, Wang Wenbin, am Montag. Die Sanktionen seien eine Reaktion auf den Verkauf von Waffen im Wert von 100 Millionen US-Dollar Anfang Februar. Die Lieferungen hätten Chinas Sicherheitsinteressen untergraben, so Wang.

Wie die Sanktionen ausfallen werden, wurde bislang nicht näher erklärt. Es ist das erste Mal, dass Unternehmen Strafmaßnahmen im Rahmen von Chinas neuem Anti-Auslandssanktionsgesetz ausgesetzt sind. Peking hatte das Gesetz im vergangenen Sommer erlassen (China.Table berichtete). Beobachter befürchten, dass dieser Schritt zu einer Sanktions-Schlacht zwischen der Volksrepublik und den USA führen könnte. Inmitten der Spannungen zwischen Washington und Peking kündigte der ehemalige US-Außenminister Mike Pompeo an, nach Taiwan zu reisen. Pompeo wird dort auch Präsidentin Tsai Ing-Wen treffen. ari

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IfW-Studie: Deutschen Firmen droht gefährliche China-Abhängigkeit

Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) schlägt Alarm: Deutschland ist dabei, sich ökonomisch zu stark an China zu binden. Das ist die Erkenntnis der am Montag veröffentlichten Studie mit dem Titel “Reluctanct US vs Ambitious German Direct Investment in China – the Tale of Two Strategies“. IfW-Handelsforscher Rolf Langhammer sagte dazu am Montag: “Deutsche Firmen befinden sich auf dem Weg zu einer gefährlichen Abhängigkeit vom Wohlwollen der chinesischen Führung. Sie dienen dem geopolitischen Machtanspruch Chinas, wenn sie ihr Know-how in das Land transferieren, und können von heimischen Firmen verdrängt werden.”

Der Studie zufolge fließen Auslandsinvestitionen deutscher Unternehmen verstärkt nach China, vor allem im verarbeitenden Gewerbe wie der Automobilindustrie. Amerikas Unternehmen würden eine gegenläufige Strategie wählen – und eher zurückhaltend agieren.

Langhammer zufolge ist die Zahl an Tochterunternehmen und Produktionsstätten deutscher Firmen in China seit den 1990er-Jahren kontinuierlich: Im Jahr 2019 seien rund sieben Prozent der Auslandsinvestitionen Deutschlands in China getätigt worden, was etwa 89 Milliarden Euro entspricht. Im Vergleich: Zur Jahrtausendwende war es lediglich rund ein Prozent. Im verarbeitenden Gewerbe – wie im Autobau, Chemie oder Maschinenbau – stiegen sie von gut zwei auf zuletzt 14 Prozent (61 Milliarden Euro).

Dagegen würden die USA als weltgrößter Auslandsinvestor bislang diese Wachstumsregion eher meiden und stattdessen auf Investitionen in Europa setzen. “Die Zurückhaltung US-amerikanischer Firmen ist umso erstaunlicher, als China seit vielen Jahren eine der am dynamischsten wachsenden Weltregionen ist und Firmen einen äußerst lukrativen Absatzmarkt bietet”, sagte Langhammer.

“Chinas Ziel ist es, sich vom Ausland und speziell dem systemischen Rivalen USA unabhängiger zu machen und Schlüsseltechnologien selbst produzieren zu können”, sagte Langhammer. Dafür brauche man Know-how aus dem Ausland. Ausländische Investoren müssten sich deshalb im Klaren darüber sein, dass sie diesem Ziel dienen sollen und durch heimische Anbieter abgelöst werden, sobald China über die notwendigen Technologiekenntnisse verfügt. rad

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Autonomes Fahren: VW spricht mit Huawei

Volkswagen möchte seine Autos offenbar im großen Stil mit Technik des chinesischen IT-Konzerns Huawei ausstatten. Möglicherweise ist sogar die Übernahme der Huawei-Sparte für intelligente Fahrzeugsteuerung geplant. Dafür wolle VW einen Milliardenbetrag ausgeben, berichtet das Manager Magazin. Hinter den Kulissen erfuhr China.Table, dass es durchaus Gespräche über eine Zusammenarbeit gibt. Diese stehen aber noch eher am Anfang. Ausgang: ungewiss. Volkswagen wollte die Marktspekulationen nicht offiziell kommentieren.

Die Smart-Car-Sparte von Huawei wäre für VW sehr attraktiv. Der Konzern hat Schwierigkeiten, die IT-Mannschaftsstärke für die Mobilitätsangebote der Zukunft zusammenzukaufen. Ein Auto ist jetzt schon ebenso sehr Digitalprodukt, wie es Verkehrsmittel ist. In Asien spielt die Vernetzung sogar eine größere Rolle als in Europa. Die Huawei-Tochter für intelligentes autonomes Fahren beschäftigt 700 Mitarbeiter, davon sind 50 Informatiker und Ingenieure. Das ursprüngliche Ziel von Huawei war allerdings, das Intel für selbstfahrende Autos zu werden und den etablierten Anbietern die Technik für ihre eigenen Produkte zuzuliefern (China.Table berichtete). Die Bindung an nur eine Automarke wäre eine Abkehr von dieser Strategie.

Volkswagen muss jedoch gerade in China seine Digitalkompetenz stärken. Sowohl die EU als auch China regulieren den Abfluss von Daten in andere Wirtschaftsräume. Ein internationaler Anbieter wie VW muss daher mehrere getrennte Plattformen für autonomes Fahren aufbauen. Denn die Technik ist nicht auf das eigentliche Auto beschränkt, sondern funktioniert nur vernetzt mit den Verkehrsrechnern der Stadt und mit anderen Autos richtig. Volkswagen hat derzeit in China generell Schwierigkeiten (China.Table berichtete). Das Unternehmen muss dort digitaler, moderner und wettbewerbsfähiger werden. Sonst droht schon bald der Verlust der Marktführerschaft. fin

  • Autoindustrie

Patentschutz: EU startet WTO-Verfahren

Die EU hat ein Verfahren bei der Welthandelsorganisation (WTO) gegen China eingeleitet, weil die Volksrepublik EU-Unternehmen daran hindert, Patentstreitigkeiten vor ausländische Gerichte zu bringen. China “schränkt EU-Unternehmen mit Rechten an Schlüsseltechnologien (wie 3G, 4G und 5G) stark daran ein, diese Rechte zu schützen, wenn die Patente illegal oder ohne angemessene Entschädigung beispielsweise von chinesischen Mobiltelefonherstellern genutzt werden”, erklärte die Europäische Kommission. Konkret betroffen sind davon besonders Telekommunikationsunternehmen wie Ericsson und Nokia, die Patente im Zusammenhang mit Mobilfunkstandards wie 5G halten.

Als erster Schritt in dem WTO-Verfahren sind nun Konsultationen mit China vorgesehen. Sollten diese von Peking verweigert werden oder scheitern, könnte die EU den Fall vor ein Schiedsgericht bringen. Dieses wiederum könnte es der EU dann erlauben, Vergeltungsmaßnahmen wie Strafzölle auf chinesische Einfuhren zu verhängen.

Seit August 2020 erließen chinesische Gerichte Entscheidungen (sogenannte “Anti-Suit Injunctions”), um Druck auf EU-Unternehmen mit Hightech-Patenten auszuüben, so die EU-Kommission. Die Unternehmen sollen demnach daran gehindert werden, ihre Technologien rechtmäßig zu schützen. Die chinesischen Gerichte drohten außerdem hohe Bußgelder an, um europäische Unternehmen davon abzuhalten, vor ausländische Gerichte zu ziehen.

“EU-Unternehmen haben das Recht, zu fairen Bedingungen vor Gericht zu gehen, wenn ihre Technologie illegal genutzt wird. Aus diesem Grund leiten wir heute WTO-Konsultationen ein”, sagt Handelskommissar Valdis Dombrovskis am Freitag. China reagierte umgehend auf den Schritt der EU. Peking bedauere, dass Brüssel die WTO angefragt habe, hieß es aus dem Handelsministerium. China habe das multilaterale Handelssystem immer hochgehalten und werde seine eigenen legitimen Rechte und Interessen entschlossen wahren, erklärte das Ministerium.

Es ist das zweite Mal innerhalb weniger Wochen, dass die EU wegen China die WTO einschaltet. Ende Januar hatte Brüssel eine WTO-Anfrage wegen der Handelsblockade gegen Litauen gestellt (China.Table). China hatte dem Gesprächsangebot mit der EU in Genf zugestimmt. Bis Anfang März müssen die Gespräche beginnen. ari

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Peking legt Plan für Energiewende vor

Chinas Nationale Entwicklungs- und Reformkommission (NDRC) und die Nationale Energiebehörde (NEA) haben vergangene Woche einen Plan für die Energiewende der Volksrepublik vorgelegt. Das Dokument ist als Fahrplan für die Bemühungen des Landes zur Dekarbonisierung seines Energiesystems zu verstehen. Es enthält zahlreiche Implementierungsmaßnahmen, aber keine neuen Ziele oder Quoten zur Reduktion der Emissionen des Energiesektors oder zum Anteil bestimmter Energieträger. Es zählt zu den wichtigen Sektorplänen des Landes zur Erreichung der Klimaziele. Der Plan umfasst alle Aspekte des Energiesystems, von der Erzeugung, über den Transport, des Handels und des Verbrauchs.

Die Beratungsagentur Trivium China hat vier Hauptziele des Plans ausgemacht:

  • Eine einheitlichere nationale Energieplanung ­- die Provinzen sollen Peking beispielsweise mit besseren Daten über die Zielerreichung versorgen, damit die Energiewende zentraler gesteuert werden kann.
  • Prozesse zur Dekarbonisierung des Energiesektors, die die Energiesicherheit gewährleisten.
  • Die stetige, landesweite Umwandlung der Energieerzeugung und des -verbrauchs hin zu mehr grüner Energie – Peking will beispielsweise einen vereinheitlichten, nationalen Strommarkt aufbauen.
  • Die Beeinflussung von Marktakteuren wie Stromnetz- oder Pipelinebetreiber, die die Energiewende behindern. Damit will Peking beispielsweise erreichen, dass Solar- und Windkraftwerke schneller ans Stromnetz angeschlossen werden.

Das Dokument schreibt dem Ausbau der erneuerbaren Energien und der Energiesicherheit eine große Rolle zu. Zwar sollen fossile Kraftwerke schrittweise durch erneuerbare Stromquellen ersetzt werden. Doch um Energiekrisen zu verhindern, soll die “saubere” und “effiziente” Nutzung fossiler Energieträger verbessert und ein “Mechanismus zur Sicherung des Energie-Angebots” implementiert werden. Fossile Brennstoffe sollten erst dann ersetzt werden, wenn die Versorgung mit erneuerbaren Energien “zuverlässig” ist. Das Dokument lässt hier also einiges an Interpretationsspielraum. Die vorsichtigen Formulierungen dienen auch dazu, voreilige Provinz-Gouverneure zu bremsen, die die Energiewende in der Vergangenheit “kampagnenartig” umgesetzt haben – also zu forsch vorgegangen sind und in Pekings Lesart die Energiesicherheit Chinas gefährdet haben.

Der Plan sieht zudem vor, die Nutzung grüner Energie im Industrie-, Bau- und Transportgewerbe zu erhöhen. Der Strommarkt soll weiter liberalisiert und auf nationaler Ebene vereinheitlicht werden. Damit könnten Marktverzerrungen aufgelöst werden, die große Stromkonsumenten davon abgehalten haben, grünen Strom einzukaufen, so Trivium. nib

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Continental hält an Investitionsplänen in Litauen fest

Continental will trotz des Handelsstreits zwischen Peking und Litauen weiterhin in dem baltischen Staat investieren. Die Pläne des deutschen Zulieferers hätten sich trotz Drucks aus China nicht geändert, sagte der Direktor der litauischen Continental-Fabrik, Shayan Ali, der Lokalzeitung Verslo Žinios. “Unsere Pläne in Litauen sind die gleichen, die wir zu Beginn angekündigt haben – 1.500 Arbeitsplätze und mehr als 185 Millionen Euro Investitionen”, wurde Ali zitiert. Auf die Frage nach dem chinesischen Handelsdruck sagte er, dass die Fabrik zweifellos von der sich ändernden Situation betroffen gewesen sei. “Wir haben alles getan, um uns an die sich ändernden Umstände anzupassen”, so Ali. Nähere Angaben machte er nicht.

China blockiert seit Anfang Dezember die Zollabwicklung für litauische Waren. Auch auf Unternehmen aus anderen EU-Staaten wurde Druck ausgeübt, sich von litauischen Zulieferern zu trennen, um nicht den Marktzugang in der Volksrepublik zu verlieren (China.Table berichtete). Betroffen waren davon unter anderem Continental und der Lippstädter Autozulieferer Hella.

Die EU hatte Ende Januar die WTO eingeschaltet und ein Verfahren gegen China eingeleitet (China.Table berichtete), um die Handelsblockade zu lösen. Bis Anfang März müssen die EU und China nun Gespräche beginnen. ari

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Standpunkt

Russland-Krise: “Dann stünde China wie ein Idiot da”

Von Minxin Pei
Minxin Pei, Professor für Politikwissenschaft am Claremont mcKenna College in Kalifornien schreibt über Chinas Sicht zur Russland-Ukraine-Krise.
Minxin Pei, Professor für Politikwissenschaft am Claremont McKenna College in Kalifornien

Peking mag 6.500 Kilometer von der ukrainischen Hauptstadt Kiew entfernt liegen. Geopolitisch geht es für China in der eskalierenden Russland-Ukraine-Krise aber um sehr viel. Wenn Russland in die Ukraine einmarschiert und einen anhaltenden Konflikt (wenn auch wahrscheinlich keine direkte militärische Konfrontation) mit den USA und ihren westlichen Bündnispartnern auslöst, kommt das natürlich China zugute. Amerika müsste strategische Ressourcen für die Eindämmung Russlands einsetzen und seine europäischen Verbündeten stünden den Bitten der USA, ihrer Anti-China-Koalition beizutreten, noch skeptischer gegenüber, als das sowieso schon der Fall ist.

Entschärft US-Präsident Joe Biden die Krise jedoch, indem er den Forderungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin wenigstens zum Teil nachgibt, steht China strategisch vermutlich schlechter da als vorher. Wenn Putin die Früchte seiner Drohdiplomatie erntet, und Biden ein potenzielles Desaster in Osteuropa vermeidet, rückt China wieder ins Zentrum der nationalen Sicherheitsstrategie der USA. Und das ist noch nicht alles. Nachdem Putin die obsessive Beschäftigung der USA mit China geschickt dazu genutzt hat, die Einflusssphäre Russlands zu stärken, verliert China den Großteil seines strategischen Werts für Russland.

Putin setzt Bidens Angst, in einen Konflikt mit einem zweitrangigen Gegner (Russland) gezogen zu werden, als Hebel ein, um entscheidende Sicherheitsgarantien zu erzwingen. Ein kluger, wenn auch riskanter Schachzug. Den Einmarsch in die Ukraine zu befehlen – und sich damit zumindest kurzfristig selbst zum wichtigsten geopolitischen Gegner Amerikas zu befördern – liegt dagegen kaum im Interesse des Kreml. Verheerende Sanktionen des Westens und die hohen Kosten eines Kampfes gegen Aufständische in der Ukraine würden Russland entscheidend schwächen, Putins Beliebtheit im eigenen Land schaden und seine Abhängigkeit vom chinesischen Präsidenten Xi Jinping erhöhen.

Putin nutzt Biden als Hebel für Sicherheitsgarantien

Obwohl China in der Ukraine-Krise also selbst einiges zu verlieren hat, achtet die chinesische Regierung penibel darauf, sich nicht in die Karten schauen zu lassen. Während die zunehmenden Spannungen in den westlichen Medien für Schlagzeilen sorgen, wird die Ukraine in der offiziellen chinesischen Presse kaum erwähnt. Zwischen dem 15. Dezember (dem virtuellen Gipfel zwischen Putin und Xi) und dem 24. Januar dieses Jahres brachte die Volkszeitung, das offizielle Sprachrohr der Kommunistischen Partei Chinas, nur einen Artikel über die Krise – eine Meldung über die ergebnislosen Gespräche zwischen Russland, den USA und seinen NATO-Bündnispartnern Mitte Januar. Auch Leitartikel oder Kommentare, in denen China Russland seine Unterstützung zusagt, glänzen durch Abwesenheit.

Besonders aufschlussreich: In der vom Kreml veröffentlichten Zusammenfassung des chinesisch-russischen Gipfeltreffens wird behauptet, Xi unterstütze Putins Forderungen nach Sicherheitsgarantien des Westens. Diese schließt eine weitere Osterweiterung der NATO aus. In der chinesischen Version dagegen, die von der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua herausgegeben wurde, wird dies nicht erwähnt. Xis Erklärung war keine ausdrückliche Billigung von Putins Position, sondern eine vage und allgemein gehaltene Floskel, “sich bei Themen, die die jeweiligen Kerninteressen berühren, gegenseitig zu unterstützen”.

Dieses Muster wiederholte sich im Gespräch zwischen dem chinesischen Außenminister Wang Yi und seinem amerikanischen Amtskollegen Antony Blinken am 27. Januar. Westliche Medien interpretierten Wangs Äußerungen zur Ukraine als Unterstützung für Putin. Tatsächlich beanspruchte Wang für China konsequent eine reine Zuschauerrolle und sagte lediglich, “Russlands begründete Sicherheitsbedenken müssten betont und gelöst werden”.

Peking achtet penibel darauf, sich nicht in die Karten schauen zu lassen

Die chinesische Zurückhaltung beim Thema Ukraine zeigt, dass Xi keinerlei Risiken eingehen will. Natürlich ist Putins aggressive Diplomatie, zumindest kurzfristig, im Interesse Chinas. Sollte er in die Ukraine einmarschieren und den strategischen Fokus der USA von China ablenken, umso besser.

Da Xi aber wohl nicht weiß, was der Kreml wirklich für die Ukraine plant, ist er klug genug, sich ebenfalls bedeckt zu halten. Mit einer unzweideutigen chinesischen Unterstützung für Putins Forderungen würde sich das Land selbst in eine Ecke manövrieren. Lässt sich Putin von China zu einem Krieg ermutigen, könnten bestimmte Kreise in Moskau dies im schlimmsten Fall als diabolischen chinesischen Trick interpretieren, der Russland zu einer strategischen Spielfigur im Kalten Krieg zwischen China und Amerika degradiert. Akzeptiert Putin dagegen kleine Zugeständnisse, um ohne Gesichtsverlust ein potenzielles Desaster zu vermeiden, stünde China wie ein Idiot da, weil es sich hinter unrealistische Forderungen des Kremls gestellt hat.

Von all diesen strategischen Unsicherheiten abgesehen, weiß die chinesische Führung genau, dass sie mit einer ausdrücklichen Unterstützung Putins die Europäische Union vor den Kopf stoßen würde, die inzwischen Chinas zweitgrößter Handelspartner ist. Das strategische Kalkül der chinesischen Politik ist es, unbedingt zu verhindern, dass Amerika die EU für ihre Anti-China-Koalition gewinnt.

Xi kennt Putins Pläne für die Ukraine nicht

Für die EU sind die Unabhängigkeit und Sicherheit der Ukraine sehr wichtig, und jede chinesische Beihilfe für Putin würde eine europäische Reaktion geradezu herausfordern. Die EU könnte China zum Beispiel dadurch bestrafen, dass sie den Austausch von Technologien beschränkt und Taiwan diplomatisch stärker unterstützt. Besonders die osteuropäischen EU-Mitglieder haben weniger Handelsverbindungen mit China und fühlen sich durch Russlands aggressives Auftreten am stärksten bedroht. Aus diesem Grund könnten sie zur Vergeltung viel einfacher die Taiwan-Karte gegen China ausspielen als die größeren Mitgliedstaaten. Dieses Risiko wollen vermutlich nur die wenigsten Mitglieder der chinesischen Führung eingehen.

Sie sind Realisten und wissen, dass sie auch dann kaum beeinflussen können, wie die aktuelle Krise in der Ukraine ausgeht, wenn sie sich öffentlich positionieren. Putin hält in dieser Pattsituation die Fäden in der Hand, und diplomatische Schützenhilfe aus China dürfte das strategische Kalkül der Hauptprotagonisten in Washington, Brüssel oder auch Moskau kaum beeinflussen. Chinas Einfluss wird nur dann dramatisch wachsen, wenn Putin es darauf ankommen lässt und die Ukraine besetzt. Dann bräuchte er die wirtschaftliche Unterstützung Chinas, um die Folgen der westlichen Sanktionen abzumildern.

Für Xi ist das bisher jedoch reine Spekulation. Die Supermacht China ist vorübergehend zum Zuschauen verurteilt und muss den Ausgang der Krise gleichzeitig besorgt und hoffnungsvoll von der Seitenlinie aus abwarten.

Minxin Pei ist Professor für Governance am Claremont McKenna College und Senior Fellow des German Marshall Fund of the United States.

Copyright: Project Syndicate, 2022.
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Portrait

Wolfgang Niedermark – “Nationalistische Töne vergiften die Atmosphäre”

Wolfgang Niedermark, Mitglied der Haupgeschäftsführung des BDI im Portrait über seine Erfahrungen in China und Hongkong.
Wolfgang Niedermark – Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI)

Wenn Wolfgang Niedermark von China spricht, schwingt Bedauern mit. Seit Oktober 2020 ist der 56-jährige Gelsenkirchener Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI). Beruflich wie privat hat er die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, kulturelle Vielfalt und gesellschaftliche Dynamik Chinas während vieler Jahre vor Ort mitverfolgt. “Da ich viele positive Erlebnisse mit den Menschen Chinas erleben durfte”, sagt er, “treibt mich das auf die Seite jener, die voller Sympathie und mit guter Laune mit China zusammenarbeiten wollen”. 

Andererseits, und das sei das große “Aber”, habe der nationalistische Kurs der Kommunistischen Partei vieles so stark verschlechtert, dass es schwierig sei, diese positive Grundhaltung zu behalten. “Der totalitäre Kurs unter Xi Jinping treibt uns, wie vielen anderen, die Sorgenfalten auf die Stirn.” 

Von Asien war Niedermark bereits während seines Studiums der Wirtschaftsgeografie an der Universität Münster angetan. Insbesondere von Indien war er begeistert, das er als Student mit dem Rucksack bereiste. In Indien hatte er sich mit seiner Frau verlobt, die Kinder habe das Paar später auf die Reisen durch Südostasien “mitgeschleppt”. Sie seien eine “pazifische Familie”, sagt er, hätten in Seoul und Hongkong gelebt und sich dort sehr wohlgefühlt.

Ursprünglich wollte Niedermark vor allem in Indien arbeiten, doch in China habe es schließlich mehr Dynamik gegeben. Ab 1998 leitete er die Geschäfte des Ostasiatischen Vereins in Hamburg und war zudem Mitglied in der Geschäftsführung des Asien-Pazifik-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft. 

Die Verhärtung “liegt weniger an uns im Westen”

Intensiv mit China und seinen Menschen in Kontakt kam er erstmals 2003, als er am Aufbau des Zeitschriftengeschäfts für die heutige Bauer Media Group in Asien mitwirkte. “Das war eine faszinierende Erfahrung”, sagt er. “Die Chinesen hatten damals eine unglaubliche Begeisterung für unsere Themen aus dem Westen, eine Lust und Neugier aufeinander.” Umgekehrt erging es Niedermark genauso. Die gleiche Erfahrung machte er während der dreijährigen Kampagne “Deutschland und China gemeinsam in Bewegung” zur Expo 2010 in Schanghai.  

In Hongkong übernahm Niedermark 2016 die Leitung der Außenhandelskammer, nachdem er bei der BASF AG für mehrere Jahre das Berliner Büro geleitet hatte. Hongkong war lange ein Sehnsuchtsort: “Ich mag Orte, wo Ost und West zusammenfließen.” Doch nachdem er mit seiner Frau und den beiden Söhnen dorthin gezogen war, konnte er hautnah miterleben, wie das Prinzip “ein Land, zwei Systeme” abgeschafft wurde. 

Als Beispiel dient eine Anekdote: Im ersten Jahr in Hongkong hätten ihn höfliche Verkehrspolizisten fast entschuldigend mit einer Buße versehen. Vier Jahre später wurde er von einer Streife herausgewunken, obwohl er kein klares Verkehrsdelikt begangen hatte. “Sie beschimpften mich als eingebildeten Ausländer.” Das sei nur eine von vielen Geschichten davon, wie nationalistische Töne in China die Atmosphäre vergiftet haben.

Diese Verhärtung habe sich auch in den politischen Beziehungen niedergeschlagen: “Das liegt weniger an uns im Westen, sondern daran, dass sich China heute anders präsentiert“, sagt Niedermark. Das könne man bereits seit einigen Jahren beobachten. Bloß: Wie man umgehen soll, darauf habe Deutschland, ja der ganze Westen, noch keine klaren Antworten gefunden. “Wir befinden uns in einer Zwischenphase, in der die alten Verhältnisse zwar noch leidlich funktionieren, neue Umgangs- und Kooperationsformen aber noch nicht geboren sind.” Durch diese Phase der Missverständnisse und des Misstrauens müsse man nun durch, sagt Niedermark, bevor man hoffentlich wieder ein konstruktives Miteinander finde. Adrian Meyer

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China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

Licenses:
    • Im Interview: Bernd Lange – nicht zufrieden mit dem EU-Lieferkettengesetz
    • Forscher melden Meilenstein in 6G-Forschung
    • Sanktionen gegen US-Firmen wegen Taiwan
    • IfW schlägt Alarm: Zu große Abhängigkeit
    • VW in Gesprächen mit Huawei
    • EU wendet sich erneut an WTO
    • Pekings Plan für die Energiewende
    • Continental hält an Investition in Litauen fest
    • Standpunkt: China profitiert von russischer Ukraine-Invasion
    • Im Portrait: Wolfgang Niedermark vom BDI – “Nationalistische Töne vergiften die Atmosphäre”
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    Zwangsarbeit und China – das Thema ist ein Dauerbrenner. Kürzlich haben die USA einen Importstopp für Produkte aus Xinjiang verhängt, die mit Zwangsarbeit in Verbindung stehen könnten. Die EU hinkt hier noch etwas hinterher. Auch im neuen Lieferkettengesetz, das am Mittwoch vorgestellt wird, ist so ein Verbot nicht enthalten. Bernd Lange zeigt sich im Gespräch mit China.Table denn auch sehr enttäuscht: Ursula von der Leyen habe bei dem Thema schlicht den Mund zu voll genommen, klagt der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europaparlament. Doch Lange verspricht, das Thema nicht aus den Augen zu verlieren. Ohnehin könnte das EU-Lieferkettengesetz ihm zufolge erst Anfang 2026 wirksam werden.

    In unserer Analyse blicken wir auf ein weiteres Dauer-Thema: der Wettstreit um die Technologie-Führerschaft. Während in Deutschland noch darüber gestritten wird, ob chinesische Firmen wie Huawei die nötige Infrastruktur für ein 5G-Netzwerk hierzulande aufbauen dürfen, ist China schon einen Schritt weiter. Dort haben Forscher wichtige Erfolge bei der Entwicklung von 6G erzielen können. 

    Unser Autorenteam in Peking zeigt, wie bei 6G extrem hohe Geschwindigkeiten zur Datenübermittlung erreicht werden können und welche strategischen Vorteile China daraus für den Wirtschafts- und Militärbereich gewinnen könnte. Man stehe am Beginn einer Revolution in der Kommunikationstechnologie.

    Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre!

    Ihre
    Amelie Richter
    Bild von Amelie  Richter

    Interview

    “Ursula von der Leyen hat den Mund sehr voll genommen”

    Bernd Lange im Interview zum EU-Lieferkettengesetz ohne das Importverbot für Produkte aus Zwangsarbeit und die Auswirkungen auf den Handel mit China.
    Bernd Lange, Vorsitzender des Ausschusses für internationalen Handel im Europaparlament

    Herr Lange, wie groß ist Ihre Enttäuschung und die des Europaparlaments, dass das Importverbot von Produkten aus Zwangsarbeit nicht im EU-Lieferkettengesetz enthalten sein wird?

    Zunächst einmal sind wir sauer, dass das ganze Gesetzgebungsverfahren überhaupt so lange gedauert hat. Es gab Verzögerungen, auch durch den Ausschuss für Regulierungskontrolle. Das Verbot für die Produkte aus Zwangsarbeit kam auch erst später in den Prozess der Lieferketten-Gesetzgebung hinzu und hat nochmal einen anderen Schwerpunkt. Wir hätten uns aber gewünscht, dass es ein gemeinsames Gesetzgebungs-Paket gibt. Es gibt natürlich noch ein paar inhaltliche Fragen zu klären. Wie geht man mit den Produkten um? Gibt es eine Dialogphase? Ist es wirklich ein Importverbot am Hafen? Oder soll es auch ein Vermarktungsverbot werden, wenn eben diese Produkte über einen Drittstaat eingeführt werden? Da sind wirklich noch ein paar technische Fragen zu klären. Insofern gibt es eine gewisse Logik, dass das nun noch gründlicher gemacht wird und es entsprechend auch ein Impact Assessment gibt. Wenn das jetzt einfach hingeklatscht worden wäre, hätte es das nicht gegeben. Es wäre schöner gewesen, wenn alles zusammen im letzten Jahr gemacht worden wäre, aber ein paar Dinge haben das leider nicht möglich gemacht.

    Die EU-Kommission und Ursula von der Leyen hatten das Importverbot groß angekündigt. Wurde da eventuell der Mund zu voll genommen?

    Das Importverbot für Produkte aus Zwangsarbeit war in den ursprünglichen Plänen von Justizkommissar Reynders nicht enthalten. Ich habe mit ihm darüber gesprochen und der Ansatz lief immer so ein bisschen nebenher. Dann kam besonders die Frage nach der Unternehmensverfassung auf und Binnenmarkt-Kommissar Breton wurde mit einbezogen. Die Unternehmensverfassung war ein großer Streitpunkt. Und es ist ja auch eine ziemlich fundamentale Frage, ob man die Verpflichtung eines Unternehmens in der Zielsetzung reguliert und in welche Richtung reguliert wird. Und da gibt es sicherlich große Abstriche von dem ursprünglichen Ansatz von Herrn Reynders. “Forced Labour” lief deshalb ein bisschen nebenher und da hat Ursula von der Leyen den Mund sehr voll genommen. Aber wir kennen sie ja alle, wie sie sehr theatralisch und blumenreich vieles verkündet und dann die Bilanz etwas magerer aussieht. Wir haben aber als Europäische Union den Anspruch, im Vergleich zu anderen Gesetzgebern weltweit, dass wir ein Auge darauf haben, wie ein Gesetz gestrickt wird und welche Konsequenzen es hat. Und das muss man beim Importverbot für Produkte aus Zwangsarbeit auch sorgfältig machen. Es wird deswegen jetzt aber nicht auf die lange Bank geschoben, sondern soll schon zügig auf den Tisch kommen.

    Welche Möglichkeiten gibt es jetzt noch für dieses Importverbot? Wird es ein eigenständiges Gesetz?

    Ich gehe davon aus, dass es ein eigenständiges Gesetz wird. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass das dann auch ein sogenanntes Handelsinstrument wird, womit wir uns auch die rechtlichen Fragen nochmal ansehen müssen. Die Lieferketten-Gesetzgebung wird wegen der Unternehmensverfassung eher zu einer Richtlinie führen, was ich nicht so schön finde. Denn dann haben die Mitgliedstaaten Möglichkeiten in der nationalen Umsetzung, um mehr Gestaltungsspielraum zu haben und auch gewisse Schlupflöcher zu nutzen. Insofern habe ich immer für eine Verordnung plädiert. Bei den Importrestriktionen für Zwangsarbeit gehe ich davon aus, dass es eine Verordnung wird, die dann auch für alle Mitgliedstaaten sofort und im gleichen Maß gilt.

    Finden Sie denn, dass durch die kommissionsinternen Schiebereien und die Verzögerungen das Lieferkettengesetz massiv verwässert wurde?

    Wir müssen mal schauen, welcher Vorschlag am 23. Februar wirklich auf dem Tisch liegt. Es war eine schwierige Operation, weil wir ja auch noch 27 unterschiedliche nationale rechtliche Rahmenbedingungen dafür haben. Ich war am Anfang sowieso ein Freund davon, das stärker zu trennen, das Lieferkettengesetz und die Unternehmensverantwortung. Aber die Würfel sind anders gefallen. Es wird wohl größere Ausnahmen für Klein- und Mittelbetriebe im EU-Lieferkettengesetz geben, als ursprünglich angedacht. Aber ansonsten gehe ich nicht davon aus, dass es eine stärkere Verwässerung gibt.

    Wann kann man dazu mit einer Abstimmung im Europaparlament rechnen? Und wann könnte das Lieferkettengesetz dann in Kraft treten?

    Das ist eine sehr komplexe Gesetzgebung. Wir haben ein kleines Vorbild für die Sorgfaltspflicht beim Umgang mit Mineralien aus Konfliktgebieten. Daraus haben wir ein bisschen gelernt: Wir müssen eine relativ klare Gesetzgebung haben. Also, was sind Sorgfaltspflichten, damit das auch gerichtsfest ist. In Frankreich haben wir das Problem, dass die französische Gesetzgebung so viel Interpretationsspielraum zulässt, dass es nicht gerichtsfest ist. Die Anforderungen müssen klar definiert werden. Dann steht noch die Verhandlung mit dem EU-Rat an. Und wir brauchen auch die Zertifizierer, die das überprüfen können. Der Erfahrung nach, mit den Konfliktmineralien, dauert das alles etwa fünf Jahre. Ich will jetzt nicht sagen, dass ich für das absolute Scharfstellen des EU-Lieferkettengesetzes den 01.01.2026 sehe, aber das könnte der zeitliche Horizont sein.

    Welche Auswirkung erwarten Sie dadurch auf den Handel mit China?

    Das ist ja kein “Lex China”, es ist eine generelle Sorgfaltspflicht. Aber wir müssen das dann auch bei Produkten aus China Wirklichkeit werden lassen: Also Risikoanalysen machen, um zu sehen, wo werden die Sorgfaltspflichten verletzt und was kann man tun, um das unter Kontrolle zu kriegen. Wir wollen kein “cut and go”, das ist sicherlich nicht unser Ansatz.

    Also keinen plötzlichen Abbruch der Handelsbeziehungen, sondern eine Verbesserung der Praktiken der Firmen.

    Deswegen werden wir auch für China Risikoanalysen und entsprechende Management-Pläne verlangen. Das wird natürlich, was die Zertifizierung betrifft, eine schwierige Nummer. Wir wissen alle, dass derzeit in Xinjiang keine Zertifizierung mehr möglich ist. Aber trotzdem ist der Anspruch da. Und wenn es eben nicht geht, dann kann man in der Tat auch keine Sorgfaltspflichten überprüfen. Das muss dann auch mit den chinesischen Verantwortlichen zu diskutieren sein. China stellt nicht nur einseitig eine Abhängigkeit für uns dar, sondern dort gibt es auch eine Abhängigkeit von europäischen Firmen. Das ist keine einseitige Machtsituation, die vielleicht die Umsetzung des Lieferkettengesetzes infrage stellen würde. Ich will nicht ausschließen, dass es Konflikte geben wird, aber da muss eben mit den zuständigen Verantwortlichen deutlich gesprochen und klargestellt werden, dass wir keine Einmischung in eine europäische Gesetzgebung akzeptieren werden.

    EU-Industrievertreter in China argumentieren, dass es schier unmöglich ist, dort Zwangsarbeit festzustellen, weil das chinesische Recht keine Zwangsarbeit kennt. Welche Probleme könnten sich für Händler ergeben, die ihre Waren in die EU einführen wollen?

    Das ist genau das Problem bei der Gesetzgebung zur “Forced Labor” und China. Die Vereinigten Staaten haben zum Beispiel in Zusammenarbeit mit der ILO und Nichtregierungsorganisationen Verfahren entwickelt, um Zwangsarbeit festzustellen und das dann auch dementsprechend zu überprüfen. Die Gesetzgebung soll ja keine politische Waffe sein, sondern soll sich auf Fakten beziehen. Und dabei ist es, glaube ich, unabhängig davon, ob China den rechtlichen Bestand von Zwangsarbeit zulässt oder nicht. Die Praxis ist das Entscheidende. Der Einzelfall bei Unternehmen soll bewertet und dann entschieden werden.

    Im Handelsstreit um Litauen haben die EU und China noch bis zum 6. März Zeit, Gespräche im Rahmen einer WTO-Anfrage aufzunehmen. Erwarten Sie dadurch eine Lösung des Konflikts?

    Man muss sehen, was dabei rauskommen wird. Es ist das normale WTO-Verfahren, dass es erst einen Dialogprozess gibt, was ich auch gut finde. Man sollte nicht sofort die Kanonen aus dem Keller holen. Inwieweit China bereit sein wird, muss man absehen. Es ist meiner Ansicht nach völlig klar, dass WTO-Regeln verletzt und Handelsmaßnahmen als politische Waffe benutzt werden. Das ist nicht akzeptabel.

    Das geplante Instrument gegen wirtschaftlichen Zwang, also das Anti-Coercion-Instrument, könnte künftig Abhilfe bei solchen Situationen schaffen. Die französische EU-Ratspräsidentschaft möchte bei dem Thema aufs Gaspedal treten. Wie ist der aktuelle Stand?

    Es gibt drei Gesetzgebungsverfahren, die derzeit auf dem Tisch liegen und uns wehrhafter machen sollen: Das zum Zugang zur öffentlichen Beschaffung auf einem “level playing field”, also das International Procurement Instrument IPI, der Ausschluss von illegaler Subventionierung für ausländische Unternehmen und eben die Möglichkeit, sich gegen Zwangsmaßnahmen politischer Art, die aber mit wirtschaftlichen Mitteln durchgepresst werden, zu wehren. Diese drei defensiven Instrumente sind sicherlich eine Priorität der französischen Ratspräsidentschaft. Angesichts der Vorläufe und des Diskussionsstandes ist realistisch zu sagen, dass IPI unter der französischen EU-Ratspräsidentschaft abgeschlossen werden könnte, vielleicht sogar im März.

    Was sind hier die Knackpunkte?

    In der Frage der illegalen Subventionen direkter oder indirekter Art für ausländische Unternehmen auf dem Binnenmarkt, da werden wir vielleicht noch die Verhandlungen mit den Franzosen beginnen. Das Anti-Coercion-Instrument ist von der Vorlage des Gesetzgebungsverfahrens her das jüngste. Dazu stelle ich gerade meinen Bericht fertig. Ich gehe davon aus, dass wir vielleicht vor der Sommerpause im Parlament eine Positionierung haben. Hier werden wir sicherlich nicht unter der französischen Ratspräsidentschaft noch eine Einigung hinkriegen. Aber ich hoffe, dass es möglichst schnell in diesem Jahr auch zu einer Gesetzgebung kommt.

    Last but not least: Ein EU-Handels-Dauerthema, das Investitionsabkommen CAI. Gibt es einen neuen Stand? Wird im Hintergrund durch China versucht, das Abkommen doch noch voranzubringen?

    Die Sanktionen gegen meine Kolleginnen und Kollegen im Europäischen Parlament stehen weiterhin und damit ist klar: Wir werden jetzt nichts tun und auch die Weiterbearbeitung im Parlament erfolgt nicht. Das Abkommen an sich hat ein paar positive Elemente. Aber eben auch Dinge, bei denen das EU-Parlament sowieso noch Nachbesserungen einfordern würde. Aber auch damit beschäftigen wir uns zurzeit nicht. Das liegt ganz unten im Gefrierfach – neben dem EU-Mercosur-Abkommen. Und ich sehe derzeit auch niemanden, der da die Tür aufmacht.

    Bernd Lange ist seit 1994 mit einer Unterbrechung (2005-2009) Abgeordneter im EU-Parlament. Der Oldenburger ist seit Juli 2014 Vorsitzender des Handelsausschusses. Lange ist zudem Mitglied der Delegation für die Beziehungen zu Südostasien und den ASEAN-Staaten im Europaparlament.

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    Analyse

    Wirbelwellen als Schlüssel zur Führerschaft bei 6G

    Wie Chinas Führung hat auch diese Dame in Shanghai 6G fest im Blick.
    Wie Chinas Regierung hat auch diese Dame in Shanghai 6G fest im Blick.

    Im Wettlauf um die technologische Vorherrschaft hat die Pekinger Tsinghua Universität einen Etappensieg verkündet. Bei der Entwicklung der nächsten Generation drahtloser Kommunikation (6G) habe ein Forscherteam erstmals ein Terabyte Daten in nur einer Sekunde über eine Entfernung von einem Kilometer senden können, heißt es. Damit würde die Volksrepublik weltweit die Führungsposition bei der Erforschung potenzieller Schlüsseltechnologien für 6G übernehmen.

    Wissenschaftler um Professor Zhang Chao von der Fakultät für Luft- und Raumfahrttechnik hatten bereits vor den Olympischen Winterspielen auf dem Gelände des Pekinger Olympiastadions entsprechende Tests durchgeführt. Mit dem Datenvolumen des experimentellen Systems könnten theoretisch mehr als 10.000 HD-Live-Übertragungen gleichzeitig gestreamt werden. Damit ließe sich das gesamte Angebot des populären Streamingdienstes Netflix parallel abspielen. Die extrem hohen Geschwindigkeiten bei der Übertragung bilden die Grundlage für strategische Vorteile in wirtschaftlichen und militärischen Sektoren.

    Schon vor Jahren hat die chinesische Regierung die Weichen für die nächste Generation der mobilen Datenübertragung gelegt. Damals war nicht einmal die 5G-Technologie kommerziell im Einsatz, die zurzeit noch als Maß aller Dinge gilt. Auch im aktuellen Fünfjahresplan ist die Erforschung von 6G explizit erwähnt. Zig Milliarden US-Dollar sollen an Unternehmen und Forschungsinstitute fließen, damit China das Rennen um 6G gewinnen kann. Bereits bei 5G gilt China als führender Standort.

    Geschwindigkeiten mit 100-facher Kapazität von 5G

    Zwar wird damit gerechnet, dass die nächste Mobilfunkgeneration erst um das Jahr 2030 weltweit zum Einsatz kommen wird. Auch ist noch völlig unklar, welcher Standard und welche technologische Lösung sich am Ende durchsetzen wird. Klar ist aber, dass technologische Führerschaft eine gute Ausgangsposition liefert, um bei der Standardisierung ein gewichtiges Wort mitzusprechen. Und hier setzt China Maßstäbe (China.Table berichtete). Weitestgehend einig sind sich Forscher bisher lediglich in den Anforderungen an die neue Technik. Es wird erwartet, dass 6G Geschwindigkeiten in Terabit-Größe erreichen und damit noch einmal die 100-fache Kapazität von 5G bieten wird. 

    Geht es nach den Forschern der Tsinghua Universität, könnte ihr Ansatz es möglich machen, diese Messlatte zu überspringen. Der Schlüssel ihrer Technik ist die Verwendung von hochfrequenten Radiowellen, die Vortex-Millimeterwellen genannt werden. Während die derzeitige 5G-Technologie zweidimensionale elektromagnetische Wellen nutzt, die sich auf und ab bewegen, um Informationen darzustellen, haben die Vortex-Millimeterwellen drei Dimensionen, die den Forschern zufolge mit der Wirbelbewegung eines Tornados verglichen werden können. Die Dreidimensionalität wäre geeignet, um zusätzliche Informationen zu transportieren und damit eine höhere Übertragungsgeschwindigkeit zu erreichen.

    Wirbelwellen sind keinesfalls eine chinesische Erfindung. Sie wurden erstmals 1909 vom britischen Physiker John Henry Poynting nachgewiesen. Forscher in Europa führten in den 1990er-Jahren die frühesten Kommunikationsexperimente mit Wirbelwellen durch. Im Jahr 2000 verwendete schließlich ein japanisches Team Wirbelwellen, um Daten erstmals mit einer Geschwindigkeit von über 200 Gbit pro Sekunde über eine Entfernung von rund zehn Metern zu übertragen. Ein Gigabit (Gbit) entspricht 125 Megabytes.

    Wirbelwellen seien “der Beginn einer Revolution”

    “Das Spannendste ist nicht nur die Geschwindigkeit. Es geht um die Einführung einer neuen physischen Dimension, die zu einer ganz neuen Welt mit fast unbegrenzten Möglichkeiten führen kann”, zitierte die Zeitung South China Morning Post einen 6G-Forscher, der an vertraulichen Forschungsprojekten für die chinesische Regierung arbeiten soll. Die Wirbelwellen seien “der Beginn einer Revolution” in der Kommunikationstechnologie.

    Forscher Zhang macht kein Geheimnis daraus, dass die Technologie auch viele militärische Anwendungsmöglichkeiten bietet. Er und sein Team stellten bereits vor drei Jahren eine Wirbelwellenverbindung über eine Distanz von 172 Kilometern zwischen einem Militärflugzeug und einer Bodenstation her. Das Tsinghua-Team erforscht auch ein Quantenradar mit ähnlicher Technologie, das Stealth-Flugzeuge erkennen soll. Analysten gehen davon aus, dass Chinas Militär schon Jahre vor der kommerziellen Einführung über 6G-Technik verfügen wird. Sie könnte etwa genutzt werden, um  Überschallwaffen präzise zu steuern. Gregor Koppenburg/Jörn Petring

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    News

    Peking sanktioniert US-Rüstungsfirmen

    Peking hat Sanktionen gegen die US-Rüstungskonzerne Lockheed Martin und Raytheon Technologies wegen Waffenverkäufen an Taiwan verhängt. “In Übereinstimmung mit den einschlägigen Bestimmungen des chinesischen Anti-Auslandssanktionsgesetzes hat die chinesische Regierung beschlossen, Gegenmaßnahmen gegen die rechtsverletzenden Handlungen von Raytheon Technologies und Lockheed Martin zu ergreifen”, sagte der Sprecher des Außenministeriums, Wang Wenbin, am Montag. Die Sanktionen seien eine Reaktion auf den Verkauf von Waffen im Wert von 100 Millionen US-Dollar Anfang Februar. Die Lieferungen hätten Chinas Sicherheitsinteressen untergraben, so Wang.

    Wie die Sanktionen ausfallen werden, wurde bislang nicht näher erklärt. Es ist das erste Mal, dass Unternehmen Strafmaßnahmen im Rahmen von Chinas neuem Anti-Auslandssanktionsgesetz ausgesetzt sind. Peking hatte das Gesetz im vergangenen Sommer erlassen (China.Table berichtete). Beobachter befürchten, dass dieser Schritt zu einer Sanktions-Schlacht zwischen der Volksrepublik und den USA führen könnte. Inmitten der Spannungen zwischen Washington und Peking kündigte der ehemalige US-Außenminister Mike Pompeo an, nach Taiwan zu reisen. Pompeo wird dort auch Präsidentin Tsai Ing-Wen treffen. ari

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    IfW-Studie: Deutschen Firmen droht gefährliche China-Abhängigkeit

    Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) schlägt Alarm: Deutschland ist dabei, sich ökonomisch zu stark an China zu binden. Das ist die Erkenntnis der am Montag veröffentlichten Studie mit dem Titel “Reluctanct US vs Ambitious German Direct Investment in China – the Tale of Two Strategies“. IfW-Handelsforscher Rolf Langhammer sagte dazu am Montag: “Deutsche Firmen befinden sich auf dem Weg zu einer gefährlichen Abhängigkeit vom Wohlwollen der chinesischen Führung. Sie dienen dem geopolitischen Machtanspruch Chinas, wenn sie ihr Know-how in das Land transferieren, und können von heimischen Firmen verdrängt werden.”

    Der Studie zufolge fließen Auslandsinvestitionen deutscher Unternehmen verstärkt nach China, vor allem im verarbeitenden Gewerbe wie der Automobilindustrie. Amerikas Unternehmen würden eine gegenläufige Strategie wählen – und eher zurückhaltend agieren.

    Langhammer zufolge ist die Zahl an Tochterunternehmen und Produktionsstätten deutscher Firmen in China seit den 1990er-Jahren kontinuierlich: Im Jahr 2019 seien rund sieben Prozent der Auslandsinvestitionen Deutschlands in China getätigt worden, was etwa 89 Milliarden Euro entspricht. Im Vergleich: Zur Jahrtausendwende war es lediglich rund ein Prozent. Im verarbeitenden Gewerbe – wie im Autobau, Chemie oder Maschinenbau – stiegen sie von gut zwei auf zuletzt 14 Prozent (61 Milliarden Euro).

    Dagegen würden die USA als weltgrößter Auslandsinvestor bislang diese Wachstumsregion eher meiden und stattdessen auf Investitionen in Europa setzen. “Die Zurückhaltung US-amerikanischer Firmen ist umso erstaunlicher, als China seit vielen Jahren eine der am dynamischsten wachsenden Weltregionen ist und Firmen einen äußerst lukrativen Absatzmarkt bietet”, sagte Langhammer.

    “Chinas Ziel ist es, sich vom Ausland und speziell dem systemischen Rivalen USA unabhängiger zu machen und Schlüsseltechnologien selbst produzieren zu können”, sagte Langhammer. Dafür brauche man Know-how aus dem Ausland. Ausländische Investoren müssten sich deshalb im Klaren darüber sein, dass sie diesem Ziel dienen sollen und durch heimische Anbieter abgelöst werden, sobald China über die notwendigen Technologiekenntnisse verfügt. rad

    • Autoindustrie

    Autonomes Fahren: VW spricht mit Huawei

    Volkswagen möchte seine Autos offenbar im großen Stil mit Technik des chinesischen IT-Konzerns Huawei ausstatten. Möglicherweise ist sogar die Übernahme der Huawei-Sparte für intelligente Fahrzeugsteuerung geplant. Dafür wolle VW einen Milliardenbetrag ausgeben, berichtet das Manager Magazin. Hinter den Kulissen erfuhr China.Table, dass es durchaus Gespräche über eine Zusammenarbeit gibt. Diese stehen aber noch eher am Anfang. Ausgang: ungewiss. Volkswagen wollte die Marktspekulationen nicht offiziell kommentieren.

    Die Smart-Car-Sparte von Huawei wäre für VW sehr attraktiv. Der Konzern hat Schwierigkeiten, die IT-Mannschaftsstärke für die Mobilitätsangebote der Zukunft zusammenzukaufen. Ein Auto ist jetzt schon ebenso sehr Digitalprodukt, wie es Verkehrsmittel ist. In Asien spielt die Vernetzung sogar eine größere Rolle als in Europa. Die Huawei-Tochter für intelligentes autonomes Fahren beschäftigt 700 Mitarbeiter, davon sind 50 Informatiker und Ingenieure. Das ursprüngliche Ziel von Huawei war allerdings, das Intel für selbstfahrende Autos zu werden und den etablierten Anbietern die Technik für ihre eigenen Produkte zuzuliefern (China.Table berichtete). Die Bindung an nur eine Automarke wäre eine Abkehr von dieser Strategie.

    Volkswagen muss jedoch gerade in China seine Digitalkompetenz stärken. Sowohl die EU als auch China regulieren den Abfluss von Daten in andere Wirtschaftsräume. Ein internationaler Anbieter wie VW muss daher mehrere getrennte Plattformen für autonomes Fahren aufbauen. Denn die Technik ist nicht auf das eigentliche Auto beschränkt, sondern funktioniert nur vernetzt mit den Verkehrsrechnern der Stadt und mit anderen Autos richtig. Volkswagen hat derzeit in China generell Schwierigkeiten (China.Table berichtete). Das Unternehmen muss dort digitaler, moderner und wettbewerbsfähiger werden. Sonst droht schon bald der Verlust der Marktführerschaft. fin

    • Autoindustrie

    Patentschutz: EU startet WTO-Verfahren

    Die EU hat ein Verfahren bei der Welthandelsorganisation (WTO) gegen China eingeleitet, weil die Volksrepublik EU-Unternehmen daran hindert, Patentstreitigkeiten vor ausländische Gerichte zu bringen. China “schränkt EU-Unternehmen mit Rechten an Schlüsseltechnologien (wie 3G, 4G und 5G) stark daran ein, diese Rechte zu schützen, wenn die Patente illegal oder ohne angemessene Entschädigung beispielsweise von chinesischen Mobiltelefonherstellern genutzt werden”, erklärte die Europäische Kommission. Konkret betroffen sind davon besonders Telekommunikationsunternehmen wie Ericsson und Nokia, die Patente im Zusammenhang mit Mobilfunkstandards wie 5G halten.

    Als erster Schritt in dem WTO-Verfahren sind nun Konsultationen mit China vorgesehen. Sollten diese von Peking verweigert werden oder scheitern, könnte die EU den Fall vor ein Schiedsgericht bringen. Dieses wiederum könnte es der EU dann erlauben, Vergeltungsmaßnahmen wie Strafzölle auf chinesische Einfuhren zu verhängen.

    Seit August 2020 erließen chinesische Gerichte Entscheidungen (sogenannte “Anti-Suit Injunctions”), um Druck auf EU-Unternehmen mit Hightech-Patenten auszuüben, so die EU-Kommission. Die Unternehmen sollen demnach daran gehindert werden, ihre Technologien rechtmäßig zu schützen. Die chinesischen Gerichte drohten außerdem hohe Bußgelder an, um europäische Unternehmen davon abzuhalten, vor ausländische Gerichte zu ziehen.

    “EU-Unternehmen haben das Recht, zu fairen Bedingungen vor Gericht zu gehen, wenn ihre Technologie illegal genutzt wird. Aus diesem Grund leiten wir heute WTO-Konsultationen ein”, sagt Handelskommissar Valdis Dombrovskis am Freitag. China reagierte umgehend auf den Schritt der EU. Peking bedauere, dass Brüssel die WTO angefragt habe, hieß es aus dem Handelsministerium. China habe das multilaterale Handelssystem immer hochgehalten und werde seine eigenen legitimen Rechte und Interessen entschlossen wahren, erklärte das Ministerium.

    Es ist das zweite Mal innerhalb weniger Wochen, dass die EU wegen China die WTO einschaltet. Ende Januar hatte Brüssel eine WTO-Anfrage wegen der Handelsblockade gegen Litauen gestellt (China.Table). China hatte dem Gesprächsangebot mit der EU in Genf zugestimmt. Bis Anfang März müssen die Gespräche beginnen. ari

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    Peking legt Plan für Energiewende vor

    Chinas Nationale Entwicklungs- und Reformkommission (NDRC) und die Nationale Energiebehörde (NEA) haben vergangene Woche einen Plan für die Energiewende der Volksrepublik vorgelegt. Das Dokument ist als Fahrplan für die Bemühungen des Landes zur Dekarbonisierung seines Energiesystems zu verstehen. Es enthält zahlreiche Implementierungsmaßnahmen, aber keine neuen Ziele oder Quoten zur Reduktion der Emissionen des Energiesektors oder zum Anteil bestimmter Energieträger. Es zählt zu den wichtigen Sektorplänen des Landes zur Erreichung der Klimaziele. Der Plan umfasst alle Aspekte des Energiesystems, von der Erzeugung, über den Transport, des Handels und des Verbrauchs.

    Die Beratungsagentur Trivium China hat vier Hauptziele des Plans ausgemacht:

    • Eine einheitlichere nationale Energieplanung ­- die Provinzen sollen Peking beispielsweise mit besseren Daten über die Zielerreichung versorgen, damit die Energiewende zentraler gesteuert werden kann.
    • Prozesse zur Dekarbonisierung des Energiesektors, die die Energiesicherheit gewährleisten.
    • Die stetige, landesweite Umwandlung der Energieerzeugung und des -verbrauchs hin zu mehr grüner Energie – Peking will beispielsweise einen vereinheitlichten, nationalen Strommarkt aufbauen.
    • Die Beeinflussung von Marktakteuren wie Stromnetz- oder Pipelinebetreiber, die die Energiewende behindern. Damit will Peking beispielsweise erreichen, dass Solar- und Windkraftwerke schneller ans Stromnetz angeschlossen werden.

    Das Dokument schreibt dem Ausbau der erneuerbaren Energien und der Energiesicherheit eine große Rolle zu. Zwar sollen fossile Kraftwerke schrittweise durch erneuerbare Stromquellen ersetzt werden. Doch um Energiekrisen zu verhindern, soll die “saubere” und “effiziente” Nutzung fossiler Energieträger verbessert und ein “Mechanismus zur Sicherung des Energie-Angebots” implementiert werden. Fossile Brennstoffe sollten erst dann ersetzt werden, wenn die Versorgung mit erneuerbaren Energien “zuverlässig” ist. Das Dokument lässt hier also einiges an Interpretationsspielraum. Die vorsichtigen Formulierungen dienen auch dazu, voreilige Provinz-Gouverneure zu bremsen, die die Energiewende in der Vergangenheit “kampagnenartig” umgesetzt haben – also zu forsch vorgegangen sind und in Pekings Lesart die Energiesicherheit Chinas gefährdet haben.

    Der Plan sieht zudem vor, die Nutzung grüner Energie im Industrie-, Bau- und Transportgewerbe zu erhöhen. Der Strommarkt soll weiter liberalisiert und auf nationaler Ebene vereinheitlicht werden. Damit könnten Marktverzerrungen aufgelöst werden, die große Stromkonsumenten davon abgehalten haben, grünen Strom einzukaufen, so Trivium. nib

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    Continental hält an Investitionsplänen in Litauen fest

    Continental will trotz des Handelsstreits zwischen Peking und Litauen weiterhin in dem baltischen Staat investieren. Die Pläne des deutschen Zulieferers hätten sich trotz Drucks aus China nicht geändert, sagte der Direktor der litauischen Continental-Fabrik, Shayan Ali, der Lokalzeitung Verslo Žinios. “Unsere Pläne in Litauen sind die gleichen, die wir zu Beginn angekündigt haben – 1.500 Arbeitsplätze und mehr als 185 Millionen Euro Investitionen”, wurde Ali zitiert. Auf die Frage nach dem chinesischen Handelsdruck sagte er, dass die Fabrik zweifellos von der sich ändernden Situation betroffen gewesen sei. “Wir haben alles getan, um uns an die sich ändernden Umstände anzupassen”, so Ali. Nähere Angaben machte er nicht.

    China blockiert seit Anfang Dezember die Zollabwicklung für litauische Waren. Auch auf Unternehmen aus anderen EU-Staaten wurde Druck ausgeübt, sich von litauischen Zulieferern zu trennen, um nicht den Marktzugang in der Volksrepublik zu verlieren (China.Table berichtete). Betroffen waren davon unter anderem Continental und der Lippstädter Autozulieferer Hella.

    Die EU hatte Ende Januar die WTO eingeschaltet und ein Verfahren gegen China eingeleitet (China.Table berichtete), um die Handelsblockade zu lösen. Bis Anfang März müssen die EU und China nun Gespräche beginnen. ari

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    Standpunkt

    Russland-Krise: “Dann stünde China wie ein Idiot da”

    Von Minxin Pei
    Minxin Pei, Professor für Politikwissenschaft am Claremont mcKenna College in Kalifornien schreibt über Chinas Sicht zur Russland-Ukraine-Krise.
    Minxin Pei, Professor für Politikwissenschaft am Claremont McKenna College in Kalifornien

    Peking mag 6.500 Kilometer von der ukrainischen Hauptstadt Kiew entfernt liegen. Geopolitisch geht es für China in der eskalierenden Russland-Ukraine-Krise aber um sehr viel. Wenn Russland in die Ukraine einmarschiert und einen anhaltenden Konflikt (wenn auch wahrscheinlich keine direkte militärische Konfrontation) mit den USA und ihren westlichen Bündnispartnern auslöst, kommt das natürlich China zugute. Amerika müsste strategische Ressourcen für die Eindämmung Russlands einsetzen und seine europäischen Verbündeten stünden den Bitten der USA, ihrer Anti-China-Koalition beizutreten, noch skeptischer gegenüber, als das sowieso schon der Fall ist.

    Entschärft US-Präsident Joe Biden die Krise jedoch, indem er den Forderungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin wenigstens zum Teil nachgibt, steht China strategisch vermutlich schlechter da als vorher. Wenn Putin die Früchte seiner Drohdiplomatie erntet, und Biden ein potenzielles Desaster in Osteuropa vermeidet, rückt China wieder ins Zentrum der nationalen Sicherheitsstrategie der USA. Und das ist noch nicht alles. Nachdem Putin die obsessive Beschäftigung der USA mit China geschickt dazu genutzt hat, die Einflusssphäre Russlands zu stärken, verliert China den Großteil seines strategischen Werts für Russland.

    Putin setzt Bidens Angst, in einen Konflikt mit einem zweitrangigen Gegner (Russland) gezogen zu werden, als Hebel ein, um entscheidende Sicherheitsgarantien zu erzwingen. Ein kluger, wenn auch riskanter Schachzug. Den Einmarsch in die Ukraine zu befehlen – und sich damit zumindest kurzfristig selbst zum wichtigsten geopolitischen Gegner Amerikas zu befördern – liegt dagegen kaum im Interesse des Kreml. Verheerende Sanktionen des Westens und die hohen Kosten eines Kampfes gegen Aufständische in der Ukraine würden Russland entscheidend schwächen, Putins Beliebtheit im eigenen Land schaden und seine Abhängigkeit vom chinesischen Präsidenten Xi Jinping erhöhen.

    Putin nutzt Biden als Hebel für Sicherheitsgarantien

    Obwohl China in der Ukraine-Krise also selbst einiges zu verlieren hat, achtet die chinesische Regierung penibel darauf, sich nicht in die Karten schauen zu lassen. Während die zunehmenden Spannungen in den westlichen Medien für Schlagzeilen sorgen, wird die Ukraine in der offiziellen chinesischen Presse kaum erwähnt. Zwischen dem 15. Dezember (dem virtuellen Gipfel zwischen Putin und Xi) und dem 24. Januar dieses Jahres brachte die Volkszeitung, das offizielle Sprachrohr der Kommunistischen Partei Chinas, nur einen Artikel über die Krise – eine Meldung über die ergebnislosen Gespräche zwischen Russland, den USA und seinen NATO-Bündnispartnern Mitte Januar. Auch Leitartikel oder Kommentare, in denen China Russland seine Unterstützung zusagt, glänzen durch Abwesenheit.

    Besonders aufschlussreich: In der vom Kreml veröffentlichten Zusammenfassung des chinesisch-russischen Gipfeltreffens wird behauptet, Xi unterstütze Putins Forderungen nach Sicherheitsgarantien des Westens. Diese schließt eine weitere Osterweiterung der NATO aus. In der chinesischen Version dagegen, die von der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua herausgegeben wurde, wird dies nicht erwähnt. Xis Erklärung war keine ausdrückliche Billigung von Putins Position, sondern eine vage und allgemein gehaltene Floskel, “sich bei Themen, die die jeweiligen Kerninteressen berühren, gegenseitig zu unterstützen”.

    Dieses Muster wiederholte sich im Gespräch zwischen dem chinesischen Außenminister Wang Yi und seinem amerikanischen Amtskollegen Antony Blinken am 27. Januar. Westliche Medien interpretierten Wangs Äußerungen zur Ukraine als Unterstützung für Putin. Tatsächlich beanspruchte Wang für China konsequent eine reine Zuschauerrolle und sagte lediglich, “Russlands begründete Sicherheitsbedenken müssten betont und gelöst werden”.

    Peking achtet penibel darauf, sich nicht in die Karten schauen zu lassen

    Die chinesische Zurückhaltung beim Thema Ukraine zeigt, dass Xi keinerlei Risiken eingehen will. Natürlich ist Putins aggressive Diplomatie, zumindest kurzfristig, im Interesse Chinas. Sollte er in die Ukraine einmarschieren und den strategischen Fokus der USA von China ablenken, umso besser.

    Da Xi aber wohl nicht weiß, was der Kreml wirklich für die Ukraine plant, ist er klug genug, sich ebenfalls bedeckt zu halten. Mit einer unzweideutigen chinesischen Unterstützung für Putins Forderungen würde sich das Land selbst in eine Ecke manövrieren. Lässt sich Putin von China zu einem Krieg ermutigen, könnten bestimmte Kreise in Moskau dies im schlimmsten Fall als diabolischen chinesischen Trick interpretieren, der Russland zu einer strategischen Spielfigur im Kalten Krieg zwischen China und Amerika degradiert. Akzeptiert Putin dagegen kleine Zugeständnisse, um ohne Gesichtsverlust ein potenzielles Desaster zu vermeiden, stünde China wie ein Idiot da, weil es sich hinter unrealistische Forderungen des Kremls gestellt hat.

    Von all diesen strategischen Unsicherheiten abgesehen, weiß die chinesische Führung genau, dass sie mit einer ausdrücklichen Unterstützung Putins die Europäische Union vor den Kopf stoßen würde, die inzwischen Chinas zweitgrößter Handelspartner ist. Das strategische Kalkül der chinesischen Politik ist es, unbedingt zu verhindern, dass Amerika die EU für ihre Anti-China-Koalition gewinnt.

    Xi kennt Putins Pläne für die Ukraine nicht

    Für die EU sind die Unabhängigkeit und Sicherheit der Ukraine sehr wichtig, und jede chinesische Beihilfe für Putin würde eine europäische Reaktion geradezu herausfordern. Die EU könnte China zum Beispiel dadurch bestrafen, dass sie den Austausch von Technologien beschränkt und Taiwan diplomatisch stärker unterstützt. Besonders die osteuropäischen EU-Mitglieder haben weniger Handelsverbindungen mit China und fühlen sich durch Russlands aggressives Auftreten am stärksten bedroht. Aus diesem Grund könnten sie zur Vergeltung viel einfacher die Taiwan-Karte gegen China ausspielen als die größeren Mitgliedstaaten. Dieses Risiko wollen vermutlich nur die wenigsten Mitglieder der chinesischen Führung eingehen.

    Sie sind Realisten und wissen, dass sie auch dann kaum beeinflussen können, wie die aktuelle Krise in der Ukraine ausgeht, wenn sie sich öffentlich positionieren. Putin hält in dieser Pattsituation die Fäden in der Hand, und diplomatische Schützenhilfe aus China dürfte das strategische Kalkül der Hauptprotagonisten in Washington, Brüssel oder auch Moskau kaum beeinflussen. Chinas Einfluss wird nur dann dramatisch wachsen, wenn Putin es darauf ankommen lässt und die Ukraine besetzt. Dann bräuchte er die wirtschaftliche Unterstützung Chinas, um die Folgen der westlichen Sanktionen abzumildern.

    Für Xi ist das bisher jedoch reine Spekulation. Die Supermacht China ist vorübergehend zum Zuschauen verurteilt und muss den Ausgang der Krise gleichzeitig besorgt und hoffnungsvoll von der Seitenlinie aus abwarten.

    Minxin Pei ist Professor für Governance am Claremont McKenna College und Senior Fellow des German Marshall Fund of the United States.

    Copyright: Project Syndicate, 2022.
    www.project-syndicate.org

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    Wolfgang Niedermark – “Nationalistische Töne vergiften die Atmosphäre”

    Wolfgang Niedermark, Mitglied der Haupgeschäftsführung des BDI im Portrait über seine Erfahrungen in China und Hongkong.
    Wolfgang Niedermark – Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI)

    Wenn Wolfgang Niedermark von China spricht, schwingt Bedauern mit. Seit Oktober 2020 ist der 56-jährige Gelsenkirchener Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI). Beruflich wie privat hat er die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, kulturelle Vielfalt und gesellschaftliche Dynamik Chinas während vieler Jahre vor Ort mitverfolgt. “Da ich viele positive Erlebnisse mit den Menschen Chinas erleben durfte”, sagt er, “treibt mich das auf die Seite jener, die voller Sympathie und mit guter Laune mit China zusammenarbeiten wollen”. 

    Andererseits, und das sei das große “Aber”, habe der nationalistische Kurs der Kommunistischen Partei vieles so stark verschlechtert, dass es schwierig sei, diese positive Grundhaltung zu behalten. “Der totalitäre Kurs unter Xi Jinping treibt uns, wie vielen anderen, die Sorgenfalten auf die Stirn.” 

    Von Asien war Niedermark bereits während seines Studiums der Wirtschaftsgeografie an der Universität Münster angetan. Insbesondere von Indien war er begeistert, das er als Student mit dem Rucksack bereiste. In Indien hatte er sich mit seiner Frau verlobt, die Kinder habe das Paar später auf die Reisen durch Südostasien “mitgeschleppt”. Sie seien eine “pazifische Familie”, sagt er, hätten in Seoul und Hongkong gelebt und sich dort sehr wohlgefühlt.

    Ursprünglich wollte Niedermark vor allem in Indien arbeiten, doch in China habe es schließlich mehr Dynamik gegeben. Ab 1998 leitete er die Geschäfte des Ostasiatischen Vereins in Hamburg und war zudem Mitglied in der Geschäftsführung des Asien-Pazifik-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft. 

    Die Verhärtung “liegt weniger an uns im Westen”

    Intensiv mit China und seinen Menschen in Kontakt kam er erstmals 2003, als er am Aufbau des Zeitschriftengeschäfts für die heutige Bauer Media Group in Asien mitwirkte. “Das war eine faszinierende Erfahrung”, sagt er. “Die Chinesen hatten damals eine unglaubliche Begeisterung für unsere Themen aus dem Westen, eine Lust und Neugier aufeinander.” Umgekehrt erging es Niedermark genauso. Die gleiche Erfahrung machte er während der dreijährigen Kampagne “Deutschland und China gemeinsam in Bewegung” zur Expo 2010 in Schanghai.  

    In Hongkong übernahm Niedermark 2016 die Leitung der Außenhandelskammer, nachdem er bei der BASF AG für mehrere Jahre das Berliner Büro geleitet hatte. Hongkong war lange ein Sehnsuchtsort: “Ich mag Orte, wo Ost und West zusammenfließen.” Doch nachdem er mit seiner Frau und den beiden Söhnen dorthin gezogen war, konnte er hautnah miterleben, wie das Prinzip “ein Land, zwei Systeme” abgeschafft wurde. 

    Als Beispiel dient eine Anekdote: Im ersten Jahr in Hongkong hätten ihn höfliche Verkehrspolizisten fast entschuldigend mit einer Buße versehen. Vier Jahre später wurde er von einer Streife herausgewunken, obwohl er kein klares Verkehrsdelikt begangen hatte. “Sie beschimpften mich als eingebildeten Ausländer.” Das sei nur eine von vielen Geschichten davon, wie nationalistische Töne in China die Atmosphäre vergiftet haben.

    Diese Verhärtung habe sich auch in den politischen Beziehungen niedergeschlagen: “Das liegt weniger an uns im Westen, sondern daran, dass sich China heute anders präsentiert“, sagt Niedermark. Das könne man bereits seit einigen Jahren beobachten. Bloß: Wie man umgehen soll, darauf habe Deutschland, ja der ganze Westen, noch keine klaren Antworten gefunden. “Wir befinden uns in einer Zwischenphase, in der die alten Verhältnisse zwar noch leidlich funktionieren, neue Umgangs- und Kooperationsformen aber noch nicht geboren sind.” Durch diese Phase der Missverständnisse und des Misstrauens müsse man nun durch, sagt Niedermark, bevor man hoffentlich wieder ein konstruktives Miteinander finde. Adrian Meyer

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