Table.Briefing: China

Bedrohte Medienschaffende + Feldzug gegen private Nachhilfe

  • Ton gegenüber westlichen Medien wird rauer
  • Ende für Boom-Branche der Privat-Nachhilfe
  • Chiphersteller TSMC liebäugelt mit Deutschland
  • China gegen CO2-Grenzausgleich der EU
  • Faraday Future debütiert an US-Börse
  • Großbritannien will ohne CGN bauen
  • Hamburgs Bürgermeister befürwortet Cosco in Tollerort
  • Tools: Das neue Stempelsteuergesetz

es ist eine altbekannte Klage der Machthaber in Peking: Das Ausland verstehe die Volksrepublik nicht. Doch zum kompletten Bild gehört auch die andere Seite. Der Alltag von ausländischen Journalist:innen in China, die sich aufmachen, das Land und seine Menschen kennen- und verstehen zu lernen, wird immer schwieriger. Marcel Grzanna beschreibt, wie derzeit selbst Berichte zu den Olympischen Spielen oder zur Flutkatastrophe in Henan zu wüsten Drohungen gegen westliche Medien führen.

Peking macht derzeit auch noch gegen andere missliebige Branchen Front: Nun geht es Unternehmen von privaten Bildungsangeboten an den Kragen – wenn auch zum Glück nur im übertragenen Sinne. Unser Autorenteam in Peking zeigt, mit welch erstaunlicher Härte Chinas Machthaber gegen die Unternehmen vorgehen, die bislang für rasantes Wachstum und üppige Gewinne standen. Doch ob die neuen Regeln tatsächlich helfen, gestressten Schülern mehr Freizeit und fairere Bildungschancen zu verschaffen, bleibt abzuwarten.  

Derweil erwägt der taiwanische Chiphersteller TSMC eine Fabrik in Deutschland zu bauen. Noch befinden sich die Pläne in einem frühen Stadion, doch angesichts der Wichtigkeit von Chips für etliche Branchen, wäre der Bau ein wichtiger Wettbewerbsvorteil. Nicht zuletzt deutsche Autobauer mussten wegen des Mangels in den vergangenen Monaten vielfach ihre Produktion reduzieren, teilweise gar unterbrechen.

Zu guter Letzt möchte ich Ihnen noch unser heutiges “Tool” empfehlen. Darin wird erklärt, wie sich Chinas Stempelsteuergesetz ändern wird – und wie Unternehmen von diesen Änderungen profitieren können.

Viele neue Erkenntnisse bei der Lektüre wünscht

Ihr
Michael Radunski
Bild von Michael  Radunski

Analyse

Hetze gegen ausländische Medien

Die chinesische Botschaft in Sri Lanka ist empört. Die Nachrichtenagentur Reuters hatte die Meldung vom Olympiasieg der Gewichtheberin Hou Zhihui in der Gewichtsklasse bis 49 kg mit einem Bild der Athletin über den Kurznachrichtendienst Twitter verbreitet. Das Foto bildete genau jenen Augenblick ab, in dem Hou die Hantel nach oben katapultiert. Zwangsläufig spiegelt das Gesicht der jungen Frau die enorme Kraftanstrengung wider, die nötig ist, um knapp das Doppelte des eigenen Körpergewichts in einer Bewegung vom Boden über den Kopf in die Höhe zu reißen.

Die chinesischen Diplomaten in Sri Lanka erkannten in der Bildauswahl allerdings einen böswilligen Schachzug eines westlichen Mediums gegen ihr Heimatland. Wohl aus dem Grund, weil das Gesicht der Goldmedaillen-Gewinnerin in diesem Moment angespannt und verzerrt aussieht. Für ein Fotomodell sicherlich von Nachteil, für eine Kraftsportlerin aber wohl kein Makel. “Aus all den Bildern dieses Wettbewerbs hat Reuters jenes ausgewählt, das belegt wie hässlich sie (Reuters) sind… Schamlos.” Verknüpft war der Tweet mit dem polemischen Hinweis, die Nachrichtenagentur würde sich selbst als unvoreingenommenes Medium bezeichnen, gleichzeitig aber Politik und Ideologie über den Sport stellen.

Daraus lässt sich die grundsätzliche Frage ableiten, ob die Darstellung Chinas in westlichen Medien tatsächlich Teil einer großen Verschwörung gegen die zweitgrößte Volkswirtschaft ist, oder ob die Vertreter:innen der chinesischen Regierung jede Gelegenheit dazu nutzen, die Reputation ausländischer Berichterstattung über ihr Land kategorisch zu verunglimpfen, um von eigenen Fehlern abzulenken und Kritiker zu marginalisieren.

“Hass auf westliche Medien erreicht neue Dimension”

Einen Hinweis lieferte kurioserweise die Online-Redaktion der englischsprachigen Tageszeitung China Daily, die ihrerseits “aus all den Bildern dieses Wettbewerbs” ebenfalls exakt jenes Reuters-Foto ausgewählt hatte, um die zweite chinesische Goldmedaille in Tokio zu verkünden. Die Mitarbeiter:innen von China Daily hatten an dem Bild offenbar nichts Ehrverletzendes ausgemacht, sondern es als das wahrgenommen, was es ist: ein Beispiel für exzellenten Fotojournalismus, in dem die Bildaussage den Charakter einer Sportart auf den Punkt bringt. Entsprechend zahlreich hagelte es polemische Kommentare in Richtung der Botschaft in Sri Lanka.

Um Sachlichkeit bemüht war dagegen eine Reporterin, die für das Wall Street Journal über China und Taiwan schreibt. “Es scheint, als erreiche der Hass auf ausländische Medien in China eine neue Dimension”, kommentierte sie den Foto-Disput und verwies dabei auf die jüngsten Anfeindungen gegen westliche Berichterstatter:innen in den Hochwassergebieten in der Provinz Henan. Dort war unter anderem ein Korrespondent der Deutschen Welle lautstark beschimpft worden, als man ihn als Journalisten identifiziert hatte. Die Lage beruhigte sich etwas, nachdem klar geworden war, dass er nicht im Auftrag der britischen BBC unterwegs war. Weitaus beunruhigender: Der deutsche Journalist vermutete zahlreiche zivile Beamte aufseiten des Mobs, der ihm plötzlich gegenüberstand.

Die BBC steht seit Monaten vor allem wegen ihrer investigativen Arbeit zu den chinesischen Menschenrechtsverbrechen an den muslimischen Uiguren in Xinjiang im Zentrum massiver Drohungen durch chinesische Behörden. Einer ihrer Korrespondenten war vor wenigen Monaten aus Angst um seine Sicherheit und die seiner Familie nach Taiwan umgesiedelt. Allein die Präsenz der BBC-Reporter in der Hochwasserregion hat am Wochenende eine neue Welle der Einschüchterungen nach sich gezogen. “Es hat Gewaltandrohungen und Drohungen gegen Familienmitglieder von Mitarbeitern ausländischer Medien auf deren private Mobiltelefone als Teil einer glasklar konzertierten Schikane gegeben, die besonders auch gegen die BBC gerichtet ist”, schrieb der BBC-Reporter und frühere Präsident des Klubs der Auslandskorrespondenten in China (FCCC), Stephen McDonell auf Twitter.

Die KPCh spricht nicht für alle Chinesen

Dabei möchten die chinesischen Behörden gerne den Eindruck vermitteln, dass es die breite chinesische Bevölkerung ist, deren Unmut ausländische Journalist:innen in China provozieren. Die Kommunistische Partei wendet das gleiche Prinzip an, wenn es darum geht, ausländische Firmen zu maßregeln. Immer wieder heißt es dann, die Gefühle von 1,4 Milliarden Chinesen seien verletzt worden, wenn beispielsweise jemand infrage stellt, ob Taiwan – wie propagiert – wirklich ein “untrennbarer Teil” der Volksrepublik ist. Die politische Führung nutzt ihre Mittel zur Zensur und zur exklusiven Verbreitung von Sachverhalten, um zu behaupten, sie spreche für alle Chinesen. Doch dem ist beileibe nicht so.

Wer als ausländischer Medienschaffender in China ohne Kenntnis der Behörden mit Menschen unterschiedlicher Gesellschaftsschichten spricht, erfährt eine wesentlich nuanciertere Sichtweise der laobaixing (einfache Bürger 老百姓). Es ist zwar nicht auszuschließen, dass man auf Menschen trifft, die den Standpunkt der chinesischen Regierung vertreten. In den allermeisten Fällen aber sind die Menschen gesprächsbereit und sehen in ausländischen Medien keineswegs nur die Verkörperung eines anti-chinesischen Geistes. Gleichwohl wird es für westliche Medien immer schwieriger, Gesprächspartner für ihre Berichterstattung zu finden, wie der FCCC in seinem Jahresbericht 2020 feststellte. 88 Prozent aller befragten Mitarbeitenden von ausländischen Medien hatten im vergangenen Jahr die Erfahrung gemacht, dass vereinbarte Interviews mit chinesischen Staatsbürger:innen abgesagt oder dass die Gesprächspartner:in daran gehindert worden seien.

Es ist die KP Chinas, die immer wieder klagt, das Ausland verstehe ihr Land nicht. Doch sobald sich ausländische Journalist:innen aufmachen, China und seine Menschen kennen- und verstehen zu lernen, fühlen sich die Machthaber in ihrem Meinungsmonopol bedroht – und geben ihrerseits ein konstruiertes Bild von China vor. Aktuell ist es flankiert von Drohungen. Mit dem Alltag der Chinesen hat dies jedoch wenig zu tun.

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Feldzug gegen private Nachhilfe

Geht es nach der Führung in Peking, sollen Chinas Schüler bald deutlich mehr Freizeit genießen können. Bisher lief es so: Auf eine ohnehin anstrengende Schulwoche folgen am Samstag und Sonntag weitere private Kurse, für die Eltern in der Regel viel Geld bezahlen. Der “Nachhilfeunterricht” privater Anbieter richtete sich nicht nur an schwächere Schüler, die in ihrer Klasse einfach nicht mitkamen. Auch für die Besten eines Jahrgangs war es bislang ganz normal, am Wochenende weiteren Unterricht zu nehmen, um so noch besser abschneiden zu können als ohnehin schon.

Chinesische Eltern taten alles, damit ihr Nachwuchs brillieren konnte und vergaßen dabei gelegentlich, dass Kinder auch andere Bedürfnisse haben, als den ganzen Tag ohne Pause zu büffeln. Betrachtet man es so, hat Peking nun eine Entscheidung getroffen, die vielen jungen Chines:innen gefallen dürfte: Die Behörden kündigten am Samstag eine Vielzahl von Regeländerungen für private Bildungsunternehmen an, um die Arbeitsbelastung für Schüler zu verringern. Die neuen Vorschriften begraben das bisherige Geschäftsmodell der Anbieter. 

Kein Unterricht am Wochenende

So ist es den Firmen künftig verboten, an Wochenenden oder in den Ferien lehrplanbezogene Nachhilfestunden anzubieten – auch nicht, wie bisher weit verbreitet, über das Internet. Die Unternehmen mit einem Fokus auf Bildung dürfen zudem nicht mehr gewinnorientiert arbeiten oder an die Börse gehen. Auch Investitionen aus dem Ausland sind künftig untersagt. Der Sektor sei vom “Kapital zerfressen” worden, argumentiert Peking. Privater Unterricht für Kinder, die jünger als sechs Jahre sind, wird komplett untersagt. 

Die Entscheidung löste ein wahres Fiasko an den Märkten aus. Bereits am Freitag, als erste Nachrichten über die neuen Regeln die Runde machten, sackten die Papiere von New Oriental, einem der größten Anbieter der Bildungsbranche, um 40 Prozent ab. Am Montag folgte ein weiterer Kurssturz in der gleichen Größenordnung. Konkurrenten wie TAL Education und Gaotu erging es ähnlich. 

Investoren gehen davon aus, dass den Firmen aus dem Bildungsbereich durch die neuen Regeln fast sämtliche Wachstumschancen genommen werden. Und das, obwohl Bildung bis vor kurzem noch als absoluter Boom-Sektor in China galt, der schon bald Umsätze von umgerechnet mehr als 100 Milliarden US-Dollar generieren sollte. Vor allem fühlen sich nun Beobachter bekräftigt, die bereits seit längerer Zeit davor warnen, dass Chinas Regulatoren keine Rücksicht mehr darauf nehmen, welche Konsequenzen ihre Entscheidungen für den Börsenwert betroffener Unternehmen haben könnten.

Crackdown gegen Tech-Firmen

Auch für den chinesischen Internet-Giganten Tencent, der stark im Bildungssektor investiert, ging es am Montag an der Börse abermals deutlich bergab. In den vergangenen sechs Monaten hatte Tencent bereits rund ein Drittel seines Wertes verloren, weil die Aufsichtsbehörden eine ganze Reihe chinesischer Internet-Firmen ins Visier genommen und strengere Regeln für sie angekündigt hatten. 

Große Teile der chinesischen Tech-Branche spüren den zunehmenden Gegenwind. Bereits im April hatten Chinas Wettbewerbshüter eine Rekordstrafe in Höhe von 18 Milliarden Yuan (2,3 Milliarden Euro) gegen den chinesischen Internet-Riesen Alibaba verhängt. Kurz danach lud die Wettbewerbsaufsichtsbehörde SAMR gleich 34 Internet-Schwergewichte zu einem Treffen ein und drohte “schwere Strafen” an, sollten die Firmen in Zukunft gegen Regeln verstoßen. 

Seit Anfang Juli steht auch der chinesische Fahrdienst-Vermittler Didi Chuxing unter Druck. Kurz nachdem das Unternehmen an die New Yorker Börse gegangen war, ordneten die Behörden in China die Löschung der App aus allen App-Stores an. Nun steht sogar im Raum, dass der gesamte Börsengang rückabgewickelt werden muss. Seit dem ersten Handelstag vor einigen Wochen haben die Papiere von Didi 43 Prozent an Wert verloren. Fast durchweg haben chinesische Tech-Aktien seit Beginn des Jahres deutlich an Wert eingebüßt, während US-Konkurrenten wie Facebook oder Amazon neue Höchststände erreichen konnten.

Klar scheint, Anleger gehören abermals zu den großen Verlierern einer regulatorischen Entscheidung aus Peking. Ob es auch Gewinner der neuen Politik gibt, muss sich dagegen erst noch herausstellen. So warnen Beobachter bereits, dass Eltern künftig, wenn Firmen ihre Dienste nicht mehr anbieten dürfen, eben auf private Tutoren zurückgreifen werden. Ein solcher Schwarzmarkt für die besten Nachhilfelehrer könnte den Unterricht für Familien sogar noch teurer machen. Und Kinder aus ärmeren Schichten würden so noch mehr abgehängt. Gregor Koppenburg/Joern Petring

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News

Chiphersteller TSMC erwägt Deutschland-Fabrik

Der taiwanische Chiphersteller Taiwan Semiconductor Manufacturing Co. (TSMC) hat erstmals offiziell bestätigt, über den Bau einer Fabrik in Deutschland nachzudenken. “Wir prüfen Deutschland ernsthaft”, sagte Konzernchef Mark Liu am Montag auf der Hauptversammlung in Taipeh. Allerdings befinde sich der Prozess noch in einem eher frühen Stadium. TSMC werde zunächst mit seinen wichtigsten Kunden in Deutschland darüber sprechen, so Liu. Dabei will man sich danach erkundigen, wie wichtig eine lokale Produktion für die Kundschaft ist. Die Taiwan Semiconductor Manufacturing Co. mit Hauptsitz in Hsinchu ist der weltweit größte Auftragschiphersteller.

Derzeit baut TSMC eine 12-Milliarden-Dollar-Fabrik im US-amerikanischen Arizona und plant einen Bau in Japan. Bei den weiteren Ausbauplänen werde man “sehr vorsichtig vorgehen”, sagte Liu mit Blick auf die angestrebte Expansion ins Ausland.

TSMC will Kapazitäten erhöhen

In vielen Branchen herrscht derzeit ein Mangel an Computerchips, auch weil der Bedarf in der Corona-Krise nochmals gestiegen ist. Nicht zuletzt deutsche Autobauer mussten wegen des Mangels in den vergangenen Monaten vielfach ihre Produktion reduzieren, teilweise gar unterbrechen. Zurzeit stecken die Chiphersteller daher viel Geld in den Ausbau ihrer Kapazitäten. TSMC will bei seinen Ausbauplänen die entstehenden Kosten teilen – mit den Kunden und den jeweiligen Ländern, in denen eine Fabrik gebaut wird.

Schon im April hatte das taiwanische Unternehmen seine Kunden aufgefordert, die höheren Preise zu akzeptieren (China.Table berichtete). Nur so könne das Unternehmen die Investitionen erhöhen, um mit einem “strukturellen und fundamentalen Anstieg” der Chipnachfrage fertig zu werden, hieß es damals in einem Brief von Vorstandschef C.C. Wei. Auch China hat längst auf den Chip-Mangel reagiert. Allein in den vergangenen fünf Monaten hat die Volksrepublik insgesamt sechs Milliarden US-Dollar für neue Investitionen in dem Sektor aufgebracht. Einem Bericht der US-amerikanischen Anwaltskanzlei Katten und dem chinesischen Chipindustrie-Monitor Ijiwei.com zufolge, bezogen die Unternehmen die Geldmittel hauptsächlich aus staatlichen Quellen und Venture-Capital-Firmen, die dem chinesischen Staat nahestehen (China.Table berichtete).

Allein die Shanghaier Entwicklungs- und Reformkommission hat im Frühjahr verkündet, zwölf Milliarden US-Dollar in neue Anlagen des Herstellers Semiconductor Manufacturing International Corporation (SMIC) zu investieren. Der Schwerpunkt liegt hier auf Elementen mit einer Strukturbreite von 14 Nanometern und darunter. Das ist sehr moderne, aber noch nicht die modernste Technik. China ist zwar schnell bei der Umsetzung und Schaffung von Kapazitäten, technisch hinkt man aber Südkorea, den USA oder eben TSMC aus Taiwan hinterher. rad

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Chinas Öko-Ministerium kritisiert Ideen der EU

Chinas Ministerium für Ökologie und Umwelt hat die geplante CO2-Grenzabgabe der EU als Hindernis für das weltweite Wirtschaftswachstum kritisiert. Außerdem weite die Europäische Union damit Klimafragen auf den Handel aus, was gegen internationale Grundsätze verstoße, sagte Ministeriumssprecher Liu Youbin einem Bericht von Reuters zufolge. Die EU-Kommission hatte Mitte Juli den Plan für den CO2-Grenzausgleich (Carbon Border Adjustment Mechanism, kurz CBAM) vorgestellt (China.Table berichtete). Schon damals wurde mit Widerspruch aus Peking gerechnet, denn bereits in der Vergangenheit hatten sich chinesische Vertreter in Brüssel und auch Präsident Xi Jinping gegen die Grenzabgabe ausgesprochen.

“CBAM ist im Wesentlichen eine einseitige Maßnahme, um das Thema Klimawandel auf den Handelssektor auszudehnen. Er verstößt gegen WTO-Prinzipien”, sagte Liu Youbin. Das Vorhaben untergrabe das “gegenseitige Vertrauen in die Weltgemeinschaft und die Aussichten auf Wirtschaftswachstum.” Er bekräftigte abermals die Haltung Chinas, dass jedes Land entsprechend seiner Möglichkeiten und wirtschaftlicher Entwicklung auf den Klimawandel reagieren sollte. Die CO2-Grenzabgabe beeinträchtige jedoch die Fähigkeit einzelner Länder, das Problem anzugehen, zitiert der Bericht den Sprecher weiter.

Die Höhe des CO2-Grenzausgleichs soll sich an dem Preis orientieren, den europäische Unternehmen im Wochendurchschnitt für die Ersteigerung von EU-Emissionszertifikaten zahlen müssen. Unternehmen aus Drittstaaten können dabei CO2-Kosten, die im Heimatland entstehen, geltend machen und müssen dann entsprechend weniger “CBAM-Rechte” vorweisen. China hatte Mitte Juli ebenfalls einen Emissionshandel begonnen. Ob dieser mit dem europäischen ETS vereinbar sein wird, ist jedoch sehr fraglich. ari

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US-Börsendebüt für Faraday Future

Das immer wieder totgesagte Elektroauto-Start-up Faraday Future hält sich weiter am Leben. Ende vergangener Woche spülte dem chinesisch-amerikanischen Unternehmen der Gang an die US-Technologiebörse Nasdaq nach Medienberichten rund eine Milliarde US-Dollar in die Kasse. Zuvor hatte Faraday mit der Akquisitionsgesellschaft Property Solutions Acquisitions fusioniert – ein in den USA nicht unüblicher Vorgang einzig zum Zweck, ein Börsenvehikel zu kreieren. Das frische Kapital solle nun dabei helfen, das erste Modell des Unternehmens, einen Luxus-Elektro-SUV namens FF91, endlich zur Marktreife zu bringen, sagte Geschäftsführer Carsten Breitfeld der Nachrichtenagentur Reuters.

Der FF91 soll in einer Fabrik im kalifornischen Hartfold vom Band laufen, die Faraday Future vor einigen Jahren erworben hatte. Die Kapazität liege zunächst nur bei 10.000 Autos im Jahr, so Breitfeld. Der FF91 werde zuerst in den USA, danach in China und später eventuell auch in Europa auf den Markt kommen. Die Batterien liefert laut Breitfeld die koreanische LG Chem.

In 30 Monaten will Faraday Future mit dem FF81 ein etwas günstigeres Modell auf den Markt bringen, das bei einem Vertragsfertiger in Südkorea vom Band laufen und mit dem Model S und Model X von Tesla konkurrieren soll. Firmengründer Jia Yueting bestätigte in den USA einem chinesischen Fernsehsender, dass darauf noch ein Modell namens FF71 folgen solle. Jia war 2017 aufgrund von Betrugsvorwürfen in die USA geflohen und musste dort 2019 Privatinsolvenz anmelden (China.Table berichtete) – unter anderem, weil er zu viel eigenes Geld in das sieche Start-up gesteckt hatte. Der Ex-BMW-Manager Breitfeld gehörte zum Gründungsteam des pleite-gefährdeten Elektro-Startups Byton, das er 2019 verlassen hatte. ck

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Großbritannien will CGN ausschließen

Großbritannien sucht Medienberichten zufolge Möglichkeiten, um Chinas staatliches Atomenergieunternehmen China General Nuclear Power Group (CGN) aus allen künftigen Stromprojekten im Land auszuschließen. Das berichteten Reuters und Financial Times unter Berufung auf mit den Plänen vertraute Personen. Sollte das Vereinigte Königreich den Plan durchziehen, hätte das Auswirkungen auf den geplanten Erweiterungsbau Sizewell C des Kernkraftwerks Sizewell im englischen Suffolk, das der französische Energiekonzern EDF gemeinsam mit CGN umsetzen möchte. Auch Vorschläge für den Bau einer neuen Anlage in Bradwell-on-Sea in Essex wären dann in der Schwebe, wie die Financial Times berichtete.

Peking wies einen solchen Schritt umgehend zurück: “Die Briten sollten ernsthaft ein offenes, faires und nicht diskriminierendes Geschäftsumfeld für chinesische Unternehmen schaffen”, zitiert die Zeitung einen Sprecher des chinesischen Außenministeriums. China und Großbritannien seien füreinander wichtige Handels- und Investitionspartner, fügte er hinzu.

EDF hatte British Energy 2009 gekauft. Die Franzosen und CGN schlossen im September 2016 Verträge zur Entwicklung von Sizewell C ab. Im Mai 2020 war der Bau offiziell beantragt worden. ari

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Hamburgs Bürgermeister für Cosco-Einstieg

Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) hat sich für eine Beteiligung des chinesischen Unternehmens China Ocean Shipping Company (Cosco) am Hamburger Containerterminal ausgesprochen. “Es gibt dazu keine politischen Vorgaben, aber was unternehmerisch sinnvoll ist, muss auch praktisch möglich sein und gemacht werden”, sagte der SPD-Politiker der Internetseite n-tv.de. Hamburg müsse bei der Wettbewerbsfähigkeit der nordeuropäischen Seehäfen auf der Höhe der Zeit bleiben, forderte Tschentscher. Hamburg ist der drittgrößte europäische Seehafen – und China der mit Abstand wichtigste Handelspartner der Hansestadt.

Die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) prüft, dem chinesischen Investor einen Anteil von 30 bis 40 Prozent an dem Containerterminal Tollerort abzutreten (China.Table berichtete). Tollerort ist eines der vier großen Containerterminals im Hamburger Hafen. Kritiker eines Cosco-Einstiegs fürchten, dass China damit einen zu großen Einfluss auf den Hamburger Hafen nehmen könnte. So könnten Schiffe von Cosco eine Vorzugsbehandlung erwarten, vermutet der Fernsehsender NDR. Die Gewerkschaft Verdi wiederum ist besorgt, dass sich langfristig die Arbeitsbedingungen auf Schiffen und in Häfen verschlechtern könnten.

Cosco ist ein staatseigener Betrieb mit Hauptsitz in Peking. Der europäische Hauptsitz befindet sich in Hamburg. Seit fast 40 Jahren laufen Schiffe der Reederei Cosco Shipping den Hamburger Containerterminal Tollerort an.

Zusammenarbeit mit Cosco wirtschaftlich sinnvoll

“Es hat gute Gründe, weswegen Cosco und andere Reedereien Interesse haben an einer Terminalbeteiligung”, sagte Tschentscher. Bei entsprechenden Konditionen, könnten Terminalbeteiligungen für beide Partner wirtschaftlich sinnvoll sein, ist Hamburgs Erster Bürgermeister überzeugt. “Die Terminalbetreiber können ihre Auslastung verbessern, die Reedereien sichern sich zuverlässige Anlaufpunkte und nehmen über den Seeweg hinaus an der gesamten Wertschöpfungskette teil.”

Deswegen gingen Reedereien und Terminals in fast allen Häfen zusammen – in Rotterdam, Antwerpen, Marseille. Auch in Hamburg funktioniere dieses Prinzip schon mit der Beteiligung von Hapag-Lloyd am HHLA-Terminal Altenwerder und von Grimaldi an Unikai. “Ich begrüße das sehr”, betonte Tschentscher.

Die Bundesregierung hat Berichten zufolge keine Bedenken gegen die Übernahme. Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Jürgen Hardt, mahnt hingegen zur Vorsicht. “Wenn es um die internationale Hafenlogistik geht, müssen wir Vorsicht walten lassen. Wie auch in anderen Bereichen sollten wir genau hinschauen, ob wir durch chinesisches Investment in Deutschland und Europa in einseitige Abhängigkeiten geraten oder nicht”, sagte Hardt im Gespräch mit der Neuen Osnabrücker Zeitung. rad

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Presseschau

China Crackdown Rocks Investors: ‘Everybody’s in the Crosshairs’ BLOOMBERG
China’s tech giants go on hiring spree for fresh graduates despite Beijing’s crackdown on the sector SCMP (PAY)
More than 1.65 million residents transferred across E. China Zhejiang as Typhoon In-Fa lands twice GLOBALTIMES (STAATSMEDIUM)
China, US draw lines in the sand at top-level meeting but agree to keep talking SCMP (PAY)
UK government seeks to ditch China’s state-owned nuclear power firm INDEPENDENT
US-China tech war: Beijing calls on Chinese firms to ‘seize overseas opportunities’ in race for self-reliance SCMP (PAY)
China sieht Beziehungen mit USA in »ernsthaften Schwierigkeiten« SPIEGEL
Strengere Regeln für private Bildungsangebote: Pekings Regulierungswut schreckt Börsen auf MANAGER-MAGAZIN
China und Pakistan wollen Taliban zügeln DW

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Chinas neues Stempelsteuer-Gesetz

Von Helen Bao, China Briefing, Dezan Shira

Chinas neues Stempelsteuergesetz tritt am 1. Juli 2022 in Kraft. Damit verbunden ist eine Reihe von Aktualisierungen des bestehenden Steuersystems, wie zum Beispiel eine vereinfachte Einhaltung der Vorschriften, Änderungen einiger Steuersätze und neue Steuerbefreiungen.

Am 10. Juni 2020 wurde das Stempelsteuergesetz vom Ständigen Ausschuss des 13. Nationalen Volkskongresses auf seiner 29. Sitzung verabschiedet. Die derzeit geltende Regelung, die “Vorläufige Regelung der Volksrepublik China zur Stempelsteuer”, die vom Staatsrat am 6. August 1988 verkündet worden war, wird mit seinem Inkrafttreten aufgehoben.

Im Vergleich zur Interimsregelung behält das Stempelsteuergesetz das aktuelle Stempelsteuersystem grundsätzlich bei. Gleichzeitig gibt es einige bemerkenswerte Änderungen, einschließlich angemessener Vereinfachung von Steuerpositionen sowie Steuersenkungen.

Einige Highlights der neuen Stempelgebühren

Mit Blick auf die Änderungen des Stempelsteuergesetzes möchten wir Sie auf einige Punkte aufmerksam machen, die Sie im täglichen Umgang mit der Stempelsteuer beachten sollten:

  • Früher wurde die Stempelsteuer auf Wertpapiertransaktionen durch Veröffentlichungen des Finanzministeriums geregelt, die von der staatlichen Steuerverwaltung zirkuliert wurden. Jetzt, mit der Verabschiedung des Stempelsteuergesetzes, werden sie durch ein Gesetz geregelt, das höhere Rechtskraft hat.
  • Die Stempelsteuer auf Wertpapiertransaktionen wird weiterhin vom Übertragenden der Wertpapiertransaktion und nicht vom Empfänger erhoben. Der anwendbare Steuersatz bleibt bei 0,1 Prozent des Umsatzes.
  • Das Gesetz legt fest, dass die Bemessungsgrundlage für die Gebühr der Nettobetrag der Transaktion (zum Beispiel des Vertrags oder des Immobilienkaufs) ist, also der Betrag ohne Mehrwertsteuer. Dennoch kann der gesamte Betrag der Stempelsteuer unterliegen, falls der Mehrwertsteuerbetrag nicht in dem steuerpflichtigen Dokument angegeben ist. Wir empfehlen daher, den Mehrwertsteuerbetrag getrennt vom Preis in den steuerpflichtigen Dokumenten aufzuführen.
  • Direkte Spenden können nach dem Stempelsteuergesetz von der Stempelsteuer befreit werden. Das unterscheidet sich von der Regelung im Körperschaftsteuergesetz, wo Spenden über gemeinnützige Organisationen oder staatlichen Stellen der Kreisebene und darüber und deren Abteilungen erfolgen müssen, um steuerbefreit zu sein. Unternehmen wird empfohlen, diesen Unterschied zu beachten und diese steuerschonende Behandlung bei direkten Spenden nicht zu übersehen.
  • Es ist zu beachten, dass von Unternehmen und Nicht-Finanzorganisationen unterzeichnete Kreditverträge nicht der Stempelsteuer unterliegen. Außerdem können die von Finanzinstitutionen sowie Kleinst- und Kleinunternehmen unterzeichneten Kreditverträge von der Stempelsteuer befreit werden. Die Dauer dieser Regelung wurde durch die Bekanntmachung Nr. 6/2021 des Finanzministeriums und der staatlichen Steuerverwaltung bis zum 31. Dezember 2021 verlängert. Unternehmen sollten sich dieser Regelung bewusst sein und sie nutzen, um bei Kreditverträgen Steuern zu sparen, wenn sie zu den berechtigten Unternehmen gehören.

Hintergrund: rechtsstaatlichere Steuerverwaltung angestrebt

Im Jahr 2015 veröffentlichte die staatliche Steuerverwaltung die “Guiding Opinions on Comprehensive Promoting the Governing of Taxes according to Law” (Shui Zong Fa [2015] Nr. 32), in denen festgelegt wurde, dass China die Umwandlung der relevanten Steuervorschriften in Gesetze beschleunigen soll, um die Rechtssicherheit zu verbessern und die Effizienz der Steuerverwaltung zu erhöhen. Dies gilt als wichtiger Teil der umfassenderen Bemühungen Chinas, mehr Rechtsstaatlichkeit, gemeint ist damit eine gesetzesbasierte Verwaltung des Landes, zu erreichen.

Mit der Verabschiedung des Stempelsteuergesetzes hat China Gesetze für zwölf der 18 bestehenden Steuern erlassen. Unternehmen sind gut beraten, die zukünftigen Entwicklungen der chinesischen Steuergesetze genau im Auge zu behalten. Es stehen weitere entscheidende Änderungen an.

Dieser Artikel ist zuerst im Asia Briefing erschienen, das von Dezan Shira Associates herausgegeben wird. Das Unternehmen berät internationale Investoren in Asien und unterhält Büros in China, Hongkong, Indonesien, Singapur, Russland und Vietnam. Bitte nehmen Sie Kontakt auf über info@dezanshira.com oder die Website www.dezshira.com.

  • Handel
  • Recht
  • Steuern

Personalien

An dieser Stelle möchten wir eine Personalie vom 25.06.2021 korrigieren:

Almut Rößner ist weiterhin Geschäftsführerin des Ostasiatischen Vereins (OAV). Der Posten im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Asienkunde (DGA) ist ein zusätzliches Mandat. China.Table hatte fälschlicherweise einen Wechsel gemeldet. Wir bitten, diesen Fehler zu entschuldigen.

Dessert

“In-Fa” ist im Anmarsch: Chinas Ostküste hat die ersten Auswirkungen des nahenden Taifuns zu spüren bekommen. Ein Mitarbeiter patrouilliert im Hafengebiet Zhapu von Pinghu in der ostchinesischen Provinz Zhejiang. “In-Fa” erreichte am Montag mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 100 Kilometer pro Stunde das Festland, wie die Hochwasserschutzzentrale der Provinz mitteilte. Staatlichen Medien zufolge könnte der Taifun in den kommenden Tagen auch in Teilen der durch Überschwemmungen verwüsteten Provinz Henan wieder für heftige Regenfälle sorgen.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

Licenses:
    • Ton gegenüber westlichen Medien wird rauer
    • Ende für Boom-Branche der Privat-Nachhilfe
    • Chiphersteller TSMC liebäugelt mit Deutschland
    • China gegen CO2-Grenzausgleich der EU
    • Faraday Future debütiert an US-Börse
    • Großbritannien will ohne CGN bauen
    • Hamburgs Bürgermeister befürwortet Cosco in Tollerort
    • Tools: Das neue Stempelsteuergesetz

    es ist eine altbekannte Klage der Machthaber in Peking: Das Ausland verstehe die Volksrepublik nicht. Doch zum kompletten Bild gehört auch die andere Seite. Der Alltag von ausländischen Journalist:innen in China, die sich aufmachen, das Land und seine Menschen kennen- und verstehen zu lernen, wird immer schwieriger. Marcel Grzanna beschreibt, wie derzeit selbst Berichte zu den Olympischen Spielen oder zur Flutkatastrophe in Henan zu wüsten Drohungen gegen westliche Medien führen.

    Peking macht derzeit auch noch gegen andere missliebige Branchen Front: Nun geht es Unternehmen von privaten Bildungsangeboten an den Kragen – wenn auch zum Glück nur im übertragenen Sinne. Unser Autorenteam in Peking zeigt, mit welch erstaunlicher Härte Chinas Machthaber gegen die Unternehmen vorgehen, die bislang für rasantes Wachstum und üppige Gewinne standen. Doch ob die neuen Regeln tatsächlich helfen, gestressten Schülern mehr Freizeit und fairere Bildungschancen zu verschaffen, bleibt abzuwarten.  

    Derweil erwägt der taiwanische Chiphersteller TSMC eine Fabrik in Deutschland zu bauen. Noch befinden sich die Pläne in einem frühen Stadion, doch angesichts der Wichtigkeit von Chips für etliche Branchen, wäre der Bau ein wichtiger Wettbewerbsvorteil. Nicht zuletzt deutsche Autobauer mussten wegen des Mangels in den vergangenen Monaten vielfach ihre Produktion reduzieren, teilweise gar unterbrechen.

    Zu guter Letzt möchte ich Ihnen noch unser heutiges “Tool” empfehlen. Darin wird erklärt, wie sich Chinas Stempelsteuergesetz ändern wird – und wie Unternehmen von diesen Änderungen profitieren können.

    Viele neue Erkenntnisse bei der Lektüre wünscht

    Ihr
    Michael Radunski
    Bild von Michael  Radunski

    Analyse

    Hetze gegen ausländische Medien

    Die chinesische Botschaft in Sri Lanka ist empört. Die Nachrichtenagentur Reuters hatte die Meldung vom Olympiasieg der Gewichtheberin Hou Zhihui in der Gewichtsklasse bis 49 kg mit einem Bild der Athletin über den Kurznachrichtendienst Twitter verbreitet. Das Foto bildete genau jenen Augenblick ab, in dem Hou die Hantel nach oben katapultiert. Zwangsläufig spiegelt das Gesicht der jungen Frau die enorme Kraftanstrengung wider, die nötig ist, um knapp das Doppelte des eigenen Körpergewichts in einer Bewegung vom Boden über den Kopf in die Höhe zu reißen.

    Die chinesischen Diplomaten in Sri Lanka erkannten in der Bildauswahl allerdings einen böswilligen Schachzug eines westlichen Mediums gegen ihr Heimatland. Wohl aus dem Grund, weil das Gesicht der Goldmedaillen-Gewinnerin in diesem Moment angespannt und verzerrt aussieht. Für ein Fotomodell sicherlich von Nachteil, für eine Kraftsportlerin aber wohl kein Makel. “Aus all den Bildern dieses Wettbewerbs hat Reuters jenes ausgewählt, das belegt wie hässlich sie (Reuters) sind… Schamlos.” Verknüpft war der Tweet mit dem polemischen Hinweis, die Nachrichtenagentur würde sich selbst als unvoreingenommenes Medium bezeichnen, gleichzeitig aber Politik und Ideologie über den Sport stellen.

    Daraus lässt sich die grundsätzliche Frage ableiten, ob die Darstellung Chinas in westlichen Medien tatsächlich Teil einer großen Verschwörung gegen die zweitgrößte Volkswirtschaft ist, oder ob die Vertreter:innen der chinesischen Regierung jede Gelegenheit dazu nutzen, die Reputation ausländischer Berichterstattung über ihr Land kategorisch zu verunglimpfen, um von eigenen Fehlern abzulenken und Kritiker zu marginalisieren.

    “Hass auf westliche Medien erreicht neue Dimension”

    Einen Hinweis lieferte kurioserweise die Online-Redaktion der englischsprachigen Tageszeitung China Daily, die ihrerseits “aus all den Bildern dieses Wettbewerbs” ebenfalls exakt jenes Reuters-Foto ausgewählt hatte, um die zweite chinesische Goldmedaille in Tokio zu verkünden. Die Mitarbeiter:innen von China Daily hatten an dem Bild offenbar nichts Ehrverletzendes ausgemacht, sondern es als das wahrgenommen, was es ist: ein Beispiel für exzellenten Fotojournalismus, in dem die Bildaussage den Charakter einer Sportart auf den Punkt bringt. Entsprechend zahlreich hagelte es polemische Kommentare in Richtung der Botschaft in Sri Lanka.

    Um Sachlichkeit bemüht war dagegen eine Reporterin, die für das Wall Street Journal über China und Taiwan schreibt. “Es scheint, als erreiche der Hass auf ausländische Medien in China eine neue Dimension”, kommentierte sie den Foto-Disput und verwies dabei auf die jüngsten Anfeindungen gegen westliche Berichterstatter:innen in den Hochwassergebieten in der Provinz Henan. Dort war unter anderem ein Korrespondent der Deutschen Welle lautstark beschimpft worden, als man ihn als Journalisten identifiziert hatte. Die Lage beruhigte sich etwas, nachdem klar geworden war, dass er nicht im Auftrag der britischen BBC unterwegs war. Weitaus beunruhigender: Der deutsche Journalist vermutete zahlreiche zivile Beamte aufseiten des Mobs, der ihm plötzlich gegenüberstand.

    Die BBC steht seit Monaten vor allem wegen ihrer investigativen Arbeit zu den chinesischen Menschenrechtsverbrechen an den muslimischen Uiguren in Xinjiang im Zentrum massiver Drohungen durch chinesische Behörden. Einer ihrer Korrespondenten war vor wenigen Monaten aus Angst um seine Sicherheit und die seiner Familie nach Taiwan umgesiedelt. Allein die Präsenz der BBC-Reporter in der Hochwasserregion hat am Wochenende eine neue Welle der Einschüchterungen nach sich gezogen. “Es hat Gewaltandrohungen und Drohungen gegen Familienmitglieder von Mitarbeitern ausländischer Medien auf deren private Mobiltelefone als Teil einer glasklar konzertierten Schikane gegeben, die besonders auch gegen die BBC gerichtet ist”, schrieb der BBC-Reporter und frühere Präsident des Klubs der Auslandskorrespondenten in China (FCCC), Stephen McDonell auf Twitter.

    Die KPCh spricht nicht für alle Chinesen

    Dabei möchten die chinesischen Behörden gerne den Eindruck vermitteln, dass es die breite chinesische Bevölkerung ist, deren Unmut ausländische Journalist:innen in China provozieren. Die Kommunistische Partei wendet das gleiche Prinzip an, wenn es darum geht, ausländische Firmen zu maßregeln. Immer wieder heißt es dann, die Gefühle von 1,4 Milliarden Chinesen seien verletzt worden, wenn beispielsweise jemand infrage stellt, ob Taiwan – wie propagiert – wirklich ein “untrennbarer Teil” der Volksrepublik ist. Die politische Führung nutzt ihre Mittel zur Zensur und zur exklusiven Verbreitung von Sachverhalten, um zu behaupten, sie spreche für alle Chinesen. Doch dem ist beileibe nicht so.

    Wer als ausländischer Medienschaffender in China ohne Kenntnis der Behörden mit Menschen unterschiedlicher Gesellschaftsschichten spricht, erfährt eine wesentlich nuanciertere Sichtweise der laobaixing (einfache Bürger 老百姓). Es ist zwar nicht auszuschließen, dass man auf Menschen trifft, die den Standpunkt der chinesischen Regierung vertreten. In den allermeisten Fällen aber sind die Menschen gesprächsbereit und sehen in ausländischen Medien keineswegs nur die Verkörperung eines anti-chinesischen Geistes. Gleichwohl wird es für westliche Medien immer schwieriger, Gesprächspartner für ihre Berichterstattung zu finden, wie der FCCC in seinem Jahresbericht 2020 feststellte. 88 Prozent aller befragten Mitarbeitenden von ausländischen Medien hatten im vergangenen Jahr die Erfahrung gemacht, dass vereinbarte Interviews mit chinesischen Staatsbürger:innen abgesagt oder dass die Gesprächspartner:in daran gehindert worden seien.

    Es ist die KP Chinas, die immer wieder klagt, das Ausland verstehe ihr Land nicht. Doch sobald sich ausländische Journalist:innen aufmachen, China und seine Menschen kennen- und verstehen zu lernen, fühlen sich die Machthaber in ihrem Meinungsmonopol bedroht – und geben ihrerseits ein konstruiertes Bild von China vor. Aktuell ist es flankiert von Drohungen. Mit dem Alltag der Chinesen hat dies jedoch wenig zu tun.

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    Feldzug gegen private Nachhilfe

    Geht es nach der Führung in Peking, sollen Chinas Schüler bald deutlich mehr Freizeit genießen können. Bisher lief es so: Auf eine ohnehin anstrengende Schulwoche folgen am Samstag und Sonntag weitere private Kurse, für die Eltern in der Regel viel Geld bezahlen. Der “Nachhilfeunterricht” privater Anbieter richtete sich nicht nur an schwächere Schüler, die in ihrer Klasse einfach nicht mitkamen. Auch für die Besten eines Jahrgangs war es bislang ganz normal, am Wochenende weiteren Unterricht zu nehmen, um so noch besser abschneiden zu können als ohnehin schon.

    Chinesische Eltern taten alles, damit ihr Nachwuchs brillieren konnte und vergaßen dabei gelegentlich, dass Kinder auch andere Bedürfnisse haben, als den ganzen Tag ohne Pause zu büffeln. Betrachtet man es so, hat Peking nun eine Entscheidung getroffen, die vielen jungen Chines:innen gefallen dürfte: Die Behörden kündigten am Samstag eine Vielzahl von Regeländerungen für private Bildungsunternehmen an, um die Arbeitsbelastung für Schüler zu verringern. Die neuen Vorschriften begraben das bisherige Geschäftsmodell der Anbieter. 

    Kein Unterricht am Wochenende

    So ist es den Firmen künftig verboten, an Wochenenden oder in den Ferien lehrplanbezogene Nachhilfestunden anzubieten – auch nicht, wie bisher weit verbreitet, über das Internet. Die Unternehmen mit einem Fokus auf Bildung dürfen zudem nicht mehr gewinnorientiert arbeiten oder an die Börse gehen. Auch Investitionen aus dem Ausland sind künftig untersagt. Der Sektor sei vom “Kapital zerfressen” worden, argumentiert Peking. Privater Unterricht für Kinder, die jünger als sechs Jahre sind, wird komplett untersagt. 

    Die Entscheidung löste ein wahres Fiasko an den Märkten aus. Bereits am Freitag, als erste Nachrichten über die neuen Regeln die Runde machten, sackten die Papiere von New Oriental, einem der größten Anbieter der Bildungsbranche, um 40 Prozent ab. Am Montag folgte ein weiterer Kurssturz in der gleichen Größenordnung. Konkurrenten wie TAL Education und Gaotu erging es ähnlich. 

    Investoren gehen davon aus, dass den Firmen aus dem Bildungsbereich durch die neuen Regeln fast sämtliche Wachstumschancen genommen werden. Und das, obwohl Bildung bis vor kurzem noch als absoluter Boom-Sektor in China galt, der schon bald Umsätze von umgerechnet mehr als 100 Milliarden US-Dollar generieren sollte. Vor allem fühlen sich nun Beobachter bekräftigt, die bereits seit längerer Zeit davor warnen, dass Chinas Regulatoren keine Rücksicht mehr darauf nehmen, welche Konsequenzen ihre Entscheidungen für den Börsenwert betroffener Unternehmen haben könnten.

    Crackdown gegen Tech-Firmen

    Auch für den chinesischen Internet-Giganten Tencent, der stark im Bildungssektor investiert, ging es am Montag an der Börse abermals deutlich bergab. In den vergangenen sechs Monaten hatte Tencent bereits rund ein Drittel seines Wertes verloren, weil die Aufsichtsbehörden eine ganze Reihe chinesischer Internet-Firmen ins Visier genommen und strengere Regeln für sie angekündigt hatten. 

    Große Teile der chinesischen Tech-Branche spüren den zunehmenden Gegenwind. Bereits im April hatten Chinas Wettbewerbshüter eine Rekordstrafe in Höhe von 18 Milliarden Yuan (2,3 Milliarden Euro) gegen den chinesischen Internet-Riesen Alibaba verhängt. Kurz danach lud die Wettbewerbsaufsichtsbehörde SAMR gleich 34 Internet-Schwergewichte zu einem Treffen ein und drohte “schwere Strafen” an, sollten die Firmen in Zukunft gegen Regeln verstoßen. 

    Seit Anfang Juli steht auch der chinesische Fahrdienst-Vermittler Didi Chuxing unter Druck. Kurz nachdem das Unternehmen an die New Yorker Börse gegangen war, ordneten die Behörden in China die Löschung der App aus allen App-Stores an. Nun steht sogar im Raum, dass der gesamte Börsengang rückabgewickelt werden muss. Seit dem ersten Handelstag vor einigen Wochen haben die Papiere von Didi 43 Prozent an Wert verloren. Fast durchweg haben chinesische Tech-Aktien seit Beginn des Jahres deutlich an Wert eingebüßt, während US-Konkurrenten wie Facebook oder Amazon neue Höchststände erreichen konnten.

    Klar scheint, Anleger gehören abermals zu den großen Verlierern einer regulatorischen Entscheidung aus Peking. Ob es auch Gewinner der neuen Politik gibt, muss sich dagegen erst noch herausstellen. So warnen Beobachter bereits, dass Eltern künftig, wenn Firmen ihre Dienste nicht mehr anbieten dürfen, eben auf private Tutoren zurückgreifen werden. Ein solcher Schwarzmarkt für die besten Nachhilfelehrer könnte den Unterricht für Familien sogar noch teurer machen. Und Kinder aus ärmeren Schichten würden so noch mehr abgehängt. Gregor Koppenburg/Joern Petring

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    Chiphersteller TSMC erwägt Deutschland-Fabrik

    Der taiwanische Chiphersteller Taiwan Semiconductor Manufacturing Co. (TSMC) hat erstmals offiziell bestätigt, über den Bau einer Fabrik in Deutschland nachzudenken. “Wir prüfen Deutschland ernsthaft”, sagte Konzernchef Mark Liu am Montag auf der Hauptversammlung in Taipeh. Allerdings befinde sich der Prozess noch in einem eher frühen Stadium. TSMC werde zunächst mit seinen wichtigsten Kunden in Deutschland darüber sprechen, so Liu. Dabei will man sich danach erkundigen, wie wichtig eine lokale Produktion für die Kundschaft ist. Die Taiwan Semiconductor Manufacturing Co. mit Hauptsitz in Hsinchu ist der weltweit größte Auftragschiphersteller.

    Derzeit baut TSMC eine 12-Milliarden-Dollar-Fabrik im US-amerikanischen Arizona und plant einen Bau in Japan. Bei den weiteren Ausbauplänen werde man “sehr vorsichtig vorgehen”, sagte Liu mit Blick auf die angestrebte Expansion ins Ausland.

    TSMC will Kapazitäten erhöhen

    In vielen Branchen herrscht derzeit ein Mangel an Computerchips, auch weil der Bedarf in der Corona-Krise nochmals gestiegen ist. Nicht zuletzt deutsche Autobauer mussten wegen des Mangels in den vergangenen Monaten vielfach ihre Produktion reduzieren, teilweise gar unterbrechen. Zurzeit stecken die Chiphersteller daher viel Geld in den Ausbau ihrer Kapazitäten. TSMC will bei seinen Ausbauplänen die entstehenden Kosten teilen – mit den Kunden und den jeweiligen Ländern, in denen eine Fabrik gebaut wird.

    Schon im April hatte das taiwanische Unternehmen seine Kunden aufgefordert, die höheren Preise zu akzeptieren (China.Table berichtete). Nur so könne das Unternehmen die Investitionen erhöhen, um mit einem “strukturellen und fundamentalen Anstieg” der Chipnachfrage fertig zu werden, hieß es damals in einem Brief von Vorstandschef C.C. Wei. Auch China hat längst auf den Chip-Mangel reagiert. Allein in den vergangenen fünf Monaten hat die Volksrepublik insgesamt sechs Milliarden US-Dollar für neue Investitionen in dem Sektor aufgebracht. Einem Bericht der US-amerikanischen Anwaltskanzlei Katten und dem chinesischen Chipindustrie-Monitor Ijiwei.com zufolge, bezogen die Unternehmen die Geldmittel hauptsächlich aus staatlichen Quellen und Venture-Capital-Firmen, die dem chinesischen Staat nahestehen (China.Table berichtete).

    Allein die Shanghaier Entwicklungs- und Reformkommission hat im Frühjahr verkündet, zwölf Milliarden US-Dollar in neue Anlagen des Herstellers Semiconductor Manufacturing International Corporation (SMIC) zu investieren. Der Schwerpunkt liegt hier auf Elementen mit einer Strukturbreite von 14 Nanometern und darunter. Das ist sehr moderne, aber noch nicht die modernste Technik. China ist zwar schnell bei der Umsetzung und Schaffung von Kapazitäten, technisch hinkt man aber Südkorea, den USA oder eben TSMC aus Taiwan hinterher. rad

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    Chinas Öko-Ministerium kritisiert Ideen der EU

    Chinas Ministerium für Ökologie und Umwelt hat die geplante CO2-Grenzabgabe der EU als Hindernis für das weltweite Wirtschaftswachstum kritisiert. Außerdem weite die Europäische Union damit Klimafragen auf den Handel aus, was gegen internationale Grundsätze verstoße, sagte Ministeriumssprecher Liu Youbin einem Bericht von Reuters zufolge. Die EU-Kommission hatte Mitte Juli den Plan für den CO2-Grenzausgleich (Carbon Border Adjustment Mechanism, kurz CBAM) vorgestellt (China.Table berichtete). Schon damals wurde mit Widerspruch aus Peking gerechnet, denn bereits in der Vergangenheit hatten sich chinesische Vertreter in Brüssel und auch Präsident Xi Jinping gegen die Grenzabgabe ausgesprochen.

    “CBAM ist im Wesentlichen eine einseitige Maßnahme, um das Thema Klimawandel auf den Handelssektor auszudehnen. Er verstößt gegen WTO-Prinzipien”, sagte Liu Youbin. Das Vorhaben untergrabe das “gegenseitige Vertrauen in die Weltgemeinschaft und die Aussichten auf Wirtschaftswachstum.” Er bekräftigte abermals die Haltung Chinas, dass jedes Land entsprechend seiner Möglichkeiten und wirtschaftlicher Entwicklung auf den Klimawandel reagieren sollte. Die CO2-Grenzabgabe beeinträchtige jedoch die Fähigkeit einzelner Länder, das Problem anzugehen, zitiert der Bericht den Sprecher weiter.

    Die Höhe des CO2-Grenzausgleichs soll sich an dem Preis orientieren, den europäische Unternehmen im Wochendurchschnitt für die Ersteigerung von EU-Emissionszertifikaten zahlen müssen. Unternehmen aus Drittstaaten können dabei CO2-Kosten, die im Heimatland entstehen, geltend machen und müssen dann entsprechend weniger “CBAM-Rechte” vorweisen. China hatte Mitte Juli ebenfalls einen Emissionshandel begonnen. Ob dieser mit dem europäischen ETS vereinbar sein wird, ist jedoch sehr fraglich. ari

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    US-Börsendebüt für Faraday Future

    Das immer wieder totgesagte Elektroauto-Start-up Faraday Future hält sich weiter am Leben. Ende vergangener Woche spülte dem chinesisch-amerikanischen Unternehmen der Gang an die US-Technologiebörse Nasdaq nach Medienberichten rund eine Milliarde US-Dollar in die Kasse. Zuvor hatte Faraday mit der Akquisitionsgesellschaft Property Solutions Acquisitions fusioniert – ein in den USA nicht unüblicher Vorgang einzig zum Zweck, ein Börsenvehikel zu kreieren. Das frische Kapital solle nun dabei helfen, das erste Modell des Unternehmens, einen Luxus-Elektro-SUV namens FF91, endlich zur Marktreife zu bringen, sagte Geschäftsführer Carsten Breitfeld der Nachrichtenagentur Reuters.

    Der FF91 soll in einer Fabrik im kalifornischen Hartfold vom Band laufen, die Faraday Future vor einigen Jahren erworben hatte. Die Kapazität liege zunächst nur bei 10.000 Autos im Jahr, so Breitfeld. Der FF91 werde zuerst in den USA, danach in China und später eventuell auch in Europa auf den Markt kommen. Die Batterien liefert laut Breitfeld die koreanische LG Chem.

    In 30 Monaten will Faraday Future mit dem FF81 ein etwas günstigeres Modell auf den Markt bringen, das bei einem Vertragsfertiger in Südkorea vom Band laufen und mit dem Model S und Model X von Tesla konkurrieren soll. Firmengründer Jia Yueting bestätigte in den USA einem chinesischen Fernsehsender, dass darauf noch ein Modell namens FF71 folgen solle. Jia war 2017 aufgrund von Betrugsvorwürfen in die USA geflohen und musste dort 2019 Privatinsolvenz anmelden (China.Table berichtete) – unter anderem, weil er zu viel eigenes Geld in das sieche Start-up gesteckt hatte. Der Ex-BMW-Manager Breitfeld gehörte zum Gründungsteam des pleite-gefährdeten Elektro-Startups Byton, das er 2019 verlassen hatte. ck

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    Großbritannien will CGN ausschließen

    Großbritannien sucht Medienberichten zufolge Möglichkeiten, um Chinas staatliches Atomenergieunternehmen China General Nuclear Power Group (CGN) aus allen künftigen Stromprojekten im Land auszuschließen. Das berichteten Reuters und Financial Times unter Berufung auf mit den Plänen vertraute Personen. Sollte das Vereinigte Königreich den Plan durchziehen, hätte das Auswirkungen auf den geplanten Erweiterungsbau Sizewell C des Kernkraftwerks Sizewell im englischen Suffolk, das der französische Energiekonzern EDF gemeinsam mit CGN umsetzen möchte. Auch Vorschläge für den Bau einer neuen Anlage in Bradwell-on-Sea in Essex wären dann in der Schwebe, wie die Financial Times berichtete.

    Peking wies einen solchen Schritt umgehend zurück: “Die Briten sollten ernsthaft ein offenes, faires und nicht diskriminierendes Geschäftsumfeld für chinesische Unternehmen schaffen”, zitiert die Zeitung einen Sprecher des chinesischen Außenministeriums. China und Großbritannien seien füreinander wichtige Handels- und Investitionspartner, fügte er hinzu.

    EDF hatte British Energy 2009 gekauft. Die Franzosen und CGN schlossen im September 2016 Verträge zur Entwicklung von Sizewell C ab. Im Mai 2020 war der Bau offiziell beantragt worden. ari

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    Hamburgs Bürgermeister für Cosco-Einstieg

    Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) hat sich für eine Beteiligung des chinesischen Unternehmens China Ocean Shipping Company (Cosco) am Hamburger Containerterminal ausgesprochen. “Es gibt dazu keine politischen Vorgaben, aber was unternehmerisch sinnvoll ist, muss auch praktisch möglich sein und gemacht werden”, sagte der SPD-Politiker der Internetseite n-tv.de. Hamburg müsse bei der Wettbewerbsfähigkeit der nordeuropäischen Seehäfen auf der Höhe der Zeit bleiben, forderte Tschentscher. Hamburg ist der drittgrößte europäische Seehafen – und China der mit Abstand wichtigste Handelspartner der Hansestadt.

    Die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) prüft, dem chinesischen Investor einen Anteil von 30 bis 40 Prozent an dem Containerterminal Tollerort abzutreten (China.Table berichtete). Tollerort ist eines der vier großen Containerterminals im Hamburger Hafen. Kritiker eines Cosco-Einstiegs fürchten, dass China damit einen zu großen Einfluss auf den Hamburger Hafen nehmen könnte. So könnten Schiffe von Cosco eine Vorzugsbehandlung erwarten, vermutet der Fernsehsender NDR. Die Gewerkschaft Verdi wiederum ist besorgt, dass sich langfristig die Arbeitsbedingungen auf Schiffen und in Häfen verschlechtern könnten.

    Cosco ist ein staatseigener Betrieb mit Hauptsitz in Peking. Der europäische Hauptsitz befindet sich in Hamburg. Seit fast 40 Jahren laufen Schiffe der Reederei Cosco Shipping den Hamburger Containerterminal Tollerort an.

    Zusammenarbeit mit Cosco wirtschaftlich sinnvoll

    “Es hat gute Gründe, weswegen Cosco und andere Reedereien Interesse haben an einer Terminalbeteiligung”, sagte Tschentscher. Bei entsprechenden Konditionen, könnten Terminalbeteiligungen für beide Partner wirtschaftlich sinnvoll sein, ist Hamburgs Erster Bürgermeister überzeugt. “Die Terminalbetreiber können ihre Auslastung verbessern, die Reedereien sichern sich zuverlässige Anlaufpunkte und nehmen über den Seeweg hinaus an der gesamten Wertschöpfungskette teil.”

    Deswegen gingen Reedereien und Terminals in fast allen Häfen zusammen – in Rotterdam, Antwerpen, Marseille. Auch in Hamburg funktioniere dieses Prinzip schon mit der Beteiligung von Hapag-Lloyd am HHLA-Terminal Altenwerder und von Grimaldi an Unikai. “Ich begrüße das sehr”, betonte Tschentscher.

    Die Bundesregierung hat Berichten zufolge keine Bedenken gegen die Übernahme. Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Jürgen Hardt, mahnt hingegen zur Vorsicht. “Wenn es um die internationale Hafenlogistik geht, müssen wir Vorsicht walten lassen. Wie auch in anderen Bereichen sollten wir genau hinschauen, ob wir durch chinesisches Investment in Deutschland und Europa in einseitige Abhängigkeiten geraten oder nicht”, sagte Hardt im Gespräch mit der Neuen Osnabrücker Zeitung. rad

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    Presseschau

    China Crackdown Rocks Investors: ‘Everybody’s in the Crosshairs’ BLOOMBERG
    China’s tech giants go on hiring spree for fresh graduates despite Beijing’s crackdown on the sector SCMP (PAY)
    More than 1.65 million residents transferred across E. China Zhejiang as Typhoon In-Fa lands twice GLOBALTIMES (STAATSMEDIUM)
    China, US draw lines in the sand at top-level meeting but agree to keep talking SCMP (PAY)
    UK government seeks to ditch China’s state-owned nuclear power firm INDEPENDENT
    US-China tech war: Beijing calls on Chinese firms to ‘seize overseas opportunities’ in race for self-reliance SCMP (PAY)
    China sieht Beziehungen mit USA in »ernsthaften Schwierigkeiten« SPIEGEL
    Strengere Regeln für private Bildungsangebote: Pekings Regulierungswut schreckt Börsen auf MANAGER-MAGAZIN
    China und Pakistan wollen Taliban zügeln DW

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    Chinas neues Stempelsteuer-Gesetz

    Von Helen Bao, China Briefing, Dezan Shira

    Chinas neues Stempelsteuergesetz tritt am 1. Juli 2022 in Kraft. Damit verbunden ist eine Reihe von Aktualisierungen des bestehenden Steuersystems, wie zum Beispiel eine vereinfachte Einhaltung der Vorschriften, Änderungen einiger Steuersätze und neue Steuerbefreiungen.

    Am 10. Juni 2020 wurde das Stempelsteuergesetz vom Ständigen Ausschuss des 13. Nationalen Volkskongresses auf seiner 29. Sitzung verabschiedet. Die derzeit geltende Regelung, die “Vorläufige Regelung der Volksrepublik China zur Stempelsteuer”, die vom Staatsrat am 6. August 1988 verkündet worden war, wird mit seinem Inkrafttreten aufgehoben.

    Im Vergleich zur Interimsregelung behält das Stempelsteuergesetz das aktuelle Stempelsteuersystem grundsätzlich bei. Gleichzeitig gibt es einige bemerkenswerte Änderungen, einschließlich angemessener Vereinfachung von Steuerpositionen sowie Steuersenkungen.

    Einige Highlights der neuen Stempelgebühren

    Mit Blick auf die Änderungen des Stempelsteuergesetzes möchten wir Sie auf einige Punkte aufmerksam machen, die Sie im täglichen Umgang mit der Stempelsteuer beachten sollten:

    • Früher wurde die Stempelsteuer auf Wertpapiertransaktionen durch Veröffentlichungen des Finanzministeriums geregelt, die von der staatlichen Steuerverwaltung zirkuliert wurden. Jetzt, mit der Verabschiedung des Stempelsteuergesetzes, werden sie durch ein Gesetz geregelt, das höhere Rechtskraft hat.
    • Die Stempelsteuer auf Wertpapiertransaktionen wird weiterhin vom Übertragenden der Wertpapiertransaktion und nicht vom Empfänger erhoben. Der anwendbare Steuersatz bleibt bei 0,1 Prozent des Umsatzes.
    • Das Gesetz legt fest, dass die Bemessungsgrundlage für die Gebühr der Nettobetrag der Transaktion (zum Beispiel des Vertrags oder des Immobilienkaufs) ist, also der Betrag ohne Mehrwertsteuer. Dennoch kann der gesamte Betrag der Stempelsteuer unterliegen, falls der Mehrwertsteuerbetrag nicht in dem steuerpflichtigen Dokument angegeben ist. Wir empfehlen daher, den Mehrwertsteuerbetrag getrennt vom Preis in den steuerpflichtigen Dokumenten aufzuführen.
    • Direkte Spenden können nach dem Stempelsteuergesetz von der Stempelsteuer befreit werden. Das unterscheidet sich von der Regelung im Körperschaftsteuergesetz, wo Spenden über gemeinnützige Organisationen oder staatlichen Stellen der Kreisebene und darüber und deren Abteilungen erfolgen müssen, um steuerbefreit zu sein. Unternehmen wird empfohlen, diesen Unterschied zu beachten und diese steuerschonende Behandlung bei direkten Spenden nicht zu übersehen.
    • Es ist zu beachten, dass von Unternehmen und Nicht-Finanzorganisationen unterzeichnete Kreditverträge nicht der Stempelsteuer unterliegen. Außerdem können die von Finanzinstitutionen sowie Kleinst- und Kleinunternehmen unterzeichneten Kreditverträge von der Stempelsteuer befreit werden. Die Dauer dieser Regelung wurde durch die Bekanntmachung Nr. 6/2021 des Finanzministeriums und der staatlichen Steuerverwaltung bis zum 31. Dezember 2021 verlängert. Unternehmen sollten sich dieser Regelung bewusst sein und sie nutzen, um bei Kreditverträgen Steuern zu sparen, wenn sie zu den berechtigten Unternehmen gehören.

    Hintergrund: rechtsstaatlichere Steuerverwaltung angestrebt

    Im Jahr 2015 veröffentlichte die staatliche Steuerverwaltung die “Guiding Opinions on Comprehensive Promoting the Governing of Taxes according to Law” (Shui Zong Fa [2015] Nr. 32), in denen festgelegt wurde, dass China die Umwandlung der relevanten Steuervorschriften in Gesetze beschleunigen soll, um die Rechtssicherheit zu verbessern und die Effizienz der Steuerverwaltung zu erhöhen. Dies gilt als wichtiger Teil der umfassenderen Bemühungen Chinas, mehr Rechtsstaatlichkeit, gemeint ist damit eine gesetzesbasierte Verwaltung des Landes, zu erreichen.

    Mit der Verabschiedung des Stempelsteuergesetzes hat China Gesetze für zwölf der 18 bestehenden Steuern erlassen. Unternehmen sind gut beraten, die zukünftigen Entwicklungen der chinesischen Steuergesetze genau im Auge zu behalten. Es stehen weitere entscheidende Änderungen an.

    Dieser Artikel ist zuerst im Asia Briefing erschienen, das von Dezan Shira Associates herausgegeben wird. Das Unternehmen berät internationale Investoren in Asien und unterhält Büros in China, Hongkong, Indonesien, Singapur, Russland und Vietnam. Bitte nehmen Sie Kontakt auf über info@dezanshira.com oder die Website www.dezshira.com.

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    • Recht
    • Steuern

    Personalien

    An dieser Stelle möchten wir eine Personalie vom 25.06.2021 korrigieren:

    Almut Rößner ist weiterhin Geschäftsführerin des Ostasiatischen Vereins (OAV). Der Posten im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Asienkunde (DGA) ist ein zusätzliches Mandat. China.Table hatte fälschlicherweise einen Wechsel gemeldet. Wir bitten, diesen Fehler zu entschuldigen.

    Dessert

    “In-Fa” ist im Anmarsch: Chinas Ostküste hat die ersten Auswirkungen des nahenden Taifuns zu spüren bekommen. Ein Mitarbeiter patrouilliert im Hafengebiet Zhapu von Pinghu in der ostchinesischen Provinz Zhejiang. “In-Fa” erreichte am Montag mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 100 Kilometer pro Stunde das Festland, wie die Hochwasserschutzzentrale der Provinz mitteilte. Staatlichen Medien zufolge könnte der Taifun in den kommenden Tagen auch in Teilen der durch Überschwemmungen verwüsteten Provinz Henan wieder für heftige Regenfälle sorgen.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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