CEO.Talk
Erscheinungsdatum: 08. November 2025

Eon-Chef zur Energiewende: „Wir erreichen zu wenig mit zu viel Geld“

Leonhard Birnbaum im Table-Today-Studio in Berlin.

Leonhard Birnbaum, CEO des Energieversorgers Eon, rechnet ab: Deutschland verschwendet Milliarden für Energiewende-Kapazitäten, die niemand braucht. Sein Vorwurf: reine Planwirtschaft.

Eine planwirtschaftliche Energiepolitik laufe an der Realität vorbei. Das ist die Kerndiagnose von Eon-Chef Leonhard Birnbaum im Gespräch mit Table.Briefings. „Wir haben Ziele definiert für die Energiewende und diese in Unterziele runtergebrochen“, sagt Birnbaum. „Wir haben eine saubere Planwirtschaft aufgesetzt.“ Die Folge: Deutschland baue am Bedarf und an der Infrastruktur vorbei und mit zu viel Subventionen.

Die ursprünglich veranschlagten 750 Terawattstunden Stromverbrauch bis 2030 seien illusorisch. Deutschland liegt heute bei 500 Terawattstunden, Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche hat den Bedarf auf über 600 korrigiert. „Das heißt, wir würden immer noch erheblich wachsen“, sagt Birnbaum. Die Planung baue Kapazitäten auf, die für das Ziel von 80 Prozent an erneuerbaren Energien gar nicht gebraucht werden. Das Ergebnis: „Ich baue nicht nur Erneuerbare, die ich nicht brauche, sondern muss sie noch an ein Netz anschließen, das es nicht verträgt.“

Birnbaum fordert alle zwei Jahre ein Monitoring statt starrer 20-Jahres-Prognosen. Die Politik müsse sich an der Realität ausrichten, nicht an ideologischen Zahlen. „Frau Reiche hat genau das Richtige getan, indem sie ein Monitoring aufgesetzt hat“, lobt er. Die Leitlinie müsse die beobachtete Realität sein, insbesondere wenn das für Kunden billiger sei. Reiche schätzt, dass sich rund 15 Milliarden Euro pro Jahr einsparen ließen. „Und jetzt muss ich mich in jedem Gespräch immer endlos rechtfertigen dafür, warum es vielleicht eine gute Idee ist, 15 Milliarden zu sparen“, sagt Birnbaum.

Der geplante Industriestrompreis deckt strukturelle Probleme nur temporär zu. Das Instrument sei „unglaublich teuer“ und unterdrücke wichtige Preissignale. „Ich muss ja nicht mehr reagieren, ich habe ja billige Energie“, warnt Birnbaum. Ägypten habe Gas subventioniert und deshalb eine der größten Zementindustrien der Welt bekommen, „obwohl sie das bei ihren Energiepreisen besser nie gemacht hätten“. Ohne strukturelle Reformen müssten die Subventionen Jahr für Jahr steigen.

Bei den Sondervermögen für Infrastruktur sieht Birnbaum eine historische Chance vertan. „Im Moment haben wir die 500 Milliarden zweimal verplant, aber leider null strukturelle Reformen in Sicht“, kritisiert er. Wenn das so bleibe, werde Deutschland kontinuierlich schwächer gemacht „in einer Zeit, in der wir uns eigentlich auf unsere eigene Macht und unsere eigene Stärke besinnen müssten“.

Birnbaum fordert das Ende der Einspeisevergütung für private Solaranlagen. Seine Rechnung: Drei Viertel des Wertes einer PV-Anlage entstehe dadurch, dass Haushalte ihren selbst produzierten Strom nutzen und keine Netzentgelte zahlen. Nur ein Viertel komme aus der garantierten Einspeisevergütung für überschüssigen Strom. „Warum müssen wir dieses Viertel auch noch garantieren?“, fragt der Eon-Chef. Wenn die Vergütung wegfalle, müssten sich Betreiber selbst um die Vermarktung kümmern. „Wenn es ein Geschäftsmodell gibt, das mit 13 Prozent Umsatzrückgang nicht zu Rande kommt, dann sollte es dieses Geschäft nicht geben.“

Bei den Gaskraftwerken mahnt Birnbaum zum pragmatischen Handeln statt endloser Theoriedebatten. Ob nun zwölf, 16 oder sechs Gigawatt nötig seien, interessiere ihn nicht. „Ich hätte es einfach nur mal gerne, dass wir überhaupt anfangen zu bauen“, sagt er. Nach drei Jahren könne man evaluieren und nachjustieren. Eon verdiene selbst nichts an den Kraftwerken, sei als Netzbetreiber aber auf sichere Versorgung angewiesen. „Ich tue mich schwer, mir eine Energieversorgung vorzustellen, die sicher ist, ohne ein Backup im Gas.“

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Letzte Aktualisierung: 08. November 2025

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