Table.Briefing: Bildung

Pflicht für Digital-Lehrerbildung + #WirWerdenLaut + teech + Lea Schulz

  • Aus- und Weiterbildung für Lehrende in digitaler Didaktik
  • Prien trifft Schülervertreter – aber nicht #WirWerdenLaut
  • Studienkreis kooperiert mit teech
  • Forum Bildung Digitalisierung debattiert heute Personalentwicklung an Schulen
  • Online Bildungsgipfel 2022
  • Lea Schulz – ihr Konzept für digitale Inklusion
  • Didaktik & Tools: Lehrer Mengel über Digital-School-Storys
  • Presseschau
  • Bildungs-Termine
Liebe Leserin, lieber Leser,

die Schulen schwimmen gerade mitten in der Omikron-Welle. Ist es da wohlfeil, zu fragen, was kommt, wenn die Welle genommen und die Pandemie Geschichte ist? Das ist es nicht. Nach dem digitalen Wachstumsschub, darf es nicht zum digitalen Wachstumsschmerz kommen, mahnen Forschende. Die Schulen haben sich in der Pandemie digital stark weiterentwickelt. Jetzt müsse die Lehrerbildung und Didaktik nachziehen, und da liegt noch viel im Argen.

Seit Tagen setzt sich die Schülerinitiative “Wir werden laut” für sichere Schulen in der Pandemie ein und schreibt einen offenen Brief an die Politik. Auf Twitter erntet sie Applaus. Gesundheitsminister Lauterbach, Bildungsministerin Stark-Watzinger und KMK-Präsidentin Prien stellen Gespräche in Aussicht. Karin Prien traf sich gestern sogar mit Schülerinnen und Schülern zum eineinhalbstündigen Austausch – die Protestbewegung war nicht eingeladen.

Bleiben Sie gesund!

Ihr
Niklas Prenzel
Bild von Niklas  Prenzel

Analyse

Pflicht-Booster für digitale Didaktik

Die Zukunft der Didaktik wird in Kaiserslautern geschrieben. Hier entsteht ein digitales Physiklehrbuch, das sich individuell an die Lernenden anpasst, oder ein Tool, das den Lernzustand der Schüler in Echtzeit erfasst. Per Eyetracking wird das Blickverhalten der Schüler analysiert. Das Projekt Hypermind will die Didaktik der MINT-Fächer revolutionieren. Lehrkräfte könnten eines Tages in Echtzeit Rückmeldung über den Lernzustand der Schüler erhalten und ihren Unterricht danach ausrichten.

Was die Physikdidaktik der TU Kaiserslautern gemeinsam mit dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz erprobt, klingt für manche nach dystopischer Lernüberwachung, für andere nach kluger, zukunftsweisender Anwendung von Künstlicher Intelligenz im Unterricht. Learning Analytics, die Vermessung des Lernens, ist längst kein Fachbegriff mehr für Didaktik-Nerds, sondern findet Eingang ins Wahlprogramm von Regierungsparteien.

Lehramtsstudierende lernen wenig über digitales Unterrichten

Stefan Aufenanger, ehemaliger Professor für Medienpädagogik an der Universität Mainz, blickt begeistert zu den Kolleg:innen nach Kaiserslautern. Seit vielen Jahren verfolgt er die Digitalisierung an Deutschlands Schulen. “In manchen Fachdidaktiken passiert gerade sehr viel, in anderen hingegen so gut wie nichts“, sagt er. Es hänge stark von der jeweiligen Professur ab. Zwar lernen in der Regel alle angehenden Lehrer etwas über “Digitales Lehren”. Doch sei es häufig nur ein einziges Modul im gesamten Studienverlauf – noch dazu oftmals ein freiwilliges.

Und auch wenn der pädagogische Nachwuchs digital-didaktisch geschult an die Schulen kommt: Viele Lehrkräfte sträuben sich gegen die digitale Lehre. Neulich habe ihn eine Schule gefragt, ob er eine Fortbildung zum Thema “Digitalisierung” geben könne. Die Schule wollte den Studientag aber erst in einem Jahr veranstalten. “Warum lasst ihr euch so viel Zeit und arbeitet eure Erfahrungen aus der Pandemie nicht direkt auf?“, habe er die Schulleitung gefragt.

Zukunftsaufgabe: guten Unterricht für die digitale Schule entwickeln

Eine Erfahrung, die so gut wie jede Schulleitung in den vergangenen zwei Jahren gemacht hat: dass die Lehrpersonen über sehr unterschiedlich hohe digitale und technische Kompetenzen verfügen. Das zeigt die aktuelle Studie “S-CLEVER. Schulentwicklung vor neuen Herausforderungen”, die etwa 1.000 Schulleiter in Deutschland, Österreich und der Deutschschweiz seit September 2020 mehrmals befragt hat. Die Arbeitsbelastung des Kollegiums und die Unterschiede in den digitalen und technischen Kompetenzen: Das stellte länderübergreifend die größte Herausforderung für Schulleitungen dar.

“Plötzlich hatte keine Schule mehr eine Ausrede. Alle mussten sich für die Digitalität öffnen”, sagt Tobias Feldhoff, einer der Studienautoren und Professor für Schulforschung an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Die kommenden Jahre würden eine große Aufgabe mit sich bringen. Denn digitale Schulentwicklung -in den vergangen zwei Jahren oft als “Flickwerk” entstanden – müsse jetzt mit guter Unterrichtsqualität verknüpft werden. Für deutsche Schulleitungen hat die Entwicklung des “Digitalen Lernens” im laufenden Schuljahr zwar immer noch oberste Priorität, doch liegt die Entwicklung der “Unterrichtsqualität” in der Prioritätenliste mittlerweile fast gleich auf.

Ist ein Pflicht-Booster für digitale Didaktik sinnvoll?
Im ersten Pandemiejahr verbesserten Schulleitungen vor allem das digitale Lernen – mittlerweile bemühen sie sich genauso stark um höhere Unterrichtsqualität.

Didaktisch gibt es in vielen Schulen noch Luft nach oben“, sagt Feldhoff. Wo sind digitale Medien ein wirklicher Mehrwert? Diese Frage müssten Lehrpersonen, Schulen und Fachdidaktiken nun beantworten. Feldhoff befürchtet, dass Lehrkräfte sich “ins Sofa fallen lassen” nach der hohen Arbeitsbelastung während der Pandemie. Dann war das digitale Lehren bloß ein Spuk. Doch um den digitalen Wachstumsschub zu verstetigen, braucht es einen Plan für die Zeit nach dem Ausnahmezustand.

Pflicht-Weiterbildung nach fünf Jahren Schuldienst

Er fordert eine verpflichtende dritte Lehrerbildungsphase. Nach Studium und Referendariat müssten alle Lehrkräfte zusätzliche Fort- und Weiterbildungen wahrnehmen. Im besten Fall sollte nach fünf Jahren Schuldienst eine Weiterbildung vorgeschrieben sein, mit einem flexiblen Curriculum und Pflichtmodulen zu Schulentwicklung und Digitalität. Input, Praxis, Reflexion: Die Weiterbildung bestände aus mehreren Modulen. “Ein Wochenende reicht da nicht”, sagt Feldhoff. Er sieht die Landesinstitute in der Pflicht, die drei Phasen der Lehrerbildung in Kompetenzzentren für digitale Medien zusammenzufassen. Neben Fortbildungsangeboten brauche es dort auch Beratung zu digitaler Bildung für Schulen, die gerade erst mit dem Prozess begonnen haben.

Eine postpandemische, digitale Didaktik wird Fehler aufzuarbeiten und Zukunftskonzepte zu entwerfen haben. Sie wird die Kreide nicht schlichtweg durch einen Touchscreen ersetzen oder ein Schulbuch eingescannt ins LMS laden. Digitale Didaktik hat nur dort eine Daseinsberechtigung, wo sie mehr kann als das analoge Herkömmliche: etwa, weil Schüler am Tablet besser zusammenarbeiten oder, je nach Lernstand, unterschiedlich komplexe Texte bekommen können. Ob eine KI die Schwierigkeitsstufen durch Eyetracking bestimmen soll, wie es das Hypermind-Projekt in Kaiserslautern plant – das ist eine Frage, die bald auch in den Fachdidaktiken der Universitäten oder Lehrerfortbildungen diskutiert werden könnte.

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    Corona-Protest: Schüler werden laut

    Wir werden laut: Schüler kritisieren Pandemiepolitik
    Geht aus Furcht vor schlechten Abiturnoten weiter in den Präsenzunterricht: #WirWerdenLaut-Mitinitiator Tobias Westphal.

    Die Inzidenz steigt täglich – und mit ihr die Angst sich mit dem Coronavirus anzustecken. Da es gerade vor allem die Jüngeren sind, die sich mit der hochansteckenden Omikron-Variante infizieren, ist die Sorge unter ihnen besonders groß. Eine Gruppe von über 140 Schülersprecher:innen aus ganz Deutschland hat deshalb vergangene Woche einen offenen Brief an die Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP), an Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und an die Präsidentin der Kultusministerkonferenz Karin Prien (CDU) verfasst. Sie fordern, dass die Schulen in der Pandemie endlich zu sicheren Orten werden sollen: mit Luftfiltern und kostenlosen FFP2-Masken für alle, kleinen Lerngruppen und mehr schulpsychologischem Personal.

    “Die Lage in den Schulen ist so schlimm wie noch nie”, sagt Tobias Westphal von der Initiative, die sich “Wir werden laut” nennt. Am Tag des Erscheinens der Petition, am 2. Februar, trendete der Hashtag #wirwerdenlaut auf Twitter. Tobias Westphal, 17, ist Schulsprecher am Johann-Gottfried-Herder-Gymnasium in Berlin und steckt gerade mitten in den Abiturvorbereitungen. Auch wenn er sich in den Klassenräumen nicht mehr sicher vor dem Virus fühlt und in Berlin die Präsenzpflicht vorübergehend ausgesetzt ist, geht er trotzdem weiter in die Schule. Zwar fürchtet er sich vor einer Ansteckung, doch die Furcht vor einer schlechten Abiturnote ist größer. Trotzdem bleiben ein paar seiner Mitschüler:innen lieber zu Hause – vor allem die mit Risikopatienten oder ungeimpften kleinen Geschwistern zu Hause.

    Pandemie-Peak steht Schulen noch bevor

    Die bundesweite 7-Tage-Inzidenz nähert sich täglich der 2000er-Marke. Doch offenbar gilt wie in der Pandemie auch: Die Schüler:innen müssen selbst Initiative ergreifen, um endlich gehört zu werden. Tobias Westphal kennt keine belastbaren Zahlen für seine Schule, denn das schulinterne Covid19-Meldesystem hatte über die Winterferien letzte Woche Probleme. Er geht davon aus, dass fast in jeder Klasse ein Schüler oder eine Schülerin fehlt, weil sie oder er sich mit dem Virus angesteckt hat. Im Bundesvergleich erscheint das wenig. In Nordrhein-Westfalen rechnet die Lehrergewerkschaft VBE mit aktuell 8,5 Prozent coronabedingten Ausfällen unter den Schülern. Bis zum erwarteten Pandemie-Peak Mitte oder Ende Februar wird sich diese Zahl wahrscheinlich noch weiter erhöhen.

    Es regt sich immer größerer Widerstand. Weil es für viele unzureichend ist, wie die Politik mit den Schulen in der Coronavirus-Pandemie umgeht, demonstrieren vereinzelt Eltern und Schüler:innen in ganz Deutschland für eine sichere Schule. Tobias Westphal beklagt, dass die Berliner Senatsverwaltung kaum Vorgaben gemacht habe, um das Infektionsgeschehen an den Schulen einzudämmen. Ein Hygienekonzept habe jede Schule selbst erarbeitet.

    Die Politik lädt zu Gesprächen

    Dabei stimmt nicht ganz, dass an den Schulen seit Ausbruch der Pandemie nichts geschehen ist. Die Schüler:innen und das Schulpersonal werden regelmäßig getestet, es gilt eine allgemeine Maskenpflicht. Doch Abstand kann kaum gewahrt werden in den überschaubaren Räumen und den engen Fluren. Die Schnelltests, die sie bekämen, seien nicht hochwertig, sagt Tobias Westphal. Er möchte PCR-Pooltests, also dass die Abstriche einer ganzen Klasse ins Labor gegeben werden, damit die Labore nicht allzu sehr überlastet werden. Auch Luftfilter fehlten noch in zu vielen Klassenräumen.

    Zwar gibt es Konzepte für sicheren Unterricht – Luftfilter in allen Räumen, FFP2-Masken, bessere Angebote für die Notbetreuung – doch sie werden von der Politik nicht genügend unterstützt, so die Kritik. Immerhin zeigten sowohl Bildungsministerin Stark-Watzinger als auch KMK-Präsidentin Prien und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach Gesprächsbereitschaft. Von Prien und Stark-Watzinger habe man eine Einladung für ein “zeitnahes” Treffen erhalten, teilte die Initiative “Wir werden laut” mit. Auch stünden Treffen mit Bundestagsabgeordneten von SPD, Grünen und FDP auf dem Programm.

    Am Dienstag traf sich Karin Prien mit der Bundesschülerkonferenz und Vertreterinnen und Vertretern der Schülerschaft. “Wir sind weiterhin fest entschlossen, die Schulen so weit wie möglich offenzuhalten und haben dafür bei den Schülervertreterinnen und -vertretern überwiegend Zustimmung erhalten”, sagte Karin Prien im Anschluss. Die Initiative von Tobias Westphal war zu diesem Treffen nicht eingeladen.

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      Studienkreis rüstet digital auf

      Der Nachhilfeanbieter Studienkreis geht eine Kooperation mit der jungen Lernplattform teech ein. Das virtuelle Klassenzimmer des Start-ups soll in die Studienkreis-Plattform integriert werden. So könne “Online-Nachhilfe sicher und mit hoher Qualität stattfinden”, sagten die beiden Unternehmen. “Wir sind wie ein Schnellboot, das Studienkreis hilft, den Anforderungen des digitalen Nachhilfemarkts in kurzer Zeit gerecht zu werden”, sagte teech-Gründer Emanuele Monaco gegenüber Bildung.Table. Zusammen mit seinem Bruder Joel hatte er teech 2020 gegründet. Nach eigenen Angaben nutzen 550 Schulen das digitale, browserbasierte Klassenzimmer des Darmstädter Unternehmens.

      “Unsere Kooperation mit teech ist keine Reaktion auf etwas, das GoStudent oder ein anderer Wettbewerber tut. Wir verstehen sie als wichtiges Element innerhalb unserer Idee zeitgemäßen Lernens, das ohne Digitalisierung nicht mehr denkbar ist”, heißt es von Studienkreis auf Anfrage von Bildung.Table. Anfang des Jahres hatte der österreichische Nachhilfeanbieter GoStudent zusätzliche 300 Millionen Euro an Investitionen eingeworben und mischt den digitalen Nachhilfemarkt auf. Mit Blick auf die Digitalisierung stellt Studienkreis, der in Deutschland 120.000 Schüler Nachhilfe gibt, fest: “Die Qualität des Nachhilfeunterrichts – online wie auch in Präsenz – hängt natürlich in erster Linie davon ab, wie gut ein Nachhilfelehrer seine Schülerinnen und Schüler individuell unterstützt.” Die Kooperation zwischen dem jungen und alten Bildungsanbieter soll im ersten Quartal 2022 starten. Studienkreis setzt bei der Nachhilfe auf Blended Learning und kooperiert bereits mit digitalen Bildungsanbietern wie sofatutor oder examio. npr

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        Karin Prien diskutiert Impulspapier über digitalisierte Lehrerbildung

        Ende Januar veröffentlichte das Forum Bildung Digitalisierung ein Impulspapier über digitalisierungsbezogene Personalentwicklung an Schulen. Heute, am 9. Februar von 10:30 Uhr bis 12:00 Uhr stellen die Autor:innen ihr Papier vor. Zu Gast ist unter anderem KMK-Präsidentin Karin Prien. Die Anmeldung zur Vorstellung mit anschließender Diskussion im Videochat erfolgt über die Website vom Forum Bildung Digitalisierung.

        Die Autor:innen des Impulspapiers, Mark Rackles und Maike Reese, wenden sich mit “Personalentwicklung und die Rolle von Schulleitungen. Impulse zum Zusammenwirken von inneren und äußeren Schulangelegenheiten” an Schulleitungen, Schulträger und Schulaufsichten. Auf rund dreißig Seiten untersuchen sie die rechtlichen Rahmenbedingungen für Schulleitungen und welche Kooperationsmöglichkeiten mit Trägern und Aufsichten möglich sind. Notwendige Fortbildungen und IT-Ausstattung sind ebenfalls Thema.

        Die Autor:innen empfehlen unter anderem ein “enges Zusammenspiel von Schulträger (Ausstattung), Schulaufsicht (Dienstrecht/Beteiligungsverfahren) und Schule sowie eine feste schulische Stelle für ‘pädagogische IT-Beratung’ und den Ausbau dezentralisierter Fortbildungsbudgets. Es soll keine verschärfte Fortbildungspflicht geben, sondern die “Pflichtbefassung mit den Kernthemen digitaler Schulentwicklung Konsens werden”. Ebenfalls sollen digitale Tools ausgebaut und genutzt und länderübergreifende, einheitliche Rahmenbedingungen für die digitalisierte Personalentwicklung gewährleistet werden. Enno Eidens

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          Online Bildungsgipfel lockt mit knapp 40 Speakern

          Unter dem Motto “Heile Schule, heile Welt” findet vom 11. bis 19. Februar der Online Bildungsgipfel 2022 statt – organisiert von den Pioneers of Education, der Akademie der Lernkulturzeit Schule im Aufbruch und intus hoch drei. Die gesamte Veranstaltung läuft online über in Zoom-Video-Calls und die Anmeldung auf der Event-Website ist kostenlos. Es gibt viel Programm: knapp 40 Impulsgeber, 5 Praxislabore, 4 Dialogrunden und 4 Sprechstunden warten auf die Teilnehmer. Thematisch soll es unter anderem um ganzheitliches Lernen, “Future Skills”, Beziehungskompetenzen und die Entwicklung von Bildungsinstitutionen in “Caring Systeme” gehen.

          Unter den Impulsgebern sind unter anderem Andreas Schleicher (OECD-Bildungsdirektor), Margret Rasfeld (Schule im Aufbruch) und Christina Bethell (John Hopkins Unversity). Neben vielen Interviews gibt es Einblicke in die Praxis bei ausgewählten Schulen und Dialogrunden am Abend. Hier wird zum Beispiel über Lehrerausbildung, und den “Lern- & Heilungsraum Natur gesprochen”. In den nachmittäglichen Sprechstunden können Teilnehmende Expert:innen Ihre Fragen in Sachen Bildungstransformation und Schulrevolution stellen. Bei den “Future Skills” geht es in Workshop gemeinsam an Methoden wie Achtsamkeit und die Unterrichts-Workshops von Digital Sparks.

          Das Programm ist vielfältig und groß, weshalb die Veranstaltenden sich an beruhigend an Teilnehmende mit vollem Terminkalender wenden. “Schau Dir ein Interview, ein Praxislabor, einen Abendaustausch an oder auch viele – ganz, wie es Dir guttut.” Die aufgezeichneten Interviews stehen für 48 Stunden zum Download zur Verfügung und nach Veranstaltungsende können Interessierte ein Kongresspaket kaufen. Enno Eidens

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            Makerspace

            Lea Schulz: Konzept für digitale Inklusion

            Lea Schulz: Konzept für digitale Inklusion
            Lea Schulz

            Eigentlich wollte Lea Schulz nach dem Abitur gar nichts mehr mit Schule zu tun haben. Sie hatte zwar nie Probleme mit dem Lernen, ging immer gerne in den Unterricht. Doch weil in ihrer Patchworkfamilie alle vier Elternteile Lehrer:innen waren, wollte sie eine andere Karriere einschlagen. In Freiburg hatte sie schon einen der begehrten Psychologie-Studienplätze bekommen. Doch dann wurde sie schwanger und zog nicht in den Süden, sondern blieb in ihrem Heimatort Flensburg. Sie schrieb sich für zwei Fächer ein, die Psychologie wenigstens ein bisschen ähneln: Sozialpädagogik und Mathematik.

            Lea Schulz ist heute Sonderschullehrerin und Studienleiterin. Sie hat ein Wort erfunden, das Digitalisierung und Inklusion im Bildungssystem zusammenführt: Diklusion. Es ist ein Begriff, der beide Leidenschaften von Lea Schulz, heute 37 Jahre alt, miteinander verbindet: digitale Medien und Pädagogik. Nach ihrem Studium ging die junge Mutter zunächst nach Berlin. Sie entwickelte für die Online-Plattform Bettermarks eine Mathe-Lernapp.

            Das Tablet als Tablette gegen Lampenfieber

            Als Lea Schulz ihr Referendariat in einer Flensburger Brennpunktschule begann, lautete ihre erste Frage an die Schulleitung: “Wie ist das eigentlich mit IPads an der Schule?” Das war 2015. Sie bekam ein Tablet, das bis dahin einzige im Lehrerzimmer, um auszuprobieren, wie das Gerät den Lehrkräften im Alltag dienen kann. Also lud sie sich Apps herunter, um sie für ihren Unterricht auszuprobieren. Mit einer Mathe-App konnten die Kinder üben, Zahlen zu schreiben. Mit dem Finger zeichneten sie auf dem Bildschirm Linien, ohne einen Haufen Papier zu verbrauchen oder dass die Stifte abstumpfen.

            Ich habe nach und nach das Tablet als assistives Medium eingesetzt“, sagt Lea Schulz, vor allem für Schüler:innen, denen es schwerfällt, im Unterricht zu folgen. Es habe Lernfortschritte ermöglicht, die es ohne die Tablets nicht gegeben hätte, erzählt sie. Ein Mädchen in ihrer Klasse etwa, das nie etwas sagte, sich nie meldete, traute sich alleine im Nebenzimmer auf dem IPad einen Text einzusprechen. Und die Audiodatei dann vor der ganzen Klasse abzuspielen.

            Für Lea Schulz ist Diklusion vor allem eine Frage der Haltung. Das Konzept bietet die Chance, in einem Bildungssystem alle Kinder mitzunehmen, egal welche Steine ihnen im Weg liegen. Sei es, dass sie körperliche Beeinträchtigungen haben, in Armut aufwachsen, zu Hause nicht gefördert werden oder einfach auf unterschiedliche Arten lernen. Für ein Schulsystem, das es kaum schafft, Ungleichheiten auszubügeln, ist das eine Chance.

            Diklusion heißt: flexibel bleiben, eigene Dogmen überdenken

            In ihrem Studium lernte sie Kommiliton:innen kennen, deren Ansicht es gewesen war, dass eben nicht auf alle Schülern im Unterricht eingegangen werden könne. Wenn der oder die nicht mitkommt, sei das nicht so schlimm! Das hörte sie öfter. “Das entspricht aber nicht meinem Menschenbild“, sagt Schulz. Sie möchte, dass alle Schülerinnen und Schüler auf ihre Art und Weise in der Schule lernen können, egal welche Voraussetzungen sie mitbringen. Und Haltung braucht es nicht nur gegenüber den Schüler:innen. Gerade bei jüngeren Kindern spielen die Eltern eine bedeutende Rolle. Und gegenüber denen musste Lea Schulz ihre Haltung auch schonmal ändern.

            Als sie sich bei einem Elternabend auf einen Tisch setzte, um zu berichten, was es Neues in der Klasse gibt, hätten zwei Paare den Raum verlassen. Lea Schulz traf eine der Mütter später und fragte, was das Problem gewesen sei. “Eine Frau, die auf einem Tisch sitzt: Das wurde in ihrer Kultur als unangebracht empfunden, erklärte mir die Frau.” Andere hätten vielleicht mit den Schultern gezuckt und gesagt, dann sollen sie eben nicht kommen. Lea Schulz nicht. Lieber setzt sie sich beim nächsten Elternabend auf einen Stuhl, als dass manche der Infoveranstaltung fern bleiben. Ihr ist es wichtig, dass auch die Eltern mit einbezogen werden, egal wo sie herkommen.

            Was hat das nun mit Diklusion zu tun? Flexibel auf neue Hürden reagieren und immer das Ziel vor Augen, den Schülerinnen und Schülern so viel wie möglich beibringen zu können: Das ist Teil von Lea Schulz’ Diklusions-Begriff. “Ich habe auch bestimmte Werte und Dogmen übernommen. Lange dachte ich, Handys in der Schule seien eine Gefahr”, sagt Lea Schulz. Doch irgendwann habe sie verstanden, dass es viel gefährlicher ist, Kinder nicht vorzubereiten auf eine Welt, in der das Smartphone nicht mehr wegzudenken ist.

            Heute weiß sie, dass selbst Kindergartenkinder verstehen können, dass sie keine Menschen fotografieren dürfen, ohne vorher zu fragen. Lea Schulz lebt ihr eigenes Konzept vor und überdenkt Regeln, die früher sinnvoll erschienen, heute aber überholt sind. Auch für ihre eigene Familie: Ihr ältester Sohn, der heute 18 ist, durfte ein Handy erst ab der fünften Klasse in die Hand nehmen. Seine jüngsten Geschwister, vier und acht Jahre alt, spielen jetzt schon am Tablet. Sofie Czilwik

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              Didaktik & Tools

              Digital-School-Story

              Was ist der pädagogische Vorteil der Digital-School-Story?

              Kern des Projekts ist in meinen Augen, dass Schüler:innen ihre eigenen Geschichten erzählen. Digital-School-Story ist ein Exempel für eine andere, nicht-lineare Art des Lernens. Es gehört zu den Gewinnerprojekten des #wirfürschule-Hackathons 2020. Schüler:innen üben Kompetenzen wie digitale und agile Methoden oder multimediales Erzählen von Geschichten. Im normalen Unterricht kommt das so nicht vor. Die Schülerinnen und Schüler mutieren von Social-Media-Konsumenten zu aktiven Gestaltern. Schüler:innen lernen, digitale Geschichten spannend zu erzählen und bringen dabei ihre eigenen Inhalte und ihre Kreativität ein. Es geht übrigens nicht darum, Inhalte auf TikTok oder YouTube zu teilen, sondern um das Erlernen des Storytellings. Die Kompetenz des Storytellings gewinnt in Deutschland immer mehr an Bedeutung – in Amerika ist sie aus den Schulen nicht mehr wegzudenken. Die Schüler:innen erlernen dabei auch agiles Arbeiten. Sie bekommen immer wieder Feedback zu ihren Videos und begegnen Influencern. Sie schreiben ein Storyboard, nehmen die Videos auf, schneiden und präsentieren ihr Produkt.

              Welche technischen Voraussetzungen braucht man?

              Für eine Digital-School-Story bedarf es keines großen technischen Aufwands. Die Schüler nutzen ihre Smartphones – und lernen sie dabei neu kennen. Für anspruchsvollere Arbeiten können sie die Tablets der Schule nutzen. Man braucht in der Gruppe kein leistungsstarkes digitales Endgerät für Schnitt und Präsentation. Smartphone und Tablet reichen aus.

              Wäre digitales Storytelling auch im Distanzunterricht anwendbar?

              Das Projekt kann man in Präsenz und in Distanz durchführen. In Präsenz ist es leichter, weil es ein stark teamorientiertes Arbeiten ist. In der Distanz muss jeder für sich die Videosequenzen produzieren und zusammenfügen. Aber die Stärke gemeinsamer Themen schweißt die Schüler:innen auch hier zusammen. Wichtig: Es geht in allen Fächern und Klassenstufen.

              Pro-Tipp

              Gleich das erste Projekt hat gezeigt, wie groß das Potenzial des Storytellings ist, um Anerkennung weit über die Schule hinaus zu erzeugen. Die Schüler:innen beteiligten sich am Wettbewerb des Oberbürgermeisters “Wie stellst du dir deine Stadt der Zukunft vor?”. Sie produzierten verschiedenste Videos für “SmileCity”. Ideen waren zum Beispiel ein Sozialhotel, was als Video umgesetzt wurde, gendergerechte Sprache, aber auch die Umgestaltung des Stadthafens in eine Wohlfühloase. Die Schüler hatten alle Freiheiten, wir Lehrer haben nur unterstützend begleitet. Rostocks OB Claus Ruhe Madsen nutzt inzwischen eine Reihe der Videos für seine Kampagne “SmileCity”. Mit Digital-School-Story haben die Schüler:innen vielerlei Fragen aufgeworfen – an denen können sich nicht nur Schule und Lehrer, sondern die ganze Stadt Rostock orientieren. In unserem neuen Projekt mit der AG Medienscouts stehen Internetsicherheit und digitales Mobbing der Schule im Mittelpunkt. Das wird, da bin ich mir sicher, ein Meilenstein für digitale Medienbildung und -ethik.

              Kritik

              Es muss gesichert sein, dass genügend Smartphones zur Verfügung stehen. Lehrer.innen müssen offen sein, um mit Influencern zusammenzuarbeiten.

              Gert Mengel ist Lehrer für Geschichte, Philosophie und evangelische Religionslehre und Leiter der freien katholischen Don-Bosco-Schule in Rostock, die aus einer Regionalschule und einem Gymnasium besteht.

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                • Digitalisierung
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                Bildungsministerin Stark-Watzinger fordert mehr Bildungs-Befugnisse für den Bund SPIEGEL

                Deutlich mehr Klassen-Wiederholer wegen Corona-Pandemie Süddeutsche Zeitung

                Termine

                15. Februar, 10:00 bis 12:00 Uhr
                Vorstellung Präsentation des UNESCO-Weltbildungsberichtes
                Der UNESCO-Weltbildungsbericht setzt in diesem Jahr einen Schwerpunkt auf nichtstaatliche Akteure in der Bildung, zunehmende Ungleichheit durch hohe Kosten sowie unzureichende staatliche Aufsicht und Regulierung von privaten Bildungseinrichtungen. Am Dienstagvormittag stellt Manos Antoninis, Direktor des Weltbildungsberichts, die Ergebnisse des Berichts vor. Gastgeber sind das Auswärtige Amt, das Bildungsministerium und die Deutsche UNESCO-Komission. Danach gibt es eine Podiumsdiskussion und Zeit für Fragen aus dem Plenum. Eine Anmeldung für den Zoom-Call ist notwendig.ie Veranstaltung findet mit Dolmetschern in Deutsch und Englisch statt. Infos & Anmeldung

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                  • Forum Bildung Digitalisierung debattiert heute Personalentwicklung an Schulen
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                  • Lea Schulz – ihr Konzept für digitale Inklusion
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                  Liebe Leserin, lieber Leser,

                  die Schulen schwimmen gerade mitten in der Omikron-Welle. Ist es da wohlfeil, zu fragen, was kommt, wenn die Welle genommen und die Pandemie Geschichte ist? Das ist es nicht. Nach dem digitalen Wachstumsschub, darf es nicht zum digitalen Wachstumsschmerz kommen, mahnen Forschende. Die Schulen haben sich in der Pandemie digital stark weiterentwickelt. Jetzt müsse die Lehrerbildung und Didaktik nachziehen, und da liegt noch viel im Argen.

                  Seit Tagen setzt sich die Schülerinitiative “Wir werden laut” für sichere Schulen in der Pandemie ein und schreibt einen offenen Brief an die Politik. Auf Twitter erntet sie Applaus. Gesundheitsminister Lauterbach, Bildungsministerin Stark-Watzinger und KMK-Präsidentin Prien stellen Gespräche in Aussicht. Karin Prien traf sich gestern sogar mit Schülerinnen und Schülern zum eineinhalbstündigen Austausch – die Protestbewegung war nicht eingeladen.

                  Bleiben Sie gesund!

                  Ihr
                  Niklas Prenzel
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                  Pflicht-Booster für digitale Didaktik

                  Die Zukunft der Didaktik wird in Kaiserslautern geschrieben. Hier entsteht ein digitales Physiklehrbuch, das sich individuell an die Lernenden anpasst, oder ein Tool, das den Lernzustand der Schüler in Echtzeit erfasst. Per Eyetracking wird das Blickverhalten der Schüler analysiert. Das Projekt Hypermind will die Didaktik der MINT-Fächer revolutionieren. Lehrkräfte könnten eines Tages in Echtzeit Rückmeldung über den Lernzustand der Schüler erhalten und ihren Unterricht danach ausrichten.

                  Was die Physikdidaktik der TU Kaiserslautern gemeinsam mit dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz erprobt, klingt für manche nach dystopischer Lernüberwachung, für andere nach kluger, zukunftsweisender Anwendung von Künstlicher Intelligenz im Unterricht. Learning Analytics, die Vermessung des Lernens, ist längst kein Fachbegriff mehr für Didaktik-Nerds, sondern findet Eingang ins Wahlprogramm von Regierungsparteien.

                  Lehramtsstudierende lernen wenig über digitales Unterrichten

                  Stefan Aufenanger, ehemaliger Professor für Medienpädagogik an der Universität Mainz, blickt begeistert zu den Kolleg:innen nach Kaiserslautern. Seit vielen Jahren verfolgt er die Digitalisierung an Deutschlands Schulen. “In manchen Fachdidaktiken passiert gerade sehr viel, in anderen hingegen so gut wie nichts“, sagt er. Es hänge stark von der jeweiligen Professur ab. Zwar lernen in der Regel alle angehenden Lehrer etwas über “Digitales Lehren”. Doch sei es häufig nur ein einziges Modul im gesamten Studienverlauf – noch dazu oftmals ein freiwilliges.

                  Und auch wenn der pädagogische Nachwuchs digital-didaktisch geschult an die Schulen kommt: Viele Lehrkräfte sträuben sich gegen die digitale Lehre. Neulich habe ihn eine Schule gefragt, ob er eine Fortbildung zum Thema “Digitalisierung” geben könne. Die Schule wollte den Studientag aber erst in einem Jahr veranstalten. “Warum lasst ihr euch so viel Zeit und arbeitet eure Erfahrungen aus der Pandemie nicht direkt auf?“, habe er die Schulleitung gefragt.

                  Zukunftsaufgabe: guten Unterricht für die digitale Schule entwickeln

                  Eine Erfahrung, die so gut wie jede Schulleitung in den vergangenen zwei Jahren gemacht hat: dass die Lehrpersonen über sehr unterschiedlich hohe digitale und technische Kompetenzen verfügen. Das zeigt die aktuelle Studie “S-CLEVER. Schulentwicklung vor neuen Herausforderungen”, die etwa 1.000 Schulleiter in Deutschland, Österreich und der Deutschschweiz seit September 2020 mehrmals befragt hat. Die Arbeitsbelastung des Kollegiums und die Unterschiede in den digitalen und technischen Kompetenzen: Das stellte länderübergreifend die größte Herausforderung für Schulleitungen dar.

                  “Plötzlich hatte keine Schule mehr eine Ausrede. Alle mussten sich für die Digitalität öffnen”, sagt Tobias Feldhoff, einer der Studienautoren und Professor für Schulforschung an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Die kommenden Jahre würden eine große Aufgabe mit sich bringen. Denn digitale Schulentwicklung -in den vergangen zwei Jahren oft als “Flickwerk” entstanden – müsse jetzt mit guter Unterrichtsqualität verknüpft werden. Für deutsche Schulleitungen hat die Entwicklung des “Digitalen Lernens” im laufenden Schuljahr zwar immer noch oberste Priorität, doch liegt die Entwicklung der “Unterrichtsqualität” in der Prioritätenliste mittlerweile fast gleich auf.

                  Ist ein Pflicht-Booster für digitale Didaktik sinnvoll?
                  Im ersten Pandemiejahr verbesserten Schulleitungen vor allem das digitale Lernen – mittlerweile bemühen sie sich genauso stark um höhere Unterrichtsqualität.

                  Didaktisch gibt es in vielen Schulen noch Luft nach oben“, sagt Feldhoff. Wo sind digitale Medien ein wirklicher Mehrwert? Diese Frage müssten Lehrpersonen, Schulen und Fachdidaktiken nun beantworten. Feldhoff befürchtet, dass Lehrkräfte sich “ins Sofa fallen lassen” nach der hohen Arbeitsbelastung während der Pandemie. Dann war das digitale Lehren bloß ein Spuk. Doch um den digitalen Wachstumsschub zu verstetigen, braucht es einen Plan für die Zeit nach dem Ausnahmezustand.

                  Pflicht-Weiterbildung nach fünf Jahren Schuldienst

                  Er fordert eine verpflichtende dritte Lehrerbildungsphase. Nach Studium und Referendariat müssten alle Lehrkräfte zusätzliche Fort- und Weiterbildungen wahrnehmen. Im besten Fall sollte nach fünf Jahren Schuldienst eine Weiterbildung vorgeschrieben sein, mit einem flexiblen Curriculum und Pflichtmodulen zu Schulentwicklung und Digitalität. Input, Praxis, Reflexion: Die Weiterbildung bestände aus mehreren Modulen. “Ein Wochenende reicht da nicht”, sagt Feldhoff. Er sieht die Landesinstitute in der Pflicht, die drei Phasen der Lehrerbildung in Kompetenzzentren für digitale Medien zusammenzufassen. Neben Fortbildungsangeboten brauche es dort auch Beratung zu digitaler Bildung für Schulen, die gerade erst mit dem Prozess begonnen haben.

                  Eine postpandemische, digitale Didaktik wird Fehler aufzuarbeiten und Zukunftskonzepte zu entwerfen haben. Sie wird die Kreide nicht schlichtweg durch einen Touchscreen ersetzen oder ein Schulbuch eingescannt ins LMS laden. Digitale Didaktik hat nur dort eine Daseinsberechtigung, wo sie mehr kann als das analoge Herkömmliche: etwa, weil Schüler am Tablet besser zusammenarbeiten oder, je nach Lernstand, unterschiedlich komplexe Texte bekommen können. Ob eine KI die Schwierigkeitsstufen durch Eyetracking bestimmen soll, wie es das Hypermind-Projekt in Kaiserslautern plant – das ist eine Frage, die bald auch in den Fachdidaktiken der Universitäten oder Lehrerfortbildungen diskutiert werden könnte.

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                    Corona-Protest: Schüler werden laut

                    Wir werden laut: Schüler kritisieren Pandemiepolitik
                    Geht aus Furcht vor schlechten Abiturnoten weiter in den Präsenzunterricht: #WirWerdenLaut-Mitinitiator Tobias Westphal.

                    Die Inzidenz steigt täglich – und mit ihr die Angst sich mit dem Coronavirus anzustecken. Da es gerade vor allem die Jüngeren sind, die sich mit der hochansteckenden Omikron-Variante infizieren, ist die Sorge unter ihnen besonders groß. Eine Gruppe von über 140 Schülersprecher:innen aus ganz Deutschland hat deshalb vergangene Woche einen offenen Brief an die Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP), an Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und an die Präsidentin der Kultusministerkonferenz Karin Prien (CDU) verfasst. Sie fordern, dass die Schulen in der Pandemie endlich zu sicheren Orten werden sollen: mit Luftfiltern und kostenlosen FFP2-Masken für alle, kleinen Lerngruppen und mehr schulpsychologischem Personal.

                    “Die Lage in den Schulen ist so schlimm wie noch nie”, sagt Tobias Westphal von der Initiative, die sich “Wir werden laut” nennt. Am Tag des Erscheinens der Petition, am 2. Februar, trendete der Hashtag #wirwerdenlaut auf Twitter. Tobias Westphal, 17, ist Schulsprecher am Johann-Gottfried-Herder-Gymnasium in Berlin und steckt gerade mitten in den Abiturvorbereitungen. Auch wenn er sich in den Klassenräumen nicht mehr sicher vor dem Virus fühlt und in Berlin die Präsenzpflicht vorübergehend ausgesetzt ist, geht er trotzdem weiter in die Schule. Zwar fürchtet er sich vor einer Ansteckung, doch die Furcht vor einer schlechten Abiturnote ist größer. Trotzdem bleiben ein paar seiner Mitschüler:innen lieber zu Hause – vor allem die mit Risikopatienten oder ungeimpften kleinen Geschwistern zu Hause.

                    Pandemie-Peak steht Schulen noch bevor

                    Die bundesweite 7-Tage-Inzidenz nähert sich täglich der 2000er-Marke. Doch offenbar gilt wie in der Pandemie auch: Die Schüler:innen müssen selbst Initiative ergreifen, um endlich gehört zu werden. Tobias Westphal kennt keine belastbaren Zahlen für seine Schule, denn das schulinterne Covid19-Meldesystem hatte über die Winterferien letzte Woche Probleme. Er geht davon aus, dass fast in jeder Klasse ein Schüler oder eine Schülerin fehlt, weil sie oder er sich mit dem Virus angesteckt hat. Im Bundesvergleich erscheint das wenig. In Nordrhein-Westfalen rechnet die Lehrergewerkschaft VBE mit aktuell 8,5 Prozent coronabedingten Ausfällen unter den Schülern. Bis zum erwarteten Pandemie-Peak Mitte oder Ende Februar wird sich diese Zahl wahrscheinlich noch weiter erhöhen.

                    Es regt sich immer größerer Widerstand. Weil es für viele unzureichend ist, wie die Politik mit den Schulen in der Coronavirus-Pandemie umgeht, demonstrieren vereinzelt Eltern und Schüler:innen in ganz Deutschland für eine sichere Schule. Tobias Westphal beklagt, dass die Berliner Senatsverwaltung kaum Vorgaben gemacht habe, um das Infektionsgeschehen an den Schulen einzudämmen. Ein Hygienekonzept habe jede Schule selbst erarbeitet.

                    Die Politik lädt zu Gesprächen

                    Dabei stimmt nicht ganz, dass an den Schulen seit Ausbruch der Pandemie nichts geschehen ist. Die Schüler:innen und das Schulpersonal werden regelmäßig getestet, es gilt eine allgemeine Maskenpflicht. Doch Abstand kann kaum gewahrt werden in den überschaubaren Räumen und den engen Fluren. Die Schnelltests, die sie bekämen, seien nicht hochwertig, sagt Tobias Westphal. Er möchte PCR-Pooltests, also dass die Abstriche einer ganzen Klasse ins Labor gegeben werden, damit die Labore nicht allzu sehr überlastet werden. Auch Luftfilter fehlten noch in zu vielen Klassenräumen.

                    Zwar gibt es Konzepte für sicheren Unterricht – Luftfilter in allen Räumen, FFP2-Masken, bessere Angebote für die Notbetreuung – doch sie werden von der Politik nicht genügend unterstützt, so die Kritik. Immerhin zeigten sowohl Bildungsministerin Stark-Watzinger als auch KMK-Präsidentin Prien und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach Gesprächsbereitschaft. Von Prien und Stark-Watzinger habe man eine Einladung für ein “zeitnahes” Treffen erhalten, teilte die Initiative “Wir werden laut” mit. Auch stünden Treffen mit Bundestagsabgeordneten von SPD, Grünen und FDP auf dem Programm.

                    Am Dienstag traf sich Karin Prien mit der Bundesschülerkonferenz und Vertreterinnen und Vertretern der Schülerschaft. “Wir sind weiterhin fest entschlossen, die Schulen so weit wie möglich offenzuhalten und haben dafür bei den Schülervertreterinnen und -vertretern überwiegend Zustimmung erhalten”, sagte Karin Prien im Anschluss. Die Initiative von Tobias Westphal war zu diesem Treffen nicht eingeladen.

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                      Studienkreis rüstet digital auf

                      Der Nachhilfeanbieter Studienkreis geht eine Kooperation mit der jungen Lernplattform teech ein. Das virtuelle Klassenzimmer des Start-ups soll in die Studienkreis-Plattform integriert werden. So könne “Online-Nachhilfe sicher und mit hoher Qualität stattfinden”, sagten die beiden Unternehmen. “Wir sind wie ein Schnellboot, das Studienkreis hilft, den Anforderungen des digitalen Nachhilfemarkts in kurzer Zeit gerecht zu werden”, sagte teech-Gründer Emanuele Monaco gegenüber Bildung.Table. Zusammen mit seinem Bruder Joel hatte er teech 2020 gegründet. Nach eigenen Angaben nutzen 550 Schulen das digitale, browserbasierte Klassenzimmer des Darmstädter Unternehmens.

                      “Unsere Kooperation mit teech ist keine Reaktion auf etwas, das GoStudent oder ein anderer Wettbewerber tut. Wir verstehen sie als wichtiges Element innerhalb unserer Idee zeitgemäßen Lernens, das ohne Digitalisierung nicht mehr denkbar ist”, heißt es von Studienkreis auf Anfrage von Bildung.Table. Anfang des Jahres hatte der österreichische Nachhilfeanbieter GoStudent zusätzliche 300 Millionen Euro an Investitionen eingeworben und mischt den digitalen Nachhilfemarkt auf. Mit Blick auf die Digitalisierung stellt Studienkreis, der in Deutschland 120.000 Schüler Nachhilfe gibt, fest: “Die Qualität des Nachhilfeunterrichts – online wie auch in Präsenz – hängt natürlich in erster Linie davon ab, wie gut ein Nachhilfelehrer seine Schülerinnen und Schüler individuell unterstützt.” Die Kooperation zwischen dem jungen und alten Bildungsanbieter soll im ersten Quartal 2022 starten. Studienkreis setzt bei der Nachhilfe auf Blended Learning und kooperiert bereits mit digitalen Bildungsanbietern wie sofatutor oder examio. npr

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                        Karin Prien diskutiert Impulspapier über digitalisierte Lehrerbildung

                        Ende Januar veröffentlichte das Forum Bildung Digitalisierung ein Impulspapier über digitalisierungsbezogene Personalentwicklung an Schulen. Heute, am 9. Februar von 10:30 Uhr bis 12:00 Uhr stellen die Autor:innen ihr Papier vor. Zu Gast ist unter anderem KMK-Präsidentin Karin Prien. Die Anmeldung zur Vorstellung mit anschließender Diskussion im Videochat erfolgt über die Website vom Forum Bildung Digitalisierung.

                        Die Autor:innen des Impulspapiers, Mark Rackles und Maike Reese, wenden sich mit “Personalentwicklung und die Rolle von Schulleitungen. Impulse zum Zusammenwirken von inneren und äußeren Schulangelegenheiten” an Schulleitungen, Schulträger und Schulaufsichten. Auf rund dreißig Seiten untersuchen sie die rechtlichen Rahmenbedingungen für Schulleitungen und welche Kooperationsmöglichkeiten mit Trägern und Aufsichten möglich sind. Notwendige Fortbildungen und IT-Ausstattung sind ebenfalls Thema.

                        Die Autor:innen empfehlen unter anderem ein “enges Zusammenspiel von Schulträger (Ausstattung), Schulaufsicht (Dienstrecht/Beteiligungsverfahren) und Schule sowie eine feste schulische Stelle für ‘pädagogische IT-Beratung’ und den Ausbau dezentralisierter Fortbildungsbudgets. Es soll keine verschärfte Fortbildungspflicht geben, sondern die “Pflichtbefassung mit den Kernthemen digitaler Schulentwicklung Konsens werden”. Ebenfalls sollen digitale Tools ausgebaut und genutzt und länderübergreifende, einheitliche Rahmenbedingungen für die digitalisierte Personalentwicklung gewährleistet werden. Enno Eidens

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                          Online Bildungsgipfel lockt mit knapp 40 Speakern

                          Unter dem Motto “Heile Schule, heile Welt” findet vom 11. bis 19. Februar der Online Bildungsgipfel 2022 statt – organisiert von den Pioneers of Education, der Akademie der Lernkulturzeit Schule im Aufbruch und intus hoch drei. Die gesamte Veranstaltung läuft online über in Zoom-Video-Calls und die Anmeldung auf der Event-Website ist kostenlos. Es gibt viel Programm: knapp 40 Impulsgeber, 5 Praxislabore, 4 Dialogrunden und 4 Sprechstunden warten auf die Teilnehmer. Thematisch soll es unter anderem um ganzheitliches Lernen, “Future Skills”, Beziehungskompetenzen und die Entwicklung von Bildungsinstitutionen in “Caring Systeme” gehen.

                          Unter den Impulsgebern sind unter anderem Andreas Schleicher (OECD-Bildungsdirektor), Margret Rasfeld (Schule im Aufbruch) und Christina Bethell (John Hopkins Unversity). Neben vielen Interviews gibt es Einblicke in die Praxis bei ausgewählten Schulen und Dialogrunden am Abend. Hier wird zum Beispiel über Lehrerausbildung, und den “Lern- & Heilungsraum Natur gesprochen”. In den nachmittäglichen Sprechstunden können Teilnehmende Expert:innen Ihre Fragen in Sachen Bildungstransformation und Schulrevolution stellen. Bei den “Future Skills” geht es in Workshop gemeinsam an Methoden wie Achtsamkeit und die Unterrichts-Workshops von Digital Sparks.

                          Das Programm ist vielfältig und groß, weshalb die Veranstaltenden sich an beruhigend an Teilnehmende mit vollem Terminkalender wenden. “Schau Dir ein Interview, ein Praxislabor, einen Abendaustausch an oder auch viele – ganz, wie es Dir guttut.” Die aufgezeichneten Interviews stehen für 48 Stunden zum Download zur Verfügung und nach Veranstaltungsende können Interessierte ein Kongresspaket kaufen. Enno Eidens

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                            Lea Schulz: Konzept für digitale Inklusion

                            Lea Schulz: Konzept für digitale Inklusion
                            Lea Schulz

                            Eigentlich wollte Lea Schulz nach dem Abitur gar nichts mehr mit Schule zu tun haben. Sie hatte zwar nie Probleme mit dem Lernen, ging immer gerne in den Unterricht. Doch weil in ihrer Patchworkfamilie alle vier Elternteile Lehrer:innen waren, wollte sie eine andere Karriere einschlagen. In Freiburg hatte sie schon einen der begehrten Psychologie-Studienplätze bekommen. Doch dann wurde sie schwanger und zog nicht in den Süden, sondern blieb in ihrem Heimatort Flensburg. Sie schrieb sich für zwei Fächer ein, die Psychologie wenigstens ein bisschen ähneln: Sozialpädagogik und Mathematik.

                            Lea Schulz ist heute Sonderschullehrerin und Studienleiterin. Sie hat ein Wort erfunden, das Digitalisierung und Inklusion im Bildungssystem zusammenführt: Diklusion. Es ist ein Begriff, der beide Leidenschaften von Lea Schulz, heute 37 Jahre alt, miteinander verbindet: digitale Medien und Pädagogik. Nach ihrem Studium ging die junge Mutter zunächst nach Berlin. Sie entwickelte für die Online-Plattform Bettermarks eine Mathe-Lernapp.

                            Das Tablet als Tablette gegen Lampenfieber

                            Als Lea Schulz ihr Referendariat in einer Flensburger Brennpunktschule begann, lautete ihre erste Frage an die Schulleitung: “Wie ist das eigentlich mit IPads an der Schule?” Das war 2015. Sie bekam ein Tablet, das bis dahin einzige im Lehrerzimmer, um auszuprobieren, wie das Gerät den Lehrkräften im Alltag dienen kann. Also lud sie sich Apps herunter, um sie für ihren Unterricht auszuprobieren. Mit einer Mathe-App konnten die Kinder üben, Zahlen zu schreiben. Mit dem Finger zeichneten sie auf dem Bildschirm Linien, ohne einen Haufen Papier zu verbrauchen oder dass die Stifte abstumpfen.

                            Ich habe nach und nach das Tablet als assistives Medium eingesetzt“, sagt Lea Schulz, vor allem für Schüler:innen, denen es schwerfällt, im Unterricht zu folgen. Es habe Lernfortschritte ermöglicht, die es ohne die Tablets nicht gegeben hätte, erzählt sie. Ein Mädchen in ihrer Klasse etwa, das nie etwas sagte, sich nie meldete, traute sich alleine im Nebenzimmer auf dem IPad einen Text einzusprechen. Und die Audiodatei dann vor der ganzen Klasse abzuspielen.

                            Für Lea Schulz ist Diklusion vor allem eine Frage der Haltung. Das Konzept bietet die Chance, in einem Bildungssystem alle Kinder mitzunehmen, egal welche Steine ihnen im Weg liegen. Sei es, dass sie körperliche Beeinträchtigungen haben, in Armut aufwachsen, zu Hause nicht gefördert werden oder einfach auf unterschiedliche Arten lernen. Für ein Schulsystem, das es kaum schafft, Ungleichheiten auszubügeln, ist das eine Chance.

                            Diklusion heißt: flexibel bleiben, eigene Dogmen überdenken

                            In ihrem Studium lernte sie Kommiliton:innen kennen, deren Ansicht es gewesen war, dass eben nicht auf alle Schülern im Unterricht eingegangen werden könne. Wenn der oder die nicht mitkommt, sei das nicht so schlimm! Das hörte sie öfter. “Das entspricht aber nicht meinem Menschenbild“, sagt Schulz. Sie möchte, dass alle Schülerinnen und Schüler auf ihre Art und Weise in der Schule lernen können, egal welche Voraussetzungen sie mitbringen. Und Haltung braucht es nicht nur gegenüber den Schüler:innen. Gerade bei jüngeren Kindern spielen die Eltern eine bedeutende Rolle. Und gegenüber denen musste Lea Schulz ihre Haltung auch schonmal ändern.

                            Als sie sich bei einem Elternabend auf einen Tisch setzte, um zu berichten, was es Neues in der Klasse gibt, hätten zwei Paare den Raum verlassen. Lea Schulz traf eine der Mütter später und fragte, was das Problem gewesen sei. “Eine Frau, die auf einem Tisch sitzt: Das wurde in ihrer Kultur als unangebracht empfunden, erklärte mir die Frau.” Andere hätten vielleicht mit den Schultern gezuckt und gesagt, dann sollen sie eben nicht kommen. Lea Schulz nicht. Lieber setzt sie sich beim nächsten Elternabend auf einen Stuhl, als dass manche der Infoveranstaltung fern bleiben. Ihr ist es wichtig, dass auch die Eltern mit einbezogen werden, egal wo sie herkommen.

                            Was hat das nun mit Diklusion zu tun? Flexibel auf neue Hürden reagieren und immer das Ziel vor Augen, den Schülerinnen und Schülern so viel wie möglich beibringen zu können: Das ist Teil von Lea Schulz’ Diklusions-Begriff. “Ich habe auch bestimmte Werte und Dogmen übernommen. Lange dachte ich, Handys in der Schule seien eine Gefahr”, sagt Lea Schulz. Doch irgendwann habe sie verstanden, dass es viel gefährlicher ist, Kinder nicht vorzubereiten auf eine Welt, in der das Smartphone nicht mehr wegzudenken ist.

                            Heute weiß sie, dass selbst Kindergartenkinder verstehen können, dass sie keine Menschen fotografieren dürfen, ohne vorher zu fragen. Lea Schulz lebt ihr eigenes Konzept vor und überdenkt Regeln, die früher sinnvoll erschienen, heute aber überholt sind. Auch für ihre eigene Familie: Ihr ältester Sohn, der heute 18 ist, durfte ein Handy erst ab der fünften Klasse in die Hand nehmen. Seine jüngsten Geschwister, vier und acht Jahre alt, spielen jetzt schon am Tablet. Sofie Czilwik

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                              Digital-School-Story

                              Was ist der pädagogische Vorteil der Digital-School-Story?

                              Kern des Projekts ist in meinen Augen, dass Schüler:innen ihre eigenen Geschichten erzählen. Digital-School-Story ist ein Exempel für eine andere, nicht-lineare Art des Lernens. Es gehört zu den Gewinnerprojekten des #wirfürschule-Hackathons 2020. Schüler:innen üben Kompetenzen wie digitale und agile Methoden oder multimediales Erzählen von Geschichten. Im normalen Unterricht kommt das so nicht vor. Die Schülerinnen und Schüler mutieren von Social-Media-Konsumenten zu aktiven Gestaltern. Schüler:innen lernen, digitale Geschichten spannend zu erzählen und bringen dabei ihre eigenen Inhalte und ihre Kreativität ein. Es geht übrigens nicht darum, Inhalte auf TikTok oder YouTube zu teilen, sondern um das Erlernen des Storytellings. Die Kompetenz des Storytellings gewinnt in Deutschland immer mehr an Bedeutung – in Amerika ist sie aus den Schulen nicht mehr wegzudenken. Die Schüler:innen erlernen dabei auch agiles Arbeiten. Sie bekommen immer wieder Feedback zu ihren Videos und begegnen Influencern. Sie schreiben ein Storyboard, nehmen die Videos auf, schneiden und präsentieren ihr Produkt.

                              Welche technischen Voraussetzungen braucht man?

                              Für eine Digital-School-Story bedarf es keines großen technischen Aufwands. Die Schüler nutzen ihre Smartphones – und lernen sie dabei neu kennen. Für anspruchsvollere Arbeiten können sie die Tablets der Schule nutzen. Man braucht in der Gruppe kein leistungsstarkes digitales Endgerät für Schnitt und Präsentation. Smartphone und Tablet reichen aus.

                              Wäre digitales Storytelling auch im Distanzunterricht anwendbar?

                              Das Projekt kann man in Präsenz und in Distanz durchführen. In Präsenz ist es leichter, weil es ein stark teamorientiertes Arbeiten ist. In der Distanz muss jeder für sich die Videosequenzen produzieren und zusammenfügen. Aber die Stärke gemeinsamer Themen schweißt die Schüler:innen auch hier zusammen. Wichtig: Es geht in allen Fächern und Klassenstufen.

                              Pro-Tipp

                              Gleich das erste Projekt hat gezeigt, wie groß das Potenzial des Storytellings ist, um Anerkennung weit über die Schule hinaus zu erzeugen. Die Schüler:innen beteiligten sich am Wettbewerb des Oberbürgermeisters “Wie stellst du dir deine Stadt der Zukunft vor?”. Sie produzierten verschiedenste Videos für “SmileCity”. Ideen waren zum Beispiel ein Sozialhotel, was als Video umgesetzt wurde, gendergerechte Sprache, aber auch die Umgestaltung des Stadthafens in eine Wohlfühloase. Die Schüler hatten alle Freiheiten, wir Lehrer haben nur unterstützend begleitet. Rostocks OB Claus Ruhe Madsen nutzt inzwischen eine Reihe der Videos für seine Kampagne “SmileCity”. Mit Digital-School-Story haben die Schüler:innen vielerlei Fragen aufgeworfen – an denen können sich nicht nur Schule und Lehrer, sondern die ganze Stadt Rostock orientieren. In unserem neuen Projekt mit der AG Medienscouts stehen Internetsicherheit und digitales Mobbing der Schule im Mittelpunkt. Das wird, da bin ich mir sicher, ein Meilenstein für digitale Medienbildung und -ethik.

                              Kritik

                              Es muss gesichert sein, dass genügend Smartphones zur Verfügung stehen. Lehrer.innen müssen offen sein, um mit Influencern zusammenzuarbeiten.

                              Gert Mengel ist Lehrer für Geschichte, Philosophie und evangelische Religionslehre und Leiter der freien katholischen Don-Bosco-Schule in Rostock, die aus einer Regionalschule und einem Gymnasium besteht.

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                                Deutlich mehr Klassen-Wiederholer wegen Corona-Pandemie Süddeutsche Zeitung

                                Termine

                                15. Februar, 10:00 bis 12:00 Uhr
                                Vorstellung Präsentation des UNESCO-Weltbildungsberichtes
                                Der UNESCO-Weltbildungsbericht setzt in diesem Jahr einen Schwerpunkt auf nichtstaatliche Akteure in der Bildung, zunehmende Ungleichheit durch hohe Kosten sowie unzureichende staatliche Aufsicht und Regulierung von privaten Bildungseinrichtungen. Am Dienstagvormittag stellt Manos Antoninis, Direktor des Weltbildungsberichts, die Ergebnisse des Berichts vor. Gastgeber sind das Auswärtige Amt, das Bildungsministerium und die Deutsche UNESCO-Komission. Danach gibt es eine Podiumsdiskussion und Zeit für Fragen aus dem Plenum. Eine Anmeldung für den Zoom-Call ist notwendig.ie Veranstaltung findet mit Dolmetschern in Deutsch und Englisch statt. Infos & Anmeldung

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