heute ist Tag 1 einer schmerzhaften Ursachenanalyse. Das Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) hat am Vormittag die finalen Ergebnisse des Bildungstrends 2021 vorgestellt. Der Forschungsbericht offenbart, dass immer mehr Schüler mit einfachen Aufgaben im Bereich Lesen, Mathematik und Orthografie überfordert sind. Das Schulsystem, man kann es nicht anders sagen, versagt. Die Bildungschancen in Deutschland verschlechtern sich.
Bei der Pressekonferenz verwies Karin Prien auf den Pisa-Schock, in dessen Folge das IQB gegründet wurde. Zwei Jahrzehnte später muss die Präsidentin der Kultusministerkonferenz eingestehen: “Wir haben unser Ziel nicht erreicht.” Mein Kollege Christian Füller ist in die IQB-Daten eingetaucht und hat darüber unter anderem mit Ulrich Trautwein gesprochen. Der Tübinger Bildungsforscher kritisiert im Interview das Desinteresse der Politik am Pisa-Schock 2.0. “Wir können es uns nicht leisten, das Potenzial der nächsten Generation zu verschleudern”, sagt er im Interview.
Und wenn sich Ihnen nach Lektüre des IQB-Berichts auch viele Fragen stellen, möchte ich Sie ganz herzlich zu unserem Live-Briefing einladen. Morgen Nachmittag (18. Oktober) haben Sie die Chance, ab 16 Uhr mit der IQB-Direktorin Petra Stanat und Katja Hintze von der Stiftung Bildung zu diskutieren. Jetzt schnell anmelden.
Ich wünsche Ihnen, trotz des Schockberichts am Montagmorgen, einen guten Start in die Woche!
“Die Ergebnisse des IQB-Bildungstrends sind besorgniserregend.”
Das ist der entscheidende Satz des neuen Vergleichs der Kompetenzen von Viertklässlern in Deutschland. Wenn Wissenschaftler so formulieren, sind ihre Forschungsergebnisse dramatisch. Das jüngste nationale Schulzeugnis des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) ist alarmierend, die Grundschüler der Länder verschlechtern sich signifikant. Der Anteil der Schüler, die Mindeststandards nicht erreichen, liegt je nach Fach bei 30 oder sogar 46 Prozent. Selbst die notorischen Pisasieger Bayern und Sachsen verschlechtern sich. In Brandenburg kann fast die Hälfte der Viertklässler keine lesbaren Sätze schreiben – eine Verdopplung seit dem letzten Test im Jahr 2016.
Der so genannte IQB-Bildungstrend misst und vergleicht den Lernstand an den Schulen. Mit dem Nachfolger der berühmten internationalen Pisa-Studie wurden diesmal knapp 27.000 Schülerinnen und Schüler an 1.464 Schulen getestet. Und die Methodik erlaubt einen Vergleich zwischen den Bundesländern. was die Bildungsminister sonst tunlichst vermeiden. Und nun das: Ein Fünftel der Schüler erreicht die Mindeststandards nicht – beim Lesen sind es 19 Prozent, in Mathe 22 Prozent und in Orthografie sogar 30 Prozent.
Der IQB-Bildungstrend zum Download.
Damit ist das deutsche Schulwesen wieder auf dem Stand von vor 20 Jahren, als der Pisa-Schock die Bundesrepublik traf. In Bayern etwa gibt es im Jahr 2021 genauso viele Schüler, die im Lesen den Mindeststandard nicht erreichen, wie im Jahr 2000: 14 Prozent. Obwohl der notorische Pisasieger zwischendurch bei nur acht Prozent Risikoschülern angekommen war. Das bedeutet: 20 Jahre Schulentwicklung sind umsonst, alles zurück auf Anfang.
Die Kultusminister reagierten bei der Vorstellung des Bildungstrends am Montag früh betroffen. “Hier müssen wir massiv gegensteuern”, sagte KMK Präsidentin Karin Prien. Das gelte für jedes einzelne Land – aber auch für die KMK als Ganzes. (Siehe hier Reaktionen auf Pisaschock No 2). Der Tübinger Bildungsforscher Ulrich Trautwein spricht von einem zweiten Pisa Schock, den Deutschland erlebe. Viel zu viele Schüler in der vierten Klasse scheiterten an einfachsten Aufgaben. “Das ist für die Betroffenen eine Katastrophe, weil ihre Teilhabemöglichkeit an der Gesellschaft gefährdet ist”, sagt Trautwein im Interview mit Bildung.Table. “Und es ist für unser Land und die globale Community eine Hypothek, weil wir es uns nicht leisten können, das Potenzial der nächsten Generation zu verschleudern.”
Die Vorsitzende des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV), Simone Fleischmann, sagt über den ewigen Pisa-Sieger: “Auch in Bayern lassen sich die vielen Kinder nicht wegdiskutieren, die abgehängt werden und nicht mehr mitkommen. Auch hier erreichen rund 14 Prozent der Schülerinnen und Schüler nicht die Mindeststandards Lesen.”
Das Muster der Schülerleistungen, das der IQB-Vergleich offenbart, kennt die Nation seit dem Pisa-Test: Es gibt sehr viele Risikoschüler, aber es finden sich nur sehr wenige Top-Schüler. Und die Leistungen der Kinder sind extrem abhängig von der sozialen Herkunft. Das bedeutet, die Kinder benachteiligter Elternhäuser erzielen deutlich schlechtere Leistungen als der Nachwuchs der so genannten oberen Dienstklasse.
Strenggenommen lassen sich die Schulvergleiche von Pisa aus dem Jahr 2000 und die IQB-Bildungstrends nur bedingt vergleichen. Anfang der 2000er Jahre wurden 15-jährige getestet, jetzt waren es Zehnjährige. Vergleichbar ist allerdings ein wichtiger Faktor: der Anteil der Risikoschüler an der Testgruppe. Das sind jene Schüler, die Mindeststandards nicht erreichen und die deswegen nicht selbstständig weiterlernen können.
Die ganze Dramatik offenbart sich beim Blick auf einzelne Länder und ihre Leistungsentwicklung seit den letzten IQB-Komptenztests. In Baden-Württemberg schaffen 19 Prozent der Viertklässler die Mindeststandards im Lesen nicht. Das ist nahezu eine Verdopplung der Zahl der Risikoschüler seit 2011. In Thüringen sieht es fast genauso aus. In Bayern und Sachsen liegen diese Anteile zwar “nur” bei 14 beziehungsweise 13 Prozent an Schlechtlesern – aber dort stieg ihre Zahl seit 2016 um 80 Prozent. Selbst auf die Pisa-Sieger ist also kein Verlass mehr.
In Mathematik erreichen im bevölkerungsreichsten Bundesland, Nordrhein-Westfalen, 28 Prozent der Viertklässler den Mindeststandard nicht – das ist ein Plus von zehn Prozentpunkten binnen fünf Jahren. Und beim vermeintlichen Sieger des IQB-Bildungstrends, Hamburg, kann ein Viertel der Schüler basale Rechenoperationen nicht. Warum gilt die Hansestadt dann als der Trendsieger? Weil die Verschlechterungen seit 2016 nicht signifikant sind. Alle anderen Bundesländer verschlechtern sich so stark, dass die Forscher rote Köpfe bekommen.
Am schlimmsten sehen die Werte wohl in Orthographie aus: In Bremen schaffen 42 Prozent der Schüler der vierten Klassen den Mindestandard nicht, in Berlin und Brandenburg sind es sogar 46 Prozent. Das bedeutet zum Beispiel, dass sie die Worte “Mutter, Meter, Mond, Muster, Mama, Maus und Motor” nicht nach dem Alphabet sortieren können. Brandenburgs Schulen haben das Kunststück fertig gebracht, dass sich die Zahl der funktionalen Analphabeten unter den Schülern seit der letzten Erhebung verdoppelt hat: von 22 auf 46 Prozent.
Lesen Sie auch: Interview mit Bildungsforscher Ulrich Trautwein zum IQB-Bericht
Neben der Tatsache, dass sich die Zahl der Risikoschüler in allen Bundesländern dramatisch erhöht hat, gibt es drei Gründe, warum diese Ergebnisse des IQB-Bildungstrends alarmierend sind: der Lehrermangel, die strukturelle Blindheit der Kultusminister und der sinkende Bestand an Kindern, die mit Büchern aufwachsen.
Lesen Sie auch: BMBF macht Druck bei Bildungsdaten
Die Reaktionen von Politik und Verbänden auf die alarmierenden Ergebnisse des Bildungstrends zielen auf eine verbesserte frühe Sprachförderung. “Wir investieren in Deutschland zu wenig in den Elementarbereich”, sagte die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Karin Prien (CDU). Es gehe darum, bereits in der Kita den Erwerb und die Förderung von Deutsch als Bildungssprache zu fördern. Auch ihre Stellvertreter Ties Rabe (SPD, Hamburg) und Theresa Schopper (Grüne, Baden-Württemberg) hoben die Bedeutung des Sprachlernens in der Kita hervor. Allerdings hat die KMK bisher kein gemeinsames Programm vorgelegt. Das war beim ersten Pisa-Schock 2001 anders: Damals präsentierten die Kultusminister zeitgleich mit der Vorstellung der Ergebnisse der Schülerstudie einen Sieben-Punkte-Plan. Punkt 1 hieß schon damals: “Maßnahmen zur Verbesserung der Sprachkompetenz bereits im vorschulischen Bereich.”
Eine verbesserte Sprachförderung in der Kita ist allerdings Thema eines Streits zwischen Bund und Ländern. Während Prien ein Sprachprogramm forderte, gilt im Moment noch eine Vorlage der Familienministerin Lisa Paus (Grüne), wonach das Sprachförderprogramm für Kitas am 31. Dezember 2022 endet (Bildung.Table berichtete). Im Moment sind 8.000 Fachkräfte für Sprachförderung, die der Bund bisher bezahlte, auf der Suche nach neuen Jobs. Baden-Württembergs Ministerin Theresa Schopper sagte nun: “Wir sind auf einem guten Weg.” Sie meinte damit die Verhandlungen mit dem Bund, das Sprachförderprogramm in Kitas nicht einzustellen. “Die Ergebnisse des Bildungstrends schreien danach, eine Kontinuität bei den Sprachkitas hinzubekommen”, so Schopper. Ein Grund für die Bundesministerin Paus, die Förderung für die Kitas der Länder zielgenauer zu formulieren, war übrigens diese Tatsache: Einige Länder verwendeten das Bundesgeld nicht zur Qualitätsverbesserung der Kitas, sondern finanzierten damit die Beitragsfreiheit der Eltern.
Hamburgs Bildungssenator Ties Rabe, dessen Stadtstaat beim jüngsten Bildungstrend mit einem blauen Auge davonkam, befürwortete die Konzentration auf die Kernkompetenzen von Grundschule: lesen, schreiben, rechnen. Allerdings sei es nicht einfach, diesen Weg zu gehen. Auf seinem Schreibtisch, so Rabe, stapelten sich Briefe, die sich mit nachhaltiger Entwicklung, Luftfiltern, dem Binnen-I und ähnlichen Fragen befassten. “Ich habe bisher keinen Brief bekommen, in dem stand, dass Grundschüler besser schreiben lernen sollten.”
Deutlich alarmistischer klangen andere Reaktionen. “Die Ergebnisse sind dramatisch und zeigen, dass hier eine Generation von Bildungsverlierern droht”, sagte der bildungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Thomas Jarzombek. Das ersatzlose Ende des Programms “Aufholen nach Corona” nannte Jarzombek gegenüber Bildung.Table verantwortungslos. “Diese riesigen Lernrückstände werden nicht einfach weggehen”, sagte Ludger Wößmann, Bildungsökonom des Ifo-Instituts in München. Er warnte vor “hohen Folgekosten, wenn wir nicht umgehend gegensteuern.” Der Sprecher des MINT-Verbandes sprach von einer “dramatisch negativen Entwicklung im deutschen Bildungssystem”.
Für Ria Schröder, bildungspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, muss das Startchancen-Programm nun “zielgerichtet auf den Weg gebracht werden. Alle Länder müssen hieran konstruktiv mitwirken und dafür schnell an den Verhandlungstisch kommen.” Die Bildungspolitikerin der Linken, Nicole Gohlke, fragte: “Wie viele Weckrufe braucht die Bundesregierung eigentlich noch, bis das kaputtgesparte Bildungssystem als echtes Problem wahrgenommen wird?” Gohlke forderte, “das Kooperationsverbot muss endlich weg!” Genau daran arbeiten die Kultusminister und Familienministerin Paus – jedenfalls für den Fall der Sprachförderung in den Kitas. cif
Herr Trautwein, die Ergebnisse des Bildungstrends für die Viertklässler sind da. Sieht nicht gut aus. Was bedeuten sie?
Die Befunde sind verstörend. Sie zeigen, dass viel zu viele Schüler:innen der 4. Klassenstufe an einfachsten Aufgaben in Deutsch und Mathematik scheitern. Das ist für die Betroffenen eine Katastrophe, weil ihre Teilhabemöglichkeit an der Gesellschaft gefährdet ist. Und es ist für unser Land und die globale Community eine Hypothek, weil wir es uns nicht leisten können, das Potenzial der nächsten Generation zu verschleudern.
Sie sprechen von einem “zweiten PISA-Schock”. Aber hat sich Gesellschaft nicht schon an schlechte Nachrichten aus Bildungsstudien gewöhnt? Was soll uns denn da noch beeindrucken können!
Wenn Sie es schon nicht schockiert, dass ein Fünftel bis rund ein Drittel der Schüler:innen die von den Kultusminister:innen festgelegten Mindeststandards für Deutsch und Mathematik verfehlt, dann helfen vielleicht die dramatischen Unterschiede zwischen den Ländern (Lesen Sie hier die Analyse zum IQB-Bericht). Schülerleistungen in Bremen, Berlin und Brandenburg liegen so weit von denen in Bayern entfernt, dass man annehmen könnte, dass sie ein Jahr weniger zur Schule gegangen sind. Sind sie aber nicht. Sie haben nur in der gleichen Zeit weniger gelernt.
Vielleicht sind die Schüler:innen in Bayern einfach begabter?
Entweder sind sie so viel begabter, dass sie ein Jahr weniger für den gleichen Stoff benötigen. Oder die Lerngelegenheiten sind in manchen Bundesländern einfach viel begrenzter als in anderen. Es spricht leider sehr viel dafür, dass es vor allem an Letzterem liegt.
Solche Studien geben ja nie direkt Auskunft über die Ursachen. Trotzdem: Woran liegt es Ihrer Ansicht nach, dass wir wieder auf das Niveau der Zahl der Risikoschüler der ersten Pisa-Studie im Jahr 2000 zurückgefallen sind?
Da könnte ich viele Faktoren nennen. Zum Beispiel die fehlenden gemeinsamen Zielsetzungen. Oder die sträfliche Vernachlässigung der Aus- und Fortbildung der Lehrkräfte. Oder die Weigerung, ernsthaft an einer “Kultur des Hinschauens” zu arbeiten, die Qualitätsversäumnisse identifiziert und eliminiert. Das ist im Prinzip alles längst bekannt. Aber dieses Wissen ändert nichts an der Lage.
Warum nicht?
Die wichtigste Ursache für das Versagen ist das völlige Desinteresse unserer führenden Politiker:innen an Bildungsfragen. Wenn der Gasmangel droht, reisen Kanzler und Co. auf der ganzen Welt herum und machen notfalls Bücklinge bei Potentaten. Wenn dagegen unsere wichtigste eigene Ressource – das Wissen, Können und der Einfallsreichtum der nachwachsenden Generation – bedroht ist, lässt man sich vielleicht mal herab und macht Bildchen mit strahlenden Kindern. Aber das nachhaltige Engagement von ganz oben fehlt, von Kanzler und Ministerpräsident:innen. Bildung fällt wohl letztlich in den Bereich des wenig attraktiven Gedöns, bei dem schnelle Erfolge kaum zu erzielen sind: Denn Lerngelegenheiten kann man nicht einfach kaufen. Die muss man über viele Jahre mühsam kultivieren.
Vielleicht ist die Politik einfach hilflos? Ist die gestiegene Heterogenität in den Lerngruppen schuld an der Misere?
Keine Frage, Veränderungen bei der Schülerschaft stellen enorme Herausforderungen für das Schulsystem dar. Der Prozentsatz von Schüler:innen mit Migrationshintergrund beträgt in manchen Bundesländern bis zu 45 Prozent und ist teilweise stark angestiegen, beispielsweise um 20 Prozentpunkte in Baden-Württemberg. Schulen leisten hier enorm wichtige Beiträge zur Integration, nicht zuletzt wieder bei der Integration von Kindern und Jugendlichen, die aus der Ukraine vor dem Angriffskrieg Russlands fliehen mussten. Diese Kinder sind teilweise schwer traumatisiert.
Die Leistungsdaten sähen also besser aus, wenn man nur die Schüler:innen ohne Migrationshintergrund berücksichtigen würde?
So einfach ist es nicht. Die Daten zeigen, dass Schüler:innen, deren Eltern aus dem Ausland stammen, die aber selbst ihr ganzes Leben in Deutschland verbracht haben, im Mittel niedrigere Kompetenzniveaus erreichen als Schüler:innen ohne Migrationshintergrund. Als Ausrede sollte das aber nicht dienen: Das Bildungssystem kann und muss auf Veränderungen bei der Schülerschaft reagieren, beispielsweise mit intensiver Sprachförderung im vorschulischen Bereich. Wo das, wie in Hamburg, getan wird, schlägt es sich positiv in den Daten nieder.
Bei der Interpretation der Daten muss doch vermutlich auch die Corona-Pandemie berücksichtigt werden?
Definitiv. Sie hat einen ohnehin negativen Gesamttrend beschleunigt und insbesondere auch die bereits vorhandenen Disparitäten weiter vergrößert: Die größten Leistungseinbußen fanden sich bei den eher leistungsschwächeren Schüler:innen aus Familien mit geringen Bildungsressourcen. Aber auch Corona sollte nicht als Ausrede herhalten: Nachdem sich Deutschland nach der ersten PISA-Studie im Jahr 2000 zunächst konstant verbesserte, zeigte sich bereits seit 2011 zunächst eine Stagnation und anschließend ein Abwärtstrend, der sich nun nochmals beschleunigt zu haben scheint. Ich hoffe, dass mich die Zukunft Lügen straft, aber ohne einen gewaltigen, nachhaltigen Einsatz auf allen Ebenen für höhere Bildungsqualität werden wir wohl längere Zeit auf gute Nachrichten warten müssen.
Der IQB-Bildungstrend zum Download.
Ulrich Trautwein ist Direktor des Hector-Instituts für Empirische Bildungsforschung der Universität Tübingen. Er zählt zu den produktivsten Empirikern der Schul- und Lernwissenschaften. Von 2011 bis 2019 war er Sprecher des Netzwerks Bildungsforschung.
heute ist Tag 1 einer schmerzhaften Ursachenanalyse. Das Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) hat am Vormittag die finalen Ergebnisse des Bildungstrends 2021 vorgestellt. Der Forschungsbericht offenbart, dass immer mehr Schüler mit einfachen Aufgaben im Bereich Lesen, Mathematik und Orthografie überfordert sind. Das Schulsystem, man kann es nicht anders sagen, versagt. Die Bildungschancen in Deutschland verschlechtern sich.
Bei der Pressekonferenz verwies Karin Prien auf den Pisa-Schock, in dessen Folge das IQB gegründet wurde. Zwei Jahrzehnte später muss die Präsidentin der Kultusministerkonferenz eingestehen: “Wir haben unser Ziel nicht erreicht.” Mein Kollege Christian Füller ist in die IQB-Daten eingetaucht und hat darüber unter anderem mit Ulrich Trautwein gesprochen. Der Tübinger Bildungsforscher kritisiert im Interview das Desinteresse der Politik am Pisa-Schock 2.0. “Wir können es uns nicht leisten, das Potenzial der nächsten Generation zu verschleudern”, sagt er im Interview.
Und wenn sich Ihnen nach Lektüre des IQB-Berichts auch viele Fragen stellen, möchte ich Sie ganz herzlich zu unserem Live-Briefing einladen. Morgen Nachmittag (18. Oktober) haben Sie die Chance, ab 16 Uhr mit der IQB-Direktorin Petra Stanat und Katja Hintze von der Stiftung Bildung zu diskutieren. Jetzt schnell anmelden.
Ich wünsche Ihnen, trotz des Schockberichts am Montagmorgen, einen guten Start in die Woche!
“Die Ergebnisse des IQB-Bildungstrends sind besorgniserregend.”
Das ist der entscheidende Satz des neuen Vergleichs der Kompetenzen von Viertklässlern in Deutschland. Wenn Wissenschaftler so formulieren, sind ihre Forschungsergebnisse dramatisch. Das jüngste nationale Schulzeugnis des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) ist alarmierend, die Grundschüler der Länder verschlechtern sich signifikant. Der Anteil der Schüler, die Mindeststandards nicht erreichen, liegt je nach Fach bei 30 oder sogar 46 Prozent. Selbst die notorischen Pisasieger Bayern und Sachsen verschlechtern sich. In Brandenburg kann fast die Hälfte der Viertklässler keine lesbaren Sätze schreiben – eine Verdopplung seit dem letzten Test im Jahr 2016.
Der so genannte IQB-Bildungstrend misst und vergleicht den Lernstand an den Schulen. Mit dem Nachfolger der berühmten internationalen Pisa-Studie wurden diesmal knapp 27.000 Schülerinnen und Schüler an 1.464 Schulen getestet. Und die Methodik erlaubt einen Vergleich zwischen den Bundesländern. was die Bildungsminister sonst tunlichst vermeiden. Und nun das: Ein Fünftel der Schüler erreicht die Mindeststandards nicht – beim Lesen sind es 19 Prozent, in Mathe 22 Prozent und in Orthografie sogar 30 Prozent.
Der IQB-Bildungstrend zum Download.
Damit ist das deutsche Schulwesen wieder auf dem Stand von vor 20 Jahren, als der Pisa-Schock die Bundesrepublik traf. In Bayern etwa gibt es im Jahr 2021 genauso viele Schüler, die im Lesen den Mindeststandard nicht erreichen, wie im Jahr 2000: 14 Prozent. Obwohl der notorische Pisasieger zwischendurch bei nur acht Prozent Risikoschülern angekommen war. Das bedeutet: 20 Jahre Schulentwicklung sind umsonst, alles zurück auf Anfang.
Die Kultusminister reagierten bei der Vorstellung des Bildungstrends am Montag früh betroffen. “Hier müssen wir massiv gegensteuern”, sagte KMK Präsidentin Karin Prien. Das gelte für jedes einzelne Land – aber auch für die KMK als Ganzes. (Siehe hier Reaktionen auf Pisaschock No 2). Der Tübinger Bildungsforscher Ulrich Trautwein spricht von einem zweiten Pisa Schock, den Deutschland erlebe. Viel zu viele Schüler in der vierten Klasse scheiterten an einfachsten Aufgaben. “Das ist für die Betroffenen eine Katastrophe, weil ihre Teilhabemöglichkeit an der Gesellschaft gefährdet ist”, sagt Trautwein im Interview mit Bildung.Table. “Und es ist für unser Land und die globale Community eine Hypothek, weil wir es uns nicht leisten können, das Potenzial der nächsten Generation zu verschleudern.”
Die Vorsitzende des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV), Simone Fleischmann, sagt über den ewigen Pisa-Sieger: “Auch in Bayern lassen sich die vielen Kinder nicht wegdiskutieren, die abgehängt werden und nicht mehr mitkommen. Auch hier erreichen rund 14 Prozent der Schülerinnen und Schüler nicht die Mindeststandards Lesen.”
Das Muster der Schülerleistungen, das der IQB-Vergleich offenbart, kennt die Nation seit dem Pisa-Test: Es gibt sehr viele Risikoschüler, aber es finden sich nur sehr wenige Top-Schüler. Und die Leistungen der Kinder sind extrem abhängig von der sozialen Herkunft. Das bedeutet, die Kinder benachteiligter Elternhäuser erzielen deutlich schlechtere Leistungen als der Nachwuchs der so genannten oberen Dienstklasse.
Strenggenommen lassen sich die Schulvergleiche von Pisa aus dem Jahr 2000 und die IQB-Bildungstrends nur bedingt vergleichen. Anfang der 2000er Jahre wurden 15-jährige getestet, jetzt waren es Zehnjährige. Vergleichbar ist allerdings ein wichtiger Faktor: der Anteil der Risikoschüler an der Testgruppe. Das sind jene Schüler, die Mindeststandards nicht erreichen und die deswegen nicht selbstständig weiterlernen können.
Die ganze Dramatik offenbart sich beim Blick auf einzelne Länder und ihre Leistungsentwicklung seit den letzten IQB-Komptenztests. In Baden-Württemberg schaffen 19 Prozent der Viertklässler die Mindeststandards im Lesen nicht. Das ist nahezu eine Verdopplung der Zahl der Risikoschüler seit 2011. In Thüringen sieht es fast genauso aus. In Bayern und Sachsen liegen diese Anteile zwar “nur” bei 14 beziehungsweise 13 Prozent an Schlechtlesern – aber dort stieg ihre Zahl seit 2016 um 80 Prozent. Selbst auf die Pisa-Sieger ist also kein Verlass mehr.
In Mathematik erreichen im bevölkerungsreichsten Bundesland, Nordrhein-Westfalen, 28 Prozent der Viertklässler den Mindeststandard nicht – das ist ein Plus von zehn Prozentpunkten binnen fünf Jahren. Und beim vermeintlichen Sieger des IQB-Bildungstrends, Hamburg, kann ein Viertel der Schüler basale Rechenoperationen nicht. Warum gilt die Hansestadt dann als der Trendsieger? Weil die Verschlechterungen seit 2016 nicht signifikant sind. Alle anderen Bundesländer verschlechtern sich so stark, dass die Forscher rote Köpfe bekommen.
Am schlimmsten sehen die Werte wohl in Orthographie aus: In Bremen schaffen 42 Prozent der Schüler der vierten Klassen den Mindestandard nicht, in Berlin und Brandenburg sind es sogar 46 Prozent. Das bedeutet zum Beispiel, dass sie die Worte “Mutter, Meter, Mond, Muster, Mama, Maus und Motor” nicht nach dem Alphabet sortieren können. Brandenburgs Schulen haben das Kunststück fertig gebracht, dass sich die Zahl der funktionalen Analphabeten unter den Schülern seit der letzten Erhebung verdoppelt hat: von 22 auf 46 Prozent.
Lesen Sie auch: Interview mit Bildungsforscher Ulrich Trautwein zum IQB-Bericht
Neben der Tatsache, dass sich die Zahl der Risikoschüler in allen Bundesländern dramatisch erhöht hat, gibt es drei Gründe, warum diese Ergebnisse des IQB-Bildungstrends alarmierend sind: der Lehrermangel, die strukturelle Blindheit der Kultusminister und der sinkende Bestand an Kindern, die mit Büchern aufwachsen.
Lesen Sie auch: BMBF macht Druck bei Bildungsdaten
Die Reaktionen von Politik und Verbänden auf die alarmierenden Ergebnisse des Bildungstrends zielen auf eine verbesserte frühe Sprachförderung. “Wir investieren in Deutschland zu wenig in den Elementarbereich”, sagte die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Karin Prien (CDU). Es gehe darum, bereits in der Kita den Erwerb und die Förderung von Deutsch als Bildungssprache zu fördern. Auch ihre Stellvertreter Ties Rabe (SPD, Hamburg) und Theresa Schopper (Grüne, Baden-Württemberg) hoben die Bedeutung des Sprachlernens in der Kita hervor. Allerdings hat die KMK bisher kein gemeinsames Programm vorgelegt. Das war beim ersten Pisa-Schock 2001 anders: Damals präsentierten die Kultusminister zeitgleich mit der Vorstellung der Ergebnisse der Schülerstudie einen Sieben-Punkte-Plan. Punkt 1 hieß schon damals: “Maßnahmen zur Verbesserung der Sprachkompetenz bereits im vorschulischen Bereich.”
Eine verbesserte Sprachförderung in der Kita ist allerdings Thema eines Streits zwischen Bund und Ländern. Während Prien ein Sprachprogramm forderte, gilt im Moment noch eine Vorlage der Familienministerin Lisa Paus (Grüne), wonach das Sprachförderprogramm für Kitas am 31. Dezember 2022 endet (Bildung.Table berichtete). Im Moment sind 8.000 Fachkräfte für Sprachförderung, die der Bund bisher bezahlte, auf der Suche nach neuen Jobs. Baden-Württembergs Ministerin Theresa Schopper sagte nun: “Wir sind auf einem guten Weg.” Sie meinte damit die Verhandlungen mit dem Bund, das Sprachförderprogramm in Kitas nicht einzustellen. “Die Ergebnisse des Bildungstrends schreien danach, eine Kontinuität bei den Sprachkitas hinzubekommen”, so Schopper. Ein Grund für die Bundesministerin Paus, die Förderung für die Kitas der Länder zielgenauer zu formulieren, war übrigens diese Tatsache: Einige Länder verwendeten das Bundesgeld nicht zur Qualitätsverbesserung der Kitas, sondern finanzierten damit die Beitragsfreiheit der Eltern.
Hamburgs Bildungssenator Ties Rabe, dessen Stadtstaat beim jüngsten Bildungstrend mit einem blauen Auge davonkam, befürwortete die Konzentration auf die Kernkompetenzen von Grundschule: lesen, schreiben, rechnen. Allerdings sei es nicht einfach, diesen Weg zu gehen. Auf seinem Schreibtisch, so Rabe, stapelten sich Briefe, die sich mit nachhaltiger Entwicklung, Luftfiltern, dem Binnen-I und ähnlichen Fragen befassten. “Ich habe bisher keinen Brief bekommen, in dem stand, dass Grundschüler besser schreiben lernen sollten.”
Deutlich alarmistischer klangen andere Reaktionen. “Die Ergebnisse sind dramatisch und zeigen, dass hier eine Generation von Bildungsverlierern droht”, sagte der bildungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Thomas Jarzombek. Das ersatzlose Ende des Programms “Aufholen nach Corona” nannte Jarzombek gegenüber Bildung.Table verantwortungslos. “Diese riesigen Lernrückstände werden nicht einfach weggehen”, sagte Ludger Wößmann, Bildungsökonom des Ifo-Instituts in München. Er warnte vor “hohen Folgekosten, wenn wir nicht umgehend gegensteuern.” Der Sprecher des MINT-Verbandes sprach von einer “dramatisch negativen Entwicklung im deutschen Bildungssystem”.
Für Ria Schröder, bildungspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, muss das Startchancen-Programm nun “zielgerichtet auf den Weg gebracht werden. Alle Länder müssen hieran konstruktiv mitwirken und dafür schnell an den Verhandlungstisch kommen.” Die Bildungspolitikerin der Linken, Nicole Gohlke, fragte: “Wie viele Weckrufe braucht die Bundesregierung eigentlich noch, bis das kaputtgesparte Bildungssystem als echtes Problem wahrgenommen wird?” Gohlke forderte, “das Kooperationsverbot muss endlich weg!” Genau daran arbeiten die Kultusminister und Familienministerin Paus – jedenfalls für den Fall der Sprachförderung in den Kitas. cif
Herr Trautwein, die Ergebnisse des Bildungstrends für die Viertklässler sind da. Sieht nicht gut aus. Was bedeuten sie?
Die Befunde sind verstörend. Sie zeigen, dass viel zu viele Schüler:innen der 4. Klassenstufe an einfachsten Aufgaben in Deutsch und Mathematik scheitern. Das ist für die Betroffenen eine Katastrophe, weil ihre Teilhabemöglichkeit an der Gesellschaft gefährdet ist. Und es ist für unser Land und die globale Community eine Hypothek, weil wir es uns nicht leisten können, das Potenzial der nächsten Generation zu verschleudern.
Sie sprechen von einem “zweiten PISA-Schock”. Aber hat sich Gesellschaft nicht schon an schlechte Nachrichten aus Bildungsstudien gewöhnt? Was soll uns denn da noch beeindrucken können!
Wenn Sie es schon nicht schockiert, dass ein Fünftel bis rund ein Drittel der Schüler:innen die von den Kultusminister:innen festgelegten Mindeststandards für Deutsch und Mathematik verfehlt, dann helfen vielleicht die dramatischen Unterschiede zwischen den Ländern (Lesen Sie hier die Analyse zum IQB-Bericht). Schülerleistungen in Bremen, Berlin und Brandenburg liegen so weit von denen in Bayern entfernt, dass man annehmen könnte, dass sie ein Jahr weniger zur Schule gegangen sind. Sind sie aber nicht. Sie haben nur in der gleichen Zeit weniger gelernt.
Vielleicht sind die Schüler:innen in Bayern einfach begabter?
Entweder sind sie so viel begabter, dass sie ein Jahr weniger für den gleichen Stoff benötigen. Oder die Lerngelegenheiten sind in manchen Bundesländern einfach viel begrenzter als in anderen. Es spricht leider sehr viel dafür, dass es vor allem an Letzterem liegt.
Solche Studien geben ja nie direkt Auskunft über die Ursachen. Trotzdem: Woran liegt es Ihrer Ansicht nach, dass wir wieder auf das Niveau der Zahl der Risikoschüler der ersten Pisa-Studie im Jahr 2000 zurückgefallen sind?
Da könnte ich viele Faktoren nennen. Zum Beispiel die fehlenden gemeinsamen Zielsetzungen. Oder die sträfliche Vernachlässigung der Aus- und Fortbildung der Lehrkräfte. Oder die Weigerung, ernsthaft an einer “Kultur des Hinschauens” zu arbeiten, die Qualitätsversäumnisse identifiziert und eliminiert. Das ist im Prinzip alles längst bekannt. Aber dieses Wissen ändert nichts an der Lage.
Warum nicht?
Die wichtigste Ursache für das Versagen ist das völlige Desinteresse unserer führenden Politiker:innen an Bildungsfragen. Wenn der Gasmangel droht, reisen Kanzler und Co. auf der ganzen Welt herum und machen notfalls Bücklinge bei Potentaten. Wenn dagegen unsere wichtigste eigene Ressource – das Wissen, Können und der Einfallsreichtum der nachwachsenden Generation – bedroht ist, lässt man sich vielleicht mal herab und macht Bildchen mit strahlenden Kindern. Aber das nachhaltige Engagement von ganz oben fehlt, von Kanzler und Ministerpräsident:innen. Bildung fällt wohl letztlich in den Bereich des wenig attraktiven Gedöns, bei dem schnelle Erfolge kaum zu erzielen sind: Denn Lerngelegenheiten kann man nicht einfach kaufen. Die muss man über viele Jahre mühsam kultivieren.
Vielleicht ist die Politik einfach hilflos? Ist die gestiegene Heterogenität in den Lerngruppen schuld an der Misere?
Keine Frage, Veränderungen bei der Schülerschaft stellen enorme Herausforderungen für das Schulsystem dar. Der Prozentsatz von Schüler:innen mit Migrationshintergrund beträgt in manchen Bundesländern bis zu 45 Prozent und ist teilweise stark angestiegen, beispielsweise um 20 Prozentpunkte in Baden-Württemberg. Schulen leisten hier enorm wichtige Beiträge zur Integration, nicht zuletzt wieder bei der Integration von Kindern und Jugendlichen, die aus der Ukraine vor dem Angriffskrieg Russlands fliehen mussten. Diese Kinder sind teilweise schwer traumatisiert.
Die Leistungsdaten sähen also besser aus, wenn man nur die Schüler:innen ohne Migrationshintergrund berücksichtigen würde?
So einfach ist es nicht. Die Daten zeigen, dass Schüler:innen, deren Eltern aus dem Ausland stammen, die aber selbst ihr ganzes Leben in Deutschland verbracht haben, im Mittel niedrigere Kompetenzniveaus erreichen als Schüler:innen ohne Migrationshintergrund. Als Ausrede sollte das aber nicht dienen: Das Bildungssystem kann und muss auf Veränderungen bei der Schülerschaft reagieren, beispielsweise mit intensiver Sprachförderung im vorschulischen Bereich. Wo das, wie in Hamburg, getan wird, schlägt es sich positiv in den Daten nieder.
Bei der Interpretation der Daten muss doch vermutlich auch die Corona-Pandemie berücksichtigt werden?
Definitiv. Sie hat einen ohnehin negativen Gesamttrend beschleunigt und insbesondere auch die bereits vorhandenen Disparitäten weiter vergrößert: Die größten Leistungseinbußen fanden sich bei den eher leistungsschwächeren Schüler:innen aus Familien mit geringen Bildungsressourcen. Aber auch Corona sollte nicht als Ausrede herhalten: Nachdem sich Deutschland nach der ersten PISA-Studie im Jahr 2000 zunächst konstant verbesserte, zeigte sich bereits seit 2011 zunächst eine Stagnation und anschließend ein Abwärtstrend, der sich nun nochmals beschleunigt zu haben scheint. Ich hoffe, dass mich die Zukunft Lügen straft, aber ohne einen gewaltigen, nachhaltigen Einsatz auf allen Ebenen für höhere Bildungsqualität werden wir wohl längere Zeit auf gute Nachrichten warten müssen.
Der IQB-Bildungstrend zum Download.
Ulrich Trautwein ist Direktor des Hector-Instituts für Empirische Bildungsforschung der Universität Tübingen. Er zählt zu den produktivsten Empirikern der Schul- und Lernwissenschaften. Von 2011 bis 2019 war er Sprecher des Netzwerks Bildungsforschung.