Berlin.Table – Ausgabe 692

Zweifelnde SPD + Optimistischer Bundesbank-Chef + Mühsame Wehrdienstgespräche

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Talk of the Town

Die SPD und die Koalition: Wie eine Partei vor allem mit sich selbst ringt

Das Mitgliederbegehren gegen die Abschaffung des Bürgergelds stand wenige Stunden im Netz, da herrschte in SPD-Mitgliederforen Hochbetrieb: „Endlich mal ein Hoffnungsschimmer auf Wiedererkennbarkeit der SPD“, chattete ein Genosse im deutschen Süden. „Schlimm, wie wir uns in dieser Koalition knechten lassen“, assistierte ein anderer. Die Stimmung an der sozialdemokratischen Basis im ganzen Land: Zwischen frostig und tiefgekühlt. Entsprechend still blieb es von seiten der Parteispitze. Zumal der Antrag formal bisher nicht im Willy-Brandt-Haus hinterlegt worden ist. Das müsste er aber, um das Begehren offiziell zu machen. So scheint es, als ob nach einer knappen Woche die Luft schon wieder raus ist aus der Mini-Rebellion.

Doch deshalb zur Tagesordnung überzugehen, wäre für die Vordenker im Willy-Brandt-Haus die falsche Strategie. Denn letztlich geht es bei der Unterschriftensammlung nur am Rande ums Bürgergeld und seine Empfänger. Das liegt nicht nur daran, dass auch viele Sozialdemokraten wenig Verständnis haben für Leistungsempfänger im Ruhemodus. Eher ist das Unruhegetrappel der Basis als weiterer Hinweis zu interpretieren, dass die Geduld erschöpft ist. Mit der Koalition, mit den stagnierenden Umfragewerten, mit der fehlenden Perspektive, aber auch mit dem eigenen Führungspersonal.

Erster Auslöser: die Union, die die Genossen quasi im Wochenrhythmus strapaziert. Ob es die Nichtwahl von Frauke Brosius-Gersdorf zur Verfassungsrichterin war, der gestoppte Familiennachzug, die Grenzkontrollen, die zögerliche Aufnahme afghanischer Ortskräfte, der Kanzler mit seiner Migranten-Stadtbild-Kritik oder die angeblichen Milliarden-Einsparungen beim Bürgergeld: Von der Notgemeinschaft in Berlin erwarten die Basis-Genossen nichts mehr. Zugleich ist die Erkenntnis gereift: Wundsalben und Pflaster zu verteilen, hier ein bisschen mehr Bafög, da ein Rentenzuschlag, dort einige Euro mehr Kindergeld oder ein kleines Plus beim Wohngeld – es reicht nicht mehr aus.

Das Problem wurzelt tiefer. „Der Frust ist riesengroß“, bekennt ein Führungsmann. „Es ist die pure Verzweiflung.“ So wächst unter den Genossen in der Hauptstadt wie im ganzen Land das Bedürfnis nach einem Befreiungsschlag. Wohl wissend, dass Wunsch und Wirklichkeit kaum zusammenfinden werden. „Man nimmt in Kauf, dass es noch schlimmer wird – Hauptsache, es passiert was.“ Auch in der Bundestagsfraktion hat sich längst Frust breit gemacht. Die interne Debatte um die Wehrpflicht oder der Ruf nach einem Stadtbild-Gipfel im Kanzleramt sind äußerer Ausdruck der inneren Ratlosigkeit.

So ist das Mitgliederbegehren zuallererst ein Alarmruf in Richtung Parteispitze. Die ihrerseits wirkt gefesselt. Das Problem: Die beiden Co-Vorsitzenden sind vom Tagesgeschäft in der Regierung (über)beansprucht, und der Fraktionschef hat alle Mühe, seine Abgeordneten auf Regierungslinie zu halten. Oder wie es eine ministeriale Genossin ausdrückt: „Eine Doppelspitze der Partei in Regierungsverantwortung ist immer ein Problem.“ Zumal sich der erste Glanz von Bärbel Bas eintrübt. Und Kollege Lars Klingbeil, immer noch mit seinem Parteitagsergebnis hadernd, sucht nach Rat und Lösungen. Bisher mit überschaubarem Erfolg.

„Wir brauchen Führung und Orientierung“, mahnt ein erfahrener Spitzengenosse. Nur, wer soll sie bieten? Die Parteispitze bislang nicht. Ihre Stellvertreter auch nicht. Und die SPD- Ministerpräsidenten – einst durchaus Impulsgeber für die Partei in Berlin – haben vor allem die eigenen Landeswerte im Sinn. Die Ungeduld wächst, allzu viel Zeit bleibt den Führenden der Partei nicht mehr.

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News

Sozialversicherungen: Bundesbank mahnt Rentenreform an und will kein Gold verkaufen. Bundesbank-Präsident Joachim Nagel hat die Bundesregierung zu mutigen Reformen in der Rentenversicherung aufgefordert. „Wir müssen uns ehrlich machen. Wir sind eine alternde Gesellschaft. Wir müssen länger arbeiten, um uns den Wohlstand zu erhalten, den die Generationen nach dem Krieg aufgebaut haben“, sagte Nagel im Podcast von Table.Briefings. „Es geht um Generationenverantwortung. Man muss den Menschen zutrauen, zu verstehen, wo die Herausforderungen liegen.“ Es gehe um unsere Wettbewerbsfähigkeit. Da müsse man auch unangenehme Fragen beantworten. „,Wenn uns das nicht gelingt, wird Deutschland und Europa zurückfallen.“

Nagel sieht gute wirtschaftliche Aussichten fürs kommende Jahr. „Die deutsche Wirtschaft kann jetzt auf einen moderaten Wachstumspfad einschwenken. Wir werden im nächsten Jahr mehr Wachstum sehen, wenn die Zukunftsausgaben richtig gesetzt werden. Dann kann aus dem zarten Pflänzlein mehr werden.“ Man dürfe Europa nicht unterschätzen, so Nagel. Der einheitliche Markt mit 450 Millionen Menschen, die starken Unternehmen und die gut ausgebildeten Fachkräfte würden eine Wachstumsstory bilden, die auch die Investoren wahrnehmen.

Er verteidigt die Zinspolitik der EZB. Die Zinsen unverändert zu lassen, sei angemessen. Ob damit der Zinssenkungszyklus vorbei sei, wollte Nagel nicht sagen. „Wir halten uns alle Optionen offen.“ Dass die Bundesbank Goldreserven verkaufen könnte, um den Bundeshaushalt zu entlasten, lehnte Nagel ab. „Das Gold bleibt dort, wo es ist und wird nicht verkauft.“ Im Podcast hören Sie das gesamte Gespräch ab 5 Uhr hier. Michael Bröcker

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"Investitionen für Gesundheit sind Investitionen in die Zukunft." von Dr. Remo Gujer, Bristol Myers Squibb

Nikotinbeutel: Viele warnen, niemand nimmt es in die Hand. Sie stellen eine Gesundheitsgefahr dar; der Suchtbeauftragte Hendrik Streeck warnt vor ihnen – ausreichend kontrolliert werden die Nikotinbeutel aber bis heute nicht. Das Gesundheitsministerium verweist zudem ans Ernährungsministerium. Der Grund: Die Beutel, die man sich zwischen Oberlippe und Zahnfleisch klemmt, wurden von den Bundesländern nicht etwa als Droge, sondern als „neuartige Lebensmittel“ eingestuft. Aus dem BMLEH heißt es, man setze sich für eine einheitliche EU-Regelung ein. Bis es so weit ist, sind offiziell die Lebensmittel-Überwachungsbehörden der Länder zuständig. Dabei erweist sich der Onlinehandel aber als Problem, wie mehrere Landesministerien Table.Briefings bestätigen. Wie stark Jugendliche die Beutel nutzen und was die Kontrollen der Länder zeigen, lesen Sie in der Analyse des Berlin.Table. Okan Bellikli, Magdalena Latz

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Wir sind die Weitblick-für-die-Pflege-Versicherung. In der Privaten Pflegeversicherung fließt der größte Teil der Beiträge in eine stabile Nachhaltigkeitsreserve. Dieses Geld legen wir am Kapitalmarkt an. Mit den Rücklagen und ihren Zinserträgen können wir die gesetzlichen Pflegeleistungen für unsere Versicherten komplett selbst tragen – ganz ohne Steuerzuschüsse. (mehr auf pkv.de)

Neuer Wehrdienst: Diese drei Differenzen bleiben. Eine Formulierungshilfe des BMVg für die gewünschten Änderungen am Gesetzentwurf für den Neuen Wehrdienst ist bei SPD und Union auf wenig Begeisterung gestoßen, wie Table.Briefings erfuhr. Das Verteidigungsministerium will weiter keine Aufwuchsziele im Gesetz verankern, an der Abschaffung des Soldatenstatus „Freiwillig Wehrdienstleistende“ festhalten und die flächendeckende Musterung für alle 18-Jährigen ab Mitte 2027 einführen, heißt es aus den Fraktionen. Union und SPD wollen eine Messbarkeit der Maßnahmen sicherstellen. Es sei noch ein langer Weg bis zur Einigung, heißt es. Wo sich Kompromisse abzeichnen und wie der Zeitplan aussieht, lesen Sie im Security.Table. Wilhelmine Stenglin

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Verteidigungsministerium: KI-Konzept lässt auf sich warten. Seit Jahren arbeitet das Verteidigungsministerium an einer KI-Strategie. Sie soll noch in diesem Jahr erscheinen. Ein heikler Punkt: die menschliche Kontrolle. Ein Table.Briefings vorliegender Entwurf stellt klar, dass der Mensch jederzeit über die Funktionsweise und den Einsatz von KI-gesteuerten Systemen bestimmen muss. Die KI-Strategie ist überfällig, denn die Bundeswehr hat längst teil-autonome Waffensysteme bestellt. Wie man die Kontrolle über die KI in der Bundeswehr sicherstellen will, lesen Sie im Security.Table. Nana Brink

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Trump-Xi-Gipfel: EU sucht Kurs zwischen den Großmächten. Der Handelsdeal zwischen Donald Trump und Xi Jinping offenbart der EU erneut, wie abhängig sie von den USA und China ist. Nach Gesprächen mit dem chinesischen Handelsministerium bestätigte Handelskommissar Maroš Šefčovič, dass die Aussetzung chinesischer Exportkontrollen auch für die EU gilt – ein Schritt, den die Kommission als Beitrag zur Stabilisierung globaler Lieferketten wertet. „Die derzeitige Ruhephase darf nicht als Entspannung missverstanden werden“, warnt jedoch Engin Eroglu, Vorsitzender der China-Delegation im Europaparlament. Trump und Xi verkaufen ihren Handelsdeal jeweils als eigenen Erfolg. Beobachter in den USA sehen das Abkommen eher als Sieg Chinas: Die Aussetzung von Exportkontrollen für Seltene Erden und ein möglicher Zugang zu Halbleitern verschöben das Kräfteverhältnis zulasten Washingtons. Welche strategischen Optionen Europa jetzt noch hat, lesen Sie im China.Table. Leonardo Pape

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Steinmeier in Ägypten: „Nervöse Zuversicht“ nach Friedensschluss in Gaza. In Ägypten traf der Bundespräsident mit verschiedenen Staats- und Regierungschefs aus der Region zusammen, um über die Lage in Gaza zu sprechen. „Es herrscht so etwas wie eine nervöse Zuversicht“, sagte Frank-Walter Steinmeier am Sonntagmorgen. Den Ländern in der Region sei klar, dass es trotz der Waffenruhe zwischen Israel und Gaza noch große Hürden zu bewältigen gebe. Für die Weltgemeinschaft gehe es nun darum, den Friedensprozess nicht nur abzuwarten, sondern aktiv mitzuhelfen, damit aus dem brüchigen Waffenstillstand dauerhafte Stabilität werde. Deutschland müsse eine aktivere Rolle einnehmen, so die Forderung der arabischen Staaten. Der Bundespräsident hatte am Samstag an der Eröffnung des Grand Egyptian Museum in der ägyptischen Hauptstadt Kairo teilgenommen. David Renke

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Reform des Sozialstaats: Armutsforscher schlägt Kombination aus Sozial- und Steuersystem vor. Die Integration von Transferleistungen in das Einkommensteuersystem würde den Sozialstaat vereinfachen und entstigmatisieren. Das jedenfalls schreibt der Armutsforscher Wolfgang Strengmann-Kuhn, der für die Grünen bis Anfang 2025 als Experte für die Kindergrundsicherung im Bundestag saß. Mit Stefan Bach vom DIW und Michael Opielka vom Institut für Sozialökologie hat er verschiedene Optionen für eine bessere Abstimmung von Steuern, Sozialversicherungsbeiträgen und Transferleistungen entworfen. Sie werden am Montag auf einer Veranstaltung des Deutschen Instituts für Interdisziplinäre Sozialpolitikforschung (Difis) präsentiert.

Eine einheitliche Transferentzugsrate soll zu höheren Arbeitsanreizen führen. Bisher lohnt es sich in bestimmten Einkommensbereichen nicht, mehr zu arbeiten, weil einem dann kaum mehr oder schlimmstenfalls sogar weniger bleibt. Die Mindestsicherung soll erfolgen über ein automatisch an alle Erwachsenen und Kinder in Höhe des jeweiligen Bürgergeld-Regelsatzes ausgezahltes „Basisgeld“. Leistungen würden dann nicht mehr als „Sozialhilfe“, sondern als Steuerleistung wahrgenommen, so die Autoren.

Das Trio will Doppelstrukturen und Mehrfachprüfungen abschaffen. Niedrige Einkommen könnten direkt über die Steuerverwaltung aufgestockt werden, sodass Menschen nicht mehr ergänzend Bürgergeld beziehen müssen. „Der entstehende Bürokratieentlastungseffekt dürfte in einer Größenordnung von mehreren Milliarden Euro jährlich liegen“, schreiben sie. Okan Bellikli

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Table.Documents

Heads

Romy Ermler ist neue Präsidentin der Bundeszahnärztekammer (BZÄK). Die Bundesversammlung in Berlin wählte die Zahnärztin aus Potsdam am Freitag als erste Frau in dieses Amt. Ermler löst den bisherigen Präsidenten Christoph Benz ab. Ralf Hausweiler, wurde zum neuen Vizepräsidenten und Doris Seiz zur neuen Vizepräsidentin bestimmt. Ziel sei es, die Kolleginnen und Kollegen in den Praxen bestmöglich zu stärken, heißt es vom neuen Vorstand. Man wolle etwa die Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) weiterentwickeln sowie einen Abbau von Bürokratie erreichen. Der neue Vorstand ist für vier Jahre gewählt. Magdalena Latz

Erin Markley ist neue Sprecherin der US-Botschaft in Berlin. Sie folgt Elisabeth Rosenstock-Siller, die im Sommer zur OSZE nach Wien gewechselt ist. Seither war Markley Interimssprecherin und führt den Posten nun offiziell. Markley ist seit mehr als zwei Jahren an der Botschaft in Berlin. Lisa-Martina Klein

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Top 100 of the Table 2025

Marie-Christine von Hahn: Seit fast einem Jahr leitet sie den Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI). Zuvor hat sie als Vice President Corporate Sustainability External Affairs des Kupfer-Konzerns Aurubis AG die Interessen eines Unternehmens gegenüber Regierungen und politischen Entscheidungsträgern vertreten. Jetzt vertritt sie die Interessen von etwa 260 Mitgliedsunternehmen des BDLI, darunter große Namen aus der Luftfahrtbranche wie Airbus genauso wie aufstrebende Start-ups wie Quantum Systems oder Helsing.

Von Hahn ist die erste Frau an der Spitze des einflussreichen Lobby-Verbands und einer der 100 entscheidenden Köpfe der sicherheitspolitischen Szene. Die Table.Briefings-Fachredaktionen haben in zehn Kategorien die wichtigsten Personen benannt, von Politik, Unternehmen, Beratung, Verbänden, Thinktanks bis Stiftungen, Wissenschaft, NGOs und Gesellschaft. Hier geht es zur Übersicht.

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Beitrag von Thomas Jarzombek, Parlamentarischer Staatssekretär BMDS über die Agenda des neuen Digitalministeriums

Best of Table

Security.Table: BMI will bald Schutzraum-Konzept vorlegen. Kommunen sollen künftig in großem Umfang Zufluchtsorte identifizieren und ausstatten, unterstützt durch ein Bundesförderprogramm ab 2026. Bei der Innenministerkonferenz am 2. und 3. Dezember in Bremen will das BMI das Konzept vorstellen. Welche Mittel sie dafür erhalten, lesen Sie hier.

Security.Table: Optionen für eine Nato-Nuklearstrategie. Karl-Heinz Kamp von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) fordert eine zeitgemäße Nuklearstrategie für die Nato und die regelmäßige Übung von Verfahren für den Fall einer nuklearen Eskalation. Welche Grundsatzentscheidungen dafür getroffen werden müssten, lesen Sie hier.

Europe.Table: Digitaler Euro bitte nur offline. Der Berichterstatter des EU-Parlaments stellt sich gegen das Online-Bezahlen mit dem digitalen Euro. Wer nach seinem Berichtsentwurf zuerst eine Chance bekommen soll, einen paneuropäischen Zahlungsdienst zu etablieren, lesen Sie hier.

Europe.Table: Tschechiens neue, EU-skeptische Regierung. In Prag tritt am Montag erstmals das neue Abgeordnetenhaus zusammen. Wie sich die rechtskonservative Koalition zur EU, Nato und der Ukraine verhalten will, lesen Sie hier.

China.Table: Taiwans Demokratie im Dauerstress. Gunter Schubert, Chinaforscher an der Universität Tübingen, beobachtet in Taiwan eine politische Landschaft im Dauerwahlkampf zwischen ideologischer Polarisierung und der Gefahr chinesischer Einflussnahme. Welche Grenzen er im Dialog mit Peking sieht und wie Deutschland seine Taiwanpolitik „strategisch klüger“ gestalten sollte, lesen Sie hier.

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Table.Briefings bietet Werte, "die traditionelle Entscheidermedien via Print oder Website in der Regel so nicht erreichen." Jens Schröder. Jetzt die neuen Table.Briefings-Leserschaftsdaten anfordern.

Time.Table

Es ist Sitzungswoche des Bundestags.

Am Montag setzt Friedrich Merz seine „Kanzlertour“ durch die Bundesländer fort und reist nach Schleswig-Holstein. Gemeinsam mit Daniel Günther besucht er das Werksgelände des Energieversorgers GP Joule in Reußenköge, um sich über die Herstellung von grünem Wasserstoff zu informieren. Anschließend nimmt Merz an einer Kabinettssitzung im Rathaus Husum teil und besichtigt gemeinsam mit Günther das Schifffahrtsmuseum in Husum.

Am Dienstag führt seine „Kanzlertour“ Friedrich Merz nach Mecklenburg-Vorpommern. Am Vormittag trifft er Manuela Schwesig und nimmt an einer Sitzung des Kabinetts in der Staatskanzlei in Schwerin teil. Am Nachmittag besucht er die Produktions- und Werkhalle des Medizintechnikunternehmens Ypsomed in Schwerin, um sich mit Mitarbeitenden sowie mit der Geschäftsleitung auszutauschen.

Am Mittwoch findet das „Entlastungskabinett“ statt. Dafür hatte Karsten Wildberger die anderen Ressorts in einem Brief zu konkreten Vorschlägen zum Bürokratierückbau gebeten. Daraufhin habe es „zahlreiche Rückmeldungen“ gegeben. Ein Ministeriumssprecher sagte, am Mittwoch würde es um „schnell umsetzbare Maßnahmen“ wie die „Anpassung von Standards“, den „Abbau von Berichtspflichten“ und „Digitalisierungsmaßnahmen“ gehen.

Am Donnerstag tagt unter dem Vorsitz von Mario Voigt die Regionalkonferenz ostdeutscher Regierungschefs in Brüssel, um die Stimme Ostdeutschlands in Europa weiter zu stärken und für die Region in Europa zu werben. Geplant sind Gespräche mit Manfred Weber, mit den EU-Kommissaren Magnus Brunner, Piotr Serafin und Raffaele Fitto sowie mit der Ostbeauftragten Elisabeth Kaiser.

Am Donnerstag lädt Friedrich Merz zum Stahlgipfel ins Bundeskanzleramt. Mit Katherina Reiche, Lars Klingbeil, Bärbel Bas und Carsten Schneider will er über Lösungen zur Steigerung von Wettbewerbsfähigkeit und über Zukunftsperspektiven der deutschen Stahlindustrie diskutieren. Später nimmt Merz neben Thorsten Frei, Katherina Reiche, Dorothee Bär und Karsten Wildberger an der ersten Sitzung des Strategiekreises für Technologie und Innovation teil.

Am Freitag nimmt Friedrich Merz am World Climate Leaders‘ Summit in Belém in Brasilien teil und hält dort eine Rede. Das Gipfeltreffen findet im Vorfeld der Weltklimakonferenz COP30 statt, die am 10. November in Belém beginnt.

Am Sonntag lädt Frank-Walter Steinmeier zum Jahrestag der Ausrufung der Republik 1918, der Novemberpogrome 1938 und des Mauerfall 1989 zu einer Matinee ins Schloss Bellevue. In einer Rede beleuchtet er die aktuellen inneren und äußeren Gefahren für die freiheitliche Demokratie und fragt nach den Lehren des 9. November für die Verteidigung und Stärkung demokratischer Räume und Institutionen.

3. November

Außenpolitik: Frank-Walter Steinmeier besucht Ghana. Geplant sind ein Treffen mit Präsident John Dramani Mahama und Gespräche mit Vertretern der Zivilgesellschaft sowie mit Start-up-Gründern.

Inneres: Beginn der zweitägigen Kommunaltagung „Zusammen Zukunftsfest“. Schwerpunkt: Zukunftspakt von Bund, Ländern und Kommunen. Pressestatement und Eröffnungsrede von Alexander Dobrindt. Dorint Kongresshotel, Mannheim, 12:15 Uhr

Entwicklung: Reem Alabali Radovan eröffnet eine Finanzierungskampagne für Bildungsprogramme der „Global Partnership for Education“. Schirmherrin ist Elke Büdenbender. BMZ, 10 Uhr

Wirtschaft: Gemeinsames Statement von Katherina Reiche und Stéphane Séjourné, Exekutiv-Vizepräsident der EU-Kommission, bei der Konferenz „Friends of Industry“. Radialsystem V, Berlin, 10 Uhr

Energie: Die Bundesgesellschaft für Endlagerung informiert über den Stand der Endlagersuche für Atommüll. 12 Uhr. Weitere Informationen.

Gesundheit: Öffentliche Anhörung der Enquete-Kommission des Bundestags zur Corona-Pandemie. Sachverständige: Alena Buyx und mehrere Rechtswissenschaftler. Paul-Löbe Haus, 14 Uhr

Verteidigung: Preisverleihung Partner der Reserve 2025. Gewürdigt werden Unternehmen, die den Reservedienst ihrer Mitarbeitenden unterstützen und ermöglichen. Mit Boris Pistorius. IHK München und Oberbayern, 15:30 Uhr

Parteien: Pressekonferenzen von Jan van Aken (Karl-Liebknecht-Haus, 13 Uhr), Tim Klüssendorf (Willy-Brandt-Haus, 13:45 Uhr) und Franziska Brantner (Bundesgeschäftsstelle der Grünen, 14 Uhr)

Bundestag: Öffentliche Anhörung der Ausschüsse:

12 Uhr: Innenausschuss zum Sicherheitsüberprüfungsgesetz
14 Uhr: Rechtsausschuss zu Verbraucherkreditverträgen
14 Uhr: Finanzausschuss zum Mindeststeueranpassungsgesetz
14 Uhr Ausschuss für Arbeit und Soziales zum SGB-VI-Anpassungsgesetz sowie zum Tariftreuegesetz
14:30 Uhr: Innenausschuss zum Gemeinsamen Europäischen Asylsystem
15:15 Uhr: Gesundheitsausschuss zur Entbürokratisierung in der Pflege und Sparpaket gegen höhere Krankenkassenbeiträge
16 Uhr: Finanzausschuss zum Energiesteuer- und Stromsteuergesetz

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Must-Reads

Spiegel: Das BSW fürchtet Wagenknechts Rückzug. Auf einer Klausurtagung wollten die BSW-Spitzen am Wochenende ein neues Personaltableau vorstellen, ergo beantworten, ob Sahra Wagenknecht beim Parteitag im Dezember erneut für den Vorsitz kandidieren würde. Doch sie erschien nicht; wegen einer Grippe sei sie im Saarland geblieben. Mitglieder der Partei sorgten sich vor ihrem Rücktritt, schreibt Linda Tutmann, Begründung: Wagenknecht habe sich aus der Parteiarbeit zurückgezogen. („...und dann war Wagenknecht krank“)

SZ: Parteitag bestätigt Spitzenkandidat Schulze. 91 Prozent der Delegierten stimmen für Sven Schulze, der auf Reiner Haseloff als MP von Sachsen-Anhalt folgen will – dauerkonfrontiert mit einer in Umfragen starken AfD. Es gehe um „einen Härtetest für uns alle“, sagte er. Unmut löste die vorläufige CDU-Landesliste aus, weil erst auf Platz zehn eine Frau stand. Letztlich wurde es Platz acht; unter den ersten 20 Plätzen sind vier Frauen. („Sie können sich auf Sven Schulze verlassen“, sagt Sven Schulze“)

Handelsblatt: Kontroverse um Dobrindts Kriegsvorsorge-Vorstoß. Die Idee, Bedrohungsszenarien im Unterricht zu behandeln, hat zu einer Kontroverse geführt. Bildungsminister von Linke und SPD widersprachen dem Vorschlag, CDU und Grüne zeigten sich offen. 47 Prozent der Jugendlichen mache es große Sorgen, dass es in Deutschland einen Krieg geben könnte; für 81 Prozent ist Krieg in Europa die größte Sorge. („Müssen deutsche Schüler kriegstüchtig werden?“)

Tagesspiegel: Terrorverdächtiger in Berlin verhaftet. Spezialeinheiten haben am Samstag in Neukölln einen 22 Jahre alten syrischen IS-Sympathisanten festgenommen, der ein Selbstmordattentat geplant haben soll. Sie stellten auch Materialien zum Bau von Sprengsätzen sicher. Alexander Dobrindt erklärte, die Terrorgefahr in Deutschland sei abstrakt, aber hoch. („Plante Abdallah R. ein Selbstmordattentat in Berlin?“)

Nicht überlesen!

Welt: Banaszak will den Osten verstehen. Der Grünen-Chef hat in der Stadt Brandenburg sein im Sommer angekündigtes Büro eröffnet. Er will dort den Einwohnern die Möglichkeit geben, mit der Bundespolitik in Kontakt zu kommen; gleichzeitig soll es für ihn persönlich ein „Lernort“ werden. Niemand glaube, dass ein einzelner Abgeordneter an dem Aufschwung der AfD etwas ändern werde, schreibt Jan Casper Alexander. Doch der Perspektivwechsel könne etwas anstoßen. („Im neuen Büro in Brandenburg wünscht sich Felix Banaszak erst einmal ‚Übersetzungsarbeit‘“)

Bild: Mario Voigt lehnt „Brandmauer“-Begriff ab. Der Regierungschef von Thüringen beschreibt ihn als passiv und angstgetrieben. „Die CDU muss den Rücken gerade machen“, fordert er. „Dieses permanente Kreisen um die AfD als Referenzpunkt, das macht uns doch kaputt.“ Er wiederholt den Vorwurf seines Innenministers, AfD-Parlamentarier nutzten ihr Fragerecht aus, um sensible Informationen zu kritischer Infrastruktur zu sammeln. Auch seine Migrationslinie ähnele nicht AfD-Positionen, sondern sei klassische CDU. („Hält die Brandmauer zur AfD, Herr Voigt?“)

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Schlagzeilen von morgen

Meistgelesenes von heute

Heute Abend in den Talkshows

2. November

Caren Miosga, 21:45 Uhr: Cem Özdemir, Hildegard Müller, Moritz Schularick

3. November

Pinar Atalay, 20:15 Uhr: Julia Klöckner

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Interviews von morgen

Deutschlandfunk

6:50 Uhr: Olaf Lies, Ministerpräsident Niedersachsen (SPD): Anteil der Länder bei der Unterstützung klammer Kommunen

7:15 Uhr: Thorsten Frei, Kanzleramtsminister (CDU): Abschiebungen nach Syrien?

8:10 Uhr: Carsten Schneider, Umweltminister (SPD): Position der EU bei der UN-Klimakonferenz

ARD

7:10 Uhr: Steffen Bilger, stellvertretender Vorsitzender der Unionsfraktion (CDU): Herausforderungen für die Koalition

8:10 Uhr: Matthias Miersch, Fraktionsvorsitzender (SPD): Herausforderungen für die Koalition

phoenix

9:05 Uhr: Volker Treier, Außenwirtschaftschef der DIHK: wirtschaftliche Lage Deutschlands und Abhängigkeit von China

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Geburtstage von morgen

Hubertus Heil, MdB (SPD), 53

Kirsten Kappert-Gonther, MdB (Grüne), 59

Judith Gerlach, Gesundheitsministerin Bayern (CSU), 40

Robert Crumbach, Finanzminister Brandenburg (BSW), 63

Marc Speicher, Bundesvorstandsmitglied und OB von Saarlouis (CDU), 41

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Nachttisch

Unser Tipp führt Sie heute in die gefährliche Welt der Reichsbürger. Der Prozess gegen die mutmaßliche Terrorgruppe um „Prinz Reuß“ läuft noch; das WDR-Investigativteam um Martin Kaul wirft einen tiefen Blick in das Umfeld und die Geschichte der 26 Umstürzler. Im Fokus steht Rüdiger von Pescatore. Der ehemalige Fallschirmjäger-Kommandeur hätte Oberbefehlshaber der „neuen deutschen Armee“ werden sollen. Die Recherchen führen das Team durch ganz Deutschland und sogar bis nach Brasilien. Neben der Frage, wie viel eine Demokratie aushalten muss, schwingt auch mit, wie sich der ehemals hochdekorierte Militär so vom Staat abwenden konnte? Leonard Schulz

»Hateland« | Podcast vom WDR

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Das war’s für heute. Good night and good luck!

Heute haben Okan Bellikli, Laura Block, Stefan Braun, Michael Bröcker, Anne Brünning, Daniel Friesen, Lukas Knigge, Franziska Klemenz, Katharina Kort, Vincent Mikoteit, Leonardo Pape, Leonard Schulz, Sven Siebert, Alex Veit, Markus Weisskopf und Alexander Wiedmann mitgewirkt.

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