Table.Briefing: Europe

Ukraine-Krise + Atomkraft in den Niederlanden + EVP-Abgeordnete zur Taxonomie

  • Ukraine-Krise: EU und Nato gehen in die Offensive
  • Niederlande: Neue Atomkraftwerke neben Windmühlen
  • Termine
  • EVP-Abgeordnete kritisieren Taxonomie-Kriterien
  • Halbleiter: Industrie fordert massive Subventionen
  • Liese: Keine Lieferverträge für Covid-Medikament Paxlovid
  • Werber und Verlage bitten Kommission um Prüfung von Googles Cookie-Sperre
  • App-Store: Niederländische Marktaufsicht verhängt Millionenstrafe gegen Apple
  • Luftfahrt-Allianz fordert Änderung der EU-Klimaschutzauflagen
  • Elodie Viau (ESA): Das All ist der Schlüssel zu unserer vernetzten Welt
  • Luxemburg und die Kunst der Public Diplomacy
Liebe Leserin, lieber Leser,

die Spannungen zwischen dem Westen und Russland nehmen weiter zu. Die Nato sei in Alarmbereitschaft, sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg und teilte mit, dass die alliierten Truppen in Osteuropa aufgestockt werden sollen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte ein milliardenschweres Hilfspaket für die Ukraine an. Die EU zeigte sich erneut entschieden, im Falle eines russischen Angriffs schnell mit Sanktionen zu reagieren. Doch dass Russland vollständig aus dem internationalen Bankensystem Swift ausgeschlossen werden soll, ist offenbar kein Thema mehr. Details zur aktuellen Situation hat Eric Bonse

Der Widerstand gegen den Taxonomie-Entwurf der Kommission wächst. Einige Mitgliedstaaten haben bereits ihre Ablehnung deutlich gemacht, nun kommt auch Kritik aus den Reihen der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament. Die geplanten Bedingungen für Gaskraftwerke seien nicht zweckmäßig und die Einstufung von Atomkraft als Übergangslösung generell fragwürdig, heißt es in einem Brief der Abgeordneten an Ursula von der Leyen. Mehr zu den Kritikpunkten lesen Sie in den News.  

Die Regierung in den Niederlanden hingegen dürfte sich mit der Entscheidung, Atomkraft als nachhaltig einzustufen, in ihren Plänen bestätigt sehen. Zwei neue Atomkraftwerke sollen im Land der Windmühlen entstehen, so sieht es der Koalitionsvertrag der neuen Regierung unter Ministerpräsident Mark Rutte vor. Anders als Deutschland will sich das Land zügig vom Gas verabschieden. Doch eine Reihe an Hindernissen werde die Realisierung der Atomkraftwerke voraussichtlich massiv erschweren, schreibt Stephan Israel in seiner Analyse.

Ihre
Sarah Schaefer
Bild von Sarah  Schaefer

Analyse

Ukraine-Krise: EU und Nato gehen in die Offensive

Die EU und die Nato wollen ihre Hilfe für die Ukraine im Konflikt mit Russland massiv aufstocken. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte ein neues, milliardenschweres Hilfspaket für die Ukraine an. Sie wolle 1,2 Milliarden Euro bereitstellen, sagte die CDU-Politikerin in Brüssel. Allerdings müssen die EU-Staaten noch zustimmen. Deutschland signalisierte bereits Einverständnis.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg teilte mit, dass die alliierten Truppen in Osteuropa aufgestockt werden sollen. Beteiligt sind neben den USA auch Dänemark, Spanien, Frankreich und die Niederlande. Die Nato sei in Alarmbereitschaft, so Stoltenberg. Einen konkreten Grund nannte er nicht. Die Aufstockung erfolge im Rahmen der Nato-Russland-Grundakte, sagte ein Diplomat.

Borrell: “Nervenzusammenbruch vermeiden”

Russland reagierte dennoch empört. Die Verlegung von Nato-Truppen “führt dazu, dass die Spannung wächst”, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow in Moskau. Nicht Russland sei der Ursprung der aktuellen Spannungen im Ukraine-Konflikt, sondern die “Informationskampagne” und “Hysterie” der USA und der Nato. Die USA hatten angekündigt, ein Teil ihres Botschaftspersonals in Kiew abzuziehen.

Dies gilt als Signal, dass Washington mit einem bewaffneten Konflikt rechnet. Auch Großbritannien will seine Botschaft teilweise räumen. Demgegenüber erklärte die EU, sie werde vorerst keine Diplomaten abziehen. “Man muss ruhig bleiben und das Nötige tun, aber einen Nervenzusammenbruch vermeiden”, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell nach einer Videokonferenz der Außenminister mit US-Ressortchef Antony Blinken. 

Baerbock will zurück an den Verhandlungstisch

Unklar blieb, warum die USA und die EU so unterschiedlich reagieren. Weder Borrell noch Annalena Baerbock wollten sich dazu äußern. Beide betonten jedoch die Geschlossenheit des Westens. Falls es zu einem russischen Angriff kommen sollte, werde die EU schnell reagieren, sagte Borrell. Die bereits beim EU-Gipfel im Dezember angekündigten Sanktionen seien weit fortgeschritten.

Allerdings gehöre es auch zur Abschreckung, keine Details zu den geplanten Strafmaßnahmen bekannt zu geben, sagte Borrell nach dem Treffen der EU-Außenminister. Ein zunächst erwogener vollständiger Ausschluss Russlands aus dem internationalen Bankensystem Swift ist jedoch offenbar vom Tisch. Dagegen hatte sich vor allem Deutschland gesträubt, da dies auch das Gasgeschäft treffen würde. 

“Der härteste Knüppel ist nicht immer das intelligenteste Schwert”, sagte Baerbock auf eine Frage zu Swift. Nötig seien gezielte Sanktionen, die einzelne Banken und Politiker treffen. Das Hauptziel müsse aber die Rückkehr an den Verhandlungstisch sein, so die Grünen-Politikerin.

Das Normandie-Format aus Deutschland, Frankreich, Russland und der Ukraine wird nach Angaben aus diplomatischen Kreisen am Mittwoch zu Beratungen zusammenkommen. Das Treffen werde in Paris und auf Ebene der politischen Direktoren stattfinden, verlautet aus der russischen Delegation. Deutschland und Frankreich vermittelten bereits das Minsker Abkommen zwischen Russland und der Ukraine 2015, das die Ostukraine befrieden soll. Mit rtr

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    Niederlande: Neue Atomkraftwerke neben Windmühlen

    Im Land der Windmühlen sollen bald zwei neue Atomkraftwerke stehen. So hat es zumindest die neue Regierung unter Ministerpräsident Mark Rutte in ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben. Die Niederlande wechseln damit in den Club der EU-Staaten mit Frankreich an der Spitze, die im Kampf gegen den Klimawandel auch auf Nuklearenergie setzen wollen.

    Wie ist es zu dieser Weichenstellung gekommen und wie realistisch sind die Pläne? Die Koalition besteht aus der rechtsliberalen VVD von Ministerpräsident Mark Rutte, den linksliberalen D66 der neuen Finanzministerin Sigrid Kaag, den Christdemokraten (CDA) und der konservativen Kleinpartei ChristenUnie (CU). Ruttes Rechtsliberale und die Christdemokraten waren schon länger für ein Comeback der Kernenergie, die beiden anderen Koalitionspartner bisher weniger enthusiastisch.

    Derzeit nur ein Atomkraftwerk in den Niederlanden in Betrieb

    Silvio Erkens, Abgeordneter von der rechtsliberalen VVD, ist froh, dass es bei den Koalitionsverhandlungen in der Atomfrage keine “ideologische Blockade” gegeben habe. Fünf Milliarden Euro habe die Regierung reserviert, um die neuen Projekte bis 2030 anzustoßen. Die Niederlande hatten bisher nur zwei Atomkraftwerke, wovon das kleinere in Dodewaard bereits 1997 abgeschaltet wurde. Die Laufzeit des Reaktorblocks bei Borssele in der Provinz Zeeland wurde zuletzt bis 2034 verlängert. Das AKW, an dem RWE beteiligt ist, wird dann 50 Jahre in Betrieb gewesen sein.

    Ministerpräsident Mark Rutte hat im Wahlkampf die Standortfrage für die neuen Blöcke kurz aufgebracht und schon einige Absagen aus betroffenen Regionen bekommen. Ein Bauplatz neben dem bestehenden AKW ist der einzige Standort, der am Ende überhaupt infrage kommen dürfte. Die Koalition sei sich bewusst, dass der Bau ohne öffentliche Unterstützung nicht möglich sein werde, so Silvio Erkens.

    Der Parlamentarier von der Rutte-Partei rechnet damit, dass der staatliche Beitrag rund 25 Prozent der Kosten für den Bau von zwei Reaktorblöcken decken könnte. Die Regierung setze darauf, dass der private Sektor den Rest beisteuere. Die Entscheidung der EU-Kommission zur Taxonomie sei da eine gute Nachricht, sagt Silvio Erkens, der ein Interesse bei den Pensionsfonds sieht.

    Industrie und Landwirtschaft abhängig von Gas

    Klar, auch weitere Windparks in der Nordsee seien geplant. “Wir werden nicht alles Geld auf ein Pferd setzen”, so Silvio Erkens. Atomenergie sei aber gut, um die Grundversorgung zu sichern, wenn zum Beispiel beim Wind gerade Flaute sei. Die Offshore-Windparks könnten zudem den künftig stark steigenden Bedarf nicht abdecken. Die Niederlande bräuchten in Zukunft sehr viel mehr Strom, da Industrie und Landwirtschaft noch stark von fossiler Energie abhängig sind. Selbst die Gewächshäuser mit Gemüse und Tulpen werden noch mit Strom aus Gaskraftwerken beheizt.

    Noch mehr Gaskraftwerke zu bauen, sei dabei für die Niederlande keine Option, so Silvio Erkens. Die Niederlande wollten bewusst einen anderen Weg gehen als Deutschland und die Abhängigkeit von “unfreundlichen Ländern” reduzieren, sagt Silvio Erkens. Viele Jahre waren die Niederlande beim Gas autark und Netto-Exporteur, dank der Vorkommen in der Nordsee und bei Groningen – lange Zeit eines der größten Gasfelder weltweit.

    In der Nordsee gehen die Reserven langsam zu Ende und bei Groningen würde die Regierung in Den Haag die Förderung gerne möglichst rasch zurückfahren. In den vergangenen Jahren ist es dort zu kleineren Erdbeben und größeren Schäden an mehr als 10.000 Gebäuden gekommen. Die Regierung steht bei der Bevölkerung in der Region eigentlich im Wort, die Förderung in diesem Jahr auslaufen zu lassen. Langfristige Lieferverträge insbesondere mit Deutschland haben die Niederlande zuletzt aber gezwungen, wieder mehr zu fördern. Die Regierung in Den Haag hat sich zum Jahreswechsel hin in Berlin über den deutschen Gasbedarf beschwert.

    Zwei neue Atomkraftwerke in den Niederlanden als Alternative zu Gas

    Die Niederlande bräuchten spätestens 2040 eine Alternative zu den Gaskraftwerken, sagt Pieter Boot vom staatlichen Planbüro für Umweltfragen (PBL). Die Prognosen des PBL gehen bis 2030 von einem Anteil der erneuerbaren Energien von 75 Prozent aus. Die offene Frage sei, wie schnell die Elektrifizierung von Industrie und der Landwirtschaft vor sich gehe. Atomkraftwerke seien überhaupt nur sinnvoll, wenn der Bedarf an Strom erst nach 2030 stark ansteige. Nur dann wäre ein AKW auch rechtzeitig operationell.

    Wenn der Strombedarf langsam und kontinuierlich zunehme, reiche es vielleicht, auf weitere Windparks zu setzen. Das PBL prognostiziert bis 2030 Kapazitäten von 11 Gigawatt für die Windkraftanlagen, während die neue Regierung die Ziele zuletzt noch deutlich höher gesetzt hat. Pieter Boot hält es für möglich, dass die Niederlande ganz auf erneuerbare Energie setzen. Theoretisch seien Kapazitäten bis zu 60 Gigawatt vorstellbar. Vorausgesetzt, es gebe genügend Interkonnektoren und Speicherkapazitäten.

    Als Hindernis bei der Realisierung von Atomkraftwerken kommt hinzu, dass den Niederlanden das Knowhow fehlt. Der Bau der beiden AKWs liegt bald 50 Jahre zurück. Ob die Niederlande je neue Atomkraftwerke bauen werden, hänge deshalb auch von der Entwicklung in Frankreich ab, sagt Pieter Boot. Ein Alleingang könnte für die Niederlande nicht nur teuer, sondern auch risikoreich sein. Sollte EDF in Frankreich tatsächlich in den nächsten Jahren sechs neue Blöcke bauen, werde es einfacher sein, ein oder zwei Reaktoren zusätzlich in den Niederlanden hinzustellen.

    100 Prozent Erneuerbare möglich?

    Der EU-Parlamentarier von GroenLinks Bas Eickhout sieht die Pläne kritisch: Die rechtsliberale VVD habe im Wahlkampf ein Alleinstellungsmerkmal gesucht und in der Atomkraft gefunden. Als Abgrenzung zu den starken rechtspopulistischen Kräften, die den Klimawandel leugnen und den Parteien links der Mitte, die im Kampf gegen die Erderwärmung auf erneuerbare Energie setzen.

    Eickhout bezweifelt, dass die Reaktoren auf absehbare Zeit gebaut werden. Er rechnet damit, dass die Regierung viele Studien zum Thema in Auftrag geben wird. Wegen der rekordlangen Dauer der Regierungsbildung bleiben Ministerpräsident Mark Rutte aber nicht viel mehr als drei Jahre bis zur nächsten Wahl. Auch im besten Fall brauche es aber 15 bis 20 Jahre, um die beiden neuen Atomkraftwerke in den Niederlanden zu bauen.

    Zudem hält Eickhout es für fraglich, dass private Investoren großes Interesse zeigen werden. Die Regierung werde die Finanzierung aus öffentlichen Mitteln massiv aufstocken müssen. Der Grünen-Politiker ist überzeugt, dass die Niederlande besser auf 100 Prozent erneuerbare Energien setzen sollten. Das Potenzial in der Nordsee sei vorhanden, eine Verdoppelung der Kapazitäten möglich. Er befürchtet aber, dass die Diskussion über das Comeback der Atomkraft vom Ausbau der Erneuerbaren ablenken und unnötig knappe Ressourcen absorbieren wird. Stephan Israel

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      26.01.2022 – 10:00-12:00 Uhr, online
      ASEW, Seminar Erfahrungsaustausch THG-Quotenhandel
      Der Erfahrungsaustausch des Effizienz-Netzwerks für Stadtwerke (ASEW) beschäftigt sich mit der Treibhausgasminderungsquote (THG-Quote) als markbasiertes Klimaschutzinstrument im Verkehrssektor. INFOS & ANMELDUNG

      26.01.2022 – 10:00-11:30 Uhr, online
      ASEW, Seminar Digitalisierung in Gasnetzen
      Das Seminar des Effizienz-Netzwerks für Stadtwerke (ASEW) hat die Vorstellung des Produkts iogas-GDR zum Inhalt, das es ermöglicht, Gasdruckregelanlagen digital zu kontrollieren. INFOS & ANMELDUNG

      26.01.2022 – 10:00-11:30 Uhr, online
      EUA, Seminar Sustainable Chemicals
      The workshop by EU Agenda (EUA) addresses the main challenges, risks, and opportunities the European Chemicals Strategy for Sustainability (CSS) poses to the chemical industry. INFOS & REGISTRATION

      26.01.2022 – 11:00-13:00 Uhr, online
      DBV, Podiumsdiskussion Klimaschutz und Nachhaltigkeit im Agrarhandel ohne Leakage: Wie geht das?
      Die Podiumsdiskussion des Deutschen Bauernverbands (DBV) geht der Frage nach, wie die europäische Landwirtschaft nachhaltiger werden kann und gleichzeitig international wettbewerbsfähig bleibt. INFOS & LIVESTREAM

      26.01.2022 – 12:00-18:00 Uhr, online
      Deutsche Medienakademie, Roundtable Sektoranalyse Digitale Souveränität und die Konsequenzen
      Der Roundtable der Deutschen Medienakademie setzt sich mit den verschiedenen Deutungsweisen des Begriffs “Digitale Souveränität” auseinander. INFO & ANMELDUNG

      26.01.2022 – 16:00-20:00 Uhr, online
      HWK, Seminar Die richtige Richtung einschlagen: Neue Förderungen für energieeffizientes Bauen und Sanieren
      Die Veranstaltung der Handwerkskammer (HWK) Frankfurt-Rhein-Main führt in die Möglichkeiten der Förderung von energieeffizientem Bauen und Sanieren im Gebäudebau ein. INFOS & ANMELDUNG

      26.01.2022 – 16:00-17:00 Uhr, online
      DBV, Diskussion F.R.A.N.Z. – Dialog und Kooperation zur Förderung der Biodiversität
      Die Veranstaltung des Deutschen Bauernverbands (DBV) gibt einen Einblick in die praktischen Erfahrungen bei der Maßnahmenumsetzung zur Förderung der Biodiversität in der Landwirtschaft. INFOS & LIVESTREAM

      27.01.-28.01.2022, online
      EEN, Conference Future Horizons: How do health and space tech go together?
      The Enterprise Europe Network (EEN) event invites relevant stakeholders to discuss pre-seed and seed investments in the health-tech and life sciences field. INFOS & REGISTRATION

      27.01.2022 – 11:00-13:30 Uhr, online
      DBV & DNR, Podiumsdiskussion Landwirtschaft und Naturschutz – Zukunft gemeinsam gestalten
      Die Podiumsdiskussion des Deutschen Bauernverbands (DBV) und des Deutschen Naturschutzrings (DNR) stellt verschiedene Praxisbeispiele zur Förderung der Artenvielfalt in der Landwirtschaft zur Diskussion. INFOS & LIVESTREAM

      27.01.2022 – 15:30-17:15 Uhr, online
      BDI, Diskussion Klimapfade 2.0 – Fokus Verkehr
      Die Diskussion des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) widmet sich der Frage, mit welchen Instrumenten wir die Transformation der Mobilität innerhalb der nächsten Jahre steuern können. INFOS & ANMELDUNG

      27.01.2022 – 16:00-17:30 Uhr, online
      HBS 22. Außenpolitische Jahrestagung – Auf dem Weg zu einer neuen Klima-Außenpolitik
      Die Außenpolitische Jahrestagung der Heinrich-Böll-Stiftung (HBS) beschäftigt sich mit der Ausgestaltung einer neuen Klima-Außenpolitik unter anderem im Hinblick auf die transatlantischen Beziehungen, auf die Beziehungen zu Schwellenländern wie Indien sowie auf die Beziehungen zu Russland und China. INFOS & ANMELDUNG

      27.01.2022 – 17:30-19:00 Uhr, online
      Irights Lab, Podiumsdiskussion Wie bauen wir ein Datenökosystem für die Mobilität der Zukunft in Deutschland auf?
      Die Podiumsdiskussion von Irights Lab beschäftigt sich mit den infrastrukturellen, politischen und rechtlichen Anforderungen an eine Transformation der Mobilitätsbranche. INFOS & ANMELDUNG

      News

      Brief an Kommission: EVP-Abgeordnete kritisieren Taxonomie-Kriterien

      In einem gemeinsamen Brief haben sich einige Europaabgeordnete der EVP-Fraktion Ende vergangener Woche an EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen gewandt und ihre “starken Bedenken” hinsichtlich der vorgeschlagenen Kriterien für die Aufnahme von Gas- und Kernenergie in die EU-Taxonomie geäußert. Die vorgesehenen Bedingungen für Gaskraftwerke seien nicht zweckmäßig und die Einstufung von Atomkraft als Übergangslösung generell fragwürdig, heißt es in dem Schreiben, das Europe.Table vorliegt.

      So halten die Unterzeichner den geplanten Brennstoffwechsel (Europe.Table berichtete) und die Beimischungsquoten für kohlenstoffarme Gase ab 2026 für unerreichbar. Das sei aller Voraussicht nach weder technisch machbar, noch könne mit ausreichenden Mengen an klimafreundlichem Wasserstoff gerechnet werden. Zumal sich die Kommission hierbei selbst im Weg stehe. Durch die “unnötigerweise” strengen Kriterien für die Produktion von grünem Wasserstoff werde es noch unrealistischer (Europe.Table berichtete), die Anforderungen der Taxonomie zu erfüllen.

      Zudem könne der vorgeschlagene Grenzwert von 270 g CO2e/kWh derzeit nur von hocheffizienten Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung eingehalten werden. Die Abgeordneten fordern deshalb, den Schwellenwert bei Kraftwerken, die nur Strom erzeugen, auf die gesamte Betriebsdauer zu beziehen.

      Kernenergie & Erdgas in der EU-Taxonomie: Kritik aus der Wissenschaft

      Die Bedingung, dass neue Anlagen bereits bestehende ersetzen müssen, sollte nach Ansicht der Unterzeichner sogar ganz gestrichen werden. “Viele Mitgliedsstaaten wie Deutschland oder Rumänien müssen ihre Gaskapazitäten erheblich ausbauen, um den Übergang zur Klimaneutralität zu schaffen”, heißt es in dem Papier. Der Kommissionsentwurf schränke “den Markt auf fragwürdige Weise auf einige Akteure ein”. Investitionen in neue Kraftwerke würden Unternehmen vorbehalten, die bereits über alte Anlagen verfügen, die sie ersetzen können.

      Auch die Vorgabe, dass die Erzeugungskapazitäten der neuen Anlage die der alten nicht um mehr als 15 Prozent übersteigen dürfen, müsse gestrichen werden. Schließlich sei auf dem Weg zur Klimaneutralität mit einem erheblich höheren Strombedarf zu rechnen.

      Im Europäischen Parlament wachse die fraktionsübergreifende Ablehnung, so Peter Liese, umweltpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Gruppe, in einer Stellungnahme. Auch angesichts der deutlichen Kritik von Wissenschaftlern und Experten (Europe.Table berichtete) sei es wohl das Beste, “den delegierten Rechtsakt zur Taxonomie einzustampfen”. til

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        Halbleiter: Industrie fordert massive Subventionen

        Der Verband der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI) hat sich für massive Staatshilfen für den Ausbau der Chipindustrie in Europa ausgesprochen. Mit den in Aussicht gestellten Fördermitteln rangierten die EU-Staaten “unter ferner liefen” im Vergleich zu Japan, den USA, China oder Südkorea, sagte ZVEI-Präsident Gunther Kegel am Montag. Daher solle die Bundesregierung mindestens die zehn Milliarden Euro für die Industrie zur Verfügung stellen, die noch von der Großen Koalition vorgesehen worden seien.

        Laut ZVEI macht die Halbleiter-Produktion in der EU rund acht Prozent des weltweiten Outputs aus. Die EU-Kommission hat das Ziel ausgegeben (Europe.Table berichtete), den Anteil bis 2030 auf 20 Prozent zu steigern. Der European Chips Act, angekündigt für den 2. Februar (Europe.Table berichtete), soll dafür die Rahmenbedingungen schaffen. Der Vorschlag wird insbesondere die gelockerten Beihilferegeln konkretisieren (Europe.Table berichtete), unter denen die Mitgliedstaaten Chipfabriken subventionieren dürfen.

        EU: Halbleiter der neuesten Generation

        Kegel sprach sich dafür aus, einerseits Europas Position bei Leistungshalbleitern zu stärken, in denen hiesige Anbieter bereits stark sind. Zum anderen solle die EU versuchen, auch in der Produktion von Halbleitern der neuesten Generation mit Strukturgrößen von weniger als zehn Nanometern Fuß zu fassen.

        Der Bedarf sei da: Solche Halbleiter würden etwa für das autonome Fahren oder die vernetzte Fabrik gebraucht. “Die Autohersteller könnte eine entsprechende Fabrik in Europa durchaus auslasten”, sagte Kegel. Allerdings müsse die hiesige Autoindustrie zusagen, hier gefertigte Chips auch abzunehmen, damit sich die Investitionen in die Fabriken rentierten.

        Ein baldiges Ende der Lieferengpässe erwartet Kegel nicht. Der Chipmangel werde voraussichtlich das gesamte Jahr 2022 andauern, ab Jahresmitte dürfte sich die Situation aber zumindest etwas entspannen. Für die Elektroindustrie erwartet der ZVEI dennoch ein Produktionswachstum von rund vier Prozent in diesem Jahr. tho

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          Liese: Keine Lieferverträge für Covid-Medikament Paxlovid

          Voraussichtlich am Donnerstag wird die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) über die Zulassung des Covid-Medikaments Paxlovid von Pfizer entscheiden. Das sagte der Abgeordnete des EU-Parlaments Peter Liese im Gespräch mit Journalisten. Er rechnet damit, dass nach einem positiven EMA-Votum die EU-Kommission das Präparat noch am selben Tag oder spätestens am Freitag formal zulässt.

          Wann Patienten in Deutschland und Europa das vielversprechende Medikament erhalten werden, ist jedoch ungewiss. Laut Liese können derzeit weder einzelne Mitgliedstaaten noch die EU-Kommission konkrete Liefervereinbarungen mit Pfizer für das Covid-Medikaments Paxlovid vorweisen. Die Verantwortung dafür sieht er in erster Linie beim Pharmakonzern: “In den Verhandlungen um die Impfstoffe hatte sich Pfizer im Sommer und Herbst 2020 bereits als sehr hartnäckiger Verhandlungspartner gezeigt und teilweise das Haftungsrecht der EU infrage gestellt”, so der gesundheitspolitische Sprecher der EVP-Fraktion.

          BMG: Verhandlungen laufen

          Das Bundesministerium für Gesundheit bestätigte auf Anfrage, dass die Vertragsverhandlungen mit Pfizer zum Kauf von einer Million Packungen des Covid-Medikaments Paxlovid noch laufen. Das BMG habe jedoch bereits im Dezember 2021 eine bindende Vereinbarung über die Reservierung dieses Kontingents unterzeichnet. Mit der ersten Lieferung rechnet das Ministerium eigenen Angaben nach im Februar 2022. Weitere Tranchen sollen verteilt über das gesamte Jahr 2022 folgen.

          Ein Sprecher der EU-Kommission teilte mit, dass es derzeit keine gemeinsame Beschaffung für Paxlovid gibt. Informationen über spezifische Beschaffungsverfahren seien grundsätzlich vertraulich. Daher könne man zum jetzigen Zeitpunkt keine Einzelheiten über Gespräche und mögliche neue Verträge mitteilen.

          Pfizers Covid-Medikament Paxlovid ist kein Ersatz für eine Impfung

          Klinische Prüfungen haben gezeigt, dass Pfizers Medikament Paxlovid das Risiko von Krankenhauseinweisungen und Todesfällen bei Covid-Patienten um fast 90 Prozent senkt. Das gelte laut Pfizer bei Behandlungen innerhalb von drei Tagen nach ersten Symptomen. Ähnliche Werte hätten sich bei Behandlungen innerhalb von fünf Tagen ergeben.

          Liese warnte jedoch davor, das Medikament als Ersatz für eine Impfung zu betrachten. Die Nebenwirkungen seien erheblich, insbesondere in Wechselwirkung mit anderen Medikamenten. “Jeder, der denkt, wegen der Nebenwirkungen durch Impfungen sollte man sich nicht impfen lassen, weil es ja jetzt auch ein Medikament gibt, liegt daher falsch.” Die Impfung sei nach wie vor die wichtigste Maßnahme, um schwere Verläufe zu verhindern und der Pandemie den Schrecken zu nehmen. ank

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            Werber und Verlage bitten Kommission um Prüfung von Googles Cookie-Sperre

            Deutsche Verbände haben bei der EU-Kommission eine umfangreiche Beschwerde gegen Google eingereicht. Google soll davon abgebracht werden, seine Ankündigung zum Ende der Third-Party-Cookies in die Praxis umzusetzen. Laut “Financial Times” ist der deutsche Medienkonzern Axel Springer Initiator der an die Kommission adressierten Beschwerde, die von acht Organisationen aus der Verlags- und Werbebranche unterzeichnet wurde.

            Google will Einsatz von Third-Party-Cookies untersagen

            Auf insgesamt 108 Seiten argumentieren die Anwälte der auf Medien- und Kartellrecht spezialisierten Kanzlei Hausfeld, dass Google beabsichtige, vielen Angeboten im Netz das “Lebenselixier” zu entziehen, indem der Konzern den Einsatz von Third-Party-Cookies in seinem Browser untersage. Diesen Schritt hatte Google bereits vor zwei Jahren angekündigt, die Umsetzung aber bis Ende 2023 aufgeschoben.

            Die Beschwerde zeichnet ein dramatisches Bild: Die Umsätze durch Werbung könnten um bis zu 70 Prozent fallen, wenn Google seine Pläne umsetze. Die Milliarden-Einnahmen des einstigen Suchmaschinen-Konzerns seien hingegen von der Änderung nicht betroffen. Doch wie die britische Marktaufsicht CMA in ihrer Markterhebung ausführt, basiert diese Schätzung auf einem Pilotversuch, der keine Rückschlüsse auf eine komplette Umgestaltung des Marktes zulässt.

            Die gleiche Allianz vom Verlegerverband BDZV bis hin zum Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft ZAW hatte bereits im April 2021 eine ähnliche Beschwerde gegen Apple beim Bundeskartellamt eingereicht. Der iPhone-Hersteller hatte intransparente Tracking-Mechanismen sowohl im hauseigenen Browser Safari als auch bei Apps empfindlich eingeschränkt. Zwar hat das Amt im Juni tatsächlich ein Verfahren gegen Apple eröffnet, legte dabei aber keinen Schwerpunkt auf die Tracking-Sperren.

            Die Beschwerdeführer waren offenbar von bisherigen Erfolgen angespornt. Erst im November hatte Google im Streit um das Bußgeld in Höhe von 2,4 Milliarden Euro wegen der Bevorzugung des eigenen Preisvergleichsportals eine Niederlage einstecken müssen (Europe.Table berichtete). Im Januar stellte das Bundeskartellamt Googles marktübergreifende Bedeutung fest (Europe.Table berichtete), was den Konzern für weitere Verfahren prädestiniert.

            Googles Pläne sind noch Zukunftsmusik

            Dennoch steht die neuerliche Beschwerde auf schwachen Füßen: Im Gegensatz zu Apple hat Google seine Pläne noch nicht umgesetzt – sie sind noch nicht einmal sehr konkret. Ein Pilotversuch mit dem potenziellen Cookie-Ersatz FLOC, bei dem Werbung direkt durch den Browser zugeteilt wurde, konnte weder Googles Werbepartner noch Datenschützer überzeugen.

            Der Konzern sucht derzeit im Kreis der Standardisierungsorganisation W3C nach neuen Kompromissmöglichkeiten. Zudem sehen auch europäische Behörden die aktuellen Techniken zum Tracking per Third-Party-Cookie mittlerweile ähnlich kritisch wie Google.

            Google selbst betont, eine Reform sei im Interesse aller notwendig: “Das Ziel ist es, die Privatsphäre der Nutzer:innen zu schützen, verdecktes Tracking zu verhindern und gleichzeitig ein florierendes, werbefinanziertes, offenes Web zu erhalten”, sagte eine Sprecherin des Konzerns am Montag. Um neuen Milliarden-Bußgeldern vorzubeugen, hat Google im Dezember mit der britischen Marktaufsicht CMA eine Zusammenarbeit vereinbart. Damit soll schon im Planungsstadium sichergestellt werden, dass der Konzern selbst keine unzulässigen Vorteile aus der Umgestaltung der Online-Werbung zieht. Torsten Kleinz

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              App-Store: Niederländische Marktaufsicht verhängt Millionenstrafe gegen Apple

              Die Verbraucher- und Marktaufsichtsbehörde ACM (Autoriteit Consument en Markt) in den Niederlanden hat am Montag eine 5-Millionen-Euro-Strafe gegen Apple verhängt. Die Behörde hatte das US-Unternehmen bereits im August dazu angeordnet, Dating-App-Anbietern auch dann Zugang zu seinem App-Store in den Niederlanden zu gewährleisten, wenn diese den Nutzer:innen alternative Zahlungsmethoden (andere als das In-App-Kaufsystem von Apple) anbieten.

              Apple hatte Mitte Januar in einer Stellungnahme beteuert, der Forderung der ACM nachgekommen zu sein. Diese Behauptung wies die ACM gestern in einer Mitteilung entschieden zurück: Dating-App-Anbieter könnten weiterhin keine alternativen Zahlungsmethoden nutzen, sondern nur ihr Interesse an dieser Option bekunden.

              Laut Reuters wollte Apple die ACM-Strafe in den Niederlanden am Montag nicht kommentieren. Solange das Unternehmen sich der Anordnung der niederländischen Marktaufsichtsbehörde weiter widersetzt, muss es Strafzahlungen von 5 bis 50 Millionen Euro pro Woche nachkommen. koj/rtr

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                Luftfahrt-Allianz fordert Änderung der EU-Klimaschutzauflagen

                Mehrere Airlines und Flughäfen haben gemeinsam Änderungen an den von der Europäischen Union geplanten Klimaschutzgesetzen gefordert. Die Allianz von knapp 20 Unternehmen sagte am Montag, für Langstreckenflüge über außereuropäische Drehkreuze gälten die damit verbundenen Kosten nicht im gleichen Maße. Es könne deshalb zu einer Verlagerung zu solchen Anbietern und höheren CO2-Emissionen kommen.

                Zu den Unterzeichnern gehören alle Lufthansa-Töchter, Air France KLM sowie die großen Flughäfen Frankfurt, Schiphol/Amsterdam, München und Wien. Zusammen werben sie für Änderungen an den im Juli vorgelegten EU-Gesetzentwürfen.

                Luftfahrt-Allianz lehnt EU-Kerosinsteuer ab

                Nach den EU-Plänen sollen Airlines in Europa künftig mehr für ihre CO2-Verschmutzungsrechte zahlen, zur Beimischung von noch teureren synthetischen Kraftstoffen verpflichtet werden und eine Kerosinsteuer entrichten. Die Kritiker-Allianz schlägt unter anderem vor, dass sich Klimaschutz-Preisaufschläge nach der gesamten Flugstrecke richten und nicht nur auf den Zubringerflug aus der EU zu Drehkreuzen wie Istanbul oder Dubai beschränken. Über diese sammeln zum Beispiel Turkish Airlines oder Emirates Passagiere für Langstreckenflüge. Eine Kerosinsteuer der EU lehnt das Bündnis ganz ab.

                An dem Bündnis sind Ryanair, Easyjet oder Wizz nicht beteiligt. Sie bieten keine Langstreckenflüge ins EU-Ausland an. Grundsätzlich sei die Branche aber für das Klimaschutzpaket “Fit for 55“, mit dem der Ausstoß von Treibhausgas bis 2030 um 55 Prozent gegenüber 1990 sinken soll, um den Klimawandel aufzuhalten. Es ist eine Etappe auf dem Weg zur Klimaneutralität der Wirtschaft bis 2050, die auch die Luftfahrt zugesagt hat. rtr

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                  Das All: Schlüssel zu unserer vernetzten Welt

                  Von Elodie Viau
                  ESA-TIA:  Innovationen und intelligente Vernetzung 

Elodie Viau, Direktorin Telecommunications & Integrated Applications (TIA), bei der European Space Agency (ESA).

                  Elodie Viau, Direktorin Telecommunications & Integrated Applications (TIA), bei der European Space Agency (ESA).

                  Unsere Welt ist vernetzt. Ob Telekommunikation, Navigation, Umweltschutz oder Logistik, ob Bildung, Gesundheit, Katastrophenschutz oder die Finanzmärkte: Kein einziges unserer komplexen Systeme, mit denen wir unsere Wirtschaft, Gesellschaft, den Klimaschutz, Verkehr und unsere internationale Sicherheit regeln, kommt ohne digitale Hochgeschwindigkeitsnetze aus. Und kein einziges kann ohne die Technologien und Plattformen im Weltraum funktionieren. Das All ist ein Schlüssel zu unserer vernetzten Welt. Satelliten, Konstellationen und Weltraumstationen sind keine Außenposten, sondern zentraler Bestandteil unserer weltumspannenden Kommunikation.

                  Die Europäische Weltraumorganisation ESA investiert seit vielen Jahren in dieses Herzstück unserer Vernetzung. Neben Missionen im All, Erdbeobachtung und Navigation arbeitet die Organisation mit 22 Mitgliedstaaten an weltraumbasierter Telekommunikation, Technologien und Systemen, die ihren Mehrwert und Nutzen auf der Erde entfalten. Das Direktorat ESA-TIA – TIA steht für “Telecommunications & Integrated Applications” – konzentriert sich konsequent auf Anwendungen von Space-Systemen auf der Erde.

                  Der Fokus von ESA-TIA liegt auf drei strategischen Programmlinien, in denen bahnbrechende Innovationen in Telekommunikation und intelligenter Vernetzung vorangetrieben werden. ESA-TIA unterstützt die neuen Mobilfunkstandards 5G und 6G, konzipiert erd- und weltraumgestützte Kommunikationsnetze und investiert in Zukunftstechnologien wie Laser- und Quantum-Kommunikation.

                  Kostengünstige und umweltverträgliche globale Vernetzung

                  Das Ziel ist, Mitgliedstaaten, Industrien und Unternehmen in Europa wirkungsvolle Instrumente und Plattformen an die Hand zu geben und innovative Business-Modelle und Anwendungen zur Marktreife zu bringen. Autonome Autos und Transportmittel, Klimaschutz und -überwachung, Supercomputer und Künstliche Intelligenz, die Sicherheit unserer Daten, die Versorgung mit Breitband und ein effizienter Katastrophenschutz mit Echt-Zeit-Reaktivität sind nur mithilfe weltraumgestützter Systeme und deren nahtloser Integration in terrestrische Netze zu erreichen.

                  ESA-TIA entwickelt Plattformen, mit denen wir die Kosten der intelligenten, globalen Vernetzung massiv senken, deren Effizienz und Umweltverträglichkeit exponentiell steigern und die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen stärken können. 

                  Hightech für Europa: Quer durch Institutionen, Unternehmen und Branchen schmiedet ESA-TIA übergreifende Partnerschaften, orchestriert industrielle und institutionelle Akteure, treibt Innovation, Forschung und Entwicklung voran und sorgt für den Schulterschluss zwischen öffentlicher Hand und privaten Investoren. Europa braucht seinen eigenen, souveränen und sicheren Zugang zum All. Unsere Space-Technologien sind ein Garant und Motor dafür, dass wir uns im globalen Wettbewerb behaupten, unsere Interessen schützen und zum Wohle aller weiter prosperieren können.

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                    Apéropa

                    Ein Teil der sogenannten Public Diplomacy ist die Kunst, durch öffentliche Rede und Aktionen für die Belange und Perspektiven des eigenen Landes einzutreten und bei anderen ein Bewusstsein für beides zu wecken. Diese Form der Diplomatie ist nicht unbedingt die große Stärke deutscher Politiker. Am ehesten schafften das Helmut Kohl in Gorbatschows Datscha im Juli 1990, noch einmal Helmut Kohl und Jacques Chirac an den Gräbern von Verdun 1984 und natürlich Willy Brandt mit seinem Kniefall am Ehrenmal für die Opfer des Warschauer Ghettos 1970.

                    Was alle drei eint: Es sind die Gesten, nicht die Worte. Drei Bilder für die Ewigkeit. Was Brandt in Warschau gesagt hat? Auch das ist heute noch nachhörbar. Allerdings kaum mehr bekannt.

                    Die Kunst der Public Diplomacy gilt als Soft Power. Kaum einer beherrscht sie so virtuos wie Vertreter des Großherzogtums Luxemburg. Das kleine Land im Herzen Westeuropas – medial ist es vollkommen überrepräsentiert für seine tatsächliche Relevanz.

                    Luxemburg, gut 600.000 Einwohner, ist in Deutschland sichtbarer als Polen (knapp 38 Millionen), Bulgarien (6,5 Millionen), Kroatien (4 Millionen) und die Slowakei (fast 5,5 Millionen) zusammen. Die Methode ist dabei einfach: bemerkbar sein. Mit Sprache – hier haben die Luxemburger durch verbreitete Viersprachigkeit einen strategischen Vorteil – und mit einem gewissen Schuss Selbstironie. Was sich merklich vom rumpelig-polternden Ton vieler deutscher oder osteuropäischer Politiker abhebt.

                    Kostprobe: Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn stellte gestern en passant fest, dass er mit Sergej Lawrow, dem russischen Außenminister, etwas gemein habe: “Lawrow ist so lange Außenminister wie ich, seit 2004. Wir kennen uns also. Er ist Nummer zwei und ich bin Nummer drei – was die Zeit angeht, sonst nicht.”

                    Es wirkt wie ein Anflug von Vermessenheit, in Wahrheit aber ist es ein kleiner, vordergründig folgenloser Witz auf eigene Kosten. Der aber dennoch hinhören lässt. Ob Jean Asselborn oder einst Jean-Claude Juncker: Wichtig sein ist immer relativ. Und wer sich selbst auf die Schippe nehmen kann, öffnet die Ohren seiner Mitmenschen für das, was sonst noch zu sagen ist.

                    Man darf gespannt sein, wann Olaf Scholz und Annalena Baerbock dieses Mittel für sich entdecken. Deutschland ist sehr wichtig, denken viele in Europa. Und dann erleben sie Deutschland, wie es derzeit ganz real ist. Vielleicht werden Kanzler und Außenministerin doch lieber weiter den deutschen Vorbildern folgen und vorzugsweise schweigend kommunizieren. Falk Steiner

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                      Liebe Leserin, lieber Leser,

                      die Spannungen zwischen dem Westen und Russland nehmen weiter zu. Die Nato sei in Alarmbereitschaft, sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg und teilte mit, dass die alliierten Truppen in Osteuropa aufgestockt werden sollen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte ein milliardenschweres Hilfspaket für die Ukraine an. Die EU zeigte sich erneut entschieden, im Falle eines russischen Angriffs schnell mit Sanktionen zu reagieren. Doch dass Russland vollständig aus dem internationalen Bankensystem Swift ausgeschlossen werden soll, ist offenbar kein Thema mehr. Details zur aktuellen Situation hat Eric Bonse

                      Der Widerstand gegen den Taxonomie-Entwurf der Kommission wächst. Einige Mitgliedstaaten haben bereits ihre Ablehnung deutlich gemacht, nun kommt auch Kritik aus den Reihen der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament. Die geplanten Bedingungen für Gaskraftwerke seien nicht zweckmäßig und die Einstufung von Atomkraft als Übergangslösung generell fragwürdig, heißt es in einem Brief der Abgeordneten an Ursula von der Leyen. Mehr zu den Kritikpunkten lesen Sie in den News.  

                      Die Regierung in den Niederlanden hingegen dürfte sich mit der Entscheidung, Atomkraft als nachhaltig einzustufen, in ihren Plänen bestätigt sehen. Zwei neue Atomkraftwerke sollen im Land der Windmühlen entstehen, so sieht es der Koalitionsvertrag der neuen Regierung unter Ministerpräsident Mark Rutte vor. Anders als Deutschland will sich das Land zügig vom Gas verabschieden. Doch eine Reihe an Hindernissen werde die Realisierung der Atomkraftwerke voraussichtlich massiv erschweren, schreibt Stephan Israel in seiner Analyse.

                      Ihre
                      Sarah Schaefer
                      Bild von Sarah  Schaefer

                      Analyse

                      Ukraine-Krise: EU und Nato gehen in die Offensive

                      Die EU und die Nato wollen ihre Hilfe für die Ukraine im Konflikt mit Russland massiv aufstocken. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte ein neues, milliardenschweres Hilfspaket für die Ukraine an. Sie wolle 1,2 Milliarden Euro bereitstellen, sagte die CDU-Politikerin in Brüssel. Allerdings müssen die EU-Staaten noch zustimmen. Deutschland signalisierte bereits Einverständnis.

                      Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg teilte mit, dass die alliierten Truppen in Osteuropa aufgestockt werden sollen. Beteiligt sind neben den USA auch Dänemark, Spanien, Frankreich und die Niederlande. Die Nato sei in Alarmbereitschaft, so Stoltenberg. Einen konkreten Grund nannte er nicht. Die Aufstockung erfolge im Rahmen der Nato-Russland-Grundakte, sagte ein Diplomat.

                      Borrell: “Nervenzusammenbruch vermeiden”

                      Russland reagierte dennoch empört. Die Verlegung von Nato-Truppen “führt dazu, dass die Spannung wächst”, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow in Moskau. Nicht Russland sei der Ursprung der aktuellen Spannungen im Ukraine-Konflikt, sondern die “Informationskampagne” und “Hysterie” der USA und der Nato. Die USA hatten angekündigt, ein Teil ihres Botschaftspersonals in Kiew abzuziehen.

                      Dies gilt als Signal, dass Washington mit einem bewaffneten Konflikt rechnet. Auch Großbritannien will seine Botschaft teilweise räumen. Demgegenüber erklärte die EU, sie werde vorerst keine Diplomaten abziehen. “Man muss ruhig bleiben und das Nötige tun, aber einen Nervenzusammenbruch vermeiden”, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell nach einer Videokonferenz der Außenminister mit US-Ressortchef Antony Blinken. 

                      Baerbock will zurück an den Verhandlungstisch

                      Unklar blieb, warum die USA und die EU so unterschiedlich reagieren. Weder Borrell noch Annalena Baerbock wollten sich dazu äußern. Beide betonten jedoch die Geschlossenheit des Westens. Falls es zu einem russischen Angriff kommen sollte, werde die EU schnell reagieren, sagte Borrell. Die bereits beim EU-Gipfel im Dezember angekündigten Sanktionen seien weit fortgeschritten.

                      Allerdings gehöre es auch zur Abschreckung, keine Details zu den geplanten Strafmaßnahmen bekannt zu geben, sagte Borrell nach dem Treffen der EU-Außenminister. Ein zunächst erwogener vollständiger Ausschluss Russlands aus dem internationalen Bankensystem Swift ist jedoch offenbar vom Tisch. Dagegen hatte sich vor allem Deutschland gesträubt, da dies auch das Gasgeschäft treffen würde. 

                      “Der härteste Knüppel ist nicht immer das intelligenteste Schwert”, sagte Baerbock auf eine Frage zu Swift. Nötig seien gezielte Sanktionen, die einzelne Banken und Politiker treffen. Das Hauptziel müsse aber die Rückkehr an den Verhandlungstisch sein, so die Grünen-Politikerin.

                      Das Normandie-Format aus Deutschland, Frankreich, Russland und der Ukraine wird nach Angaben aus diplomatischen Kreisen am Mittwoch zu Beratungen zusammenkommen. Das Treffen werde in Paris und auf Ebene der politischen Direktoren stattfinden, verlautet aus der russischen Delegation. Deutschland und Frankreich vermittelten bereits das Minsker Abkommen zwischen Russland und der Ukraine 2015, das die Ostukraine befrieden soll. Mit rtr

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                        Niederlande: Neue Atomkraftwerke neben Windmühlen

                        Im Land der Windmühlen sollen bald zwei neue Atomkraftwerke stehen. So hat es zumindest die neue Regierung unter Ministerpräsident Mark Rutte in ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben. Die Niederlande wechseln damit in den Club der EU-Staaten mit Frankreich an der Spitze, die im Kampf gegen den Klimawandel auch auf Nuklearenergie setzen wollen.

                        Wie ist es zu dieser Weichenstellung gekommen und wie realistisch sind die Pläne? Die Koalition besteht aus der rechtsliberalen VVD von Ministerpräsident Mark Rutte, den linksliberalen D66 der neuen Finanzministerin Sigrid Kaag, den Christdemokraten (CDA) und der konservativen Kleinpartei ChristenUnie (CU). Ruttes Rechtsliberale und die Christdemokraten waren schon länger für ein Comeback der Kernenergie, die beiden anderen Koalitionspartner bisher weniger enthusiastisch.

                        Derzeit nur ein Atomkraftwerk in den Niederlanden in Betrieb

                        Silvio Erkens, Abgeordneter von der rechtsliberalen VVD, ist froh, dass es bei den Koalitionsverhandlungen in der Atomfrage keine “ideologische Blockade” gegeben habe. Fünf Milliarden Euro habe die Regierung reserviert, um die neuen Projekte bis 2030 anzustoßen. Die Niederlande hatten bisher nur zwei Atomkraftwerke, wovon das kleinere in Dodewaard bereits 1997 abgeschaltet wurde. Die Laufzeit des Reaktorblocks bei Borssele in der Provinz Zeeland wurde zuletzt bis 2034 verlängert. Das AKW, an dem RWE beteiligt ist, wird dann 50 Jahre in Betrieb gewesen sein.

                        Ministerpräsident Mark Rutte hat im Wahlkampf die Standortfrage für die neuen Blöcke kurz aufgebracht und schon einige Absagen aus betroffenen Regionen bekommen. Ein Bauplatz neben dem bestehenden AKW ist der einzige Standort, der am Ende überhaupt infrage kommen dürfte. Die Koalition sei sich bewusst, dass der Bau ohne öffentliche Unterstützung nicht möglich sein werde, so Silvio Erkens.

                        Der Parlamentarier von der Rutte-Partei rechnet damit, dass der staatliche Beitrag rund 25 Prozent der Kosten für den Bau von zwei Reaktorblöcken decken könnte. Die Regierung setze darauf, dass der private Sektor den Rest beisteuere. Die Entscheidung der EU-Kommission zur Taxonomie sei da eine gute Nachricht, sagt Silvio Erkens, der ein Interesse bei den Pensionsfonds sieht.

                        Industrie und Landwirtschaft abhängig von Gas

                        Klar, auch weitere Windparks in der Nordsee seien geplant. “Wir werden nicht alles Geld auf ein Pferd setzen”, so Silvio Erkens. Atomenergie sei aber gut, um die Grundversorgung zu sichern, wenn zum Beispiel beim Wind gerade Flaute sei. Die Offshore-Windparks könnten zudem den künftig stark steigenden Bedarf nicht abdecken. Die Niederlande bräuchten in Zukunft sehr viel mehr Strom, da Industrie und Landwirtschaft noch stark von fossiler Energie abhängig sind. Selbst die Gewächshäuser mit Gemüse und Tulpen werden noch mit Strom aus Gaskraftwerken beheizt.

                        Noch mehr Gaskraftwerke zu bauen, sei dabei für die Niederlande keine Option, so Silvio Erkens. Die Niederlande wollten bewusst einen anderen Weg gehen als Deutschland und die Abhängigkeit von “unfreundlichen Ländern” reduzieren, sagt Silvio Erkens. Viele Jahre waren die Niederlande beim Gas autark und Netto-Exporteur, dank der Vorkommen in der Nordsee und bei Groningen – lange Zeit eines der größten Gasfelder weltweit.

                        In der Nordsee gehen die Reserven langsam zu Ende und bei Groningen würde die Regierung in Den Haag die Förderung gerne möglichst rasch zurückfahren. In den vergangenen Jahren ist es dort zu kleineren Erdbeben und größeren Schäden an mehr als 10.000 Gebäuden gekommen. Die Regierung steht bei der Bevölkerung in der Region eigentlich im Wort, die Förderung in diesem Jahr auslaufen zu lassen. Langfristige Lieferverträge insbesondere mit Deutschland haben die Niederlande zuletzt aber gezwungen, wieder mehr zu fördern. Die Regierung in Den Haag hat sich zum Jahreswechsel hin in Berlin über den deutschen Gasbedarf beschwert.

                        Zwei neue Atomkraftwerke in den Niederlanden als Alternative zu Gas

                        Die Niederlande bräuchten spätestens 2040 eine Alternative zu den Gaskraftwerken, sagt Pieter Boot vom staatlichen Planbüro für Umweltfragen (PBL). Die Prognosen des PBL gehen bis 2030 von einem Anteil der erneuerbaren Energien von 75 Prozent aus. Die offene Frage sei, wie schnell die Elektrifizierung von Industrie und der Landwirtschaft vor sich gehe. Atomkraftwerke seien überhaupt nur sinnvoll, wenn der Bedarf an Strom erst nach 2030 stark ansteige. Nur dann wäre ein AKW auch rechtzeitig operationell.

                        Wenn der Strombedarf langsam und kontinuierlich zunehme, reiche es vielleicht, auf weitere Windparks zu setzen. Das PBL prognostiziert bis 2030 Kapazitäten von 11 Gigawatt für die Windkraftanlagen, während die neue Regierung die Ziele zuletzt noch deutlich höher gesetzt hat. Pieter Boot hält es für möglich, dass die Niederlande ganz auf erneuerbare Energie setzen. Theoretisch seien Kapazitäten bis zu 60 Gigawatt vorstellbar. Vorausgesetzt, es gebe genügend Interkonnektoren und Speicherkapazitäten.

                        Als Hindernis bei der Realisierung von Atomkraftwerken kommt hinzu, dass den Niederlanden das Knowhow fehlt. Der Bau der beiden AKWs liegt bald 50 Jahre zurück. Ob die Niederlande je neue Atomkraftwerke bauen werden, hänge deshalb auch von der Entwicklung in Frankreich ab, sagt Pieter Boot. Ein Alleingang könnte für die Niederlande nicht nur teuer, sondern auch risikoreich sein. Sollte EDF in Frankreich tatsächlich in den nächsten Jahren sechs neue Blöcke bauen, werde es einfacher sein, ein oder zwei Reaktoren zusätzlich in den Niederlanden hinzustellen.

                        100 Prozent Erneuerbare möglich?

                        Der EU-Parlamentarier von GroenLinks Bas Eickhout sieht die Pläne kritisch: Die rechtsliberale VVD habe im Wahlkampf ein Alleinstellungsmerkmal gesucht und in der Atomkraft gefunden. Als Abgrenzung zu den starken rechtspopulistischen Kräften, die den Klimawandel leugnen und den Parteien links der Mitte, die im Kampf gegen die Erderwärmung auf erneuerbare Energie setzen.

                        Eickhout bezweifelt, dass die Reaktoren auf absehbare Zeit gebaut werden. Er rechnet damit, dass die Regierung viele Studien zum Thema in Auftrag geben wird. Wegen der rekordlangen Dauer der Regierungsbildung bleiben Ministerpräsident Mark Rutte aber nicht viel mehr als drei Jahre bis zur nächsten Wahl. Auch im besten Fall brauche es aber 15 bis 20 Jahre, um die beiden neuen Atomkraftwerke in den Niederlanden zu bauen.

                        Zudem hält Eickhout es für fraglich, dass private Investoren großes Interesse zeigen werden. Die Regierung werde die Finanzierung aus öffentlichen Mitteln massiv aufstocken müssen. Der Grünen-Politiker ist überzeugt, dass die Niederlande besser auf 100 Prozent erneuerbare Energien setzen sollten. Das Potenzial in der Nordsee sei vorhanden, eine Verdoppelung der Kapazitäten möglich. Er befürchtet aber, dass die Diskussion über das Comeback der Atomkraft vom Ausbau der Erneuerbaren ablenken und unnötig knappe Ressourcen absorbieren wird. Stephan Israel

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                          26.01.2022 – 10:00-12:00 Uhr, online
                          ASEW, Seminar Erfahrungsaustausch THG-Quotenhandel
                          Der Erfahrungsaustausch des Effizienz-Netzwerks für Stadtwerke (ASEW) beschäftigt sich mit der Treibhausgasminderungsquote (THG-Quote) als markbasiertes Klimaschutzinstrument im Verkehrssektor. INFOS & ANMELDUNG

                          26.01.2022 – 10:00-11:30 Uhr, online
                          ASEW, Seminar Digitalisierung in Gasnetzen
                          Das Seminar des Effizienz-Netzwerks für Stadtwerke (ASEW) hat die Vorstellung des Produkts iogas-GDR zum Inhalt, das es ermöglicht, Gasdruckregelanlagen digital zu kontrollieren. INFOS & ANMELDUNG

                          26.01.2022 – 10:00-11:30 Uhr, online
                          EUA, Seminar Sustainable Chemicals
                          The workshop by EU Agenda (EUA) addresses the main challenges, risks, and opportunities the European Chemicals Strategy for Sustainability (CSS) poses to the chemical industry. INFOS & REGISTRATION

                          26.01.2022 – 11:00-13:00 Uhr, online
                          DBV, Podiumsdiskussion Klimaschutz und Nachhaltigkeit im Agrarhandel ohne Leakage: Wie geht das?
                          Die Podiumsdiskussion des Deutschen Bauernverbands (DBV) geht der Frage nach, wie die europäische Landwirtschaft nachhaltiger werden kann und gleichzeitig international wettbewerbsfähig bleibt. INFOS & LIVESTREAM

                          26.01.2022 – 12:00-18:00 Uhr, online
                          Deutsche Medienakademie, Roundtable Sektoranalyse Digitale Souveränität und die Konsequenzen
                          Der Roundtable der Deutschen Medienakademie setzt sich mit den verschiedenen Deutungsweisen des Begriffs “Digitale Souveränität” auseinander. INFO & ANMELDUNG

                          26.01.2022 – 16:00-20:00 Uhr, online
                          HWK, Seminar Die richtige Richtung einschlagen: Neue Förderungen für energieeffizientes Bauen und Sanieren
                          Die Veranstaltung der Handwerkskammer (HWK) Frankfurt-Rhein-Main führt in die Möglichkeiten der Förderung von energieeffizientem Bauen und Sanieren im Gebäudebau ein. INFOS & ANMELDUNG

                          26.01.2022 – 16:00-17:00 Uhr, online
                          DBV, Diskussion F.R.A.N.Z. – Dialog und Kooperation zur Förderung der Biodiversität
                          Die Veranstaltung des Deutschen Bauernverbands (DBV) gibt einen Einblick in die praktischen Erfahrungen bei der Maßnahmenumsetzung zur Förderung der Biodiversität in der Landwirtschaft. INFOS & LIVESTREAM

                          27.01.-28.01.2022, online
                          EEN, Conference Future Horizons: How do health and space tech go together?
                          The Enterprise Europe Network (EEN) event invites relevant stakeholders to discuss pre-seed and seed investments in the health-tech and life sciences field. INFOS & REGISTRATION

                          27.01.2022 – 11:00-13:30 Uhr, online
                          DBV & DNR, Podiumsdiskussion Landwirtschaft und Naturschutz – Zukunft gemeinsam gestalten
                          Die Podiumsdiskussion des Deutschen Bauernverbands (DBV) und des Deutschen Naturschutzrings (DNR) stellt verschiedene Praxisbeispiele zur Förderung der Artenvielfalt in der Landwirtschaft zur Diskussion. INFOS & LIVESTREAM

                          27.01.2022 – 15:30-17:15 Uhr, online
                          BDI, Diskussion Klimapfade 2.0 – Fokus Verkehr
                          Die Diskussion des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) widmet sich der Frage, mit welchen Instrumenten wir die Transformation der Mobilität innerhalb der nächsten Jahre steuern können. INFOS & ANMELDUNG

                          27.01.2022 – 16:00-17:30 Uhr, online
                          HBS 22. Außenpolitische Jahrestagung – Auf dem Weg zu einer neuen Klima-Außenpolitik
                          Die Außenpolitische Jahrestagung der Heinrich-Böll-Stiftung (HBS) beschäftigt sich mit der Ausgestaltung einer neuen Klima-Außenpolitik unter anderem im Hinblick auf die transatlantischen Beziehungen, auf die Beziehungen zu Schwellenländern wie Indien sowie auf die Beziehungen zu Russland und China. INFOS & ANMELDUNG

                          27.01.2022 – 17:30-19:00 Uhr, online
                          Irights Lab, Podiumsdiskussion Wie bauen wir ein Datenökosystem für die Mobilität der Zukunft in Deutschland auf?
                          Die Podiumsdiskussion von Irights Lab beschäftigt sich mit den infrastrukturellen, politischen und rechtlichen Anforderungen an eine Transformation der Mobilitätsbranche. INFOS & ANMELDUNG

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                          Brief an Kommission: EVP-Abgeordnete kritisieren Taxonomie-Kriterien

                          In einem gemeinsamen Brief haben sich einige Europaabgeordnete der EVP-Fraktion Ende vergangener Woche an EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen gewandt und ihre “starken Bedenken” hinsichtlich der vorgeschlagenen Kriterien für die Aufnahme von Gas- und Kernenergie in die EU-Taxonomie geäußert. Die vorgesehenen Bedingungen für Gaskraftwerke seien nicht zweckmäßig und die Einstufung von Atomkraft als Übergangslösung generell fragwürdig, heißt es in dem Schreiben, das Europe.Table vorliegt.

                          So halten die Unterzeichner den geplanten Brennstoffwechsel (Europe.Table berichtete) und die Beimischungsquoten für kohlenstoffarme Gase ab 2026 für unerreichbar. Das sei aller Voraussicht nach weder technisch machbar, noch könne mit ausreichenden Mengen an klimafreundlichem Wasserstoff gerechnet werden. Zumal sich die Kommission hierbei selbst im Weg stehe. Durch die “unnötigerweise” strengen Kriterien für die Produktion von grünem Wasserstoff werde es noch unrealistischer (Europe.Table berichtete), die Anforderungen der Taxonomie zu erfüllen.

                          Zudem könne der vorgeschlagene Grenzwert von 270 g CO2e/kWh derzeit nur von hocheffizienten Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung eingehalten werden. Die Abgeordneten fordern deshalb, den Schwellenwert bei Kraftwerken, die nur Strom erzeugen, auf die gesamte Betriebsdauer zu beziehen.

                          Kernenergie & Erdgas in der EU-Taxonomie: Kritik aus der Wissenschaft

                          Die Bedingung, dass neue Anlagen bereits bestehende ersetzen müssen, sollte nach Ansicht der Unterzeichner sogar ganz gestrichen werden. “Viele Mitgliedsstaaten wie Deutschland oder Rumänien müssen ihre Gaskapazitäten erheblich ausbauen, um den Übergang zur Klimaneutralität zu schaffen”, heißt es in dem Papier. Der Kommissionsentwurf schränke “den Markt auf fragwürdige Weise auf einige Akteure ein”. Investitionen in neue Kraftwerke würden Unternehmen vorbehalten, die bereits über alte Anlagen verfügen, die sie ersetzen können.

                          Auch die Vorgabe, dass die Erzeugungskapazitäten der neuen Anlage die der alten nicht um mehr als 15 Prozent übersteigen dürfen, müsse gestrichen werden. Schließlich sei auf dem Weg zur Klimaneutralität mit einem erheblich höheren Strombedarf zu rechnen.

                          Im Europäischen Parlament wachse die fraktionsübergreifende Ablehnung, so Peter Liese, umweltpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Gruppe, in einer Stellungnahme. Auch angesichts der deutlichen Kritik von Wissenschaftlern und Experten (Europe.Table berichtete) sei es wohl das Beste, “den delegierten Rechtsakt zur Taxonomie einzustampfen”. til

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                            Halbleiter: Industrie fordert massive Subventionen

                            Der Verband der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI) hat sich für massive Staatshilfen für den Ausbau der Chipindustrie in Europa ausgesprochen. Mit den in Aussicht gestellten Fördermitteln rangierten die EU-Staaten “unter ferner liefen” im Vergleich zu Japan, den USA, China oder Südkorea, sagte ZVEI-Präsident Gunther Kegel am Montag. Daher solle die Bundesregierung mindestens die zehn Milliarden Euro für die Industrie zur Verfügung stellen, die noch von der Großen Koalition vorgesehen worden seien.

                            Laut ZVEI macht die Halbleiter-Produktion in der EU rund acht Prozent des weltweiten Outputs aus. Die EU-Kommission hat das Ziel ausgegeben (Europe.Table berichtete), den Anteil bis 2030 auf 20 Prozent zu steigern. Der European Chips Act, angekündigt für den 2. Februar (Europe.Table berichtete), soll dafür die Rahmenbedingungen schaffen. Der Vorschlag wird insbesondere die gelockerten Beihilferegeln konkretisieren (Europe.Table berichtete), unter denen die Mitgliedstaaten Chipfabriken subventionieren dürfen.

                            EU: Halbleiter der neuesten Generation

                            Kegel sprach sich dafür aus, einerseits Europas Position bei Leistungshalbleitern zu stärken, in denen hiesige Anbieter bereits stark sind. Zum anderen solle die EU versuchen, auch in der Produktion von Halbleitern der neuesten Generation mit Strukturgrößen von weniger als zehn Nanometern Fuß zu fassen.

                            Der Bedarf sei da: Solche Halbleiter würden etwa für das autonome Fahren oder die vernetzte Fabrik gebraucht. “Die Autohersteller könnte eine entsprechende Fabrik in Europa durchaus auslasten”, sagte Kegel. Allerdings müsse die hiesige Autoindustrie zusagen, hier gefertigte Chips auch abzunehmen, damit sich die Investitionen in die Fabriken rentierten.

                            Ein baldiges Ende der Lieferengpässe erwartet Kegel nicht. Der Chipmangel werde voraussichtlich das gesamte Jahr 2022 andauern, ab Jahresmitte dürfte sich die Situation aber zumindest etwas entspannen. Für die Elektroindustrie erwartet der ZVEI dennoch ein Produktionswachstum von rund vier Prozent in diesem Jahr. tho

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                              Liese: Keine Lieferverträge für Covid-Medikament Paxlovid

                              Voraussichtlich am Donnerstag wird die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) über die Zulassung des Covid-Medikaments Paxlovid von Pfizer entscheiden. Das sagte der Abgeordnete des EU-Parlaments Peter Liese im Gespräch mit Journalisten. Er rechnet damit, dass nach einem positiven EMA-Votum die EU-Kommission das Präparat noch am selben Tag oder spätestens am Freitag formal zulässt.

                              Wann Patienten in Deutschland und Europa das vielversprechende Medikament erhalten werden, ist jedoch ungewiss. Laut Liese können derzeit weder einzelne Mitgliedstaaten noch die EU-Kommission konkrete Liefervereinbarungen mit Pfizer für das Covid-Medikaments Paxlovid vorweisen. Die Verantwortung dafür sieht er in erster Linie beim Pharmakonzern: “In den Verhandlungen um die Impfstoffe hatte sich Pfizer im Sommer und Herbst 2020 bereits als sehr hartnäckiger Verhandlungspartner gezeigt und teilweise das Haftungsrecht der EU infrage gestellt”, so der gesundheitspolitische Sprecher der EVP-Fraktion.

                              BMG: Verhandlungen laufen

                              Das Bundesministerium für Gesundheit bestätigte auf Anfrage, dass die Vertragsverhandlungen mit Pfizer zum Kauf von einer Million Packungen des Covid-Medikaments Paxlovid noch laufen. Das BMG habe jedoch bereits im Dezember 2021 eine bindende Vereinbarung über die Reservierung dieses Kontingents unterzeichnet. Mit der ersten Lieferung rechnet das Ministerium eigenen Angaben nach im Februar 2022. Weitere Tranchen sollen verteilt über das gesamte Jahr 2022 folgen.

                              Ein Sprecher der EU-Kommission teilte mit, dass es derzeit keine gemeinsame Beschaffung für Paxlovid gibt. Informationen über spezifische Beschaffungsverfahren seien grundsätzlich vertraulich. Daher könne man zum jetzigen Zeitpunkt keine Einzelheiten über Gespräche und mögliche neue Verträge mitteilen.

                              Pfizers Covid-Medikament Paxlovid ist kein Ersatz für eine Impfung

                              Klinische Prüfungen haben gezeigt, dass Pfizers Medikament Paxlovid das Risiko von Krankenhauseinweisungen und Todesfällen bei Covid-Patienten um fast 90 Prozent senkt. Das gelte laut Pfizer bei Behandlungen innerhalb von drei Tagen nach ersten Symptomen. Ähnliche Werte hätten sich bei Behandlungen innerhalb von fünf Tagen ergeben.

                              Liese warnte jedoch davor, das Medikament als Ersatz für eine Impfung zu betrachten. Die Nebenwirkungen seien erheblich, insbesondere in Wechselwirkung mit anderen Medikamenten. “Jeder, der denkt, wegen der Nebenwirkungen durch Impfungen sollte man sich nicht impfen lassen, weil es ja jetzt auch ein Medikament gibt, liegt daher falsch.” Die Impfung sei nach wie vor die wichtigste Maßnahme, um schwere Verläufe zu verhindern und der Pandemie den Schrecken zu nehmen. ank

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                                Werber und Verlage bitten Kommission um Prüfung von Googles Cookie-Sperre

                                Deutsche Verbände haben bei der EU-Kommission eine umfangreiche Beschwerde gegen Google eingereicht. Google soll davon abgebracht werden, seine Ankündigung zum Ende der Third-Party-Cookies in die Praxis umzusetzen. Laut “Financial Times” ist der deutsche Medienkonzern Axel Springer Initiator der an die Kommission adressierten Beschwerde, die von acht Organisationen aus der Verlags- und Werbebranche unterzeichnet wurde.

                                Google will Einsatz von Third-Party-Cookies untersagen

                                Auf insgesamt 108 Seiten argumentieren die Anwälte der auf Medien- und Kartellrecht spezialisierten Kanzlei Hausfeld, dass Google beabsichtige, vielen Angeboten im Netz das “Lebenselixier” zu entziehen, indem der Konzern den Einsatz von Third-Party-Cookies in seinem Browser untersage. Diesen Schritt hatte Google bereits vor zwei Jahren angekündigt, die Umsetzung aber bis Ende 2023 aufgeschoben.

                                Die Beschwerde zeichnet ein dramatisches Bild: Die Umsätze durch Werbung könnten um bis zu 70 Prozent fallen, wenn Google seine Pläne umsetze. Die Milliarden-Einnahmen des einstigen Suchmaschinen-Konzerns seien hingegen von der Änderung nicht betroffen. Doch wie die britische Marktaufsicht CMA in ihrer Markterhebung ausführt, basiert diese Schätzung auf einem Pilotversuch, der keine Rückschlüsse auf eine komplette Umgestaltung des Marktes zulässt.

                                Die gleiche Allianz vom Verlegerverband BDZV bis hin zum Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft ZAW hatte bereits im April 2021 eine ähnliche Beschwerde gegen Apple beim Bundeskartellamt eingereicht. Der iPhone-Hersteller hatte intransparente Tracking-Mechanismen sowohl im hauseigenen Browser Safari als auch bei Apps empfindlich eingeschränkt. Zwar hat das Amt im Juni tatsächlich ein Verfahren gegen Apple eröffnet, legte dabei aber keinen Schwerpunkt auf die Tracking-Sperren.

                                Die Beschwerdeführer waren offenbar von bisherigen Erfolgen angespornt. Erst im November hatte Google im Streit um das Bußgeld in Höhe von 2,4 Milliarden Euro wegen der Bevorzugung des eigenen Preisvergleichsportals eine Niederlage einstecken müssen (Europe.Table berichtete). Im Januar stellte das Bundeskartellamt Googles marktübergreifende Bedeutung fest (Europe.Table berichtete), was den Konzern für weitere Verfahren prädestiniert.

                                Googles Pläne sind noch Zukunftsmusik

                                Dennoch steht die neuerliche Beschwerde auf schwachen Füßen: Im Gegensatz zu Apple hat Google seine Pläne noch nicht umgesetzt – sie sind noch nicht einmal sehr konkret. Ein Pilotversuch mit dem potenziellen Cookie-Ersatz FLOC, bei dem Werbung direkt durch den Browser zugeteilt wurde, konnte weder Googles Werbepartner noch Datenschützer überzeugen.

                                Der Konzern sucht derzeit im Kreis der Standardisierungsorganisation W3C nach neuen Kompromissmöglichkeiten. Zudem sehen auch europäische Behörden die aktuellen Techniken zum Tracking per Third-Party-Cookie mittlerweile ähnlich kritisch wie Google.

                                Google selbst betont, eine Reform sei im Interesse aller notwendig: “Das Ziel ist es, die Privatsphäre der Nutzer:innen zu schützen, verdecktes Tracking zu verhindern und gleichzeitig ein florierendes, werbefinanziertes, offenes Web zu erhalten”, sagte eine Sprecherin des Konzerns am Montag. Um neuen Milliarden-Bußgeldern vorzubeugen, hat Google im Dezember mit der britischen Marktaufsicht CMA eine Zusammenarbeit vereinbart. Damit soll schon im Planungsstadium sichergestellt werden, dass der Konzern selbst keine unzulässigen Vorteile aus der Umgestaltung der Online-Werbung zieht. Torsten Kleinz

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                                  App-Store: Niederländische Marktaufsicht verhängt Millionenstrafe gegen Apple

                                  Die Verbraucher- und Marktaufsichtsbehörde ACM (Autoriteit Consument en Markt) in den Niederlanden hat am Montag eine 5-Millionen-Euro-Strafe gegen Apple verhängt. Die Behörde hatte das US-Unternehmen bereits im August dazu angeordnet, Dating-App-Anbietern auch dann Zugang zu seinem App-Store in den Niederlanden zu gewährleisten, wenn diese den Nutzer:innen alternative Zahlungsmethoden (andere als das In-App-Kaufsystem von Apple) anbieten.

                                  Apple hatte Mitte Januar in einer Stellungnahme beteuert, der Forderung der ACM nachgekommen zu sein. Diese Behauptung wies die ACM gestern in einer Mitteilung entschieden zurück: Dating-App-Anbieter könnten weiterhin keine alternativen Zahlungsmethoden nutzen, sondern nur ihr Interesse an dieser Option bekunden.

                                  Laut Reuters wollte Apple die ACM-Strafe in den Niederlanden am Montag nicht kommentieren. Solange das Unternehmen sich der Anordnung der niederländischen Marktaufsichtsbehörde weiter widersetzt, muss es Strafzahlungen von 5 bis 50 Millionen Euro pro Woche nachkommen. koj/rtr

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                                    Luftfahrt-Allianz fordert Änderung der EU-Klimaschutzauflagen

                                    Mehrere Airlines und Flughäfen haben gemeinsam Änderungen an den von der Europäischen Union geplanten Klimaschutzgesetzen gefordert. Die Allianz von knapp 20 Unternehmen sagte am Montag, für Langstreckenflüge über außereuropäische Drehkreuze gälten die damit verbundenen Kosten nicht im gleichen Maße. Es könne deshalb zu einer Verlagerung zu solchen Anbietern und höheren CO2-Emissionen kommen.

                                    Zu den Unterzeichnern gehören alle Lufthansa-Töchter, Air France KLM sowie die großen Flughäfen Frankfurt, Schiphol/Amsterdam, München und Wien. Zusammen werben sie für Änderungen an den im Juli vorgelegten EU-Gesetzentwürfen.

                                    Luftfahrt-Allianz lehnt EU-Kerosinsteuer ab

                                    Nach den EU-Plänen sollen Airlines in Europa künftig mehr für ihre CO2-Verschmutzungsrechte zahlen, zur Beimischung von noch teureren synthetischen Kraftstoffen verpflichtet werden und eine Kerosinsteuer entrichten. Die Kritiker-Allianz schlägt unter anderem vor, dass sich Klimaschutz-Preisaufschläge nach der gesamten Flugstrecke richten und nicht nur auf den Zubringerflug aus der EU zu Drehkreuzen wie Istanbul oder Dubai beschränken. Über diese sammeln zum Beispiel Turkish Airlines oder Emirates Passagiere für Langstreckenflüge. Eine Kerosinsteuer der EU lehnt das Bündnis ganz ab.

                                    An dem Bündnis sind Ryanair, Easyjet oder Wizz nicht beteiligt. Sie bieten keine Langstreckenflüge ins EU-Ausland an. Grundsätzlich sei die Branche aber für das Klimaschutzpaket “Fit for 55“, mit dem der Ausstoß von Treibhausgas bis 2030 um 55 Prozent gegenüber 1990 sinken soll, um den Klimawandel aufzuhalten. Es ist eine Etappe auf dem Weg zur Klimaneutralität der Wirtschaft bis 2050, die auch die Luftfahrt zugesagt hat. rtr

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                                      Von Elodie Viau
                                      ESA-TIA:  Innovationen und intelligente Vernetzung 

Elodie Viau, Direktorin Telecommunications & Integrated Applications (TIA), bei der European Space Agency (ESA).

                                      Elodie Viau, Direktorin Telecommunications & Integrated Applications (TIA), bei der European Space Agency (ESA).

                                      Unsere Welt ist vernetzt. Ob Telekommunikation, Navigation, Umweltschutz oder Logistik, ob Bildung, Gesundheit, Katastrophenschutz oder die Finanzmärkte: Kein einziges unserer komplexen Systeme, mit denen wir unsere Wirtschaft, Gesellschaft, den Klimaschutz, Verkehr und unsere internationale Sicherheit regeln, kommt ohne digitale Hochgeschwindigkeitsnetze aus. Und kein einziges kann ohne die Technologien und Plattformen im Weltraum funktionieren. Das All ist ein Schlüssel zu unserer vernetzten Welt. Satelliten, Konstellationen und Weltraumstationen sind keine Außenposten, sondern zentraler Bestandteil unserer weltumspannenden Kommunikation.

                                      Die Europäische Weltraumorganisation ESA investiert seit vielen Jahren in dieses Herzstück unserer Vernetzung. Neben Missionen im All, Erdbeobachtung und Navigation arbeitet die Organisation mit 22 Mitgliedstaaten an weltraumbasierter Telekommunikation, Technologien und Systemen, die ihren Mehrwert und Nutzen auf der Erde entfalten. Das Direktorat ESA-TIA – TIA steht für “Telecommunications & Integrated Applications” – konzentriert sich konsequent auf Anwendungen von Space-Systemen auf der Erde.

                                      Der Fokus von ESA-TIA liegt auf drei strategischen Programmlinien, in denen bahnbrechende Innovationen in Telekommunikation und intelligenter Vernetzung vorangetrieben werden. ESA-TIA unterstützt die neuen Mobilfunkstandards 5G und 6G, konzipiert erd- und weltraumgestützte Kommunikationsnetze und investiert in Zukunftstechnologien wie Laser- und Quantum-Kommunikation.

                                      Kostengünstige und umweltverträgliche globale Vernetzung

                                      Das Ziel ist, Mitgliedstaaten, Industrien und Unternehmen in Europa wirkungsvolle Instrumente und Plattformen an die Hand zu geben und innovative Business-Modelle und Anwendungen zur Marktreife zu bringen. Autonome Autos und Transportmittel, Klimaschutz und -überwachung, Supercomputer und Künstliche Intelligenz, die Sicherheit unserer Daten, die Versorgung mit Breitband und ein effizienter Katastrophenschutz mit Echt-Zeit-Reaktivität sind nur mithilfe weltraumgestützter Systeme und deren nahtloser Integration in terrestrische Netze zu erreichen.

                                      ESA-TIA entwickelt Plattformen, mit denen wir die Kosten der intelligenten, globalen Vernetzung massiv senken, deren Effizienz und Umweltverträglichkeit exponentiell steigern und die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen stärken können. 

                                      Hightech für Europa: Quer durch Institutionen, Unternehmen und Branchen schmiedet ESA-TIA übergreifende Partnerschaften, orchestriert industrielle und institutionelle Akteure, treibt Innovation, Forschung und Entwicklung voran und sorgt für den Schulterschluss zwischen öffentlicher Hand und privaten Investoren. Europa braucht seinen eigenen, souveränen und sicheren Zugang zum All. Unsere Space-Technologien sind ein Garant und Motor dafür, dass wir uns im globalen Wettbewerb behaupten, unsere Interessen schützen und zum Wohle aller weiter prosperieren können.

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                                        Ein Teil der sogenannten Public Diplomacy ist die Kunst, durch öffentliche Rede und Aktionen für die Belange und Perspektiven des eigenen Landes einzutreten und bei anderen ein Bewusstsein für beides zu wecken. Diese Form der Diplomatie ist nicht unbedingt die große Stärke deutscher Politiker. Am ehesten schafften das Helmut Kohl in Gorbatschows Datscha im Juli 1990, noch einmal Helmut Kohl und Jacques Chirac an den Gräbern von Verdun 1984 und natürlich Willy Brandt mit seinem Kniefall am Ehrenmal für die Opfer des Warschauer Ghettos 1970.

                                        Was alle drei eint: Es sind die Gesten, nicht die Worte. Drei Bilder für die Ewigkeit. Was Brandt in Warschau gesagt hat? Auch das ist heute noch nachhörbar. Allerdings kaum mehr bekannt.

                                        Die Kunst der Public Diplomacy gilt als Soft Power. Kaum einer beherrscht sie so virtuos wie Vertreter des Großherzogtums Luxemburg. Das kleine Land im Herzen Westeuropas – medial ist es vollkommen überrepräsentiert für seine tatsächliche Relevanz.

                                        Luxemburg, gut 600.000 Einwohner, ist in Deutschland sichtbarer als Polen (knapp 38 Millionen), Bulgarien (6,5 Millionen), Kroatien (4 Millionen) und die Slowakei (fast 5,5 Millionen) zusammen. Die Methode ist dabei einfach: bemerkbar sein. Mit Sprache – hier haben die Luxemburger durch verbreitete Viersprachigkeit einen strategischen Vorteil – und mit einem gewissen Schuss Selbstironie. Was sich merklich vom rumpelig-polternden Ton vieler deutscher oder osteuropäischer Politiker abhebt.

                                        Kostprobe: Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn stellte gestern en passant fest, dass er mit Sergej Lawrow, dem russischen Außenminister, etwas gemein habe: “Lawrow ist so lange Außenminister wie ich, seit 2004. Wir kennen uns also. Er ist Nummer zwei und ich bin Nummer drei – was die Zeit angeht, sonst nicht.”

                                        Es wirkt wie ein Anflug von Vermessenheit, in Wahrheit aber ist es ein kleiner, vordergründig folgenloser Witz auf eigene Kosten. Der aber dennoch hinhören lässt. Ob Jean Asselborn oder einst Jean-Claude Juncker: Wichtig sein ist immer relativ. Und wer sich selbst auf die Schippe nehmen kann, öffnet die Ohren seiner Mitmenschen für das, was sonst noch zu sagen ist.

                                        Man darf gespannt sein, wann Olaf Scholz und Annalena Baerbock dieses Mittel für sich entdecken. Deutschland ist sehr wichtig, denken viele in Europa. Und dann erleben sie Deutschland, wie es derzeit ganz real ist. Vielleicht werden Kanzler und Außenministerin doch lieber weiter den deutschen Vorbildern folgen und vorzugsweise schweigend kommunizieren. Falk Steiner

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