Table.Briefing: Europe

Italien hat gewählt + Doppeltes Gehalt für Weber? + Intermodaler Verkehr

  • Bezieht Manfred Weber ein doppeltes Gehalt?
  • Italien hat gewählt
  • Kommunalwahl in Tschechien
  • JURI-Ausschussmitglieder in Washington
  • EU-Abgeordnete vom LIBE-Ausschuss in Irland
  • Kommissionspräsidentin von der Leyen kündigt Krisenhilfen in New York an
  • EU bereitet neue Sanktionen gegen Moskau vor
  • EU verurteilt Gewalt im Iran
  • Deutschland erhält Flüssiggas aus den Emiraten
  • Presseschau
  • Standpunkt: Mit intermodalem Güterverkehr kann die EU ihre Klimaziele erreichen
Liebe Leserin, lieber Leser,

die europäischen Parteienfamilien sind finanziell nicht sonderlich gut aufgestellt. Dazu passt, dass ihr Vorsitz bislang ein Ehrenamt war. Das galt zumindest immer dann, wenn der Parteichef auch im Europaparlament saß und somit abgesichert war. Mit dem Niederbayern Manfred Weber, der im Mai an die Spitze der EVP gewählt wurde, könnten die europäischen Christdemokraten nun finanziell eine neue Ära einläuten und Abschied nehmen vom Chefposten nur der Ehre wegen. Mein Kollege Markus Grabitz weiß mehr.

Italien hat ein neues Parlament gewählt. Als Wahlsieger ist das Mitte-Rechts-Bündnis unter Führung der Fratelli d’Italia von Parteichefin Georgia Meloni hervorgegangen. Dabei waren viele Wähler bis zuletzt unentschlossen und die Wahlbeteiligung war niedrig. Meine Kollegin Isabel Cuesta hat für Sie die ersten Ergebnisse analysiert.

Auch in Tschechien, das derzeit die Ratspräsidentschaft innehat, gingen die Bürgerinnen und Bürger an die Urnen. Bei der Kommunalwahl und der erste Runde der Senatswahl haben sich die liberalen und konservativen Regierungsparteien überraschend gut behaupten können. Mehr dazu in den Nachrichten.

Reisen bildet, heißt es immer und tatsächlich kann man beim Reisen neue Einblicke gewinnen und Dinge besser verstehen lernen. Ursula von der Leyen war in New York, Europaabgeordnete des JURI-Ausschusses besuchten Gesprächspartner in Washington und LIBE-Ausschussmitglieder waren in Sachen Datenschutz in Irland unterwegs. Was die Reisenden mitbrachten – oder auch im Ausland ankündigten -, lesen Sie in den News. Ebenso, dass die EU weitere Sanktionen gegen Russland vorbereitet.

In der Heimat wird weiter über das richtige Instrument gestritten, wie die hohen Gaspreise in den Griff zu bekommen sind. Dabei rückt eine Gaspreisbremse immer stärker in den Blick, wohingegen die geplante Gasumlage zusehends weniger Anhänger findet. Zweifel an dem Aufschlag für Millionen Kunden zum Ausgleich höherer Gas-Beschaffungskosten äußerte nun auch Bundesfinanzminister Christian Lindner. “Es stellt sich mir bei der Gasumlage weniger die Rechtsfrage, sondern immer mehr die wirtschaftliche Sinnfrage”, sagte der FDP-Chef der Bild am Sonntag. “Wir haben eine Gasumlage, die den Preis erhöht. Aber wir brauchen eine Gaspreisbremse, die den Preis senkt.” Bundeskanzler Olaf Scholz war unterdessen unterwegs, um neue LNG-Lieferungen für Deutschland klarzumachen. Energie bleibt ein heißes Thema.

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in die Woche,

Ihre
Corinna Visser
Bild von Corinna  Visser

Analyse

Bezieht Manfred Weber ein doppeltes Gehalt?

Im Mai wurde der langjährige EVP-Fraktionschef im Europa-Parlament, Manfred Weber, auf dem Konvent der europäischen Christdemokraten in Rotterdam auch zum Vorsitzenden der Partei gewählt. Nach Informationen von Europe.Table hat das Präsidium der EVP anschließend eine Entscheidung gefällt, die Fragen aufwirft: Das Parteipräsidium habe entschieden, dass der Parteichef Anspruch auf eine Vergütung habe, heißt es in EVP-Kreisen. Dem Führungszirkel gehören die zehn gewählten Stellvertreter an, sowie qua Amt die Kommissionspräsidentin und die Parlamentspräsidentin.

Das Gremium sei aber nicht unterrichtet, ob Weber ein Gehalt beziehe und wenn ja, wie hoch es ausfalle. Eine Sprecherin von Weber bei der Partei wollte sich auf Anfrage dazu nicht äußern: “Die EVP gibt keinerlei Auskunft zur Bezahlung ihrer Führung.” Auf die Frage, ob das Präsidium den Beschluss gefasst habe, dass der Parteichef eine Bezahlung bekommen kann, gibt es ebenfalls keine Auskunft.

Die Verschlossenheit verwundert: Bislang war der Chefposten in der christdemokratischen Parteienfamilie stets ein Ehrenamt, wenn der Amtsinhaber anderweitig finanziell abgesichert war. Warum stellt die EVP die finanziellen Verhältnisse nicht klar, wenn sich daran nichts geändert haben sollte?

Vorgänger hatten keine Abgeordneten-Bezüge

Bei Webers Vorgänger an der Spitze der EVP lagen die Dinge anders. Donald Tusk war knapp drei Jahre lang Parteichef, ohne ein anderes Amt zu haben. Der Pole wurde dafür von der Partei bezahlt, Schätzungen gehen von einem Salär in Höhe von mindestens 13.000 Euro monatlich aus. Der Generalsekretär verdient dem Vernehmen nach etwas weniger. Tusks Vorgänger Joseph Daul, ein Elsässer und Förderer Webers, war von 2013 bis 2019 EVP-Parteichef. Als er 2014 nicht mehr ins Europaparlament einzog, bekam er ein Gehalt als Parteichef. Sollte Weber nun doppelt Gehalt kassieren, würde dies nicht nur in der Partei für Stirnrunzeln sorgen.

Als Abgeordneter im Europaparlament bekommt der 50-Jährige aus Niederbayern, der auch CSU-Vize ist und bei der letzten Europawahl als Spitzenkandidat der Christdemokraten die meisten Stimmen holte, monatlich eine Diät von 9.386,29 Euro vor Steuern und Abgaben. Nach Abzug von EU-Steuern und einem Versicherungsbeitrag bleiben 7.316,63 Euro monatlich übrig. Möglicherweise fallen in Deutschland weitere Steuern an.

Fraktionschefs können bei den Tagegeldern wählen

Weber ist Chef der größten Fraktion im Europaparlament mit 176 Mitgliedern. Anders als im Bundestag bekommen Fraktionschefs in der Volksvertretung der EU keine Zulagen. Allerdings steht ihnen ein Privileg bei den Sitzungsgeldern zu. Normale Abgeordnete müssen sich in Straßburg und Brüssel im Parlament in die Anwesenheitslisten eintragen. Sonst erhalten sie nicht das Tagegeld in Höhe von 338 Euro zur Abdeckung aller Ausgaben.

Die Chefs der Fraktionen und die Parlamentspräsidentin können dagegen wählen: Sie können entweder gegenüber dem Sekretariat angeben, an welchen Tagen sie im Einsatz sind. Dann wird das Tagegeld tagesgenau abgerechnet. Oder sie wählen die Pauschallösung. Dann bekommen sie das Tagegeld für 365 Tage im Jahr. Welche Regelung Manfred Weber praktiziert, ist nicht bekannt.

Die anderen Parteien sind transparenter als die europäischen Christdemokraten, was die Bezahlung ihres Spitzenpersonals angeht. Bei den Europa-Grünen bekommt nur die Generalsekretärin ein richtiges Gehalt. Alle anderen Spitzenjobs sind Ehrenämter. Die Parteichefs Mélanie Vogel und Thomas Waitz sowie die anderen Mitglieder des Führungszirkels können Tagessätze von 200 Euro als Spesen abrechnen, wenn sie im Einsatz sind. Allerdings nur 60 Mal im Jahr. “Es besteht ein Recht darauf, keine Verpflichtung”, stellt ein Parteisprecher fest. Häufig werde auch darauf verzichtet.

Münchner CSU ist auskunftsfreudig

Bei der europäischen Parteienfamilie der Sozialisten (PES) gibt es ebenfalls eine klare Auskunft: “Der Präsident bekommt kein Gehalt von der Partei. Dies gilt für den Fall, dass er Mitglied des Europaparlaments ist, Mitglied eines anderen Parlaments, und auch in allen anderen Fällen.”

Die SPD hingegen bezahlt ihre beiden Parteichefs, Saskia Esken und Lars Klingbeil, die beide auch Bundestagsabgeordnete sind. Und macht daraus kein Geheimnis. Esken und Klingbeil verdienen als Parteichefs 9.000 Euro monatlich.

In der Münchner CSU-Parteizentrale, wo Manfred Webers Aufstieg in Europa begonnen hat, hält man auch nicht mit Informationen zur Vergütung des Chefs der bayerischen Christsozialen hinterm Berg: “Der Vorsitzende ist ehrenamtlich tätig und erhält keinen Cent.”

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Mitte-Rechts-Bündnis erzielt Wahlsieg in Italien

Das Mitte-Rechts-Bündnis unter Führung von Giorgia Meloni, der Vorsitzenden der Partei Fratelli d’Italia, hat die Parlamentswahlen in Italien gewonnen. Davon zeugen die Ergebnisse vom frühen Montagmorgen, die in den kommenden Stunden noch konsolidiert werden müssen. “Die Italiener haben für eine Mitte-Rechts-Regierung unter Führung der Fratelli d’Italia gestimmt. Es ist die Zeit der Verantwortung. Italien hat uns gewählt und wir werden Italien nicht verraten. Wir sind berufen, dieses Land zu regieren. Wir werden für alle Italiener regieren, damit die Italiener wieder stolz darauf sein können, Italiener zu sein”, sagte Meloni um 2.30 Uhr in einer zehnminütigen Stellungnahme zum Wahlergebnis am Sitz ihrer Partei in Rom.

Nach Angaben des staatlichen Senders Rai erhielt die Fratelli d’Italia nach den Hochrechnungen 26 Prozent der Stimmen, Matteo Salvinis Lega Nord rutschte mit 8,7 Prozent unter die Marke von zehn Prozent, während Silvio Berlusconis Forza Italia auf acht Prozent kam. Damit liegt die Mitte-Rechts-Koalition vor den Linksparteien. Die Demokratische Partei (PD) von Enrico Letta erzielte 19 Prozent und die Azione-Italia Viva des ehemaligen Premierministers Matteo Renzi 7,3 Prozent. Die 5-Sterne-Bewegung von Giuseppe Corte kam auf 16,5 Prozent der Stimmen. Die Wahlbeteiligung lag bei nur 63,8 Prozent. Das ist der niedrigste Wert in der Geschichte des Landes und liegt neun Prozentpunkte niedriger als vor vier Jahren.

In ihrer Rede sprach Meloni auch die niedrige Wahlbeteiligung an und wies darauf hin, dass die Herausforderung darin bestehe, den Italienern den Glauben an die Institutionen zurückzugeben und das Verhältnis zwischen Staat und Bürgern wiederherzustellen. Die Wahlsiegerin erwähnte auch, dass ihre Partei während des Wahlkampfes angegriffen worden sei, insbesondere wegen der “Mythen, die über die Partei verbreitet wurden”. Die Partei Melonis wird häufig als postfaschistisch bezeichnet. Fratelli d’Italia wurde im Jahr 2012 gegründet und ist aus der postfaschistischen Italienischen Sozialen Bewegung (MSI) hervorgegangen, die von Anhängern des Diktators Benito Mussolini gegründet wurde.

Die erste Frau, die im Palazzo Chigi regieren könnte

Nach den bisherigen Hochrechnungen würde das Mitte-Rechts-Bündnis zwischen 227 und 257 der 400 Sitze im Unterhaus und zwischen 111 und 131 der 200 Sitze im Senat gewinnen. Der Wahlsieg des Mitte-Rechts-Bündnis geht vor allem auf das Konto der Partei Melonis, die ihr Ergebnis von 2018 versechsfacht hat: von vier auf 26 Prozent. Melonis großer Vorsprung macht sie zur Favoritin für den Auftrag zur Regierungsbildung durch Staatschef Sergio Mattarella. Die 45-jährige Politikerin könnte die erste Frau in der Geschichte der Republik werden, die als Regierungschefin in den Pallazo Chigi einzieht.

Das italienische Wahlsystem ist eine Mischung aus Verhältnis- und Mehrheitswahlrecht, mit dem 400 Abgeordnete und 200 Senatoren gewählt werden. Das Wahlgesetz, das 2017 verabschiedet wurde, heißt Rosatellum. Es ist benannt nach seinem Verfasser Ettore Rosato, einem Abgeordneten der Demokratische Partei (PD) von Ex-Regierungschef Enrico Letta. Nach Ansicht von Experten wird die Dynamik der Wahlen durch die Belohnung der vor den Wahlen gebildeten Koalitionen bestimmt.

Die Linke, an deren Spitze die PD steht, war nicht in der Lage, eine Einigung mit den verschiedenen Kräften zu erzielen, aus denen sie sich hätte zusammensetzen können. Angesichts des Ergebnisses der 5-Sterne-Bewegung (M5S) von Giuseppe Conte hätten beide Kräfte einen konkurrenzfähigen Block bilden können. Diesem hätte sich sogar eine Koalition kleinerer Parteien anschließen können, da auch der so genannte Dritte Pol (8,5 Prozent), ein Bündnis kleiner liberaler Mitte-Parteien unter der Führung des ehemaligen Ministerpräsidenten Matteo Renzi und einem seiner ehemaligen Minister, Carlo Calenda, gewachsen ist.

Der andere Gewinner des Abends: Guiseppe Conte

Die Rechtskoalition hatte nicht mehr regiert, seit Berlusconis letzte Regierung 2011 gestürzt ist, als Italien am Rande des Bankrotts stand und Meloni Jugendministerin war. Am Vorabend der Wahlen sprachen Experten der M5S die Möglichkeit zu, den Sieg der Mitte-Rechts-Koalition zu verhindern, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass sowohl die PD als auch die M5S ein gutes Ergebnis erzielten. Insbesondere der Aufstieg der M5S im Süden des Landes sah vielversprechend aus. Mit dem Ergebnis von 16,5 Prozent für die M5S, die damit zur dritten politischen Kraft bei diesen Wahlen wurde, hat Conte zweifellos einen Erfolg erzielt. Ein beachtliches Ergebnis, nachdem er und seine Partei für den Sturz von Draghis Regierung verantwortlich waren und seiner Partei ein schlechtes Abschneiden vorausgesagt wurde.

“Alle wollten, dass wir aus dem Parlament fliegen. Alle gaben uns ein niedriges Ergebnis. Wir sind die dritte politische Kraft. Wir haben also eine große Verantwortung. Wir versichern den Italienern, die für uns gestimmt haben, dass wir eine starke Opposition bilden werden, um das Programm zu verwirklichen, über das wir im Wahlkampf gesprochen haben“, sagte Conte am Montagmorgen als Reaktion auf sein Wahlergebnis. “Die Tatsache, dass wir die erste Partei im Süden sind, ist sehr wichtig, weil wir für soziale Ungleichheit stehen. Wenn der Süden nicht wächst, wird der Norden Probleme haben, sein Potenzial zu entfalten”, fügte Conte noch zu.

Auf die Frage von Journalisten nach einem möglichen Bündnis mit der PD antwortete Conte in den frühen Morgenstunden: “Die Entscheidungen des PD haben sich auf den Ausgang der Wahlen ausgewirkt. Die Mitte-Rechts-Fraktion hat es geschafft, eine Allianz zu bilden. Wenn sich die PD, auch als Oppositionspartei, unseren Kämpfen anschließt, wird sie willkommen sein, aber ohne die Notwendigkeit eines Bündnisses.” Damit unterstrich Conte genau diese fehlende Übereinstimmung mit Letta. Der Vorsitzende der PD gab nach den Ergebnissen in der Nacht keine Erklärung ab, kündigte aber an, dass er am Montagmorgen um 11 Uhr sprechen werde.

Das Problem der Wahlenthaltung

Politische Experten, die sich am frühen Montagmorgen in den italienischen Medien zu Wort meldeten, führten den Ausgang der Wahlen vor allem auf die Unzufriedenheit und Gleichgültigkeit der Bevölkerung zurück. Die niedrige Wahlbeteiligung zeugt von Unzufriedenheit und der Notwendigkeit, auf etwas Neues zu setzen, oder sogar von einer Normalisierung der extremen Rechten in Italien. Die Ergebnisse zeigen auch, dass ein großer Teil der Bevölkerung, der nicht für diese Option gestimmt hat, sich keine Sorgen darüber macht. In Analysen des italienischen Fernsehens kritisierte Rai teilweise die Spekulationen ausländischer Medien, Italien entwickle sich zu einem faschistischen Land. Sie sehen in Meloni eine junge Politikerin, die versuchen wird,, eine gemäßigte Linie zu verfolgen.

Eine Erklärung der Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, gab am Freitag einen Einblick in die Spannungen bei Italiens politischem Übergang. “Meine Einstellung ist, dass wir mit jeder demokratischen Regierung zusammenarbeiten, die das möchte. Wenn sich die Dinge in eine schwierige Richtung entwickeln, wie ich in Bezug auf Ungarn und Polen gesagt habe, haben wir Instrumente“, sagte sie auf einer Konferenz in Princeton auf eine Frage von Studenten nach ihrer Einschätzung, wie sich Italien nach der Wahl verhalten werde.

Italien befindet sich derzeit in einer sehr komplexen wirtschaftlichen Situation, die die Unterstützung und die Zusammenarbeit mit der Europäischen Union erfordert. Wer auch immer das Wirtschaftsressort übernimmt, wird eine sehr wichtige Rolle zu spielen haben. EZB-Direktoriumsmitglied Fabio Panetta hat sich den Forderungen von Giorgia Meloni widersetzt, das Amt des Finanzministers zu übernehmen, wie in den vergangenen zwei Wochen in verschiedenen Medien diskutiert wurde.

Europaskeptische Politiker gratulieren Meloni

Führende europaskeptische Politiker wie Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban, Frankreichs rechtsextreme Politikerin Marine Le Pen und Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki gehörten zu den ersten, die Meloni gratulierten, sobald die ersten Ergebnisse der Abstimmung in der Nacht bekannt wurden.

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Regierungsparteien behaupten sich bei Wahlen in Tschechien

Bei den Kommunal- und der ersten Runde der Senatswahlen in Tschechien haben sich die liberalen und konservativen Regierungsparteien überraschend gut behaupten können. Das Wahlbündnis Spolu (Gemeinsam) von Ministerpräsident Petr Fiala wurde in Prag, Brünn (Brno), Pilsen (Plzen) und Budweis (Ceske Budejovice) stärkste Kraft und könnte dort künftig die Bürgermeister stellen. Das ging am Sonntag aus dem vorläufigen Endergebnis der Statistikbehörde CSU hervor.

“Das ist wirklich ein Erfolg”, sagte Fiala. Die populistische Oppositionspartei ANO des Milliardärs Andrej Babis punktete in acht größeren Oberzentren, darunter in Karlsbad (Karlovy Vary), Usti nad Labem (Aussig) und Ostrava. Der Ex-Premier, der im Januar für das Präsidentenamt kandidieren dürfte, hatte die Wahlen zu einem “Referendum über die Regierung” erklärt.

Landesweit gesehen waren die unabhängigen Kandidaten am erfolgreichsten. Unter den Parteien schicken die Christdemokraten (KDU-CSL) von Arbeitsminister Marian Jurecka die meisten Vertreter in die Gemeinderäte. Hinzugewinnen konnte die ultrarechte Partei Freiheit und direkte Demokratie (SPD).

Ein zentrales Thema im Wahlkampf waren die hohen Energiepreise, die durch den russischen Krieg gegen die Ukraine nochmals gestiegen sind. Anfang September waren rund 70.000 Menschen in Prag aus Protest auf die Straße gegangen. Das Kabinett reagierte mit einem Strom– und Gaspreisdeckel. dpa

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JURI-Ausschussmitglieder sehen noch große Herausforderungen beim TTC

Mitglieder des Rechtsausschusses (JURI) haben in Washington verschiedene Kongress- und Regierungsvertreter, Interessenvertreter und Wissenschaftler getroffen. Zu den Themen gehörten die jüngsten Entwicklungen in der EU und den USA im Bereich der künstlichen Intelligenz und des Metaverse. Auf der Tagesordnung standen aber auch die Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums, insbesondere in Bezug auf China, und weitere Themen.

“Während unserer Mission konnten wir feststellen, dass sich die Zusammenarbeit zwischen der EU und den USA in den Bereichen Technologie und Handelspolitik in die richtige Richtung bewegt”, sagte Delegationsleiter und Vorsitzender des Rechtsausschusses Adrián Vázquez Lázara (Renew, ES) nach der Reise. Der im vergangenen Jahr von Präsident Biden und Präsidentin von der Leyen angekündigte Handels- und Technologierat (TTC) habe ein enormes Potenzial, ein nützliches Instrument zu werden.

“Die Mission ist aber auch zu dem Schluss gekommen, dass zwei große Herausforderungen noch vor uns liegen: Zum einen muss das TTC nicht nur die Europäische Kommission und die US-Regierung einbeziehen, sondern auch die demokratisch gewählten Vertreter der Bürger“, sagte Vázquez weiter. Vor allem das Europäische Parlament müsse in den Arbeitsgruppen dieses transatlantischen politischen Forums vertreten sein. “Andererseits müssen wir eng mit unseren amerikanischen Kollegen zusammenarbeiten, um ein hohes Maß an Rechtsangleichung zu erreichen, insbesondere im Bereich der Vorschriften für digitale Märkte oder künstliche Intelligenz, wo die EU bereits eine Pioniergesetzgebung gefördert hat.”

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LIBE-Ausschussmitglieder besuchen irische Datenschutzkommission

Eine Delegation von Abgeordneten des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) des Europäischen Parlaments ist für drei Tage nach Irland gereist, um zu erfahren, wie die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) umgesetzt und durchgesetzt wird. Die Abgeordneten interessierte ebenso die Funktionsweise des “One-Stop-Shop”-Mechanismus wie auch die Arbeit des Büros der irischen Datenschutzkommission (DPC). Neben dem Treffen mit der Justizministerin, der Datenschutzbeauftragten und dem Justizausschuss des Parlaments kam die Delegation auch mit einer Reihe von Interessenvertretern wie Meta, Tiktok und Microsoft sowie Vertretern von NGOs, Datenschutzanwälten und Wissenschaftlern zusammen.

“Wir hatten eine Reihe von äußerst wertvollen und aufschlussreichen Gesprächen”, sagte die Delegationsleiterin und stellvertretende LIBE-Ausschussvorsitzende Maite Pagazaurtundúa (Renew, ES) zum Abschluss. “Gleichzeitig sind wir nach wie vor besorgt darüber, dass die irische Datenschutzbehörde einen Engpass für den One-Stop-Shop-Mechanismus darstellt.” In diesem Zusammenhang sei die Delegation überzeugt, dass eine unabhängige Überprüfung der Verfahren und Maßnahmen der DPC hilfreich wäre. “Wir unterstützen eine Reihe von Empfehlungen, die der Gemeinsame Justizausschuss der beiden Häuser des Oireachtas in seinem Bericht über die Durchsetzung der Datenschutzgrundverordnung in Irland ausgesprochen hat”, sagte Pagazaurtundúa weiter. Die Lösung dieser Probleme sei für den Schutz personenbezogener Daten und damit der Grundrechte von Hunderten Millionen EU-Bürgern von entscheidender Bedeutung.” vis

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Von der Leyen in New York: “Wir müssen Armut bekämpfen”

Zum Abschluss ihrer USA-Reise – unter anderem zur UN-Generalversammlung – sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen finanzielle Hilfe zur Bewältigung der aktuellen Nahrungsmittel-, Klima- und Naturkrise und zur Verbesserung der globalen Gesundheit zu. In ihrer Rede auf dem Global Citizen Festival in New York bekräftigte Präsidentin von der Leyen die Zusage der EU, ihre schwächsten Partner bei der Bewältigung der sozialen und wirtschaftlichen Folgen der rechtswidrigen Handlungen Russlands zu unterstützen und nachhaltige Investitionen im Rahmen der Global-Gateway-Strategie der EU zu fördern.

Folgende Mittel kündigte Präsidentin von der Leyen an:

  • 715 Millionen Euro für den Globalen Fonds zur Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria, womit sich der Gesamtbeitrag von Team Europa (EU und Mitgliedstaaten) auf mehr als 4,3 Milliarden Euro erhöht
  • die Bereitstellung zusätzlicher Mittel in Höhe von 600 Millionen Euro zur Bewältigung der globalen Ernährungssicherheitskrise in den am stärksten gefährdeten Partnerländern in Afrika, der Karibik und im Pazifik
  • einen neuen Beitrag in Höhe von 45 Millionen Euro über einen Zeitraum von sechs Jahren, um die sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte – sowie die Rechte der Frauen – weltweit zu unterstützen.

Außerdem verwies die Kommissionspräsidentin darauf, dass durch die Verdoppelung der Kommissionsmittel für die globale biologische Vielfalt sieben Milliarden Euro in den Schutz der biologischen Vielfalt in der ganzen Welt investiert würden. Darüber hinaus kündigte die Präsidentin an, dass die Europäische Union Waldpartnerschaften mit fünf Ländern – Uganda, Sambia, Kongo, Mongolei und Guyana – vorbereitet.

“Nachdem wir die Pandemie mit vereinten Kräften bekämpft haben, müssen wir uns nun zusammentun, um andere tödliche Krankheiten zu beenden, die Armut zu bekämpfen und für mehr Gerechtigkeit zu sorgen“, sagte von der Leyen. “Und Europa wird auch seine Rolle bei der globalen grünen Transformation spielen.” vis

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EU bereitet neue Sanktionen gegen Moskau vor

Die EU treibt ihre Vorbereitungen für neue Sanktionen gegen Moskau voran. Am Wochenende führte die EU-Kommission dazu Gespräche mit Vertretern der 27 Mitgliedstaaten. Deutschland schlug unter anderem vor, dass EU-Bürger keine Spitzenposten in russischen Staatskonzernen mehr bekleiden dürfen. Hintergrund dürfte vor allem der Fall von Ex-Kanzler Gerhard Schröder sein, der jahrelang Aufsichtsratschef des russischen Ölkonzerns Rosneft war.

In ihrem Vorschlag für neue EU-Sanktionen, der der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel vorliegt, schlägt die Bundesregierung auch vor, den Verkauf von Immobilien in der EU an Russen zu verbieten. Mit Blick auf die Führungsposten in russischen Staatskonzernen heißt es, die russische Regierung versuche schon lange, über die gut bezahlten Jobs für EU-Bürger unzulässigen politischen Einfluss auf die EU-Staaten zu gewinnen.

Die EU-Länder hatten sich nach der russischen Teilmobilmachung verständigt, weitere Sanktionen zu verhängen. Nun arbeitet die EU-Kommission einen konkreten Vorschlag aus, über den die Botschafter der Mitgliedstaaten dann am Mittwoch beraten könnten. Sanktionen müssen in der EU einstimmig beschlossen werden.

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EU-Mitgliedstaaten verurteilen Gewalt im Iran

Die Europäische Union hat die Anwendung von Gewalt gegen regimekritische Demonstranten von Seiten der iranischen Sicherheits- und Polizeikräfte verurteilt. “Für die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten ist die weit verbreitete und unverhältnismäßige Anwendung von Gewalt gegen gewaltlose Demonstranten nicht zu rechtfertigen und inakzeptabel“, erklärte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Sonntag im Namen der 27 Mitgliedstaaten. “Die Menschen im Iran haben, wie überall, das Recht auf friedlichen Protest. Dieses Recht muss unter allen Umständen gewährleistet werden.”

Die EU und ihre Mitgliedstaaten forderten die iranischen Behörden auf, sich strikt an die Grundsätze des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte zu halten, dem Iran beigetreten sei, hieß es in der Erklärung weiter. “Wir erwarten daher, dass Iran die gewaltsame Niederschlagung der Proteste unverzüglich einstellt und den Internetzugang sowie den freien Informationsfluss gewährleistet.” Außerdem erwarte die EU, dass der Iran die Zahl der Toten und Verhafteten kläre, alle gewaltlosen Demonstranten freilasse und allen Inhaftierten ein ordnungsgemäßes Verfahren gewähre. Darüber hinaus müsse der Tod von Mahsa Amini, der Ausgangspunkt für die Demonstrationen war, ordnungsgemäß untersucht werden. Jeder, der nachweislich für ihren Tod verantwortlich sei, müsse zur Rechenschaft gezogen werden. vis

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  • Iran

Deutschland bezieht LNG aus den Emiraten

Als Ersatz für ausbleibende Energielieferungen aus Russland erhält Deutschland Flüssiggas (LNG) aus den Vereinigten Arabischen Emiraten. Während des Besuchs von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in dem Golfstaat schloss der Essener Energiekonzern RWE am Sonntag einen Vertrag über eine erste Lieferung von 137.000 Kubikmetern LNG ab. Es soll die erste Lieferung sein, die im Dezember 2022 am neuen LNG-Terminal in Brunsbüttel bei Hamburg eintreffen soll. Nach Angaben von RWE wurde ein Memorandum über mehrjährige Lieferungen ab 2023 unterzeichnet.

Zum Vergleich: Vor dem Angriffskrieg auf die Ukraine floss allein am 1. Februar nach Angaben des Betreibers Gas mit einer Energiemenge von circa 1,76 Milliarden Kilowattstunden durch die Pipeline Nord Stream 1. Die jetzt vereinbarte erste Lieferung von 137 000 Kubikmetern Flüssiggas für RWE per Schiff aus den Vereinigten Arabischen Emiraten entspricht etwa 0,95 Milliarden Kilowattstunden.

Scholz kündigte während des Besuchs an, die Zusammenarbeit mit den Emiraten im Energiebereich weiter vorantreiben zu wollen. Man habe bereits eine ganze Reihe von Diesel- und Flüssiggasprojekten mit dem Golfstaat vorangebracht, sagte der SPD-Politiker in Abu Dhabi. Bei der Energieversorgung müsse man auf möglichst viele Anbieter setzen. Die Abhängigkeit von einem Lieferanten “wird uns sicherlich nicht wieder passieren”, erklärte Scholz.

Laut der Vereinbarung vom Sonntag soll der emiratische Staatskonzern ADNOC ab 2023 monatlich auch bis zu 250.000 Tonnen Dieseltreibstoff nach Deutschland liefern. Die Vereinbarung darüber wurde mit dem niedersächsischen Energieunternehmen Hoyer geschlossen. dpa

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Presseschau

Neue Sanktionen: Keine EU-Bürger mehr an Spitze russischer Staatskonzerne RND
EU-Ratspräsident Michel fordert Europa zur Aufnahme von geflüchteten Russen auf SPIEGEL
EU will Klagen von KI-Opfern erleichtern FAZ
Deutschland erhält Flüssiggas aus Emiraten TAGESSCHAU
SPD kündigt Ende der Gasumlage an WELT
Auf Druck aus der EU: Ungarn plant neue “Integritätsbehörde” SPIEGEL
Gegen Bio-Pflicht und für günstiges Fleisch: Schweizer Massentierhaltungsinitiative abgelehnt DE
Schweizer machen Weg für Rentenreform frei FAZ
Hacker erbeuten in Portugal 1,5 Millionen Kundendaten FAZ

Standpunkt

Mit intermodalem Güterverkehr kann die EU ihre Klimaziele erreichen

Ralf-Charley Schultze
Mit intermodalem Güterverkehr kann die EU ihre Klimaziele erreichen: Zu sehen ist Ralf-Charley Schultze, Präsident  der International Union for Road-Rail Combined Transport (UIRR)
Ralf-Charley Schultze ist Präsident der International Union for Road-Rail Combined Transport (UIRR)

Der kombinierte Haus-Haus-Verkehr über Schienen, Straßen und Wasserwege ist die Zukunft des nachhaltigen gewerblichen Transports in Europa. Durch diese intelligente und nahtlose Verknüpfung der drei klassischen Verkehrsträger lassen sich Treibhausgasemissionen – im Vergleich zu einem vollständigen Langstreckentransport per Lkw – um bis zu 90 Prozent reduzieren und die Energieeffizienz um bis zu 70 Prozent steigern. 

Dank dieser Vorzüge kann der kombinierte Güterverkehr entscheidend dazu beitragen, die ambitionierten Klimaziele der EU zu erreichen und den CO₂-Ausstoß bis 2030 um 55 Prozent zu reduzieren. Ein maßgeblicher Grund: Beim intermodalen Transport müssen die Güter selbst nicht umgeladen werden. Stattdessen wechselt nur die Ladeeinheit (Container, Wechselbrücke oder Sattelauflieger) den Verkehrsträger: zum Beispiel vom Kurzstrecken-LKW auf die klimaschonende Langstrecken-Schienenverbindung und wieder zurück.

Dieses enorme Potenzial des kombinierten Haus-Haus-Güterverkehrs ist kein ferner Zukunftstraum, sondern gelebte Praxis. So existiert zum Beispiel seit dem 12. September 2022 dreimal pro Woche eine mehr als 2000 Kilometer lange durchgehende Schienenverbindung vom intermodalen Terminal Barcelona über Duisburg nach Polen zu den dortigen Umlade-Terminals Poznań beziehungsweise Łódź und wieder zurück.

Schon länger und noch häufiger verkehren die kombinierten Gütertransporte zwischen Luxemburg und dem südfranzösischen Le Boulou (25 Mal pro Woche), Triest (zwölfmal), Lyon (sechsmal), Antwerpen, Kiel und Rostock (dreimal) sowie Valenton (einmal). Dabei ist allein der Güterzug nach Le Boulou bis zu 850 Meter lang und transportiert bis zu 60 Sattelauflieger. Schon heute überqueren fast 90 Prozent der intermodalen Güterzüge mindestens eine Grenze und legen dabei im Schnitt circa 920 Kilometer zurück. Damit ist der kombinierte Verkehr die dominierende Form des grenzüberschreitenden Güterfernverkehrs in Europa. 

Infrastruktur für Schiene verbessern

Ein wichtiger Zeitpunkt, um den intermodalen Güterverkehr entscheidend voranzubringen, sind die derzeit laufenden EU-Verhandlungen zur Überarbeitung der Verordnung über Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-V). Da sich laut Green Deal der Marktanteil des Schienengüterverkehrs bis 2050 verdoppeln soll, muss die hierfür erforderliche Infrastruktur deutlich besser funktionieren als bisher.

Vor diesem Hintergrund begrüßen wir die Pläne der EU-Kommission, die Eisenbahninfrastruktur entsprechend anzupassen. Geplant sind unter anderem:

  • eine verbindliche Infrastruktur für Zuglängen von 740 Metern,
  • ein größeres Transportgewicht (bis 2000 Tonnen brutto; 22,5 Tonnen Achslast),
  • das Lichtraumprofil P400,
  • eine bessere Pünktlichkeit (90 Prozent der Züge sollen nicht mehr als fünf Minuten Verspätung haben),
  • das Überqueren einer EU-Binnengrenze innerhalb von 15 Minuten
  • und vor allem die Modernisierung der bestehenden intermodalen Umschlagterminals beziehungsweise der Neubau von Terminals zum Ausbau der Kapazitäten.

Um diese Pläne zu verwirklichen, ist es erforderlich, dass die EU-Mitgliedsstaaten und das Europäische Parlament diesen von der Europäischen Kommission geplanten Ausbau der Verkehrsinfrastruktur zugunsten des intermodalen Güterverkehrs unterstützen. Dies war in der Vergangenheit leider nicht immer der Fall.

Obwohl die Verlagerung des Gütertransports von der Straße auf die Schiene schon seit 2001 ein klares politisches Ziel der Europäischen Union ist, stieg seither der Marktanteil des Straßengüterverkehrs auf circa 76 Prozent – etwa die Hälfte davon im Güterfernverkehr. Mit der unerfreulichen Folge, dass das Verkehrssegment seine CO₂-Emissionen – als einziger europäischer Wirtschaftszweig – erhöht hat. Wenn die EU ihre Energie- und Klimaziele erreichen will, muss dieser Trend nicht nur gestoppt, sondern umgekehrt werden. 

“Energiezüge” sollen bevorzugt werden

Hier könnte sich die EU an einer aktuellen Verordnung der deutschen Bundesregierung orientieren: Die Mitte September veröffentlichte Energiesicherungstransportverordnung (EnSiTrV) räumt Güterzügen, die Kohle, Öl und Flüssiggas transportieren, im Schienenverkehr absoluten Vorrang ein, um mit diesen “Energiezügen” die Versorgungslücke auszugleichen, die durch den Wegfall des russischen Pipeline-Gases entstanden ist. Auch zahlreiche intermodale Güterzüge sind derzeit in Deutschland als “Energiezüge” unterwegs, indem sie zum Beispiel verflüssigtes Gas in Tank-Containern befördern. Es wäre daher ein wichtiger Schritt, wenn die EU auch die intermodalen Güterzüge als “Energiezüge” anerkennen und sie bevorzugt auf dem Gleisnetz verkehren lassen würde.

Fazit: Der kombinierte Haus-Haus-Verkehr ist ein doppelt positiver Einflussfaktor für die Realisierung der EU-Beschlüsse zur Eindämmung der globalen Erwärmung. Er ermöglicht zum einen, Gütertransporte auf energieeffiziente und CO₂-arme Verkehrsmittel zu verlagern und zum anderen, den Verbrauch von Diesel im Güterverkehr und die Logistik deutlich zu verringern. Außerdem entlastet der intermodale Verkehr die überforderten Straßen und ihre Anwohner, er erhöht die Arbeitseffizienz, denn ein Lokführer kann im Fernverkehr bis zu 50 LKW-Fahrer ersetzen. Und der intermodale Verkehr schafft Arbeitsplätze mit einer hohen Wertschöpfung sowie einer angemessenen Work-Life-Balance in jedem Glied der Transportkette.

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Europe.Table Redaktion

EUROPE.TABLE REDAKTION

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    Liebe Leserin, lieber Leser,

    die europäischen Parteienfamilien sind finanziell nicht sonderlich gut aufgestellt. Dazu passt, dass ihr Vorsitz bislang ein Ehrenamt war. Das galt zumindest immer dann, wenn der Parteichef auch im Europaparlament saß und somit abgesichert war. Mit dem Niederbayern Manfred Weber, der im Mai an die Spitze der EVP gewählt wurde, könnten die europäischen Christdemokraten nun finanziell eine neue Ära einläuten und Abschied nehmen vom Chefposten nur der Ehre wegen. Mein Kollege Markus Grabitz weiß mehr.

    Italien hat ein neues Parlament gewählt. Als Wahlsieger ist das Mitte-Rechts-Bündnis unter Führung der Fratelli d’Italia von Parteichefin Georgia Meloni hervorgegangen. Dabei waren viele Wähler bis zuletzt unentschlossen und die Wahlbeteiligung war niedrig. Meine Kollegin Isabel Cuesta hat für Sie die ersten Ergebnisse analysiert.

    Auch in Tschechien, das derzeit die Ratspräsidentschaft innehat, gingen die Bürgerinnen und Bürger an die Urnen. Bei der Kommunalwahl und der erste Runde der Senatswahl haben sich die liberalen und konservativen Regierungsparteien überraschend gut behaupten können. Mehr dazu in den Nachrichten.

    Reisen bildet, heißt es immer und tatsächlich kann man beim Reisen neue Einblicke gewinnen und Dinge besser verstehen lernen. Ursula von der Leyen war in New York, Europaabgeordnete des JURI-Ausschusses besuchten Gesprächspartner in Washington und LIBE-Ausschussmitglieder waren in Sachen Datenschutz in Irland unterwegs. Was die Reisenden mitbrachten – oder auch im Ausland ankündigten -, lesen Sie in den News. Ebenso, dass die EU weitere Sanktionen gegen Russland vorbereitet.

    In der Heimat wird weiter über das richtige Instrument gestritten, wie die hohen Gaspreise in den Griff zu bekommen sind. Dabei rückt eine Gaspreisbremse immer stärker in den Blick, wohingegen die geplante Gasumlage zusehends weniger Anhänger findet. Zweifel an dem Aufschlag für Millionen Kunden zum Ausgleich höherer Gas-Beschaffungskosten äußerte nun auch Bundesfinanzminister Christian Lindner. “Es stellt sich mir bei der Gasumlage weniger die Rechtsfrage, sondern immer mehr die wirtschaftliche Sinnfrage”, sagte der FDP-Chef der Bild am Sonntag. “Wir haben eine Gasumlage, die den Preis erhöht. Aber wir brauchen eine Gaspreisbremse, die den Preis senkt.” Bundeskanzler Olaf Scholz war unterdessen unterwegs, um neue LNG-Lieferungen für Deutschland klarzumachen. Energie bleibt ein heißes Thema.

    Ich wünsche Ihnen einen guten Start in die Woche,

    Ihre
    Corinna Visser
    Bild von Corinna  Visser

    Analyse

    Bezieht Manfred Weber ein doppeltes Gehalt?

    Im Mai wurde der langjährige EVP-Fraktionschef im Europa-Parlament, Manfred Weber, auf dem Konvent der europäischen Christdemokraten in Rotterdam auch zum Vorsitzenden der Partei gewählt. Nach Informationen von Europe.Table hat das Präsidium der EVP anschließend eine Entscheidung gefällt, die Fragen aufwirft: Das Parteipräsidium habe entschieden, dass der Parteichef Anspruch auf eine Vergütung habe, heißt es in EVP-Kreisen. Dem Führungszirkel gehören die zehn gewählten Stellvertreter an, sowie qua Amt die Kommissionspräsidentin und die Parlamentspräsidentin.

    Das Gremium sei aber nicht unterrichtet, ob Weber ein Gehalt beziehe und wenn ja, wie hoch es ausfalle. Eine Sprecherin von Weber bei der Partei wollte sich auf Anfrage dazu nicht äußern: “Die EVP gibt keinerlei Auskunft zur Bezahlung ihrer Führung.” Auf die Frage, ob das Präsidium den Beschluss gefasst habe, dass der Parteichef eine Bezahlung bekommen kann, gibt es ebenfalls keine Auskunft.

    Die Verschlossenheit verwundert: Bislang war der Chefposten in der christdemokratischen Parteienfamilie stets ein Ehrenamt, wenn der Amtsinhaber anderweitig finanziell abgesichert war. Warum stellt die EVP die finanziellen Verhältnisse nicht klar, wenn sich daran nichts geändert haben sollte?

    Vorgänger hatten keine Abgeordneten-Bezüge

    Bei Webers Vorgänger an der Spitze der EVP lagen die Dinge anders. Donald Tusk war knapp drei Jahre lang Parteichef, ohne ein anderes Amt zu haben. Der Pole wurde dafür von der Partei bezahlt, Schätzungen gehen von einem Salär in Höhe von mindestens 13.000 Euro monatlich aus. Der Generalsekretär verdient dem Vernehmen nach etwas weniger. Tusks Vorgänger Joseph Daul, ein Elsässer und Förderer Webers, war von 2013 bis 2019 EVP-Parteichef. Als er 2014 nicht mehr ins Europaparlament einzog, bekam er ein Gehalt als Parteichef. Sollte Weber nun doppelt Gehalt kassieren, würde dies nicht nur in der Partei für Stirnrunzeln sorgen.

    Als Abgeordneter im Europaparlament bekommt der 50-Jährige aus Niederbayern, der auch CSU-Vize ist und bei der letzten Europawahl als Spitzenkandidat der Christdemokraten die meisten Stimmen holte, monatlich eine Diät von 9.386,29 Euro vor Steuern und Abgaben. Nach Abzug von EU-Steuern und einem Versicherungsbeitrag bleiben 7.316,63 Euro monatlich übrig. Möglicherweise fallen in Deutschland weitere Steuern an.

    Fraktionschefs können bei den Tagegeldern wählen

    Weber ist Chef der größten Fraktion im Europaparlament mit 176 Mitgliedern. Anders als im Bundestag bekommen Fraktionschefs in der Volksvertretung der EU keine Zulagen. Allerdings steht ihnen ein Privileg bei den Sitzungsgeldern zu. Normale Abgeordnete müssen sich in Straßburg und Brüssel im Parlament in die Anwesenheitslisten eintragen. Sonst erhalten sie nicht das Tagegeld in Höhe von 338 Euro zur Abdeckung aller Ausgaben.

    Die Chefs der Fraktionen und die Parlamentspräsidentin können dagegen wählen: Sie können entweder gegenüber dem Sekretariat angeben, an welchen Tagen sie im Einsatz sind. Dann wird das Tagegeld tagesgenau abgerechnet. Oder sie wählen die Pauschallösung. Dann bekommen sie das Tagegeld für 365 Tage im Jahr. Welche Regelung Manfred Weber praktiziert, ist nicht bekannt.

    Die anderen Parteien sind transparenter als die europäischen Christdemokraten, was die Bezahlung ihres Spitzenpersonals angeht. Bei den Europa-Grünen bekommt nur die Generalsekretärin ein richtiges Gehalt. Alle anderen Spitzenjobs sind Ehrenämter. Die Parteichefs Mélanie Vogel und Thomas Waitz sowie die anderen Mitglieder des Führungszirkels können Tagessätze von 200 Euro als Spesen abrechnen, wenn sie im Einsatz sind. Allerdings nur 60 Mal im Jahr. “Es besteht ein Recht darauf, keine Verpflichtung”, stellt ein Parteisprecher fest. Häufig werde auch darauf verzichtet.

    Münchner CSU ist auskunftsfreudig

    Bei der europäischen Parteienfamilie der Sozialisten (PES) gibt es ebenfalls eine klare Auskunft: “Der Präsident bekommt kein Gehalt von der Partei. Dies gilt für den Fall, dass er Mitglied des Europaparlaments ist, Mitglied eines anderen Parlaments, und auch in allen anderen Fällen.”

    Die SPD hingegen bezahlt ihre beiden Parteichefs, Saskia Esken und Lars Klingbeil, die beide auch Bundestagsabgeordnete sind. Und macht daraus kein Geheimnis. Esken und Klingbeil verdienen als Parteichefs 9.000 Euro monatlich.

    In der Münchner CSU-Parteizentrale, wo Manfred Webers Aufstieg in Europa begonnen hat, hält man auch nicht mit Informationen zur Vergütung des Chefs der bayerischen Christsozialen hinterm Berg: “Der Vorsitzende ist ehrenamtlich tätig und erhält keinen Cent.”

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    Mitte-Rechts-Bündnis erzielt Wahlsieg in Italien

    Das Mitte-Rechts-Bündnis unter Führung von Giorgia Meloni, der Vorsitzenden der Partei Fratelli d’Italia, hat die Parlamentswahlen in Italien gewonnen. Davon zeugen die Ergebnisse vom frühen Montagmorgen, die in den kommenden Stunden noch konsolidiert werden müssen. “Die Italiener haben für eine Mitte-Rechts-Regierung unter Führung der Fratelli d’Italia gestimmt. Es ist die Zeit der Verantwortung. Italien hat uns gewählt und wir werden Italien nicht verraten. Wir sind berufen, dieses Land zu regieren. Wir werden für alle Italiener regieren, damit die Italiener wieder stolz darauf sein können, Italiener zu sein”, sagte Meloni um 2.30 Uhr in einer zehnminütigen Stellungnahme zum Wahlergebnis am Sitz ihrer Partei in Rom.

    Nach Angaben des staatlichen Senders Rai erhielt die Fratelli d’Italia nach den Hochrechnungen 26 Prozent der Stimmen, Matteo Salvinis Lega Nord rutschte mit 8,7 Prozent unter die Marke von zehn Prozent, während Silvio Berlusconis Forza Italia auf acht Prozent kam. Damit liegt die Mitte-Rechts-Koalition vor den Linksparteien. Die Demokratische Partei (PD) von Enrico Letta erzielte 19 Prozent und die Azione-Italia Viva des ehemaligen Premierministers Matteo Renzi 7,3 Prozent. Die 5-Sterne-Bewegung von Giuseppe Corte kam auf 16,5 Prozent der Stimmen. Die Wahlbeteiligung lag bei nur 63,8 Prozent. Das ist der niedrigste Wert in der Geschichte des Landes und liegt neun Prozentpunkte niedriger als vor vier Jahren.

    In ihrer Rede sprach Meloni auch die niedrige Wahlbeteiligung an und wies darauf hin, dass die Herausforderung darin bestehe, den Italienern den Glauben an die Institutionen zurückzugeben und das Verhältnis zwischen Staat und Bürgern wiederherzustellen. Die Wahlsiegerin erwähnte auch, dass ihre Partei während des Wahlkampfes angegriffen worden sei, insbesondere wegen der “Mythen, die über die Partei verbreitet wurden”. Die Partei Melonis wird häufig als postfaschistisch bezeichnet. Fratelli d’Italia wurde im Jahr 2012 gegründet und ist aus der postfaschistischen Italienischen Sozialen Bewegung (MSI) hervorgegangen, die von Anhängern des Diktators Benito Mussolini gegründet wurde.

    Die erste Frau, die im Palazzo Chigi regieren könnte

    Nach den bisherigen Hochrechnungen würde das Mitte-Rechts-Bündnis zwischen 227 und 257 der 400 Sitze im Unterhaus und zwischen 111 und 131 der 200 Sitze im Senat gewinnen. Der Wahlsieg des Mitte-Rechts-Bündnis geht vor allem auf das Konto der Partei Melonis, die ihr Ergebnis von 2018 versechsfacht hat: von vier auf 26 Prozent. Melonis großer Vorsprung macht sie zur Favoritin für den Auftrag zur Regierungsbildung durch Staatschef Sergio Mattarella. Die 45-jährige Politikerin könnte die erste Frau in der Geschichte der Republik werden, die als Regierungschefin in den Pallazo Chigi einzieht.

    Das italienische Wahlsystem ist eine Mischung aus Verhältnis- und Mehrheitswahlrecht, mit dem 400 Abgeordnete und 200 Senatoren gewählt werden. Das Wahlgesetz, das 2017 verabschiedet wurde, heißt Rosatellum. Es ist benannt nach seinem Verfasser Ettore Rosato, einem Abgeordneten der Demokratische Partei (PD) von Ex-Regierungschef Enrico Letta. Nach Ansicht von Experten wird die Dynamik der Wahlen durch die Belohnung der vor den Wahlen gebildeten Koalitionen bestimmt.

    Die Linke, an deren Spitze die PD steht, war nicht in der Lage, eine Einigung mit den verschiedenen Kräften zu erzielen, aus denen sie sich hätte zusammensetzen können. Angesichts des Ergebnisses der 5-Sterne-Bewegung (M5S) von Giuseppe Conte hätten beide Kräfte einen konkurrenzfähigen Block bilden können. Diesem hätte sich sogar eine Koalition kleinerer Parteien anschließen können, da auch der so genannte Dritte Pol (8,5 Prozent), ein Bündnis kleiner liberaler Mitte-Parteien unter der Führung des ehemaligen Ministerpräsidenten Matteo Renzi und einem seiner ehemaligen Minister, Carlo Calenda, gewachsen ist.

    Der andere Gewinner des Abends: Guiseppe Conte

    Die Rechtskoalition hatte nicht mehr regiert, seit Berlusconis letzte Regierung 2011 gestürzt ist, als Italien am Rande des Bankrotts stand und Meloni Jugendministerin war. Am Vorabend der Wahlen sprachen Experten der M5S die Möglichkeit zu, den Sieg der Mitte-Rechts-Koalition zu verhindern, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass sowohl die PD als auch die M5S ein gutes Ergebnis erzielten. Insbesondere der Aufstieg der M5S im Süden des Landes sah vielversprechend aus. Mit dem Ergebnis von 16,5 Prozent für die M5S, die damit zur dritten politischen Kraft bei diesen Wahlen wurde, hat Conte zweifellos einen Erfolg erzielt. Ein beachtliches Ergebnis, nachdem er und seine Partei für den Sturz von Draghis Regierung verantwortlich waren und seiner Partei ein schlechtes Abschneiden vorausgesagt wurde.

    “Alle wollten, dass wir aus dem Parlament fliegen. Alle gaben uns ein niedriges Ergebnis. Wir sind die dritte politische Kraft. Wir haben also eine große Verantwortung. Wir versichern den Italienern, die für uns gestimmt haben, dass wir eine starke Opposition bilden werden, um das Programm zu verwirklichen, über das wir im Wahlkampf gesprochen haben“, sagte Conte am Montagmorgen als Reaktion auf sein Wahlergebnis. “Die Tatsache, dass wir die erste Partei im Süden sind, ist sehr wichtig, weil wir für soziale Ungleichheit stehen. Wenn der Süden nicht wächst, wird der Norden Probleme haben, sein Potenzial zu entfalten”, fügte Conte noch zu.

    Auf die Frage von Journalisten nach einem möglichen Bündnis mit der PD antwortete Conte in den frühen Morgenstunden: “Die Entscheidungen des PD haben sich auf den Ausgang der Wahlen ausgewirkt. Die Mitte-Rechts-Fraktion hat es geschafft, eine Allianz zu bilden. Wenn sich die PD, auch als Oppositionspartei, unseren Kämpfen anschließt, wird sie willkommen sein, aber ohne die Notwendigkeit eines Bündnisses.” Damit unterstrich Conte genau diese fehlende Übereinstimmung mit Letta. Der Vorsitzende der PD gab nach den Ergebnissen in der Nacht keine Erklärung ab, kündigte aber an, dass er am Montagmorgen um 11 Uhr sprechen werde.

    Das Problem der Wahlenthaltung

    Politische Experten, die sich am frühen Montagmorgen in den italienischen Medien zu Wort meldeten, führten den Ausgang der Wahlen vor allem auf die Unzufriedenheit und Gleichgültigkeit der Bevölkerung zurück. Die niedrige Wahlbeteiligung zeugt von Unzufriedenheit und der Notwendigkeit, auf etwas Neues zu setzen, oder sogar von einer Normalisierung der extremen Rechten in Italien. Die Ergebnisse zeigen auch, dass ein großer Teil der Bevölkerung, der nicht für diese Option gestimmt hat, sich keine Sorgen darüber macht. In Analysen des italienischen Fernsehens kritisierte Rai teilweise die Spekulationen ausländischer Medien, Italien entwickle sich zu einem faschistischen Land. Sie sehen in Meloni eine junge Politikerin, die versuchen wird,, eine gemäßigte Linie zu verfolgen.

    Eine Erklärung der Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, gab am Freitag einen Einblick in die Spannungen bei Italiens politischem Übergang. “Meine Einstellung ist, dass wir mit jeder demokratischen Regierung zusammenarbeiten, die das möchte. Wenn sich die Dinge in eine schwierige Richtung entwickeln, wie ich in Bezug auf Ungarn und Polen gesagt habe, haben wir Instrumente“, sagte sie auf einer Konferenz in Princeton auf eine Frage von Studenten nach ihrer Einschätzung, wie sich Italien nach der Wahl verhalten werde.

    Italien befindet sich derzeit in einer sehr komplexen wirtschaftlichen Situation, die die Unterstützung und die Zusammenarbeit mit der Europäischen Union erfordert. Wer auch immer das Wirtschaftsressort übernimmt, wird eine sehr wichtige Rolle zu spielen haben. EZB-Direktoriumsmitglied Fabio Panetta hat sich den Forderungen von Giorgia Meloni widersetzt, das Amt des Finanzministers zu übernehmen, wie in den vergangenen zwei Wochen in verschiedenen Medien diskutiert wurde.

    Europaskeptische Politiker gratulieren Meloni

    Führende europaskeptische Politiker wie Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban, Frankreichs rechtsextreme Politikerin Marine Le Pen und Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki gehörten zu den ersten, die Meloni gratulierten, sobald die ersten Ergebnisse der Abstimmung in der Nacht bekannt wurden.

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    Regierungsparteien behaupten sich bei Wahlen in Tschechien

    Bei den Kommunal- und der ersten Runde der Senatswahlen in Tschechien haben sich die liberalen und konservativen Regierungsparteien überraschend gut behaupten können. Das Wahlbündnis Spolu (Gemeinsam) von Ministerpräsident Petr Fiala wurde in Prag, Brünn (Brno), Pilsen (Plzen) und Budweis (Ceske Budejovice) stärkste Kraft und könnte dort künftig die Bürgermeister stellen. Das ging am Sonntag aus dem vorläufigen Endergebnis der Statistikbehörde CSU hervor.

    “Das ist wirklich ein Erfolg”, sagte Fiala. Die populistische Oppositionspartei ANO des Milliardärs Andrej Babis punktete in acht größeren Oberzentren, darunter in Karlsbad (Karlovy Vary), Usti nad Labem (Aussig) und Ostrava. Der Ex-Premier, der im Januar für das Präsidentenamt kandidieren dürfte, hatte die Wahlen zu einem “Referendum über die Regierung” erklärt.

    Landesweit gesehen waren die unabhängigen Kandidaten am erfolgreichsten. Unter den Parteien schicken die Christdemokraten (KDU-CSL) von Arbeitsminister Marian Jurecka die meisten Vertreter in die Gemeinderäte. Hinzugewinnen konnte die ultrarechte Partei Freiheit und direkte Demokratie (SPD).

    Ein zentrales Thema im Wahlkampf waren die hohen Energiepreise, die durch den russischen Krieg gegen die Ukraine nochmals gestiegen sind. Anfang September waren rund 70.000 Menschen in Prag aus Protest auf die Straße gegangen. Das Kabinett reagierte mit einem Strom– und Gaspreisdeckel. dpa

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    JURI-Ausschussmitglieder sehen noch große Herausforderungen beim TTC

    Mitglieder des Rechtsausschusses (JURI) haben in Washington verschiedene Kongress- und Regierungsvertreter, Interessenvertreter und Wissenschaftler getroffen. Zu den Themen gehörten die jüngsten Entwicklungen in der EU und den USA im Bereich der künstlichen Intelligenz und des Metaverse. Auf der Tagesordnung standen aber auch die Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums, insbesondere in Bezug auf China, und weitere Themen.

    “Während unserer Mission konnten wir feststellen, dass sich die Zusammenarbeit zwischen der EU und den USA in den Bereichen Technologie und Handelspolitik in die richtige Richtung bewegt”, sagte Delegationsleiter und Vorsitzender des Rechtsausschusses Adrián Vázquez Lázara (Renew, ES) nach der Reise. Der im vergangenen Jahr von Präsident Biden und Präsidentin von der Leyen angekündigte Handels- und Technologierat (TTC) habe ein enormes Potenzial, ein nützliches Instrument zu werden.

    “Die Mission ist aber auch zu dem Schluss gekommen, dass zwei große Herausforderungen noch vor uns liegen: Zum einen muss das TTC nicht nur die Europäische Kommission und die US-Regierung einbeziehen, sondern auch die demokratisch gewählten Vertreter der Bürger“, sagte Vázquez weiter. Vor allem das Europäische Parlament müsse in den Arbeitsgruppen dieses transatlantischen politischen Forums vertreten sein. “Andererseits müssen wir eng mit unseren amerikanischen Kollegen zusammenarbeiten, um ein hohes Maß an Rechtsangleichung zu erreichen, insbesondere im Bereich der Vorschriften für digitale Märkte oder künstliche Intelligenz, wo die EU bereits eine Pioniergesetzgebung gefördert hat.”

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    LIBE-Ausschussmitglieder besuchen irische Datenschutzkommission

    Eine Delegation von Abgeordneten des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) des Europäischen Parlaments ist für drei Tage nach Irland gereist, um zu erfahren, wie die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) umgesetzt und durchgesetzt wird. Die Abgeordneten interessierte ebenso die Funktionsweise des “One-Stop-Shop”-Mechanismus wie auch die Arbeit des Büros der irischen Datenschutzkommission (DPC). Neben dem Treffen mit der Justizministerin, der Datenschutzbeauftragten und dem Justizausschuss des Parlaments kam die Delegation auch mit einer Reihe von Interessenvertretern wie Meta, Tiktok und Microsoft sowie Vertretern von NGOs, Datenschutzanwälten und Wissenschaftlern zusammen.

    “Wir hatten eine Reihe von äußerst wertvollen und aufschlussreichen Gesprächen”, sagte die Delegationsleiterin und stellvertretende LIBE-Ausschussvorsitzende Maite Pagazaurtundúa (Renew, ES) zum Abschluss. “Gleichzeitig sind wir nach wie vor besorgt darüber, dass die irische Datenschutzbehörde einen Engpass für den One-Stop-Shop-Mechanismus darstellt.” In diesem Zusammenhang sei die Delegation überzeugt, dass eine unabhängige Überprüfung der Verfahren und Maßnahmen der DPC hilfreich wäre. “Wir unterstützen eine Reihe von Empfehlungen, die der Gemeinsame Justizausschuss der beiden Häuser des Oireachtas in seinem Bericht über die Durchsetzung der Datenschutzgrundverordnung in Irland ausgesprochen hat”, sagte Pagazaurtundúa weiter. Die Lösung dieser Probleme sei für den Schutz personenbezogener Daten und damit der Grundrechte von Hunderten Millionen EU-Bürgern von entscheidender Bedeutung.” vis

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    Von der Leyen in New York: “Wir müssen Armut bekämpfen”

    Zum Abschluss ihrer USA-Reise – unter anderem zur UN-Generalversammlung – sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen finanzielle Hilfe zur Bewältigung der aktuellen Nahrungsmittel-, Klima- und Naturkrise und zur Verbesserung der globalen Gesundheit zu. In ihrer Rede auf dem Global Citizen Festival in New York bekräftigte Präsidentin von der Leyen die Zusage der EU, ihre schwächsten Partner bei der Bewältigung der sozialen und wirtschaftlichen Folgen der rechtswidrigen Handlungen Russlands zu unterstützen und nachhaltige Investitionen im Rahmen der Global-Gateway-Strategie der EU zu fördern.

    Folgende Mittel kündigte Präsidentin von der Leyen an:

    • 715 Millionen Euro für den Globalen Fonds zur Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria, womit sich der Gesamtbeitrag von Team Europa (EU und Mitgliedstaaten) auf mehr als 4,3 Milliarden Euro erhöht
    • die Bereitstellung zusätzlicher Mittel in Höhe von 600 Millionen Euro zur Bewältigung der globalen Ernährungssicherheitskrise in den am stärksten gefährdeten Partnerländern in Afrika, der Karibik und im Pazifik
    • einen neuen Beitrag in Höhe von 45 Millionen Euro über einen Zeitraum von sechs Jahren, um die sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte – sowie die Rechte der Frauen – weltweit zu unterstützen.

    Außerdem verwies die Kommissionspräsidentin darauf, dass durch die Verdoppelung der Kommissionsmittel für die globale biologische Vielfalt sieben Milliarden Euro in den Schutz der biologischen Vielfalt in der ganzen Welt investiert würden. Darüber hinaus kündigte die Präsidentin an, dass die Europäische Union Waldpartnerschaften mit fünf Ländern – Uganda, Sambia, Kongo, Mongolei und Guyana – vorbereitet.

    “Nachdem wir die Pandemie mit vereinten Kräften bekämpft haben, müssen wir uns nun zusammentun, um andere tödliche Krankheiten zu beenden, die Armut zu bekämpfen und für mehr Gerechtigkeit zu sorgen“, sagte von der Leyen. “Und Europa wird auch seine Rolle bei der globalen grünen Transformation spielen.” vis

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    EU bereitet neue Sanktionen gegen Moskau vor

    Die EU treibt ihre Vorbereitungen für neue Sanktionen gegen Moskau voran. Am Wochenende führte die EU-Kommission dazu Gespräche mit Vertretern der 27 Mitgliedstaaten. Deutschland schlug unter anderem vor, dass EU-Bürger keine Spitzenposten in russischen Staatskonzernen mehr bekleiden dürfen. Hintergrund dürfte vor allem der Fall von Ex-Kanzler Gerhard Schröder sein, der jahrelang Aufsichtsratschef des russischen Ölkonzerns Rosneft war.

    In ihrem Vorschlag für neue EU-Sanktionen, der der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel vorliegt, schlägt die Bundesregierung auch vor, den Verkauf von Immobilien in der EU an Russen zu verbieten. Mit Blick auf die Führungsposten in russischen Staatskonzernen heißt es, die russische Regierung versuche schon lange, über die gut bezahlten Jobs für EU-Bürger unzulässigen politischen Einfluss auf die EU-Staaten zu gewinnen.

    Die EU-Länder hatten sich nach der russischen Teilmobilmachung verständigt, weitere Sanktionen zu verhängen. Nun arbeitet die EU-Kommission einen konkreten Vorschlag aus, über den die Botschafter der Mitgliedstaaten dann am Mittwoch beraten könnten. Sanktionen müssen in der EU einstimmig beschlossen werden.

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    EU-Mitgliedstaaten verurteilen Gewalt im Iran

    Die Europäische Union hat die Anwendung von Gewalt gegen regimekritische Demonstranten von Seiten der iranischen Sicherheits- und Polizeikräfte verurteilt. “Für die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten ist die weit verbreitete und unverhältnismäßige Anwendung von Gewalt gegen gewaltlose Demonstranten nicht zu rechtfertigen und inakzeptabel“, erklärte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Sonntag im Namen der 27 Mitgliedstaaten. “Die Menschen im Iran haben, wie überall, das Recht auf friedlichen Protest. Dieses Recht muss unter allen Umständen gewährleistet werden.”

    Die EU und ihre Mitgliedstaaten forderten die iranischen Behörden auf, sich strikt an die Grundsätze des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte zu halten, dem Iran beigetreten sei, hieß es in der Erklärung weiter. “Wir erwarten daher, dass Iran die gewaltsame Niederschlagung der Proteste unverzüglich einstellt und den Internetzugang sowie den freien Informationsfluss gewährleistet.” Außerdem erwarte die EU, dass der Iran die Zahl der Toten und Verhafteten kläre, alle gewaltlosen Demonstranten freilasse und allen Inhaftierten ein ordnungsgemäßes Verfahren gewähre. Darüber hinaus müsse der Tod von Mahsa Amini, der Ausgangspunkt für die Demonstrationen war, ordnungsgemäß untersucht werden. Jeder, der nachweislich für ihren Tod verantwortlich sei, müsse zur Rechenschaft gezogen werden. vis

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    Deutschland bezieht LNG aus den Emiraten

    Als Ersatz für ausbleibende Energielieferungen aus Russland erhält Deutschland Flüssiggas (LNG) aus den Vereinigten Arabischen Emiraten. Während des Besuchs von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in dem Golfstaat schloss der Essener Energiekonzern RWE am Sonntag einen Vertrag über eine erste Lieferung von 137.000 Kubikmetern LNG ab. Es soll die erste Lieferung sein, die im Dezember 2022 am neuen LNG-Terminal in Brunsbüttel bei Hamburg eintreffen soll. Nach Angaben von RWE wurde ein Memorandum über mehrjährige Lieferungen ab 2023 unterzeichnet.

    Zum Vergleich: Vor dem Angriffskrieg auf die Ukraine floss allein am 1. Februar nach Angaben des Betreibers Gas mit einer Energiemenge von circa 1,76 Milliarden Kilowattstunden durch die Pipeline Nord Stream 1. Die jetzt vereinbarte erste Lieferung von 137 000 Kubikmetern Flüssiggas für RWE per Schiff aus den Vereinigten Arabischen Emiraten entspricht etwa 0,95 Milliarden Kilowattstunden.

    Scholz kündigte während des Besuchs an, die Zusammenarbeit mit den Emiraten im Energiebereich weiter vorantreiben zu wollen. Man habe bereits eine ganze Reihe von Diesel- und Flüssiggasprojekten mit dem Golfstaat vorangebracht, sagte der SPD-Politiker in Abu Dhabi. Bei der Energieversorgung müsse man auf möglichst viele Anbieter setzen. Die Abhängigkeit von einem Lieferanten “wird uns sicherlich nicht wieder passieren”, erklärte Scholz.

    Laut der Vereinbarung vom Sonntag soll der emiratische Staatskonzern ADNOC ab 2023 monatlich auch bis zu 250.000 Tonnen Dieseltreibstoff nach Deutschland liefern. Die Vereinbarung darüber wurde mit dem niedersächsischen Energieunternehmen Hoyer geschlossen. dpa

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    Presseschau

    Neue Sanktionen: Keine EU-Bürger mehr an Spitze russischer Staatskonzerne RND
    EU-Ratspräsident Michel fordert Europa zur Aufnahme von geflüchteten Russen auf SPIEGEL
    EU will Klagen von KI-Opfern erleichtern FAZ
    Deutschland erhält Flüssiggas aus Emiraten TAGESSCHAU
    SPD kündigt Ende der Gasumlage an WELT
    Auf Druck aus der EU: Ungarn plant neue “Integritätsbehörde” SPIEGEL
    Gegen Bio-Pflicht und für günstiges Fleisch: Schweizer Massentierhaltungsinitiative abgelehnt DE
    Schweizer machen Weg für Rentenreform frei FAZ
    Hacker erbeuten in Portugal 1,5 Millionen Kundendaten FAZ

    Standpunkt

    Mit intermodalem Güterverkehr kann die EU ihre Klimaziele erreichen

    Ralf-Charley Schultze
    Mit intermodalem Güterverkehr kann die EU ihre Klimaziele erreichen: Zu sehen ist Ralf-Charley Schultze, Präsident  der International Union for Road-Rail Combined Transport (UIRR)
    Ralf-Charley Schultze ist Präsident der International Union for Road-Rail Combined Transport (UIRR)

    Der kombinierte Haus-Haus-Verkehr über Schienen, Straßen und Wasserwege ist die Zukunft des nachhaltigen gewerblichen Transports in Europa. Durch diese intelligente und nahtlose Verknüpfung der drei klassischen Verkehrsträger lassen sich Treibhausgasemissionen – im Vergleich zu einem vollständigen Langstreckentransport per Lkw – um bis zu 90 Prozent reduzieren und die Energieeffizienz um bis zu 70 Prozent steigern. 

    Dank dieser Vorzüge kann der kombinierte Güterverkehr entscheidend dazu beitragen, die ambitionierten Klimaziele der EU zu erreichen und den CO₂-Ausstoß bis 2030 um 55 Prozent zu reduzieren. Ein maßgeblicher Grund: Beim intermodalen Transport müssen die Güter selbst nicht umgeladen werden. Stattdessen wechselt nur die Ladeeinheit (Container, Wechselbrücke oder Sattelauflieger) den Verkehrsträger: zum Beispiel vom Kurzstrecken-LKW auf die klimaschonende Langstrecken-Schienenverbindung und wieder zurück.

    Dieses enorme Potenzial des kombinierten Haus-Haus-Güterverkehrs ist kein ferner Zukunftstraum, sondern gelebte Praxis. So existiert zum Beispiel seit dem 12. September 2022 dreimal pro Woche eine mehr als 2000 Kilometer lange durchgehende Schienenverbindung vom intermodalen Terminal Barcelona über Duisburg nach Polen zu den dortigen Umlade-Terminals Poznań beziehungsweise Łódź und wieder zurück.

    Schon länger und noch häufiger verkehren die kombinierten Gütertransporte zwischen Luxemburg und dem südfranzösischen Le Boulou (25 Mal pro Woche), Triest (zwölfmal), Lyon (sechsmal), Antwerpen, Kiel und Rostock (dreimal) sowie Valenton (einmal). Dabei ist allein der Güterzug nach Le Boulou bis zu 850 Meter lang und transportiert bis zu 60 Sattelauflieger. Schon heute überqueren fast 90 Prozent der intermodalen Güterzüge mindestens eine Grenze und legen dabei im Schnitt circa 920 Kilometer zurück. Damit ist der kombinierte Verkehr die dominierende Form des grenzüberschreitenden Güterfernverkehrs in Europa. 

    Infrastruktur für Schiene verbessern

    Ein wichtiger Zeitpunkt, um den intermodalen Güterverkehr entscheidend voranzubringen, sind die derzeit laufenden EU-Verhandlungen zur Überarbeitung der Verordnung über Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-V). Da sich laut Green Deal der Marktanteil des Schienengüterverkehrs bis 2050 verdoppeln soll, muss die hierfür erforderliche Infrastruktur deutlich besser funktionieren als bisher.

    Vor diesem Hintergrund begrüßen wir die Pläne der EU-Kommission, die Eisenbahninfrastruktur entsprechend anzupassen. Geplant sind unter anderem:

    • eine verbindliche Infrastruktur für Zuglängen von 740 Metern,
    • ein größeres Transportgewicht (bis 2000 Tonnen brutto; 22,5 Tonnen Achslast),
    • das Lichtraumprofil P400,
    • eine bessere Pünktlichkeit (90 Prozent der Züge sollen nicht mehr als fünf Minuten Verspätung haben),
    • das Überqueren einer EU-Binnengrenze innerhalb von 15 Minuten
    • und vor allem die Modernisierung der bestehenden intermodalen Umschlagterminals beziehungsweise der Neubau von Terminals zum Ausbau der Kapazitäten.

    Um diese Pläne zu verwirklichen, ist es erforderlich, dass die EU-Mitgliedsstaaten und das Europäische Parlament diesen von der Europäischen Kommission geplanten Ausbau der Verkehrsinfrastruktur zugunsten des intermodalen Güterverkehrs unterstützen. Dies war in der Vergangenheit leider nicht immer der Fall.

    Obwohl die Verlagerung des Gütertransports von der Straße auf die Schiene schon seit 2001 ein klares politisches Ziel der Europäischen Union ist, stieg seither der Marktanteil des Straßengüterverkehrs auf circa 76 Prozent – etwa die Hälfte davon im Güterfernverkehr. Mit der unerfreulichen Folge, dass das Verkehrssegment seine CO₂-Emissionen – als einziger europäischer Wirtschaftszweig – erhöht hat. Wenn die EU ihre Energie- und Klimaziele erreichen will, muss dieser Trend nicht nur gestoppt, sondern umgekehrt werden. 

    “Energiezüge” sollen bevorzugt werden

    Hier könnte sich die EU an einer aktuellen Verordnung der deutschen Bundesregierung orientieren: Die Mitte September veröffentlichte Energiesicherungstransportverordnung (EnSiTrV) räumt Güterzügen, die Kohle, Öl und Flüssiggas transportieren, im Schienenverkehr absoluten Vorrang ein, um mit diesen “Energiezügen” die Versorgungslücke auszugleichen, die durch den Wegfall des russischen Pipeline-Gases entstanden ist. Auch zahlreiche intermodale Güterzüge sind derzeit in Deutschland als “Energiezüge” unterwegs, indem sie zum Beispiel verflüssigtes Gas in Tank-Containern befördern. Es wäre daher ein wichtiger Schritt, wenn die EU auch die intermodalen Güterzüge als “Energiezüge” anerkennen und sie bevorzugt auf dem Gleisnetz verkehren lassen würde.

    Fazit: Der kombinierte Haus-Haus-Verkehr ist ein doppelt positiver Einflussfaktor für die Realisierung der EU-Beschlüsse zur Eindämmung der globalen Erwärmung. Er ermöglicht zum einen, Gütertransporte auf energieeffiziente und CO₂-arme Verkehrsmittel zu verlagern und zum anderen, den Verbrauch von Diesel im Güterverkehr und die Logistik deutlich zu verringern. Außerdem entlastet der intermodale Verkehr die überforderten Straßen und ihre Anwohner, er erhöht die Arbeitseffizienz, denn ein Lokführer kann im Fernverkehr bis zu 50 LKW-Fahrer ersetzen. Und der intermodale Verkehr schafft Arbeitsplätze mit einer hohen Wertschöpfung sowie einer angemessenen Work-Life-Balance in jedem Glied der Transportkette.

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    Europe.Table Redaktion

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