Table.Briefing: Europe

Habecks Klimapläne + CBAM-Berichtsentwurf + David Sassoli

  • Eröffnungsbilanz Klimaschutz: Europa in Habecks Plänen
  • CBAM-Berichtsentwurf: Industrie entsetzt
  • DMA: Trilog gestartet, Apple im Visier von Telekom-Firmen
  • Bitkom beklagt verschärften Fachkräftemangel
  • Polens Regierung ergreift Maßnahmen gegen Inflation
  • Nobian und Vulcan Energy erwägen gemeinsame Lithiumanlage
  • China-Streit: Taiwan legt Programm für litauische Firmen auf
  • David Sassoli: Ein “leidenschaftlicher Europäer”
Liebe Leserin, lieber Leser,

der gestrige Tag begann mit einer traurigen Nachricht: In der Nacht zu Dienstag ist EU-Parlamentspräsident David Sassoli verstorben. Sein Tod sorgte für Bestürzung in Brüssel und weit darüber hinaus – vor allem in Sassolis Heimatland Italien. “È un giorno triste per l’Europa”, ein trauriger Tag für Europa, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Eric Bonse blickt in seinem Nachruf auf Sassolis Laufbahn und seine Rolle im EU-Betrieb zurück. 

Es sind nicht die besten Nachrichten, die Robert Habeck bei der Vorstellung der Eröffnungsbilanz Klimaschutz verkündete. Die CO2-Emissionen seien nicht stark genug gesunken, der Ausbau der Erneuerbaren zu langsam vorangegangen, so der Wirtschafts- und Klimaschutzminister. Man wolle das Tempo beim Klimaschutz nun verdreifachen. Dabei setzt die Bundesregierung voll auf die EU, wie Lukas Scheid analysiert. 

Die Einführung eines CO2-Grenzausgleichs für Importgüter (CBAM) gehört zu den umstrittensten Maßnahmen im Rahmen des Fit-for-55-Pakets. Kritiker bezweifeln, dass sich der “Klimazoll” WTO-konform umsetzen lässt, fürchten Handelskonflikte mit Partnerländern und ein hohes Risiko für Carbon Leakage durch den Wegfall der Gratis-Zuteilung von Emissionsrechten. Geht es nach den Forderungen des CBAM-Berichterstatters im EU-Parlament, soll diese sogar noch erheblich früher auslaufen als von der Kommission vorgesehen. Umweltschützer begrüßen die Vorschläge, doch unter Industrieverbänden gibt es einen Aufschrei. Die Details hat Timo Landenberger.

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Sarah Schaefer
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Analyse

Eröffnungsbilanz Klimaschutz: Europa in Habecks Plänen

Am Dienstag hat Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck “vielleicht letztmalig”, wie er selbst sagte, in den Rückspiegel geschaut. Bei der Vorstellung der Eröffnungsbilanz Klimaschutz skizzierte er den derzeitigen Rückstand bei den Bemühungen, Emissionen bei der Energieversorgung, in der Industrie, im Gebäudesektor sowie im Verkehr zu reduzieren. Zwischen 2010 und 2020 seien die CO2-Emissionen jährlich um 15 Millionen Tonnen gesunken. Zu wenig: Denn bis 2030 sei eine Reduktion von 36 bis 41 Millionen Tonnen pro Jahr erforderlich, um die Klimaschutzziele zu erreichen, so Habeck.

Auch der Ausbau der erneuerbaren Energien ist dem Vizekanzler bisher zu langsam vorangegangen. Man habe 30 Jahre gebraucht, um einen Anteil der Erneuerbaren am Bruttostromverbrauch von derzeit etwa 40 Prozent zu erreichen. Bis zum Ende des laufenden Jahrzehnts will Deutschland allerdings bei 80 Prozent sein – gemessen am deutlich höheren erwarteten Strombedarf 2030.

Habecks Bilanz ist allerdings keine reine Abrechnung mit der Klimapolitik der vergangenen Dekaden, sondern bildet vielmehr die Größenordnung der anstehenden Aufgaben dieser Legislatur ab. Sie gibt die Richtung zweier Maßnahmenpakete an, die zu Ostern und im Sommer kommen sollen, um rechtzeitig vor Jahresende alle Gesetzgebungs- und Prüfungsinstanzen abzuschließen, etwa notwendige Notifizierungen auf EU-Ebene. Bereits 2023 sollen beide Maßnahmenpakete in Kraft treten.

Das Tempo beim Klimaschutz will er darin verdreifachen und schließt auch Anpassungen am deutschen Klimaschutzgesetz nicht aus. Doch die Bundesregierung setzt auch auf die schnelle Umsetzung des Green Deal. Mit den Maßnahmen des Fit-for-55-Pakets sollen fossile Energieträger durch hohe CO2-Preise unwirtschaftlich werden. In dem 37 Seiten langen Bericht des BMWK wird deshalb eine ambitionierte Reform des ETS gefordert. Grundsätzlich könnte Deutschland eine Schlüsselrolle bei den Fit-for-55-Dossiers einnehmen, heißt es in dem Papier.

Noch nicht genügend Energieimporte

Zudem fordert Habeck ein integriertes europäisches Stromnetz. Europa würde schneller bei der Energiewende vorankommen, wenn das Netz besser wäre, sagte er. Jeder müsse dabei seinen Beitrag leisten. Dazu seien auch Stromimporte und -exporte notwendig – davon gebe es noch nicht genug, so der Minister. Dabei denkt er allerdings nicht an französischen Atomstrom oder polnischen Kohlestrom – den werde man nicht brauchen -, sondern vielmehr an Energiepartnerschaften wie das deutsch-norwegische Stromkabel Nordlink.

Aktuell sei Deutschland Netto-Stromexporteur, ergänzte Staatssekretär Patrick Graichen. Durch den Atomausstieg Ende 2022 werde die Bilanz im kommenden Jahr voraussichtlich ausgeglichen sein. Angewiesen auf Energieimporte aus dem Ausland wäre Deutschland trotz seiner Klimaschutzpläne demnach nicht.

Ausbau der erneuerbaren Energien

Um bis 2030 einen Anteil von 80 Prozent erneuerbarer Energie (etwa 715 Terawattstunden) zu erreichen, müssen allerdings eine Vielzahl neuer Anlagen zugebaut werden. 2021 gab es laut dem BMWK sogar einen Rückgang der Erneuerbaren-Kapazität. Damit der Ausbau der erneuerbaren Energien also schneller als zuletzt vorangeht, soll er als “im überragenden öffentlichen Interesse und der öffentlichen Sicherheit” klassifiziert werden. So sollen schneller Flächen für Solar- und Windkraftanlagen entstehen. Das 2-Prozent-Ziel für Windkraft soll für alle Bundesländer gleichermaßen gelten (Europe.Table berichtete). Allerdings schloss Habeck nicht aus, dass ein Land, das die eigenen Ziele verfehlt, den entsprechenden Anteil von einem anderen Land kompensieren lassen kann.

Vom Ausbau der erneuerbaren Energien soll langfristig auch die Industrie profitieren, die mit kostengünstigem, von Umlagen befreitem Ökostrom versorgt werden soll. Sie zu dekarbonisieren, gilt als eine der größten Herausforderungen. Im Vergleich zum Corona-Krisenjahr 2020 wurden 2021 voraussichtlich 30 Millionen Tonnen mehr prozessbedingte Emissionen ausgestoßen.

Wasserstoff für eine emissionsarme Industrie

Flankiert werden soll der Ausbau durch eine überarbeitete Wasserstoffstrategie und zusätzliche Förderprogramme, damit vor allem die emissionsintensiven Industrien künftig mit grünem Wasserstoff produzieren können. Bis 2030 sollen 10 Gigawatt an Elektrolyseuren zugebaut, der Import von Wasserstoff soll ausgeweitet und die Netzinfrastruktur aufgebaut werden, für eine “verlässliche und insgesamt effiziente Versorgung”, heißt es. Bei der schnellen Umsetzung sollen auch sogenannte Wasserstoff-IPCEIs (Important Projects of Common European Interest) (Europe.Table berichtete) und CO2-Differenzverträge (Carbon Contracts for Difference) helfen.

Grüner Wasserstoff soll nach dem Atom- und Kohleausstieg in einem dritten Schritt auch den Gasausstieg ermöglichen. Dazu müsse jedoch die “zur Wahrung der Versorgungssicherheit benötigte gesicherte Leistung” bereitstehen und das Ende der Erdgasnutzung “gesellschaftlich breit akzeptiert und regulatorisch rechtssicher” sein, heißt es. Entsprechend soll auch das Strommarktdesign angepasst werden. Wie die Anpassungen aussehen können, soll eine neu geschaffene Plattform “Klimaneutrales Stromdesign” erörtern.

Wohnen und Mobilität: Sinkende Energiepreise, weniger Emissionen

Durch den Ausbau der erneuerbaren Energien und der Abschaffung der EEG-Umlage ab 2023 sollen auch private Haushalte entlastet werden. Heizkosten sollen sinken, die Energieeffizienz erhöht werden und 50 Prozent der Wärmeenergie sollen bis 2030 klimaneutral hergestellt werden. In einer neuen “Gebäudestrategie Klimaneutralität” will die Bundesregierung diese Ziele verankern. Auch das Gebäudeenergiegesetz will das Wirtschafts- und Klimaministerium gemeinsam mit dem neu gegründeten Bundesbauministerium unter der Sozialdemokratin Klara Geywitz überarbeiten, um Neubauten und Sanierungen den Klimazielen anzupassen.

Auch der Verkehrssektor gilt als besonders schwer zu dekarbonisieren. Mit voranschreitender Elektrifizierung und der Energieversorgung durch Erneuerbare plant die Bundesregierung, die Emissionen auf 85 Millionen Tonnen im Jahr 2030 zu reduzieren. Im Vergleich zu 2019 wäre das eine Halbierung. Das im Koalitionsvertrag festgelegte Ziel von 15 Millionen E-Autos bis 2030 soll vom Ausbau der Ladeinfrastruktur begleitet werden – eine Million Ladepunkte bis 2030. Ab 2025 müssten dafür 100.000 Ladepunkte jährlich zu den bereits bestehenden oder geplanten hinzukommen.

Fahrzeuge, die nachweisbar ausschließlich mit E-Fuels betankt werden können, sollen zudem auch nach dem diskutierten Verbrenner-Aus zugelassen werden können (Europe.Table berichtete). Dies würde allerdings eine Berücksichtigung von E-Fuels (Europe.Table berichtete) bei den CO2-Grenzwerten der EU voraussetzen. Die Kommission hatte eine solche Ausnahme in ihrem Vorschlag nicht vorgesehen und auch im Berichtsentwurf des Berichterstatters Jan Huitema wurden E-Fuels nicht berücksichtigt (Europe.Table berichtete).

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    CBAM-Berichtsentwurf: Industrie entsetzt

    Das Fit-for-55-Klimapaket nimmt zusehends Gestalt an. Noch in diesem Jahr soll ein Großteil der Maßnahmen beschlossen sein (Europe.Table berichtete). Das ist ambitioniert, stehen doch komplizierte Verhandlungen über die teils heftig umstrittenen Vorhaben ins Haus.

    Einen Vorgeschmack liefert der geplante CO2-Grenzausgleich für Importe (CBAM), der bereits in den vergangenen Monaten für etliche Kontroversen in der EU gesorgt hatte. Vergangene Woche hatte der Berichterstatter des EU-Parlaments, Mohammed Chahim (S&D), nun seinen Entwurf vorgelegt (Europe.Table berichtete) – und mit seinen teils weitreichenden Änderungsvorschlägen die Debatte befeuert.

    Demnach will Chahim den CBAM schneller einführen als von der Kommission vorgesehen und die geplante Übergangsphase von drei Jahren auf zwei verkürzen. Daneben fordert Chahim, die Zuteilung der Zertifikate bereits im Jahr 2025 auf 90 Prozent, 2026 auf 70 Prozent und 2027 auf 40 Prozent zu senken. Bis Ende 2028 soll die Vergabe kostenloser Zertifikate ganz auslaufen – und damit sieben Jahre früher als von der Kommission geplant.

    Die Industrie reagiert entsetzt auf die Forderungen. So bedeute die Abschmelzung der freien Emissionszertifikate bereits per se eine erhebliche Mehrbelastung für die Unternehmen in der Transformation, was die Umstellung auf CO2-arme Verfahren massiv erschwere, kritisiert etwa die Wirtschaftsvereinigung Stahl. “Wenn es bereits ab 2028 keine freie Zuteilung mehr geben würde, droht sich diese Situation noch weiter zu verschärfen”, sagt WV-Stahl-Präsident Jürgen Kerkhoff zu Europe.Table. “Um Experimente auf Kosten der Wettbewerbsfähigkeit der Stahlindustrie zu vermeiden, sollten neue Instrumente umfangreich getestet werden und in diesem Zeitraum die bereits etablierten und zielführenden Wege für Carbon-Leakage-Schutz erhalten bleiben.”

    CO2 Grenzausgleich für Importe – keine Lösung für EU-Exporte

    Auch der Verband der Chemischen Industrie (VCI) äußert sich ablehnend: “Das würde sowohl Chemiekunden im EU-Binnenmarkt zusätzlich belasten als auch unsere Exportchancen auf dem Weltmarkt erheblich beeinträchtigen, da Exporte aus der EU dadurch mit höheren Klimaschutzkosten belastet würden, die unsere weltweite Konkurrenz nicht hat”, so Jörg Rothermel, Abteilungsleiter Energie und Klimaschutz. Schließlich sehe der CBAM bislang keine Lösung für Exporte vor.

    Nach VCI-Einschätzung wären viele weitere Schritte nötig, für die es noch keine konkrete Ausgestaltung gebe. Dazu zählten Emissionsmeldungen ausländischer Werke, die Abwicklung an der Grenze durch den Zoll oder die Verifizierung der Angaben. Bei überhasteter Einführung bestehe außerdem eine große Gefahr, dass Importeure die CBAM-Vorgaben umgehen könnten und damit kein Schutz mehr auf dem europäischen Markt bestehe.

    Peter Liese, umweltpolitischer Sprecher der CDU/CSU im EU-Parlament, bezeichnet die Annahme Chahims als “naiv”, dass der CO2-Grenzausgleich ohne Probleme so schnell funktionieren könne. Der vorsichtigere Ansatz der Kommission sei hier vernünftiger: “Unter dem Strich sehe ich ein großes Risiko von Carbon Leakage, falls die Pläne so umgesetzt werden”, so Liese. Chahim habe ihm jedoch mehrfach versichert, dass er seine Vorschläge nur als Ausgangsbasis der Diskussion ansehe. “Deswegen bin ich sehr optimistisch, dass wir ihn von seinen überambitionierten Plänen im Lauf der Verhandlungen abbringen können.”

    CBAM-Absicherung im ETS

    Der CDU-Abgeordnete fürchtet jedoch, dass der Schutz vor Carbon Leakage selbst dann ausgehöhlt wird, wenn der Kommissionsvorschlag unverändert angenommen wird. Liese ist Berichterstatter des EU-Parlaments für die eng mit dem CBAM verknüpfte Revision des Emissionshandels (ETS). Seinen Berichtsentwurf will der CDU-Abgeordnete am Freitag vorstellen.

    Liese kündigte aber bereits an, eine Art CBAM-Absicherung in das ETS mit aufnehmen zu wollen: Demnach sollen Emissionszertifikate, die in Folge der CBAM-Einführung nicht mehr kostenlos an die Industrie ausgegeben werden, nicht gelöscht, sondern für ein Jahr als Reserve zurückgelegt werden. “Für den Fall, dass der CBAM nicht oder nicht ausreichend funktioniert, könnten diese Zertifikate an die betroffenen Unternehmen verteilt werden, um Carbon Leakage zu verhindern”, erklärt Liese.

    Für die Umweltorganisation Germanwatch hingegen ist ein schnelleres Ende der Gratis-Zuteilungen ein “wichtiger Fortschritt. Erst durch die vollständige Versteigerung der CO2-Zertifikate erhalten Unternehmen einen hinreichenden Anreiz ihre Produktion klimafreundlich umzubauen”, sagt Anne Gläser, Referentin für CO2-Preise bei Germanwatch. Eine längere Übergangszeit berge das Risiko, dass die europäische Schwerindustrie die Transformation verschlafe.

    Auch Michael Bloss, umweltpolitischer Sprecher der Grünen in Brüssel und ETS-Schattenberichterstatter, ist überzeugt: “Das Instrument wird durch längeres Warten nicht besser.” Ein früherer Zeitpunkt der Einführung sei deshalb denkbar.

    Geltungsbereich des EU-CO2-Grenzausgleichs soll ausgeweitet werden

    In seinem Berichtsentwurf fordert Mohammed Chahim außerdem, den Geltungsbereich des CBAM auf organische Chemikalien, Wasserstoff und Polymere auszuweiten. Für den VCI undenkbar: “Wir plädieren dafür, dass die chemische Industrie zumindest in der ersten Phase ganz von den CBAM ausgenommen wird. Keinesfalls darf es eine Ausweitung auf große Teile der Chemie geben, wie vom Berichterstatter vorgeschlagen. Das würde die Probleme für unsere Branche erheblich vergrößern”, so Rothermel.

    Und auch die WV Stahl ist skeptisch, insbesondere bei der Ausweitung auf Wasserstoff. “Um den hohen Bedarf decken zu können, wird die Industrie auch auf Importe angewiesen sein. Eine zu strenge Regulierung darf die Versorgung mit Wasserstoff nicht verhindern und damit die Transformation ausbremsen”, sagt Kerkhoff.

    Wasserstoff wäre allerdings nur dann vom CBAM betroffen, wenn die Herstellung mit fossilen Energieträgern erfolgt. “H2 in den CBAM einzufügen, ist meines Erachtens ein Signal an die Handelspartner, sich auf grünen Wasserstoff zu konzentrieren, um eine CO2-Grenzabgabe zu vermeiden”, sagt Susanne Dröge, CBAM-Expertin bei der Stiftung Wissenschaft und Politik. (Ein Interview mit Susanne Dröge finden Sie in der morgigen Ausgabe von Europe.Table.)

    Unterstützung ärmerer Partnerländer

    Für Kontroversen sorgt auch die Frage nach der Verwendung der Einnahmen aus dem Grenzausgleich und der Unterstützung ärmerer Handelspartner bei der grünen Transformation. Laut Berichtsentwurf sollen ausschließlich Least Developed Countries unterstützt werden, also die ökonomisch ärmsten Staaten der Welt. Für Michael Bloss ein Schritt in die richtige Richtung: “Das Instrument soll der grünen Transformation dienen und kein neues Instrument sein, um die Budgets von industrialisierten Ländern in Europa aufzubessern.”

    Ein großer Teil der Einnahmen aus dem CO2-Grenzausgleich soll dennoch in den EU-Haushalt und die Verwaltung des CBAM fließen. Nach Ansicht von Germanwatch das falsche Signal. Vielmehr müsse der größte Teil der Einnahmen sowie weitere Finanzmittel an Partnerländer mit mittlerem und niedrigem Einkommen fließen. “Das ist entscheidend, um das Instrument raus aus der konfrontativ-protektionistischen Ecke zu holen und in ein eher kooperatives Mittel zu verwandeln”, sagt Anne Gläser von Germanwatch.

    Zu den am meisten vom CO2-Grenzausgleich betroffenen Staaten zählen unter anderem die Ukraine und die Türkei. Für sie sieht der Vorschlag keine Unterstützung vor. Die EU sollte jedoch “gerade die Industrien der besonders vom CO2-Grenzausgleich betroffenen Staaten auf dem Weg Richtung Klimaneutralität unterstützen”, so Gläser.

    Der CBAM bringe nicht ausreichend Geld ein, um damit die Dekarbonisierung im Ausland zu refinanzieren, hält Dröge dagegen. Länder wie die Türkei oder die Ukraine könnten das Geld selbst erheben, “indem sie einen CO2-Preis einführen oder den vorhandenen erhöhen, welchen sie dann auf den CBAM anrechnen lassen können”. Least Developed Countries könnten dies nicht so einfach, da es dortigen Regierungen meist an der Governance fehle.

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      DMA: Trilog gestartet, Apple im Visier von Telekom-Firmen

      Die Vertreter von Europaparlament, Rat und Kommission sind am Dienstag zum ersten Trilog zum Digital Markets Act zusammengekommen. Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager sprach anschließend von “einem sehr guten Treffen”. Es gebe ein gemeinsames Verständnis, den großen Digitalkonzernen mehr Verantwortung zu übertragen. Auch aus dem Europaparlament hieß es, die Positionen lägen nicht weit auseinander.

      In der etwa zweistündigen Runde wurden dem Vernehmen nach die wichtigsten Differenzen angesprochen, ohne bereits Kompromisse auszuloten. So will das Europaparlament erreichen, dass die Kommission den großen Plattformen wie Google und Facebook personalisierte Werbung für bestimmte Nutzergruppen wie Minderjährige untersagen kann. Zudem soll sie die Unternehmen dazu zwingen können, in ihre sozialen Netzwerke und Messengerdienste Schnittstellen zu Konkurrenzangeboten einzubauen.

      Die Abgeordneten um Berichterstatter Andreas Schwab (CDU/EVP) wollen überdies die Schwelle höher ansetzen als Rat und Kommission, ab der Unternehmen als “Gatekeeper” unter den DMA fallen. Und schließlich drängen die Abgeordneten darauf, der Kommission mehr Befugnisse zu geben, um den Konzernen sogenannte Killerakquisitionen zu untersagen.

      Der zweite Trilog ist für Mitte Februar angesetzt, der dritte für den 29. März. Dort will die französische Ratspräsidentschaft die Verhandlungen möglichst bereits abschließen.

      Unternehmen wollen per DMA Apple-Feature Private Relay unterbinden

      Einen möglichen Anwendungsfall für den DMA haben die Telekommunikationsanbieter bereits ausgemacht. Mehrere Unternehmen hatten im Herbst der EU-Kommission aufgrund von Apples neuem Feature Private Relay geschrieben. Nutzer des Angebots iCloud+ können mit Private Relay ab iOS-Version 15 ihre Webseitenverkehre über ein von Apple und Drittfirmen betriebenes System umleiten lassen, sodass ihre Verkehrsdaten für Dritte nicht erkennbar sind.

      Apple würde damit “Netzwerke und Server vom Zugriff auf lebenswichtige Netzwerkdaten und Metadaten abschneiden”, zitiert der britische “Telegraph” aus dem Schreiben von Telekom, Orange, Telefónica und Vodafone. Dies könne andere Anbieter von Märkten abschneiden, argumentieren sie. Die Unternehmen stellen in den Raum, dass Apple solche Dienste nach Inkrafttreten des DMA als Gatekeeper untersagt werden könnten.

      Die EU-Kommission bestätigte auf Anfrage den Eingang des Briefes im vergangenen Jahr. Seitdem habe es Gespräche mit den Telekommunikationsanbietern und Apple gegeben. Während die Anbieter in den USA die Datenverkehre ihrer Kunden legal auswerten dürfen und damit erhebliche Einnahmen erzielen, ist dies unter der E-Privacy-Richtlinie in der EU nur im Ausnahmefall möglich.

      Bereits heute gibt es eine Vielzahl von Anonymisierungsdiensten für die Internetnutzung. Allerdings werden diese nur wenig genutzt – dies könnte das Interesse an Apples Angebot aufgrund der einfachen Integration in die eigene Softwareumgebung deutlich erhöhen. Die Dienste sind dabei immer wieder Gegenstand von Kritik der Strafverfolgungsbehörden. Im Kontext der anstehenden EU-Gesetzgebung zur Bekämpfung von Darstellungen sexuellen Kindesmissbrauchs (Europe.Table berichtete) hat sich auch die Generaldirektion Innen (DG Home) mit Apples neuem Feature Private Relay auseinandergesetzt. fst/tho

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        Bitkom beklagt verschärften Fachkräftemangel

        Der Mangel an IT-Experten verschärft sich nach Einschätzung der deutschen Digitalwirtschaft massiv und droht das Wachstum der Branche auszubremsen. Derzeit seien 96.000 Stellen für IT-Fachkräfte unbesetzt, sagte Bitkom-Präsident Achim Berg am Dienstag bei einer Pressekonferenz. Die Zahl werde 2022 auf deutlich über 100.000 steigen.

        Der deutsche Markt für IT, Telekommunikation und Unterhaltungselektronik wird laut Bitkom dieses Jahr um 3,6 Prozent auf 184,9 Milliarden Euro zulegen. Ohne den Mangel an IT-Fachkräften wäre möglicherweise ein Prozent mehr drin, so der Bitkom-Präsident. “Wir haben ein riesiges Problem”, betonte der Verbandspräsident.

        Bitkom: Mangel an IT-Fachkräften & Lieferengpässe

        Auch Lieferengpässe belasten die Branche (Europe.Table berichtete), wobei vor allem Halbleiter für einfache Anwendungen fehlen, wie Berg erklärte. So gebe es Anekdoten, nach denen eine Firma bereits zu Hunderten Kühlschränke aufgekauft und die darin enthaltenen Chips ausgebaut und in höherwertige Produkte eingebaut habe, sagte der Verbandspräsident.

        Corona betrachtet Bitkom dagegen als Herausforderung und Chance zugleich. So wuchs das Umsatzvolumen 2021 um 3,9 Prozent auf 178,4 Milliarden Euro, was Bitkom vor allem auf das gute Geschäft mit IT-Hardware und Software zurückführte.

        Deutschlands Anteil an den weltweiten Ausgaben für Informations- und Kommunikationstechnik liege 2022 voraussichtlich bei 3,9 Prozent, rechnete Bitkom vor. Er gehe von Jahr zu Jahr zurück, weil die Investitionen und Ausgaben in anderen Ländern schneller wachsen würden.Wachstumsspitzenreiter sind demnach Indien (+9,1 Prozent) und China (+5,3 Prozent). rtr

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          Polens Regierung ergreift Maßnahmen gegen Inflation

          Polen wird den Mehrwertsteuersatz auf Gas, Lebensmittel und Benzin als Teil eines zweiten Maßnahmenpakets zur Abfederung der Inflation absenken, kündigte Premierminister Mateusz Morawiecki am Dienstag an. Es gehe darum, “so viel Geld wie möglich in den Brieftaschen der Polen zu lassen”, sagte er bei einer Pressekonferenz. Die Maßnahmen umfassen unter anderem die Absenkung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel und Gas auf null sowie deutliche Reduzierungen bei Benzin, Heizbrennstoffen und Elektrizität.

          Polens Premierminister Morawiecki sagte, die Maßnahmen gegen die Inflation würden den Staatshaushalt etwa 15 bis 20 Milliarden Zloty kosten (3,3 bis 4,4 Milliarden Euro). Die PiS-Regierung steht derzeit unter enormem Druck. Einerseits setzen die Energiepreise Unternehmen zu, andererseits hat das Wirtschaftsprogramm der Regierung, das für die meisten niedrigere Steuern versprach, im Januar zu niedrigeren Nettolöhnen bei einigen Gruppen geführt, etwa bei Lehrern. Dazu kommen Berichte über höhere Gaspreise für Schulen und Krankenhäuser, die teils ein Vielfaches der Preise vor einem Jahr bezahlen müssen.

          Der neuen Maßnahmen zur Inflationsbekämpfung enthalten zudem einen Vorschlag, wie der Gaspreis für Privathaushalte gedeckelt werden soll. Ökonomen erwarten, dass die Maßnahmen die Inflation in Polen in der ersten Jahreshälfte abfedern, in der zweiten Jahreshälfte jedoch weitere Preissteigerungen befeuern könnten. rtr

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            Nobian und Vulcan Energy erwägen gemeinsame Lithiumanlage

            Der Frankfurter Chemiekonzern Nobian und der australische Lithiumproduzent Vulcan Energy prüfen die gemeinsame Entwicklung einer Lithium-Anlage in Deutschland. Die Unternehmen hätten eine Absichtserklärung für eine offizielle Partnerschaft (MOU) unterzeichnet, teilte Vulcan Energy am Dienstag mit. Die Vereinbarung versetze Nobian in die Lage, ein führender Anbieter von Rohstoffen für die Batterieindustrie zu werden, sagte der Geschäftsführer von Nobian, Jürgen Baune. Das Unternehmen habe sich bereits einen Standort in Frankfurt für die kohlenstofffreie Lithiumanlage gesichert.

            Lithiumhydroxid ist eine wichtige Chemikalie für die Herstellung von Batterien für Elektrofahrzeuge. Auf dem deutschen Markt ist der australische Lithium-Förder über seine Tochtergesellschaft Vulcan Energie GmbH vertreten und hat sich zuletzt neue Exploratonslizenzen für die geothermische Energierzeugung und CO2-freie Lithiumherstellung im Oberrheingraben gesichert (Europe.Table berichtete). rtr

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              China-Streit: Taiwan legt Programm für litauische Firmen auf

              Taiwan legt ein Kreditprogramm in Höhe von einer Milliarde Dollar für das in einem Handelskonflikt mit China steckende Litauen auf. “Die Investitions- und Kreditfonds werden uns helfen, die Zusammenarbeit zu stärken”, sagte Taiwans Entwicklungs-Minister Kung Ming-hsin am Dienstag. Schwerpunkt soll auf den Bereichen Halbleiter, Biotechnologie, Satelliten, Finanzen und wissenschaftliche Forschung liegen. Taiwan hatte jüngst Pläne bekannt gegeben, einen separaten 200-Millionen-Dollar-Fonds einzurichten, um in Litauens Industrie zu investieren und den bilateralen Handel anzukurbeln. Litauen will im Frühjahr eine Handelsvertretung in Taiwan eröffnen.

              Hintergrund der Entwicklung ist ein sich verschärfender Streit mit China über die Entscheidung Litauens, Taiwan die Eröffnung einer De-facto-Botschaft zu erlauben. China betrachtet Taiwan aber als Teil der Volksrepublik. Der chinesische Zoll führe Litauen seither nicht mehr in seiner Liste der Ursprungsländer auf, hatte der litauische Industrieverband Anfang Dezember beklagt. Nun könnten keine Zollformulare für Ladungen aus Litauen eingereicht werden.

              Bundesregierung und deutsche Wirtschaft reagierten alarmiert auf den Streit, der auch hiesige Firmen wie Continental betrifft. Der Autozulieferer aus Hannover sei von der China aufgefordert worden, die Verwendung von in dem EU-Land Litauen hergestellten Bauteilen einzustellen, sagten zwei Insider jüngst der Nachrichtenagentur Reuters. rtr

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                David Sassoli: Ein “leidenschaftlicher Europäer”

                Der Präsident des Europaparlaments David Sassoli ist am Dienstag, wenige Tage vor Ende seiner Amtszeit, verstorben.
                David Sassoli ist am Dienstag, wenige Tage vor Ende seiner Amtszeit, verstorben.

                Er rief den Klima-Notstand aus, trieb den Green Deal voran und unterstützte den milliardenschweren Corona-Wiederaufbaufonds, der die EU aus der Krise holen soll. Doch die langfristigen Ergebnisse seiner Arbeit wird David Sassoli, der a des Europaparlaments, nicht mehr erleben.

                Am Dienstagmorgen ist Sassoli im norditalienischen Aviano gestorben – eine Woche vor dem Ende seiner zweieinhalbjährigen Amtszeit. Der 65-Jährige war zu Weihnachten ins Krankenhaus eingeliefert worden; er starb nach offiziellen Angaben an einer Störung des Immunsystems.

                David Sassoli, der der Partito Democratico angehörte, hatte das ä seit 2019 geleitet. Seine Amtszeit wäre Ende dieses Monats ausgelaufen, weil sich die Sozialdemokraten und die konservative Parteienfamilie EVP die fünfjährige Legislaturperiode beim Vorsitz teilen. Bereits im Herbst war Sassoli an einer schweren Lungenentzündung erkrankt.

                Die Nachricht vom Tod des beliebten, außerhalb Italiens aber wenig bekannten Politikers hat weit über Brüssel hinaus für Bestürzung gesorgt. “Sassoli war ein Symbol für Ausgewogenheit, Menschlichkeit und Großzügigkeit”, sagte Italiens Ministerpräsident Mario Draghi in Rom.

                “Heute ist ein trauriger Tag für Europa”, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Die EU verliere einen “leidenschaftlichen Europäer, einen überzeugten Demokraten und einen guten Menschen”, so die CDU-Politikerin. Sassolis Lächeln werde ihr fehlen.

                Seine Wahl war eine Überraschung

                Allerdings waren die Beziehungen zwischen den beiden EU-Chefs zuletzt eher frostig. Weil von der Leyen nicht energisch genug gegen Rechtsstaatsverstöße in Ungarn und Polen vorgehe, hat das Parlament eine Untätigkeitsklage vor dem Europäischen Gerichtshof eingeleitet – eine Premiere.

                Auch der Beginn der Zusammenarbeit, der ganz im Zeichen von Klimakrise und Corona-Pandemie stand, war nicht einfach. Sassoli, der bei der Europawahl 2019 ein drittes Mandat gewonnen hatte, sah sich als Gegenspieler der Kommissionspräsidentin, die vom Rat ernannt worden war. “Ich war nicht auf der Liste der EU-Leader, ich bin kein Produkt des Rats”, sagte Sassoli in einem Interview mit “Politico”. Im Gegensatz zu von der Leyen sei er aus einem demokratischen Prozess hervorgegangen. Allerdings war seine Wahl 2019 selbst für Insider eine Überraschung.

                Als Favorit galt Sergei Stanishev, der Chef der Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE). Sassoli hatte kaum jemand auf dem Zettel. Doch der studierte Politikwissenschaftler, der später als Journalist und “Anchorman” im italienischen Fernsehen arbeitete, setzte sich durch.

                Als engagierter Katholik war er auch für Konservative wählbar. Sein verbindlicher Stil machte ihn zu einem idealen Kompromisskandidaten. Geschätzt wurde Sassoli auch für sein rhetorisches Talent. Seine Antrittsrede war ein flammender Appell gegen den Nationalismus.

                Übermacht des Rates

                Im Gegensatz zu seinem Amtsvorgänger Martin Schulz (SPD) konnte Sassoli jedoch kaum eigene Akzente setzen. Dies lag an der Übermacht des Rates, der mehr denn je die EU-Geschäfte bestimmt, – aber auch an der Corona-Pandemie, die die Arbeit des Europaparlaments massiv behindert.

                In den vergangenen Monaten verlor David Sassoli mehr und mehr die Kontrolle über das Europaparlament. Er spielte zwar mit dem Gedanken, für eine zweite Amtszeit zu kandidieren, um die verlorene Zeit nachzuholen. Doch seine Pläne wurden nicht zuletzt von den eigenen Genossen durchkreuzt. Die Sozialdemokraten ließen sich auf die im Parlament üblichen Händel mit der EVP ein und schnürten ein neues Personalpaket für die zweite Halbzeit der Legislaturperiode, die im Februar beginnt. 

                Demnach soll die erzkonservative EVP-Politikerin Roberta Metsola aus Malta die Leitung des Europaparlaments übernehmen. Sie trat bereits am Dienstag geschäftsführend ihr neues Amt an. Im Gegenzug könnte der konservative deutsche Generalsekretär Klaus Welle (CDU) den Rückzug antreten.  

                Die letzten Details des Personalpakets sollen noch diese Woche geklärt werden. Die offizielle Wahl Metsolas ist dann bei der Plenarsitzung des Europaparlaments in der kommenden Woche in Straßburg geplant. Zuvor soll es am Montag eine Gedenkzeremonie für Sassoli geben. Eric Bonse

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                    • Eröffnungsbilanz Klimaschutz: Europa in Habecks Plänen
                    • CBAM-Berichtsentwurf: Industrie entsetzt
                    • DMA: Trilog gestartet, Apple im Visier von Telekom-Firmen
                    • Bitkom beklagt verschärften Fachkräftemangel
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                    • David Sassoli: Ein “leidenschaftlicher Europäer”
                    Liebe Leserin, lieber Leser,

                    der gestrige Tag begann mit einer traurigen Nachricht: In der Nacht zu Dienstag ist EU-Parlamentspräsident David Sassoli verstorben. Sein Tod sorgte für Bestürzung in Brüssel und weit darüber hinaus – vor allem in Sassolis Heimatland Italien. “È un giorno triste per l’Europa”, ein trauriger Tag für Europa, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Eric Bonse blickt in seinem Nachruf auf Sassolis Laufbahn und seine Rolle im EU-Betrieb zurück. 

                    Es sind nicht die besten Nachrichten, die Robert Habeck bei der Vorstellung der Eröffnungsbilanz Klimaschutz verkündete. Die CO2-Emissionen seien nicht stark genug gesunken, der Ausbau der Erneuerbaren zu langsam vorangegangen, so der Wirtschafts- und Klimaschutzminister. Man wolle das Tempo beim Klimaschutz nun verdreifachen. Dabei setzt die Bundesregierung voll auf die EU, wie Lukas Scheid analysiert. 

                    Die Einführung eines CO2-Grenzausgleichs für Importgüter (CBAM) gehört zu den umstrittensten Maßnahmen im Rahmen des Fit-for-55-Pakets. Kritiker bezweifeln, dass sich der “Klimazoll” WTO-konform umsetzen lässt, fürchten Handelskonflikte mit Partnerländern und ein hohes Risiko für Carbon Leakage durch den Wegfall der Gratis-Zuteilung von Emissionsrechten. Geht es nach den Forderungen des CBAM-Berichterstatters im EU-Parlament, soll diese sogar noch erheblich früher auslaufen als von der Kommission vorgesehen. Umweltschützer begrüßen die Vorschläge, doch unter Industrieverbänden gibt es einen Aufschrei. Die Details hat Timo Landenberger.

                    Ihre
                    Sarah Schaefer
                    Bild von Sarah  Schaefer

                    Analyse

                    Eröffnungsbilanz Klimaschutz: Europa in Habecks Plänen

                    Am Dienstag hat Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck “vielleicht letztmalig”, wie er selbst sagte, in den Rückspiegel geschaut. Bei der Vorstellung der Eröffnungsbilanz Klimaschutz skizzierte er den derzeitigen Rückstand bei den Bemühungen, Emissionen bei der Energieversorgung, in der Industrie, im Gebäudesektor sowie im Verkehr zu reduzieren. Zwischen 2010 und 2020 seien die CO2-Emissionen jährlich um 15 Millionen Tonnen gesunken. Zu wenig: Denn bis 2030 sei eine Reduktion von 36 bis 41 Millionen Tonnen pro Jahr erforderlich, um die Klimaschutzziele zu erreichen, so Habeck.

                    Auch der Ausbau der erneuerbaren Energien ist dem Vizekanzler bisher zu langsam vorangegangen. Man habe 30 Jahre gebraucht, um einen Anteil der Erneuerbaren am Bruttostromverbrauch von derzeit etwa 40 Prozent zu erreichen. Bis zum Ende des laufenden Jahrzehnts will Deutschland allerdings bei 80 Prozent sein – gemessen am deutlich höheren erwarteten Strombedarf 2030.

                    Habecks Bilanz ist allerdings keine reine Abrechnung mit der Klimapolitik der vergangenen Dekaden, sondern bildet vielmehr die Größenordnung der anstehenden Aufgaben dieser Legislatur ab. Sie gibt die Richtung zweier Maßnahmenpakete an, die zu Ostern und im Sommer kommen sollen, um rechtzeitig vor Jahresende alle Gesetzgebungs- und Prüfungsinstanzen abzuschließen, etwa notwendige Notifizierungen auf EU-Ebene. Bereits 2023 sollen beide Maßnahmenpakete in Kraft treten.

                    Das Tempo beim Klimaschutz will er darin verdreifachen und schließt auch Anpassungen am deutschen Klimaschutzgesetz nicht aus. Doch die Bundesregierung setzt auch auf die schnelle Umsetzung des Green Deal. Mit den Maßnahmen des Fit-for-55-Pakets sollen fossile Energieträger durch hohe CO2-Preise unwirtschaftlich werden. In dem 37 Seiten langen Bericht des BMWK wird deshalb eine ambitionierte Reform des ETS gefordert. Grundsätzlich könnte Deutschland eine Schlüsselrolle bei den Fit-for-55-Dossiers einnehmen, heißt es in dem Papier.

                    Noch nicht genügend Energieimporte

                    Zudem fordert Habeck ein integriertes europäisches Stromnetz. Europa würde schneller bei der Energiewende vorankommen, wenn das Netz besser wäre, sagte er. Jeder müsse dabei seinen Beitrag leisten. Dazu seien auch Stromimporte und -exporte notwendig – davon gebe es noch nicht genug, so der Minister. Dabei denkt er allerdings nicht an französischen Atomstrom oder polnischen Kohlestrom – den werde man nicht brauchen -, sondern vielmehr an Energiepartnerschaften wie das deutsch-norwegische Stromkabel Nordlink.

                    Aktuell sei Deutschland Netto-Stromexporteur, ergänzte Staatssekretär Patrick Graichen. Durch den Atomausstieg Ende 2022 werde die Bilanz im kommenden Jahr voraussichtlich ausgeglichen sein. Angewiesen auf Energieimporte aus dem Ausland wäre Deutschland trotz seiner Klimaschutzpläne demnach nicht.

                    Ausbau der erneuerbaren Energien

                    Um bis 2030 einen Anteil von 80 Prozent erneuerbarer Energie (etwa 715 Terawattstunden) zu erreichen, müssen allerdings eine Vielzahl neuer Anlagen zugebaut werden. 2021 gab es laut dem BMWK sogar einen Rückgang der Erneuerbaren-Kapazität. Damit der Ausbau der erneuerbaren Energien also schneller als zuletzt vorangeht, soll er als “im überragenden öffentlichen Interesse und der öffentlichen Sicherheit” klassifiziert werden. So sollen schneller Flächen für Solar- und Windkraftanlagen entstehen. Das 2-Prozent-Ziel für Windkraft soll für alle Bundesländer gleichermaßen gelten (Europe.Table berichtete). Allerdings schloss Habeck nicht aus, dass ein Land, das die eigenen Ziele verfehlt, den entsprechenden Anteil von einem anderen Land kompensieren lassen kann.

                    Vom Ausbau der erneuerbaren Energien soll langfristig auch die Industrie profitieren, die mit kostengünstigem, von Umlagen befreitem Ökostrom versorgt werden soll. Sie zu dekarbonisieren, gilt als eine der größten Herausforderungen. Im Vergleich zum Corona-Krisenjahr 2020 wurden 2021 voraussichtlich 30 Millionen Tonnen mehr prozessbedingte Emissionen ausgestoßen.

                    Wasserstoff für eine emissionsarme Industrie

                    Flankiert werden soll der Ausbau durch eine überarbeitete Wasserstoffstrategie und zusätzliche Förderprogramme, damit vor allem die emissionsintensiven Industrien künftig mit grünem Wasserstoff produzieren können. Bis 2030 sollen 10 Gigawatt an Elektrolyseuren zugebaut, der Import von Wasserstoff soll ausgeweitet und die Netzinfrastruktur aufgebaut werden, für eine “verlässliche und insgesamt effiziente Versorgung”, heißt es. Bei der schnellen Umsetzung sollen auch sogenannte Wasserstoff-IPCEIs (Important Projects of Common European Interest) (Europe.Table berichtete) und CO2-Differenzverträge (Carbon Contracts for Difference) helfen.

                    Grüner Wasserstoff soll nach dem Atom- und Kohleausstieg in einem dritten Schritt auch den Gasausstieg ermöglichen. Dazu müsse jedoch die “zur Wahrung der Versorgungssicherheit benötigte gesicherte Leistung” bereitstehen und das Ende der Erdgasnutzung “gesellschaftlich breit akzeptiert und regulatorisch rechtssicher” sein, heißt es. Entsprechend soll auch das Strommarktdesign angepasst werden. Wie die Anpassungen aussehen können, soll eine neu geschaffene Plattform “Klimaneutrales Stromdesign” erörtern.

                    Wohnen und Mobilität: Sinkende Energiepreise, weniger Emissionen

                    Durch den Ausbau der erneuerbaren Energien und der Abschaffung der EEG-Umlage ab 2023 sollen auch private Haushalte entlastet werden. Heizkosten sollen sinken, die Energieeffizienz erhöht werden und 50 Prozent der Wärmeenergie sollen bis 2030 klimaneutral hergestellt werden. In einer neuen “Gebäudestrategie Klimaneutralität” will die Bundesregierung diese Ziele verankern. Auch das Gebäudeenergiegesetz will das Wirtschafts- und Klimaministerium gemeinsam mit dem neu gegründeten Bundesbauministerium unter der Sozialdemokratin Klara Geywitz überarbeiten, um Neubauten und Sanierungen den Klimazielen anzupassen.

                    Auch der Verkehrssektor gilt als besonders schwer zu dekarbonisieren. Mit voranschreitender Elektrifizierung und der Energieversorgung durch Erneuerbare plant die Bundesregierung, die Emissionen auf 85 Millionen Tonnen im Jahr 2030 zu reduzieren. Im Vergleich zu 2019 wäre das eine Halbierung. Das im Koalitionsvertrag festgelegte Ziel von 15 Millionen E-Autos bis 2030 soll vom Ausbau der Ladeinfrastruktur begleitet werden – eine Million Ladepunkte bis 2030. Ab 2025 müssten dafür 100.000 Ladepunkte jährlich zu den bereits bestehenden oder geplanten hinzukommen.

                    Fahrzeuge, die nachweisbar ausschließlich mit E-Fuels betankt werden können, sollen zudem auch nach dem diskutierten Verbrenner-Aus zugelassen werden können (Europe.Table berichtete). Dies würde allerdings eine Berücksichtigung von E-Fuels (Europe.Table berichtete) bei den CO2-Grenzwerten der EU voraussetzen. Die Kommission hatte eine solche Ausnahme in ihrem Vorschlag nicht vorgesehen und auch im Berichtsentwurf des Berichterstatters Jan Huitema wurden E-Fuels nicht berücksichtigt (Europe.Table berichtete).

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                      CBAM-Berichtsentwurf: Industrie entsetzt

                      Das Fit-for-55-Klimapaket nimmt zusehends Gestalt an. Noch in diesem Jahr soll ein Großteil der Maßnahmen beschlossen sein (Europe.Table berichtete). Das ist ambitioniert, stehen doch komplizierte Verhandlungen über die teils heftig umstrittenen Vorhaben ins Haus.

                      Einen Vorgeschmack liefert der geplante CO2-Grenzausgleich für Importe (CBAM), der bereits in den vergangenen Monaten für etliche Kontroversen in der EU gesorgt hatte. Vergangene Woche hatte der Berichterstatter des EU-Parlaments, Mohammed Chahim (S&D), nun seinen Entwurf vorgelegt (Europe.Table berichtete) – und mit seinen teils weitreichenden Änderungsvorschlägen die Debatte befeuert.

                      Demnach will Chahim den CBAM schneller einführen als von der Kommission vorgesehen und die geplante Übergangsphase von drei Jahren auf zwei verkürzen. Daneben fordert Chahim, die Zuteilung der Zertifikate bereits im Jahr 2025 auf 90 Prozent, 2026 auf 70 Prozent und 2027 auf 40 Prozent zu senken. Bis Ende 2028 soll die Vergabe kostenloser Zertifikate ganz auslaufen – und damit sieben Jahre früher als von der Kommission geplant.

                      Die Industrie reagiert entsetzt auf die Forderungen. So bedeute die Abschmelzung der freien Emissionszertifikate bereits per se eine erhebliche Mehrbelastung für die Unternehmen in der Transformation, was die Umstellung auf CO2-arme Verfahren massiv erschwere, kritisiert etwa die Wirtschaftsvereinigung Stahl. “Wenn es bereits ab 2028 keine freie Zuteilung mehr geben würde, droht sich diese Situation noch weiter zu verschärfen”, sagt WV-Stahl-Präsident Jürgen Kerkhoff zu Europe.Table. “Um Experimente auf Kosten der Wettbewerbsfähigkeit der Stahlindustrie zu vermeiden, sollten neue Instrumente umfangreich getestet werden und in diesem Zeitraum die bereits etablierten und zielführenden Wege für Carbon-Leakage-Schutz erhalten bleiben.”

                      CO2 Grenzausgleich für Importe – keine Lösung für EU-Exporte

                      Auch der Verband der Chemischen Industrie (VCI) äußert sich ablehnend: “Das würde sowohl Chemiekunden im EU-Binnenmarkt zusätzlich belasten als auch unsere Exportchancen auf dem Weltmarkt erheblich beeinträchtigen, da Exporte aus der EU dadurch mit höheren Klimaschutzkosten belastet würden, die unsere weltweite Konkurrenz nicht hat”, so Jörg Rothermel, Abteilungsleiter Energie und Klimaschutz. Schließlich sehe der CBAM bislang keine Lösung für Exporte vor.

                      Nach VCI-Einschätzung wären viele weitere Schritte nötig, für die es noch keine konkrete Ausgestaltung gebe. Dazu zählten Emissionsmeldungen ausländischer Werke, die Abwicklung an der Grenze durch den Zoll oder die Verifizierung der Angaben. Bei überhasteter Einführung bestehe außerdem eine große Gefahr, dass Importeure die CBAM-Vorgaben umgehen könnten und damit kein Schutz mehr auf dem europäischen Markt bestehe.

                      Peter Liese, umweltpolitischer Sprecher der CDU/CSU im EU-Parlament, bezeichnet die Annahme Chahims als “naiv”, dass der CO2-Grenzausgleich ohne Probleme so schnell funktionieren könne. Der vorsichtigere Ansatz der Kommission sei hier vernünftiger: “Unter dem Strich sehe ich ein großes Risiko von Carbon Leakage, falls die Pläne so umgesetzt werden”, so Liese. Chahim habe ihm jedoch mehrfach versichert, dass er seine Vorschläge nur als Ausgangsbasis der Diskussion ansehe. “Deswegen bin ich sehr optimistisch, dass wir ihn von seinen überambitionierten Plänen im Lauf der Verhandlungen abbringen können.”

                      CBAM-Absicherung im ETS

                      Der CDU-Abgeordnete fürchtet jedoch, dass der Schutz vor Carbon Leakage selbst dann ausgehöhlt wird, wenn der Kommissionsvorschlag unverändert angenommen wird. Liese ist Berichterstatter des EU-Parlaments für die eng mit dem CBAM verknüpfte Revision des Emissionshandels (ETS). Seinen Berichtsentwurf will der CDU-Abgeordnete am Freitag vorstellen.

                      Liese kündigte aber bereits an, eine Art CBAM-Absicherung in das ETS mit aufnehmen zu wollen: Demnach sollen Emissionszertifikate, die in Folge der CBAM-Einführung nicht mehr kostenlos an die Industrie ausgegeben werden, nicht gelöscht, sondern für ein Jahr als Reserve zurückgelegt werden. “Für den Fall, dass der CBAM nicht oder nicht ausreichend funktioniert, könnten diese Zertifikate an die betroffenen Unternehmen verteilt werden, um Carbon Leakage zu verhindern”, erklärt Liese.

                      Für die Umweltorganisation Germanwatch hingegen ist ein schnelleres Ende der Gratis-Zuteilungen ein “wichtiger Fortschritt. Erst durch die vollständige Versteigerung der CO2-Zertifikate erhalten Unternehmen einen hinreichenden Anreiz ihre Produktion klimafreundlich umzubauen”, sagt Anne Gläser, Referentin für CO2-Preise bei Germanwatch. Eine längere Übergangszeit berge das Risiko, dass die europäische Schwerindustrie die Transformation verschlafe.

                      Auch Michael Bloss, umweltpolitischer Sprecher der Grünen in Brüssel und ETS-Schattenberichterstatter, ist überzeugt: “Das Instrument wird durch längeres Warten nicht besser.” Ein früherer Zeitpunkt der Einführung sei deshalb denkbar.

                      Geltungsbereich des EU-CO2-Grenzausgleichs soll ausgeweitet werden

                      In seinem Berichtsentwurf fordert Mohammed Chahim außerdem, den Geltungsbereich des CBAM auf organische Chemikalien, Wasserstoff und Polymere auszuweiten. Für den VCI undenkbar: “Wir plädieren dafür, dass die chemische Industrie zumindest in der ersten Phase ganz von den CBAM ausgenommen wird. Keinesfalls darf es eine Ausweitung auf große Teile der Chemie geben, wie vom Berichterstatter vorgeschlagen. Das würde die Probleme für unsere Branche erheblich vergrößern”, so Rothermel.

                      Und auch die WV Stahl ist skeptisch, insbesondere bei der Ausweitung auf Wasserstoff. “Um den hohen Bedarf decken zu können, wird die Industrie auch auf Importe angewiesen sein. Eine zu strenge Regulierung darf die Versorgung mit Wasserstoff nicht verhindern und damit die Transformation ausbremsen”, sagt Kerkhoff.

                      Wasserstoff wäre allerdings nur dann vom CBAM betroffen, wenn die Herstellung mit fossilen Energieträgern erfolgt. “H2 in den CBAM einzufügen, ist meines Erachtens ein Signal an die Handelspartner, sich auf grünen Wasserstoff zu konzentrieren, um eine CO2-Grenzabgabe zu vermeiden”, sagt Susanne Dröge, CBAM-Expertin bei der Stiftung Wissenschaft und Politik. (Ein Interview mit Susanne Dröge finden Sie in der morgigen Ausgabe von Europe.Table.)

                      Unterstützung ärmerer Partnerländer

                      Für Kontroversen sorgt auch die Frage nach der Verwendung der Einnahmen aus dem Grenzausgleich und der Unterstützung ärmerer Handelspartner bei der grünen Transformation. Laut Berichtsentwurf sollen ausschließlich Least Developed Countries unterstützt werden, also die ökonomisch ärmsten Staaten der Welt. Für Michael Bloss ein Schritt in die richtige Richtung: “Das Instrument soll der grünen Transformation dienen und kein neues Instrument sein, um die Budgets von industrialisierten Ländern in Europa aufzubessern.”

                      Ein großer Teil der Einnahmen aus dem CO2-Grenzausgleich soll dennoch in den EU-Haushalt und die Verwaltung des CBAM fließen. Nach Ansicht von Germanwatch das falsche Signal. Vielmehr müsse der größte Teil der Einnahmen sowie weitere Finanzmittel an Partnerländer mit mittlerem und niedrigem Einkommen fließen. “Das ist entscheidend, um das Instrument raus aus der konfrontativ-protektionistischen Ecke zu holen und in ein eher kooperatives Mittel zu verwandeln”, sagt Anne Gläser von Germanwatch.

                      Zu den am meisten vom CO2-Grenzausgleich betroffenen Staaten zählen unter anderem die Ukraine und die Türkei. Für sie sieht der Vorschlag keine Unterstützung vor. Die EU sollte jedoch “gerade die Industrien der besonders vom CO2-Grenzausgleich betroffenen Staaten auf dem Weg Richtung Klimaneutralität unterstützen”, so Gläser.

                      Der CBAM bringe nicht ausreichend Geld ein, um damit die Dekarbonisierung im Ausland zu refinanzieren, hält Dröge dagegen. Länder wie die Türkei oder die Ukraine könnten das Geld selbst erheben, “indem sie einen CO2-Preis einführen oder den vorhandenen erhöhen, welchen sie dann auf den CBAM anrechnen lassen können”. Least Developed Countries könnten dies nicht so einfach, da es dortigen Regierungen meist an der Governance fehle.

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                        DMA: Trilog gestartet, Apple im Visier von Telekom-Firmen

                        Die Vertreter von Europaparlament, Rat und Kommission sind am Dienstag zum ersten Trilog zum Digital Markets Act zusammengekommen. Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager sprach anschließend von “einem sehr guten Treffen”. Es gebe ein gemeinsames Verständnis, den großen Digitalkonzernen mehr Verantwortung zu übertragen. Auch aus dem Europaparlament hieß es, die Positionen lägen nicht weit auseinander.

                        In der etwa zweistündigen Runde wurden dem Vernehmen nach die wichtigsten Differenzen angesprochen, ohne bereits Kompromisse auszuloten. So will das Europaparlament erreichen, dass die Kommission den großen Plattformen wie Google und Facebook personalisierte Werbung für bestimmte Nutzergruppen wie Minderjährige untersagen kann. Zudem soll sie die Unternehmen dazu zwingen können, in ihre sozialen Netzwerke und Messengerdienste Schnittstellen zu Konkurrenzangeboten einzubauen.

                        Die Abgeordneten um Berichterstatter Andreas Schwab (CDU/EVP) wollen überdies die Schwelle höher ansetzen als Rat und Kommission, ab der Unternehmen als “Gatekeeper” unter den DMA fallen. Und schließlich drängen die Abgeordneten darauf, der Kommission mehr Befugnisse zu geben, um den Konzernen sogenannte Killerakquisitionen zu untersagen.

                        Der zweite Trilog ist für Mitte Februar angesetzt, der dritte für den 29. März. Dort will die französische Ratspräsidentschaft die Verhandlungen möglichst bereits abschließen.

                        Unternehmen wollen per DMA Apple-Feature Private Relay unterbinden

                        Einen möglichen Anwendungsfall für den DMA haben die Telekommunikationsanbieter bereits ausgemacht. Mehrere Unternehmen hatten im Herbst der EU-Kommission aufgrund von Apples neuem Feature Private Relay geschrieben. Nutzer des Angebots iCloud+ können mit Private Relay ab iOS-Version 15 ihre Webseitenverkehre über ein von Apple und Drittfirmen betriebenes System umleiten lassen, sodass ihre Verkehrsdaten für Dritte nicht erkennbar sind.

                        Apple würde damit “Netzwerke und Server vom Zugriff auf lebenswichtige Netzwerkdaten und Metadaten abschneiden”, zitiert der britische “Telegraph” aus dem Schreiben von Telekom, Orange, Telefónica und Vodafone. Dies könne andere Anbieter von Märkten abschneiden, argumentieren sie. Die Unternehmen stellen in den Raum, dass Apple solche Dienste nach Inkrafttreten des DMA als Gatekeeper untersagt werden könnten.

                        Die EU-Kommission bestätigte auf Anfrage den Eingang des Briefes im vergangenen Jahr. Seitdem habe es Gespräche mit den Telekommunikationsanbietern und Apple gegeben. Während die Anbieter in den USA die Datenverkehre ihrer Kunden legal auswerten dürfen und damit erhebliche Einnahmen erzielen, ist dies unter der E-Privacy-Richtlinie in der EU nur im Ausnahmefall möglich.

                        Bereits heute gibt es eine Vielzahl von Anonymisierungsdiensten für die Internetnutzung. Allerdings werden diese nur wenig genutzt – dies könnte das Interesse an Apples Angebot aufgrund der einfachen Integration in die eigene Softwareumgebung deutlich erhöhen. Die Dienste sind dabei immer wieder Gegenstand von Kritik der Strafverfolgungsbehörden. Im Kontext der anstehenden EU-Gesetzgebung zur Bekämpfung von Darstellungen sexuellen Kindesmissbrauchs (Europe.Table berichtete) hat sich auch die Generaldirektion Innen (DG Home) mit Apples neuem Feature Private Relay auseinandergesetzt. fst/tho

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                          Bitkom beklagt verschärften Fachkräftemangel

                          Der Mangel an IT-Experten verschärft sich nach Einschätzung der deutschen Digitalwirtschaft massiv und droht das Wachstum der Branche auszubremsen. Derzeit seien 96.000 Stellen für IT-Fachkräfte unbesetzt, sagte Bitkom-Präsident Achim Berg am Dienstag bei einer Pressekonferenz. Die Zahl werde 2022 auf deutlich über 100.000 steigen.

                          Der deutsche Markt für IT, Telekommunikation und Unterhaltungselektronik wird laut Bitkom dieses Jahr um 3,6 Prozent auf 184,9 Milliarden Euro zulegen. Ohne den Mangel an IT-Fachkräften wäre möglicherweise ein Prozent mehr drin, so der Bitkom-Präsident. “Wir haben ein riesiges Problem”, betonte der Verbandspräsident.

                          Bitkom: Mangel an IT-Fachkräften & Lieferengpässe

                          Auch Lieferengpässe belasten die Branche (Europe.Table berichtete), wobei vor allem Halbleiter für einfache Anwendungen fehlen, wie Berg erklärte. So gebe es Anekdoten, nach denen eine Firma bereits zu Hunderten Kühlschränke aufgekauft und die darin enthaltenen Chips ausgebaut und in höherwertige Produkte eingebaut habe, sagte der Verbandspräsident.

                          Corona betrachtet Bitkom dagegen als Herausforderung und Chance zugleich. So wuchs das Umsatzvolumen 2021 um 3,9 Prozent auf 178,4 Milliarden Euro, was Bitkom vor allem auf das gute Geschäft mit IT-Hardware und Software zurückführte.

                          Deutschlands Anteil an den weltweiten Ausgaben für Informations- und Kommunikationstechnik liege 2022 voraussichtlich bei 3,9 Prozent, rechnete Bitkom vor. Er gehe von Jahr zu Jahr zurück, weil die Investitionen und Ausgaben in anderen Ländern schneller wachsen würden.Wachstumsspitzenreiter sind demnach Indien (+9,1 Prozent) und China (+5,3 Prozent). rtr

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                            Polens Regierung ergreift Maßnahmen gegen Inflation

                            Polen wird den Mehrwertsteuersatz auf Gas, Lebensmittel und Benzin als Teil eines zweiten Maßnahmenpakets zur Abfederung der Inflation absenken, kündigte Premierminister Mateusz Morawiecki am Dienstag an. Es gehe darum, “so viel Geld wie möglich in den Brieftaschen der Polen zu lassen”, sagte er bei einer Pressekonferenz. Die Maßnahmen umfassen unter anderem die Absenkung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel und Gas auf null sowie deutliche Reduzierungen bei Benzin, Heizbrennstoffen und Elektrizität.

                            Polens Premierminister Morawiecki sagte, die Maßnahmen gegen die Inflation würden den Staatshaushalt etwa 15 bis 20 Milliarden Zloty kosten (3,3 bis 4,4 Milliarden Euro). Die PiS-Regierung steht derzeit unter enormem Druck. Einerseits setzen die Energiepreise Unternehmen zu, andererseits hat das Wirtschaftsprogramm der Regierung, das für die meisten niedrigere Steuern versprach, im Januar zu niedrigeren Nettolöhnen bei einigen Gruppen geführt, etwa bei Lehrern. Dazu kommen Berichte über höhere Gaspreise für Schulen und Krankenhäuser, die teils ein Vielfaches der Preise vor einem Jahr bezahlen müssen.

                            Der neuen Maßnahmen zur Inflationsbekämpfung enthalten zudem einen Vorschlag, wie der Gaspreis für Privathaushalte gedeckelt werden soll. Ökonomen erwarten, dass die Maßnahmen die Inflation in Polen in der ersten Jahreshälfte abfedern, in der zweiten Jahreshälfte jedoch weitere Preissteigerungen befeuern könnten. rtr

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                              Nobian und Vulcan Energy erwägen gemeinsame Lithiumanlage

                              Der Frankfurter Chemiekonzern Nobian und der australische Lithiumproduzent Vulcan Energy prüfen die gemeinsame Entwicklung einer Lithium-Anlage in Deutschland. Die Unternehmen hätten eine Absichtserklärung für eine offizielle Partnerschaft (MOU) unterzeichnet, teilte Vulcan Energy am Dienstag mit. Die Vereinbarung versetze Nobian in die Lage, ein führender Anbieter von Rohstoffen für die Batterieindustrie zu werden, sagte der Geschäftsführer von Nobian, Jürgen Baune. Das Unternehmen habe sich bereits einen Standort in Frankfurt für die kohlenstofffreie Lithiumanlage gesichert.

                              Lithiumhydroxid ist eine wichtige Chemikalie für die Herstellung von Batterien für Elektrofahrzeuge. Auf dem deutschen Markt ist der australische Lithium-Förder über seine Tochtergesellschaft Vulcan Energie GmbH vertreten und hat sich zuletzt neue Exploratonslizenzen für die geothermische Energierzeugung und CO2-freie Lithiumherstellung im Oberrheingraben gesichert (Europe.Table berichtete). rtr

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                                China-Streit: Taiwan legt Programm für litauische Firmen auf

                                Taiwan legt ein Kreditprogramm in Höhe von einer Milliarde Dollar für das in einem Handelskonflikt mit China steckende Litauen auf. “Die Investitions- und Kreditfonds werden uns helfen, die Zusammenarbeit zu stärken”, sagte Taiwans Entwicklungs-Minister Kung Ming-hsin am Dienstag. Schwerpunkt soll auf den Bereichen Halbleiter, Biotechnologie, Satelliten, Finanzen und wissenschaftliche Forschung liegen. Taiwan hatte jüngst Pläne bekannt gegeben, einen separaten 200-Millionen-Dollar-Fonds einzurichten, um in Litauens Industrie zu investieren und den bilateralen Handel anzukurbeln. Litauen will im Frühjahr eine Handelsvertretung in Taiwan eröffnen.

                                Hintergrund der Entwicklung ist ein sich verschärfender Streit mit China über die Entscheidung Litauens, Taiwan die Eröffnung einer De-facto-Botschaft zu erlauben. China betrachtet Taiwan aber als Teil der Volksrepublik. Der chinesische Zoll führe Litauen seither nicht mehr in seiner Liste der Ursprungsländer auf, hatte der litauische Industrieverband Anfang Dezember beklagt. Nun könnten keine Zollformulare für Ladungen aus Litauen eingereicht werden.

                                Bundesregierung und deutsche Wirtschaft reagierten alarmiert auf den Streit, der auch hiesige Firmen wie Continental betrifft. Der Autozulieferer aus Hannover sei von der China aufgefordert worden, die Verwendung von in dem EU-Land Litauen hergestellten Bauteilen einzustellen, sagten zwei Insider jüngst der Nachrichtenagentur Reuters. rtr

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                                  David Sassoli: Ein “leidenschaftlicher Europäer”

                                  Der Präsident des Europaparlaments David Sassoli ist am Dienstag, wenige Tage vor Ende seiner Amtszeit, verstorben.
                                  David Sassoli ist am Dienstag, wenige Tage vor Ende seiner Amtszeit, verstorben.

                                  Er rief den Klima-Notstand aus, trieb den Green Deal voran und unterstützte den milliardenschweren Corona-Wiederaufbaufonds, der die EU aus der Krise holen soll. Doch die langfristigen Ergebnisse seiner Arbeit wird David Sassoli, der a des Europaparlaments, nicht mehr erleben.

                                  Am Dienstagmorgen ist Sassoli im norditalienischen Aviano gestorben – eine Woche vor dem Ende seiner zweieinhalbjährigen Amtszeit. Der 65-Jährige war zu Weihnachten ins Krankenhaus eingeliefert worden; er starb nach offiziellen Angaben an einer Störung des Immunsystems.

                                  David Sassoli, der der Partito Democratico angehörte, hatte das ä seit 2019 geleitet. Seine Amtszeit wäre Ende dieses Monats ausgelaufen, weil sich die Sozialdemokraten und die konservative Parteienfamilie EVP die fünfjährige Legislaturperiode beim Vorsitz teilen. Bereits im Herbst war Sassoli an einer schweren Lungenentzündung erkrankt.

                                  Die Nachricht vom Tod des beliebten, außerhalb Italiens aber wenig bekannten Politikers hat weit über Brüssel hinaus für Bestürzung gesorgt. “Sassoli war ein Symbol für Ausgewogenheit, Menschlichkeit und Großzügigkeit”, sagte Italiens Ministerpräsident Mario Draghi in Rom.

                                  “Heute ist ein trauriger Tag für Europa”, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Die EU verliere einen “leidenschaftlichen Europäer, einen überzeugten Demokraten und einen guten Menschen”, so die CDU-Politikerin. Sassolis Lächeln werde ihr fehlen.

                                  Seine Wahl war eine Überraschung

                                  Allerdings waren die Beziehungen zwischen den beiden EU-Chefs zuletzt eher frostig. Weil von der Leyen nicht energisch genug gegen Rechtsstaatsverstöße in Ungarn und Polen vorgehe, hat das Parlament eine Untätigkeitsklage vor dem Europäischen Gerichtshof eingeleitet – eine Premiere.

                                  Auch der Beginn der Zusammenarbeit, der ganz im Zeichen von Klimakrise und Corona-Pandemie stand, war nicht einfach. Sassoli, der bei der Europawahl 2019 ein drittes Mandat gewonnen hatte, sah sich als Gegenspieler der Kommissionspräsidentin, die vom Rat ernannt worden war. “Ich war nicht auf der Liste der EU-Leader, ich bin kein Produkt des Rats”, sagte Sassoli in einem Interview mit “Politico”. Im Gegensatz zu von der Leyen sei er aus einem demokratischen Prozess hervorgegangen. Allerdings war seine Wahl 2019 selbst für Insider eine Überraschung.

                                  Als Favorit galt Sergei Stanishev, der Chef der Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE). Sassoli hatte kaum jemand auf dem Zettel. Doch der studierte Politikwissenschaftler, der später als Journalist und “Anchorman” im italienischen Fernsehen arbeitete, setzte sich durch.

                                  Als engagierter Katholik war er auch für Konservative wählbar. Sein verbindlicher Stil machte ihn zu einem idealen Kompromisskandidaten. Geschätzt wurde Sassoli auch für sein rhetorisches Talent. Seine Antrittsrede war ein flammender Appell gegen den Nationalismus.

                                  Übermacht des Rates

                                  Im Gegensatz zu seinem Amtsvorgänger Martin Schulz (SPD) konnte Sassoli jedoch kaum eigene Akzente setzen. Dies lag an der Übermacht des Rates, der mehr denn je die EU-Geschäfte bestimmt, – aber auch an der Corona-Pandemie, die die Arbeit des Europaparlaments massiv behindert.

                                  In den vergangenen Monaten verlor David Sassoli mehr und mehr die Kontrolle über das Europaparlament. Er spielte zwar mit dem Gedanken, für eine zweite Amtszeit zu kandidieren, um die verlorene Zeit nachzuholen. Doch seine Pläne wurden nicht zuletzt von den eigenen Genossen durchkreuzt. Die Sozialdemokraten ließen sich auf die im Parlament üblichen Händel mit der EVP ein und schnürten ein neues Personalpaket für die zweite Halbzeit der Legislaturperiode, die im Februar beginnt. 

                                  Demnach soll die erzkonservative EVP-Politikerin Roberta Metsola aus Malta die Leitung des Europaparlaments übernehmen. Sie trat bereits am Dienstag geschäftsführend ihr neues Amt an. Im Gegenzug könnte der konservative deutsche Generalsekretär Klaus Welle (CDU) den Rückzug antreten.  

                                  Die letzten Details des Personalpakets sollen noch diese Woche geklärt werden. Die offizielle Wahl Metsolas ist dann bei der Plenarsitzung des Europaparlaments in der kommenden Woche in Straßburg geplant. Zuvor soll es am Montag eine Gedenkzeremonie für Sassoli geben. Eric Bonse

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