Table.Briefing: China

Zeitenwende für China-Beziehungen + Batteriemangel

  • Außen- und Sicherheitspolitik: Berlin irritiert Peking
  • Stoppt Batterie-Knappheit den E-Auto-Boom?
  • Russland-Sanktionen: USA pochen auf Einhaltung
  • Wachstum führt zu neuen CO2-Höchstwerten
  • China kündigt nur wenig humanitäre Hilfe an
  • Gesetz soll “Vereinigung” mit Taiwan fördern
  • Huawei-Aufsichtsräte in UK kündigen aus Protest
  • Im Portrait: Andrew Small – Thinktank-Pionier in Peking
Liebe Leserin, lieber Leser,

geopolitisch ist derzeit so viel in Bewegung wie wohl seit dem Fall der Berliner Mauer nicht mehr. Russland hat sich mit dem Einmarsch in die Ukraine zumindest bei westlichen Staaten ins weltpolitische Abseits gestellt. Europa will nun so schnell wie möglich unabhängig werden von russischen Energieexporten. Deutschland ist in einer Welt aufgewacht, die zu große Nähe zu autokratischen Regimen bestraft. Ein Umdenken könnte daher bald auch in der deutschen China-Politik einsetzen.

Bundeskanzler Olaf Scholz hatte vor gut eineinhalb Wochen selbst von einer “Zeitenwende” gesprochen. Er kündigte in seiner Regierungserklärung gravierende Änderungen an. Dass Berlin in so kurzer Zeit eine 180-Grad-Drehung in der zuvor seit Jahrzehnten festgelegten Verteidigungspolitik hingelegt hat, wurde in Peking durchaus registriert, analysieren Christiane Kühl und Amelie Richter. In der chinesischen Hauptstadt gibt es deshalb jetzt viele offene Fragen.

Große Hoffnungen setzen Politiker derweil überall auf der Welt setzen in das E-Auto. Der elektrische Antrieb soll Emissionen senken und das Klima schützen. Doch es droht bereits die nächste Knappheit: Nach der Chipkrise könnte dem Autosektor bald ein Batteriemangel ins Haus stehen, schreibt unser Team aus Peking. Industrievertreter hoffen, dieses Jahr 5,5 Millionen E-Autos auf dem chinesischen Markt zu verkaufen. Doch das Angebot an Batterien reicht demnach nur für 4,4 Millionen Autos. Weltweit drohen bis 2030 Lücken bei der Versorgung mit E-Auto-Batterien. Eventuell müssen wir also auf das Rad oder den öffentlichen Nahverkehr umsteigen, um das Klima zu schützen!

Ihr
Nico Beckert
Bild von Nico  Beckert

Analyse

Sorgen vor der Zeitenwende

China-Politik: Bundeskanzler Olaf Scholz über die Zeitenwende in Deutschland
Bundeskanzler Olaf Scholz

Die China-Strategie der neuen Ampel-Regierung scheint Form anzunehmen. Erste Details sickern bereits durch und sorgen für Debatten in deutschen China-Kreisen ebenso wie in China selbst. So berichtete das Handelsblatt am Mittwoch über einen geheimen Drahtbericht der Deutschen Botschaft in Peking. Dieser fordere die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) auf, ihre Projekte in China zu überdenken. Die staatliche GIZ setzt vor allem im Auftrag des Entwicklungsministeriums (BMZ) Kooperationen etwa im Klimaschutz, im Rechtssystem oder Industrie 4.0 um.

Auf den Prüfstand sollten vor allem Projekte “für die Bereiche, in denen Deutschland und China in strategischer Konkurrenz zueinanderstehen”, zitiert die Zeitung aus dem Bericht. Nicht immer sei ein zielführender Dialog möglich. Es mag nur ein einzelner Bericht sein, um den es hier geht. Doch er ist wieder ein Signal, dass die China-Politik in Deutschland vor einem Paradigmenwechsel stehen könnte.

Das registriert man auch in China. Offenbar gibt es in Peking Unruhe über die von Bundeskanzler Olaf Scholz proklamierte “Zeitenwende” in der deutschen Außenpolitik. In EU-Kreisen in Peking heißt es, die schnelle Änderung in der deutschen Verteidigungspolitik sei ein “Schock” gewesen. Der Schwenk Berlins werde in China als “Game Changer” wahrgenommen, den niemand in Peking davor erwartet hatte. Nach einem Bericht der South China Morning Post erkundigen sich aufgeregte Politikwissenschaftler aus Peking bei deutschen Denkfabriken, was es mit der Zeitenwende auf sich habe.

Zeitenwende: Sorgenfalten in China

Scholz kündigte in der Ukraine-Sitzung des Bundestages kürzlich einen 100-Milliarden-Euro-Sonderhaushalt für die Bundeswehr an und gelobte, ab sofort die der Nato schon lange zugesagten zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes für die Verteidigung auszugeben. Am selben Tag erlaubte Deutschland Waffenlieferungen an die Ukraine und unterstützte den Ausschluss russischer Banken vom Swift-System sowie das Einfrieren der Vermögenswerte der russischen Zentralbank in Europa. Nichts davon war nur wenige Tage vorher denkbar gewesen.

Die Zeitenwende sei in China sicherlich registriert worden, sagt Pascal Abb, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK) in Frankfurt. Diesen Eindruck habe er unter anderem aus Gesprächen mit chinesischen Thinktank-Kollegen.

Deutschland habe mit dem Finanzschub für die Bundeswehr und Waffenlieferungen in die Konfliktregion Ukraine einen jahrzehntelang unveränderten Pfeiler der Außen- und Sicherheitspolitik über den Haufen geworfen, so Abb. Dass dies in solch kurzer Zeit geschah, sorge nun in Peking für Sorge, dass auch in anderen Feldern eine Kehrtwende anstehe, schätzt Abb, der sich am HSFK mit Chinas Außenpolitik und chinesischen Weltordnungskonzepten befasst.

Bislang galt Deutschland als Staat, der sich mehr um den Marktzugang seiner Autobauer kümmerte als um Geopolitik oder Menschenrechtsfragen. China gefiel, was es als deutschen Pragmatismus ansah: Wirtschaft und Politik trennen. Deutschland sei bisher eher als wirtschaftspolitischer Akteur gesehen worden, sagt Abb. Treffen der beiden Seiten seien eher “komplementär als konträr” gewesen. Mit einem Ausbau der Verteidigungspolitik aber könnte sich das ändern.

Deutschland: China-Politik stand schon im Wahlkampf zur Disposition

Einiges von dem, was China erwarten könnte, deutete sich bereits im Wahlkampf und im Koalitionsvertrag an. Außenministerin Annalena Baerbock forderte schon im Wahlkampf eine werteorientierte Außenpolitik, und warb im Umgang mit China für einen Mix aus “Dialog und Härte”. Auch setzt sie stärker als die Vorgängerregierung auf eine gemeinsame Linie der EU gegenüber China. Doch in früheren Jahren lag die Hoheit über die China-Politik in Deutschland meist im Kanzleramt Angela Merkels. Olaf Scholz galt bislang eher als Befürworter ihres Kurses wirtschaftlicher Kooperation. Doch alles, was bisher war, könne nun zur Disposition stehen.

Als Erstes dürfte sich das im Außenministerium zeigen. Es ist dabei, im Auftrag Baerbocks seine neue China-Strategie zu entwerfen – und wird dabei sicher versuchen, sich gegenüber dem Kanzleramt zu behaupten. “Wir haben gesehen, dass Annalena Baerbock eine selbstbewusste Außenministerin ist, und das Auswärtige Amt hat typischerweise schon ein gutes Gespür dafür, dass Wirtschaft und Geopolitik immer mehr ineinandergreifen“, sagt Jonathan Hackenbroich, Experte für Außenwirtschaftspolitik an der Denkfabrik European Council on Foreign Relations (ECFR).

“Das Kanzleramt wird gegenüber China sicher etwas moderierender auftreten”, so Hackenbroich zu China.Table. “Aber die entscheidende Frage ist, ob Scholz die Zeitenwende auf Europa und die Verteidigungspolitik bezieht, oder auf die gesamte Weltordnung und damit auch auf die Wirtschaftsbeziehungen. Der Hebel Chinas gegenüber Deutschland wäre dann natürlich ein wichtiges Thema.” Der Hebel, das sind die engen wirtschaftlichen Verflechtungen, und die immer größer werdende Abhängigkeit vieler deutscher Großunternehmen von Chinas Markt.

China wird Neuausrichtung genau beobachten

Es werde dauern, bis der künftige außenpolitische Kurs feststehe, glauben Abb und Hackenbroich. Aktuell sei man in Berlin natürlich vor allem mit der akuten Krisenantwort beschäftigt, sagt Hackenbroich. “Es gibt aber offenbar ein Bewusstsein für die Schwere der Veränderungen.”

Pascal Abb sagt mit Blick auf die Bundeswehr: “Die entscheidende Frage ist, in welchen größeren außenpolitischen Kontext diese neuen Kapazitäten eingebettet werden.” China habe in dieser Hinsicht eine engere EU-Zusammenarbeit hin zu einer strategischen Autonomie immer befürwortet. Anders sehe es bei einer transatlantischen Kooperation unter US-Führung aus, glaubt Abb. Sollte Deutschland etwa neue Kapazitäten dafür nutzen, um sich stärker in der Indo-Pazifik-Region zu engagieren, würde das in Peking sicherlich negativ gesehen, ist sich der Experte sicher. Hackenbroich sieht das ähnlich: “Es wird ja ab und zu der Vergleich zwischen der Ukraine und Taiwan bemüht. Das ist zwar eine andere Situation, aber es gibt durchaus ein paar Parallelen.”

Der ECFR-Experte ist sich aber in einem sicher: “Die große Frage aber ist, ob die militärische Zeitenwende auch zu einer geoökonomischen Zeitenwende wird. Das ist die Hauptfrage für die deutschen Beziehungen mit China, die ja hauptsächlich ökonomischer Natur sind.” Es könne schon sein, dass die Erfahrung mit der Abhängigkeit des deutschen Energiesektors von Russland dazu führe, dass Berlin einen neuen Blick etwa auf die mögliche Abhängigkeit vom chinesischen Markt werfe, sagt Hackenbroich. “Darauf wird man in Peking genau achten.” Amelie Richter/Christiane Kühl

  • Autoindustrie

Batterie-Mangel bremst E-Autos

Das Herzstück aller E-Autos. Batterien könnten in China bald knapp werden.
Das Herzstück aller E-Autos. Batterien könnten bald knapp werden.

Käufer von E-Autos in China müssen derzeit sehr geduldig sein. Gleich mehrere Hersteller haben ihre Kunden vertrösten müssen, weil sich die Lieferzeiten für bestellte Neuwagen länger hinziehen als versprochen war. Das chinesische E-Auto-Startup Xpeng entschuldigte sich bei Käufern zuerst im Dezember und dann wieder vor einigen Wochen, weil es nicht in der Lage war, sein neues Modell P5 zum versprochenen Zeitpunkt auszuliefern. Auch Tesla meldete Verzögerungen bei der Auslieferung von bestellten Model 3 und Model Y aus seiner Shanghaier Fabrik. 

Der Grund: Neben dem weiterhin bestehenden Chipmangel werden nun auch Batterien für E-Autos immer knapper. “Der EV-Markt wuchs zuletzt in einem so rasanten Tempo, dass die Schätzungen von Zulieferern immer wieder übertroffen wurden”, fasste David Zhang, ein Autoexperte der North China University of Technology, die Lage kürzlich gegenüber der Hongkonger Zeitung South China Morning Post zusammen: “Es wird noch einige Zeit dauern, bis die großen Batteriehersteller ihre Produktionskapazität erweitert haben, um die Nachfrage zu befriedigen”, so der Forscher, der davon ausgeht, dass das vorhandene Angebot von Batterien in diesem Jahr nur ausreichen könnte, um 4,4 Millionen NEV-Fahrzeuge in China auszuliefern.

Nachfrage an E-Autos in China kann erstmal nicht gedeckt werden

Diese Zahl stünde im krassen Gegensatz zur Prognose des chinesischen Autoverbandes CPCA, der für 2022 eigentlich mit der Auslieferung von 5,5 Millionen E-Fahrzeugen rechnet. Doch auch, wenn nun fehlende Batterien einen Strich durch die optimistische Rechnung des CPCA machen sollten. Mehr als vier Millionen verkaufte E-Autos wären noch immer ein sattes Plus im Vergleich zum Rekordjahr 2021, als in China knapp drei Millionen E-Autos verkauft wurden.

Klar ist jedoch auch: Die gewaltige Nachfrage wird erstmal nicht gedeckt werden können. Die Probleme dürften anhalten. Nicht nur in China, sondern in allen wichtigen Automärkten weltweit wird in den kommenden Jahren mit einem gewaltigen Run auf E-Autos gerechnet, die jedoch wegen fehlender Batterien wahrscheinlich nicht in ausreichend großer Zahl produziert werden können. 

Zu diesem Ergebnis kam vergangenes Jahr auch eine Studie des Düsseldorfer Forschungsinstituts Center Automotive Research (CAR). Demnach könnten aufgrund des Batteriemangels zwischen 2022 und 2029 weltweit 18,7 Millionen Elektroautos weniger produziert werden, als es die Nachfrage hergeben würde. Erst 2030 könnte laut der Studie dann ein Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage erreicht werden. Der globale Automarkt sei in diesem Jahrzehnt durch “zwei Engpassfaktoren gekennzeichnet”, schlussfolgert Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer, der das CAR-Institut leitet. Einerseits gebe es einen Mangel an Halbleitern, der sich bis Anfang 2023 auswirken werden. Im Anschluss würden die Probleme mit Batteriezellen zunehmen.

Lithium-Mangel ist Ursache für Batterie-Knappheit

Während die akuten Schwierigkeiten in diesem Winter vor allem damit zusammenhängen, dass chinesische Batteriehersteller die Wachstumsdynamik des E-Automarktes unterschätzten und ihre Kapazitäten nicht rechtzeitig vergrößert haben, dürfte sich die Batterieknappheit in den kommenden Jahren vor allem durch einen Mangel des Schlüssel-Rohstoffes Lithium verschärfen. 

Allein im vergangenen Jahr hat sich der Lithium-Preis vervierfacht und setzt seinen Anstieg derzeit unvermindert fort – auch getrieben von den Unsicherheiten um die Ukraine-Krise, die zahlreiche Rohstoffpreise in die Höhe schnellen lässt. “Steigende Preise für Nickel, Lithium und andere Materialien drohen den langfristigen Trend sinkender Kosten für Batterien zu verlangsamen und sogar vorübergehend umzukehren”, glaubt Gregory Miller, Analyst beim Branchenprognostiker Benchmark Mineral Intelligence. Miller sagt vorher, dass in diesem Jahr der Durchschnittspreis für Lithium-Ionen-Batteriezellen im Vergleich zum Vorjahr erstmals überhaupt steigen könnte. Geben die Autohersteller diese Kosten weiter, müssen Kunden künftig nicht nur länger auf ihr neues E-Auto warten, sondern wohl auch deutlich mehr dafür bezahlen.

Peking sorgt sich um Lieferketten

Die drohende Lithium-Knappheit treibt derzeit auch das politische Peking um. Zeng Yuqun, Vorsitzender des größten chinesischen Batterieherstellers CATL, brachte das Thema als Abgeordneter auf die Tagesordnung der Konsultativkonferenz des chinesischen Volkesdie derzeit parallel zum Volkskongress in Peking in der Großen Halle des Volkes tagt. 

Zeng forderte die chinesische Regierung dazu auf, Chinas Lithium-Lieferketten angesichts des Risikos von Engpässen zu stärken, da sich die Nachfrage mit der zunehmenden Einführung von Elektrofahrzeugen beschleunigt habe. China dominiert bei der Lithium-Veredelung und den industriellen Prozessen, die zur Herstellung einer Batterie notwendig sind. Woran es der jedoch fehlt, ist ein ausreichender Vorrat an eigenen Lithium-Beständen. Hier ist China vor allem auf Importe aus Ländern wie Australien, Chile und der Demokratischen Republik Kongo angewiesen. Jörn Petring/Gregor Koppenburg

  • Autoindustrie

News

USA: Sanktionen nicht umgehen

Die Handelsministerin der USA Gina Raimondo hat chinesische Unternehmen gewarnt, sich nicht über Sanktionen gegen Russland hinwegzusetzen. Die USA könnten den chinesischen Chiphersteller SMIC (Semiconductor Manufacturing International Corporation) oder andere Unternehmen, die weiterhin Chips oder Hightech-Produkte an Russland liefern, “im Wesentlichen stilllegen”, sagte Raimondo gegenüber der New York Times. Die Vereinigten Staaten könnten die chinesischen Unternehmen demnach von US-amerikanischer Ausrüstung und Software abschneiden, die sie für die Herstellung ihrer Produkte benötigen. Russland bezieht rund 70 Prozent seiner Chiplieferungen aus China (China.Table berichtete).

Tech-Sanktionen gegen Russland aus den USA und der EU

Die USA, die EU und andere westliche Staaten hatten infolge des russischen Einmarsches in die Ukraine auch Sanktionen gegen Russland erlassen, die den Tech-Sektor betreffen. Laut New York Times gelten die US-Ausfuhrkontrollen nicht nur für US-amerikanische Hersteller. Unternehmen weltweit sind davon erfasst, wenn sie US-amerikanische Software oder Technologie zur Herstellung ihrer Produkte verwenden.

Russland “wird sicherlich andere Länder umwerben, um unsere Sanktionen und Exportkontrollen zu umgehen”, sagte Raimondo demnach. Eine mögliche US-Reaktion auf chinesische Lieferungen wäre “verheerend für Chinas Fähigkeit, Chips zu produzieren“, sagte Raimondo.

Derzeit agieren chinesische Unternehmen und Banken noch recht vorsichtig und abwartend, was die westlichen Sanktionen gegen Russland betrifft. Einige Banken aus der Volksrepublik haben die Finanzierung von Rohstoffimporten aus Russland eingestellt (China.Table berichtete). Gleichzeitig verkündete Peking, dass der russisch-chinesische Handel normal weiterlaufen solle. Die westlichen Sanktionen gegen Russland lehnt China ab. nib

  • Chips
  • Geopolitik
  • Halbleiter
  • Russland
  • Technologie
  • USA

China verdirbt der Welt die Klimabilanz

China war im vergangenen Jahr für gut ein Drittel der weltweiten Treibhausgas-Emissionen verantwortlich. Das geht aus neuen Zahlen der Internationalen Energieagentur (IEA) hervor. Weltweit stiegen die Emissionen 2021 demnach auf einen Rekordwert. Nachdem die Emissionen im ersten Jahr der Corona-Pandemie gesunken waren, stiegen sie in deren zweiten Jahr umso stärker an. Obwohl die erneuerbaren Energien ihr größtes jährliches Wachstum verzeichneten, wurde mehr Kohle verbrannt als jemals zuvor. Auf den klimaschädlichen Energieträger entfielen über 40 Prozent des Gesamtwachstums der globalen CO2-Emissionen im Jahr 2021.

In China stiegen die CO2-Emissionen stärker an, als sie im Rest der Welt abnahmen. Die wirtschaftliche Erholung in der Volksrepublik infolge der Covid-Pandemie ist besonders energieintensiv. Die Stromnachfrage stieg um zehn Prozent und überstieg damit das Wirtschaftswachstum von 8,4 Prozent. Da die Nachfrage so stark wuchs, konnte der Ausbau der erneuerbaren Energien nicht mithalten. 56 Prozent des Anstiegs der Stromnachfrage wurde mit Kohle gedeckt. Auch für das laufende Jahr gehen Experten von einem Anstieg des Kohleverbrauchs und der CO2-Emissionen in China aus (China.Table berichtete).

Andere Länder konnten CO2-Emissionen aus China nicht ausgleichen

Die Volksrepublik war für fast den gesamten globalen Anstieg der Emissionen des Strom- und Wärmesektors zwischen 2019 und 2021 verantwortlich. Ein geringer Rückgang in den übrigen Ländern der Welt reichte nicht aus, um den Anstieg in China auszugleichen, sodass die Emissionen aus diesem Sektor anstiegen. Im Industriesektor hat die Volksrepublik allerdings weniger Kohle verbraucht, als im Vor-Corona-Jahr 2019.

Pro Kopf verursachte China im vergangenen Jahr CO2-Emissionen in Höhe von 8,4 Tonnen. In den USA liegt der Wert bei 14 Tonnen, in der EU bei sechs Tonnen. China weist unter den großen Volkswirtschaften die höchste Emissionsintensität des BIP auf. Um 1.000 US-Dollar zu erwirtschaften, stößt China also am meisten Treibhausgas aus. Zwar ist die Emissionsintensität des chinesischen Bruttoinlandsprodukts seit dem Jahr 2000 um 40 Prozent gesunken. Durch das immense Wachstum der chinesischen Wirtschaft stiegen die absoluten Emissionen jedoch stark an. nib

  • Emissionen
  • Energie
  • Klima

Kleine Hilfe für Ukraine in Aussicht gestellt

China hat humanitäre Hilfe für die Ukraine angekündigt – belässt es aber bei dem geringen Betrag von fünf Millionen Yuan (720.000 Euro). Die Ukraine habe um “Lebensmittel und Güter des täglichen Bedarfs” gebeten, sagte am Mittwoch ein Regierungssprecher. Es passt zu Chinas bewusst unklarer Kommunikation in dem Konflikt (China.Table berichtete), zwar Hilfe zu gewähren, aber nicht in großem Maßstab. China hat einerseits Besorgnis über den Krieg gezeigt, zugleich aber seine Treue zu Russland betont. fin

  • Geopolitik
  • Russland
  • Ukraine

Forderung nach Taiwan-Gesetz

Ein Mitglied der Politischen Konsultativkonferenz des Chinesischen Volkes (PKKCV) hat ein Gesetz zur Förderung einer “Wiedervereinigung” von China mit Taiwan vorgeschlagen. Es soll staatlichen Institutionen vorschreiben, auf die “Rückkehr” der Insel “zum Mutterland” hinzuarbeiten. Der Vorschlag stammt von dem Abgeordneten Zhang Lianqi. Die PKKCV ist so etwas wie die Beratungskammer des chinesischen Parlaments. Es handelt sich neben dem Nationalen Volkskongress um die zweite Hälfte der “zwei Sitzungen” 两会, die derzeit tagen.

Seit 2005 gibt es bereits ein Anti-Sezessionsgesetz. Es verbietet Bestrebungen, die auf die Unabhängigkeit Taiwans hinzielen. Zhang argumentiert nun, das alte Gesetz sei zu passiv. Die Zeit sei reif, aktiv auf eine “Wiedervereinigung” von China und Taiwan hinzuarbeiten. Zhang hat den Gesetzesvorschlag vor Beginn der Sitzungsperiode in der Propagandazeitung “Global Times” vorgestellt.

Taiwan: Keine Wiedervereinigung mit China, sondern Annexion

Die Republik China auf Taiwan war nie Teil der Volksrepublik. Aus taiwanischer Sicht wäre der Vorgang also keine Wiedervereinigung, sondern eine Annexion. Die Global Times stellt den Vorstoß in den Zusammenhang mit der Ankunft einer offiziellen amerikanischen Delegation in Taiwan. Es spielt sich also derzeit eine Eskalation weg vom Status quo ab.

Dazu passt, dass Taiwan am Mittwoch mit einer Forderung nach Teilnahme an den Wirtschaftsverhandlungen im Rahmen der geplanten Indopazifik-Strategie der US-Regierung nachgelegt hat. John Deng, Taiwans Verhandlungsführer in Handelsfragen, äußerte den Vorschlag bei einer Veranstaltung der US-Denkfabrik Brookings Institution. Die Teilhabe an internationalen Strukturen stärkt die Wahrnehmung Taiwans als eigenem Staat. fin

  • Brookings
  • Geopolitik
  • Nationaler Volkskongress
  • Taiwan

UK: Huawei-Aufseher kündigen aus Protest

Zwei Verwaltungsrats-Mitglieder des Telekomausrüsters Huawei in Großbritannien haben ihre Posten aufgegeben, um gegen eine angeblich fehlende Distanzierung des Unternehmens von der Invasion in die Ukraine zu protestieren. Das berichtete die BBC am Mittwochabend. Huawei wiederum dankte Sir Andrew Cahn und Sir Ken Olisa dafür, ihre Marktkenntnisse zur Verfügung gestellt zu haben. Der Konzern wollte den Vorgang aber nicht weiter kommentieren.

Australiens Verteidigungsminister Peter Dutton hatte Huawei zu Wochenbeginn medienwirksam vorgeworfen, das russische Internet trotz Cyber-Attacken aus der Ukraine am Laufen zu halten. Am Dienstag hatte der Fußballspieler Robert Lewandowski seinen Sponsorenvertrag mit Huawei einseitig beendet (China.Table berichtete). fin

  • Geopolitik
  • Großbritannien
  • Russland
  • Ukraine

Presseschau

Energie aus Russland: China kritisiert US-Importverbot FAZ
China will Hilfsgüter in die Ukraine schicken NTV
Russland-Geschäfte werden auch für Chinas Tech-Konzerne zum Risiko HANDELSBLATT
Ausschluss von Ausrüstung und Software: USA erwägen Exportstopps gegen chinesische Firmen HANDELSBLATT
Wie gut sticht Russlands China-Karte? NTV
What keeps China from stopping Russia’s war CNN
Ukraine war likely to influence China on Taiwan, US intelligence chiefs say FT
China state-backed hackers compromised networks of at least 6 U.S. state governments, research finds CNBC
Warum Peking auf Schlingerkurs ist und sich abkoppeln will STANDARD
EU ist Technologie-schwach: Experten fürchten digitale Abhängigkeit von China NTV
Anleger stoppen den Kursrutsch in Asien nur kurz HANDELSBLATT
Nearly 30% think China likely to have spread Covid on purpose, UK poll finds GUARDIAN
How Hong Kong Became China’s Biggest COVID-19 Problem TIME
Empty Stores and an Exodus: Hong Kong’s Covid Crackdown Stirs Panic NYTIMES
Body bags, overflowing morgues and chaotic hospitals: Hong Kong’s pandemic goes critical WASHINGTONPOST

Portrait

Andrew Small – Thinktank-Pionier in Peking

Andrew Small, Senior Transatlantic Fellow im Asia Program des German Marshall Fund of the United States, forscht zu den Beziehungen zwischen China und den Vereinigten Staaten und Europa.
Andrew Small ist Senior Transatlantic Fellow im Asia Program des German Marshall Fund of the United States.

Washington, London, Peking, Brüssel und nun Berlin – Andrew Small hat sich in den vergangenen 20 Jahren vor allem in den Machtzentren dieser Welt aufgehalten. Heute ist der US-Amerikaner Senior Transatlantic Fellow des Asien-Programms des German Marshall Fund of the United States (GMFUS) – einem Programm, das er 2006 selbst mit aus der Taufe gehoben hat. Sein Forschungsfokus liegt auf den Beziehungen zwischen der Volksrepublik China und den Vereinigten Staaten beziehungsweise Europa sowie allgemein auf der chinesischen Außen- und Wirtschaftspolitik. Alles begann mit einem China-Aufenthalt als junger Erwachsener.

“Den ersten Kontaktpunkt zu China hatte ich als Lehrer in Guangzhou in den späten Neunzigern. Das war noch vor der Universität”, erinnert er sich. “Das Erste, was mich anzog, waren die Dokumentation über den Drei-Schluchten-Damm und die anstehenden Veränderungen im Tal des Jangtse. Deshalb wollte ich als erstes rausgehen und das China sehen, das bald verschwinden würde.”

Frühe Denkfabrik-Arbeit: Beziehungen zwischen Europa und China

In den frühen Nullerjahren kehrte Small wieder zurück, damals aber schon in der Funktion eines Thinktankers aus London. Ihm sei zu der Zeit bewusst geworden, dass sich die Denkfabriken noch zu stark auf den innenpolitischen Ist-Zustand der Volksrepublik konzentrierten, aber kein wirklicher Ausblick auf die wachsende globale Rolle des Landes geworfen wurde, so Small.

Er tauchte selbst immer tiefer in die bilateralen Beziehungen zwischen Europa und China ein, unter anderem, indem er den Austausch zwischen Regierungsdelegationen begleitete. “Im Zuge dessen arbeitete ich eng mit der Chinese Academy of Social Sciences zusammen und entschied, dass ich lieber aus Peking statt London heraus arbeiten wollte. 2005 zog ich dorthin und verbrachte ein paar Jahre in Peking”, erzählt Small. Er war einer der wenigen ausländischen Thinktank-Mitarbeiter und hatte sich so eine eigene kleine Nische geschaffen. Als dann die Organisationen aus den Vereinigten Staaten langsam ihre Peking-Büros aufbauen wollten, ging an Small kein Weg mehr vorbei. 

Es scheint oft so, als hätten sich in der politischen Arena mittlerweile viele Akteure eine Meinung zu China gebildet. Wo bleibt da dann die Rolle der Thinktanks und Experten? “Ich finde, dass der Einfluss von den Leuten, die etwas von der Materie verstehen, gerade im China-Kontext sehr hoch ist. Ich bin immer noch beeindruckt, wie abhängig politische Führer von den Experten sind”, meint Small. Viel der Arbeit passiere – auch der Natur der Volksrepublik geschuldet – hinter verschlossenen Türen. Die Herausforderung für Akteure wie ihn bestehe vor allem darin, das gewonnene Verständnis von China zu nutzen und entsprechend in einen handels- oder sicherheitspolitischen Zusammenhang zu übersetzen, der bei Entscheidern auf offene Ohren stößt.  

Neues Buch über den Riss zwischen China und demokratischen Mächten

Was steht für Small als Nächstes an? Er arbeitet an der Fertigstellung seines zweiten Buches, was momentan seine Zeit stark in Anspruch nimmt, wie er berichtet. “Es geht im Buch im Grunde darum, wie dieser Riss zwischen China und den meisten demokratischen Mächten zustande kam”, sagt er. “Dabei schaut das Buch bewusst nicht durch das US-China-Prisma. Es beschäftigt sich stattdessen damit, wie das chinesische System in einer Situation von Rivalität und Wetteifern mit dem demokratischen, liberalen und marktwirtschaftlichen Framework geendet ist.”

Einmal fertiggestellt, wird sich Small dann wieder voll und ganz der Thinktank-Arbeit widmen, die seinen stark mit China verbundenen Karriereweg so lange schon prägt. Constantin Eckner

  • Geopolitik
  • USA

Personalien

Kaher Kazem ist von General Motors zum neuen Executive Vice President von SAIC-GM ernannt worden. Das GM-Joint-Venture in China ist für die Herstellung und Vermarktung der Marken Buick, Cadillac und Chevrolet verantwortlich. Kazem, der derzeit die Position des Präsidenten und CEO von GM Korea innehat, wird ab dem 1. Juni die Top-Managementposition von SAIC-GM in Shanghai übernehmen.

Lu Kang ist neuer chinesischer Botschafter in Indonesien. Der ehemalige Ministeriumssprecher folgt dort auf Xiao Qian.

He Rulong hat seinen Posten als neuer Botschafter Chinas in Island angetreten. Er kam Ende Februar in Reykjavík an, wie das chinesische Außenministerium mitteilte. He ersetzt dort Jin Zhijian.

Dessert

Wegen der Corona-Situation will der US-Fastfood-Riese McDonald’s in Hongkong 38 Filialen temporär schließen. Weitere 90 Läden der Kette sollen zudem früher als normal schließen. In einem Facebook-Post erklärte McDonald’s, dass es “beispiellose Schwierigkeiten” gebe, da Arbeitskräfte und Vorräte fehlten. Insgesamt betreibt die Fastfood-Kette 245 Filialen in der Stadt. Neben McDonald’s haben auch weitere Restaurantketten, darunter Pizza Hut, wegen der Covid-19-Welle ihre Öffnungszeiten verkürzt.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

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    • Außen- und Sicherheitspolitik: Berlin irritiert Peking
    • Stoppt Batterie-Knappheit den E-Auto-Boom?
    • Russland-Sanktionen: USA pochen auf Einhaltung
    • Wachstum führt zu neuen CO2-Höchstwerten
    • China kündigt nur wenig humanitäre Hilfe an
    • Gesetz soll “Vereinigung” mit Taiwan fördern
    • Huawei-Aufsichtsräte in UK kündigen aus Protest
    • Im Portrait: Andrew Small – Thinktank-Pionier in Peking
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    geopolitisch ist derzeit so viel in Bewegung wie wohl seit dem Fall der Berliner Mauer nicht mehr. Russland hat sich mit dem Einmarsch in die Ukraine zumindest bei westlichen Staaten ins weltpolitische Abseits gestellt. Europa will nun so schnell wie möglich unabhängig werden von russischen Energieexporten. Deutschland ist in einer Welt aufgewacht, die zu große Nähe zu autokratischen Regimen bestraft. Ein Umdenken könnte daher bald auch in der deutschen China-Politik einsetzen.

    Bundeskanzler Olaf Scholz hatte vor gut eineinhalb Wochen selbst von einer “Zeitenwende” gesprochen. Er kündigte in seiner Regierungserklärung gravierende Änderungen an. Dass Berlin in so kurzer Zeit eine 180-Grad-Drehung in der zuvor seit Jahrzehnten festgelegten Verteidigungspolitik hingelegt hat, wurde in Peking durchaus registriert, analysieren Christiane Kühl und Amelie Richter. In der chinesischen Hauptstadt gibt es deshalb jetzt viele offene Fragen.

    Große Hoffnungen setzen Politiker derweil überall auf der Welt setzen in das E-Auto. Der elektrische Antrieb soll Emissionen senken und das Klima schützen. Doch es droht bereits die nächste Knappheit: Nach der Chipkrise könnte dem Autosektor bald ein Batteriemangel ins Haus stehen, schreibt unser Team aus Peking. Industrievertreter hoffen, dieses Jahr 5,5 Millionen E-Autos auf dem chinesischen Markt zu verkaufen. Doch das Angebot an Batterien reicht demnach nur für 4,4 Millionen Autos. Weltweit drohen bis 2030 Lücken bei der Versorgung mit E-Auto-Batterien. Eventuell müssen wir also auf das Rad oder den öffentlichen Nahverkehr umsteigen, um das Klima zu schützen!

    Ihr
    Nico Beckert
    Bild von Nico  Beckert

    Analyse

    Sorgen vor der Zeitenwende

    China-Politik: Bundeskanzler Olaf Scholz über die Zeitenwende in Deutschland
    Bundeskanzler Olaf Scholz

    Die China-Strategie der neuen Ampel-Regierung scheint Form anzunehmen. Erste Details sickern bereits durch und sorgen für Debatten in deutschen China-Kreisen ebenso wie in China selbst. So berichtete das Handelsblatt am Mittwoch über einen geheimen Drahtbericht der Deutschen Botschaft in Peking. Dieser fordere die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) auf, ihre Projekte in China zu überdenken. Die staatliche GIZ setzt vor allem im Auftrag des Entwicklungsministeriums (BMZ) Kooperationen etwa im Klimaschutz, im Rechtssystem oder Industrie 4.0 um.

    Auf den Prüfstand sollten vor allem Projekte “für die Bereiche, in denen Deutschland und China in strategischer Konkurrenz zueinanderstehen”, zitiert die Zeitung aus dem Bericht. Nicht immer sei ein zielführender Dialog möglich. Es mag nur ein einzelner Bericht sein, um den es hier geht. Doch er ist wieder ein Signal, dass die China-Politik in Deutschland vor einem Paradigmenwechsel stehen könnte.

    Das registriert man auch in China. Offenbar gibt es in Peking Unruhe über die von Bundeskanzler Olaf Scholz proklamierte “Zeitenwende” in der deutschen Außenpolitik. In EU-Kreisen in Peking heißt es, die schnelle Änderung in der deutschen Verteidigungspolitik sei ein “Schock” gewesen. Der Schwenk Berlins werde in China als “Game Changer” wahrgenommen, den niemand in Peking davor erwartet hatte. Nach einem Bericht der South China Morning Post erkundigen sich aufgeregte Politikwissenschaftler aus Peking bei deutschen Denkfabriken, was es mit der Zeitenwende auf sich habe.

    Zeitenwende: Sorgenfalten in China

    Scholz kündigte in der Ukraine-Sitzung des Bundestages kürzlich einen 100-Milliarden-Euro-Sonderhaushalt für die Bundeswehr an und gelobte, ab sofort die der Nato schon lange zugesagten zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes für die Verteidigung auszugeben. Am selben Tag erlaubte Deutschland Waffenlieferungen an die Ukraine und unterstützte den Ausschluss russischer Banken vom Swift-System sowie das Einfrieren der Vermögenswerte der russischen Zentralbank in Europa. Nichts davon war nur wenige Tage vorher denkbar gewesen.

    Die Zeitenwende sei in China sicherlich registriert worden, sagt Pascal Abb, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK) in Frankfurt. Diesen Eindruck habe er unter anderem aus Gesprächen mit chinesischen Thinktank-Kollegen.

    Deutschland habe mit dem Finanzschub für die Bundeswehr und Waffenlieferungen in die Konfliktregion Ukraine einen jahrzehntelang unveränderten Pfeiler der Außen- und Sicherheitspolitik über den Haufen geworfen, so Abb. Dass dies in solch kurzer Zeit geschah, sorge nun in Peking für Sorge, dass auch in anderen Feldern eine Kehrtwende anstehe, schätzt Abb, der sich am HSFK mit Chinas Außenpolitik und chinesischen Weltordnungskonzepten befasst.

    Bislang galt Deutschland als Staat, der sich mehr um den Marktzugang seiner Autobauer kümmerte als um Geopolitik oder Menschenrechtsfragen. China gefiel, was es als deutschen Pragmatismus ansah: Wirtschaft und Politik trennen. Deutschland sei bisher eher als wirtschaftspolitischer Akteur gesehen worden, sagt Abb. Treffen der beiden Seiten seien eher “komplementär als konträr” gewesen. Mit einem Ausbau der Verteidigungspolitik aber könnte sich das ändern.

    Deutschland: China-Politik stand schon im Wahlkampf zur Disposition

    Einiges von dem, was China erwarten könnte, deutete sich bereits im Wahlkampf und im Koalitionsvertrag an. Außenministerin Annalena Baerbock forderte schon im Wahlkampf eine werteorientierte Außenpolitik, und warb im Umgang mit China für einen Mix aus “Dialog und Härte”. Auch setzt sie stärker als die Vorgängerregierung auf eine gemeinsame Linie der EU gegenüber China. Doch in früheren Jahren lag die Hoheit über die China-Politik in Deutschland meist im Kanzleramt Angela Merkels. Olaf Scholz galt bislang eher als Befürworter ihres Kurses wirtschaftlicher Kooperation. Doch alles, was bisher war, könne nun zur Disposition stehen.

    Als Erstes dürfte sich das im Außenministerium zeigen. Es ist dabei, im Auftrag Baerbocks seine neue China-Strategie zu entwerfen – und wird dabei sicher versuchen, sich gegenüber dem Kanzleramt zu behaupten. “Wir haben gesehen, dass Annalena Baerbock eine selbstbewusste Außenministerin ist, und das Auswärtige Amt hat typischerweise schon ein gutes Gespür dafür, dass Wirtschaft und Geopolitik immer mehr ineinandergreifen“, sagt Jonathan Hackenbroich, Experte für Außenwirtschaftspolitik an der Denkfabrik European Council on Foreign Relations (ECFR).

    “Das Kanzleramt wird gegenüber China sicher etwas moderierender auftreten”, so Hackenbroich zu China.Table. “Aber die entscheidende Frage ist, ob Scholz die Zeitenwende auf Europa und die Verteidigungspolitik bezieht, oder auf die gesamte Weltordnung und damit auch auf die Wirtschaftsbeziehungen. Der Hebel Chinas gegenüber Deutschland wäre dann natürlich ein wichtiges Thema.” Der Hebel, das sind die engen wirtschaftlichen Verflechtungen, und die immer größer werdende Abhängigkeit vieler deutscher Großunternehmen von Chinas Markt.

    China wird Neuausrichtung genau beobachten

    Es werde dauern, bis der künftige außenpolitische Kurs feststehe, glauben Abb und Hackenbroich. Aktuell sei man in Berlin natürlich vor allem mit der akuten Krisenantwort beschäftigt, sagt Hackenbroich. “Es gibt aber offenbar ein Bewusstsein für die Schwere der Veränderungen.”

    Pascal Abb sagt mit Blick auf die Bundeswehr: “Die entscheidende Frage ist, in welchen größeren außenpolitischen Kontext diese neuen Kapazitäten eingebettet werden.” China habe in dieser Hinsicht eine engere EU-Zusammenarbeit hin zu einer strategischen Autonomie immer befürwortet. Anders sehe es bei einer transatlantischen Kooperation unter US-Führung aus, glaubt Abb. Sollte Deutschland etwa neue Kapazitäten dafür nutzen, um sich stärker in der Indo-Pazifik-Region zu engagieren, würde das in Peking sicherlich negativ gesehen, ist sich der Experte sicher. Hackenbroich sieht das ähnlich: “Es wird ja ab und zu der Vergleich zwischen der Ukraine und Taiwan bemüht. Das ist zwar eine andere Situation, aber es gibt durchaus ein paar Parallelen.”

    Der ECFR-Experte ist sich aber in einem sicher: “Die große Frage aber ist, ob die militärische Zeitenwende auch zu einer geoökonomischen Zeitenwende wird. Das ist die Hauptfrage für die deutschen Beziehungen mit China, die ja hauptsächlich ökonomischer Natur sind.” Es könne schon sein, dass die Erfahrung mit der Abhängigkeit des deutschen Energiesektors von Russland dazu führe, dass Berlin einen neuen Blick etwa auf die mögliche Abhängigkeit vom chinesischen Markt werfe, sagt Hackenbroich. “Darauf wird man in Peking genau achten.” Amelie Richter/Christiane Kühl

    • Autoindustrie

    Batterie-Mangel bremst E-Autos

    Das Herzstück aller E-Autos. Batterien könnten in China bald knapp werden.
    Das Herzstück aller E-Autos. Batterien könnten bald knapp werden.

    Käufer von E-Autos in China müssen derzeit sehr geduldig sein. Gleich mehrere Hersteller haben ihre Kunden vertrösten müssen, weil sich die Lieferzeiten für bestellte Neuwagen länger hinziehen als versprochen war. Das chinesische E-Auto-Startup Xpeng entschuldigte sich bei Käufern zuerst im Dezember und dann wieder vor einigen Wochen, weil es nicht in der Lage war, sein neues Modell P5 zum versprochenen Zeitpunkt auszuliefern. Auch Tesla meldete Verzögerungen bei der Auslieferung von bestellten Model 3 und Model Y aus seiner Shanghaier Fabrik. 

    Der Grund: Neben dem weiterhin bestehenden Chipmangel werden nun auch Batterien für E-Autos immer knapper. “Der EV-Markt wuchs zuletzt in einem so rasanten Tempo, dass die Schätzungen von Zulieferern immer wieder übertroffen wurden”, fasste David Zhang, ein Autoexperte der North China University of Technology, die Lage kürzlich gegenüber der Hongkonger Zeitung South China Morning Post zusammen: “Es wird noch einige Zeit dauern, bis die großen Batteriehersteller ihre Produktionskapazität erweitert haben, um die Nachfrage zu befriedigen”, so der Forscher, der davon ausgeht, dass das vorhandene Angebot von Batterien in diesem Jahr nur ausreichen könnte, um 4,4 Millionen NEV-Fahrzeuge in China auszuliefern.

    Nachfrage an E-Autos in China kann erstmal nicht gedeckt werden

    Diese Zahl stünde im krassen Gegensatz zur Prognose des chinesischen Autoverbandes CPCA, der für 2022 eigentlich mit der Auslieferung von 5,5 Millionen E-Fahrzeugen rechnet. Doch auch, wenn nun fehlende Batterien einen Strich durch die optimistische Rechnung des CPCA machen sollten. Mehr als vier Millionen verkaufte E-Autos wären noch immer ein sattes Plus im Vergleich zum Rekordjahr 2021, als in China knapp drei Millionen E-Autos verkauft wurden.

    Klar ist jedoch auch: Die gewaltige Nachfrage wird erstmal nicht gedeckt werden können. Die Probleme dürften anhalten. Nicht nur in China, sondern in allen wichtigen Automärkten weltweit wird in den kommenden Jahren mit einem gewaltigen Run auf E-Autos gerechnet, die jedoch wegen fehlender Batterien wahrscheinlich nicht in ausreichend großer Zahl produziert werden können. 

    Zu diesem Ergebnis kam vergangenes Jahr auch eine Studie des Düsseldorfer Forschungsinstituts Center Automotive Research (CAR). Demnach könnten aufgrund des Batteriemangels zwischen 2022 und 2029 weltweit 18,7 Millionen Elektroautos weniger produziert werden, als es die Nachfrage hergeben würde. Erst 2030 könnte laut der Studie dann ein Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage erreicht werden. Der globale Automarkt sei in diesem Jahrzehnt durch “zwei Engpassfaktoren gekennzeichnet”, schlussfolgert Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer, der das CAR-Institut leitet. Einerseits gebe es einen Mangel an Halbleitern, der sich bis Anfang 2023 auswirken werden. Im Anschluss würden die Probleme mit Batteriezellen zunehmen.

    Lithium-Mangel ist Ursache für Batterie-Knappheit

    Während die akuten Schwierigkeiten in diesem Winter vor allem damit zusammenhängen, dass chinesische Batteriehersteller die Wachstumsdynamik des E-Automarktes unterschätzten und ihre Kapazitäten nicht rechtzeitig vergrößert haben, dürfte sich die Batterieknappheit in den kommenden Jahren vor allem durch einen Mangel des Schlüssel-Rohstoffes Lithium verschärfen. 

    Allein im vergangenen Jahr hat sich der Lithium-Preis vervierfacht und setzt seinen Anstieg derzeit unvermindert fort – auch getrieben von den Unsicherheiten um die Ukraine-Krise, die zahlreiche Rohstoffpreise in die Höhe schnellen lässt. “Steigende Preise für Nickel, Lithium und andere Materialien drohen den langfristigen Trend sinkender Kosten für Batterien zu verlangsamen und sogar vorübergehend umzukehren”, glaubt Gregory Miller, Analyst beim Branchenprognostiker Benchmark Mineral Intelligence. Miller sagt vorher, dass in diesem Jahr der Durchschnittspreis für Lithium-Ionen-Batteriezellen im Vergleich zum Vorjahr erstmals überhaupt steigen könnte. Geben die Autohersteller diese Kosten weiter, müssen Kunden künftig nicht nur länger auf ihr neues E-Auto warten, sondern wohl auch deutlich mehr dafür bezahlen.

    Peking sorgt sich um Lieferketten

    Die drohende Lithium-Knappheit treibt derzeit auch das politische Peking um. Zeng Yuqun, Vorsitzender des größten chinesischen Batterieherstellers CATL, brachte das Thema als Abgeordneter auf die Tagesordnung der Konsultativkonferenz des chinesischen Volkesdie derzeit parallel zum Volkskongress in Peking in der Großen Halle des Volkes tagt. 

    Zeng forderte die chinesische Regierung dazu auf, Chinas Lithium-Lieferketten angesichts des Risikos von Engpässen zu stärken, da sich die Nachfrage mit der zunehmenden Einführung von Elektrofahrzeugen beschleunigt habe. China dominiert bei der Lithium-Veredelung und den industriellen Prozessen, die zur Herstellung einer Batterie notwendig sind. Woran es der jedoch fehlt, ist ein ausreichender Vorrat an eigenen Lithium-Beständen. Hier ist China vor allem auf Importe aus Ländern wie Australien, Chile und der Demokratischen Republik Kongo angewiesen. Jörn Petring/Gregor Koppenburg

    • Autoindustrie

    News

    USA: Sanktionen nicht umgehen

    Die Handelsministerin der USA Gina Raimondo hat chinesische Unternehmen gewarnt, sich nicht über Sanktionen gegen Russland hinwegzusetzen. Die USA könnten den chinesischen Chiphersteller SMIC (Semiconductor Manufacturing International Corporation) oder andere Unternehmen, die weiterhin Chips oder Hightech-Produkte an Russland liefern, “im Wesentlichen stilllegen”, sagte Raimondo gegenüber der New York Times. Die Vereinigten Staaten könnten die chinesischen Unternehmen demnach von US-amerikanischer Ausrüstung und Software abschneiden, die sie für die Herstellung ihrer Produkte benötigen. Russland bezieht rund 70 Prozent seiner Chiplieferungen aus China (China.Table berichtete).

    Tech-Sanktionen gegen Russland aus den USA und der EU

    Die USA, die EU und andere westliche Staaten hatten infolge des russischen Einmarsches in die Ukraine auch Sanktionen gegen Russland erlassen, die den Tech-Sektor betreffen. Laut New York Times gelten die US-Ausfuhrkontrollen nicht nur für US-amerikanische Hersteller. Unternehmen weltweit sind davon erfasst, wenn sie US-amerikanische Software oder Technologie zur Herstellung ihrer Produkte verwenden.

    Russland “wird sicherlich andere Länder umwerben, um unsere Sanktionen und Exportkontrollen zu umgehen”, sagte Raimondo demnach. Eine mögliche US-Reaktion auf chinesische Lieferungen wäre “verheerend für Chinas Fähigkeit, Chips zu produzieren“, sagte Raimondo.

    Derzeit agieren chinesische Unternehmen und Banken noch recht vorsichtig und abwartend, was die westlichen Sanktionen gegen Russland betrifft. Einige Banken aus der Volksrepublik haben die Finanzierung von Rohstoffimporten aus Russland eingestellt (China.Table berichtete). Gleichzeitig verkündete Peking, dass der russisch-chinesische Handel normal weiterlaufen solle. Die westlichen Sanktionen gegen Russland lehnt China ab. nib

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    China verdirbt der Welt die Klimabilanz

    China war im vergangenen Jahr für gut ein Drittel der weltweiten Treibhausgas-Emissionen verantwortlich. Das geht aus neuen Zahlen der Internationalen Energieagentur (IEA) hervor. Weltweit stiegen die Emissionen 2021 demnach auf einen Rekordwert. Nachdem die Emissionen im ersten Jahr der Corona-Pandemie gesunken waren, stiegen sie in deren zweiten Jahr umso stärker an. Obwohl die erneuerbaren Energien ihr größtes jährliches Wachstum verzeichneten, wurde mehr Kohle verbrannt als jemals zuvor. Auf den klimaschädlichen Energieträger entfielen über 40 Prozent des Gesamtwachstums der globalen CO2-Emissionen im Jahr 2021.

    In China stiegen die CO2-Emissionen stärker an, als sie im Rest der Welt abnahmen. Die wirtschaftliche Erholung in der Volksrepublik infolge der Covid-Pandemie ist besonders energieintensiv. Die Stromnachfrage stieg um zehn Prozent und überstieg damit das Wirtschaftswachstum von 8,4 Prozent. Da die Nachfrage so stark wuchs, konnte der Ausbau der erneuerbaren Energien nicht mithalten. 56 Prozent des Anstiegs der Stromnachfrage wurde mit Kohle gedeckt. Auch für das laufende Jahr gehen Experten von einem Anstieg des Kohleverbrauchs und der CO2-Emissionen in China aus (China.Table berichtete).

    Andere Länder konnten CO2-Emissionen aus China nicht ausgleichen

    Die Volksrepublik war für fast den gesamten globalen Anstieg der Emissionen des Strom- und Wärmesektors zwischen 2019 und 2021 verantwortlich. Ein geringer Rückgang in den übrigen Ländern der Welt reichte nicht aus, um den Anstieg in China auszugleichen, sodass die Emissionen aus diesem Sektor anstiegen. Im Industriesektor hat die Volksrepublik allerdings weniger Kohle verbraucht, als im Vor-Corona-Jahr 2019.

    Pro Kopf verursachte China im vergangenen Jahr CO2-Emissionen in Höhe von 8,4 Tonnen. In den USA liegt der Wert bei 14 Tonnen, in der EU bei sechs Tonnen. China weist unter den großen Volkswirtschaften die höchste Emissionsintensität des BIP auf. Um 1.000 US-Dollar zu erwirtschaften, stößt China also am meisten Treibhausgas aus. Zwar ist die Emissionsintensität des chinesischen Bruttoinlandsprodukts seit dem Jahr 2000 um 40 Prozent gesunken. Durch das immense Wachstum der chinesischen Wirtschaft stiegen die absoluten Emissionen jedoch stark an. nib

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    Kleine Hilfe für Ukraine in Aussicht gestellt

    China hat humanitäre Hilfe für die Ukraine angekündigt – belässt es aber bei dem geringen Betrag von fünf Millionen Yuan (720.000 Euro). Die Ukraine habe um “Lebensmittel und Güter des täglichen Bedarfs” gebeten, sagte am Mittwoch ein Regierungssprecher. Es passt zu Chinas bewusst unklarer Kommunikation in dem Konflikt (China.Table berichtete), zwar Hilfe zu gewähren, aber nicht in großem Maßstab. China hat einerseits Besorgnis über den Krieg gezeigt, zugleich aber seine Treue zu Russland betont. fin

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    Forderung nach Taiwan-Gesetz

    Ein Mitglied der Politischen Konsultativkonferenz des Chinesischen Volkes (PKKCV) hat ein Gesetz zur Förderung einer “Wiedervereinigung” von China mit Taiwan vorgeschlagen. Es soll staatlichen Institutionen vorschreiben, auf die “Rückkehr” der Insel “zum Mutterland” hinzuarbeiten. Der Vorschlag stammt von dem Abgeordneten Zhang Lianqi. Die PKKCV ist so etwas wie die Beratungskammer des chinesischen Parlaments. Es handelt sich neben dem Nationalen Volkskongress um die zweite Hälfte der “zwei Sitzungen” 两会, die derzeit tagen.

    Seit 2005 gibt es bereits ein Anti-Sezessionsgesetz. Es verbietet Bestrebungen, die auf die Unabhängigkeit Taiwans hinzielen. Zhang argumentiert nun, das alte Gesetz sei zu passiv. Die Zeit sei reif, aktiv auf eine “Wiedervereinigung” von China und Taiwan hinzuarbeiten. Zhang hat den Gesetzesvorschlag vor Beginn der Sitzungsperiode in der Propagandazeitung “Global Times” vorgestellt.

    Taiwan: Keine Wiedervereinigung mit China, sondern Annexion

    Die Republik China auf Taiwan war nie Teil der Volksrepublik. Aus taiwanischer Sicht wäre der Vorgang also keine Wiedervereinigung, sondern eine Annexion. Die Global Times stellt den Vorstoß in den Zusammenhang mit der Ankunft einer offiziellen amerikanischen Delegation in Taiwan. Es spielt sich also derzeit eine Eskalation weg vom Status quo ab.

    Dazu passt, dass Taiwan am Mittwoch mit einer Forderung nach Teilnahme an den Wirtschaftsverhandlungen im Rahmen der geplanten Indopazifik-Strategie der US-Regierung nachgelegt hat. John Deng, Taiwans Verhandlungsführer in Handelsfragen, äußerte den Vorschlag bei einer Veranstaltung der US-Denkfabrik Brookings Institution. Die Teilhabe an internationalen Strukturen stärkt die Wahrnehmung Taiwans als eigenem Staat. fin

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    UK: Huawei-Aufseher kündigen aus Protest

    Zwei Verwaltungsrats-Mitglieder des Telekomausrüsters Huawei in Großbritannien haben ihre Posten aufgegeben, um gegen eine angeblich fehlende Distanzierung des Unternehmens von der Invasion in die Ukraine zu protestieren. Das berichtete die BBC am Mittwochabend. Huawei wiederum dankte Sir Andrew Cahn und Sir Ken Olisa dafür, ihre Marktkenntnisse zur Verfügung gestellt zu haben. Der Konzern wollte den Vorgang aber nicht weiter kommentieren.

    Australiens Verteidigungsminister Peter Dutton hatte Huawei zu Wochenbeginn medienwirksam vorgeworfen, das russische Internet trotz Cyber-Attacken aus der Ukraine am Laufen zu halten. Am Dienstag hatte der Fußballspieler Robert Lewandowski seinen Sponsorenvertrag mit Huawei einseitig beendet (China.Table berichtete). fin

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    Presseschau

    Energie aus Russland: China kritisiert US-Importverbot FAZ
    China will Hilfsgüter in die Ukraine schicken NTV
    Russland-Geschäfte werden auch für Chinas Tech-Konzerne zum Risiko HANDELSBLATT
    Ausschluss von Ausrüstung und Software: USA erwägen Exportstopps gegen chinesische Firmen HANDELSBLATT
    Wie gut sticht Russlands China-Karte? NTV
    What keeps China from stopping Russia’s war CNN
    Ukraine war likely to influence China on Taiwan, US intelligence chiefs say FT
    China state-backed hackers compromised networks of at least 6 U.S. state governments, research finds CNBC
    Warum Peking auf Schlingerkurs ist und sich abkoppeln will STANDARD
    EU ist Technologie-schwach: Experten fürchten digitale Abhängigkeit von China NTV
    Anleger stoppen den Kursrutsch in Asien nur kurz HANDELSBLATT
    Nearly 30% think China likely to have spread Covid on purpose, UK poll finds GUARDIAN
    How Hong Kong Became China’s Biggest COVID-19 Problem TIME
    Empty Stores and an Exodus: Hong Kong’s Covid Crackdown Stirs Panic NYTIMES
    Body bags, overflowing morgues and chaotic hospitals: Hong Kong’s pandemic goes critical WASHINGTONPOST

    Portrait

    Andrew Small – Thinktank-Pionier in Peking

    Andrew Small, Senior Transatlantic Fellow im Asia Program des German Marshall Fund of the United States, forscht zu den Beziehungen zwischen China und den Vereinigten Staaten und Europa.
    Andrew Small ist Senior Transatlantic Fellow im Asia Program des German Marshall Fund of the United States.

    Washington, London, Peking, Brüssel und nun Berlin – Andrew Small hat sich in den vergangenen 20 Jahren vor allem in den Machtzentren dieser Welt aufgehalten. Heute ist der US-Amerikaner Senior Transatlantic Fellow des Asien-Programms des German Marshall Fund of the United States (GMFUS) – einem Programm, das er 2006 selbst mit aus der Taufe gehoben hat. Sein Forschungsfokus liegt auf den Beziehungen zwischen der Volksrepublik China und den Vereinigten Staaten beziehungsweise Europa sowie allgemein auf der chinesischen Außen- und Wirtschaftspolitik. Alles begann mit einem China-Aufenthalt als junger Erwachsener.

    “Den ersten Kontaktpunkt zu China hatte ich als Lehrer in Guangzhou in den späten Neunzigern. Das war noch vor der Universität”, erinnert er sich. “Das Erste, was mich anzog, waren die Dokumentation über den Drei-Schluchten-Damm und die anstehenden Veränderungen im Tal des Jangtse. Deshalb wollte ich als erstes rausgehen und das China sehen, das bald verschwinden würde.”

    Frühe Denkfabrik-Arbeit: Beziehungen zwischen Europa und China

    In den frühen Nullerjahren kehrte Small wieder zurück, damals aber schon in der Funktion eines Thinktankers aus London. Ihm sei zu der Zeit bewusst geworden, dass sich die Denkfabriken noch zu stark auf den innenpolitischen Ist-Zustand der Volksrepublik konzentrierten, aber kein wirklicher Ausblick auf die wachsende globale Rolle des Landes geworfen wurde, so Small.

    Er tauchte selbst immer tiefer in die bilateralen Beziehungen zwischen Europa und China ein, unter anderem, indem er den Austausch zwischen Regierungsdelegationen begleitete. “Im Zuge dessen arbeitete ich eng mit der Chinese Academy of Social Sciences zusammen und entschied, dass ich lieber aus Peking statt London heraus arbeiten wollte. 2005 zog ich dorthin und verbrachte ein paar Jahre in Peking”, erzählt Small. Er war einer der wenigen ausländischen Thinktank-Mitarbeiter und hatte sich so eine eigene kleine Nische geschaffen. Als dann die Organisationen aus den Vereinigten Staaten langsam ihre Peking-Büros aufbauen wollten, ging an Small kein Weg mehr vorbei. 

    Es scheint oft so, als hätten sich in der politischen Arena mittlerweile viele Akteure eine Meinung zu China gebildet. Wo bleibt da dann die Rolle der Thinktanks und Experten? “Ich finde, dass der Einfluss von den Leuten, die etwas von der Materie verstehen, gerade im China-Kontext sehr hoch ist. Ich bin immer noch beeindruckt, wie abhängig politische Führer von den Experten sind”, meint Small. Viel der Arbeit passiere – auch der Natur der Volksrepublik geschuldet – hinter verschlossenen Türen. Die Herausforderung für Akteure wie ihn bestehe vor allem darin, das gewonnene Verständnis von China zu nutzen und entsprechend in einen handels- oder sicherheitspolitischen Zusammenhang zu übersetzen, der bei Entscheidern auf offene Ohren stößt.  

    Neues Buch über den Riss zwischen China und demokratischen Mächten

    Was steht für Small als Nächstes an? Er arbeitet an der Fertigstellung seines zweiten Buches, was momentan seine Zeit stark in Anspruch nimmt, wie er berichtet. “Es geht im Buch im Grunde darum, wie dieser Riss zwischen China und den meisten demokratischen Mächten zustande kam”, sagt er. “Dabei schaut das Buch bewusst nicht durch das US-China-Prisma. Es beschäftigt sich stattdessen damit, wie das chinesische System in einer Situation von Rivalität und Wetteifern mit dem demokratischen, liberalen und marktwirtschaftlichen Framework geendet ist.”

    Einmal fertiggestellt, wird sich Small dann wieder voll und ganz der Thinktank-Arbeit widmen, die seinen stark mit China verbundenen Karriereweg so lange schon prägt. Constantin Eckner

    • Geopolitik
    • USA

    Personalien

    Kaher Kazem ist von General Motors zum neuen Executive Vice President von SAIC-GM ernannt worden. Das GM-Joint-Venture in China ist für die Herstellung und Vermarktung der Marken Buick, Cadillac und Chevrolet verantwortlich. Kazem, der derzeit die Position des Präsidenten und CEO von GM Korea innehat, wird ab dem 1. Juni die Top-Managementposition von SAIC-GM in Shanghai übernehmen.

    Lu Kang ist neuer chinesischer Botschafter in Indonesien. Der ehemalige Ministeriumssprecher folgt dort auf Xiao Qian.

    He Rulong hat seinen Posten als neuer Botschafter Chinas in Island angetreten. Er kam Ende Februar in Reykjavík an, wie das chinesische Außenministerium mitteilte. He ersetzt dort Jin Zhijian.

    Dessert

    Wegen der Corona-Situation will der US-Fastfood-Riese McDonald’s in Hongkong 38 Filialen temporär schließen. Weitere 90 Läden der Kette sollen zudem früher als normal schließen. In einem Facebook-Post erklärte McDonald’s, dass es “beispiellose Schwierigkeiten” gebe, da Arbeitskräfte und Vorräte fehlten. Insgesamt betreibt die Fastfood-Kette 245 Filialen in der Stadt. Neben McDonald’s haben auch weitere Restaurantketten, darunter Pizza Hut, wegen der Covid-19-Welle ihre Öffnungszeiten verkürzt.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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