“Der Dialog mit China darf trotz allem nicht abreißen” – dieses Mantra wird derzeit in außenpolitischen Kreisen pausenlos wiederholt, was sich auch hier im China.Table niederschlägt. Doch wie erfolgreich ist die EU nach der Sanktionsschlacht von 2021 und dem gescheiterten Video-Gipfel von 2022 darin, die Kanäle gen Peking offenzuhalten? Beamte und Politiker aus den USA waren in den vergangenen Monaten geschickter darin, persönliche Offline-Treffen mit ihren chinesischen Ansprechpartnern zu organisieren, analysiert Frank Sieren. Die Amerikaner halten trotz grollender Töne aus Washington den Austausch am Laufen, während sich die EU selbst im Weg steht.
Das liegt allerdings auch an der Struktur der EU. Die europäische Außenpolitik hängt immer noch zwischen den Mitgliedsstaaten und Brüssel fest. Doch die EU muss China gegenüber aktiver werden, wenn sie ihrem Vertretungsanspruch gerecht werden will, so Sieren. Sonst verliert sie ihre gerade erst mühsam aufgebaute Glaubwürdigkeit.
China setzt sich technisch an die Weltspitze – auch das ist immer wieder zu hören. Ning Wang beleuchtet heute einen konkreten Politikmechanismus, mit dem Peking auf dieses Ziel hinarbeitet. Die Forschungspolitik bündelt die Ressourcen in einzelnen, herausragenden Laboren, die schnell Ergebnisse liefern sollen. Oft folgen die Fördermittel praktischen Politikzielen wie Rüstung oder Energiesicherheit. Doch auch die Grundlagenforschung wird immer stärker. Diese “Schlüssellabore” bilden den Fokuspunkt für die nächste Phase der Aufholjagd.
Dieser Besuch ist bezeichnend für eine neue Konstellation in der sich neu formenden Weltordnung: Am 13. Juni hat US-Sicherheitsberater Jake Sullivan seinen direkten Ansprechpartner Yang Jiechi getroffen. Yang ist im Politbüro der Architekt der chinesischen Außenpolitik. Sullivan und Yang haben sich in Luxemburg getroffen: mitten in Europa, einen Katzensprung von Brüssel entfernt.
Ein Stopp bei Vertretern der EU hatte Yang hingegen nicht eingeplant. Sie wollten nicht. Ein Sprecher des Weißen Hauses bezeichnet derweil die Luxemburger Gespräche als “freimütig, substantiell und konstruktiv.” Sullivan habe dabei betont, “wie wichtig offene Linien der Kommunikation seien, um den Wettbewerb zwischen den beiden Ländern zu managen.” Das Weiße Haus stellte sogar ein Gipfeltreffen zwischen Präsident Xi Jinping und US-Präsident Joe Biden für die kommenden Monate in Aussicht.
In Brüssel herrscht derweil gegenüber China kühles Schweigen. Nur Nicolas Chapuis, scheidender EU Botschafter in Peking, wagt sich jetzt aus der Deckung: Er kündigt gegenüber Bloomberg gleich zwei hochrangige Treffen in den kommenden Wochen an. Doch während das noch ein unklarer Plan ist, haben die USA längst Fakten geschaffen und ihre China-Kontakte reaktiviert. Peking wiederum erwidert diese Initiative mit steigender Gesprächsbereitschaft.
Dabei wäre zumindest ein Gespräch mit Yang, Chinas wichtigstem Außenpolitiker, sinnvoll gewesen. Yang war Botschafter in den USA, als China 2001 Mitglied der Welthandelsorganisation (WTO) wurde. Von 2007 bis 2013 war er Außenminister. Seitdem leitet er als Politbüromitglied die Zentralkommission für Außenangelegenheiten der KP.
Selbst das Covid-Risiko hat Yang nicht abgeschreckt, sich mit seinem US-Counterpart auszutauschen. Tatsächlich treffen Yang und Sullivan sich regelmäßig. Bereits im März 2021 stießen sie bei einem Außenminister-Gipfel in Alaska aufeinander, wo sich auch die Außenminister Antony Blinken und Wang Yi sich erstmals begegneten. Der Ton war hitzig und konfrontativ. Dennoch redet man seitdem immer intensiver – trotz Covid und gegenseitiger Sanktionen. Ein Jahr später saßen sie bereits einträchtig in Rom zusammen.
Andere amerikanische Außenpolitiker suchen ebenfalls den Kontakt. John Kerry, Joe Bidens Klimabeauftragter, war 2021 sogar zweimal in China, im April und im September. Ein dritter Besuch ist in Vorbereitung. Kerry, ein ehemaliger Außenminister, hat bei dem Besuch auch mitnichten nur über das Klima gesprochen, sondern dem Austausch auf anderen Politikfeldern den Weg bereitet. Peking hat Kerry das Gesprächsangebot hoch angerechnet. Er durfte ohne Quarantäne einreisen. Das ist heute vermutlich die höchste Ehre, die China einem Besucher bieten kann. Seine chinesischen Gesprächspartner haben sich stattdessen hinterher selbst in Quarantäne begeben. Ebenso pragmatisch wurde die stellvertretende Außenministerin Wendy Sherman empfangen, die im Juli 2021 in China war.
Brüssel hält solche direkten hochrangigen Gespräche offensichtlich nicht für notwendig, vor allem, seitdem die EU im März 2021 wegen Xinjiang und Hongkong Sanktionen gegen China verhängt haben und Peking mit Sanktionen geantwortet hat. Denn nicht nur Yang Jiechi wurde von Brüssel ignoriert, sondern zuvor auch schon der chinesische Verteidigungsminister Wei Fenghe, der Ende März 2021 Serbien, Nordmazedonien, Ungarn und Griechenland besucht hat. In Brüssel hatte man keine Zeit für ihn, wobei da allerdings schon die Sanktionen in der Luft lagen.
Im Juni trafen sich hingegen Verteidigungsminister Wei und sein US-Kollege Lloyd Austin zu intensiven Gesprächen anlässlich des Shangri-La-Dialogs der asiatischen Verteidigungsminister in Singapur (China.Table berichtete). Daran sollte immerhin auch EU-Außenkommissar Borrell teilnehmen. Er sagte jedoch ab, weil er Covid-positiv getestet wurde. Statt einen anderen Kommissar in Vertretung zu schicken, ließ er Gunnar Wiegand anreisen, den Managing Director für Asien Pazifik des European External Action Service (EEAS). Damit war die EU bei den Gesprächen nicht auf Minister-Ebene vertreten.
Immerhin wurde im Mai der Europa-Beauftragte Pekings Wu Hongbo von Enrique Mora empfangen, dem Vizegeneralsekretär des European External Action Service in Brüssel. Bereits im November reiste eine Delegation unter der Leitung des bis heute noch sehr einflussreichen ehemaligen Wissenschaftsministers Wan Gang zu Gesprächen nach Europa. Zusammen mit ihm war der führende Deutschlandkenner unter den chinesischen Diplomaten unterwegs, der ehemalige Botschafter Shi Mingde. Eine vergleichbare Gegeninitiative aus Brüssel fehlt bislang.
Derweil lautet die Strategie zwischen Washington und Peking, den Austausch wieder in Gang zu bringen: Das Ziel der USA ist es “sicherzustellen, dass jede Seite die Intentionen und Priorität des jeweils anderen versteht”, erläuterte einer von Sullivans Topdiplomaten jüngst. “Das ist entscheidend, um mögliche Missverständnisse und Misskommunikation zu vermeiden und Risiken zu senken. Dies ist entscheidend, um das Verhältnis verantwortungsvoll zu managen.”
Borrell kommt hingegen nicht über Ankündigungen hinaus: “Die EU war zu naiv gegenüber China. Nun müssen wir realistische Beziehungen zu China aufbauen und unsere Werte und Interessen verteidigen.” Oder: “Wir müssen besser werden. China will seine globale Rolle noch ausbauen. Deshalb müssen wir uns mit China verständigen.” Passiert ist bisher fast nichts. Im März regte Borrell noch an: China solle im Ukrainekrieg vermitteln (China.Table berichtete). Im April bezeichnete er den EU-China-Gipfel als “Dialog der Gehörlosen”. Immerhin fand am 29. September der Strategische Dialog zwischen Wang und Borrell als Videoschalte statt (China.Table berichtete).
Die Bilanz fällt unterm Strich ernüchternd aus: Auf Minister-Ebene und schon gar nicht darüber gibt es seit dem EU-China Gipfel 2019 vor drei Jahren zwischen Brüssel und Peking keine direkten, persönlichen Offline-Kontakte. Damals wurde Premierminister Li Keqiang von Donald Tusk und Jean-Claude Juncker empfangen. Mit Covid allein lässt sich das nicht erklären, wie die persönlichen Meetings der US-Vertreter mit ihren chinesischen Ansprechpartnern zeigen.
Weder der Präsident des Europäischen Rates Charles Michel noch Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, aber auch keiner ihrer Kommissare, nicht einmal Außenkommissar Josep Borrell haben ihre chinesischen Counterparts bis heute im Amt persönlich getroffen, während die US-Sicherheitsberater, Außen- und Verteidigungsminister sich längst persönlich austauschten. Zwar sind auch Biden und Xi sich im Präsidentenamt noch nicht persönlich begegnet, kennen sich immerhin sehr gut aus der Zeit, als sie beide Vizepräsidenten ihrer jeweiligen Länder waren. Unter diesen Umständen ist es nicht erstaunlich, dass die Gespräche zwischen Washington und China gut vorankommen, während der EU-China-Online-Gipfel im April 2022 sogar ohne gemeinsame Erklärung endete.
Inzwischen kommt Kritik an Brüssel auch von durchaus besonnenen Ländern wie den Niederlanden. Die Beziehungen mit China abzubrechen, helfe weder Hongkong noch den Uiguren”, sagte Premierminister Mark Rutte kürzlich. “Das ist einer der Gründe, warum ich glaube, die EU sollte mehr als ein geopolitisches Powerhouse agieren. Wir müssen unsere eigene Politik gegenüber China entwickeln, in enger Zusammenarbeit mit den USA.” Das ist auch die Vorstellung der Franzosen und der Deutschen.
Die Führungsschwäche der EU spricht sich derweil langsam in Asien herum. Die jährliche Südostasien-Umfrage des ISEAS Yusof Ishak Institute in Singapur in diesem Frühjahr ergab: Nur 16 Prozent der südostasiatischen Eliten glauben noch, dass die EU Führungsqualität zeige, um die regelbasierte Weltordnung und internationales Recht aufrechtzuerhalten. 2021 waren es noch 32 Prozent.
China holt seit Jahrzehnten in vielen Tech-Bereichen auf und ist in einigen Sektoren schon zum Innovationstreiber geworden. Im 14. Fünfjahresplan (2021-2025) hat sich die chinesische Regierung sehr ehrgeizige, aber auch klare Ziele gesetzt. Sie will eine stärker innovationsbasierte Wirtschaft schaffen und bis zum Jahr 2050 die Weltspitze in Wissenschaft und Technik erreichen (China.Table berichtete). Bis 2025 allein sollen die Ausgaben für Forschung und Entwicklung jährlich um sieben Prozent steigen. Seit der Jahrtausendwende haben sich die Ausgaben als Anteil an der Wirtschaftsleistung schon fast verdreifacht (China.Table berichtete).
Um neue Technologien hervorzubringen, hat die Volksrepublik China ein System sogenannter State Key Labs (SKL) (国家重点实验室) aufgebaut – staatlicher “Schlüssellabore”. Sie sollen Chinas Wirtschaft unabhängiger vom Rest der Welt machen. Durch den Staat finanziert, bilden sie das Fundament für Innovationen im Verteidigungs- und Industriesektor. Zu diesem Fazit kommt ein aktuelles Briefing des Center for Security and Emerging Technology (CEST) an der Georgetown Universität.
Die Labore “betreiben Spitzenforschung in Grundlagen- und angewandter Forschung, ziehen einheimische und ausländische Talente an, schulen sie und fördern den weltweiten akademischen Austausch”, schreiben die Autoren. Viele der Schlüssellabore sind an den Universitäten des Landes angesiedelt. An der Tsinghua-Universität in Peking sind es allein 13 Labore.
Philipp Böing vom ZEW-Leibniz Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung sieht im derzeitigen Fünfjahresplan eine Trendwende. Der Staat mischt sich wieder mehr ein. Dabei hatte die Partei zwischenzeitlich einen anderen Weg eingeschlagen und die Zügel lockergelassen. “In der planwirtschaftlichen Zeit waren die staatlichen Forschungslabore und Forschungszentren die Zentren für Innovation”, sagt Böing. Doch Ende der 1990er- bis Mitte der 2000er-Jahre wurden viele der staatlichen Institute privatisiert, so der ZEW-Forscher. Die Forschungseinrichtungen sollten “sich stärker am Markt ausrichten und damit profitabler werden”.
Doch mittlerweile vollführen die Labore wieder einen Schwenk Richtung mehr staatlicher Einflussnahme.
“Zusammen mit kleinen und mittelständischen Privatbetrieben und Universitäten betreiben die Schlüssellabore vermehrt missionsgetriebene Forschung”, sagt Böing. Staatliche Betriebe geben Kapital und sind auch “Richtungsgeber” für die Labore. Doch die Aufträge von staatlicher Seite richten sich nicht ausschließlich nach Marktsignalen. Vielmehr dienen sie auch politischen Zielen.
In der Luft- und Raumfahrttechnologie etwa baut China Satelliten, die einerseits zu Forschungszwecken dienen. Andererseits dient die Weltraumtechnik natürlich auch militärischen Zielen. Und Peking peilt an, zu den Raumfahrtnationen Russland und USA aufzuschließen (China.Table berichtete). Die Technologiestadt Shenzhen schrieb vergangenes Jahr bis zu 300 Millionen Yuan (45 Millionen Euro) an Anreizen für jedes Projekt im Zusammenhang mit der Entwicklung von Satelliten und verwandten Industrieanwendungen aus.
Mittlerweile gibt es laut den Staatsmedien mehr als 515 Schlüssellabore. Ein Teil wird von halb-privaten Unternehmen betrieben. Hunderte Labore unterstehen jedoch direkt Ministerien, wie dem Bildungsministerium. Ihre Forschungsfelder umfassen beispielsweise Biologie, Chemie, Ingenieurswissenschaften, Geowissenschaften und Physik bis zu Kommunikationstechnologien. In diesen Laboren arbeiten zehntausende Forscherinnen und Forscher. Zuletzt wurden für das Jahr 2016 Zahlen veröffentlicht. Damals waren es schon 35.000 Angestellte.
Chinas Investitionen im Bereich Forschung und Entwicklung sollen auch ausländische Firmen anlocken und einheimische Start-ups befähigen. In Innovations-Clustern soll es zu Austausch über neue Entwicklungen und Ideen kommen. Ein gutes Beispiel ist der Zhongguancun Science Park im Nordwesten Pekings. Dort haben sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten so viele Tech-Start-ups gegründet, dass der Park als das Silicon Valley Chinas gilt. Laut einer Studie der Harvard Business School ist Zhongguancun das zweitgrößte Technologiezentrum der Welt, gemessen an der Risikofinanzierung und der Konzentration von “Einhörnern”, also Start-ups mit einer Bewertung von über einer Milliarde Dollar.
Doch das ist nur die eine Seite. Auch weil die Marktanreize und das private Innovationsumfeld nicht ausreichen, mischt sich der Staat wieder ein, wie Böings Forschungsarbeiten zeigen. Der Staat setzt deswegen Anreize durch Subventionen, etwa um Forschungsaktivitäten in die Bereiche zu lenken, wo neue Prioritäten gesetzt werden.
Im Jahr 2014, als das Ministerium für Wissenschaft und Technologie einige Forschungsfelder festgelegt hatte, waren das vor allem Bereiche wie
“Da kann man dann auch schon vermuten, dass es auch künftig Prioritäten sein werden, wo ökonomische Renditen eher sekundären Charakter haben und andere nationale sicherheitspolitische Themen stärker gewichtet werden“, beurteilt Böing die Situation.
04.07.2022, 8:30 Uhr (MEZ) im Haus der Bayerischen Wirtschaft, Raum Nürnberg (3. Stock), Max-Joseph-Straße 5
Chinaforum Bayern / Breakfast Club: Hongkong – ein Land, zwei Systeme auf dem Prüfstand Mehr
04.07-08.07.2022 9:00 AM (BST)
SOAS London / Hybrid: 2022 Taiwan Studies Summer School Mehr
06.07.2022, 04:00 PM Beijing Time/ 10:00 Uhr (MEZ)
Dezan Shira / Webinar: Maximize Profits in Your Dividend Repatriation by Leveraging the PRC-HK DTA Mehr
06.07.2022, 18:00-20:00 Uhr (MEZ)
Fernuniversität Hagen/ Hybrid: Ein Land – zwei Systeme? Hongkong als Symbol von Konflikt und Begegnung in Ostasien in kolonialer Vergangenheit und globaler Gegenwart Mehr
07.07.2022, 9:00-17:00 Uhr (MEZ), Metzingen
Tempus abc Personalstrategie / Konferenz: Zukunftstag – Haben Sie einen Plan B? Anmeldung
07.07.2022, 11:00 AM Beijing Time/ 19 Uhr (MEZ)
Dezan Shira/ Webinar: RCEP: Opportunities for Hong Kong and the Greater Bay Area Mehr
08.07.2022, 19:30-21:00 Uhr (MEZ)
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09.07.2022, 10:00-14:30 Uhr (MEZ), Berlin, Karl-Abraham-Institut
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VW-Chef Herbert Diess warnt vor einem Konfrontationskurs zu China. Die Grundhaltung der deutschen Regierung gegenüber der Volksrepublik bereite ihm Sorgen, sagte Diess dem Spiegel in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview. “Wir brauchen noch mehr Dialog“, forderte der VW-Chef. “Die chinesische Führung kann auch mit harten europäischen Positionen umgehen – aber man sollte darüber sprechen – und man sollte die wirtschaftlichen Auswirkungen verstehen.”
Würde sich Deutschland von der Volksrepublik abkoppeln, gäbe es laut dem VW-Chef sehr viel weniger Wachstum, Wohlstand und Beschäftigung. “Hierzulande wird extrem unterschätzt, wie stark unser Wohlstand von China mitfinanziert wird.” Von den Entwicklern in Deutschland würden die Hälfte für Kundinnen und Kunden in China arbeiten, so Diess. Und: “Meinen Führungskräften sage ich immer: Ein Großteil eures Bonus wird in China erwirtschaftet.” Der VW-Chef hofft auf “eine weitere Öffnung Chinas”. Die Volksrepublik werde “sich auch im Wertesystem weiter positiv entwickeln”, so Diess.
Befragt nach dem VW-Werk in Xinjiang versicherte Diess, er lasse sich mehrmals im Jahr von seinem Joint-Venture Partner über die Arbeitsbedingungen informieren. Selbst war er noch nicht vor Ort. Der Partner ist das Staatsunternehmen SAIC. Volkswagen ist in China Marktführer. Dies ist trotz der jüngsten Corona-Lockdowns und der Wirtschaftsabkühlung in China zuversichtlich, dass die Volksrepublik Wachstumsmotor bleiben wird. rtr/nib
Batterien, Robotik, Erneuerbare Energien: Bei vielen Schlüsseltechnologien ist Deutschland einer Ifo-Studie zufolge von importierten Rohstoffen abhängig – oftmals von einzelnen Lieferländern wie China. “Dringender Handlungsbedarf für krisensichere Lieferketten besteht bei neun kritischen Mineralien“, schlussfolgerte die Leiterin des Ifo-Zentrums für Außenwirtschaft, Lisandra Flach, aus der am Donnerstag veröffentlichten Untersuchung ihres Wirtschaftsforschungsinstituts. Dies seien
“Hier sind mehr Bezugsquellen nötig, um die Lieferketten widerstandsfähiger zu machen”, sagte die Expertin. Lieferkettenstörungen sind der Studie zufolge bei den genannten Rohstoffen besonders problematisch. Der Grund: alternative Quellen könnten nur langfristig erschlossen werden. Dies sei eine Lektion der jüngsten Versorgungsnotlagen im Zuge der Corona-Pandemie und Krisen wie dem Ukraine-Krieg.
Bei sieben der neun besonders kritischen Rohstoffe ist den Angaben zufolge China einer der größten Anbieter am Weltmarkt – teilweise in marktdominierender Position. Dies spreche für eine schnelle Verstärkung bereits bestehender Handelsbeziehungen zu anderen Ländern, darunter Thailand und Vietnam für die Seltenen Erden, aber auch zu Argentinien, Brasilien, den USA und Australien für andere kritische Rohstoffe. Bei der Mehrheit der in der Studie untersuchten 23 kritischen Rohstoffe seien Maßnahmen für widerstandsfähigere Lieferketten nötig, sagte Außenhandelsexpertin Flach.
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sieht Potenzial in einer besseren EU-weiten Abstimmung sowohl bei Strategien für eine bessere Rohstoffverteilung innerhalb der EU als auch in der gemeinsamen Handelspolitik nach außen. “Viele EU-Mitglieder verfügen über Potenziale bei kritischen Rohstoffen”, sagte DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier. “Hier muss die Erschließung und Verarbeitung von Rohstoffen innerhalb der EU verstärkt ausgebaut werden.” Zusätzlich müsse die EU rasch mit Handels- und Investitionsabkommen den Unternehmen dabei helfen, weltweit neue und nachhaltige Rohstoffquellen zu erschließen. Gerade die Abkommen mit den Mercosur-Ländern in Südamerika, aber auch Indonesien und Indien seien hierfür relevant und sollten rasch abgeschlossen werden. rtr
Chinas Ansehen im Ausland leidet unter der schlechten Menschenrechtslage in der Volksrepublik. Das ist das Ergebnis einer neuen Umfrage des Pew Research Centre unter knapp 25.000 Menschen in 19 Ländern. In den meisten Ländern haben die negativen Ansichten zu China zugenommen, wie die South China Morning Post berichtet.
Die schlechte Menschenrechtsbilanz der Volksrepublik wird dabei als Hauptursache angeführt. Sie verschlechtert Chinas Ansehen im Ausland stärker als die Sorgen über die chinesische Militärmacht, den wirtschaftlichen Wettbewerb und Chinas Engagement im Land der jeweils Befragten. Fast 80 Prozent der Befragten sagten, Chinas Menschenrechtspolitik sei ein “schweres oder sehr schweres Problem” für ihre Länder. Die zunehmende Militärmacht und die aggressive Wirtschaftspolitik wird von 72 beziehungsweise 66 Prozent als schweres oder sehr schweres Problem angesehen.
Erst Ende Mai gab es ein Datenleak, das Menschenrechtsverletzungen in der Provinz Xinjiang belegt. Die sogenannten Xinjiang Police Files zeigen Folterungen und schlechte Haftbedingungen von Uiguren in Internierungslagern. Sie belegen die unmittelbare Verstrickung des Machtzirkels der Kommunistischen Partei bei der Internierung von zahllosen Uiguren (China.Table berichtete). Auch in Deutschland zeigen sich die Menschen besorgt über die Menschenrechtslage. Über 70 Prozent der Befragten sagen, Deutschland solle chinesische Importe bei Verdacht von Zwangsarbeit verbieten, wie eine von China.Table durchgeführte Umfrage zeigt (China.Table berichtete). nib
Chinas Behörden erwarten für den Juli und August weitere Starkregen mit Überflutungen. In den vergangenen Wochen wurden hunderttausende Menschen im Süden und Osten des Landes aufgrund von Überflutungen evakuiert. “Es wird vorhergesagt, dass es von Juli bis August mehr extreme Wetterereignisse in China geben wird und die regionalen Überschwemmungs- und Dürrebedingungen schwerer sein werden als sonst“, sagte Yao Wenguang, Direktor der Abteilung für Hochwasser- und Dürrekatastrophenschutz des Ministeriums für Wasserressourcen.
Im Norden des Landes, vor allem in den Provinzen Henan, Innere Mongolei, Shaanxi und Gansu, werden sich Yao zufolge Dürren ausbreiten. Die Regierung unternehme alles, um die sichere Versorgung mit Trinkwasser zu gewährleisten und um den Bedarf an Wasser zur Bewässerung landwirtschaftlicher Flächen sicherzustellen.
Ob auch weiter mit Hitzewellen gerechnet wird, sagte Yao nicht. In den vergangenen Wochen hatte anhaltende Hitze in Shandong, Henan und Hebei das Stromnetz an die Belastungsgrenze getrieben, da Klimaanlagen auf Hochtouren liefen. Extreme Wetterereignisse machen derzeit weltweit Schlagzeilen: Überschwemmungen in China, Indien und Bangladesch, Hitzewellen in Südasien, Europa und den Vereinigten Staaten. Wissenschaftler und Experten weisen auf den Klimawandel als Schuldigen hin. Er macht Hitzewellen und Starkregen wahrscheinlicher und extremer. nib
Staatschef Xi Jinping hat am Donnerstag das Konzept “ein Land, zwei Systeme” als Erfolg gelobt und als “lebendig” bezeichnet. Die Aussage fiel bei einem Grußwort an die Bürger der Stadt kurz nach seiner Anreise zu den Feiern der Rückgabe an China am Freitag (China.Table berichtete). Es ist das erste Mal seit 2017, dass Xi nach Hongkong kommt und das erste Mal seit Ausbruch der Pandemie, dass er Festlandchina verlässt. Zusammen mit seiner Gattin Peng Liyuan fuhr er mit dem Hochgeschwindigkeitszug von Shenzhen aus über die Grenze.
Am Donnerstagabend hat Xi Jinping an einem Bankett für die scheidende Verwaltungschefin Carrie Lam teilgenommen. Am Freitag wird er eine Grundsatzrede zum Status der Finanzmetropole halten und über den Amtsantritt des neuen Verwaltungschefs John Lee präsidieren.
“Ein Land, zwei Systeme” gilt allgemein als gescheitert. Lee ist Polizist und hat bereits angekündigt, in Hongkong für Ruhe vor Bürgerrechtlern zu sorgen (China.Table berichtete). Mit den “zwei Systemen” war ursprünglich eine sozialistische Wirtschaftsordnung auf dem Festland und eine kapitalistische Wirtschaft und “Lebensweise” in Hongkong gemeint. Der Begriff umfasst im weiteren Sinne jedoch auch eine autoritäre Regierung auf dem Festland und die rechtsstaatlich angelegte Verfassung in Hongkong. fin
Kurz vor dem Abitur begann Thomas Höllmann, sich für China zu interessieren. Eigentlich hatte er geplant, an der Kunstakademie zu studieren, doch mit der Begeisterung für die chinesische Kunst wuchs auch das Interesse an der chinesischen Geschichte. “In den frühen 1970er Jahren hatte die Kulturrevolution in China noch ein hohes Aufmerksamkeitspotenzial”, sagt Höllmann.
Er schrieb sich für Sinologie an der Münchner Universität ein. Der Studiengang hatte damals großen Zulauf, doch die Abbruchquote lag bei mehr als 95 Prozent. Höllmann war einer der wenigen Studierenden, die bis zum Magister-Abschluss blieben – und sogar länger. Mit 29 Jahren schloss er seine Promotion ab, vier Jahre später die Habilitation.
Asien bereiste Höllmann zum ersten Mal, als er bereits mitten in seinem Sinologie-Studium war: “Ich verbrachte mein drittes und viertes Semester an der Furen-Universität in Taiwan”. Dort vertiefte er seine Sprachkenntnisse in Mandarin. “Aber ich bedaure bis heute, dass ich keinen der regionalen Dialekte beherrsche.”
In den späten Studienjahren folgten weitere Aufenthalte, in denen er sich mit den Tsou, einer ethnischen Minderheit in der zentralen Gebirgsregion der Insel beschäftigte. “Daraus erwuchs dann auch meine Dissertation”, erzählt Höllmann. Etwa 6.000 Menschen gehören zur Minderheit der Tsou, sie sind die siebtgrößte indigene Gruppe in Taiwan. Die frühesten schriftlichen Aufzeichnungen über sie gehen zurück ins 17. Jahrhundert, in die Zeit der holländischen Besatzung.
Ab den 1980er-Jahren bis zum Ausbruch der Pandemie reiste Höllmann regelmäßig nach China, unter anderem als Gastprofessor. Er hält enge Verbindungen nach Peking, an die Peking Universität und die dortige Akademie für Sozialwissenschaften. Eine besondere Zuneigung allerdings gilt den Oasenstädten in Xinjang: “Hier wurde mein Bild von der Seidenstraße mit Leben erfüllt.” Sein kürzlich erschienenes Buch “China und die Seidenstraße” rekonstruiert die Bedeutung der weltberühmten Handelsroute und beschreibt anschaulich, was Globalisierung in einem Zeitraum von rund zwei Jahrtausenden bedeutete.
Seit 2017 ist Höllmann Präsident der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und steht an der Spitze von annähernd 500 Mitarbeitern, die an mehreren Instituten und in mehr als 50 Projekten beschäftigt sind. “Ich schätze an meiner Position besonders die Möglichkeit, längerfristige Grundlagenforschung in einem weiten Fächerspektrum anzuschieben und zu betreuen”, sagt er.
Auf China blickt Höllmann aktuell mit Sorge. “Die faszinierende Multikulturalität in dem Land – das für mich eher einem Kontinent gleicht – erscheint mir derzeit sehr gefährdet.” Die Traditionen ethnischer und religiöser Minderheiten würden weniger geschützt und gepflegt als noch vor einigen Jahren. “Nicht das Nebeneinander der Kulturen wird von der Politik in den Vordergrund gerückt, sondern die Anpassung an die Wertvorstellungen der Bevölkerungsmehrheit.” Svenja Napp
Tobias Frenz wurde von Munich Re zum Leiter ihrer Niederlassung in Singapur ernannt. Frenz blickt auf eine 20-jährige Karriere bei dem Rückversicherer. Er war zuvor in Deutschland, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Malaysia und Singapur in der Kundenbetreuung und -führung tätig.
Kian Hoe Tan wurde von der Hong Kong Exchanges and Clearing (HKEX) zum Geschäftsführer und Leiter der Finanzabteilung ernannt. HKEX ist ein Börsenbetreiber und unterhält in Asien eine Reihe von Aktien-, Rohstoff-, Renten- und Devisenmärkten.
Erkennen Sie es? Unser heutiges Dessert zeigt Shanghai im Jahr 1871. Die Fotos wurden 1981 aus Negativen von 1871 entwickelt.
“Der Dialog mit China darf trotz allem nicht abreißen” – dieses Mantra wird derzeit in außenpolitischen Kreisen pausenlos wiederholt, was sich auch hier im China.Table niederschlägt. Doch wie erfolgreich ist die EU nach der Sanktionsschlacht von 2021 und dem gescheiterten Video-Gipfel von 2022 darin, die Kanäle gen Peking offenzuhalten? Beamte und Politiker aus den USA waren in den vergangenen Monaten geschickter darin, persönliche Offline-Treffen mit ihren chinesischen Ansprechpartnern zu organisieren, analysiert Frank Sieren. Die Amerikaner halten trotz grollender Töne aus Washington den Austausch am Laufen, während sich die EU selbst im Weg steht.
Das liegt allerdings auch an der Struktur der EU. Die europäische Außenpolitik hängt immer noch zwischen den Mitgliedsstaaten und Brüssel fest. Doch die EU muss China gegenüber aktiver werden, wenn sie ihrem Vertretungsanspruch gerecht werden will, so Sieren. Sonst verliert sie ihre gerade erst mühsam aufgebaute Glaubwürdigkeit.
China setzt sich technisch an die Weltspitze – auch das ist immer wieder zu hören. Ning Wang beleuchtet heute einen konkreten Politikmechanismus, mit dem Peking auf dieses Ziel hinarbeitet. Die Forschungspolitik bündelt die Ressourcen in einzelnen, herausragenden Laboren, die schnell Ergebnisse liefern sollen. Oft folgen die Fördermittel praktischen Politikzielen wie Rüstung oder Energiesicherheit. Doch auch die Grundlagenforschung wird immer stärker. Diese “Schlüssellabore” bilden den Fokuspunkt für die nächste Phase der Aufholjagd.
Dieser Besuch ist bezeichnend für eine neue Konstellation in der sich neu formenden Weltordnung: Am 13. Juni hat US-Sicherheitsberater Jake Sullivan seinen direkten Ansprechpartner Yang Jiechi getroffen. Yang ist im Politbüro der Architekt der chinesischen Außenpolitik. Sullivan und Yang haben sich in Luxemburg getroffen: mitten in Europa, einen Katzensprung von Brüssel entfernt.
Ein Stopp bei Vertretern der EU hatte Yang hingegen nicht eingeplant. Sie wollten nicht. Ein Sprecher des Weißen Hauses bezeichnet derweil die Luxemburger Gespräche als “freimütig, substantiell und konstruktiv.” Sullivan habe dabei betont, “wie wichtig offene Linien der Kommunikation seien, um den Wettbewerb zwischen den beiden Ländern zu managen.” Das Weiße Haus stellte sogar ein Gipfeltreffen zwischen Präsident Xi Jinping und US-Präsident Joe Biden für die kommenden Monate in Aussicht.
In Brüssel herrscht derweil gegenüber China kühles Schweigen. Nur Nicolas Chapuis, scheidender EU Botschafter in Peking, wagt sich jetzt aus der Deckung: Er kündigt gegenüber Bloomberg gleich zwei hochrangige Treffen in den kommenden Wochen an. Doch während das noch ein unklarer Plan ist, haben die USA längst Fakten geschaffen und ihre China-Kontakte reaktiviert. Peking wiederum erwidert diese Initiative mit steigender Gesprächsbereitschaft.
Dabei wäre zumindest ein Gespräch mit Yang, Chinas wichtigstem Außenpolitiker, sinnvoll gewesen. Yang war Botschafter in den USA, als China 2001 Mitglied der Welthandelsorganisation (WTO) wurde. Von 2007 bis 2013 war er Außenminister. Seitdem leitet er als Politbüromitglied die Zentralkommission für Außenangelegenheiten der KP.
Selbst das Covid-Risiko hat Yang nicht abgeschreckt, sich mit seinem US-Counterpart auszutauschen. Tatsächlich treffen Yang und Sullivan sich regelmäßig. Bereits im März 2021 stießen sie bei einem Außenminister-Gipfel in Alaska aufeinander, wo sich auch die Außenminister Antony Blinken und Wang Yi sich erstmals begegneten. Der Ton war hitzig und konfrontativ. Dennoch redet man seitdem immer intensiver – trotz Covid und gegenseitiger Sanktionen. Ein Jahr später saßen sie bereits einträchtig in Rom zusammen.
Andere amerikanische Außenpolitiker suchen ebenfalls den Kontakt. John Kerry, Joe Bidens Klimabeauftragter, war 2021 sogar zweimal in China, im April und im September. Ein dritter Besuch ist in Vorbereitung. Kerry, ein ehemaliger Außenminister, hat bei dem Besuch auch mitnichten nur über das Klima gesprochen, sondern dem Austausch auf anderen Politikfeldern den Weg bereitet. Peking hat Kerry das Gesprächsangebot hoch angerechnet. Er durfte ohne Quarantäne einreisen. Das ist heute vermutlich die höchste Ehre, die China einem Besucher bieten kann. Seine chinesischen Gesprächspartner haben sich stattdessen hinterher selbst in Quarantäne begeben. Ebenso pragmatisch wurde die stellvertretende Außenministerin Wendy Sherman empfangen, die im Juli 2021 in China war.
Brüssel hält solche direkten hochrangigen Gespräche offensichtlich nicht für notwendig, vor allem, seitdem die EU im März 2021 wegen Xinjiang und Hongkong Sanktionen gegen China verhängt haben und Peking mit Sanktionen geantwortet hat. Denn nicht nur Yang Jiechi wurde von Brüssel ignoriert, sondern zuvor auch schon der chinesische Verteidigungsminister Wei Fenghe, der Ende März 2021 Serbien, Nordmazedonien, Ungarn und Griechenland besucht hat. In Brüssel hatte man keine Zeit für ihn, wobei da allerdings schon die Sanktionen in der Luft lagen.
Im Juni trafen sich hingegen Verteidigungsminister Wei und sein US-Kollege Lloyd Austin zu intensiven Gesprächen anlässlich des Shangri-La-Dialogs der asiatischen Verteidigungsminister in Singapur (China.Table berichtete). Daran sollte immerhin auch EU-Außenkommissar Borrell teilnehmen. Er sagte jedoch ab, weil er Covid-positiv getestet wurde. Statt einen anderen Kommissar in Vertretung zu schicken, ließ er Gunnar Wiegand anreisen, den Managing Director für Asien Pazifik des European External Action Service (EEAS). Damit war die EU bei den Gesprächen nicht auf Minister-Ebene vertreten.
Immerhin wurde im Mai der Europa-Beauftragte Pekings Wu Hongbo von Enrique Mora empfangen, dem Vizegeneralsekretär des European External Action Service in Brüssel. Bereits im November reiste eine Delegation unter der Leitung des bis heute noch sehr einflussreichen ehemaligen Wissenschaftsministers Wan Gang zu Gesprächen nach Europa. Zusammen mit ihm war der führende Deutschlandkenner unter den chinesischen Diplomaten unterwegs, der ehemalige Botschafter Shi Mingde. Eine vergleichbare Gegeninitiative aus Brüssel fehlt bislang.
Derweil lautet die Strategie zwischen Washington und Peking, den Austausch wieder in Gang zu bringen: Das Ziel der USA ist es “sicherzustellen, dass jede Seite die Intentionen und Priorität des jeweils anderen versteht”, erläuterte einer von Sullivans Topdiplomaten jüngst. “Das ist entscheidend, um mögliche Missverständnisse und Misskommunikation zu vermeiden und Risiken zu senken. Dies ist entscheidend, um das Verhältnis verantwortungsvoll zu managen.”
Borrell kommt hingegen nicht über Ankündigungen hinaus: “Die EU war zu naiv gegenüber China. Nun müssen wir realistische Beziehungen zu China aufbauen und unsere Werte und Interessen verteidigen.” Oder: “Wir müssen besser werden. China will seine globale Rolle noch ausbauen. Deshalb müssen wir uns mit China verständigen.” Passiert ist bisher fast nichts. Im März regte Borrell noch an: China solle im Ukrainekrieg vermitteln (China.Table berichtete). Im April bezeichnete er den EU-China-Gipfel als “Dialog der Gehörlosen”. Immerhin fand am 29. September der Strategische Dialog zwischen Wang und Borrell als Videoschalte statt (China.Table berichtete).
Die Bilanz fällt unterm Strich ernüchternd aus: Auf Minister-Ebene und schon gar nicht darüber gibt es seit dem EU-China Gipfel 2019 vor drei Jahren zwischen Brüssel und Peking keine direkten, persönlichen Offline-Kontakte. Damals wurde Premierminister Li Keqiang von Donald Tusk und Jean-Claude Juncker empfangen. Mit Covid allein lässt sich das nicht erklären, wie die persönlichen Meetings der US-Vertreter mit ihren chinesischen Ansprechpartnern zeigen.
Weder der Präsident des Europäischen Rates Charles Michel noch Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, aber auch keiner ihrer Kommissare, nicht einmal Außenkommissar Josep Borrell haben ihre chinesischen Counterparts bis heute im Amt persönlich getroffen, während die US-Sicherheitsberater, Außen- und Verteidigungsminister sich längst persönlich austauschten. Zwar sind auch Biden und Xi sich im Präsidentenamt noch nicht persönlich begegnet, kennen sich immerhin sehr gut aus der Zeit, als sie beide Vizepräsidenten ihrer jeweiligen Länder waren. Unter diesen Umständen ist es nicht erstaunlich, dass die Gespräche zwischen Washington und China gut vorankommen, während der EU-China-Online-Gipfel im April 2022 sogar ohne gemeinsame Erklärung endete.
Inzwischen kommt Kritik an Brüssel auch von durchaus besonnenen Ländern wie den Niederlanden. Die Beziehungen mit China abzubrechen, helfe weder Hongkong noch den Uiguren”, sagte Premierminister Mark Rutte kürzlich. “Das ist einer der Gründe, warum ich glaube, die EU sollte mehr als ein geopolitisches Powerhouse agieren. Wir müssen unsere eigene Politik gegenüber China entwickeln, in enger Zusammenarbeit mit den USA.” Das ist auch die Vorstellung der Franzosen und der Deutschen.
Die Führungsschwäche der EU spricht sich derweil langsam in Asien herum. Die jährliche Südostasien-Umfrage des ISEAS Yusof Ishak Institute in Singapur in diesem Frühjahr ergab: Nur 16 Prozent der südostasiatischen Eliten glauben noch, dass die EU Führungsqualität zeige, um die regelbasierte Weltordnung und internationales Recht aufrechtzuerhalten. 2021 waren es noch 32 Prozent.
China holt seit Jahrzehnten in vielen Tech-Bereichen auf und ist in einigen Sektoren schon zum Innovationstreiber geworden. Im 14. Fünfjahresplan (2021-2025) hat sich die chinesische Regierung sehr ehrgeizige, aber auch klare Ziele gesetzt. Sie will eine stärker innovationsbasierte Wirtschaft schaffen und bis zum Jahr 2050 die Weltspitze in Wissenschaft und Technik erreichen (China.Table berichtete). Bis 2025 allein sollen die Ausgaben für Forschung und Entwicklung jährlich um sieben Prozent steigen. Seit der Jahrtausendwende haben sich die Ausgaben als Anteil an der Wirtschaftsleistung schon fast verdreifacht (China.Table berichtete).
Um neue Technologien hervorzubringen, hat die Volksrepublik China ein System sogenannter State Key Labs (SKL) (国家重点实验室) aufgebaut – staatlicher “Schlüssellabore”. Sie sollen Chinas Wirtschaft unabhängiger vom Rest der Welt machen. Durch den Staat finanziert, bilden sie das Fundament für Innovationen im Verteidigungs- und Industriesektor. Zu diesem Fazit kommt ein aktuelles Briefing des Center for Security and Emerging Technology (CEST) an der Georgetown Universität.
Die Labore “betreiben Spitzenforschung in Grundlagen- und angewandter Forschung, ziehen einheimische und ausländische Talente an, schulen sie und fördern den weltweiten akademischen Austausch”, schreiben die Autoren. Viele der Schlüssellabore sind an den Universitäten des Landes angesiedelt. An der Tsinghua-Universität in Peking sind es allein 13 Labore.
Philipp Böing vom ZEW-Leibniz Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung sieht im derzeitigen Fünfjahresplan eine Trendwende. Der Staat mischt sich wieder mehr ein. Dabei hatte die Partei zwischenzeitlich einen anderen Weg eingeschlagen und die Zügel lockergelassen. “In der planwirtschaftlichen Zeit waren die staatlichen Forschungslabore und Forschungszentren die Zentren für Innovation”, sagt Böing. Doch Ende der 1990er- bis Mitte der 2000er-Jahre wurden viele der staatlichen Institute privatisiert, so der ZEW-Forscher. Die Forschungseinrichtungen sollten “sich stärker am Markt ausrichten und damit profitabler werden”.
Doch mittlerweile vollführen die Labore wieder einen Schwenk Richtung mehr staatlicher Einflussnahme.
“Zusammen mit kleinen und mittelständischen Privatbetrieben und Universitäten betreiben die Schlüssellabore vermehrt missionsgetriebene Forschung”, sagt Böing. Staatliche Betriebe geben Kapital und sind auch “Richtungsgeber” für die Labore. Doch die Aufträge von staatlicher Seite richten sich nicht ausschließlich nach Marktsignalen. Vielmehr dienen sie auch politischen Zielen.
In der Luft- und Raumfahrttechnologie etwa baut China Satelliten, die einerseits zu Forschungszwecken dienen. Andererseits dient die Weltraumtechnik natürlich auch militärischen Zielen. Und Peking peilt an, zu den Raumfahrtnationen Russland und USA aufzuschließen (China.Table berichtete). Die Technologiestadt Shenzhen schrieb vergangenes Jahr bis zu 300 Millionen Yuan (45 Millionen Euro) an Anreizen für jedes Projekt im Zusammenhang mit der Entwicklung von Satelliten und verwandten Industrieanwendungen aus.
Mittlerweile gibt es laut den Staatsmedien mehr als 515 Schlüssellabore. Ein Teil wird von halb-privaten Unternehmen betrieben. Hunderte Labore unterstehen jedoch direkt Ministerien, wie dem Bildungsministerium. Ihre Forschungsfelder umfassen beispielsweise Biologie, Chemie, Ingenieurswissenschaften, Geowissenschaften und Physik bis zu Kommunikationstechnologien. In diesen Laboren arbeiten zehntausende Forscherinnen und Forscher. Zuletzt wurden für das Jahr 2016 Zahlen veröffentlicht. Damals waren es schon 35.000 Angestellte.
Chinas Investitionen im Bereich Forschung und Entwicklung sollen auch ausländische Firmen anlocken und einheimische Start-ups befähigen. In Innovations-Clustern soll es zu Austausch über neue Entwicklungen und Ideen kommen. Ein gutes Beispiel ist der Zhongguancun Science Park im Nordwesten Pekings. Dort haben sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten so viele Tech-Start-ups gegründet, dass der Park als das Silicon Valley Chinas gilt. Laut einer Studie der Harvard Business School ist Zhongguancun das zweitgrößte Technologiezentrum der Welt, gemessen an der Risikofinanzierung und der Konzentration von “Einhörnern”, also Start-ups mit einer Bewertung von über einer Milliarde Dollar.
Doch das ist nur die eine Seite. Auch weil die Marktanreize und das private Innovationsumfeld nicht ausreichen, mischt sich der Staat wieder ein, wie Böings Forschungsarbeiten zeigen. Der Staat setzt deswegen Anreize durch Subventionen, etwa um Forschungsaktivitäten in die Bereiche zu lenken, wo neue Prioritäten gesetzt werden.
Im Jahr 2014, als das Ministerium für Wissenschaft und Technologie einige Forschungsfelder festgelegt hatte, waren das vor allem Bereiche wie
“Da kann man dann auch schon vermuten, dass es auch künftig Prioritäten sein werden, wo ökonomische Renditen eher sekundären Charakter haben und andere nationale sicherheitspolitische Themen stärker gewichtet werden“, beurteilt Böing die Situation.
04.07.2022, 8:30 Uhr (MEZ) im Haus der Bayerischen Wirtschaft, Raum Nürnberg (3. Stock), Max-Joseph-Straße 5
Chinaforum Bayern / Breakfast Club: Hongkong – ein Land, zwei Systeme auf dem Prüfstand Mehr
04.07-08.07.2022 9:00 AM (BST)
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06.07.2022, 04:00 PM Beijing Time/ 10:00 Uhr (MEZ)
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06.07.2022, 18:00-20:00 Uhr (MEZ)
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07.07.2022, 9:00-17:00 Uhr (MEZ), Metzingen
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07.07.2022, 11:00 AM Beijing Time/ 19 Uhr (MEZ)
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08.07.2022, 19:30-21:00 Uhr (MEZ)
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09.07.2022, 10:00-14:30 Uhr (MEZ), Berlin, Karl-Abraham-Institut
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VW-Chef Herbert Diess warnt vor einem Konfrontationskurs zu China. Die Grundhaltung der deutschen Regierung gegenüber der Volksrepublik bereite ihm Sorgen, sagte Diess dem Spiegel in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview. “Wir brauchen noch mehr Dialog“, forderte der VW-Chef. “Die chinesische Führung kann auch mit harten europäischen Positionen umgehen – aber man sollte darüber sprechen – und man sollte die wirtschaftlichen Auswirkungen verstehen.”
Würde sich Deutschland von der Volksrepublik abkoppeln, gäbe es laut dem VW-Chef sehr viel weniger Wachstum, Wohlstand und Beschäftigung. “Hierzulande wird extrem unterschätzt, wie stark unser Wohlstand von China mitfinanziert wird.” Von den Entwicklern in Deutschland würden die Hälfte für Kundinnen und Kunden in China arbeiten, so Diess. Und: “Meinen Führungskräften sage ich immer: Ein Großteil eures Bonus wird in China erwirtschaftet.” Der VW-Chef hofft auf “eine weitere Öffnung Chinas”. Die Volksrepublik werde “sich auch im Wertesystem weiter positiv entwickeln”, so Diess.
Befragt nach dem VW-Werk in Xinjiang versicherte Diess, er lasse sich mehrmals im Jahr von seinem Joint-Venture Partner über die Arbeitsbedingungen informieren. Selbst war er noch nicht vor Ort. Der Partner ist das Staatsunternehmen SAIC. Volkswagen ist in China Marktführer. Dies ist trotz der jüngsten Corona-Lockdowns und der Wirtschaftsabkühlung in China zuversichtlich, dass die Volksrepublik Wachstumsmotor bleiben wird. rtr/nib
Batterien, Robotik, Erneuerbare Energien: Bei vielen Schlüsseltechnologien ist Deutschland einer Ifo-Studie zufolge von importierten Rohstoffen abhängig – oftmals von einzelnen Lieferländern wie China. “Dringender Handlungsbedarf für krisensichere Lieferketten besteht bei neun kritischen Mineralien“, schlussfolgerte die Leiterin des Ifo-Zentrums für Außenwirtschaft, Lisandra Flach, aus der am Donnerstag veröffentlichten Untersuchung ihres Wirtschaftsforschungsinstituts. Dies seien
“Hier sind mehr Bezugsquellen nötig, um die Lieferketten widerstandsfähiger zu machen”, sagte die Expertin. Lieferkettenstörungen sind der Studie zufolge bei den genannten Rohstoffen besonders problematisch. Der Grund: alternative Quellen könnten nur langfristig erschlossen werden. Dies sei eine Lektion der jüngsten Versorgungsnotlagen im Zuge der Corona-Pandemie und Krisen wie dem Ukraine-Krieg.
Bei sieben der neun besonders kritischen Rohstoffe ist den Angaben zufolge China einer der größten Anbieter am Weltmarkt – teilweise in marktdominierender Position. Dies spreche für eine schnelle Verstärkung bereits bestehender Handelsbeziehungen zu anderen Ländern, darunter Thailand und Vietnam für die Seltenen Erden, aber auch zu Argentinien, Brasilien, den USA und Australien für andere kritische Rohstoffe. Bei der Mehrheit der in der Studie untersuchten 23 kritischen Rohstoffe seien Maßnahmen für widerstandsfähigere Lieferketten nötig, sagte Außenhandelsexpertin Flach.
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sieht Potenzial in einer besseren EU-weiten Abstimmung sowohl bei Strategien für eine bessere Rohstoffverteilung innerhalb der EU als auch in der gemeinsamen Handelspolitik nach außen. “Viele EU-Mitglieder verfügen über Potenziale bei kritischen Rohstoffen”, sagte DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier. “Hier muss die Erschließung und Verarbeitung von Rohstoffen innerhalb der EU verstärkt ausgebaut werden.” Zusätzlich müsse die EU rasch mit Handels- und Investitionsabkommen den Unternehmen dabei helfen, weltweit neue und nachhaltige Rohstoffquellen zu erschließen. Gerade die Abkommen mit den Mercosur-Ländern in Südamerika, aber auch Indonesien und Indien seien hierfür relevant und sollten rasch abgeschlossen werden. rtr
Chinas Ansehen im Ausland leidet unter der schlechten Menschenrechtslage in der Volksrepublik. Das ist das Ergebnis einer neuen Umfrage des Pew Research Centre unter knapp 25.000 Menschen in 19 Ländern. In den meisten Ländern haben die negativen Ansichten zu China zugenommen, wie die South China Morning Post berichtet.
Die schlechte Menschenrechtsbilanz der Volksrepublik wird dabei als Hauptursache angeführt. Sie verschlechtert Chinas Ansehen im Ausland stärker als die Sorgen über die chinesische Militärmacht, den wirtschaftlichen Wettbewerb und Chinas Engagement im Land der jeweils Befragten. Fast 80 Prozent der Befragten sagten, Chinas Menschenrechtspolitik sei ein “schweres oder sehr schweres Problem” für ihre Länder. Die zunehmende Militärmacht und die aggressive Wirtschaftspolitik wird von 72 beziehungsweise 66 Prozent als schweres oder sehr schweres Problem angesehen.
Erst Ende Mai gab es ein Datenleak, das Menschenrechtsverletzungen in der Provinz Xinjiang belegt. Die sogenannten Xinjiang Police Files zeigen Folterungen und schlechte Haftbedingungen von Uiguren in Internierungslagern. Sie belegen die unmittelbare Verstrickung des Machtzirkels der Kommunistischen Partei bei der Internierung von zahllosen Uiguren (China.Table berichtete). Auch in Deutschland zeigen sich die Menschen besorgt über die Menschenrechtslage. Über 70 Prozent der Befragten sagen, Deutschland solle chinesische Importe bei Verdacht von Zwangsarbeit verbieten, wie eine von China.Table durchgeführte Umfrage zeigt (China.Table berichtete). nib
Chinas Behörden erwarten für den Juli und August weitere Starkregen mit Überflutungen. In den vergangenen Wochen wurden hunderttausende Menschen im Süden und Osten des Landes aufgrund von Überflutungen evakuiert. “Es wird vorhergesagt, dass es von Juli bis August mehr extreme Wetterereignisse in China geben wird und die regionalen Überschwemmungs- und Dürrebedingungen schwerer sein werden als sonst“, sagte Yao Wenguang, Direktor der Abteilung für Hochwasser- und Dürrekatastrophenschutz des Ministeriums für Wasserressourcen.
Im Norden des Landes, vor allem in den Provinzen Henan, Innere Mongolei, Shaanxi und Gansu, werden sich Yao zufolge Dürren ausbreiten. Die Regierung unternehme alles, um die sichere Versorgung mit Trinkwasser zu gewährleisten und um den Bedarf an Wasser zur Bewässerung landwirtschaftlicher Flächen sicherzustellen.
Ob auch weiter mit Hitzewellen gerechnet wird, sagte Yao nicht. In den vergangenen Wochen hatte anhaltende Hitze in Shandong, Henan und Hebei das Stromnetz an die Belastungsgrenze getrieben, da Klimaanlagen auf Hochtouren liefen. Extreme Wetterereignisse machen derzeit weltweit Schlagzeilen: Überschwemmungen in China, Indien und Bangladesch, Hitzewellen in Südasien, Europa und den Vereinigten Staaten. Wissenschaftler und Experten weisen auf den Klimawandel als Schuldigen hin. Er macht Hitzewellen und Starkregen wahrscheinlicher und extremer. nib
Staatschef Xi Jinping hat am Donnerstag das Konzept “ein Land, zwei Systeme” als Erfolg gelobt und als “lebendig” bezeichnet. Die Aussage fiel bei einem Grußwort an die Bürger der Stadt kurz nach seiner Anreise zu den Feiern der Rückgabe an China am Freitag (China.Table berichtete). Es ist das erste Mal seit 2017, dass Xi nach Hongkong kommt und das erste Mal seit Ausbruch der Pandemie, dass er Festlandchina verlässt. Zusammen mit seiner Gattin Peng Liyuan fuhr er mit dem Hochgeschwindigkeitszug von Shenzhen aus über die Grenze.
Am Donnerstagabend hat Xi Jinping an einem Bankett für die scheidende Verwaltungschefin Carrie Lam teilgenommen. Am Freitag wird er eine Grundsatzrede zum Status der Finanzmetropole halten und über den Amtsantritt des neuen Verwaltungschefs John Lee präsidieren.
“Ein Land, zwei Systeme” gilt allgemein als gescheitert. Lee ist Polizist und hat bereits angekündigt, in Hongkong für Ruhe vor Bürgerrechtlern zu sorgen (China.Table berichtete). Mit den “zwei Systemen” war ursprünglich eine sozialistische Wirtschaftsordnung auf dem Festland und eine kapitalistische Wirtschaft und “Lebensweise” in Hongkong gemeint. Der Begriff umfasst im weiteren Sinne jedoch auch eine autoritäre Regierung auf dem Festland und die rechtsstaatlich angelegte Verfassung in Hongkong. fin
Kurz vor dem Abitur begann Thomas Höllmann, sich für China zu interessieren. Eigentlich hatte er geplant, an der Kunstakademie zu studieren, doch mit der Begeisterung für die chinesische Kunst wuchs auch das Interesse an der chinesischen Geschichte. “In den frühen 1970er Jahren hatte die Kulturrevolution in China noch ein hohes Aufmerksamkeitspotenzial”, sagt Höllmann.
Er schrieb sich für Sinologie an der Münchner Universität ein. Der Studiengang hatte damals großen Zulauf, doch die Abbruchquote lag bei mehr als 95 Prozent. Höllmann war einer der wenigen Studierenden, die bis zum Magister-Abschluss blieben – und sogar länger. Mit 29 Jahren schloss er seine Promotion ab, vier Jahre später die Habilitation.
Asien bereiste Höllmann zum ersten Mal, als er bereits mitten in seinem Sinologie-Studium war: “Ich verbrachte mein drittes und viertes Semester an der Furen-Universität in Taiwan”. Dort vertiefte er seine Sprachkenntnisse in Mandarin. “Aber ich bedaure bis heute, dass ich keinen der regionalen Dialekte beherrsche.”
In den späten Studienjahren folgten weitere Aufenthalte, in denen er sich mit den Tsou, einer ethnischen Minderheit in der zentralen Gebirgsregion der Insel beschäftigte. “Daraus erwuchs dann auch meine Dissertation”, erzählt Höllmann. Etwa 6.000 Menschen gehören zur Minderheit der Tsou, sie sind die siebtgrößte indigene Gruppe in Taiwan. Die frühesten schriftlichen Aufzeichnungen über sie gehen zurück ins 17. Jahrhundert, in die Zeit der holländischen Besatzung.
Ab den 1980er-Jahren bis zum Ausbruch der Pandemie reiste Höllmann regelmäßig nach China, unter anderem als Gastprofessor. Er hält enge Verbindungen nach Peking, an die Peking Universität und die dortige Akademie für Sozialwissenschaften. Eine besondere Zuneigung allerdings gilt den Oasenstädten in Xinjang: “Hier wurde mein Bild von der Seidenstraße mit Leben erfüllt.” Sein kürzlich erschienenes Buch “China und die Seidenstraße” rekonstruiert die Bedeutung der weltberühmten Handelsroute und beschreibt anschaulich, was Globalisierung in einem Zeitraum von rund zwei Jahrtausenden bedeutete.
Seit 2017 ist Höllmann Präsident der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und steht an der Spitze von annähernd 500 Mitarbeitern, die an mehreren Instituten und in mehr als 50 Projekten beschäftigt sind. “Ich schätze an meiner Position besonders die Möglichkeit, längerfristige Grundlagenforschung in einem weiten Fächerspektrum anzuschieben und zu betreuen”, sagt er.
Auf China blickt Höllmann aktuell mit Sorge. “Die faszinierende Multikulturalität in dem Land – das für mich eher einem Kontinent gleicht – erscheint mir derzeit sehr gefährdet.” Die Traditionen ethnischer und religiöser Minderheiten würden weniger geschützt und gepflegt als noch vor einigen Jahren. “Nicht das Nebeneinander der Kulturen wird von der Politik in den Vordergrund gerückt, sondern die Anpassung an die Wertvorstellungen der Bevölkerungsmehrheit.” Svenja Napp
Tobias Frenz wurde von Munich Re zum Leiter ihrer Niederlassung in Singapur ernannt. Frenz blickt auf eine 20-jährige Karriere bei dem Rückversicherer. Er war zuvor in Deutschland, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Malaysia und Singapur in der Kundenbetreuung und -führung tätig.
Kian Hoe Tan wurde von der Hong Kong Exchanges and Clearing (HKEX) zum Geschäftsführer und Leiter der Finanzabteilung ernannt. HKEX ist ein Börsenbetreiber und unterhält in Asien eine Reihe von Aktien-, Rohstoff-, Renten- und Devisenmärkten.
Erkennen Sie es? Unser heutiges Dessert zeigt Shanghai im Jahr 1871. Die Fotos wurden 1981 aus Negativen von 1871 entwickelt.