Table.Briefing: China

Strommangel: Xi kündigt Lösungen an + DIN-Normen für China

  • Die Energiekrise hat viele Ursachen – und zieht sich hin
  • Pekings Ambitionen im Wettbewerb um Normen und Standards
  • IWF hält trotz China-Vorwürfen an Georgiewa fest
  • CATL geht beim Batterie-Recycling voran
  • EU setzt Alu-Zölle sofort nach Einführung wieder aus
  • Europäer befürworten hartes Lieferkettengesetz
  • Starkregen und Taifun verursachen Überschwemmungen
  • Terrakotta-Armee zieht nach Hessen weiter
  • Portrait: Fan Shan – Künstler mit Geschäftssinn
  • Population des Sibirischen Tigers stabilisiert sich
Liebe Leserin, lieber Leser,

in Deutschland droht ein heftiger Anstieg der Energiekosten – die Großhandelspreise für Gas haben sich zum Teil bereits vervierfacht. Erste Stimmen verweisen bereits auf den enormen Bedarf Chinas als eine Ursache des Phänomens. Die Volksrepublik ist tatsächlich jetzt schon stark von der globalen Energiekrise betroffen: Die Stromausfälle werden das Land vermutlich noch über den ganzen Winter plagen, schreibt Nico Beckert. Doch der Abgleich von Angebot, Nachfrage und Umweltzielen war für die Planer in Peking schon immer schwer. Durch schnelles Wachstum entstehen eben auch Ungleichgewichte.

Xi Jinping überrascht unterdessen die Energie-Welt mit einer aufsehenerregenden Ankündigung. In abgelegenen Gegenden will China in kurzer Zeit neue Solar- und Windkraftwerke mit einer Leistung von 100 Gigawatt errichten. Das ist bereits die halbe Leistung aller deutschen Kraftwerke – und dennoch erst der Anfang. Gerüchten zufolge könnten bis zu 400 Gigawatt elektrische Leistung aus der Wüste kommen. Offen ist jedoch, wie der Strom von dort zu den Verbrauchern gelangt. Noch sind über die reine Ankündigung hinaus keine Details zu dem Plan bekannt. Sobald weitere Informationen herauskommen, halten wir Sie auf dem Laufenden.

Normung ist Macht. Schon der erste Kaiser der Qin-Dynastie wusste das. Er hat zweihundert Jahre vor Christi Geburt in seinem neu geschaffenen Reich als Erstes die Spurbreite der Wagen, die Währung und die Maßeinheiten standardisieren lassen. Die Elle, die Gewichte oder das Getreidemaß waren nun überall in China gleich. Das schuf die Grundlage für zentrale Verwaltung und für produktiven Handel zwischen den ehemals getrennten Fürstentümern.

Wegen seiner verspäteten Entwicklung ist China in der Neuzeit spät dran gewesen beim Setzen von Standards. Im 20. Jahrhundert wurden wichtige Normen in den USA und Europa festgelegt. Das betrifft auch die Grundlagen der Digitalisierung wie Mobilfunkprotokolle oder Internetadressen. Bei den neuen Techniken des 21. Jahrhunderts will das Land nicht erneut hinten anstehen, analysiert Amelie Richter. Die Standards für Industrie 4.0, das Internet der Dinge oder selbstfahrende Autos will China jetzt federführend setzen. Die EU verfolgt die Bestrebungen mit großer Aufmerksamkeit.

Ihr
Finn Mayer-Kuckuk
Bild von Finn  Mayer-Kuckuk

Analyse

Industrie alarmiert: Strom bleibt bis Winter knapp

Chinas Energiekrise bringt mitunter kuriose Meldungen hervor. Laut Medienberichten werden bei einigen Anbietern derzeit die Generatoren knapp. Immer mehr Fabrikbesitzer kaufen Dieselaggregate. Sie wissen sich wegen der Rationierung von Elektrizität in den vergangenen Wochen nicht anders zu helfen. Auch einige europäische Firmen gehen diesen Weg, wie Klaus Zenkel sagt, der Vorsitzende der EU-Handelskammer in Südchina.

Der Kauf von Dieselgeneratoren könnte sich als durchaus sinnvolle Investition erweisen. Denn Chinas Energiekrise dauert weiter an. “In allen Provinzen, in denen deutsche Unternehmen aktiv sind, geht es weiter mit den Stromabschaltungen. Das geht so weit, dass beispielsweise in Nordchina einzelne Unternehmen Vorgaben bekommen, bis zu 85 Prozent Strom einzusparen“, sagt Jens Hildebrandt, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutschen Handelskammer in Nordchina gegenüber China.Table. “In einigen Regionen kann zwei Tage produziert werden und zwei Tage wird der Strom abgestellt. Im Nordosten der Volksrepublik können die Unternehmen stellenweise nur bis 14 Uhr produzieren.”

Auswirkungen bis in den Winter befürchtet

Chinas Energiekrise könnte sogar bis in den Winter anhalten, befürchten Analysten, Industrievertreter und auch die Auslandshandelskammern. Zwar haben die Behörden angeordnet, dass Chinas Kohleminen die Produktion schnellstmöglich ausweiten sollen, um die Angebotsknappheit zu überwinden. Doch Industrievertreter sagen, die Produktionsausweitung könnte zu spät kommen, um das Energieproblem schnell zu lösen. Denn die Lagerbestände der Kraftwerke sind schon seit Wochen viel zu gering. Normalerweise lagern die Kraftwerke schon vor dem Winter große Mengen Kohle, um in den kalten Monaten die Produktion hochzufahren. Das ist in den letzten Monaten jedoch nicht passiert.

Analysten der Bank BNP Paribas argumentieren ähnlich. Zwar unternehme China schon seit August Anstrengungen, um die Versorgung mit Kohle durch Importe und eine Produktionsausweitung zu verbessern. Doch die Maßnahmen laufen zu langsam. Analysten gehen deswegen davon aus, dass energieintensive Sektoren wie die Chemie-, Baustoff- und Metallindustrie noch bis zu sechs Monate mit Stromrationierungen konfrontiert sein könnten, wie die South China Morning Post berichtet.

Energiehändler gehen davon aus, dass der industrielle Stromverbrauch im viertel Quartal um zwölf Prozent sinken werde, weil im Winter mit einer Verknappung des Kohleangebots zu rechnen sei. Die Behörden der Industrie-Provinz Liaoning warnten dementsprechend am Montag vor einer sich verschlimmernden Situation. Sie gehen davon aus, dass sie in den nächsten Tagen zehn bis 20 Prozent der Stromnachfrage nicht werden decken können.

Jens Hildebrandt nimmt an, dass sich die Ursachen der Stromengpässe nicht allzu schnell beseitigen lassen. “Das Problem besteht aus vielen Faktoren”, sagt der Kammerchef. “Die Kohleproduktion schnell hochzufahren, wird nicht einfach.” Er bestätigt, dass sich viele Firmen mit eigenen Generatoren behelfen. Die EU-Handelskammer in China warnt unterdessen, dass die sehr plötzlich umgesetzte Rationierung von Strom die Geschäftstätigkeit der Unternehmen in China “ernsthaft gefährdet“. Die Unternehmen befürchten, dass sich die Situation in den Wintermonaten noch verschärft, so die EU-Kammer.

Regierung gibt Preise frei und kündigt riesige Solarprojekte an

Auch das Wetter hat die Bewältigung der Energiekrise zwischenzeitlich weiter erschwert. Die Kohle-Provinz Shaanxi musste die Produktion in 60 Kohleminen aufgrund von Starkregen und Überflutungen jüngst kurzfristig stoppen (China.Table berichtete). Mittlerweile haben alle bis auf vier Minen den Betrieb wieder aufgenommen. Das Unwetter zerstörte jedoch auch Bahnverbindungen, sodass sich der Abtransport der Kohle verzögern könnte.

Die Regierung hat zwar relativ schnell Gegenmaßnahmen ergriffen. Neben der Ausweitung der Kohleförderung gehört dazu eine weitreichende Reform des Strommarktes. Am Dienstag gab die Nationale Entwicklungs- und Reformkommission die Liberalisierung des Strommarktes bekannt. Ab dem 15. Oktober soll der gesamte in Kohlekraftwerken produzierte Strom über Marktmechanismen gehandelt werden.

Die staatliche Festlegung der Strompreise für industrielle und gewerbliche Verbraucher wird abgeschafft. Das heißt: Alle industriellen und gewerblichen Verbraucher müssen ihren Strom zu Marktpreisen beziehen. Vor der Reform mussten das nur 44 Prozent dieser Verbraucher. Mit der Reform wollen die Behörden dafür sorgen, dass der Strompreis auch tatsächlich steigt und die Kraftwerke profitabel arbeiten können, wenn die Kohlepreise steigen. Ob diese Reform jedoch kurzfristig zur Überwindung der Energiekrise beitragen wird, ist aufgrund ihrer strukturellen Ursachen anzuzweifeln.

Als Teil des Langfristplans zur Überwindung der Probleme kündigte Präsident Xi Jinping zudem am Dienstag den Bau eines gigantischen Netzes von Solar- und Windkraftwerken in den Wüsten des Landes an. Mittelfristig sollen hier 100 Gigawatt installierter Leistung entstehen. Anderen Berichten zufolge soll schon bis 2025 eine Kapazität von 200 Gigawatt entstehen. Auf Volllast entspricht das ziemlich genau der Leistung aller Kraftwerke in Deutschland zusammen.

Vielfältige Ursachen hinter der Knappheit

Solche radikalen Schritte sind auch dringend nötig. Nach Überwindung der Corona-Pandemie stieg die Stromnachfrage in China rapide an. Die ökonomische Erholung war vom Energie-intensiven Industrie- und Bausektor geprägt. Die Regierung forcierte Bauprojekte mit ihrer energieintensiven Nachfrage nach Zement und Stahl sogar mit Konjunkturprogrammen, um schnell Wachstum zu generieren. Dementsprechend stieg die Stromproduktion von Januar bis August 2021 um 11,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr an.

Die Kohleförderung konnte nicht Schritt halten. Sie stieg im gleichen Zeitraum nur um 4,4 Prozent – wodurch es zu einer Knappheit beim Angebot von Kohle und steigenden Preisen für den Energieträger kam. Zwischen März und September hat sich der Preis für Kohle fast verdoppelt und stieg auf einen neuen Rekordwert.

Dieser Preisanstieg konnte von den Kraftwerksbetreibern vor der gestern verabschiedeten Strompreis-Reform nicht einfach an die Stromkunden weitergegeben werden. Denn die Strompreise waren weitestgehend staatlich festgesetzt. 70 Prozent der Kohlekraftwerke machen deswegen derzeit Verluste. Viele Kraftwerke haben ihre Produktion gedrosselt, wodurch es schließlich zu den Stromengpässen kam.

Doch die Ursachen der derzeitigen Energiekrise gehen noch weiter zurück. Schon seit Anfang 2016 hat China die eigene Kohle-Produktion gedrosselt. Dabei spielten Sicherheitsgründe eine Rolle (China.Table berichtete). In der Vergangenheit wurde häufig mehr Kohle gefördert als gesetzlich erlaubt. Infolgedessen kam es in Bergwerken immer wieder zu Unfällen – nicht selten mit Todesfolge. Als Konsequenz der gedrosselten Produktion nahmen die Kohle-Lagerbestände seitdem fast kontinuierlich ab. In den letzten Wochen sanken die Vorräte in vielen Regionen sogar auf den niedrigsten Stand aller Zeiten, wie Caixin berichtet – obwohl der Staatsrat schon im Mai die Ausweitung der Kohle-Produktion angeordnet hat.

Die Klimapolitik der Zentralregierung spielt dagegen entgegen anderslautenden Berichten eher eine untergeordnete Rolle in Chinas Energiekrise. Zwar hat die Regierung im August einige Provinzen ermahnt, den Energieverbrauch und die Energieintensität zu reduzieren. Doch auch Provinzen, die nicht ermahnt wurden, haben den Stromverbrauch rationiert – was darauf hindeutet, dass vielmehr das weniger stark steigende Kohleangebot bei gleichzeitig steigender Stromnachfrage für die Energiekrise verantwortlich ist.

  • Energie
  • Industrie
  • Kohlekraft

Wer Standards setzt, gibt die Richtung vor

China will der weltweite Vorreiter in Schlüsseltechnologien wie biometrischer Gesichtserkennung, Cloud-Computing und autonomem Fahren werden – und hat dazu die Normung als industrie- und machtpolitisches Instrument entdeckt. Denn wer die Industriestandards bestimmt, wird auf den Märkten der Zukunft das Sagen haben. Beobachter fordern deshalb, dass sich der Westen in den Normungsgremien besser abstimmt. Damit könnte er sich auch in der Volksrepublik vermehrt beim Setzen der Standards einbringen. Der zu Beginn der Woche veröffentlichte Entwurf zu Standardisierungs-Richtlinien Chinas lässt vermuten, in welche Richtung die Volksrepublik strebt: Für Peking war Standardisierung nie strategischer.

Wie aus dem Entwurf hervorgeht, will die Volksrepublik die Rolle des Marktes in der Standardisierung stärken, aber die staatliche Kontrolle beibehalten. Auch eine bessere Synchronisierung mit internationalen Standards ist angedacht. Allerdings mit einer klaren Verschiebung der Ambitionen: Die Standardisierung soll nicht nur Innovationen im Heimatmarkt unterstützen, sondern explizit Chinas Präsenz und Rolle in Lieferketten stärken und chinesische Standards internationalisieren. Dem Entwurf zufolge strebt die Volksrepublik an, dass 85 Prozent seiner Standards international übernommen werden.

Außerdem will Peking bei der Standardisierung aufs Gaspedal treten: Der Zeitrahmen für die Entwicklung von Standards soll dem Papier zufolge auf weniger als 18 Monate verkürzt werden. Normungen sollen auch vermehrt in Regulierungen, Zertifizierungen und dem öffentlichen Beschaffungswesen berücksichtigt werden. Dass China eine dominierende Rolle in den Normungsgremien spielen soll, erwähnt der Entwurf nicht – das Ziel der wachsenden internationalen Bedeutung ist aber klar. Vor allem in den genannten Kernsektoren Digitales, Mobilität, Energie, Nachhaltigkeit und Finanzen.

Europa und Berlin beobachten Chinas Initiativen

Der Richtlinien-Entwurf werde in der Volksrepublik derzeit genau unter die Lupe genommen, erklärt Betty Xu. Sie ist Direktorin des Projekts Seconded European Standardization Expert in China (SESEC). Eines stehe aber bereits fest, sagt Xu: “Standardisierung wird eine größere Steuerungsfunktion bekommen.” Diese Aussage machte sie bei der Auftaktveranstaltung “Die politischen Normungsstrategien – China, USA, EU – im Vergleich” des Deutschen Institut für Normung (DIN) und der Deutschen Kommission Elektrotechnik (DKE) am Dienstag.

Die Staatsführung in Peking fährt mit ihrer Strategie mehrgleisig. Sie vereinheitlicht das nationale Normungswesen und bringt chinesische Experten verstärkt in internationale Foren. Parallel versucht sie, Standards mit der “Belt and Road-Initiative” in andere Länder zu tragen. Sie engagiert sich hier vor allem in Afrika, Asien und auf dem Balkan. Das beobachtet auch SESEC-Expertin Xu: China exportiere in großem Stil seine Standards. Das macht es nicht nur durch die Internationale Organisation für Normung (ISO) und die Internationale Elektrotechnische Kommission (IEC). Zusätzlich nutzt China auch direkt seine Projekte der “Belt and Road-Initiative”. “Chinas Standards werden global”, sagt Xu.

Das Wachstum der Normungsanträge Chinas bei ISO und IEC lag in den vergangenen Jahren je bei 20 Prozent. 2019 unterbreitete die Volksrepublik bei den Normungsgremien insgesamt 238 Vorschläge für internationale Normen. Parallel reichte die Volksrepublik 830 technische Dokumente bei der Internationalen Fernmeldeunion ITU ein, mehr als die drei nachfolgenden Staaten Südkorea, USA und Japan zusammen.

Deutsche Firmen sollten sich stärker einbringen

Das System in der Volksrepublik unterliege dabei aber weiterhin stark dem Willen der Staatsführung: Bereits in den vergangenen zehn Jahren habe China zwar durch neue Gesetzgebung Reformen des Normungssystems angestoßen, die nun stärker marktgetrieben seien. Es sei aber immer noch stark von der Regierung abhängig, so Xu. SESEC will die Kooperation zwischen chinesischen und europäischen Normungsgremien verstärken und wird unter anderem von der EU-Kommission finanziert.

Xu wirbt dafür, dass sich deutsche Unternehmen noch mehr an Standardisierung-Debatten und -Forschung in China einbringen und auch China-spezifische Standardisierungen intensiver beobachten.

Auch Brüssel und Berlin haben ein Auge auf die Pekinger Bestrebungen – denn China besetzt wichtige Schlüsselpositionen in technischen Standardisierungsorganisationen, wie auch in einem Hintergrundpapier des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag betont wird: Shu Yinbiao ist amtierender IEC-Präsident, mit Zhao Houlin hat die ITU einen Generalsekretär ebenfalls aus der Volksrepublik. Wichtiger für die konkrete Standardisierungsarbeit seien jedoch die Sekretariate der Technischen Komitees und ihrer Untergruppen innerhalb der Normungsgremien. Deutschland und andere Staaten liegen dem Bericht zufolge in dieser Hinsicht deutlich vor China. Allerdings leitet China überproportional viele Komitees, die mit der Standardisierung von neuen Technologien, betraut sind.

Innovationen werden schneller – die Standards müssen folgen

Der Auswärtige Ausschuss des Bundestags hat mehrere Herausforderungen im Bereich der Standardisierung und Chinas wachsendem Einfluss ausgemacht: Deutschland und der EU droht schwindender Einfluss. Weltweit könnte es außerdem eine zunehmende Politisierung von Standards und Normen geben. In dem Papier wird zudem vor einer Spaltung in zwei “Standardsphären” gewarnt – einer westlichen und einer von China angeführten. Und es gibt Zeitdruck: Branchenexperten zufolge wird beobachtet, dass sich die Zyklen von Innovationen massiv beschleunigen – der Zeitraum für das Setzen von Standards wird also kleiner, das Rennen beginnt.

Bei diesem Wettbewerb um Standards und Normen geht es nicht nur um Geltung, sondern auch um Geld. Denn neben der Einflussnahme auf die globale industriepolitische Ausrichtung spielen auch Lizenzgebühren eine Rolle. Frühe Standards des Industriezeitalters wurden vor allem von europäischen Ländern wie Deutschland gesetzt. Die Standards für das Internet werden in erster Linie von US-Gremien festgelegt. Dazu gehören die Internet Engineering Task Force (IETF) oder das World Wide Web Consortium (W3C). Im Internet der Dinge, bei Industrie 4.0 und anderen Zukunftstechnologien wie der E-Mobilität will Peking nun die Nase vorn haben.

Washington und Brüssel wollen mit Kooperation kontern

Die EU und USA wollen deshalb im Gegenzug auf Kooperation setzen, zum Beispiel mit dem neuen EU-USA-Handels- und Technologierat (Trade and Technology Council, TTC). Globale “Normen und Standards formen” sei, so formulierte es US-Außenminister Antony Blinken, nun auch eines der zentralen Vorhaben des TTC. Wenn sich zwei der drei großen Wirtschaftsblöcke der Welt zusammentäten, dann hätten sie auch “die Fähigkeit” dazu, so Blinken. Das TTC tagte Ende September erstmals in Pittsburgh.

Eine erste Probe aufs Exempel streben beide Seiten nun auf dem Feld der künstlichen Intelligenz an, auf dem sie ihre Zusammenarbeit intensivieren wollen. Dabei haben sie auch technische Normen und allgemeine regulatorische Rahmenbedingungen im Blick. Inwieweit die KI-Kooperation schlicht eigene Kapazitäten stärken und eigene Standards durchsetzen soll oder ob sie auch aggressive Schritte gegen China, etwa Sanktionen, umfassen wird, ist aber noch offen.

  • Digitalisierung
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  • Standardisierung
  • Technologie

News

IWF spricht Georgiewa Vertrauen aus

Der Internationale Währungsfonds IWF hält an seiner Direktorin fest. Kristalina Georgiewa wird vorgeworfen, bei der Weltbank, ihrem früheren Arbeitgeber, ein Länder-Ranking im Sinne Chinas manipuliert zu haben (China.Table berichtete). Der Exekutivrat des Währungsfonds teilte nun mit, er vertraue Georgiewas Beteuerung, “die höchsten Standards der Regierungsführung und Integrität” einzuhalten. Man habe die Beweise geprüft und für unzureichend befunden. Die 68-jährige Bulgarin hat die Vorwürfe stets zurückgewiesen.

China.Table hatte die IWF-Direktorin in der Dienstagsausgabe an einer Stelle fälschlich als Chefin der Weltbank bezeichnet. Die Vorwürfe betreffen jedoch ihre Zeit bei der Weltbank, derzeit leitet sie den IWF. Wir bitten diese Ungenauigkeit zu entschuldigen. flee/fin

  • Finanzen
  • Geopolitik
  • IWF
  • Weltbank

CATL investiert in Batterie-Recycling

CATL plant den Bau einer Fabrik zum Recycling von E-Auto-Batterien und will dafür umgerechnet bis zu fünf Milliarden US-Dollar investieren, wie Reuters berichtet. Die Anlage soll im zentralchinesischen Hubei entstehen und Rohstoffe wie Lithium und Kobalt zurückgewinnen. Erst vor wenigen Wochen war CATL eine Kooperation mit BASF eingegangen, die auch das Recycling von Batterierohstoffen voranbringen soll (China.Table berichtete).

Mit der weltweit steigenden Nachfrage nach E-Autos steigt auch die Nachfrage nach wichtigen Rohstoffen. Die Rückgewinnung aus ausgedienten Batterien gewinnt dementsprechend an Bedeutung. Die Behörden in Peking haben das Problem erkannt und den Recycling-Sektor in den letzten Jahren stärker reguliert. Allerdings gibt es eine Schieflage zwischen den Regulierungen und der Recycling-Praxis. Bisher werden noch zu wenig Batterien nach ihrer ersten Nutzung gesammelt. Die staatlichen Richtlinien enthalten auch keine Vorschriften, wie viel der wertvollen Rohstoffe beim Recycling zurückgewonnen werden müssen (China.Table berichtete). nib

  • Autoindustrie

Hochwasser in Shanxi

Die nördliche Kohleprovinz Shanxi 山西 ist von Starkregen und Hochwasser betroffen. Videos auf Sozialen Medien vom Dienstag zeigen Flüsse, die weit über ihre Ufer getreten waren und Dörfer mitgerissen hatten. Eisenbahnlinien und Straßen wurden unterspült. Medienberichten zufolge starben 15 Menschen in den Wassermassen. Nach Behördenangaben mussten 120.000 Menschen ihre Häuser verlassen.

Taifun trifft Hongkong

Der Süden des Landes wurde unterdessen von einem Taifun getroffen. In Hongkong meldete die Wetterwarte starken Wind und heftigen Regen. Der tropische Wirbelsturm zog in der Nacht auf Mittwoch in Richtung der Insel Hainan weiter. fin

  • Hongkong
  • Klima
  • Shanxi
  • Unwetter

EU-Kommission verschiebt Alu-Zölle

Die EU-Kommission hat das Inkrafttreten von endgültigen Anti-Dumping-Zöllen gegen bestimmte Aluminium-Produkte aus China verschoben. Die Brüsseler Behörde hat Abgaben gegenüber Einfuhren von Alu-Flachwalzerzeugnissen erlassen – diese aber sofort über einen Zeitraum von neun Monaten ausgesetzt. Sie sollen nun erst ab dem 11. Juli 2022 gelten, wie die Generaldirektion für Handel mitteilte. Die Höhe der endgültigen Anti-Dumping-Zölle betrage von 14,3 bis 24,6 Prozent. Die Marktentwicklung, einschließlich der Importe aus China, werde jedoch weiterhin regelmäßig überwacht, betonte die Generaldirektion. Die Abgabe könne jederzeit wirksam werden.

Zum Hintergrund: Im April waren vorläufige Anti-Dumping-Zölle auf Aluminiumprodukte wie Bleche, -platten und -folien festgelegt worden (China.Table berichtete). Sie betrugen zwischen 19,3 und 46,7 Prozent. Endgültige Anti-Dumping-Zölle sollten eigentlich ab Montag (11. Oktober) erhoben werden. Denn zu diesem Tag lief die Frist für die Festsetzung ab.

Jedoch hätten sich die Marktbedingungen seit Einführung der vorläufigen Zölle geändert, begründete die EU-Kommission nun ihre Entscheidung für die Aussetzung der endgültigen Abgaben. Die Nachfrage auf dem EU-Markt nach den betroffenen Alu-Produkten sei so stark gestiegen, dass die Beschaffung erschwert gewesen sei. Die Brüsseler Behörde ging nach eigener Aussage nicht davon aus, dass das nach Juli 2022 auch noch der Fall sei. Der Vorschlag, endgültige Zölle einzuführen und ihre Anwendung vorübergehend auszusetzen, sei von den EU-Mitgliedstaaten unterstützt worden.

Der Handelsverband European Aluminium lehnte die Aussetzung ab. “Die Entscheidung, die endgültigen Zölle auszusetzen, ist unlogisch und widerspricht der von der Kommission angekündigten entschiedenen Handelsschutzpolitik”, sagte der Generaldirektor des Verbands, Gerd Götz. Er forderte die Europäische Kommission auf, die Zollaussetzung aufzuheben und “ihre Handelsschutzinstrumente wirksam einzusetzen, um gleiche Wettbewerbsbedingungen für die europäischen Aluminiumhersteller zu schaffen.” ari

  • Aluminium
  • EU
  • Handel

Umfrage: Europäer befürworten strenges Lieferkettengesetz

Einer Yougov-Umfrage zufolge wünscht sich ein Großteil der Bürgerinnen und Bürger mehrerer EU-Länder strenge Lieferkettengesetze, die Unternehmen für Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung im Ausland haftbar machen. Die Ergebnisse aus neun EU-Ländern kommen im Vorfeld eines angekündigten Gesetzesvorschlags der EU-Kommission, der auch Lieferketten in China in den Fokus rückt. Darin sollen Sorgfaltspflichten im Bereich der Menschenrechte und des Umweltschutzes aller in der EU tätigen Unternehmen neu definiert werden.

Die Umfrage im Detail:

  • Insgesamt 16.906 Befragte in Österreich, Belgien, Tschechien, Frankreich, Deutschland, Irland, Niederlande, Slowenien und Spanien.
  • 87 Prozent der Befragten stimmten zu, dass Unternehmen gesetzlich verpflichtet werden sollten, sich nicht an Menschenrechtsverletzungen wie Zwangsarbeit oder Landraub zu beteiligen.
  • 86 Prozent stimmten zu, dass Unternehmen gesetzlich verpflichtet werden sollten, nicht zu Umweltschäden, wie Luftverschmutzung oder Zerstörung der biologischen Vielfalt, außerhalb der EU beizutragen.
  • 86 Prozent stimmten zu, dass Unternehmen, die Menschenrechtsverletzungen und Umweltverbrechen in der ganzen Welt verursachen oder dazu beitragen, haftbar gemacht werden sollten.
  • 84 Prozent stimmten zu, dass die Opfer von Menschenrechtsverletzungen die Möglichkeit haben sollten, die verantwortlichen Unternehmen in dem Land, in dem sie ihren Sitz haben, zu verklagen. luk
  • EU
  • Handel
  • Lieferketten
  • Lieferkettengesetz
  • Menschenrechte
  • Nachhaltigkeit

Terrakotta-Armee zieht weiter nach Viernheim

Auf ihrem Stopp in der Ruhrgebiets-Stadt Mühlheim hat die Terrakotta-Armee, eine Ausstellung von Nachbildungen antiker Tonsoldaten, in den vergangenen sieben Monaten 25.000 Besucher angezogen. Die Ausstellung wandert jetzt weiter nach Viernheim in Hessen. Sie tourt seit 2002 durch Deutschland und weckt regelmäßig Interesse an der chinesischen Antike. fin

  • Kultur

Presseschau

China floods: Clean-up operation underway after deadly deluge INDEPENDENT
China’s plan to build more coal-fired plants deals blow to UK’s Cop26 ambitions THE GUARDIAN
China pledges $230 million for biodiversity fund at UN meet INDEPENDENT
The China-U.S. 5G Battle Upends a Telecom Industry Consortium WSJ (PAY)
Taiwan secessionists stage ‘doomsday madness’ in seeking foreign support GLOBAL TIMES (STAATSMEDIUM)
Chipmangel und Stromengpässe: Auto-Absatz in China geht stark zurück TAGESSCHAU
Grenzkonflikt: Indien und China steuern auf Eskalation zu SUEDDEUTSCHE
Globale Dominanz – Ex-Cyberchef des Pentagon warnt: “Wir haben keine echte Chance gegen China” STERN
China: Jugendliche umgehen Online-Spieleverbot, Partei ist sauer HEISE
“Politische Überprüfung” geplant: China nimmt Bankensektor an die Kandare N-TV

Portrait

Fan Shan – Künstler mit Geschäftssinn

Fan Shan Gründer der Brand University
Fan Shan ist Gründer der Brand University

“Ich bin ein Künstler in between”, sagt Fan Shan (62). “Ich bewege mich sowohl körperlich als auch geistig zwischen der deutschen und chinesischen Kultur.” Ambivalenz ist tatsächlich ein Motiv, das sich durch sein Leben zieht: Er ist Künstler, aber auch Professor für interkulturelle Kunst – und er ist geschäftstüchtig. 2010 gründete er mit Freunden in Hamburg eine eigene Hochschule: Die Brand University of Applied Science. “Weltweit die einzige Hochschule, die sich auf Marken in der anwendungsorientierten Wissenschaft spezialisiert”, sagt er. Er pendelt regelmäßig zwischen Hamburg und Hangzhou.

Die Brand University kooperiert mit drei chinesischen Universitäten, an denen die Studierenden Auslandssemester absolvieren können. Von den Behörden bekommt Fan Shan für seine Projekte sowohl in Deutschland als auch in China Unterstützung. Ein Grund: “Marken und die dazu passenden Kommunikationsstrategien sind für die Wirtschaft sehr wichtig geworden, das ist in China und Europa gleich.” Das erste Mal nach Deutschland kam Fan Shan 1984. Das Resultat eines glücklichen Zufalls. Aufgewachsen ist Fan Shan in Hangzhou – einem “Bambusdorf”, wie er es nennt.

Mit 13 entdeckte er seine Leidenschaft für Kunst und übte die traditionelle chinesische Malerei mit schwarzer Tusche. Anfang der 1980er traf er in einem Tempel im südchinesischen Kunming auf Siegfried Meyer, einen Vertreter eines Hamburger Chemieunternehmens, der für eine Messe nach China reiste. Die beiden freundeten sich an und Meyer organisierte, dass Fan Shan in Hamburg Kunst studieren konnte.

Als Fan Shan in Hamburg landete, sprach er noch kein Deutsch. Sein erster Eindruck von Deutschland: “So schöne Landschaften kannte ich nur aus der französischen Malerei.” Gleichzeitig ist er schockiert, als er am Hamburger Hauptbahnhof Obdachlose sieht. Dass es Armut im reichen Europa gibt, war für ihn unverständlich. Er verarbeitete diese Eindrücke zu Kunst: Das Werk “Gold in Asche” ist aktuell im M+ Museum ausgestellt.

Der Bambus ist fester Bestandteil in Fan Shans Kunst

Seit 2014 ist Fan Shan Mitglied der Freien Akademie der Künste in Hamburg. Seine Werke finden sich weltweit in Kulturinstitutionen und Privatsammlungen. “In den Methoden und bei der Technik sehe ich keinen Unterschied mehr”, sagt Fan Shan über die zeitgenössische Kunst in China und Europa. Trotzdem ist seine Herkunft für sein Schaffen bedeutend. Sein persönlich größter künstlerischer Erfolg: Dass er die chinesische Bambusmalerei in abstrakte Kunst überführte, “was seit 1.000 Jahren in der chinesischen Malerei nicht gelungen ist.” Dafür tunkte er ein Bambusblatt in Tusche und vergrößerte es auf ein Tausendfaches. Die schwarzen Strukturen, die er sah, nutzte er als Grundform, um den Bambus abstrakt zu malen.

Außerdem spielt er mit Tradition, Moderne und Innovation: Er bleibt der Tradition der Bambusmalerei treu und modernisiert sie, indem er sie in Installationen, Film, Fotografie oder Performancekunst überträgt. Warum das Motiv des Bambus für ihn so wichtig ist? “Der Bambus ist wie eine geistige Heimat, die ich mitnehmen konnte”, sagt Fan Shan. Paula Faul

  • Hamburg
  • Kultur
  • Kunst

Personalien

Peter Rosenberger von der China Construction Bank (CCB) rückt in den Vorstand des Verbands der Auslandsbanken in Deutschland auf. Die CCB ist die drittgrößte chinesische Bank und die weltweit zweitgrößte nach Marktkapitalisierung. Rosenberger ist Geschäftsführer der Frankfurter Zweigstelle der CCB.

QC Liang wechselt von der amerikanischen PR-Agentur Hill+Knowlton Strategies zu Brunswick Asia-Pacific, wo er als Partner im Pekinger Büro den Titel eines Vice President tragen wird. Liang hat sich zuvor bei TCL in Shenzhen um die Markenführung gekümmert.

  • Finanzen

Dessert

Die Zahl der Tiger, die wild im Nordosten Chinas leben, ist gestiegen. Forschern zufolge befinden sich dort 55 der Großkatzen. Das entspreche einer “dramatischen Erholung”, so eine aktuelle Studie chinesischer Wissenschaftler. Der Amurtiger, umgangssprachlich als Sibirischer Tiger bekannt, hat demnach von verstärkten Bemühungen zur Bekämpfung der Wilderei, der Beseitigung Tausender Fangschlingen und einem besseren Schutz seines Lebensraums profitiert. Der Sibirische Tiger findet sich im Osten Russlands sowie angrenzenden Gebieten Nordkoreas und Chinas.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

Licenses:
    • Die Energiekrise hat viele Ursachen – und zieht sich hin
    • Pekings Ambitionen im Wettbewerb um Normen und Standards
    • IWF hält trotz China-Vorwürfen an Georgiewa fest
    • CATL geht beim Batterie-Recycling voran
    • EU setzt Alu-Zölle sofort nach Einführung wieder aus
    • Europäer befürworten hartes Lieferkettengesetz
    • Starkregen und Taifun verursachen Überschwemmungen
    • Terrakotta-Armee zieht nach Hessen weiter
    • Portrait: Fan Shan – Künstler mit Geschäftssinn
    • Population des Sibirischen Tigers stabilisiert sich
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    in Deutschland droht ein heftiger Anstieg der Energiekosten – die Großhandelspreise für Gas haben sich zum Teil bereits vervierfacht. Erste Stimmen verweisen bereits auf den enormen Bedarf Chinas als eine Ursache des Phänomens. Die Volksrepublik ist tatsächlich jetzt schon stark von der globalen Energiekrise betroffen: Die Stromausfälle werden das Land vermutlich noch über den ganzen Winter plagen, schreibt Nico Beckert. Doch der Abgleich von Angebot, Nachfrage und Umweltzielen war für die Planer in Peking schon immer schwer. Durch schnelles Wachstum entstehen eben auch Ungleichgewichte.

    Xi Jinping überrascht unterdessen die Energie-Welt mit einer aufsehenerregenden Ankündigung. In abgelegenen Gegenden will China in kurzer Zeit neue Solar- und Windkraftwerke mit einer Leistung von 100 Gigawatt errichten. Das ist bereits die halbe Leistung aller deutschen Kraftwerke – und dennoch erst der Anfang. Gerüchten zufolge könnten bis zu 400 Gigawatt elektrische Leistung aus der Wüste kommen. Offen ist jedoch, wie der Strom von dort zu den Verbrauchern gelangt. Noch sind über die reine Ankündigung hinaus keine Details zu dem Plan bekannt. Sobald weitere Informationen herauskommen, halten wir Sie auf dem Laufenden.

    Normung ist Macht. Schon der erste Kaiser der Qin-Dynastie wusste das. Er hat zweihundert Jahre vor Christi Geburt in seinem neu geschaffenen Reich als Erstes die Spurbreite der Wagen, die Währung und die Maßeinheiten standardisieren lassen. Die Elle, die Gewichte oder das Getreidemaß waren nun überall in China gleich. Das schuf die Grundlage für zentrale Verwaltung und für produktiven Handel zwischen den ehemals getrennten Fürstentümern.

    Wegen seiner verspäteten Entwicklung ist China in der Neuzeit spät dran gewesen beim Setzen von Standards. Im 20. Jahrhundert wurden wichtige Normen in den USA und Europa festgelegt. Das betrifft auch die Grundlagen der Digitalisierung wie Mobilfunkprotokolle oder Internetadressen. Bei den neuen Techniken des 21. Jahrhunderts will das Land nicht erneut hinten anstehen, analysiert Amelie Richter. Die Standards für Industrie 4.0, das Internet der Dinge oder selbstfahrende Autos will China jetzt federführend setzen. Die EU verfolgt die Bestrebungen mit großer Aufmerksamkeit.

    Ihr
    Finn Mayer-Kuckuk
    Bild von Finn  Mayer-Kuckuk

    Analyse

    Industrie alarmiert: Strom bleibt bis Winter knapp

    Chinas Energiekrise bringt mitunter kuriose Meldungen hervor. Laut Medienberichten werden bei einigen Anbietern derzeit die Generatoren knapp. Immer mehr Fabrikbesitzer kaufen Dieselaggregate. Sie wissen sich wegen der Rationierung von Elektrizität in den vergangenen Wochen nicht anders zu helfen. Auch einige europäische Firmen gehen diesen Weg, wie Klaus Zenkel sagt, der Vorsitzende der EU-Handelskammer in Südchina.

    Der Kauf von Dieselgeneratoren könnte sich als durchaus sinnvolle Investition erweisen. Denn Chinas Energiekrise dauert weiter an. “In allen Provinzen, in denen deutsche Unternehmen aktiv sind, geht es weiter mit den Stromabschaltungen. Das geht so weit, dass beispielsweise in Nordchina einzelne Unternehmen Vorgaben bekommen, bis zu 85 Prozent Strom einzusparen“, sagt Jens Hildebrandt, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutschen Handelskammer in Nordchina gegenüber China.Table. “In einigen Regionen kann zwei Tage produziert werden und zwei Tage wird der Strom abgestellt. Im Nordosten der Volksrepublik können die Unternehmen stellenweise nur bis 14 Uhr produzieren.”

    Auswirkungen bis in den Winter befürchtet

    Chinas Energiekrise könnte sogar bis in den Winter anhalten, befürchten Analysten, Industrievertreter und auch die Auslandshandelskammern. Zwar haben die Behörden angeordnet, dass Chinas Kohleminen die Produktion schnellstmöglich ausweiten sollen, um die Angebotsknappheit zu überwinden. Doch Industrievertreter sagen, die Produktionsausweitung könnte zu spät kommen, um das Energieproblem schnell zu lösen. Denn die Lagerbestände der Kraftwerke sind schon seit Wochen viel zu gering. Normalerweise lagern die Kraftwerke schon vor dem Winter große Mengen Kohle, um in den kalten Monaten die Produktion hochzufahren. Das ist in den letzten Monaten jedoch nicht passiert.

    Analysten der Bank BNP Paribas argumentieren ähnlich. Zwar unternehme China schon seit August Anstrengungen, um die Versorgung mit Kohle durch Importe und eine Produktionsausweitung zu verbessern. Doch die Maßnahmen laufen zu langsam. Analysten gehen deswegen davon aus, dass energieintensive Sektoren wie die Chemie-, Baustoff- und Metallindustrie noch bis zu sechs Monate mit Stromrationierungen konfrontiert sein könnten, wie die South China Morning Post berichtet.

    Energiehändler gehen davon aus, dass der industrielle Stromverbrauch im viertel Quartal um zwölf Prozent sinken werde, weil im Winter mit einer Verknappung des Kohleangebots zu rechnen sei. Die Behörden der Industrie-Provinz Liaoning warnten dementsprechend am Montag vor einer sich verschlimmernden Situation. Sie gehen davon aus, dass sie in den nächsten Tagen zehn bis 20 Prozent der Stromnachfrage nicht werden decken können.

    Jens Hildebrandt nimmt an, dass sich die Ursachen der Stromengpässe nicht allzu schnell beseitigen lassen. “Das Problem besteht aus vielen Faktoren”, sagt der Kammerchef. “Die Kohleproduktion schnell hochzufahren, wird nicht einfach.” Er bestätigt, dass sich viele Firmen mit eigenen Generatoren behelfen. Die EU-Handelskammer in China warnt unterdessen, dass die sehr plötzlich umgesetzte Rationierung von Strom die Geschäftstätigkeit der Unternehmen in China “ernsthaft gefährdet“. Die Unternehmen befürchten, dass sich die Situation in den Wintermonaten noch verschärft, so die EU-Kammer.

    Regierung gibt Preise frei und kündigt riesige Solarprojekte an

    Auch das Wetter hat die Bewältigung der Energiekrise zwischenzeitlich weiter erschwert. Die Kohle-Provinz Shaanxi musste die Produktion in 60 Kohleminen aufgrund von Starkregen und Überflutungen jüngst kurzfristig stoppen (China.Table berichtete). Mittlerweile haben alle bis auf vier Minen den Betrieb wieder aufgenommen. Das Unwetter zerstörte jedoch auch Bahnverbindungen, sodass sich der Abtransport der Kohle verzögern könnte.

    Die Regierung hat zwar relativ schnell Gegenmaßnahmen ergriffen. Neben der Ausweitung der Kohleförderung gehört dazu eine weitreichende Reform des Strommarktes. Am Dienstag gab die Nationale Entwicklungs- und Reformkommission die Liberalisierung des Strommarktes bekannt. Ab dem 15. Oktober soll der gesamte in Kohlekraftwerken produzierte Strom über Marktmechanismen gehandelt werden.

    Die staatliche Festlegung der Strompreise für industrielle und gewerbliche Verbraucher wird abgeschafft. Das heißt: Alle industriellen und gewerblichen Verbraucher müssen ihren Strom zu Marktpreisen beziehen. Vor der Reform mussten das nur 44 Prozent dieser Verbraucher. Mit der Reform wollen die Behörden dafür sorgen, dass der Strompreis auch tatsächlich steigt und die Kraftwerke profitabel arbeiten können, wenn die Kohlepreise steigen. Ob diese Reform jedoch kurzfristig zur Überwindung der Energiekrise beitragen wird, ist aufgrund ihrer strukturellen Ursachen anzuzweifeln.

    Als Teil des Langfristplans zur Überwindung der Probleme kündigte Präsident Xi Jinping zudem am Dienstag den Bau eines gigantischen Netzes von Solar- und Windkraftwerken in den Wüsten des Landes an. Mittelfristig sollen hier 100 Gigawatt installierter Leistung entstehen. Anderen Berichten zufolge soll schon bis 2025 eine Kapazität von 200 Gigawatt entstehen. Auf Volllast entspricht das ziemlich genau der Leistung aller Kraftwerke in Deutschland zusammen.

    Vielfältige Ursachen hinter der Knappheit

    Solche radikalen Schritte sind auch dringend nötig. Nach Überwindung der Corona-Pandemie stieg die Stromnachfrage in China rapide an. Die ökonomische Erholung war vom Energie-intensiven Industrie- und Bausektor geprägt. Die Regierung forcierte Bauprojekte mit ihrer energieintensiven Nachfrage nach Zement und Stahl sogar mit Konjunkturprogrammen, um schnell Wachstum zu generieren. Dementsprechend stieg die Stromproduktion von Januar bis August 2021 um 11,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr an.

    Die Kohleförderung konnte nicht Schritt halten. Sie stieg im gleichen Zeitraum nur um 4,4 Prozent – wodurch es zu einer Knappheit beim Angebot von Kohle und steigenden Preisen für den Energieträger kam. Zwischen März und September hat sich der Preis für Kohle fast verdoppelt und stieg auf einen neuen Rekordwert.

    Dieser Preisanstieg konnte von den Kraftwerksbetreibern vor der gestern verabschiedeten Strompreis-Reform nicht einfach an die Stromkunden weitergegeben werden. Denn die Strompreise waren weitestgehend staatlich festgesetzt. 70 Prozent der Kohlekraftwerke machen deswegen derzeit Verluste. Viele Kraftwerke haben ihre Produktion gedrosselt, wodurch es schließlich zu den Stromengpässen kam.

    Doch die Ursachen der derzeitigen Energiekrise gehen noch weiter zurück. Schon seit Anfang 2016 hat China die eigene Kohle-Produktion gedrosselt. Dabei spielten Sicherheitsgründe eine Rolle (China.Table berichtete). In der Vergangenheit wurde häufig mehr Kohle gefördert als gesetzlich erlaubt. Infolgedessen kam es in Bergwerken immer wieder zu Unfällen – nicht selten mit Todesfolge. Als Konsequenz der gedrosselten Produktion nahmen die Kohle-Lagerbestände seitdem fast kontinuierlich ab. In den letzten Wochen sanken die Vorräte in vielen Regionen sogar auf den niedrigsten Stand aller Zeiten, wie Caixin berichtet – obwohl der Staatsrat schon im Mai die Ausweitung der Kohle-Produktion angeordnet hat.

    Die Klimapolitik der Zentralregierung spielt dagegen entgegen anderslautenden Berichten eher eine untergeordnete Rolle in Chinas Energiekrise. Zwar hat die Regierung im August einige Provinzen ermahnt, den Energieverbrauch und die Energieintensität zu reduzieren. Doch auch Provinzen, die nicht ermahnt wurden, haben den Stromverbrauch rationiert – was darauf hindeutet, dass vielmehr das weniger stark steigende Kohleangebot bei gleichzeitig steigender Stromnachfrage für die Energiekrise verantwortlich ist.

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    Wer Standards setzt, gibt die Richtung vor

    China will der weltweite Vorreiter in Schlüsseltechnologien wie biometrischer Gesichtserkennung, Cloud-Computing und autonomem Fahren werden – und hat dazu die Normung als industrie- und machtpolitisches Instrument entdeckt. Denn wer die Industriestandards bestimmt, wird auf den Märkten der Zukunft das Sagen haben. Beobachter fordern deshalb, dass sich der Westen in den Normungsgremien besser abstimmt. Damit könnte er sich auch in der Volksrepublik vermehrt beim Setzen der Standards einbringen. Der zu Beginn der Woche veröffentlichte Entwurf zu Standardisierungs-Richtlinien Chinas lässt vermuten, in welche Richtung die Volksrepublik strebt: Für Peking war Standardisierung nie strategischer.

    Wie aus dem Entwurf hervorgeht, will die Volksrepublik die Rolle des Marktes in der Standardisierung stärken, aber die staatliche Kontrolle beibehalten. Auch eine bessere Synchronisierung mit internationalen Standards ist angedacht. Allerdings mit einer klaren Verschiebung der Ambitionen: Die Standardisierung soll nicht nur Innovationen im Heimatmarkt unterstützen, sondern explizit Chinas Präsenz und Rolle in Lieferketten stärken und chinesische Standards internationalisieren. Dem Entwurf zufolge strebt die Volksrepublik an, dass 85 Prozent seiner Standards international übernommen werden.

    Außerdem will Peking bei der Standardisierung aufs Gaspedal treten: Der Zeitrahmen für die Entwicklung von Standards soll dem Papier zufolge auf weniger als 18 Monate verkürzt werden. Normungen sollen auch vermehrt in Regulierungen, Zertifizierungen und dem öffentlichen Beschaffungswesen berücksichtigt werden. Dass China eine dominierende Rolle in den Normungsgremien spielen soll, erwähnt der Entwurf nicht – das Ziel der wachsenden internationalen Bedeutung ist aber klar. Vor allem in den genannten Kernsektoren Digitales, Mobilität, Energie, Nachhaltigkeit und Finanzen.

    Europa und Berlin beobachten Chinas Initiativen

    Der Richtlinien-Entwurf werde in der Volksrepublik derzeit genau unter die Lupe genommen, erklärt Betty Xu. Sie ist Direktorin des Projekts Seconded European Standardization Expert in China (SESEC). Eines stehe aber bereits fest, sagt Xu: “Standardisierung wird eine größere Steuerungsfunktion bekommen.” Diese Aussage machte sie bei der Auftaktveranstaltung “Die politischen Normungsstrategien – China, USA, EU – im Vergleich” des Deutschen Institut für Normung (DIN) und der Deutschen Kommission Elektrotechnik (DKE) am Dienstag.

    Die Staatsführung in Peking fährt mit ihrer Strategie mehrgleisig. Sie vereinheitlicht das nationale Normungswesen und bringt chinesische Experten verstärkt in internationale Foren. Parallel versucht sie, Standards mit der “Belt and Road-Initiative” in andere Länder zu tragen. Sie engagiert sich hier vor allem in Afrika, Asien und auf dem Balkan. Das beobachtet auch SESEC-Expertin Xu: China exportiere in großem Stil seine Standards. Das macht es nicht nur durch die Internationale Organisation für Normung (ISO) und die Internationale Elektrotechnische Kommission (IEC). Zusätzlich nutzt China auch direkt seine Projekte der “Belt and Road-Initiative”. “Chinas Standards werden global”, sagt Xu.

    Das Wachstum der Normungsanträge Chinas bei ISO und IEC lag in den vergangenen Jahren je bei 20 Prozent. 2019 unterbreitete die Volksrepublik bei den Normungsgremien insgesamt 238 Vorschläge für internationale Normen. Parallel reichte die Volksrepublik 830 technische Dokumente bei der Internationalen Fernmeldeunion ITU ein, mehr als die drei nachfolgenden Staaten Südkorea, USA und Japan zusammen.

    Deutsche Firmen sollten sich stärker einbringen

    Das System in der Volksrepublik unterliege dabei aber weiterhin stark dem Willen der Staatsführung: Bereits in den vergangenen zehn Jahren habe China zwar durch neue Gesetzgebung Reformen des Normungssystems angestoßen, die nun stärker marktgetrieben seien. Es sei aber immer noch stark von der Regierung abhängig, so Xu. SESEC will die Kooperation zwischen chinesischen und europäischen Normungsgremien verstärken und wird unter anderem von der EU-Kommission finanziert.

    Xu wirbt dafür, dass sich deutsche Unternehmen noch mehr an Standardisierung-Debatten und -Forschung in China einbringen und auch China-spezifische Standardisierungen intensiver beobachten.

    Auch Brüssel und Berlin haben ein Auge auf die Pekinger Bestrebungen – denn China besetzt wichtige Schlüsselpositionen in technischen Standardisierungsorganisationen, wie auch in einem Hintergrundpapier des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag betont wird: Shu Yinbiao ist amtierender IEC-Präsident, mit Zhao Houlin hat die ITU einen Generalsekretär ebenfalls aus der Volksrepublik. Wichtiger für die konkrete Standardisierungsarbeit seien jedoch die Sekretariate der Technischen Komitees und ihrer Untergruppen innerhalb der Normungsgremien. Deutschland und andere Staaten liegen dem Bericht zufolge in dieser Hinsicht deutlich vor China. Allerdings leitet China überproportional viele Komitees, die mit der Standardisierung von neuen Technologien, betraut sind.

    Innovationen werden schneller – die Standards müssen folgen

    Der Auswärtige Ausschuss des Bundestags hat mehrere Herausforderungen im Bereich der Standardisierung und Chinas wachsendem Einfluss ausgemacht: Deutschland und der EU droht schwindender Einfluss. Weltweit könnte es außerdem eine zunehmende Politisierung von Standards und Normen geben. In dem Papier wird zudem vor einer Spaltung in zwei “Standardsphären” gewarnt – einer westlichen und einer von China angeführten. Und es gibt Zeitdruck: Branchenexperten zufolge wird beobachtet, dass sich die Zyklen von Innovationen massiv beschleunigen – der Zeitraum für das Setzen von Standards wird also kleiner, das Rennen beginnt.

    Bei diesem Wettbewerb um Standards und Normen geht es nicht nur um Geltung, sondern auch um Geld. Denn neben der Einflussnahme auf die globale industriepolitische Ausrichtung spielen auch Lizenzgebühren eine Rolle. Frühe Standards des Industriezeitalters wurden vor allem von europäischen Ländern wie Deutschland gesetzt. Die Standards für das Internet werden in erster Linie von US-Gremien festgelegt. Dazu gehören die Internet Engineering Task Force (IETF) oder das World Wide Web Consortium (W3C). Im Internet der Dinge, bei Industrie 4.0 und anderen Zukunftstechnologien wie der E-Mobilität will Peking nun die Nase vorn haben.

    Washington und Brüssel wollen mit Kooperation kontern

    Die EU und USA wollen deshalb im Gegenzug auf Kooperation setzen, zum Beispiel mit dem neuen EU-USA-Handels- und Technologierat (Trade and Technology Council, TTC). Globale “Normen und Standards formen” sei, so formulierte es US-Außenminister Antony Blinken, nun auch eines der zentralen Vorhaben des TTC. Wenn sich zwei der drei großen Wirtschaftsblöcke der Welt zusammentäten, dann hätten sie auch “die Fähigkeit” dazu, so Blinken. Das TTC tagte Ende September erstmals in Pittsburgh.

    Eine erste Probe aufs Exempel streben beide Seiten nun auf dem Feld der künstlichen Intelligenz an, auf dem sie ihre Zusammenarbeit intensivieren wollen. Dabei haben sie auch technische Normen und allgemeine regulatorische Rahmenbedingungen im Blick. Inwieweit die KI-Kooperation schlicht eigene Kapazitäten stärken und eigene Standards durchsetzen soll oder ob sie auch aggressive Schritte gegen China, etwa Sanktionen, umfassen wird, ist aber noch offen.

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    IWF spricht Georgiewa Vertrauen aus

    Der Internationale Währungsfonds IWF hält an seiner Direktorin fest. Kristalina Georgiewa wird vorgeworfen, bei der Weltbank, ihrem früheren Arbeitgeber, ein Länder-Ranking im Sinne Chinas manipuliert zu haben (China.Table berichtete). Der Exekutivrat des Währungsfonds teilte nun mit, er vertraue Georgiewas Beteuerung, “die höchsten Standards der Regierungsführung und Integrität” einzuhalten. Man habe die Beweise geprüft und für unzureichend befunden. Die 68-jährige Bulgarin hat die Vorwürfe stets zurückgewiesen.

    China.Table hatte die IWF-Direktorin in der Dienstagsausgabe an einer Stelle fälschlich als Chefin der Weltbank bezeichnet. Die Vorwürfe betreffen jedoch ihre Zeit bei der Weltbank, derzeit leitet sie den IWF. Wir bitten diese Ungenauigkeit zu entschuldigen. flee/fin

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    CATL investiert in Batterie-Recycling

    CATL plant den Bau einer Fabrik zum Recycling von E-Auto-Batterien und will dafür umgerechnet bis zu fünf Milliarden US-Dollar investieren, wie Reuters berichtet. Die Anlage soll im zentralchinesischen Hubei entstehen und Rohstoffe wie Lithium und Kobalt zurückgewinnen. Erst vor wenigen Wochen war CATL eine Kooperation mit BASF eingegangen, die auch das Recycling von Batterierohstoffen voranbringen soll (China.Table berichtete).

    Mit der weltweit steigenden Nachfrage nach E-Autos steigt auch die Nachfrage nach wichtigen Rohstoffen. Die Rückgewinnung aus ausgedienten Batterien gewinnt dementsprechend an Bedeutung. Die Behörden in Peking haben das Problem erkannt und den Recycling-Sektor in den letzten Jahren stärker reguliert. Allerdings gibt es eine Schieflage zwischen den Regulierungen und der Recycling-Praxis. Bisher werden noch zu wenig Batterien nach ihrer ersten Nutzung gesammelt. Die staatlichen Richtlinien enthalten auch keine Vorschriften, wie viel der wertvollen Rohstoffe beim Recycling zurückgewonnen werden müssen (China.Table berichtete). nib

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    Hochwasser in Shanxi

    Die nördliche Kohleprovinz Shanxi 山西 ist von Starkregen und Hochwasser betroffen. Videos auf Sozialen Medien vom Dienstag zeigen Flüsse, die weit über ihre Ufer getreten waren und Dörfer mitgerissen hatten. Eisenbahnlinien und Straßen wurden unterspült. Medienberichten zufolge starben 15 Menschen in den Wassermassen. Nach Behördenangaben mussten 120.000 Menschen ihre Häuser verlassen.

    Taifun trifft Hongkong

    Der Süden des Landes wurde unterdessen von einem Taifun getroffen. In Hongkong meldete die Wetterwarte starken Wind und heftigen Regen. Der tropische Wirbelsturm zog in der Nacht auf Mittwoch in Richtung der Insel Hainan weiter. fin

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    EU-Kommission verschiebt Alu-Zölle

    Die EU-Kommission hat das Inkrafttreten von endgültigen Anti-Dumping-Zöllen gegen bestimmte Aluminium-Produkte aus China verschoben. Die Brüsseler Behörde hat Abgaben gegenüber Einfuhren von Alu-Flachwalzerzeugnissen erlassen – diese aber sofort über einen Zeitraum von neun Monaten ausgesetzt. Sie sollen nun erst ab dem 11. Juli 2022 gelten, wie die Generaldirektion für Handel mitteilte. Die Höhe der endgültigen Anti-Dumping-Zölle betrage von 14,3 bis 24,6 Prozent. Die Marktentwicklung, einschließlich der Importe aus China, werde jedoch weiterhin regelmäßig überwacht, betonte die Generaldirektion. Die Abgabe könne jederzeit wirksam werden.

    Zum Hintergrund: Im April waren vorläufige Anti-Dumping-Zölle auf Aluminiumprodukte wie Bleche, -platten und -folien festgelegt worden (China.Table berichtete). Sie betrugen zwischen 19,3 und 46,7 Prozent. Endgültige Anti-Dumping-Zölle sollten eigentlich ab Montag (11. Oktober) erhoben werden. Denn zu diesem Tag lief die Frist für die Festsetzung ab.

    Jedoch hätten sich die Marktbedingungen seit Einführung der vorläufigen Zölle geändert, begründete die EU-Kommission nun ihre Entscheidung für die Aussetzung der endgültigen Abgaben. Die Nachfrage auf dem EU-Markt nach den betroffenen Alu-Produkten sei so stark gestiegen, dass die Beschaffung erschwert gewesen sei. Die Brüsseler Behörde ging nach eigener Aussage nicht davon aus, dass das nach Juli 2022 auch noch der Fall sei. Der Vorschlag, endgültige Zölle einzuführen und ihre Anwendung vorübergehend auszusetzen, sei von den EU-Mitgliedstaaten unterstützt worden.

    Der Handelsverband European Aluminium lehnte die Aussetzung ab. “Die Entscheidung, die endgültigen Zölle auszusetzen, ist unlogisch und widerspricht der von der Kommission angekündigten entschiedenen Handelsschutzpolitik”, sagte der Generaldirektor des Verbands, Gerd Götz. Er forderte die Europäische Kommission auf, die Zollaussetzung aufzuheben und “ihre Handelsschutzinstrumente wirksam einzusetzen, um gleiche Wettbewerbsbedingungen für die europäischen Aluminiumhersteller zu schaffen.” ari

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    Umfrage: Europäer befürworten strenges Lieferkettengesetz

    Einer Yougov-Umfrage zufolge wünscht sich ein Großteil der Bürgerinnen und Bürger mehrerer EU-Länder strenge Lieferkettengesetze, die Unternehmen für Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung im Ausland haftbar machen. Die Ergebnisse aus neun EU-Ländern kommen im Vorfeld eines angekündigten Gesetzesvorschlags der EU-Kommission, der auch Lieferketten in China in den Fokus rückt. Darin sollen Sorgfaltspflichten im Bereich der Menschenrechte und des Umweltschutzes aller in der EU tätigen Unternehmen neu definiert werden.

    Die Umfrage im Detail:

    • Insgesamt 16.906 Befragte in Österreich, Belgien, Tschechien, Frankreich, Deutschland, Irland, Niederlande, Slowenien und Spanien.
    • 87 Prozent der Befragten stimmten zu, dass Unternehmen gesetzlich verpflichtet werden sollten, sich nicht an Menschenrechtsverletzungen wie Zwangsarbeit oder Landraub zu beteiligen.
    • 86 Prozent stimmten zu, dass Unternehmen gesetzlich verpflichtet werden sollten, nicht zu Umweltschäden, wie Luftverschmutzung oder Zerstörung der biologischen Vielfalt, außerhalb der EU beizutragen.
    • 86 Prozent stimmten zu, dass Unternehmen, die Menschenrechtsverletzungen und Umweltverbrechen in der ganzen Welt verursachen oder dazu beitragen, haftbar gemacht werden sollten.
    • 84 Prozent stimmten zu, dass die Opfer von Menschenrechtsverletzungen die Möglichkeit haben sollten, die verantwortlichen Unternehmen in dem Land, in dem sie ihren Sitz haben, zu verklagen. luk
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    Terrakotta-Armee zieht weiter nach Viernheim

    Auf ihrem Stopp in der Ruhrgebiets-Stadt Mühlheim hat die Terrakotta-Armee, eine Ausstellung von Nachbildungen antiker Tonsoldaten, in den vergangenen sieben Monaten 25.000 Besucher angezogen. Die Ausstellung wandert jetzt weiter nach Viernheim in Hessen. Sie tourt seit 2002 durch Deutschland und weckt regelmäßig Interesse an der chinesischen Antike. fin

    • Kultur

    Presseschau

    China floods: Clean-up operation underway after deadly deluge INDEPENDENT
    China’s plan to build more coal-fired plants deals blow to UK’s Cop26 ambitions THE GUARDIAN
    China pledges $230 million for biodiversity fund at UN meet INDEPENDENT
    The China-U.S. 5G Battle Upends a Telecom Industry Consortium WSJ (PAY)
    Taiwan secessionists stage ‘doomsday madness’ in seeking foreign support GLOBAL TIMES (STAATSMEDIUM)
    Chipmangel und Stromengpässe: Auto-Absatz in China geht stark zurück TAGESSCHAU
    Grenzkonflikt: Indien und China steuern auf Eskalation zu SUEDDEUTSCHE
    Globale Dominanz – Ex-Cyberchef des Pentagon warnt: “Wir haben keine echte Chance gegen China” STERN
    China: Jugendliche umgehen Online-Spieleverbot, Partei ist sauer HEISE
    “Politische Überprüfung” geplant: China nimmt Bankensektor an die Kandare N-TV

    Portrait

    Fan Shan – Künstler mit Geschäftssinn

    Fan Shan Gründer der Brand University
    Fan Shan ist Gründer der Brand University

    “Ich bin ein Künstler in between”, sagt Fan Shan (62). “Ich bewege mich sowohl körperlich als auch geistig zwischen der deutschen und chinesischen Kultur.” Ambivalenz ist tatsächlich ein Motiv, das sich durch sein Leben zieht: Er ist Künstler, aber auch Professor für interkulturelle Kunst – und er ist geschäftstüchtig. 2010 gründete er mit Freunden in Hamburg eine eigene Hochschule: Die Brand University of Applied Science. “Weltweit die einzige Hochschule, die sich auf Marken in der anwendungsorientierten Wissenschaft spezialisiert”, sagt er. Er pendelt regelmäßig zwischen Hamburg und Hangzhou.

    Die Brand University kooperiert mit drei chinesischen Universitäten, an denen die Studierenden Auslandssemester absolvieren können. Von den Behörden bekommt Fan Shan für seine Projekte sowohl in Deutschland als auch in China Unterstützung. Ein Grund: “Marken und die dazu passenden Kommunikationsstrategien sind für die Wirtschaft sehr wichtig geworden, das ist in China und Europa gleich.” Das erste Mal nach Deutschland kam Fan Shan 1984. Das Resultat eines glücklichen Zufalls. Aufgewachsen ist Fan Shan in Hangzhou – einem “Bambusdorf”, wie er es nennt.

    Mit 13 entdeckte er seine Leidenschaft für Kunst und übte die traditionelle chinesische Malerei mit schwarzer Tusche. Anfang der 1980er traf er in einem Tempel im südchinesischen Kunming auf Siegfried Meyer, einen Vertreter eines Hamburger Chemieunternehmens, der für eine Messe nach China reiste. Die beiden freundeten sich an und Meyer organisierte, dass Fan Shan in Hamburg Kunst studieren konnte.

    Als Fan Shan in Hamburg landete, sprach er noch kein Deutsch. Sein erster Eindruck von Deutschland: “So schöne Landschaften kannte ich nur aus der französischen Malerei.” Gleichzeitig ist er schockiert, als er am Hamburger Hauptbahnhof Obdachlose sieht. Dass es Armut im reichen Europa gibt, war für ihn unverständlich. Er verarbeitete diese Eindrücke zu Kunst: Das Werk “Gold in Asche” ist aktuell im M+ Museum ausgestellt.

    Der Bambus ist fester Bestandteil in Fan Shans Kunst

    Seit 2014 ist Fan Shan Mitglied der Freien Akademie der Künste in Hamburg. Seine Werke finden sich weltweit in Kulturinstitutionen und Privatsammlungen. “In den Methoden und bei der Technik sehe ich keinen Unterschied mehr”, sagt Fan Shan über die zeitgenössische Kunst in China und Europa. Trotzdem ist seine Herkunft für sein Schaffen bedeutend. Sein persönlich größter künstlerischer Erfolg: Dass er die chinesische Bambusmalerei in abstrakte Kunst überführte, “was seit 1.000 Jahren in der chinesischen Malerei nicht gelungen ist.” Dafür tunkte er ein Bambusblatt in Tusche und vergrößerte es auf ein Tausendfaches. Die schwarzen Strukturen, die er sah, nutzte er als Grundform, um den Bambus abstrakt zu malen.

    Außerdem spielt er mit Tradition, Moderne und Innovation: Er bleibt der Tradition der Bambusmalerei treu und modernisiert sie, indem er sie in Installationen, Film, Fotografie oder Performancekunst überträgt. Warum das Motiv des Bambus für ihn so wichtig ist? “Der Bambus ist wie eine geistige Heimat, die ich mitnehmen konnte”, sagt Fan Shan. Paula Faul

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    Personalien

    Peter Rosenberger von der China Construction Bank (CCB) rückt in den Vorstand des Verbands der Auslandsbanken in Deutschland auf. Die CCB ist die drittgrößte chinesische Bank und die weltweit zweitgrößte nach Marktkapitalisierung. Rosenberger ist Geschäftsführer der Frankfurter Zweigstelle der CCB.

    QC Liang wechselt von der amerikanischen PR-Agentur Hill+Knowlton Strategies zu Brunswick Asia-Pacific, wo er als Partner im Pekinger Büro den Titel eines Vice President tragen wird. Liang hat sich zuvor bei TCL in Shenzhen um die Markenführung gekümmert.

    • Finanzen

    Dessert

    Die Zahl der Tiger, die wild im Nordosten Chinas leben, ist gestiegen. Forschern zufolge befinden sich dort 55 der Großkatzen. Das entspreche einer “dramatischen Erholung”, so eine aktuelle Studie chinesischer Wissenschaftler. Der Amurtiger, umgangssprachlich als Sibirischer Tiger bekannt, hat demnach von verstärkten Bemühungen zur Bekämpfung der Wilderei, der Beseitigung Tausender Fangschlingen und einem besseren Schutz seines Lebensraums profitiert. Der Sibirische Tiger findet sich im Osten Russlands sowie angrenzenden Gebieten Nordkoreas und Chinas.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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