Porsche feiert heute seinen Börsengang. Es ist der größte seit der Telekom vor 25 Jahren. In China wird die Marke ganz anders wahrgenommen als in Deutschland: Dort gelten Porsches weniger als Sportwagen und viel mehr als Luxusautos, wie Christian Domke Seidel berichtet. Die Autos werden viel häufiger von Frauen und jungen Menschen gekauft als im Westen. Wie für die großen Autobauer ist China auch für Porsche einer der wichtigsten Einzelmärkte. Gut ein Drittel der Autos werden in der Volksrepublik verkauft. Trends aus der Volksrepublik könnten schon bald auch auf den Weltmarkt schwappen.
Dass Xi Jinping nach dem Parteitag weiterhin oberster Mann im Staat bleiben wird, gilt als so gut wie sicher. Doch wie sieht es mit seinem Gefolge aus? Die Kandidaten für einen Generationswechsel in der Partei stehen in den Startlöchern. Alle anderen Spitzenplätze des Ständigen Ausschusses des Politbüros müssen neu besetzt werden. Die große Preisfrage beim Postengerangel lautet nun: Kommen nur Xi-Verbündete zum Zuge, oder muss der starke Mann Kompromisse mit anderen Fraktionen eingehen? Mehr über die Top-Kandidaten und einen potenziellen zukünftigen Nachfolger für Xi Jinping nach einer dritten Amtszeit lesen Sie in der Analyse von Christiane Kühl.
Die Marke Porsche hat zwei Gesichter. Das eine ist das europäische. Hierzulande ist der Autobauer für seine Sportwagen bekannt, wird mit viel PS und dem 911-Modell verbunden. Dann gibt es noch den chinesischen Blickwinkel. Dort ist Porsche ein SUV-Produzent, der von der jungen Generation Z geliebt wird. Das hat Auswirkungen auf die Fahrzeugentwicklung. Der größte Automarkt der Welt könnte über die Zukunft der Marke Porsche entscheiden.
Donnerstag, der 29. September 2022, dürfte für Porsche ein Feiertag werden. An diesem Tag findet die Erstnotiz der Aktien statt (DE000PAG9113). 911 Millionen Anteile gibt das Unternehmen mit einem Augenzwinkern heraus. Die Hälfte davon sind stimmrechtslose Vorzugsaktien, von denen ein Viertel verkauft wird. Porsche rechnet mit einer Bewertung von rund 75 Milliarden Euro – längst ist das Papier mehrfach überzeichnet. Es wird der größte Börsengang Deutschlands seit der Telekom vor einem viertel Jahrhundert.
Ob es sich langfristig für Investoren lohnt, bleibt abzuwarten. Fakt ist aber, dass Porsche im abgelaufenen Jahr knapp über 300.000 Fahrzeuge verkauft hat. Der Absatz hat sich innerhalb von nur zehn Jahren verdreifacht. Für das Jahr 2022 strebt das Unternehmen eine Umsatzrendite von rund 17 Prozent an.
Doch die Rendite hat die Marke zu großen Teilen China zu verdanken. Dort verkaufte das Unternehmen über 95.000 Fahrzeuge, also fast ein Drittel seines Gesamtabsatzes im Jahr 2021. Und hier tickt die Kundschaft völlig anders als in Europa. “In China liegt der Anteil der weiblichen Kunden bereits bei 50 Prozent und das Durchschnittsalter liegt unter 40”, erklärt ein Unternehmenssprecher gegenüber Table.Media. Bei einzelnen Baureihen – etwa dem Macan – liegt der Anteil von Käuferinnen sogar bei 60 Prozent.
Das Motorsport- und Steve-McQueen-Image der Marke ist in der Volksrepublik hingegen weitgehend unbekannt. “In China sind wir erst seit 20 Jahren auf dem Markt. Dort wird Porsche eher als moderne Luxusmarke wahrgenommen”, sagt der Porsche-Sprecher. Das spiegelt sich auch an den verkauften Fahrzeugen wider. In Deutschland lag der Porsche 911 an der Spitze der Verkaufscharts. In der Volksrepublik sind es Cayenne, Macan und Panamera. Allesamt Viertürer.
Porsche passt sich dem jüngeren Publikum an. In 2025 soll bereits die Hälfte aller neu verkauften Porsche elektrifiziert sein – vollelektrisch oder als Plug-in-Hybrid. In 2030 soll der Anteil aller Neufahrzeuge mit einem vollelektrischen Antrieb bei mehr als 80 Prozent liegen. Das sind zwar globale Ziele, doch es besteht kein Zweifel, dass China mit seinen besonders weitreichenden Vorgaben zur E-Mobilität eine treibende Kraft sein dürfte, um die Entwicklung des Stuttgarter Autobauers voranzubringen.
So zitiert Porsche in einer Pressemeldung beispielsweise Thomas Pretsch, Leiter Fachdisziplin Connectivity bei Porsche Engineering, so: “Es ist denkbar, dass neue Technik in Zukunft zuerst in China entwickelt und danach global ausgerollt wird.” Im Jahr 2022 soll die Zahl der Mitarbeiter im chinesischen Entwicklungszentrum von 130 auf 160 steigen. Sie arbeiten in erster Linie an der Digitalisierung der Steuerelemente: Streaming- und Entertainment-Apps ins Auto integrieren, Erkennung chinesischer Verkehrszeichen, Anpassung der Assistenzsysteme an den chinesischen Fahrstil, Schulung der KI für automatisiertes Fahren, Übermittlung fahrzeugbezogener Daten an die öffentliche Verwaltung.
Vom Börsengang erhofft sich Porsche vor allem in China eine neue Art der Wahrnehmung und Kundenbindung. Zum einen dürfte Porsche dadurch völlig losgelöst von VW betrachtet werden. Die Konzernmutter schwächelt in China schon seit geraumer Zeit. Auch, weil die Marke in Sachen Digitalisierung, KI und Connectivity hinterherhinkt. Längst entscheiden Erfolg und Misserfolg in der Volksrepublik über die wichtigsten Personalien im Konzern. Die Eigenständigkeit als Luxusmarke könnte Porsche die Ruhe bringen, die es für den langfristigen Erfolg braucht.
Rund 9,4 Milliarden Euro dürfte Porsche mit seinem Börsengang einspielen. Geld, das der Konzern für seine Elektrifizierungsstrategie allen voran in China dringend braucht. Denn die hauseigene Software-Entwicklung Cariad entpuppte sich als Milliardengrab. Dazu hat die Coronapandemie gezeigt, wie fragil viele Lieferketten sind. Die einzige Lösung ist, entlang der Wertschöpfungskette zu investieren. Die chinesische Elektromarke BYD etwa baut seine Batterien selbst, hat eine Halbleiter-Tochter und Lithium-Schürfrechte.
Wer sind Wang Yang, Wang Huning, Hu Chunhua oder Chen Min’er? Nie gehört? Das mag daran liegen, dass Chinas politisches System derzeit hauptsächlich um Xi Jinping kreist – Staats- und Parteichef der letzten zehn Jahre und wer weiß, vielleicht auch der nächsten zehn und mehr. Die vier Genannten gehören zu den aussichtsreichsten Anwärtern für Spitzenjobs in der Kommunistischen Partei nach dem Parteitag am 16. Oktober. Xi hat zwar sowohl die inoffizielle Altersgrenze überschritten und die inoffizielle Begrenzung auf zwei Amtszeiten für Parteiämter erreicht. Doch diese sind eben nur inoffiziell, und so gilt als sicher, dass die Parteitagsdelegierten Xi eine dritte Amtszeit gewähren. Ob in Xis Gefolge aber auch andere Spitzenkader auf ihren Sesseln kleben bleiben werden, ist weit weniger klar.
Generell rechnen Beobachter mit einem Generationswechsel vom Zentralkomitee aufwärts. In den Parteiorganen der Provinzen und Kommunen ist dieser bereits vollzogen. Doch wer welchen Posten ergattern wird, ist für Außenstehende so unklar wie lange nicht mehr. Der Sinologie Klaus Mühlhahn, Präsident der Zeppelin Universität Friedrichshafen, vermutet, dass es innerhalb der Partei heftige Grabenkämpfe um die einzelnen Posten gegeben hat (China.Table berichtete).
Der 69-jährige Xi Jinping steht an der Spitze des Ständigen Ausschusses des Politbüros, dem engsten Machtzirkel der Partei. Die anderen sind derzeit – in hierarchischer Reihenfolge – Premierminister Li Keqiang (67), der Chef des Nationalen Volkskongresses (NVK) Li Zhanshu (72), der Vorsitzende der beratenden Politischen Konsultativkonferenz Wang Yang (67), Ideologie-Zar Wang Huning (67), der Leiter der KP-Disziplinkommission Zhao Leji (65) und Vizepremier Han Zheng (68). Sie alle gehören zur sogenannten Fünften Generation der KP China.
Nach der inoffiziellen “Sieben-Hoch-Acht-Runter”-Regel (七上八下) dürften nur Kader im Amt bleiben, die beim Parteitag 67 Jahre und jünger sind. Ab 68 gehts aufs Altenteil. Eigentlich müssten aus dem Ständigen Ausschuss neben Xi damit auch Li Zhanshu und Han Zheng ausscheiden. Da Xi bleibt, winken also voraussichtlich zwei Spitzenplätze für Neue. Im 25-köpfigen Politbüro wird voraussichtlich die Hälfte der Mitglieder ersetzt.
Die große Preisfrage: Kommen dabei nur Xi-Verbündete zum Zuge, oder muss der starke Mann Kompromisse mit anderen Fraktionen eingehen? Gerade erst hat Xi mithilfe einer Welle von Verurteilungen vornehmlich wegen Korruption den Sicherheitsapparat aufgeräumt und die frei gewordenen Stellen mit Gefolgsleuten besetzt (China.Table berichtete) – ein ominöses Zeichen.
Die Parteitags-Personalien lassen zudem Schlüsse auf die auf dem NVK im März 2023 festzulegenden Veränderungen bei den Staatsämtern zu. Dort sind vor allem der Vizepräsident, der Ministerpräsident, sowie dessen Stellvertreter neu zu besetzen. Premier Li Keqiang hat im März betont, er leiste nun sein letztes Jahr im Amt. Auch gilt als sicher, dass Vizepräsident Wang Qishan im März 2023 in den Ruhestand gehen wird – er ist über 70. Für beide Ämter kursieren keine klaren Favoriten.
Xi könnte nach Ansicht mancher Beobachter seinen Vertrauten und erfahrenen Wirtschaftspolitiker Liu He zum Vizepräsidenten machen. Liu, in Harvard ausgebildeter Ökonom, führte unter anderem die Verhandlungen im Handelskrieg mit den USA. Er gilt als der Kopf hinter vielen wirtschaftlichen Reformen. Das Problem: Liu ist bereits 70 Jahre alt (Jahrgang 1952) Jahre alt. Doch wer weiß? Auch Wang Qishan war 69, als Xi ihn 2017 zum Vizepräsidenten ernannte – vom Posten des Vizepremiers aus, so wie es bei Liu He jetzt auch der Fall wäre.
Der Vizepräsident war unter Xis Vorgängern zugleich der Kronprinz für die Nachfolge des Chefs: So war Xi selbst Vize seines Vorgängers Hu Jintao. Ein Vizepräsident Liu He wäre also ein Zeichen, dass Xi bisher keineswegs an seine Nachfolge denkt, auch nicht ab 2027. Ein jüngerer Kandidat für den Job drängt sich derweil aber nicht wirklich auf. Man darf also gespannt sein.
Würde Xi die Regeln befolgen, würde Ministerpräsident Li Keqiang im Ständigen Ausschuss bleiben dürfen und er selbst nicht. Stattdessen ist es umgekehrt. Doch wer folgt Li als Premier, der Chinas strauchelnde Wirtschaft retten muss? Zwei Spitzenkandidaten sind Wang Yang und Vizepremier Hu Chunhua. Sowohl Wang als auch Hu haben als Parteichef die Boomprovinz Guangdong geleitet und gelten als vergleichsweise pragmatische, reformfreudige Politiker. Beide erfüllen die zentrale Voraussetzung, bereits Vizepremier (gewesen) zu sein. Hu ist es jetzt, Wang war es von 2013 bis 2018.
Sollte einer von ihnen den Posten bekommen, wäre das ein Zeichen, dass Xi nicht alle Personalentscheidungen durchdrücken kann. Denn beide gehören wie Li Keqiang und Xis eigener Vorgänger Hu Jintao zur sogenannten Jugendliga-Fraktion der KP – die nicht aus leidenschaftlichen Xi-Loyalisten bestehen soll, auch wenn Wang Yang sich laut einem Bericht der japanischen Zeitung Nikkei Asia in letzter Zeit stets betont Xi-freundlich gab. Ihr Spielraum für größere Veränderungen könnte so oder so im Rahmen des stärker staatlich gelenkten “Xiconomics”-Modells begrenzt sein, sagten Politikinsider zu Reuters.
Weitere mögliche Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten sind der Parteichef von Chongqing, Chen Min’er, und sein Shanghaier Amtskollege Li Qiang. Beide gelten als Xi-Loyalisten. Li Qiang war drei Jahre lang Xis Sekretär, als dieser Parteichef der Provinz Zhejiang war. Doch es ist unklar, ob er das Chaos des Shanghaier Covid-Lockdowns politisch überleben wird.
Auch für die zwei wohl frei werdenden Sitze im Ständigen Ausschuss gibt es mehrere Kandidaten, allesamt männlich. “Sechs Anführer der sechsten Generation – zum Beispiel der Direktor des Allgemeinen Büros des Zentralkomitees Ding Xuexiang (Jg. 1962), Vizepremier Hu Chunhua (1963) und der Parteichef von Chongqing Chen Min’er (1960) – werden zu den Spitzenkandidaten gehören”, erwartet Cheng Li, Direktor des John L. Thornton China Centers der Brookings Institution in Washington.
Ding und Chen sind Xi-Protegés. Auch Shanghais Li Qiang sowie Parteichef Cai Qi, werden immer wieder genannt. Wenn er aufrückt, könnte Hu Chunhua im Ständigen Ausschuss der einzige sein, der nicht zu Xis Gefolgsleuten gehört.
Auch innerhalb des Ständigen Ausschusses ist Raum für einen Aufstieg im Ranking. Zum Beispiel gilt der Xi-Vertraute Wang Huning als Kandidat für höhere Weihen. Er ist als Chef des Zentralen Sekretariats für Ideologie zuständig. Da der höherrangige NVK-Chef Li Zhanshu wohl ausscheidet, käme Wang für sein Amt – oder für den Vorsitz der Konsultativkonferenz – infrage.
Ein Nachfolger für Xi ist derweil nicht in Sicht. Vor zehn Jahren noch wurde Chen Min’er als möglicher Nachfolger gehandelt. Doch wenn Xi noch zehn Jahre im Amt bleibt, wird der 59-jährige Chen dafür am Ende zu alt sein. “Xi wird China noch 10-15 Jahre lang regieren”, glaubt Yang Zhang, KP-Experte und Soziologe an der American University in Washington. “Im Moment muss er keinen Nachfolger ernennen, und niemand wagt es, einen vorzuschlagen. Sein künftiger Nachfolger ist jetzt ein Beamter des mittleren Ranges.” Vielleicht sollten sich China-Watcher schonmal die siebte Generation ansehen.
Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.
Peking hat die Befreiung von der Kaufsteuer für Elektroautos verlängert. Diese Steuerbefreiung solle auch für das gesamte Jahr 2023 gelten, teilte die Regierung kürzlich mit. Das Datum des Erwerbs richte sich nach dem Datum der Ausstellung gültiger Dokumente für das Fahrzeug, hieß es. Wie schon jetzt, soll die Befreiung für batteriebetriebene Elektroautos, Plug-in-Hybride sowie Brennstoffzellenfahrzeuge gelten. Die Modelle sind in einem Katalog des IT-Ministeriums enthalten. Für Autos, die vor dem 31. Dezember 2022 in diesen Katalog aufgenommen wurden, läuft nach der Mitteilung die Steuerbefreiung 2023 automatisch weiter.
Normalerweise sind beim Autokauf zehn Prozent des Preises an Kaufsteuer fällig; derzeit aufgrund eines Konjunkturpaketes aber ohnehin nur fünf Prozent. Stromer waren ausgenommen – eine Förderung, die eigentlich schon 2021 auslaufen sollte.
Doch die Wirtschaft lahmt, und Elektrofahrzeuge werden gebraucht als Zugmaschine für den schwächelnden Gesamt-Automarkt in China. Im August wurden erstmals mehr als 600.000 Fahrzeuge mit neuen Antrieben verkauft: Am Gesamtabsatz von 632.000 Fahrzeugen hatten batteriebetriebene Elektroautos mit 490.000 mit Abstand den größten Anteil. “Im Vergleich zum Juli 2022 bedeuten 632.000 verkaufte Elektroautos ein Plus von rund zwölf Prozent”, berichtete der Fachdienst Electrive. Im Vergleich zum Vorjahresmonat habe sich der Absatz der Stromer mit plus 108 Prozent mehr als verdoppelt. ck
Daimler Truck hat mit dem Bau von Lastwagen unter der Marke Mercedes-Benz in China begonnen. Die ersten Fahrzeuge liefen am Freitag im Werk des Gemeinschaftsunternehmens von Daimler Truck und Foton Motor in Peking vom Band, wie das Unternehmen mitteilte. China sei der größte Markt für schwere Lastwagen und biete ein erhebliches Wachstumspotenzial für Daimler Truck, sagte der für das Asiengeschäft zuständige Daimler-Truck-Vorstand Karl Deppen. Zu den angestrebten Stückzahlen äußerte sich Daimler Truck nicht.
2021 wurden in China laut VDA rund 1,5 Millionen schwere Lastwagen verkauft – damit ist die Volksrepublik der größte Markt weltweit und größer als die USA, Japan und Europa zusammen. Westliche Hersteller spielen jedoch dort nur eine Nebenrolle. Chinesische Spediteure achteten bei ihrer Kaufentscheidung in erster Linie auf den Preis, sagte Deppen; die Betriebskosten spielten für sie eine geringere Rolle. Inzwischen sei aber zu erkennen, dass sich die Branche professionalisiere und Aspekte wie Verbrauch oder Reparaturkosten zunehmend mit einbezogen würden. rtr
Der chinesische E-Autobauer Nio beteiligt sich mit gut 7,8 Millionen Euro an der australischen Bergbaufirma Greenwing Resources. Nio ist das erste chinesische Autounternehmen, das sich an einer Bergbaufirma beteiligt, berichtet das Wirtschaftsportal Caixin. Greenwing ist in Argentinien und Madagaskar im Abbau von Lithium aktiv.
In jüngster Zeit beteiligen sich immer mehr Autobauer an Bergbauprojekten. Volkswagen hatte im August bekannt gegeben, sich in Kanada an Minengesellschaften beteiligen zu wollen. In China ist der Lithium-Preis in diesem Jahr um 80 Prozent gestiegen. Die hohe Nachfrage aus der E-Auto-Industrie gilt als wesentlicher Grund. In den ersten acht Monaten wurden in China demnach über 3,8 Millionen E-Autos abgesetzt. nib
Die chinesische Reederei Cosco hat der Bundesregierung eine Frist gesetzt, bis zu der die geplante Beteiligung an einem Terminal des Hamburger Hafens bewilligt werden soll. Wie der NDR berichtet, soll bis Ende des Jahres der Bund demnach die ausstehenden Genehmigungen erteilen. Auch die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) befürwortet die Beteiligung. Aus dem Bundeswirtschaftsministerium gab es jüngst jedoch Vorbehalte gegen den Deal (China.Table berichtete). Wirtschaftsminister Robert Habeck sagte erst Mitte September: “Ich tendiere in die Richtung, dass wir das nicht erlauben.” Er wolle in Zukunft kritischer gegenüber chinesischen Investitionen in Deutschland sein, sagte Habeck. Im Oktober soll eine Entscheidung fallen. nib
Das China-Netzwerk Baden-Württemberg und die Zeppelin Universität in Friedrichshafen befragen erneut Unternehmen zu ihrer Einstellung zu China. Die wissenschaftliche Leitung des Projekts liegt bei dem Sinologen Klaus Mühlhahn, derzeit Präsident der Zeppelin-Universität. Die Unternehmensberatung PwC ist Partner bei der anonymen Befragung. Sie läuft bis zum 23. Oktober; eine Auswertung soll bis Ende des Jahres vorliegen. Im vergangenen Jahr gab es eine vergleichbare Umfrage, sodass sich Trends nachzeichnen lassen. fin
Seine Motivation, in China zu leben, erklärt Andreas Risch so: “Man beschäftigt sich in Deutschland sehr viel mit Risiken und internen Abläufen. In China beschäftigt man sich vorrangig mit der Erfüllung von Kundenwünschen.” Risch ist seit 2016 Geschäftsführer der China-Abteilung von Fette Compacting, dem Weltmarktführer für Lösungen und Maschinen zur Tabletten-Produktion, überwiegend für die Pharma-Industrie. Der promovierte Maschinenbauer führt in Nanjing einen eigenständigen Produktionsstandort, der auch Märkte außerhalb von China mit Tabletten-Pressen bedient.
“Wir sind in China komplett mit Second-Level-Support vertreten, haben Applikationsexperten, haben ein großes Labor, haben Pharmazeuten, um den kompletten Markt zu bedienen”, so Risch. Er sieht das Unternehmen damit vor dem Hintergrund der Decoupling-Diskussion gut aufgestellt. “Wir haben zwei Produktionswerke in Deutschland und China und die ergänzen sich natürlich jetzt.” Von Vorteil sei für sein Unternehmen auch, dass bereits im Jahr 2004 der China-Standort aufgebaut wurde. Früher als andere Wettbewerber konnten entsprechende Strukturen aufgebaut werden.
2004 war auch Risch das erste Mal in China, damals aber noch nicht in Diensten von Fette Compacting, sondern als Technischer Direktor für eine global aufgestellte Division der GEA Group. Anschließend managte er den Ausbau des Standorts von Deutschland aus. Privat lernte er einige Zeit später seine Frau in Peking kennen. 2009 heirateten sie. Allerdings blieb zunächst der Lebensmittelpunkt Deutschland, bis ihm die GEA Group ab 2010 einen Job in Shanghai anbot.
Seit 2016 arbeitet er bei Fette Compacting. “Wir haben hier noch so richtige Unternehmer, wie wir sie früher auch in Deutschland hatten. Die sagen zum Beispiel: Wir wollen der beste Nutrition-Hersteller werden und mit euch zusammen unsere Produktion partnerschaftlich entwickeln”, berichtet Risch. Dieser Ansatz, etwas mit dem Kunden zusammen zu machen, funktioniere in China sehr gut und schaffe enge Kundenbindungen.
Vor vier Jahren erfolgte der Umzug des Werkes innerhalb Nanjings, weil ein Ausbau des einstigen Standorts schwer möglich gewesen wäre. “Wir haben dann quasi ein Musterwerk gebaut. Daher werden wir auch viel in der lokalen Presse erwähnt als ein Beispiel für ein innovatives Technologie-Unternehmen”, erklärt Risch. Ohnehin sei der Kontakt zu lokalen Ansprechpartnern vor Ort noch einmal intensiver geworden, weil mittlerweile durch die Pandemie die Zahl der Ausländer in Nanjing um fast drei Viertel zurückgegangen ist. Es würden nur noch 8.000 Ausländer in der Zwölf-Millionen-Metropolregion leben.
“Seit diesem Rückgang wird man als ausländischer Manager vermehrt auch am Wochenende zu Events und Veranstaltungen eingeladen, um dort präsent zu sein, weil sich die Vertreter Sorgen um das internationale Image der Region machen.” Vertreter der Provinz- und Staatsregierungen kämen mittlerweile sehr offen auf die ausländischen Geschäftsleute zu und fragten: Sag mal, was schlagt ihr denn vor? Was sollen wir verbessern?
Diesen offenen Umgang erlebt er auch als Vorsitzender der Europäischen Handelskammer in Nanjing für die Provinz Jiangsu sowie Teile der Anhui-Provinz. Die Verantwortlichen in der Region hätten ein Problem damit, dass weniger Europäer in die Region kommen, die dann auch die Botschaft Chinas nach außen tragen könnten. “Ich meine, das Bild hat sich in Deutschland schon merklich und auch zum Teil ungerechtfertigt verschoben”, sagt Risch, der die Erfahrung gemacht hat, dass Besuche vor Ort die Meinungen von Deutschen über China recht schnell wieder verändern würden. So sei es beispielsweise bei seinen Eltern gewesen, die nach zwei Wochen zu Besuch nun echte China-Fans seien.
Auch wenn Risch in erster Linie lokaler Geschäftsführer ist und sich um alles Strategische sowie Operative kümmern muss, liegt es ihm doch am Herzen, dass die beiden Welten, die er in seinem Leben kennengelernt hat, wieder näher zusammenrücken. Zumal sich in seinen Augen die Deutschen das eine oder andere auch bei den Chinesen abschauen könnten, besonders was Innovationsfreude und schnelle Umsetzung angeht. Constantin Eckner
Peter Willemsen wird COO beim chinesischen Batterienzellenhersteller Gotion Global. Der Volkswagen-Zulieferer mit Büros im Silicon Valley und Shanghai rollt derzeit weitere Produktionsstätten in Göttingen, Vietnam und den USA aus. Willemsen ist ehemaliger China-Chef von Rheinmetall Automotive. Weitere berufliche Etappen in China absolvierte er bei Automobilzulieferern wie der Continental AG und Hella Electronics. Sein Tätigkeitsort ist Shanghai.
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Porsche feiert heute seinen Börsengang. Es ist der größte seit der Telekom vor 25 Jahren. In China wird die Marke ganz anders wahrgenommen als in Deutschland: Dort gelten Porsches weniger als Sportwagen und viel mehr als Luxusautos, wie Christian Domke Seidel berichtet. Die Autos werden viel häufiger von Frauen und jungen Menschen gekauft als im Westen. Wie für die großen Autobauer ist China auch für Porsche einer der wichtigsten Einzelmärkte. Gut ein Drittel der Autos werden in der Volksrepublik verkauft. Trends aus der Volksrepublik könnten schon bald auch auf den Weltmarkt schwappen.
Dass Xi Jinping nach dem Parteitag weiterhin oberster Mann im Staat bleiben wird, gilt als so gut wie sicher. Doch wie sieht es mit seinem Gefolge aus? Die Kandidaten für einen Generationswechsel in der Partei stehen in den Startlöchern. Alle anderen Spitzenplätze des Ständigen Ausschusses des Politbüros müssen neu besetzt werden. Die große Preisfrage beim Postengerangel lautet nun: Kommen nur Xi-Verbündete zum Zuge, oder muss der starke Mann Kompromisse mit anderen Fraktionen eingehen? Mehr über die Top-Kandidaten und einen potenziellen zukünftigen Nachfolger für Xi Jinping nach einer dritten Amtszeit lesen Sie in der Analyse von Christiane Kühl.
Die Marke Porsche hat zwei Gesichter. Das eine ist das europäische. Hierzulande ist der Autobauer für seine Sportwagen bekannt, wird mit viel PS und dem 911-Modell verbunden. Dann gibt es noch den chinesischen Blickwinkel. Dort ist Porsche ein SUV-Produzent, der von der jungen Generation Z geliebt wird. Das hat Auswirkungen auf die Fahrzeugentwicklung. Der größte Automarkt der Welt könnte über die Zukunft der Marke Porsche entscheiden.
Donnerstag, der 29. September 2022, dürfte für Porsche ein Feiertag werden. An diesem Tag findet die Erstnotiz der Aktien statt (DE000PAG9113). 911 Millionen Anteile gibt das Unternehmen mit einem Augenzwinkern heraus. Die Hälfte davon sind stimmrechtslose Vorzugsaktien, von denen ein Viertel verkauft wird. Porsche rechnet mit einer Bewertung von rund 75 Milliarden Euro – längst ist das Papier mehrfach überzeichnet. Es wird der größte Börsengang Deutschlands seit der Telekom vor einem viertel Jahrhundert.
Ob es sich langfristig für Investoren lohnt, bleibt abzuwarten. Fakt ist aber, dass Porsche im abgelaufenen Jahr knapp über 300.000 Fahrzeuge verkauft hat. Der Absatz hat sich innerhalb von nur zehn Jahren verdreifacht. Für das Jahr 2022 strebt das Unternehmen eine Umsatzrendite von rund 17 Prozent an.
Doch die Rendite hat die Marke zu großen Teilen China zu verdanken. Dort verkaufte das Unternehmen über 95.000 Fahrzeuge, also fast ein Drittel seines Gesamtabsatzes im Jahr 2021. Und hier tickt die Kundschaft völlig anders als in Europa. “In China liegt der Anteil der weiblichen Kunden bereits bei 50 Prozent und das Durchschnittsalter liegt unter 40”, erklärt ein Unternehmenssprecher gegenüber Table.Media. Bei einzelnen Baureihen – etwa dem Macan – liegt der Anteil von Käuferinnen sogar bei 60 Prozent.
Das Motorsport- und Steve-McQueen-Image der Marke ist in der Volksrepublik hingegen weitgehend unbekannt. “In China sind wir erst seit 20 Jahren auf dem Markt. Dort wird Porsche eher als moderne Luxusmarke wahrgenommen”, sagt der Porsche-Sprecher. Das spiegelt sich auch an den verkauften Fahrzeugen wider. In Deutschland lag der Porsche 911 an der Spitze der Verkaufscharts. In der Volksrepublik sind es Cayenne, Macan und Panamera. Allesamt Viertürer.
Porsche passt sich dem jüngeren Publikum an. In 2025 soll bereits die Hälfte aller neu verkauften Porsche elektrifiziert sein – vollelektrisch oder als Plug-in-Hybrid. In 2030 soll der Anteil aller Neufahrzeuge mit einem vollelektrischen Antrieb bei mehr als 80 Prozent liegen. Das sind zwar globale Ziele, doch es besteht kein Zweifel, dass China mit seinen besonders weitreichenden Vorgaben zur E-Mobilität eine treibende Kraft sein dürfte, um die Entwicklung des Stuttgarter Autobauers voranzubringen.
So zitiert Porsche in einer Pressemeldung beispielsweise Thomas Pretsch, Leiter Fachdisziplin Connectivity bei Porsche Engineering, so: “Es ist denkbar, dass neue Technik in Zukunft zuerst in China entwickelt und danach global ausgerollt wird.” Im Jahr 2022 soll die Zahl der Mitarbeiter im chinesischen Entwicklungszentrum von 130 auf 160 steigen. Sie arbeiten in erster Linie an der Digitalisierung der Steuerelemente: Streaming- und Entertainment-Apps ins Auto integrieren, Erkennung chinesischer Verkehrszeichen, Anpassung der Assistenzsysteme an den chinesischen Fahrstil, Schulung der KI für automatisiertes Fahren, Übermittlung fahrzeugbezogener Daten an die öffentliche Verwaltung.
Vom Börsengang erhofft sich Porsche vor allem in China eine neue Art der Wahrnehmung und Kundenbindung. Zum einen dürfte Porsche dadurch völlig losgelöst von VW betrachtet werden. Die Konzernmutter schwächelt in China schon seit geraumer Zeit. Auch, weil die Marke in Sachen Digitalisierung, KI und Connectivity hinterherhinkt. Längst entscheiden Erfolg und Misserfolg in der Volksrepublik über die wichtigsten Personalien im Konzern. Die Eigenständigkeit als Luxusmarke könnte Porsche die Ruhe bringen, die es für den langfristigen Erfolg braucht.
Rund 9,4 Milliarden Euro dürfte Porsche mit seinem Börsengang einspielen. Geld, das der Konzern für seine Elektrifizierungsstrategie allen voran in China dringend braucht. Denn die hauseigene Software-Entwicklung Cariad entpuppte sich als Milliardengrab. Dazu hat die Coronapandemie gezeigt, wie fragil viele Lieferketten sind. Die einzige Lösung ist, entlang der Wertschöpfungskette zu investieren. Die chinesische Elektromarke BYD etwa baut seine Batterien selbst, hat eine Halbleiter-Tochter und Lithium-Schürfrechte.
Wer sind Wang Yang, Wang Huning, Hu Chunhua oder Chen Min’er? Nie gehört? Das mag daran liegen, dass Chinas politisches System derzeit hauptsächlich um Xi Jinping kreist – Staats- und Parteichef der letzten zehn Jahre und wer weiß, vielleicht auch der nächsten zehn und mehr. Die vier Genannten gehören zu den aussichtsreichsten Anwärtern für Spitzenjobs in der Kommunistischen Partei nach dem Parteitag am 16. Oktober. Xi hat zwar sowohl die inoffizielle Altersgrenze überschritten und die inoffizielle Begrenzung auf zwei Amtszeiten für Parteiämter erreicht. Doch diese sind eben nur inoffiziell, und so gilt als sicher, dass die Parteitagsdelegierten Xi eine dritte Amtszeit gewähren. Ob in Xis Gefolge aber auch andere Spitzenkader auf ihren Sesseln kleben bleiben werden, ist weit weniger klar.
Generell rechnen Beobachter mit einem Generationswechsel vom Zentralkomitee aufwärts. In den Parteiorganen der Provinzen und Kommunen ist dieser bereits vollzogen. Doch wer welchen Posten ergattern wird, ist für Außenstehende so unklar wie lange nicht mehr. Der Sinologie Klaus Mühlhahn, Präsident der Zeppelin Universität Friedrichshafen, vermutet, dass es innerhalb der Partei heftige Grabenkämpfe um die einzelnen Posten gegeben hat (China.Table berichtete).
Der 69-jährige Xi Jinping steht an der Spitze des Ständigen Ausschusses des Politbüros, dem engsten Machtzirkel der Partei. Die anderen sind derzeit – in hierarchischer Reihenfolge – Premierminister Li Keqiang (67), der Chef des Nationalen Volkskongresses (NVK) Li Zhanshu (72), der Vorsitzende der beratenden Politischen Konsultativkonferenz Wang Yang (67), Ideologie-Zar Wang Huning (67), der Leiter der KP-Disziplinkommission Zhao Leji (65) und Vizepremier Han Zheng (68). Sie alle gehören zur sogenannten Fünften Generation der KP China.
Nach der inoffiziellen “Sieben-Hoch-Acht-Runter”-Regel (七上八下) dürften nur Kader im Amt bleiben, die beim Parteitag 67 Jahre und jünger sind. Ab 68 gehts aufs Altenteil. Eigentlich müssten aus dem Ständigen Ausschuss neben Xi damit auch Li Zhanshu und Han Zheng ausscheiden. Da Xi bleibt, winken also voraussichtlich zwei Spitzenplätze für Neue. Im 25-köpfigen Politbüro wird voraussichtlich die Hälfte der Mitglieder ersetzt.
Die große Preisfrage: Kommen dabei nur Xi-Verbündete zum Zuge, oder muss der starke Mann Kompromisse mit anderen Fraktionen eingehen? Gerade erst hat Xi mithilfe einer Welle von Verurteilungen vornehmlich wegen Korruption den Sicherheitsapparat aufgeräumt und die frei gewordenen Stellen mit Gefolgsleuten besetzt (China.Table berichtete) – ein ominöses Zeichen.
Die Parteitags-Personalien lassen zudem Schlüsse auf die auf dem NVK im März 2023 festzulegenden Veränderungen bei den Staatsämtern zu. Dort sind vor allem der Vizepräsident, der Ministerpräsident, sowie dessen Stellvertreter neu zu besetzen. Premier Li Keqiang hat im März betont, er leiste nun sein letztes Jahr im Amt. Auch gilt als sicher, dass Vizepräsident Wang Qishan im März 2023 in den Ruhestand gehen wird – er ist über 70. Für beide Ämter kursieren keine klaren Favoriten.
Xi könnte nach Ansicht mancher Beobachter seinen Vertrauten und erfahrenen Wirtschaftspolitiker Liu He zum Vizepräsidenten machen. Liu, in Harvard ausgebildeter Ökonom, führte unter anderem die Verhandlungen im Handelskrieg mit den USA. Er gilt als der Kopf hinter vielen wirtschaftlichen Reformen. Das Problem: Liu ist bereits 70 Jahre alt (Jahrgang 1952) Jahre alt. Doch wer weiß? Auch Wang Qishan war 69, als Xi ihn 2017 zum Vizepräsidenten ernannte – vom Posten des Vizepremiers aus, so wie es bei Liu He jetzt auch der Fall wäre.
Der Vizepräsident war unter Xis Vorgängern zugleich der Kronprinz für die Nachfolge des Chefs: So war Xi selbst Vize seines Vorgängers Hu Jintao. Ein Vizepräsident Liu He wäre also ein Zeichen, dass Xi bisher keineswegs an seine Nachfolge denkt, auch nicht ab 2027. Ein jüngerer Kandidat für den Job drängt sich derweil aber nicht wirklich auf. Man darf also gespannt sein.
Würde Xi die Regeln befolgen, würde Ministerpräsident Li Keqiang im Ständigen Ausschuss bleiben dürfen und er selbst nicht. Stattdessen ist es umgekehrt. Doch wer folgt Li als Premier, der Chinas strauchelnde Wirtschaft retten muss? Zwei Spitzenkandidaten sind Wang Yang und Vizepremier Hu Chunhua. Sowohl Wang als auch Hu haben als Parteichef die Boomprovinz Guangdong geleitet und gelten als vergleichsweise pragmatische, reformfreudige Politiker. Beide erfüllen die zentrale Voraussetzung, bereits Vizepremier (gewesen) zu sein. Hu ist es jetzt, Wang war es von 2013 bis 2018.
Sollte einer von ihnen den Posten bekommen, wäre das ein Zeichen, dass Xi nicht alle Personalentscheidungen durchdrücken kann. Denn beide gehören wie Li Keqiang und Xis eigener Vorgänger Hu Jintao zur sogenannten Jugendliga-Fraktion der KP – die nicht aus leidenschaftlichen Xi-Loyalisten bestehen soll, auch wenn Wang Yang sich laut einem Bericht der japanischen Zeitung Nikkei Asia in letzter Zeit stets betont Xi-freundlich gab. Ihr Spielraum für größere Veränderungen könnte so oder so im Rahmen des stärker staatlich gelenkten “Xiconomics”-Modells begrenzt sein, sagten Politikinsider zu Reuters.
Weitere mögliche Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten sind der Parteichef von Chongqing, Chen Min’er, und sein Shanghaier Amtskollege Li Qiang. Beide gelten als Xi-Loyalisten. Li Qiang war drei Jahre lang Xis Sekretär, als dieser Parteichef der Provinz Zhejiang war. Doch es ist unklar, ob er das Chaos des Shanghaier Covid-Lockdowns politisch überleben wird.
Auch für die zwei wohl frei werdenden Sitze im Ständigen Ausschuss gibt es mehrere Kandidaten, allesamt männlich. “Sechs Anführer der sechsten Generation – zum Beispiel der Direktor des Allgemeinen Büros des Zentralkomitees Ding Xuexiang (Jg. 1962), Vizepremier Hu Chunhua (1963) und der Parteichef von Chongqing Chen Min’er (1960) – werden zu den Spitzenkandidaten gehören”, erwartet Cheng Li, Direktor des John L. Thornton China Centers der Brookings Institution in Washington.
Ding und Chen sind Xi-Protegés. Auch Shanghais Li Qiang sowie Parteichef Cai Qi, werden immer wieder genannt. Wenn er aufrückt, könnte Hu Chunhua im Ständigen Ausschuss der einzige sein, der nicht zu Xis Gefolgsleuten gehört.
Auch innerhalb des Ständigen Ausschusses ist Raum für einen Aufstieg im Ranking. Zum Beispiel gilt der Xi-Vertraute Wang Huning als Kandidat für höhere Weihen. Er ist als Chef des Zentralen Sekretariats für Ideologie zuständig. Da der höherrangige NVK-Chef Li Zhanshu wohl ausscheidet, käme Wang für sein Amt – oder für den Vorsitz der Konsultativkonferenz – infrage.
Ein Nachfolger für Xi ist derweil nicht in Sicht. Vor zehn Jahren noch wurde Chen Min’er als möglicher Nachfolger gehandelt. Doch wenn Xi noch zehn Jahre im Amt bleibt, wird der 59-jährige Chen dafür am Ende zu alt sein. “Xi wird China noch 10-15 Jahre lang regieren”, glaubt Yang Zhang, KP-Experte und Soziologe an der American University in Washington. “Im Moment muss er keinen Nachfolger ernennen, und niemand wagt es, einen vorzuschlagen. Sein künftiger Nachfolger ist jetzt ein Beamter des mittleren Ranges.” Vielleicht sollten sich China-Watcher schonmal die siebte Generation ansehen.
Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.
Peking hat die Befreiung von der Kaufsteuer für Elektroautos verlängert. Diese Steuerbefreiung solle auch für das gesamte Jahr 2023 gelten, teilte die Regierung kürzlich mit. Das Datum des Erwerbs richte sich nach dem Datum der Ausstellung gültiger Dokumente für das Fahrzeug, hieß es. Wie schon jetzt, soll die Befreiung für batteriebetriebene Elektroautos, Plug-in-Hybride sowie Brennstoffzellenfahrzeuge gelten. Die Modelle sind in einem Katalog des IT-Ministeriums enthalten. Für Autos, die vor dem 31. Dezember 2022 in diesen Katalog aufgenommen wurden, läuft nach der Mitteilung die Steuerbefreiung 2023 automatisch weiter.
Normalerweise sind beim Autokauf zehn Prozent des Preises an Kaufsteuer fällig; derzeit aufgrund eines Konjunkturpaketes aber ohnehin nur fünf Prozent. Stromer waren ausgenommen – eine Förderung, die eigentlich schon 2021 auslaufen sollte.
Doch die Wirtschaft lahmt, und Elektrofahrzeuge werden gebraucht als Zugmaschine für den schwächelnden Gesamt-Automarkt in China. Im August wurden erstmals mehr als 600.000 Fahrzeuge mit neuen Antrieben verkauft: Am Gesamtabsatz von 632.000 Fahrzeugen hatten batteriebetriebene Elektroautos mit 490.000 mit Abstand den größten Anteil. “Im Vergleich zum Juli 2022 bedeuten 632.000 verkaufte Elektroautos ein Plus von rund zwölf Prozent”, berichtete der Fachdienst Electrive. Im Vergleich zum Vorjahresmonat habe sich der Absatz der Stromer mit plus 108 Prozent mehr als verdoppelt. ck
Daimler Truck hat mit dem Bau von Lastwagen unter der Marke Mercedes-Benz in China begonnen. Die ersten Fahrzeuge liefen am Freitag im Werk des Gemeinschaftsunternehmens von Daimler Truck und Foton Motor in Peking vom Band, wie das Unternehmen mitteilte. China sei der größte Markt für schwere Lastwagen und biete ein erhebliches Wachstumspotenzial für Daimler Truck, sagte der für das Asiengeschäft zuständige Daimler-Truck-Vorstand Karl Deppen. Zu den angestrebten Stückzahlen äußerte sich Daimler Truck nicht.
2021 wurden in China laut VDA rund 1,5 Millionen schwere Lastwagen verkauft – damit ist die Volksrepublik der größte Markt weltweit und größer als die USA, Japan und Europa zusammen. Westliche Hersteller spielen jedoch dort nur eine Nebenrolle. Chinesische Spediteure achteten bei ihrer Kaufentscheidung in erster Linie auf den Preis, sagte Deppen; die Betriebskosten spielten für sie eine geringere Rolle. Inzwischen sei aber zu erkennen, dass sich die Branche professionalisiere und Aspekte wie Verbrauch oder Reparaturkosten zunehmend mit einbezogen würden. rtr
Der chinesische E-Autobauer Nio beteiligt sich mit gut 7,8 Millionen Euro an der australischen Bergbaufirma Greenwing Resources. Nio ist das erste chinesische Autounternehmen, das sich an einer Bergbaufirma beteiligt, berichtet das Wirtschaftsportal Caixin. Greenwing ist in Argentinien und Madagaskar im Abbau von Lithium aktiv.
In jüngster Zeit beteiligen sich immer mehr Autobauer an Bergbauprojekten. Volkswagen hatte im August bekannt gegeben, sich in Kanada an Minengesellschaften beteiligen zu wollen. In China ist der Lithium-Preis in diesem Jahr um 80 Prozent gestiegen. Die hohe Nachfrage aus der E-Auto-Industrie gilt als wesentlicher Grund. In den ersten acht Monaten wurden in China demnach über 3,8 Millionen E-Autos abgesetzt. nib
Die chinesische Reederei Cosco hat der Bundesregierung eine Frist gesetzt, bis zu der die geplante Beteiligung an einem Terminal des Hamburger Hafens bewilligt werden soll. Wie der NDR berichtet, soll bis Ende des Jahres der Bund demnach die ausstehenden Genehmigungen erteilen. Auch die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) befürwortet die Beteiligung. Aus dem Bundeswirtschaftsministerium gab es jüngst jedoch Vorbehalte gegen den Deal (China.Table berichtete). Wirtschaftsminister Robert Habeck sagte erst Mitte September: “Ich tendiere in die Richtung, dass wir das nicht erlauben.” Er wolle in Zukunft kritischer gegenüber chinesischen Investitionen in Deutschland sein, sagte Habeck. Im Oktober soll eine Entscheidung fallen. nib
Das China-Netzwerk Baden-Württemberg und die Zeppelin Universität in Friedrichshafen befragen erneut Unternehmen zu ihrer Einstellung zu China. Die wissenschaftliche Leitung des Projekts liegt bei dem Sinologen Klaus Mühlhahn, derzeit Präsident der Zeppelin-Universität. Die Unternehmensberatung PwC ist Partner bei der anonymen Befragung. Sie läuft bis zum 23. Oktober; eine Auswertung soll bis Ende des Jahres vorliegen. Im vergangenen Jahr gab es eine vergleichbare Umfrage, sodass sich Trends nachzeichnen lassen. fin
Seine Motivation, in China zu leben, erklärt Andreas Risch so: “Man beschäftigt sich in Deutschland sehr viel mit Risiken und internen Abläufen. In China beschäftigt man sich vorrangig mit der Erfüllung von Kundenwünschen.” Risch ist seit 2016 Geschäftsführer der China-Abteilung von Fette Compacting, dem Weltmarktführer für Lösungen und Maschinen zur Tabletten-Produktion, überwiegend für die Pharma-Industrie. Der promovierte Maschinenbauer führt in Nanjing einen eigenständigen Produktionsstandort, der auch Märkte außerhalb von China mit Tabletten-Pressen bedient.
“Wir sind in China komplett mit Second-Level-Support vertreten, haben Applikationsexperten, haben ein großes Labor, haben Pharmazeuten, um den kompletten Markt zu bedienen”, so Risch. Er sieht das Unternehmen damit vor dem Hintergrund der Decoupling-Diskussion gut aufgestellt. “Wir haben zwei Produktionswerke in Deutschland und China und die ergänzen sich natürlich jetzt.” Von Vorteil sei für sein Unternehmen auch, dass bereits im Jahr 2004 der China-Standort aufgebaut wurde. Früher als andere Wettbewerber konnten entsprechende Strukturen aufgebaut werden.
2004 war auch Risch das erste Mal in China, damals aber noch nicht in Diensten von Fette Compacting, sondern als Technischer Direktor für eine global aufgestellte Division der GEA Group. Anschließend managte er den Ausbau des Standorts von Deutschland aus. Privat lernte er einige Zeit später seine Frau in Peking kennen. 2009 heirateten sie. Allerdings blieb zunächst der Lebensmittelpunkt Deutschland, bis ihm die GEA Group ab 2010 einen Job in Shanghai anbot.
Seit 2016 arbeitet er bei Fette Compacting. “Wir haben hier noch so richtige Unternehmer, wie wir sie früher auch in Deutschland hatten. Die sagen zum Beispiel: Wir wollen der beste Nutrition-Hersteller werden und mit euch zusammen unsere Produktion partnerschaftlich entwickeln”, berichtet Risch. Dieser Ansatz, etwas mit dem Kunden zusammen zu machen, funktioniere in China sehr gut und schaffe enge Kundenbindungen.
Vor vier Jahren erfolgte der Umzug des Werkes innerhalb Nanjings, weil ein Ausbau des einstigen Standorts schwer möglich gewesen wäre. “Wir haben dann quasi ein Musterwerk gebaut. Daher werden wir auch viel in der lokalen Presse erwähnt als ein Beispiel für ein innovatives Technologie-Unternehmen”, erklärt Risch. Ohnehin sei der Kontakt zu lokalen Ansprechpartnern vor Ort noch einmal intensiver geworden, weil mittlerweile durch die Pandemie die Zahl der Ausländer in Nanjing um fast drei Viertel zurückgegangen ist. Es würden nur noch 8.000 Ausländer in der Zwölf-Millionen-Metropolregion leben.
“Seit diesem Rückgang wird man als ausländischer Manager vermehrt auch am Wochenende zu Events und Veranstaltungen eingeladen, um dort präsent zu sein, weil sich die Vertreter Sorgen um das internationale Image der Region machen.” Vertreter der Provinz- und Staatsregierungen kämen mittlerweile sehr offen auf die ausländischen Geschäftsleute zu und fragten: Sag mal, was schlagt ihr denn vor? Was sollen wir verbessern?
Diesen offenen Umgang erlebt er auch als Vorsitzender der Europäischen Handelskammer in Nanjing für die Provinz Jiangsu sowie Teile der Anhui-Provinz. Die Verantwortlichen in der Region hätten ein Problem damit, dass weniger Europäer in die Region kommen, die dann auch die Botschaft Chinas nach außen tragen könnten. “Ich meine, das Bild hat sich in Deutschland schon merklich und auch zum Teil ungerechtfertigt verschoben”, sagt Risch, der die Erfahrung gemacht hat, dass Besuche vor Ort die Meinungen von Deutschen über China recht schnell wieder verändern würden. So sei es beispielsweise bei seinen Eltern gewesen, die nach zwei Wochen zu Besuch nun echte China-Fans seien.
Auch wenn Risch in erster Linie lokaler Geschäftsführer ist und sich um alles Strategische sowie Operative kümmern muss, liegt es ihm doch am Herzen, dass die beiden Welten, die er in seinem Leben kennengelernt hat, wieder näher zusammenrücken. Zumal sich in seinen Augen die Deutschen das eine oder andere auch bei den Chinesen abschauen könnten, besonders was Innovationsfreude und schnelle Umsetzung angeht. Constantin Eckner
Peter Willemsen wird COO beim chinesischen Batterienzellenhersteller Gotion Global. Der Volkswagen-Zulieferer mit Büros im Silicon Valley und Shanghai rollt derzeit weitere Produktionsstätten in Göttingen, Vietnam und den USA aus. Willemsen ist ehemaliger China-Chef von Rheinmetall Automotive. Weitere berufliche Etappen in China absolvierte er bei Automobilzulieferern wie der Continental AG und Hella Electronics. Sein Tätigkeitsort ist Shanghai.
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