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Decoupling meint die Entflechtung der amerikanischen und chinesischen Wirtschaft. Neben getrennten Wirtschaftskreisläufen entstehen so auch unterschiedliche technische Standards. Die Redaktion von Table.Media hat alle News zum Decoupling.
Was ist Decoupling?
Decoupling bezeichnet die Entflechtung der amerikanischen und chinesischen Volkswirtschaft. Der Begriff ist dabei auf zwei Ebenen anwendbar. Politisch und wirtschaftlich bedeutet Decoupling, dass Zusammenarbeiten ab- und neue Partnerschaften mit anderen Ländern aufgebaut werden. Auf technischer Ebene bedeutet Decoupling das Entstehen verschiedener technischer Standards. Beispielsweise im Bereich des Cloud-Computing, 5G oder der Künstlichen Intelligenz.
In den USA hat vor allem Ex-Präsident Donald Trump den Begriff Decoupling geprägt. Er rechtfertigte damit Importstopps und Negativlisten mit chinesischen Firmen, mit den amerikanische Unternehmen keine Geschäftsbeziehungen eingehen dürfen. China reagierte auf den neuen außenpolitischen Kurs der USA unter anderem mit dem Konzept der Dual Circulation. Dabei soll die Binnenwirtschaft gestärkt werden, um die Volksrepublik China weniger abhängig von Exporten zu machen. Die Ziele der Dual Circulation sind im 14. Fünfjahresplan der Kommunistischen Partei Chinas festgeschrieben.
Wie kam es zum Decoupling?
Mit dem Ausbruch der Coronavirus-Krise Ende des Jahres 2019 haben sich die Spannungen zwischen den USA und der Volksrepublik China noch einmal verstärkt. Während China mit einer immer aggressiveren Außenpolitik von eigenen Verfehlungen ablenken wollte, schoss sich Donald Trump auf die Volksrepublik als Sündenbock ein. Er prägte den Begriff des „China-Virus“ und sprach in diesem Zusammenhang von einem „Angriff“, der mit dem Terroranschlag vom 11. September 2001 oder mit der Bombardierung von Pearl Harbour vergleichbar sei.
In den USA kam es kurz darauf zum Wahlkampf zwischen Donald Trump und dem jetzigen US-Präsidenten Joe Biden. Beide machten die Volksrepublik China zu einem zentralen Wahlkampfthema und übten teils scharfe Kritik an der Wirtschafts- und Außenpolitik der KP Chinas. Auch bei den Wählerinnen und Wählern in den USA hat sich im Laufe des Wahlkampfes die Meinung über China deutlich negativ eingefärbt.
USA: Decoupling als Schutz der eigenen Technologien
Spätestens seit dem Wahlkampf zwischen Ex-Präsident Donald Trump und dem neuen Amtsinhaber Joe Biden, herrscht in den USA parteiübergreifend die Meinung vor, dass ein wirtschaftlicher Austausch mit China vor allem der Volksrepublik helfen und den USA schaden würde. Aus amerikanischer Sicht soll das Decoupling verhindern, dass China die USA in technologischen Schlüsselindustrien überholt.
Bislang haben Länder versucht, mit wirtschaftlichen Verflechtungen und Arbeitsteilung den gemeinsamen Wohlstand zu fördern und den Frieden für alle zu garantieren. Anhänger des Decoupling gehen davon aus, dass dieses Vorgehen zu Ungleichgewichten und Abhängigkeiten führt. Wertschöpfungsketten und Handelsbeziehungen seien weaponizeable, wie das Bundesamt für politische Bildung erklärt. Sie könnten, wie Waffen, als Objekt geostrategischer Ambitionen eingesetzt werden.
Wie reagiert China auf das Decoupling?
Die Volksrepublik China reagiert auf das Decoupling der USA mit einer aggressiven Außenpolitik. Mit der Belt and Road Initiative, die auch Neue Seidenstraße genannt wird, soll der Welthandel zu den Bedingungen Chinas neu geordnet werden. Dazu kommt die Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP). Eine Wirtschaftspartnerschaft mit zehn Ländern aus dem Indopazifik sowie Australien, Japan, Neuseeland und Südkorea. Viele davon eigentlich Verbündete der USA. Das dritte Programm, mit dem China das Decoupling selbst vorantreibt, ist die Politik der Dual Circulation.
Bei der Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP) handelt es sich um eine Partnerschaft zwischen Brunei, Indonesien, Kambodscha, Laos, Malaysia, Myanmar, Philippinen, Singapur, Thailand, Vietnam, Australien, Japan, Neuseeland und Südkorea. In Summe erbringen diese Länder der Asien-Pazifik-Region ein Drittel der weltweiten Wirtschaftsleistung. In der RCEP werden Zollsenkungen und Handelsregeln festgelegt.
USA: Abwendung von Asien
Die Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP) der Volksrepublik China war eine direkte außenpolitische Antwort auf die Kündigung der Transpazifischen Partnerschaft (TPP) durch den damaligen US-Präsidenten Donald Trump im Jahr 2017. Die TPP war eine Säule der amerikanischen Außenpolitik während der Obama-Administration. Unter dem Motto Hinwendung nach Asien („Pivot to Asia“) sollte die TPP eine Gruppe bilden, die für 40 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung verantwortlich gewesen wäre.
Mitglieder der Transpazifischen Partnerschaft (TPP) waren neben den USA auch noch Australien, Brunei, Kanada, China, Japan, Malaysia, Mexico, Neuseeland, Peru, Singapur und Vietnam. Mit dem Abkommen hätten die Länder „eine Führungsrolle einnehmen können, um die Regeln in einer entscheidenden, im Wandel begriffenen Region zu bestimmen“, erklärte Michael Froman, der damalige US-Handelsbeauftragte.
TPP soll Chinas Handelspolitik eindämmen
Dass der amerikanische Ex-Präsident Donald Trump die Führungsrolle bei der Transpazifischen Partnerschaft (TPP) und sogar eine einfache Beteiligung beendet hat, schätzen Experten als einen der schwerwiegendsten Fehler der Trump-Regierung ein. Entsprechend erwarten sie vom neuen US-Präsidenten Joe Biden und seiner Vizepräsidenten Kamala Harris genau diesen Fehler zu korrigieren.
Die USA dürfte also im Rahmen des Decoupling um eine neue Partnerschaft mit den TPP-Ländern bemüht sein. Durch diese neue Hinwendung nach Asien („Pivot to Asia“) dürfte aber die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) erneut ins Hintertreffen geraten. Ein Kritikpunkt der Europäer, den sich schon Trump-Vorgänger Barack Obama gefallen lassen musste.
Engere Partnerschaft zwischen China und Europa
In den vergangenen sieben Jahren haben China und EU eine Investitionspartnerschaft verhandelt. Das Abkommen soll chinesische Investitionen in Europa und europäische in China erleichtern und fairer gestalten. Experten glauben, dass die Vertreter aus Peking wegen des amerikanischen Decoupling der Investitionspartnerschaft zugestimmt haben. Details sind noch nicht ausverhandelt.
Denn grundsätzlich steht Europa der Volksrepublik China eher kritisch gegenüber. In einem Strategiepapier der EU-Kommission wird das Land sogar als „Systemrivale“ bezeichnet. Das Land versuche, weltweit ein autokratisches Herrschaftssystem zu errichten. Als politischen und wirtschaftlichen Gegenentwurf zu europäischen Demokratien. Hochrangige Diplomaten kommentierten die Einigung bei der Investitionspartnerschaft dahingehend, dass Europa „die Naivität verloren gegangen“ sei.
Was bedeutet Decoupling für Europa?
Beim Decoupling stehen Deutschland und Europa zwischen den Fronten. Die Auswirkungen dieser Politik sind noch nicht absehbar. Das Bundesamt für politische Bildung prognostiziert, dass die Regierung in Washington Druck auf Europa ausüben wird. Geschäfte könnten dann nur noch mit den USA oder mit China gemacht werden. Aus Sicht der amerikanischen und chinesischen Regierung sind es die eigentlich unbeteiligten Drittländer, die über die künftige Wirtschaftsführerschaft in der Welt entscheiden würden.
An dieser wirtschaftlichen und politischen Grundsatzentscheidung hängt auch die technische Entwicklung. Bei wichtigen Zukunftstechnologien wie der Künstlichen Intelligenz, dem Cloud Computing, der Halbleiter-Industrie oder bei 5G könnten zwei verschiedene Standards entstehen. Mehr Forschungs-Aufwand und neue Abhängigkeiten könnten die Folge sein
Welche Auswirkungen hat Decoupling auf Deutschland?
In der Diskussion rund um das Decoupling ist Deutschland ein sogenanntes „Dual-Options“-Land. Deutschland kann problemlos sowohl mit Unternehmen aus der Volksrepublik China als auch mit Firmen aus den USA Geschäfte machen. Doch Deutschland ist eines der international verflochtensten Länder der Welt und setzt stark auf Exporte. Ein Decoupling kann die Wirtschaft der Bundesrepublik deswegen hart treffen.
Deutschlands Sicherheitspolitik ist sehr stark auf eine Kooperation mit den USA ausgerichtet. Andererseits unterhält die Bundesrepublik erhebliche Wirtschaftsbeziehungen zu China. Auch und vor allem in den deutschen Schlüsselindustrien. Ein Decoupling wird deswegen in Deutschland zu einer kostenintensiven Doppelstrategie führen müssen.
Was ist Decoupling technologischer Standards?
Eine enge Verflechtung großer Wirtschaften minimiert die Gefahr unterschiedlicher technologischer Standards. Besonders, wenn es sich um die USA und die Volksrepublik China handelt, die beide eine globale Technologieführerschaft in verschiedenen Schlüsselindustrien anstreben, ein Decoupling könnte dazu führen, dass es bei Zukunftstechnologien wie 5G, Cloud-Nutzung, Künstliche Intelligenz oder Prozessoren und Halbleitern zu unterschiedlichen Normen und Regulierungen kommt.
Die globale Einführung zweier Standards für verschiedene Schlüssel- und Zukunftstechnologien führt zu einem erhöhten Forschungs- und Entwicklungsaufwand. Dazu könnte die Verwendung bestimmter Technologie als politisches Druckmittel verwendet werden. Das macht globale Lieferketten fehleranfälliger und vulnerabler. Dabei war eine Lehre aus der Coronavirus-Krise, das genau diese Bereiche deutlich resilienter gestaltet werden müssen.
Telekommunikationsstandard 5G
Einer der größten Streitpunkte beim Decoupling ist der Telekommunikationsstandard 5G. Der Telekommunikationsausrüster und Hardwarehersteller Huawei mit Sitz in Shenzhen ist einer der weltweit wichtigsten Anbieter dieser Technologie. Genau dieses Unternehmen will die USA aber von der Vergabe entsprechender Lizenzen ausschließen. Die Regierung in Washington setzt dabei auch Drittländer unter Druck, ihre Gesetze entsprechend anzupassen. So hat beispielsweis Großbritannien verboten, beim Aufbau eines 5G-Netzes auf Huawei-Technik zurückzugreifen.
Hintergrund ist, dass die amerikanische Regierung dem chinesischen Konzern Datenklau vorwirft. Die Sorge ist, dass die chinesische Regierung die 5G-Technologie von Huawei zu Spionage- oder Sabotage-Zwecke nutzen könnte. Die USA droht Partnerländern damit, zukünftig Geheimdienstinformationen vorzuenthalten, sollten Länder Huawei-Technik verwenden.
Deutschland und die 5G-Technik von Huawei
Beim Decoupling technologischer Standards steht Deutschland wegen des Telekommunikationsstandard 5G zwischen den Fronten. Die Bundesrepublik will sich die Zusammenarbeit mit Huawei nicht verbieten lassen und hat daher einen diplomatischen Zwischenweg gewählt. So würden die Ausschreibungen zukünftig an die neuen sicherheitspolitischen Anforderungen angepasst werden. Diese würden dann für alle Anbieter gelten, die mit der Bundesregierung Geschäfte machen wollen.
Die Sicherheitsanforderungen sehen vor, dass Komponenten für zentrale Infrastrukturprojekte nur von vertrauenswürdigen Lieferanten kommen dürften. Was genau einen vertrauenswürdigen Lieferanten ausmacht und wie diese Anforderung überprüft werden soll, ließ die Bundesregierung bislang allerdings offen.
News auf Deutsch zum Decoupling
China fährt einen aggressiven außen- und wirtschaftspolitischen Kurs. Viele kleinere Partnerländer werden in eine Abhängigkeit getrieben, während große Länder mit Profiten und Technologien gelockt werden. Durch Handelsabkommen und die Belt and Road Initiative werden ganze Kontinente an China gebunden.
Gleichzeitig hat die USA unter dem neuen Präsidenten Joe Biden noch keinen ganzheitlichen, außenpolitischen Plan präsentieren können. Unter Ex-Präsident Donald Trump gingen viele alte Partnerschaften kaputt. Die verärgerten und wirtschaftlich geschädigten Länder haben sich daraufhin China zugewandt. Die Table.Media-Redaktion berichtet, wie es mit dem Decoupling der beiden Supermächte weitergeht und hat alle News auf Deutsch zu diesem Thema.