Table.Briefing: China

Militärmanöver vor Taiwan + Kaum Auswirkungen auf Lieferketten

  • China schießt Raketen über Taiwan
  • Lieferketten von Militärmanövern kaum betroffen
  • Termine der kommenden Woche
  • Selenskyj will Gespräch mit Xi
  • Britisches Parlament nicht mehr auf Tiktok
  • Handel mit Afrika soll wachsen
  • Klimawandel: Temperaturen steigen schneller
  • Alibaba überrascht mit starken Zahlen
  • Im Portrait: Wu’er Kaixi – Dorn im Auge Pekings
Liebe Leserin, lieber Leser,

wer mit Feuer spielt, sollte sich zumindest bemühen, fatale Fehler auszuschließen. Doch Chinas Militärmanöver um Taiwan bieten reichlich Raum für Missverständnisse. Das zeigten am Donnerstag fünf chinesische Raketen, die in Japans ausschließlicher Wirtschaftszone eingeschlagen sind. Die rechtliche Bedeutung dieser recht großen Zonen ist zwar umstritten. Es ist aber keinesfalls gute Form, Raketen in Richtung eines Nachbarn abzufeuern. Zumal Japan an der aktuellen Rangelei um Nancy Pelosi bisher gar nicht beteiligt war. Jetzt ist auch Tokio auf den Barrikaden.

Aus Taiwan berichtet für uns heute David Demes, wie die Manöver im Zentrum des Sturms ankommen und was die Regierung tut, um trotz der Machtdemonstration Chinas die Sicherheit der Insel zu schützen. Die taiwanischen Streitkräfte stehen vor einer Probe, die gute Nerven erfordert. Sie müssen dem Vorrücken der Volksbefreiungsarmee wo nötig Grenzen aufzeigen. Doch sie dürfen keinesfalls aggressiv handeln, weil dann die Katastrophe droht.

Wir haben uns zudem angesehen, was die großen Manöver für die Lieferketten bedeuten. Taiwan ist immerhin der weltweit größte Anbieter von Mikrochips. Stand Donnerstagabend geben die Experten jedoch Entwarnung. Frachtschiffe haben sich neue Routen gesucht oder verzögern ihre Durchfahrt einfach, bis der Spuk vorbei ist, schreibt Nico Beckert. Das könnte jedoch schnell anders werden, wenn China die Manöver noch ausweitet.

Im Nachgang zu Pelosis jetzt schon historischer Taiwan-Visite schauen wir noch einmal darauf, warum sie Wu’er Kaixi getroffen hat, einen Dissidenten von 1989, der auf der Insel im Exil lebt.

Ihr
Finn Mayer-Kuckuk
Bild von Finn  Mayer-Kuckuk

Analyse

Militär schießt Raketen über Taipeh

Chinas Staatsfernsehen zeigte die Starts der Raketen, die vom Festland in Richtung Taiwan abgefeuert wurden.
Chinas Staatsfernsehen zeigte die Starts der Raketen, die vom Festland in Richtung Taiwan abgefeuert wurden.

Kopfschüttelnd beobachtete Abigail Chou am Donnerstagmittag, wie mit Ferngläsern und Teleobjektiven ausgerüstete Touristen einen Blick auf die chinesischen Militärmanöver vor der taiwanischen Küste erhaschen wollten. “Sehr sonderbar”, findet das die 32-Jährige. “Die Leute müssten doch eigentlich wissen, dass sie von hier aus nichts sehen können.” Zwar kommt man nirgendwo näher an die chinesischen Manöver heran als hier am südwestlichsten Zipfel der kleinen Insel Hsiao-Liu-Chiu (小琉球), einem beliebten Ausflugsziel vor der Küste der Hafenstadt Kaohsiung. Nur 9,5 Kilometer sind es von hier bis zur nächsten von China ausgewiesenen militärischen Sperrzone. Dennoch ist die Chance, auf dem offenen Meer etwas von den Schießübungen zu erblicken, ziemlich gering.

Die Vergeltungsaktion für den Taiwan-Besuch der US-Spitzenpolitikerin Nancy Pelosi (China.Table berichtete) kam wie angekündigt mit viel militärischem Donner:

  • Chinas schoss mehrere Raketen in die Gewässer um Taiwan – vier davon flogen über die Landmasse der Insel hinweg; fünf landeten in der ausschließlichen Wirtschaftszone Japans, die im Nordosten nahe an Taiwan grenzt;
  • 22 Kampfjets überquerten die Median-Linie in der Mitte der Taiwan-Straße;
  • 100 Flugzeuge, darunter Bomber, und zehn Kriegsschiffe kamen zum Einsatz;
  • über den Kinmen-Inseln wurden vier chinesische Drohnen gesichtet, die Taiwan abgewehrt hat.

Besonders die Raketen sorgten für Aufmerksamkeit. China nannte die Raketentests einen vollen Erfolg und erklärte diesen Teil der Manöver am Nachmittag für beendet. Weitere Militärmanöver sollen noch bis Sonntagmittag Ortszeit stattfinden. In Taiwan blieb eine Panik ob der Raketentests allerdings aus. Dabei gingen die Raketentests über das Ausmaß der Militäroperationen während der vorigen größeren Krise in der Taiwan-Straße im Jahr 1996 hinaus, wie ein am Abend veröffentlichter Bericht des japanischen Verteidigungsministeriums zeigt.

Raketen sollen über Taipeh geflogen sein

Laut Japans Militärs sollen vier Raketen von Stellungen in der Provinz Fujian abgefeuert worden sein und die Hauptinsel Taiwan überflogen haben. Auf der beigefügten Grafik wird deutlich, welche Botschaft China mit diesem Test wohl senden wollte: Die Raketen wären demnach direkt über die Hauptstadt Taipeh hinweggeflogen. Eine massive Eskalation im Vergleich zum Jahr 1996.

Chinesisches Militärmanöver: Fünf Raketen sind an zwei Stellen in Japans Wirtschaftszone niedergegangen (Quelle: japanische Regierung) - dabei soll eine Rakete über Taipeh geflogen sein.
Chinesisches Militärmanöver: Fünf Raketen sind an zwei Stellen in Japans Wirtschaftszone niedergegangen (Quelle: japanische Regierung).

Weder die chinesische noch die taiwanische Seite haben am Donnerstag gesagt, ob die chinesischen Raketen über Taiwan geflogen sind oder nicht. Aufgrund ihrer Flughöhe war Taiwan wahrscheinlich nicht in der Lage, die Raketen abzufangen. Auch das staatliche Warnsystem für Luftangriffe blieb stumm. Vielleicht auch, um die Bevölkerung nicht zu verunsichern. Ab welcher Höhe die “Lufthoheit” eines Landes endet, ist weltweit umstritten. Trotzdem ist der Überflug einer chinesischen Rakete über taiwanisches Hoheitsgebiet ein Novum.

Auf der Insel Beigan (北竿) im Nordwesten Taiwans konnten einige Inselbewohner am Nachmittag beobachten, wie chinesische Raketen vom wenige Kilometer entfernten chinesischen Festland aus abgefeuert wurden. Doch nicht überall in Taiwan wurden die Manöver so direkt verfolgt. “Ich war heute den ganzen Tag im Büro und habe erst später davon erfahren”, sagte ein 33-jähriger Einwohner von Taipeh am Abend zu China.Table. Weil China keine Truppen zusammengezogen und an der Küste keinen Ausnahmezustand verhängt habe, nehme man die Bedrohung nicht wirklich ernst.

Auch Abigail Chou macht sich keine großen Sorgen, obwohl die chinesischen Manöver so nah an ihre Wahlheimat Hsiao-Liu-Chiu heranreichen. Die 32-Jährige führt ein Bed-and-Breakfast auf der kleinen Insel vor der Südküste Taiwans. “Wir sind doch mit dieser Drohkulisse aus China groß geworden”, so die gebürtige Taipeherin. China will einfach seine Stärke zeigen, es geht dabei gar nicht wirklich um uns.

Desinformationskampagne und psychologische Kriegsführung

Taiwans Militär stand zwar unter besonderer Alarmbereitschaft, reagierte aber nicht proaktiv auf die Provokationen aus China. Man sei vorbereitet und schrecke nicht vor einem militärischen Konflikt zurück, allerdings werde man nicht zu einer Eskalation beitragen und keinen Konflikt herbeiführen, so das Verteidigungsministerium in Taipeh. In einer am späten Abend veröffentlichten Videoansprache bestätigte Präsidentin Tsai Ing-wen diesen Kurs und sagte: “Wir werden unsere Souveränität und nationale Sicherheit entschlossen verteidigen und an der Verteidigungslinie von Demokratie und Freiheit festhalten.”

Sowohl das Verteidigungsministerium als auch die Präsidentin wiesen insbesondere auf die Gefahr von Desinformationskampagnen und psychologischer Kriegsführung für die Moral und den Zusammenhalt in der Bevölkerung hin. Bereits am Mittwoch waren Bildschirme an Bahnhöfen und in Lebensmittelläden von chinesischen Hackern übernommen worden und hatten Pelosi-feindliche Nachrichten verbreitet. Die Bevölkerung solle nicht auf Fake News hereinfallen und sich für korrekte Informationen an die Verlautbarungen der offiziellen Regierungsstellen halten.

Kritisiert wurde die passive Haltung des Militärs unter anderem von dem bekannten, pensionierten Generalmajor des Heeres Yu Pei-chen. Er warnte, dass China beim nächsten Mal noch näher an Taiwan heranrücken könnte, wenn man der Volksbefreiungsarmee jetzt nicht entschieden entgegentrete. Lin Ying-yu wies darauf hin, dass man die kommenden Manöver der Luftwaffe und der Marine weiter engmaschig überwachen müsse. Vor allem die Nachtübungen bergen die Gefahr eines Überraschungsangriffs.

Die Menschen in Taiwan wiederum sind sich der Gefahr einer Eskalation zwar bewusst, geraten aber generell nicht leicht in Aufregung. Doch die Ereignisse lassen selbst sie nicht ganz kalt. Am Donnerstag war ein Programm der Polizeibehörde die meist heruntergeladene Handy-Anwendung im App-Store. Eine der wichtigsten Funktionen: eine Karte mit Luftschutzkellern

  • Militär
  • Nancy Pelosi
  • Taiwan
  • USA

Frachter finden Wege um die Manöver herum

Auslaufendes Schiff vor dem Hafen Kaohsiung.

Die Branchen Logistik, Handel sowie Im- und Export sind in den vergangenen Jahren dünnhäutig geworden. Zu oft haben ihnen die Weltpolitik und die Pandemie ihre Lieferpläne aus dem Takt gebracht. Die Nachricht von ausgedehnten Marineoperationen um Taiwan hat daher eine Schrecksekunde verursacht.

Fehlen jetzt Chips aus Taiwan? Kommen taiwanische Waren womöglich nur noch mit Verspätung nach Europa? Droht ein Containerstau an global wichtigen Häfen wie Kaohsiung, Anping, Keelung oder Taipei? Nicht zuletzt ist die Taiwan-Straße eine der belebtesten Schifffahrtsrouten der Region.

Doch Experten geben vorerst Entwarnung. “Wenn die Militärmanöver nur kurz andauern und nicht zu umfangreich sind, dann werden die Beeinträchtigungen eher begrenzt sein“, sagte die Ökonomin Wan-Hsin Liu vom Kiel Institute für Weltwirtschaft (IfW Kiel) gegenüber China.Table. Es gebe Alternativrouten. Die geplante Dauer der Manöver von drei Tagen liegt zudem in dem Rahmen, den die Frachtfirmen als Verspätung noch gut wegstecken können.

Schießübungen Chinas zu Pelosis Besuch in Taiwan. Sie liegen dicht unter Taiwans Küste: Aus den Koordinaten der Manövergebiete ergibt sich diese Karte. Ein Teil der Flächen liegt in Taiwans Gewässern.

Militärmanöver auf wichtiger Schifffahrtsroute

Am ersten Tag haben die Militärmanöver jedenfalls noch keine großen Verspätungen oder Lieferkettenprobleme verursacht. Einige Reedereien haben ihre Schiffe sofort nach Ankündigung auf alternative Routen geschickt. Taiwans Schifffahrtsbehörden hatten ihnen dazu schon Optionen zur Verfügung gestellt, mit denen sich die Gefahrenzonen weiträumig umgehen lassen.

Einige Frachter haben auch ihr Ziel geändert und laufen nun Häfen auf dem Festland an. Andere haben ihre Geschwindigkeit gedrosselt, um erst am Wochenende nach Ende der Manöver in die kritischen Zonen einzulaufen. Die meisten Frachter umfahren jedoch einfach die Gebiete, in denen Militär-Übungen abgehalten werden.

Auch Schiffe ohne ein direktes Ziel auf Taiwan sind betroffen. Fast die Hälfte der weltweiten Containerschiffe haben im vergangenen Jahr die Taiwan-Straße passiert, wie Bloomberg berichtet. Die Sperrzonen stehen also nicht nur dem Taiwan-Verkehr im Weg, sondern auch Schiffen aus Japan, Südkorea und China mit Zielen in Europa oder den USA.

Doch selbst wenn die Schiffe nicht durch die Taiwan-Straße fahren, sondern an der Ostflanke der Insel vorbei, kommt es nur zu Verzögerungen von circa drei Tagen. Solche Verspätungen sind in der globalen Schifffahrt nicht ungewöhnlich. Extremwetter wie Taifune sorgen regelmäßig für ähnliche Abweichungen.

Es bleibt erhebliche Unsicherheit

Eine gewisse Unsicherheit bleibt derweil bestehen. Nancy Pelosi, die Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, verweilte zwar nur einige Stunden auf Taiwan. Ihr Besuch hat die Region jedoch in Aufruhr hinterlassen. Die Militärmanöver um Taiwan haben schon jetzt eine neue Dimension erreicht. Ob sich die Volksrepublik damit begnügt, bleibt abzuwarten. Schon jetzt wirkt die Ausweisung der Manövergebiete wie eine Vorübung für eine Seeblockade Taiwans. Der chinesische General Meng Xiangjun stellt das auch genau so dar, berichten taiwanische Medien.

Sollte China die Manöver verlängern, könnten doch noch Probleme entstehen. Bei einer Ausweitung der Übungen müssten sich Unternehmen und Logistiker auf “erhebliche Beeinträchtigungen in globalen Lieferketten und somit auch der Weltwirtschaft” einstellen, so Globalisierungsexpertin Liu vom IfW. Experten halten es jedoch für zu früh für allzu große Beunruhigung. “Wir könnten uns Sorgen machen, wenn die Militär-Übungen länger und intensiver werden und sich auf die Lieferketten auswirken”, sagt auch Huang Huiming, Fondsmanager bei Nanjing Jing Heng Investment Management.

Doch schon die Beschäftigung mit dem Szenario ist im Licht der Erfahrungen der vergangenen Jahre durchaus relevant. Taiwan verfügt über die weltweit größte Produktionsbasis für Mikrochips. Allein der Marktführer Taiwan Semiconductor Manufacturing (TSMC) hält einen Anteil von 53 Prozent.

Elektronikprodukte, inklusive Halbleiter, machten laut Liu im ersten Halbjahr gut 51 Prozent der taiwanischen Exporte aus. Fehlen die Bauteile, stehen auch in Deutschland die Bänder still. Die deutsche Wirtschaft sieht daher eine ausgeprägte Abhängigkeit von Taiwan. Vor allem die Möglichkeit indirekter Effekte über Ausfälle in der Volksrepublik ist ihr bewusst (China.Table berichtete) und war schon vor der aktuellen Krise ein Thema.

Eine Blockade Taiwans würde auch China schaden

China hat zudem weiterhin die Möglichkeit, die nach dem Pelosi-Besuch verhängten Sanktionen gegen Taiwan auf weitere Produktgruppen auszuweiten. Bei diesem Szenario geht es nicht um eine Seeblockade, sondern um Zolltricks. China weist schon jetzt Waren mit verschiedenen fadenscheinigen Begründungen zurück (China.Table berichtete).

Bisher sind vor allem die Lebensmittel- und die Bauwirtschaft betroffen. Doch auch industrierelevante Produktgruppen könnten Gegenstand der Rache für Pelosis Provokation sein. Das würde Taiwan empfindlich treffen. Die Volksrepublik ist der größte Handelspartner der Insel. Im vergangenen Jahr hat sie Waren im Wert von knapp 190 Milliarden Dollar nach China verschifft. Deutschland kam auf gut 245 Milliarden.

Weitreichende Sanktionen gelten derzeit aber als unwahrscheinlich. China würde sich mit einer wirtschaftlichen Isolierung Taiwans auch ins eigene Fleisch schneiden. Auch die Volksrepublik ist auf Halbleiter aus Taiwan angewiesen (China.Table berichtete).

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Termine

07.08.2022, 18:00 Uhr
Humboldt-Forum Berlin / Führung Weisheit und Mitgefühl in der asiatischen Kunst Mehr

10.08.2022, 4:00 pm (China)
Dezan Shira / Webinar China PIPL Best Practices: Refining Your Data Security and Compliance Mehr

News

Selenskyj sucht Gespräch mit Xi

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat ein Gesprächsangebot an Xi Jinping gesendet und will, dass sich China für eine Beendigung der russischen Invasion einsetzt. Die Volksrepublik solle ihren politischen und wirtschaftlichen Einfluss auf Russland geltend machen, sagte Selenskyj in einem Gespräch mit der South China Morning Post. “Ich würde gerne direkt sprechen. Ich hatte ein Gespräch mit Xi Jinping, das war vor einem Jahr”, sagte er der Zeitung. Die ukrainische Seite habe seit dem Beginn der Invasion mehrmals das Gespräch mit China gesucht. Doch bisher kam es nicht zustande, so der Präsident. Er ging damit über seine frühere Forderung hinaus, China solle neutral bleiben (China.Table berichtete).

China hat in dem Krieg keine klare Position eingenommen. Die Freundschaft mit Russland wurde jedoch wiederholt verbal bekräftigt. An Sanktionen hat sich die Volksrepublik nicht beteiligt und diese im Gegenteil kritisiert.

Selenskyj machte auch auf die engen Bande zwischen China und der Ukraine aufmerksam. Xi sei einer der wenigen Staats- und Regierungschefs der Welt, der die Ukraine “mindestens einmal” besucht habe. China solle den Handel mit Russland während des Krieges einschränken, schlug Selenskyj vor.

Selenskyj deutete auch an, dass sich der Krieg auf Chinas Wachstum auswirken könne. Weltweit müssten “die Menschen mehr für Energieressourcen bezahlen”. Das Geld fehle den Konsumenten dann. “Die Exporte aus China würden zurückgehen. Das ist 100 Prozent sicher”, sagte der ukrainische Präsident. nib

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Britisches Parlament schließt Tiktok-Account

Das britische Parlament hat seinen Tiktok-Account wegen Datenschutz-Bedenken geschlossen. Abgeordnete befürchteten, der chinesische Mutterkonzern von Tiktok könne Daten an die Regierung in Peking weiterleiten. Die Parlamentsmitglieder hatten sich zuvor schriftlich an die Sprecher des Unter- und Oberhauses gewendet.

Eine Tory-Abgeordnete erklärte, Manager von Tiktok konnten den Abgeordneten “nicht versichern, dass das Unternehmen den Datentransfer” zu seiner Muttergesellschaft in China “verhindern kann”, wie Sky News berichtet. Der Tiktok-Account des Parlaments galt als Versuch, auch jüngere Menschen für die Arbeit der Abgeordneten zu begeistern. Ein weiterer Abgeordneter sagte, der Account hätte niemals eröffnet werden dürfen.

Die Kurzvideo-App und ihr Mutterkonzern standen in der Vergangenheit immer wieder in der Kritik, Daten westlicher Nutzerinnen und Nutzer an die Regierung weiterzuleiten. Eine US-Behörde hatte jüngst gefordert, die App aus US-App-Stores entfernen zu lassen (China.Table berichtete). nib

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Handel mit Afrika soll wachsen

China will die EU als wichtigsten Handelspartner Afrikas bis 2030 überholen und wird seinen Handel mit dem Kontinent weiter stärken. Das ist das Ergebnis einer Studie der britischen Economist Intelligence Unit (EIU). Die Volksrepublik habe unter anderem ein besonderes Interesse an Afrikas Bodenschätzen, die es als wichtige Quelle für Lebensmittelimporte in Betracht ziehe. Aufgrund der jungen Bevölkerung sei Afrika zudem für Unternehmen in produzierenden Industrien interessant, die hier günstige Arbeitskräfte und einen attraktiven und wachsenden Markt für Konsumgüter vorfinden.

China pflegt seine politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu Afrika seit Jahren intensiv. Der Handel zwischen China und Afrika wuchs allein 2021 um 35 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und lag bei 254 Milliarden US-Dollar. Allerdings spielen hier auch Corona-Effekte eine Rolle. Durch die Pandemie kam es zu Lieferkettenproblemen.

Auch Europäer und Amerikaner wollen ihre Beziehungen zu Afrika intensivieren, diese sind durch gescheiterte Versprechungen und Initiativen in der Vergangenheit jedoch belastet und damit komplizierter. Laut der EIU-Studie erschienen die Intentionen der USA und der EU vielen Afrikanern wie ein Versuch, China etwas entgegenzusetzen und weniger als ernsthaftes Interesse an der Arbeit mit afrikanischen Geschäftspartnern. jul

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Temperaturen steigen in China schneller

In China sind die Durchschnittstemperaturen dem nationalen Wetterdienst zufolge über die letzten 70 Jahre fast doppelt so schnell gestiegen wie im Rest der Welt. Seit 1951 haben sich die Temperaturen in der Volksrepublik pro Jahrzehnt um 0,26 Grad erhöht, im Vergleich zu einem weltweiten Anstieg von 0,15 Grad, heißt es in dem am Donnerstag veröffentlichten jährlichen Bericht. “Auch in Zukunft wird der Anstieg der regionalen Durchschnittstemperaturen in China deutlich höher sein als in der restlichen Welt,” sagte Yuan Jiashuang, Vizedirektor des Nationalen Klimazentrums Chinas (NCC). China sei eine “empfindliche Region”, wenn es um den globalen Klimawandel gehe. Der könne Auswirkungen auf die Wasserreserven, das Ökosystem und Ernten haben.

Teile der Volksrepublik kämpfen bereits seit Wochen mit extremen Temperaturen von über 44 Grad. Dazu gehören die Provinzen Yunnan im Südwesten und Hebei im Norden des Landes. Insgesamt 131 Wetterstationen in China melden Temperaturen, die auf dem Niveau bisheriger Rekorde lagen oder diese übertrafen. Im vergangenen Jahr waren es 62 Wetterstationen. Die Wasserstände an den Küsten erreichten laut dem Klimagutachten den höchsten Stand seit 1980. Außerdem hat sich das Schmelzen von Gletschern und Meereis beschleunigt.

Chinas jährliche CO2-Emissionen. In den letzten Jahren ist in China die Temperatur schneller gesteigen als in anderen Regionen.

Durch das starke Wirtschaftswachstum der vergangenen Jahrzehnte hat sich die Volksrepublik zum größten Verursacher von CO2-Emissionen entwickelt. China ist mittlerweile für gut 30 Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich. Der Klimawandel stellt das Land vor immense Herausforderungen. Bei unzureichenden Gegenmaßnahmen drohen wirtschaftliche Kosten in Billionen-Höhe (China.Table berichtete). nib/rtr.

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Alibaba präsentiert überraschend stabile Zahlen

Gute Nachrichten für den chinesischen Online-Riesen Alibaba. Das Amazon-Pendant hat seinen Umsatz stabil gehalten – den Erwartungen von Analysten zum Trotz. Die Erlöse des zweiten Quartals lagen bei umgerechnet knapp 29,9 Milliarden Euro und ähneln damit dem Vorjahreswert. Die an der Wallstreet notierte Aktie legte vorbörslich um 5,1 Prozent zu. 

Erstmals in der Unternehmensgeschichte konnte Alibaba kein Wachstum verbuchen. Normalerweise liegen die Wachstumszahlen im zweistelligen Bereich. Dennoch überrascht der stabile Umsatz, da die harten Corona-Lockdowns des Frühjahrs den Gewinn des Unternehmens einbrechen ließen. Die Auslieferung von Waren war wochenlang fast unmöglich. Daneben muss sich Chinas ehemals wertvollstes Unternehmen mit der schwächelnden Konjunktur, stärker werdenden Wettbewerbern und Regulatoren auseinandersetzen. Im Mai hatte Alibaba als Reaktion auf das sich verlangsamende Wachstum “mehr Disziplin” bei Unternehmensausgaben beschlossen.

Und die nächsten Schwierigkeiten warten möglicherweise bereits. Die US-Börsenaufsicht hatte Alibaba zuletzt auf eine Liste von mehr als 270 chinesischen Wertpapieren gesetzt, denen der Ausschluss von amerikanischen Börsen droht, sollten sie den Regulatoren keinen Einblick in ihre Prüfungsberichte gewähren. rtr/jul

  • Alibaba
  • Handel
  • Technologie

Presseschau

Kreml stärkt China im Taiwan-Konflikt den Rücken NTV
Taiwan-Konflikt: Chinas Außenminister sagt Treffen mit japanischem Amtskollegen ab HANDELSBLATT
Chinesische Raketen schlagen in Japans Wirtschaftszone ein WELT
Chinas Armee übt offenbar die Invasion Taiwans SUEDDEUTSCHE
Zweifel an baldiger chinesischer Invasion in Taiwan DERSTANDARD
Zwischen Imperialismus und Drohgebärden: Darin unterscheiden sich die Konflikte um Taiwan und die Ukraine TAGESSPIEGEL
U.S. firms eye Taiwan exit on Chinese invasion risk POLITICO
Warum US-Abgeordnete so oft Taipeh besuchen SPIEGEL
How does the US support Taiwan militarily? DW
How Taiwan semiconductors are key for global high-tech DW
Perils of Preaching Nationalism Play Out on Chinese Social Media NYTIMES
Deutschlands China-Abhängigkeit: Das nächste böse Erwachen droht RND
Adidas, Puma und die Krux mit China RND
Chinas Onlineriese Alibaba überrascht mit stabilem Umsatz HANDELSBLATT
Chinese private firm joins hypersonic race SCMP
Copper Worth Nearly Half a Billion Dollars Goes Missing in China BLOOMBERG

Heads

Wu’er Kaixi – Der Dissident, der Pelosi inspiriert

Wu'er Kaixi ist Peking auch 23 Jahre nach den Tiananmen-Protesten noch immer ein Dorn im Auge - er traf Pelosi in Taiwan.
Wu’er Kaixi ist Peking auch 23 Jahre nach den Tiananmen-Protesten noch immer ein Dorn im Auge

Bevor Nancy Pelosi am Mittwochnachmittag von Taiwan nach Südkorea weiterflog, traf sie sich noch in Taipeh hinter verschlossenen Türen mit drei profilierten Menschenrechts- und Demokratieaktivisten: Lam Wing-kee, einem Hongkonger Buchhändler, der aufgrund seiner politischen Publikationen 2019 auf die Insel fliehen musste; Lee Ming-che, einem taiwanischen NGO-Mitarbeiter, der in China fünf Jahre im Gefängnis saß und erst dieses Jahr freikam (China.Table berichtete) und Wu’er Kaixi, einem ehemaligen chinesischen Studentenführer, der seit 1996 in Taiwan lebt und von dort noch immer gegen Peking aufbegehrt.

Das Treffen mit den drei Aktivisten soll ein Schlaglicht auf die “tiefe Freundschaft und die gemeinsamen Werte” werfen, die Pelosi gestern in ihrem Reise-Statement bereits angerissen hatte: Selbstbestimmung und Selbstverwaltung, Demokratie und Freiheit, Menschenwürde und Menschenrechte. “Wir kamen, um zuzuhören und zu lernen. Wir gingen inspiriert von ihrem Mut”, schrieb Pelosi nach dem Treffen im Human Rights Memorial and Cultural Park auf Twitter.

Dass Pelosi Wu’er Kaixi trifft, ist ein klares Signal an die kommunistische Führung in Peking, die den Aktivisten noch immer als Staatsfeind betrachtet. Aber es ist auch eine öffentlichkeitswirksame Geste an den Westen, wo Wu’er Kaixi als einer der bekanntesten Dissidenten Chinas in Erinnerung geblieben ist.

Der 1968 geborene Pekinger mit uigurischen Wurzeln war einer der Köpfe der Studentenbewegung auf dem Tiananmen-Platz 1989. Als ein Führer der neu gegründeten unabhängigen Students’ Autonomous Federation, die den Rücktritt des KP-Generalsekretärs Zhao Ziyangs sowie Presse- und Redefreiheit einforderte, bewies Kaixi sein Talent als Redner und viel Charisma. Zum Gesicht der Studentenbewegung wurde er jedoch erst, nachdem er im Staatsfernsehen zusammen mit anderen Studentenvertretern den damaligen Ministerpräsidenten Li Peng zu einer Diskussionsrunde getroffen hatte. Wu’er Kaixi kam direkt aus dem Zelt der Hungerstreikenden. Im Schlafanzug saß der damals 21-Jährige dem politischen Hardliner gegenüber und zögerte nicht, ihn zu unterbrechen: “Ich weiß, dass es unhöflich ist, Herr Premier, aber während wir hier sitzen und Nettigkeiten austauschen, sitzen auf dem Platz Leute und hungern.” Zwei Wochen nach dem Auftritt ließ Chinas Führung die Demokratiebewegung mit Gewalt niederschlagen.

Gesicht der Studentenbewegung und politischer Flüchtling

Als Pelosi den Tiananmen-Platz 1991 besuchte, und dort ein Banner für die Verstorbenen des Massakers entrollte, war Wu’er Kaixi bereits ein politischer Flüchtling. Von Hongkong über Frankreich gelangte er in die USA, wo er in Harvard studierte. 1996 zog es ihn nach Taiwan. In Taipeh betätigte er sich seitdem als politischer Kommentator, Investmentbanker, Filmemacher und Dozent. 2015 kandidierte er als unabhängiger Abgeordneter für das taiwanische Parlament. Obwohl aus seiner Karriere als Parlamentarier nichts wurde – einerseits hatte er keine große Partei hinter sich, andererseits sahen ihn viele Wähler noch immer als Ausländer – ist Wu’er Kaixi auf der Insel noch immer ein bekannter Kommentator und Menschenrechtler. Als Generalsekretär der Taiwan Parliamentary Human Rights Commission, dem Menschenrechtskomitees im taiwanischen Legislativ-Yuan, setzte er sich zuletzt immer stärker für die Uiguren ein. Allein auf Twitter folgen ihm heute über 160.000 Menschen.

Pelosis Besuch begrüßte er dort ausdrücklich: Es sei die beste Maßnahme, die die USA ergreifen könne, um sicherzustellen, dass, “falls es zu Auseinandersetzungen kommt, diese unter ihren eigenen Bedingungen und nicht unter denen Chinas stattfinden”. In einem Beitrag auf der Online-Plattform Chinadiction schreibt der heute 54-Jährige, dass die von Henry Kissinger geprägte US-Politik der “strategischen Ambiguität” gegenüber Taiwan zu Ende gehen müsse.

“Es ist falsch, wenn die USA – oder jedes andere Land – glauben, dass klare rote Linien eine Provokation darstellen”, schreibt der Aktivist in seinem Beitrag. Das Gegenteil sei der Fall: Zweideutigkeit werde China eher ermutigen als abschrecken. “Ein klares Bekenntnis zur Verteidigung Taiwans wird, kurz gesagt, die Welt zu einem sichereren Ort machen. China wird wüten und schreien, aber es wird nicht alles riskieren und in den Krieg ziehen.”

  • Menschenrechte
  • Nancy Pelosi
  • Taiwan
  • USA
  • Zivilgesellschaft

Personalien

Christian Richter wird zum 1. September neuer Landesdirektor und Büroleiter des Büros der deutschen Kreditanstalt für Wiederaufbau in China. Er war bereits zwischen 1996 und 2004 für die Entwicklungsbank in China aktiv. Richter folgt auf Wolfram Erhardt, der nach fünf Jahres als Landesdirektor in die Frankfurter KfW-Zentrale zurückkehrt.

Chen Xi ist neuer chinesischer Botschafter in Nicaragua.

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Dessert

Ausblick aufs Manöver: Dieser Taiwaner will Chinas Flotte bei der Arbeit beobachten. Von der Küste in der Nähe von Taipeh aus lassen sich die Kriegsschiffe jedoch allenfalls schemenhaft am Horizont erkennen. Was die Hunde über die politische Aufregung um Pelosi denken, ist nicht bekannt.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

Licenses:
    • China schießt Raketen über Taiwan
    • Lieferketten von Militärmanövern kaum betroffen
    • Termine der kommenden Woche
    • Selenskyj will Gespräch mit Xi
    • Britisches Parlament nicht mehr auf Tiktok
    • Handel mit Afrika soll wachsen
    • Klimawandel: Temperaturen steigen schneller
    • Alibaba überrascht mit starken Zahlen
    • Im Portrait: Wu’er Kaixi – Dorn im Auge Pekings
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    wer mit Feuer spielt, sollte sich zumindest bemühen, fatale Fehler auszuschließen. Doch Chinas Militärmanöver um Taiwan bieten reichlich Raum für Missverständnisse. Das zeigten am Donnerstag fünf chinesische Raketen, die in Japans ausschließlicher Wirtschaftszone eingeschlagen sind. Die rechtliche Bedeutung dieser recht großen Zonen ist zwar umstritten. Es ist aber keinesfalls gute Form, Raketen in Richtung eines Nachbarn abzufeuern. Zumal Japan an der aktuellen Rangelei um Nancy Pelosi bisher gar nicht beteiligt war. Jetzt ist auch Tokio auf den Barrikaden.

    Aus Taiwan berichtet für uns heute David Demes, wie die Manöver im Zentrum des Sturms ankommen und was die Regierung tut, um trotz der Machtdemonstration Chinas die Sicherheit der Insel zu schützen. Die taiwanischen Streitkräfte stehen vor einer Probe, die gute Nerven erfordert. Sie müssen dem Vorrücken der Volksbefreiungsarmee wo nötig Grenzen aufzeigen. Doch sie dürfen keinesfalls aggressiv handeln, weil dann die Katastrophe droht.

    Wir haben uns zudem angesehen, was die großen Manöver für die Lieferketten bedeuten. Taiwan ist immerhin der weltweit größte Anbieter von Mikrochips. Stand Donnerstagabend geben die Experten jedoch Entwarnung. Frachtschiffe haben sich neue Routen gesucht oder verzögern ihre Durchfahrt einfach, bis der Spuk vorbei ist, schreibt Nico Beckert. Das könnte jedoch schnell anders werden, wenn China die Manöver noch ausweitet.

    Im Nachgang zu Pelosis jetzt schon historischer Taiwan-Visite schauen wir noch einmal darauf, warum sie Wu’er Kaixi getroffen hat, einen Dissidenten von 1989, der auf der Insel im Exil lebt.

    Ihr
    Finn Mayer-Kuckuk
    Bild von Finn  Mayer-Kuckuk

    Analyse

    Militär schießt Raketen über Taipeh

    Chinas Staatsfernsehen zeigte die Starts der Raketen, die vom Festland in Richtung Taiwan abgefeuert wurden.
    Chinas Staatsfernsehen zeigte die Starts der Raketen, die vom Festland in Richtung Taiwan abgefeuert wurden.

    Kopfschüttelnd beobachtete Abigail Chou am Donnerstagmittag, wie mit Ferngläsern und Teleobjektiven ausgerüstete Touristen einen Blick auf die chinesischen Militärmanöver vor der taiwanischen Küste erhaschen wollten. “Sehr sonderbar”, findet das die 32-Jährige. “Die Leute müssten doch eigentlich wissen, dass sie von hier aus nichts sehen können.” Zwar kommt man nirgendwo näher an die chinesischen Manöver heran als hier am südwestlichsten Zipfel der kleinen Insel Hsiao-Liu-Chiu (小琉球), einem beliebten Ausflugsziel vor der Küste der Hafenstadt Kaohsiung. Nur 9,5 Kilometer sind es von hier bis zur nächsten von China ausgewiesenen militärischen Sperrzone. Dennoch ist die Chance, auf dem offenen Meer etwas von den Schießübungen zu erblicken, ziemlich gering.

    Die Vergeltungsaktion für den Taiwan-Besuch der US-Spitzenpolitikerin Nancy Pelosi (China.Table berichtete) kam wie angekündigt mit viel militärischem Donner:

    • Chinas schoss mehrere Raketen in die Gewässer um Taiwan – vier davon flogen über die Landmasse der Insel hinweg; fünf landeten in der ausschließlichen Wirtschaftszone Japans, die im Nordosten nahe an Taiwan grenzt;
    • 22 Kampfjets überquerten die Median-Linie in der Mitte der Taiwan-Straße;
    • 100 Flugzeuge, darunter Bomber, und zehn Kriegsschiffe kamen zum Einsatz;
    • über den Kinmen-Inseln wurden vier chinesische Drohnen gesichtet, die Taiwan abgewehrt hat.

    Besonders die Raketen sorgten für Aufmerksamkeit. China nannte die Raketentests einen vollen Erfolg und erklärte diesen Teil der Manöver am Nachmittag für beendet. Weitere Militärmanöver sollen noch bis Sonntagmittag Ortszeit stattfinden. In Taiwan blieb eine Panik ob der Raketentests allerdings aus. Dabei gingen die Raketentests über das Ausmaß der Militäroperationen während der vorigen größeren Krise in der Taiwan-Straße im Jahr 1996 hinaus, wie ein am Abend veröffentlichter Bericht des japanischen Verteidigungsministeriums zeigt.

    Raketen sollen über Taipeh geflogen sein

    Laut Japans Militärs sollen vier Raketen von Stellungen in der Provinz Fujian abgefeuert worden sein und die Hauptinsel Taiwan überflogen haben. Auf der beigefügten Grafik wird deutlich, welche Botschaft China mit diesem Test wohl senden wollte: Die Raketen wären demnach direkt über die Hauptstadt Taipeh hinweggeflogen. Eine massive Eskalation im Vergleich zum Jahr 1996.

    Chinesisches Militärmanöver: Fünf Raketen sind an zwei Stellen in Japans Wirtschaftszone niedergegangen (Quelle: japanische Regierung) - dabei soll eine Rakete über Taipeh geflogen sein.
    Chinesisches Militärmanöver: Fünf Raketen sind an zwei Stellen in Japans Wirtschaftszone niedergegangen (Quelle: japanische Regierung).

    Weder die chinesische noch die taiwanische Seite haben am Donnerstag gesagt, ob die chinesischen Raketen über Taiwan geflogen sind oder nicht. Aufgrund ihrer Flughöhe war Taiwan wahrscheinlich nicht in der Lage, die Raketen abzufangen. Auch das staatliche Warnsystem für Luftangriffe blieb stumm. Vielleicht auch, um die Bevölkerung nicht zu verunsichern. Ab welcher Höhe die “Lufthoheit” eines Landes endet, ist weltweit umstritten. Trotzdem ist der Überflug einer chinesischen Rakete über taiwanisches Hoheitsgebiet ein Novum.

    Auf der Insel Beigan (北竿) im Nordwesten Taiwans konnten einige Inselbewohner am Nachmittag beobachten, wie chinesische Raketen vom wenige Kilometer entfernten chinesischen Festland aus abgefeuert wurden. Doch nicht überall in Taiwan wurden die Manöver so direkt verfolgt. “Ich war heute den ganzen Tag im Büro und habe erst später davon erfahren”, sagte ein 33-jähriger Einwohner von Taipeh am Abend zu China.Table. Weil China keine Truppen zusammengezogen und an der Küste keinen Ausnahmezustand verhängt habe, nehme man die Bedrohung nicht wirklich ernst.

    Auch Abigail Chou macht sich keine großen Sorgen, obwohl die chinesischen Manöver so nah an ihre Wahlheimat Hsiao-Liu-Chiu heranreichen. Die 32-Jährige führt ein Bed-and-Breakfast auf der kleinen Insel vor der Südküste Taiwans. “Wir sind doch mit dieser Drohkulisse aus China groß geworden”, so die gebürtige Taipeherin. China will einfach seine Stärke zeigen, es geht dabei gar nicht wirklich um uns.

    Desinformationskampagne und psychologische Kriegsführung

    Taiwans Militär stand zwar unter besonderer Alarmbereitschaft, reagierte aber nicht proaktiv auf die Provokationen aus China. Man sei vorbereitet und schrecke nicht vor einem militärischen Konflikt zurück, allerdings werde man nicht zu einer Eskalation beitragen und keinen Konflikt herbeiführen, so das Verteidigungsministerium in Taipeh. In einer am späten Abend veröffentlichten Videoansprache bestätigte Präsidentin Tsai Ing-wen diesen Kurs und sagte: “Wir werden unsere Souveränität und nationale Sicherheit entschlossen verteidigen und an der Verteidigungslinie von Demokratie und Freiheit festhalten.”

    Sowohl das Verteidigungsministerium als auch die Präsidentin wiesen insbesondere auf die Gefahr von Desinformationskampagnen und psychologischer Kriegsführung für die Moral und den Zusammenhalt in der Bevölkerung hin. Bereits am Mittwoch waren Bildschirme an Bahnhöfen und in Lebensmittelläden von chinesischen Hackern übernommen worden und hatten Pelosi-feindliche Nachrichten verbreitet. Die Bevölkerung solle nicht auf Fake News hereinfallen und sich für korrekte Informationen an die Verlautbarungen der offiziellen Regierungsstellen halten.

    Kritisiert wurde die passive Haltung des Militärs unter anderem von dem bekannten, pensionierten Generalmajor des Heeres Yu Pei-chen. Er warnte, dass China beim nächsten Mal noch näher an Taiwan heranrücken könnte, wenn man der Volksbefreiungsarmee jetzt nicht entschieden entgegentrete. Lin Ying-yu wies darauf hin, dass man die kommenden Manöver der Luftwaffe und der Marine weiter engmaschig überwachen müsse. Vor allem die Nachtübungen bergen die Gefahr eines Überraschungsangriffs.

    Die Menschen in Taiwan wiederum sind sich der Gefahr einer Eskalation zwar bewusst, geraten aber generell nicht leicht in Aufregung. Doch die Ereignisse lassen selbst sie nicht ganz kalt. Am Donnerstag war ein Programm der Polizeibehörde die meist heruntergeladene Handy-Anwendung im App-Store. Eine der wichtigsten Funktionen: eine Karte mit Luftschutzkellern

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    Frachter finden Wege um die Manöver herum

    Auslaufendes Schiff vor dem Hafen Kaohsiung.

    Die Branchen Logistik, Handel sowie Im- und Export sind in den vergangenen Jahren dünnhäutig geworden. Zu oft haben ihnen die Weltpolitik und die Pandemie ihre Lieferpläne aus dem Takt gebracht. Die Nachricht von ausgedehnten Marineoperationen um Taiwan hat daher eine Schrecksekunde verursacht.

    Fehlen jetzt Chips aus Taiwan? Kommen taiwanische Waren womöglich nur noch mit Verspätung nach Europa? Droht ein Containerstau an global wichtigen Häfen wie Kaohsiung, Anping, Keelung oder Taipei? Nicht zuletzt ist die Taiwan-Straße eine der belebtesten Schifffahrtsrouten der Region.

    Doch Experten geben vorerst Entwarnung. “Wenn die Militärmanöver nur kurz andauern und nicht zu umfangreich sind, dann werden die Beeinträchtigungen eher begrenzt sein“, sagte die Ökonomin Wan-Hsin Liu vom Kiel Institute für Weltwirtschaft (IfW Kiel) gegenüber China.Table. Es gebe Alternativrouten. Die geplante Dauer der Manöver von drei Tagen liegt zudem in dem Rahmen, den die Frachtfirmen als Verspätung noch gut wegstecken können.

    Schießübungen Chinas zu Pelosis Besuch in Taiwan. Sie liegen dicht unter Taiwans Küste: Aus den Koordinaten der Manövergebiete ergibt sich diese Karte. Ein Teil der Flächen liegt in Taiwans Gewässern.

    Militärmanöver auf wichtiger Schifffahrtsroute

    Am ersten Tag haben die Militärmanöver jedenfalls noch keine großen Verspätungen oder Lieferkettenprobleme verursacht. Einige Reedereien haben ihre Schiffe sofort nach Ankündigung auf alternative Routen geschickt. Taiwans Schifffahrtsbehörden hatten ihnen dazu schon Optionen zur Verfügung gestellt, mit denen sich die Gefahrenzonen weiträumig umgehen lassen.

    Einige Frachter haben auch ihr Ziel geändert und laufen nun Häfen auf dem Festland an. Andere haben ihre Geschwindigkeit gedrosselt, um erst am Wochenende nach Ende der Manöver in die kritischen Zonen einzulaufen. Die meisten Frachter umfahren jedoch einfach die Gebiete, in denen Militär-Übungen abgehalten werden.

    Auch Schiffe ohne ein direktes Ziel auf Taiwan sind betroffen. Fast die Hälfte der weltweiten Containerschiffe haben im vergangenen Jahr die Taiwan-Straße passiert, wie Bloomberg berichtet. Die Sperrzonen stehen also nicht nur dem Taiwan-Verkehr im Weg, sondern auch Schiffen aus Japan, Südkorea und China mit Zielen in Europa oder den USA.

    Doch selbst wenn die Schiffe nicht durch die Taiwan-Straße fahren, sondern an der Ostflanke der Insel vorbei, kommt es nur zu Verzögerungen von circa drei Tagen. Solche Verspätungen sind in der globalen Schifffahrt nicht ungewöhnlich. Extremwetter wie Taifune sorgen regelmäßig für ähnliche Abweichungen.

    Es bleibt erhebliche Unsicherheit

    Eine gewisse Unsicherheit bleibt derweil bestehen. Nancy Pelosi, die Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, verweilte zwar nur einige Stunden auf Taiwan. Ihr Besuch hat die Region jedoch in Aufruhr hinterlassen. Die Militärmanöver um Taiwan haben schon jetzt eine neue Dimension erreicht. Ob sich die Volksrepublik damit begnügt, bleibt abzuwarten. Schon jetzt wirkt die Ausweisung der Manövergebiete wie eine Vorübung für eine Seeblockade Taiwans. Der chinesische General Meng Xiangjun stellt das auch genau so dar, berichten taiwanische Medien.

    Sollte China die Manöver verlängern, könnten doch noch Probleme entstehen. Bei einer Ausweitung der Übungen müssten sich Unternehmen und Logistiker auf “erhebliche Beeinträchtigungen in globalen Lieferketten und somit auch der Weltwirtschaft” einstellen, so Globalisierungsexpertin Liu vom IfW. Experten halten es jedoch für zu früh für allzu große Beunruhigung. “Wir könnten uns Sorgen machen, wenn die Militär-Übungen länger und intensiver werden und sich auf die Lieferketten auswirken”, sagt auch Huang Huiming, Fondsmanager bei Nanjing Jing Heng Investment Management.

    Doch schon die Beschäftigung mit dem Szenario ist im Licht der Erfahrungen der vergangenen Jahre durchaus relevant. Taiwan verfügt über die weltweit größte Produktionsbasis für Mikrochips. Allein der Marktführer Taiwan Semiconductor Manufacturing (TSMC) hält einen Anteil von 53 Prozent.

    Elektronikprodukte, inklusive Halbleiter, machten laut Liu im ersten Halbjahr gut 51 Prozent der taiwanischen Exporte aus. Fehlen die Bauteile, stehen auch in Deutschland die Bänder still. Die deutsche Wirtschaft sieht daher eine ausgeprägte Abhängigkeit von Taiwan. Vor allem die Möglichkeit indirekter Effekte über Ausfälle in der Volksrepublik ist ihr bewusst (China.Table berichtete) und war schon vor der aktuellen Krise ein Thema.

    Eine Blockade Taiwans würde auch China schaden

    China hat zudem weiterhin die Möglichkeit, die nach dem Pelosi-Besuch verhängten Sanktionen gegen Taiwan auf weitere Produktgruppen auszuweiten. Bei diesem Szenario geht es nicht um eine Seeblockade, sondern um Zolltricks. China weist schon jetzt Waren mit verschiedenen fadenscheinigen Begründungen zurück (China.Table berichtete).

    Bisher sind vor allem die Lebensmittel- und die Bauwirtschaft betroffen. Doch auch industrierelevante Produktgruppen könnten Gegenstand der Rache für Pelosis Provokation sein. Das würde Taiwan empfindlich treffen. Die Volksrepublik ist der größte Handelspartner der Insel. Im vergangenen Jahr hat sie Waren im Wert von knapp 190 Milliarden Dollar nach China verschifft. Deutschland kam auf gut 245 Milliarden.

    Weitreichende Sanktionen gelten derzeit aber als unwahrscheinlich. China würde sich mit einer wirtschaftlichen Isolierung Taiwans auch ins eigene Fleisch schneiden. Auch die Volksrepublik ist auf Halbleiter aus Taiwan angewiesen (China.Table berichtete).

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    Termine

    07.08.2022, 18:00 Uhr
    Humboldt-Forum Berlin / Führung Weisheit und Mitgefühl in der asiatischen Kunst Mehr

    10.08.2022, 4:00 pm (China)
    Dezan Shira / Webinar China PIPL Best Practices: Refining Your Data Security and Compliance Mehr

    News

    Selenskyj sucht Gespräch mit Xi

    Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat ein Gesprächsangebot an Xi Jinping gesendet und will, dass sich China für eine Beendigung der russischen Invasion einsetzt. Die Volksrepublik solle ihren politischen und wirtschaftlichen Einfluss auf Russland geltend machen, sagte Selenskyj in einem Gespräch mit der South China Morning Post. “Ich würde gerne direkt sprechen. Ich hatte ein Gespräch mit Xi Jinping, das war vor einem Jahr”, sagte er der Zeitung. Die ukrainische Seite habe seit dem Beginn der Invasion mehrmals das Gespräch mit China gesucht. Doch bisher kam es nicht zustande, so der Präsident. Er ging damit über seine frühere Forderung hinaus, China solle neutral bleiben (China.Table berichtete).

    China hat in dem Krieg keine klare Position eingenommen. Die Freundschaft mit Russland wurde jedoch wiederholt verbal bekräftigt. An Sanktionen hat sich die Volksrepublik nicht beteiligt und diese im Gegenteil kritisiert.

    Selenskyj machte auch auf die engen Bande zwischen China und der Ukraine aufmerksam. Xi sei einer der wenigen Staats- und Regierungschefs der Welt, der die Ukraine “mindestens einmal” besucht habe. China solle den Handel mit Russland während des Krieges einschränken, schlug Selenskyj vor.

    Selenskyj deutete auch an, dass sich der Krieg auf Chinas Wachstum auswirken könne. Weltweit müssten “die Menschen mehr für Energieressourcen bezahlen”. Das Geld fehle den Konsumenten dann. “Die Exporte aus China würden zurückgehen. Das ist 100 Prozent sicher”, sagte der ukrainische Präsident. nib

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    Britisches Parlament schließt Tiktok-Account

    Das britische Parlament hat seinen Tiktok-Account wegen Datenschutz-Bedenken geschlossen. Abgeordnete befürchteten, der chinesische Mutterkonzern von Tiktok könne Daten an die Regierung in Peking weiterleiten. Die Parlamentsmitglieder hatten sich zuvor schriftlich an die Sprecher des Unter- und Oberhauses gewendet.

    Eine Tory-Abgeordnete erklärte, Manager von Tiktok konnten den Abgeordneten “nicht versichern, dass das Unternehmen den Datentransfer” zu seiner Muttergesellschaft in China “verhindern kann”, wie Sky News berichtet. Der Tiktok-Account des Parlaments galt als Versuch, auch jüngere Menschen für die Arbeit der Abgeordneten zu begeistern. Ein weiterer Abgeordneter sagte, der Account hätte niemals eröffnet werden dürfen.

    Die Kurzvideo-App und ihr Mutterkonzern standen in der Vergangenheit immer wieder in der Kritik, Daten westlicher Nutzerinnen und Nutzer an die Regierung weiterzuleiten. Eine US-Behörde hatte jüngst gefordert, die App aus US-App-Stores entfernen zu lassen (China.Table berichtete). nib

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    Handel mit Afrika soll wachsen

    China will die EU als wichtigsten Handelspartner Afrikas bis 2030 überholen und wird seinen Handel mit dem Kontinent weiter stärken. Das ist das Ergebnis einer Studie der britischen Economist Intelligence Unit (EIU). Die Volksrepublik habe unter anderem ein besonderes Interesse an Afrikas Bodenschätzen, die es als wichtige Quelle für Lebensmittelimporte in Betracht ziehe. Aufgrund der jungen Bevölkerung sei Afrika zudem für Unternehmen in produzierenden Industrien interessant, die hier günstige Arbeitskräfte und einen attraktiven und wachsenden Markt für Konsumgüter vorfinden.

    China pflegt seine politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu Afrika seit Jahren intensiv. Der Handel zwischen China und Afrika wuchs allein 2021 um 35 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und lag bei 254 Milliarden US-Dollar. Allerdings spielen hier auch Corona-Effekte eine Rolle. Durch die Pandemie kam es zu Lieferkettenproblemen.

    Auch Europäer und Amerikaner wollen ihre Beziehungen zu Afrika intensivieren, diese sind durch gescheiterte Versprechungen und Initiativen in der Vergangenheit jedoch belastet und damit komplizierter. Laut der EIU-Studie erschienen die Intentionen der USA und der EU vielen Afrikanern wie ein Versuch, China etwas entgegenzusetzen und weniger als ernsthaftes Interesse an der Arbeit mit afrikanischen Geschäftspartnern. jul

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    Temperaturen steigen in China schneller

    In China sind die Durchschnittstemperaturen dem nationalen Wetterdienst zufolge über die letzten 70 Jahre fast doppelt so schnell gestiegen wie im Rest der Welt. Seit 1951 haben sich die Temperaturen in der Volksrepublik pro Jahrzehnt um 0,26 Grad erhöht, im Vergleich zu einem weltweiten Anstieg von 0,15 Grad, heißt es in dem am Donnerstag veröffentlichten jährlichen Bericht. “Auch in Zukunft wird der Anstieg der regionalen Durchschnittstemperaturen in China deutlich höher sein als in der restlichen Welt,” sagte Yuan Jiashuang, Vizedirektor des Nationalen Klimazentrums Chinas (NCC). China sei eine “empfindliche Region”, wenn es um den globalen Klimawandel gehe. Der könne Auswirkungen auf die Wasserreserven, das Ökosystem und Ernten haben.

    Teile der Volksrepublik kämpfen bereits seit Wochen mit extremen Temperaturen von über 44 Grad. Dazu gehören die Provinzen Yunnan im Südwesten und Hebei im Norden des Landes. Insgesamt 131 Wetterstationen in China melden Temperaturen, die auf dem Niveau bisheriger Rekorde lagen oder diese übertrafen. Im vergangenen Jahr waren es 62 Wetterstationen. Die Wasserstände an den Küsten erreichten laut dem Klimagutachten den höchsten Stand seit 1980. Außerdem hat sich das Schmelzen von Gletschern und Meereis beschleunigt.

    Chinas jährliche CO2-Emissionen. In den letzten Jahren ist in China die Temperatur schneller gesteigen als in anderen Regionen.

    Durch das starke Wirtschaftswachstum der vergangenen Jahrzehnte hat sich die Volksrepublik zum größten Verursacher von CO2-Emissionen entwickelt. China ist mittlerweile für gut 30 Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich. Der Klimawandel stellt das Land vor immense Herausforderungen. Bei unzureichenden Gegenmaßnahmen drohen wirtschaftliche Kosten in Billionen-Höhe (China.Table berichtete). nib/rtr.

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    Alibaba präsentiert überraschend stabile Zahlen

    Gute Nachrichten für den chinesischen Online-Riesen Alibaba. Das Amazon-Pendant hat seinen Umsatz stabil gehalten – den Erwartungen von Analysten zum Trotz. Die Erlöse des zweiten Quartals lagen bei umgerechnet knapp 29,9 Milliarden Euro und ähneln damit dem Vorjahreswert. Die an der Wallstreet notierte Aktie legte vorbörslich um 5,1 Prozent zu. 

    Erstmals in der Unternehmensgeschichte konnte Alibaba kein Wachstum verbuchen. Normalerweise liegen die Wachstumszahlen im zweistelligen Bereich. Dennoch überrascht der stabile Umsatz, da die harten Corona-Lockdowns des Frühjahrs den Gewinn des Unternehmens einbrechen ließen. Die Auslieferung von Waren war wochenlang fast unmöglich. Daneben muss sich Chinas ehemals wertvollstes Unternehmen mit der schwächelnden Konjunktur, stärker werdenden Wettbewerbern und Regulatoren auseinandersetzen. Im Mai hatte Alibaba als Reaktion auf das sich verlangsamende Wachstum “mehr Disziplin” bei Unternehmensausgaben beschlossen.

    Und die nächsten Schwierigkeiten warten möglicherweise bereits. Die US-Börsenaufsicht hatte Alibaba zuletzt auf eine Liste von mehr als 270 chinesischen Wertpapieren gesetzt, denen der Ausschluss von amerikanischen Börsen droht, sollten sie den Regulatoren keinen Einblick in ihre Prüfungsberichte gewähren. rtr/jul

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    Presseschau

    Kreml stärkt China im Taiwan-Konflikt den Rücken NTV
    Taiwan-Konflikt: Chinas Außenminister sagt Treffen mit japanischem Amtskollegen ab HANDELSBLATT
    Chinesische Raketen schlagen in Japans Wirtschaftszone ein WELT
    Chinas Armee übt offenbar die Invasion Taiwans SUEDDEUTSCHE
    Zweifel an baldiger chinesischer Invasion in Taiwan DERSTANDARD
    Zwischen Imperialismus und Drohgebärden: Darin unterscheiden sich die Konflikte um Taiwan und die Ukraine TAGESSPIEGEL
    U.S. firms eye Taiwan exit on Chinese invasion risk POLITICO
    Warum US-Abgeordnete so oft Taipeh besuchen SPIEGEL
    How does the US support Taiwan militarily? DW
    How Taiwan semiconductors are key for global high-tech DW
    Perils of Preaching Nationalism Play Out on Chinese Social Media NYTIMES
    Deutschlands China-Abhängigkeit: Das nächste böse Erwachen droht RND
    Adidas, Puma und die Krux mit China RND
    Chinas Onlineriese Alibaba überrascht mit stabilem Umsatz HANDELSBLATT
    Chinese private firm joins hypersonic race SCMP
    Copper Worth Nearly Half a Billion Dollars Goes Missing in China BLOOMBERG

    Heads

    Wu’er Kaixi – Der Dissident, der Pelosi inspiriert

    Wu'er Kaixi ist Peking auch 23 Jahre nach den Tiananmen-Protesten noch immer ein Dorn im Auge - er traf Pelosi in Taiwan.
    Wu’er Kaixi ist Peking auch 23 Jahre nach den Tiananmen-Protesten noch immer ein Dorn im Auge

    Bevor Nancy Pelosi am Mittwochnachmittag von Taiwan nach Südkorea weiterflog, traf sie sich noch in Taipeh hinter verschlossenen Türen mit drei profilierten Menschenrechts- und Demokratieaktivisten: Lam Wing-kee, einem Hongkonger Buchhändler, der aufgrund seiner politischen Publikationen 2019 auf die Insel fliehen musste; Lee Ming-che, einem taiwanischen NGO-Mitarbeiter, der in China fünf Jahre im Gefängnis saß und erst dieses Jahr freikam (China.Table berichtete) und Wu’er Kaixi, einem ehemaligen chinesischen Studentenführer, der seit 1996 in Taiwan lebt und von dort noch immer gegen Peking aufbegehrt.

    Das Treffen mit den drei Aktivisten soll ein Schlaglicht auf die “tiefe Freundschaft und die gemeinsamen Werte” werfen, die Pelosi gestern in ihrem Reise-Statement bereits angerissen hatte: Selbstbestimmung und Selbstverwaltung, Demokratie und Freiheit, Menschenwürde und Menschenrechte. “Wir kamen, um zuzuhören und zu lernen. Wir gingen inspiriert von ihrem Mut”, schrieb Pelosi nach dem Treffen im Human Rights Memorial and Cultural Park auf Twitter.

    Dass Pelosi Wu’er Kaixi trifft, ist ein klares Signal an die kommunistische Führung in Peking, die den Aktivisten noch immer als Staatsfeind betrachtet. Aber es ist auch eine öffentlichkeitswirksame Geste an den Westen, wo Wu’er Kaixi als einer der bekanntesten Dissidenten Chinas in Erinnerung geblieben ist.

    Der 1968 geborene Pekinger mit uigurischen Wurzeln war einer der Köpfe der Studentenbewegung auf dem Tiananmen-Platz 1989. Als ein Führer der neu gegründeten unabhängigen Students’ Autonomous Federation, die den Rücktritt des KP-Generalsekretärs Zhao Ziyangs sowie Presse- und Redefreiheit einforderte, bewies Kaixi sein Talent als Redner und viel Charisma. Zum Gesicht der Studentenbewegung wurde er jedoch erst, nachdem er im Staatsfernsehen zusammen mit anderen Studentenvertretern den damaligen Ministerpräsidenten Li Peng zu einer Diskussionsrunde getroffen hatte. Wu’er Kaixi kam direkt aus dem Zelt der Hungerstreikenden. Im Schlafanzug saß der damals 21-Jährige dem politischen Hardliner gegenüber und zögerte nicht, ihn zu unterbrechen: “Ich weiß, dass es unhöflich ist, Herr Premier, aber während wir hier sitzen und Nettigkeiten austauschen, sitzen auf dem Platz Leute und hungern.” Zwei Wochen nach dem Auftritt ließ Chinas Führung die Demokratiebewegung mit Gewalt niederschlagen.

    Gesicht der Studentenbewegung und politischer Flüchtling

    Als Pelosi den Tiananmen-Platz 1991 besuchte, und dort ein Banner für die Verstorbenen des Massakers entrollte, war Wu’er Kaixi bereits ein politischer Flüchtling. Von Hongkong über Frankreich gelangte er in die USA, wo er in Harvard studierte. 1996 zog es ihn nach Taiwan. In Taipeh betätigte er sich seitdem als politischer Kommentator, Investmentbanker, Filmemacher und Dozent. 2015 kandidierte er als unabhängiger Abgeordneter für das taiwanische Parlament. Obwohl aus seiner Karriere als Parlamentarier nichts wurde – einerseits hatte er keine große Partei hinter sich, andererseits sahen ihn viele Wähler noch immer als Ausländer – ist Wu’er Kaixi auf der Insel noch immer ein bekannter Kommentator und Menschenrechtler. Als Generalsekretär der Taiwan Parliamentary Human Rights Commission, dem Menschenrechtskomitees im taiwanischen Legislativ-Yuan, setzte er sich zuletzt immer stärker für die Uiguren ein. Allein auf Twitter folgen ihm heute über 160.000 Menschen.

    Pelosis Besuch begrüßte er dort ausdrücklich: Es sei die beste Maßnahme, die die USA ergreifen könne, um sicherzustellen, dass, “falls es zu Auseinandersetzungen kommt, diese unter ihren eigenen Bedingungen und nicht unter denen Chinas stattfinden”. In einem Beitrag auf der Online-Plattform Chinadiction schreibt der heute 54-Jährige, dass die von Henry Kissinger geprägte US-Politik der “strategischen Ambiguität” gegenüber Taiwan zu Ende gehen müsse.

    “Es ist falsch, wenn die USA – oder jedes andere Land – glauben, dass klare rote Linien eine Provokation darstellen”, schreibt der Aktivist in seinem Beitrag. Das Gegenteil sei der Fall: Zweideutigkeit werde China eher ermutigen als abschrecken. “Ein klares Bekenntnis zur Verteidigung Taiwans wird, kurz gesagt, die Welt zu einem sichereren Ort machen. China wird wüten und schreien, aber es wird nicht alles riskieren und in den Krieg ziehen.”

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    Personalien

    Christian Richter wird zum 1. September neuer Landesdirektor und Büroleiter des Büros der deutschen Kreditanstalt für Wiederaufbau in China. Er war bereits zwischen 1996 und 2004 für die Entwicklungsbank in China aktiv. Richter folgt auf Wolfram Erhardt, der nach fünf Jahres als Landesdirektor in die Frankfurter KfW-Zentrale zurückkehrt.

    Chen Xi ist neuer chinesischer Botschafter in Nicaragua.

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    Dessert

    Ausblick aufs Manöver: Dieser Taiwaner will Chinas Flotte bei der Arbeit beobachten. Von der Küste in der Nähe von Taipeh aus lassen sich die Kriegsschiffe jedoch allenfalls schemenhaft am Horizont erkennen. Was die Hunde über die politische Aufregung um Pelosi denken, ist nicht bekannt.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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