trotz der Sanktionen, mit denen Russland nach dem Angriff auf die Ukraine belegt wurde, fließt sein wichtigstes Exportgut noch immer ungehemmt ins Ausland. Auch Europa bezieht weiterhin Rohöl aus Russland. Während die EU ihre Importe allerdings um 90 Prozent reduzieren möchte, hat China sich mittlerweile als wichtigster Abnehmer in Stellung gebracht. Im Frühjahr bezog das Land jeden Tag rund 1,6 Millionen Barrel Rohöl aus Russland – und das mit saftigen Rabatten, wie Christiane Kühl erklärt. Mit den Zukäufen will China vor allem seine strategischen Erdölreserven auffüllen. Wieder einmal nutzt Peking globale Verwerfungen kurzerhand zu seinem eigenen Vorteil aus.
Unser zweites Stück widmet sich dem Zustand der Solar-Industrie. Es war Finanzminister Christian Lindner, der nach dem Einmarsch Russlands in der Ukraine die erneuerbaren Energien medienwirksam als “Freiheitsenergien” bezeichnete. Doch zumindest für die Solar-Industrie ist das schlichtweg ein Etikettenschwindel. Zu groß ist in diesem Bereich die Abhängigkeit von China, das die komplette Solar-Lieferkette dominiert. Und Peking hat für die kommenden Jahre massive Ausbauziele vorgegeben.
Wir werfen deshalb heute einen Blick auf den Zustand der Solar-Branche und gehen der Frage nach, ob die aktuellen Lieferschwierigkeiten auf den chinesischen Eigenbedarf zurückzuführen sind.
Russland verkauft zwar weniger Öl an die EU und die USA. Aber das schwarze Gold fließt trotzdem weiter ungehemmt ins Ausland. Nach russischen Angaben ist das infolge des US-Embargos zunächst eingebrochene Exportvolumen inzwischen wieder auf Vorkriegsniveau. Dafür darf sich Präsident Wladimir Putin vor allem in Asien bedanken: Indien importierte laut S&P Global im April rund 20 Mal soviel Öl pro Tag aus Russland wie im Tagesdurchschnitt von 2021 – zu Discountpreisen von bis zu 30 US-Dollar unter Weltmarktpreis (627.000 Barrel pro Tag). Und auch China scheint nach anfänglicher Zurückhaltung nun verstärkt mit Russland über Öllieferungen zu verhandeln – und zwar ebenfalls zu saftigen Preisnachlässen.
China kaufe russisches Rohöl mit 35 Prozent Rabatt zum aktuellen Weltmarktpreis, berichtete Bloomberg kürzlich unter Berufung auf EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis. “Was wir sehen, ist, dass China aus dieser Situation der Schwäche Russlands einen guten Vorteil ziehen wird”, so Dombrovskis. Für Russland werde das weniger vorteilhaft sein. Reuters berichtet über frische Ölverträge durch verschiedene Raffinerien, unterschrieben stillschweigend hinter den Kulissen.
China will die Ölkäufe in Moskau offenbar nicht an die große Glocke hängen, obwohl derzeit deswegen keine Sekundärsanktionen drohen. Auch die EU kauft bislang weiter russisches Öl. Möglicherweise probt China auch auf diesem Feld den Spagat zwischen der Unterstützung Moskaus und scheinbarer Neutralität – in diesem Fall dann auch noch mit einem schönen Nutzen für sich selbst.
Die EU will als Reaktion auf Moskaus Angriffskrieg in der Ukraine ihre Importe um 90 Prozent reduzieren. Russland muss also andere Abnehmer finden. Da der Weltmarktpreis für Rohöl infolge der Boykotte so stark gestiegen ist, kann Russland es sich dabei leisten, freundschaftlich gesonnenen Staaten große Rabatte zu gewähren. Russland verkauft sein Öl immer noch zu umgerechnet rund 70 US-Dollar das Fass – mehr als vor dem Krieg, aber deutlich unter dem aktuellen Preis für Rohöl der Sorte Brent von rund 120 US-Dollar pro Fass. Neben China beziehen vor allem Indien, aber auch die Türkei und einige afrikanische Staaten russisches Öl zu Discountpreisen.
Russland werde sein Öl auf jene Märkte lenken, von wo aus die EU-Staaten es teurer einkaufen würden, sagte Vize-Regierungschef Alexander Nowak im Mai auf einer Veranstaltung. Solche Ansagen nähren den Verdacht, dass zum Beispiel China eine solche Umschlagstelle für weiterverkauftes russisches Öl werden könnte – auch wenn konkrete Hinweise darauf bisher fehlen.
China kaufte im Frühjahr rund 1,6 Millionen Fässer (Barrel) Rohöl am Tag aus Russland – und ist damit der größte Abnehmer. Jeweils die Hälfte davon – also rund 800.000 Barrel pro Tag – strömte auf Basis von Regierungsverträgen durch Pipelines nach China oder kommt mit Tankern. Schon für den Mai erwartete Reuters allerdings eine Steigerung des mit Tankern nach China gebrachten russischen Öls auf 1,1 Millionen Barrel am Tag.
Im Gegensatz zu Indiens staatlichen Ölraffinerien, die sich mithilfe öffentlicher Ausschreibungen unter anderem Russlands Ural-Rohöl besorgten, agierten Chinas Staatskonzerne möglichst unter dem Radar, so Bloomberg unter Berufung auf Händler. Chinesische Raffinerien erkundigen sich demnach seit März kontinuierlich nach möglichen Lieferungen – inklusive kleinerer unabhängiger Raffinerien in Shandong. Diese interessierten sich vornehmlich für ESPO-Rohöl, so genannt nach der russischen Fernost-Ölpipeline. In zwei sibirischen Häfen wird das Öl dann auf Tanker umgeladen und verschifft.
Chinas Einkäufe aber führe Unipec an, der Handelsarm von Sinopec, zusammen mit Zhenhua Oil, einer Einheit des chinesischen Verteidigungskonglomerats Norinco, schreibt Reuters unter Berufung auf Händler, Versanddaten und einen Schiffsmaklerbericht. Sie befördern demnach mehr Öl aus den russischen Ostseehäfen wie Ust-Luga sowie seinem Fernost-Exportdrehkreuz Kozmino am Pazifik.
Technisch ist es viel unkomplizierter, Lieferungen per Tanker umzuleiten als Pipeline-Öl. Doch der Transport ist nicht das einzige Problem in dem Geschäft. Ölraffinerien sind oft darauf ausgelegt, bestimmte Arten von Rohöl zu verarbeiten, und können meist nicht in kurzer Zeit große Mengen auswechseln. Auch scheiden manche Rohstoffhändler aus, die bisher russisches Rohöl vermittelt haben. Zwei der weltgrößten Rohstoffhändler, Vitol und Trafigura, haben Mitte Mai die Käufe von Rosneft, Russlands größtem Ölproduzenten, eingestellt. Das trifft zum Beispiel die staatliche indische Raffinerie Bharat Petroleum. Sie kaufte noch vor kurzem zwei Millionen Barrel russischen Ural-Öls bei Trafigura ein, das im Mai verladen wurde. Auch Glencore zieht sich aus dem Russlandgeschäft zurück. Ob sich in diesem Umfeld alternative Rohstoff-Märkte so schnell aus dem Boden stampfen lassen, ist daher ungewiss.
Anstatt das russische Öl auf die Weltmärkte sickern zu lassen, baue China damit Onshore-Lagertanks für zukünftige Notfälle auf, schreibt etwa die Washington Post. China gibt das Volumen seiner Rohölvorräte nicht bekannt, aber es gibt Schätzungen etwa auf Basis von Satellitenbildern. Laut Bloomberg schätzen Experten Chinas Lagerkapazitäten für kommerzielle und strategische Ölreserven auf über eine Milliarde Barrel. Es gebe immer noch genug Platz, um die Lagerbestände weiter aufzufüllen, zitierte Bloomberg Jane Xie, Senior Oil Analyst beim Daten- und Analyseunternehmen Kpler. “Es wäre eine gute Gelegenheit, dies zu tun, wenn sie zu wirtschaftlich attraktiven Bedingungen beschafft werden können.”
Das ist aber auch nur eine Momentaufnahme. Der Krieg wird sich hinziehen. Und von entscheidender Bedeutung für den globalen Ölmarkt wird sein, ob Russland neben Abnehmern auch Schiffe und Zwischenhändler für sich gewinnen kann. China scheint vorerst direkt mit Russland zu agieren, ohne Zwischenhändler. So mietete die Shandong Port Group laut Bloomberg den Tanker Kriti Future, um im Juni Öl aus Kozmino nach China zu transportieren. Das Unternehmen habe enge Verbindungen zu den Ölraffinerien in der Provinz Shandong.
Aber für einen etwaigen Weiterverkauf bräuchte China womöglich schon andere Akteure, die bereit sind, russisches Öl anzufassen. Bloomberg nennt unter Berufung auf Hafenagenturen mehrere kleinere Firmen, die seit Kriegsbeginn auf den Plan getreten sind. Litasco SA, eine Einheit des in Moskau ansässigen Produzenten Lukoil PJSC ist demnach zum größten Abfertiger der Ural-Sorte geworden. Neu im Geschäft ist auch Livna Shipping in Hongkong. Laut Schiffsverfolgungsdaten von Vortexa und Refinitiv habe Livna seit Ende April über sieben Millionen Barrel russisches Rohöl nach China verschifft. Auch taucht eine Genfer Firma mit dem kuriosen Namen Bellatrix auf – einer bösen Zauberin aus der Harry-Potter-Saga.
Noch immer zeigen die Lieferverzögerungen im weltweiten Warenverkehr ihre Wirkung. Auch bei der Solar-Energie machen sie sich bemerkbar. Wie andere Güter sind Solarmodule von den coronabedingten Schließungen chinesischer Häfen betroffen, bestätigt eine Sprecherin des Bundesverbands Solarwirtschaft. Das schmerzt die Industrie enorm. Die gesamte europäische Branche ist stark auf Lieferungen aus Drittstaaten angewiesen – besonders aus China.
Die Importabhängigkeit der EU beträgt bei Solarmodulen 65 bis 80 Prozent. Fast zwei Drittel dieser Importe stammten zuletzt aus der Volksrepublik, wie ein Bericht der Kommission zu strategischen Abhängigkeiten im Februar bemerkte. Und auch knapp zweieinhalb Jahre nach Beginn der Pandemie hakt es noch immer. In Shanghai und der angrenzenden Provinz Zhejiang stieg der Anteil der wartenden Schiffe an der globalen Kapazität im Mai abermals, wie der Kiel Trade Indicator des IfW vom 7. Juni zeigt.
Die Verzögerungen in China ziehen inzwischen auch verlängerte Wartezeiten in europäischen Häfen nach sich. “Erstmals seit Ausbruch der Pandemie stauen sich Containerschiffe auch in der Nordsee vor den Häfen Deutschlands, der Niederlande und Belgiens. Hier stecken gegenwärtig knapp zwei Prozent der globalen Frachtkapazität fest und können weder be- noch entladen werden”, schreibt das IfW.
Aber gefährden die Lieferverzögerungen auch das Erreichen der hohen Ziele der europäischen Solarstrategie? Bis 2025 will die Kommission die installierte PV-Kapazität im Vergleich zu 2020 auf über 320 Gigawatt (GW) mehr als verdoppeln, bis 2030 sollen es schon 600 GW sein.
Auch China hat sich ehrgeizige Ziele gesetzt. Im Jahr 2021 hat das Land fast 55 GW Leistung installiert. Die Behörden gehen davon aus, dass sich die Zahl dieses Jahr fast verdoppelt und 108 GW zugebaut werden. Bis zum Jahr 2025 sollen über 550 Gigawatt an Wind- und Solarkraftwerken entstehen – viele davon als gigantische Kraftwerke in den Wüsten (China.Table berichtete).
Bleiben da überhaupt genug Solarmodule für den Export in die EU und nach Deutschland übrig? Eine Weile dürften die hohen Preise für Module noch anhalten, erwartet der Dachverband SolarPower Europe. “Lieferverzögerungen sind in der hohen Nachfrage und hohen Frachtkosten begründet”, sagt Analyst Christophe Lits von SolarPower Europe, einer Lobbygruppe mit Sitz in Brüssel, die als Bindeglied zur Politik die Interessen der Industrie vertritt. Der Bundesverband Solarwirtschaft rechnet nach den Worten einer Sprecherin aber damit, dass der Containerstau bis Ende des Jahres abgebaut sein wird.
Der Großhandelspreis für monokristalline Module ist in Europa innerhalb eines Jahres von 240 auf 280 US-Dollar pro Kilowatt gestiegen, wie Daten des Beratungsunternehmens InfoLink zeigen. Laut SolarPower Europe stellen einige gewerbliche Solar-Investoren ihre Projekte zurück, um auf sinkende Preise zu warten.
Im vergangenen Jahr seien 20 bis 25 Prozent aller PV-Projekte in der EU verschoben oder ganz abgesagt worden, heißt es in dem Bericht der Kommission. Neben den hohen Frachtkosten spielten auch gestiegene Rohstoffkosten und Schließungen chinesischer Fabriken eine Rolle. Ein bedeutender Faktor sei außerdem der Mangel an Installateuren, sagt Branchenvertreter Lits.
Zumindest bei den Produktionskapazitäten glauben Experten aber noch nicht an Engpässe. “Die weltweiten – und von China dominierten – Produktionskapazitäten für Wafer, Solarzellen und Module übersteigen selbst die hohe Nachfrage deutlich“, sagt Johannes Bernreuter, Lieferketten-Experte von Bernreuter Research, zu Table.Media (China.Table berichtete).
Derzeit bestehe allerdings ein Flaschenhals bei der Produktion von Polysilizium. “Der Ausbau der Kapazitäten kommt der rasch wachsenden Nachfrage nicht schnell genug hinterher”, sagt Bernreuter. Doch China verfolge “gigantische Expansionspläne”. Innerhalb der nächsten zwei Jahre werde sich die Situation entspannen, prognostiziert der Experte. Analyst Lits rechnet sogar schon bis Anfang 2023 mit neuen Produktionskapazitäten.
Langfristig streben allerdings auch die Kommission und die europäische Solar-Industrie den Aufbau neuer Kapazitäten in der EU an. Für Polysilizium will die Branche die heimische Produktion auf genug Material für Module mit 54 GW nahezu verdoppeln. Die Modulfertigung selbst soll von neun auf 35,6 GW vervierfacht werden.
Derzeit herrscht innerhalb des Kontinents allerdings noch ein harter Wettbewerb um Solarkomponenten. In der Slowakei zum Beispiel gebe es einen Mangel an Modulen, weil die Käufer in anderen EU-Staaten höhere Preise zahlen könnten, berichten europäische Verbraucherschutzorganisationen. Mit Nico Beckert
Deutschland hat seit Kriegsausbruch in der Ukraine kaum weniger für russisches Gas und Öl ausgegeben als China. Die Volksrepublik, die Moskaus Aggression nicht kategorisch verurteilt, ist mit einem Volumen von 12,6 Milliarden Euro zwar wichtigster Kunde der Russen. Allerdings folgt die Bundesrepublik nur knapp dahinter mit Zahlungen in Höhe von 12,1 Milliarden auf Platz zwei. Dahinter folgen Italien und die Niederlande mit jeweils 7,8 Milliarden Euro.
Das geht aus einer Analyse des in Finnland ansässigen “Centre for Research on Energy and Clean Air” (Crea) hervor, die am Montag veröffentlicht wurde. Russland hat demnach in den ersten hundert Tagen des Krieges 93 Milliarden Euro durch den Export fossiler Brennstoffe verdient.
Die EU bleibt mit Abstand der größte Abnehmer von russischem Gas und Erdöl. Insgesamt 61 Prozent der fossilen Exporte Russlands zwischen dem 24. Februar und 3. Juni entfielen allein auf die Staaten der Europäischen Union in einem Gesamtwert von 57 Milliarden Euro.
Während Chinas Importe über den Zeitraum des Krieges konstant blieben, verringerte Deutschland seine Einkäufe “moderat”, wie es in dem Bericht heißt. In die sich öffnende Marktlücke ist Indien gestoßen. Die indischen Käufe von russischem Rohöl sind um 18 Prozent gestiegen. rad
Chinas Behörden haben Pilotprogramme gestartet, um den Wert der Wälder des Landes zu erfassen. Hintergrund ist das Bestreben, neben dem Bruttoinlandsprodukt auch eine Maßeinheit für “Ökologische Dienstleistungen und Produkte” zu erstellen. Die “Dienstleistungen” der Natur – beispielsweise sauberes Trinkwasser oder die Speicherung von CO2 – sollen in ökonomischen Kennzahlen erfasst werden. Die Logik dahinter: Indem China der Natur einen finanziellen Wert zuschreibt, wird sie eher geschützt (China.Table berichtete).
Das Nationale Statistikbüro und die Staatliche Forst- und Grünlandverwaltung haben fünf Provinzen ausgewählt, in denen Methoden zur Erfassung des Werts der Wälder getestet werden sollen. Mittelfristig könnte das Vorhaben weitreichende Auswirkungen haben: Unternehmen, die Wälder roden wollen, könnten zu Ausgleichszahlungen verpflichtet werden. Auch gibt es Debatten, ob die Erhaltung der “Ökologischen Dienstleistungen und Produkte” in der Bewertung und Beförderung lokaler Kader einfließen soll. Derzeit gibt es noch keine überzeugende Methode, um den Wert der Natur zu erfassen. Viele Faktoren spielen dabei eine Rolle: Bäume speichern nicht nur CO2, sondern wirken sich auch auf den Wasserhaushalt ihrer Umwelt aus und bieten Lebensraum für andere Tiere. All dies zu erfassen, ist äußerst komplex. nib
Im Mai hat sich der Verkauf von Autos mit neuen Antriebsformen erholt. Im Vergleich zum Jahresmonat stieg er um 91 Prozent auf 360.000 Stück. Das teilte die China Passenger Car Association mit. Auch im Vergleich zum Vormonat, dem April, ging der Absatz um ein gutes Viertel hoch. In den ersten fünf Monaten des Jahres hat sich die verkaufte Stückzahl mehr als verdoppelt. Zu den New Energy Vehicles (NEV) gehören Batterieautos, aber auch Steckdosenhybride.
Auch insgesamt verzeichnet der Automarkt eine Erholung. Die Steigerung der Verkäufe erreichte über alle Antriebsformen 30 Prozent. Als Grund nennt der Verband den Rückgang der Covid-Infektionszahlen und die Aufhebung der Lockdowns. fin
Über der zentralchinesischen Provinz Hunan sind in den vergangenen Tagen historische Unwetter niedergegangen und haben zu zahlreichen Überschwemmungen geführt. Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua sind rund 1,8 Millionen Menschen in dem überwiegend ländlichen und bergigen Gebiet betroffen. 286.000 von ihnen wurden evakuiert und in Sicherheit gebracht. 2.700 Häuser wurden beschädigt oder sind eingestürzt.
Während eines Erdrutsches in der südlichen Region Guangxi sind mindestens zehn Menschen ums Leben gekommen und drei werden vermisst, berichtetet Xinhua weiter. Laut dem staatlichen Fernsehsender CCTV hatten tagelange Regenfälle Hänge überschwemmt und zum Abrutschen gebracht. Die Behörden warnten vor weiter anhaltenden starken Regenfällen in Guangxi und den nahe gelegenen Provinzen Jiangxi, Fujian, Guangdong, Hainan, Sichuan, Chongqing und Yunnan.
In den Sommermonaten kommt es in China regelmäßig zu Überschwemmungen. Meist sind davon vor allem die zentralen und südlichen Gebiete der Volksrepublik betroffen. Die Regierung hat massiv in den Hochwasserschutz und in Wasserkraftprojekte wie den gigantischen Drei-Schluchten-Damm am Jangtse investiert. löh
Zwar war ein Drittel der Podiumsdiskussionen auf der großen Bühne des Weltwirtschaftsforums in Davos dem Klimawandel gewidmet. Doch der Aspekt der Energiesicherheit hat neue Prioritäten geschaffen. Der Einsatz fossiler Brennstoffe müsse zwar beendet werden, die Verringerung der Abhängigkeit von Russland bei der Energieversorgung sei aber noch dringender.
Es besteht die Gefahr, dass die internationale Zusammenarbeit in Sachen Klimawandel auf der Strecke bleibt. Ein übereiltes Streben nach Energiesicherheit kann internationale Standards, Vereinbarungen und Institutionen in einer Weise untergraben, wie es bei einem geordneten Wandel nicht der Fall wäre. Zwangsläufig fällt der Blick auch auf China, wo der Kampf gegen den Klimawandel in den vergangenen Jahren zunehmend zu einer zentralen Komponente der eigenen Politik geworden ist.
Das Land ist aufgrund seiner strengen Null-Covid-Politik wirtschaftlich unter Druck geraten. Lockdowns in vielen Teilen des Landes haben die reguläre Wirtschaftsaktivität ins Stottern gebracht. Langfristiger Wohlstand und die Energiewende waren in den vergangenen Monaten plötzlich nur noch zweitrangig. Bedeutet dies, dass China seine Bemühungen aufgegeben hat oder die internationale Zusammenarbeit beim Klimawandel einstellen wird? Die Antwort lautet: Nein.
Die Energiekrise, die im September letzten Jahres in vielen Teilen Chinas herrschte und zu Rationierungen führte, war jedoch ein Weckruf. Es stellt sich hierbei nicht die Frage, ob Peking den Klimawandel ernst nimmt, sondern eher, ob es vielleicht zu ehrgeizig war und der Staat seine Maßnahmen überdenken muss, um weitere Stromengpässe zu vermeiden. Chinas größte Herausforderung besteht nun darin, eine Balance zwischen seinen Klima-Zielen, der Beibehaltung eines wissenschaftlichen Ansatzes und der Aufrechterhaltung der Wirtschaft zu finden.
Davos ist seit Jahrzehnten dafür bekannt, Visionen Wirklichkeit werden zu lassen, indem es zahlreiche Interessengruppen zum Dialog zusammenbringt und eine Kommunikationsplattform bietet, die neue Ideen und Innovationen hervorbringt. In den vergangenen Jahren wurden viele Ideen, die auf dem Forum entstanden sind, in Bereichen wie digitale Technologie, Industrie 4.0, ESG und Stakeholder-Kapitalismus in die Praxis umgesetzt. Dadurch wurden Lösungsansätze entwickelt, um gerechtere Wirtschaftssysteme und gleichberechtigtere Gesellschaften zu schaffen.
China hat von diesen Diskussionen stark profitiert. So ist das “Environment, Social, Governance” (ESG) mittlerweile ein wichtiger Bestandteil der Unternehmensführung von immer mehr chinesischen Unternehmen geworden. Und an den meisten Wirtschaftshochschulen ist ESG inzwischen ein fester Bestandteil des Lehrplans geworden.
Nach zwei Jahren pandemiebedingter Einschränkungen bot sich in Davos nun die Chance, die Welt aus den Umwälzungen herauszuführen. Ich hatte erwartet, dass Staats- und Regierungschefs die Basis schaffen, um den Kampf gegen den Klimawandel mit Nachdruck und auf neue und innovative Weise führen zu können. Ich musste jedoch feststellen, dass die Welt im Wettlauf um die Einhaltung der Klimaziele 2030 zurückfällt, weil sich der Wunsch nach höherer Energiesicherheit in den Vordergrund gedrängt hat. Und dies ist mit Sicherheit nicht im Sinne Chinas, weil die Volksrepublik selbst zu den großen Verlierern zählen würde.
Doch ohne ein eindeutiges Mandat für die Umsetzung von Klimaprogrammen, ohne eine signifikante Beteiligung des Privatsektors und ohne eine angemessene strukturelle Finanzierung könnte die Energiewende mehrere langwierige Umwege nehmen – und auf dem Weg zur Klimaneutralität sogar in die falsche Richtung führen.
Wenn wir den Kampf gegen den Klimawandel als einen Marathon betrachten, wirken Pandemie und der russische Angriffskrieg wie Muskelkrämpfe auf halber Strecke. Aber wir müssen weiterlaufen. Deshalb geht es jetzt darum, die Schmerzen zu lindern und zu verhindern, dass gesundheits- oder sicherheitspolitische Herausforderungen in Zukunft neue Krämpfe verursachen. China hat großes Interesse daran, Symptome und Ursachen gleichzeitig zu bekämpfen und sieht globale Lösungen in einem wissenschaftlichen, kooperativen, und schrittweisen Vorgehen.
Klaus Schwab, Gründer und Vorsitzender des Weltwirtschaftsforums, wies auf zwei Bedingungen hin, um den Zustand der Welt zu verbessern. Erstens: Staaten müssen sich als Stakeholder einer größeren Gemeinschaft verstehen und Eigeninteressen hintanstellen. Zweitens: Kooperation. Doch das wird angesichts der angespannten internationalen Beziehungen nicht leicht. Russland war nicht einmal mehr Teil der Stakeholder-Gemeinschaft. Und das Verhältnis Chinas zu den USA verschlechtert sich zunehmend. Doch solange die US-Regierung unter Joe Biden dem Beispiel der Trump-Administration folgt und China als Bedrohung ansieht, was soll dieser “Feind” dann tun, um nicht besiegt zu werden, aber gleichzeitig kooperativ zu sein?
Beispiel Elektromobilität: China hat die Integration der gesamten Wertschöpfung zwischen Automobilherstellern, Batterieherstellern, Gebrauchtwagenhändlern und Entsorgungsunternehmen für Batterierecycling-Systeme gefordert, um einen größeren Beitrag zum internationalen Markt zu leisten. Die Reaktion des Westens war jedoch bestenfalls verhalten. Weil es sich bei einigen Technologien im Zusammenhang mit Elektroautos um strategische Güter handele, wolle man seine Lieferketten bei solchen Vorhaben nicht auf China stützen.
Sollte Davos 2023 an seinem üblichen Termin im Januar stattfinden, werden sich die Teilnehmer in nur acht Monaten wieder im gewohnten Schneegestöber zusammenfinden. Damit dort neue Lösungen im Kampf gegen den Klimawandel gefunden werden können, muss das Weltwirtschaftsforum wieder ein offenes Konzept für vielfältige und unterschiedliche Meinungen verfolgen. Das ist in diesem Jahr nicht gelungen. Auch, weil wegen der geopolitischen Lage die Stimmen der Staaten und Regierungen lauter waren als je zuvor.
Dr. Yuan Ding ist Vizepräsident und Dekan, Cathay Capital Chair Professor für Rechnungswesen an der China Europe International Business School (CEIBS) in Shanghai. Zuvor war er Fakultätsmitglied der HEC School of Management, Paris, Frankreich. Er ist Mitglied der European Accounting Association, der French Accounting Association und der American Accounting Association. Ding war als Herausgeber und Mitglied des Redaktionsausschusses für internationale wissenschaftliche Fachpublikationen der Bereiche Rechnungslegung und Wirtschaftsprüfung tätig.
trotz der Sanktionen, mit denen Russland nach dem Angriff auf die Ukraine belegt wurde, fließt sein wichtigstes Exportgut noch immer ungehemmt ins Ausland. Auch Europa bezieht weiterhin Rohöl aus Russland. Während die EU ihre Importe allerdings um 90 Prozent reduzieren möchte, hat China sich mittlerweile als wichtigster Abnehmer in Stellung gebracht. Im Frühjahr bezog das Land jeden Tag rund 1,6 Millionen Barrel Rohöl aus Russland – und das mit saftigen Rabatten, wie Christiane Kühl erklärt. Mit den Zukäufen will China vor allem seine strategischen Erdölreserven auffüllen. Wieder einmal nutzt Peking globale Verwerfungen kurzerhand zu seinem eigenen Vorteil aus.
Unser zweites Stück widmet sich dem Zustand der Solar-Industrie. Es war Finanzminister Christian Lindner, der nach dem Einmarsch Russlands in der Ukraine die erneuerbaren Energien medienwirksam als “Freiheitsenergien” bezeichnete. Doch zumindest für die Solar-Industrie ist das schlichtweg ein Etikettenschwindel. Zu groß ist in diesem Bereich die Abhängigkeit von China, das die komplette Solar-Lieferkette dominiert. Und Peking hat für die kommenden Jahre massive Ausbauziele vorgegeben.
Wir werfen deshalb heute einen Blick auf den Zustand der Solar-Branche und gehen der Frage nach, ob die aktuellen Lieferschwierigkeiten auf den chinesischen Eigenbedarf zurückzuführen sind.
Russland verkauft zwar weniger Öl an die EU und die USA. Aber das schwarze Gold fließt trotzdem weiter ungehemmt ins Ausland. Nach russischen Angaben ist das infolge des US-Embargos zunächst eingebrochene Exportvolumen inzwischen wieder auf Vorkriegsniveau. Dafür darf sich Präsident Wladimir Putin vor allem in Asien bedanken: Indien importierte laut S&P Global im April rund 20 Mal soviel Öl pro Tag aus Russland wie im Tagesdurchschnitt von 2021 – zu Discountpreisen von bis zu 30 US-Dollar unter Weltmarktpreis (627.000 Barrel pro Tag). Und auch China scheint nach anfänglicher Zurückhaltung nun verstärkt mit Russland über Öllieferungen zu verhandeln – und zwar ebenfalls zu saftigen Preisnachlässen.
China kaufe russisches Rohöl mit 35 Prozent Rabatt zum aktuellen Weltmarktpreis, berichtete Bloomberg kürzlich unter Berufung auf EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis. “Was wir sehen, ist, dass China aus dieser Situation der Schwäche Russlands einen guten Vorteil ziehen wird”, so Dombrovskis. Für Russland werde das weniger vorteilhaft sein. Reuters berichtet über frische Ölverträge durch verschiedene Raffinerien, unterschrieben stillschweigend hinter den Kulissen.
China will die Ölkäufe in Moskau offenbar nicht an die große Glocke hängen, obwohl derzeit deswegen keine Sekundärsanktionen drohen. Auch die EU kauft bislang weiter russisches Öl. Möglicherweise probt China auch auf diesem Feld den Spagat zwischen der Unterstützung Moskaus und scheinbarer Neutralität – in diesem Fall dann auch noch mit einem schönen Nutzen für sich selbst.
Die EU will als Reaktion auf Moskaus Angriffskrieg in der Ukraine ihre Importe um 90 Prozent reduzieren. Russland muss also andere Abnehmer finden. Da der Weltmarktpreis für Rohöl infolge der Boykotte so stark gestiegen ist, kann Russland es sich dabei leisten, freundschaftlich gesonnenen Staaten große Rabatte zu gewähren. Russland verkauft sein Öl immer noch zu umgerechnet rund 70 US-Dollar das Fass – mehr als vor dem Krieg, aber deutlich unter dem aktuellen Preis für Rohöl der Sorte Brent von rund 120 US-Dollar pro Fass. Neben China beziehen vor allem Indien, aber auch die Türkei und einige afrikanische Staaten russisches Öl zu Discountpreisen.
Russland werde sein Öl auf jene Märkte lenken, von wo aus die EU-Staaten es teurer einkaufen würden, sagte Vize-Regierungschef Alexander Nowak im Mai auf einer Veranstaltung. Solche Ansagen nähren den Verdacht, dass zum Beispiel China eine solche Umschlagstelle für weiterverkauftes russisches Öl werden könnte – auch wenn konkrete Hinweise darauf bisher fehlen.
China kaufte im Frühjahr rund 1,6 Millionen Fässer (Barrel) Rohöl am Tag aus Russland – und ist damit der größte Abnehmer. Jeweils die Hälfte davon – also rund 800.000 Barrel pro Tag – strömte auf Basis von Regierungsverträgen durch Pipelines nach China oder kommt mit Tankern. Schon für den Mai erwartete Reuters allerdings eine Steigerung des mit Tankern nach China gebrachten russischen Öls auf 1,1 Millionen Barrel am Tag.
Im Gegensatz zu Indiens staatlichen Ölraffinerien, die sich mithilfe öffentlicher Ausschreibungen unter anderem Russlands Ural-Rohöl besorgten, agierten Chinas Staatskonzerne möglichst unter dem Radar, so Bloomberg unter Berufung auf Händler. Chinesische Raffinerien erkundigen sich demnach seit März kontinuierlich nach möglichen Lieferungen – inklusive kleinerer unabhängiger Raffinerien in Shandong. Diese interessierten sich vornehmlich für ESPO-Rohöl, so genannt nach der russischen Fernost-Ölpipeline. In zwei sibirischen Häfen wird das Öl dann auf Tanker umgeladen und verschifft.
Chinas Einkäufe aber führe Unipec an, der Handelsarm von Sinopec, zusammen mit Zhenhua Oil, einer Einheit des chinesischen Verteidigungskonglomerats Norinco, schreibt Reuters unter Berufung auf Händler, Versanddaten und einen Schiffsmaklerbericht. Sie befördern demnach mehr Öl aus den russischen Ostseehäfen wie Ust-Luga sowie seinem Fernost-Exportdrehkreuz Kozmino am Pazifik.
Technisch ist es viel unkomplizierter, Lieferungen per Tanker umzuleiten als Pipeline-Öl. Doch der Transport ist nicht das einzige Problem in dem Geschäft. Ölraffinerien sind oft darauf ausgelegt, bestimmte Arten von Rohöl zu verarbeiten, und können meist nicht in kurzer Zeit große Mengen auswechseln. Auch scheiden manche Rohstoffhändler aus, die bisher russisches Rohöl vermittelt haben. Zwei der weltgrößten Rohstoffhändler, Vitol und Trafigura, haben Mitte Mai die Käufe von Rosneft, Russlands größtem Ölproduzenten, eingestellt. Das trifft zum Beispiel die staatliche indische Raffinerie Bharat Petroleum. Sie kaufte noch vor kurzem zwei Millionen Barrel russischen Ural-Öls bei Trafigura ein, das im Mai verladen wurde. Auch Glencore zieht sich aus dem Russlandgeschäft zurück. Ob sich in diesem Umfeld alternative Rohstoff-Märkte so schnell aus dem Boden stampfen lassen, ist daher ungewiss.
Anstatt das russische Öl auf die Weltmärkte sickern zu lassen, baue China damit Onshore-Lagertanks für zukünftige Notfälle auf, schreibt etwa die Washington Post. China gibt das Volumen seiner Rohölvorräte nicht bekannt, aber es gibt Schätzungen etwa auf Basis von Satellitenbildern. Laut Bloomberg schätzen Experten Chinas Lagerkapazitäten für kommerzielle und strategische Ölreserven auf über eine Milliarde Barrel. Es gebe immer noch genug Platz, um die Lagerbestände weiter aufzufüllen, zitierte Bloomberg Jane Xie, Senior Oil Analyst beim Daten- und Analyseunternehmen Kpler. “Es wäre eine gute Gelegenheit, dies zu tun, wenn sie zu wirtschaftlich attraktiven Bedingungen beschafft werden können.”
Das ist aber auch nur eine Momentaufnahme. Der Krieg wird sich hinziehen. Und von entscheidender Bedeutung für den globalen Ölmarkt wird sein, ob Russland neben Abnehmern auch Schiffe und Zwischenhändler für sich gewinnen kann. China scheint vorerst direkt mit Russland zu agieren, ohne Zwischenhändler. So mietete die Shandong Port Group laut Bloomberg den Tanker Kriti Future, um im Juni Öl aus Kozmino nach China zu transportieren. Das Unternehmen habe enge Verbindungen zu den Ölraffinerien in der Provinz Shandong.
Aber für einen etwaigen Weiterverkauf bräuchte China womöglich schon andere Akteure, die bereit sind, russisches Öl anzufassen. Bloomberg nennt unter Berufung auf Hafenagenturen mehrere kleinere Firmen, die seit Kriegsbeginn auf den Plan getreten sind. Litasco SA, eine Einheit des in Moskau ansässigen Produzenten Lukoil PJSC ist demnach zum größten Abfertiger der Ural-Sorte geworden. Neu im Geschäft ist auch Livna Shipping in Hongkong. Laut Schiffsverfolgungsdaten von Vortexa und Refinitiv habe Livna seit Ende April über sieben Millionen Barrel russisches Rohöl nach China verschifft. Auch taucht eine Genfer Firma mit dem kuriosen Namen Bellatrix auf – einer bösen Zauberin aus der Harry-Potter-Saga.
Noch immer zeigen die Lieferverzögerungen im weltweiten Warenverkehr ihre Wirkung. Auch bei der Solar-Energie machen sie sich bemerkbar. Wie andere Güter sind Solarmodule von den coronabedingten Schließungen chinesischer Häfen betroffen, bestätigt eine Sprecherin des Bundesverbands Solarwirtschaft. Das schmerzt die Industrie enorm. Die gesamte europäische Branche ist stark auf Lieferungen aus Drittstaaten angewiesen – besonders aus China.
Die Importabhängigkeit der EU beträgt bei Solarmodulen 65 bis 80 Prozent. Fast zwei Drittel dieser Importe stammten zuletzt aus der Volksrepublik, wie ein Bericht der Kommission zu strategischen Abhängigkeiten im Februar bemerkte. Und auch knapp zweieinhalb Jahre nach Beginn der Pandemie hakt es noch immer. In Shanghai und der angrenzenden Provinz Zhejiang stieg der Anteil der wartenden Schiffe an der globalen Kapazität im Mai abermals, wie der Kiel Trade Indicator des IfW vom 7. Juni zeigt.
Die Verzögerungen in China ziehen inzwischen auch verlängerte Wartezeiten in europäischen Häfen nach sich. “Erstmals seit Ausbruch der Pandemie stauen sich Containerschiffe auch in der Nordsee vor den Häfen Deutschlands, der Niederlande und Belgiens. Hier stecken gegenwärtig knapp zwei Prozent der globalen Frachtkapazität fest und können weder be- noch entladen werden”, schreibt das IfW.
Aber gefährden die Lieferverzögerungen auch das Erreichen der hohen Ziele der europäischen Solarstrategie? Bis 2025 will die Kommission die installierte PV-Kapazität im Vergleich zu 2020 auf über 320 Gigawatt (GW) mehr als verdoppeln, bis 2030 sollen es schon 600 GW sein.
Auch China hat sich ehrgeizige Ziele gesetzt. Im Jahr 2021 hat das Land fast 55 GW Leistung installiert. Die Behörden gehen davon aus, dass sich die Zahl dieses Jahr fast verdoppelt und 108 GW zugebaut werden. Bis zum Jahr 2025 sollen über 550 Gigawatt an Wind- und Solarkraftwerken entstehen – viele davon als gigantische Kraftwerke in den Wüsten (China.Table berichtete).
Bleiben da überhaupt genug Solarmodule für den Export in die EU und nach Deutschland übrig? Eine Weile dürften die hohen Preise für Module noch anhalten, erwartet der Dachverband SolarPower Europe. “Lieferverzögerungen sind in der hohen Nachfrage und hohen Frachtkosten begründet”, sagt Analyst Christophe Lits von SolarPower Europe, einer Lobbygruppe mit Sitz in Brüssel, die als Bindeglied zur Politik die Interessen der Industrie vertritt. Der Bundesverband Solarwirtschaft rechnet nach den Worten einer Sprecherin aber damit, dass der Containerstau bis Ende des Jahres abgebaut sein wird.
Der Großhandelspreis für monokristalline Module ist in Europa innerhalb eines Jahres von 240 auf 280 US-Dollar pro Kilowatt gestiegen, wie Daten des Beratungsunternehmens InfoLink zeigen. Laut SolarPower Europe stellen einige gewerbliche Solar-Investoren ihre Projekte zurück, um auf sinkende Preise zu warten.
Im vergangenen Jahr seien 20 bis 25 Prozent aller PV-Projekte in der EU verschoben oder ganz abgesagt worden, heißt es in dem Bericht der Kommission. Neben den hohen Frachtkosten spielten auch gestiegene Rohstoffkosten und Schließungen chinesischer Fabriken eine Rolle. Ein bedeutender Faktor sei außerdem der Mangel an Installateuren, sagt Branchenvertreter Lits.
Zumindest bei den Produktionskapazitäten glauben Experten aber noch nicht an Engpässe. “Die weltweiten – und von China dominierten – Produktionskapazitäten für Wafer, Solarzellen und Module übersteigen selbst die hohe Nachfrage deutlich“, sagt Johannes Bernreuter, Lieferketten-Experte von Bernreuter Research, zu Table.Media (China.Table berichtete).
Derzeit bestehe allerdings ein Flaschenhals bei der Produktion von Polysilizium. “Der Ausbau der Kapazitäten kommt der rasch wachsenden Nachfrage nicht schnell genug hinterher”, sagt Bernreuter. Doch China verfolge “gigantische Expansionspläne”. Innerhalb der nächsten zwei Jahre werde sich die Situation entspannen, prognostiziert der Experte. Analyst Lits rechnet sogar schon bis Anfang 2023 mit neuen Produktionskapazitäten.
Langfristig streben allerdings auch die Kommission und die europäische Solar-Industrie den Aufbau neuer Kapazitäten in der EU an. Für Polysilizium will die Branche die heimische Produktion auf genug Material für Module mit 54 GW nahezu verdoppeln. Die Modulfertigung selbst soll von neun auf 35,6 GW vervierfacht werden.
Derzeit herrscht innerhalb des Kontinents allerdings noch ein harter Wettbewerb um Solarkomponenten. In der Slowakei zum Beispiel gebe es einen Mangel an Modulen, weil die Käufer in anderen EU-Staaten höhere Preise zahlen könnten, berichten europäische Verbraucherschutzorganisationen. Mit Nico Beckert
Deutschland hat seit Kriegsausbruch in der Ukraine kaum weniger für russisches Gas und Öl ausgegeben als China. Die Volksrepublik, die Moskaus Aggression nicht kategorisch verurteilt, ist mit einem Volumen von 12,6 Milliarden Euro zwar wichtigster Kunde der Russen. Allerdings folgt die Bundesrepublik nur knapp dahinter mit Zahlungen in Höhe von 12,1 Milliarden auf Platz zwei. Dahinter folgen Italien und die Niederlande mit jeweils 7,8 Milliarden Euro.
Das geht aus einer Analyse des in Finnland ansässigen “Centre for Research on Energy and Clean Air” (Crea) hervor, die am Montag veröffentlicht wurde. Russland hat demnach in den ersten hundert Tagen des Krieges 93 Milliarden Euro durch den Export fossiler Brennstoffe verdient.
Die EU bleibt mit Abstand der größte Abnehmer von russischem Gas und Erdöl. Insgesamt 61 Prozent der fossilen Exporte Russlands zwischen dem 24. Februar und 3. Juni entfielen allein auf die Staaten der Europäischen Union in einem Gesamtwert von 57 Milliarden Euro.
Während Chinas Importe über den Zeitraum des Krieges konstant blieben, verringerte Deutschland seine Einkäufe “moderat”, wie es in dem Bericht heißt. In die sich öffnende Marktlücke ist Indien gestoßen. Die indischen Käufe von russischem Rohöl sind um 18 Prozent gestiegen. rad
Chinas Behörden haben Pilotprogramme gestartet, um den Wert der Wälder des Landes zu erfassen. Hintergrund ist das Bestreben, neben dem Bruttoinlandsprodukt auch eine Maßeinheit für “Ökologische Dienstleistungen und Produkte” zu erstellen. Die “Dienstleistungen” der Natur – beispielsweise sauberes Trinkwasser oder die Speicherung von CO2 – sollen in ökonomischen Kennzahlen erfasst werden. Die Logik dahinter: Indem China der Natur einen finanziellen Wert zuschreibt, wird sie eher geschützt (China.Table berichtete).
Das Nationale Statistikbüro und die Staatliche Forst- und Grünlandverwaltung haben fünf Provinzen ausgewählt, in denen Methoden zur Erfassung des Werts der Wälder getestet werden sollen. Mittelfristig könnte das Vorhaben weitreichende Auswirkungen haben: Unternehmen, die Wälder roden wollen, könnten zu Ausgleichszahlungen verpflichtet werden. Auch gibt es Debatten, ob die Erhaltung der “Ökologischen Dienstleistungen und Produkte” in der Bewertung und Beförderung lokaler Kader einfließen soll. Derzeit gibt es noch keine überzeugende Methode, um den Wert der Natur zu erfassen. Viele Faktoren spielen dabei eine Rolle: Bäume speichern nicht nur CO2, sondern wirken sich auch auf den Wasserhaushalt ihrer Umwelt aus und bieten Lebensraum für andere Tiere. All dies zu erfassen, ist äußerst komplex. nib
Im Mai hat sich der Verkauf von Autos mit neuen Antriebsformen erholt. Im Vergleich zum Jahresmonat stieg er um 91 Prozent auf 360.000 Stück. Das teilte die China Passenger Car Association mit. Auch im Vergleich zum Vormonat, dem April, ging der Absatz um ein gutes Viertel hoch. In den ersten fünf Monaten des Jahres hat sich die verkaufte Stückzahl mehr als verdoppelt. Zu den New Energy Vehicles (NEV) gehören Batterieautos, aber auch Steckdosenhybride.
Auch insgesamt verzeichnet der Automarkt eine Erholung. Die Steigerung der Verkäufe erreichte über alle Antriebsformen 30 Prozent. Als Grund nennt der Verband den Rückgang der Covid-Infektionszahlen und die Aufhebung der Lockdowns. fin
Über der zentralchinesischen Provinz Hunan sind in den vergangenen Tagen historische Unwetter niedergegangen und haben zu zahlreichen Überschwemmungen geführt. Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua sind rund 1,8 Millionen Menschen in dem überwiegend ländlichen und bergigen Gebiet betroffen. 286.000 von ihnen wurden evakuiert und in Sicherheit gebracht. 2.700 Häuser wurden beschädigt oder sind eingestürzt.
Während eines Erdrutsches in der südlichen Region Guangxi sind mindestens zehn Menschen ums Leben gekommen und drei werden vermisst, berichtetet Xinhua weiter. Laut dem staatlichen Fernsehsender CCTV hatten tagelange Regenfälle Hänge überschwemmt und zum Abrutschen gebracht. Die Behörden warnten vor weiter anhaltenden starken Regenfällen in Guangxi und den nahe gelegenen Provinzen Jiangxi, Fujian, Guangdong, Hainan, Sichuan, Chongqing und Yunnan.
In den Sommermonaten kommt es in China regelmäßig zu Überschwemmungen. Meist sind davon vor allem die zentralen und südlichen Gebiete der Volksrepublik betroffen. Die Regierung hat massiv in den Hochwasserschutz und in Wasserkraftprojekte wie den gigantischen Drei-Schluchten-Damm am Jangtse investiert. löh
Zwar war ein Drittel der Podiumsdiskussionen auf der großen Bühne des Weltwirtschaftsforums in Davos dem Klimawandel gewidmet. Doch der Aspekt der Energiesicherheit hat neue Prioritäten geschaffen. Der Einsatz fossiler Brennstoffe müsse zwar beendet werden, die Verringerung der Abhängigkeit von Russland bei der Energieversorgung sei aber noch dringender.
Es besteht die Gefahr, dass die internationale Zusammenarbeit in Sachen Klimawandel auf der Strecke bleibt. Ein übereiltes Streben nach Energiesicherheit kann internationale Standards, Vereinbarungen und Institutionen in einer Weise untergraben, wie es bei einem geordneten Wandel nicht der Fall wäre. Zwangsläufig fällt der Blick auch auf China, wo der Kampf gegen den Klimawandel in den vergangenen Jahren zunehmend zu einer zentralen Komponente der eigenen Politik geworden ist.
Das Land ist aufgrund seiner strengen Null-Covid-Politik wirtschaftlich unter Druck geraten. Lockdowns in vielen Teilen des Landes haben die reguläre Wirtschaftsaktivität ins Stottern gebracht. Langfristiger Wohlstand und die Energiewende waren in den vergangenen Monaten plötzlich nur noch zweitrangig. Bedeutet dies, dass China seine Bemühungen aufgegeben hat oder die internationale Zusammenarbeit beim Klimawandel einstellen wird? Die Antwort lautet: Nein.
Die Energiekrise, die im September letzten Jahres in vielen Teilen Chinas herrschte und zu Rationierungen führte, war jedoch ein Weckruf. Es stellt sich hierbei nicht die Frage, ob Peking den Klimawandel ernst nimmt, sondern eher, ob es vielleicht zu ehrgeizig war und der Staat seine Maßnahmen überdenken muss, um weitere Stromengpässe zu vermeiden. Chinas größte Herausforderung besteht nun darin, eine Balance zwischen seinen Klima-Zielen, der Beibehaltung eines wissenschaftlichen Ansatzes und der Aufrechterhaltung der Wirtschaft zu finden.
Davos ist seit Jahrzehnten dafür bekannt, Visionen Wirklichkeit werden zu lassen, indem es zahlreiche Interessengruppen zum Dialog zusammenbringt und eine Kommunikationsplattform bietet, die neue Ideen und Innovationen hervorbringt. In den vergangenen Jahren wurden viele Ideen, die auf dem Forum entstanden sind, in Bereichen wie digitale Technologie, Industrie 4.0, ESG und Stakeholder-Kapitalismus in die Praxis umgesetzt. Dadurch wurden Lösungsansätze entwickelt, um gerechtere Wirtschaftssysteme und gleichberechtigtere Gesellschaften zu schaffen.
China hat von diesen Diskussionen stark profitiert. So ist das “Environment, Social, Governance” (ESG) mittlerweile ein wichtiger Bestandteil der Unternehmensführung von immer mehr chinesischen Unternehmen geworden. Und an den meisten Wirtschaftshochschulen ist ESG inzwischen ein fester Bestandteil des Lehrplans geworden.
Nach zwei Jahren pandemiebedingter Einschränkungen bot sich in Davos nun die Chance, die Welt aus den Umwälzungen herauszuführen. Ich hatte erwartet, dass Staats- und Regierungschefs die Basis schaffen, um den Kampf gegen den Klimawandel mit Nachdruck und auf neue und innovative Weise führen zu können. Ich musste jedoch feststellen, dass die Welt im Wettlauf um die Einhaltung der Klimaziele 2030 zurückfällt, weil sich der Wunsch nach höherer Energiesicherheit in den Vordergrund gedrängt hat. Und dies ist mit Sicherheit nicht im Sinne Chinas, weil die Volksrepublik selbst zu den großen Verlierern zählen würde.
Doch ohne ein eindeutiges Mandat für die Umsetzung von Klimaprogrammen, ohne eine signifikante Beteiligung des Privatsektors und ohne eine angemessene strukturelle Finanzierung könnte die Energiewende mehrere langwierige Umwege nehmen – und auf dem Weg zur Klimaneutralität sogar in die falsche Richtung führen.
Wenn wir den Kampf gegen den Klimawandel als einen Marathon betrachten, wirken Pandemie und der russische Angriffskrieg wie Muskelkrämpfe auf halber Strecke. Aber wir müssen weiterlaufen. Deshalb geht es jetzt darum, die Schmerzen zu lindern und zu verhindern, dass gesundheits- oder sicherheitspolitische Herausforderungen in Zukunft neue Krämpfe verursachen. China hat großes Interesse daran, Symptome und Ursachen gleichzeitig zu bekämpfen und sieht globale Lösungen in einem wissenschaftlichen, kooperativen, und schrittweisen Vorgehen.
Klaus Schwab, Gründer und Vorsitzender des Weltwirtschaftsforums, wies auf zwei Bedingungen hin, um den Zustand der Welt zu verbessern. Erstens: Staaten müssen sich als Stakeholder einer größeren Gemeinschaft verstehen und Eigeninteressen hintanstellen. Zweitens: Kooperation. Doch das wird angesichts der angespannten internationalen Beziehungen nicht leicht. Russland war nicht einmal mehr Teil der Stakeholder-Gemeinschaft. Und das Verhältnis Chinas zu den USA verschlechtert sich zunehmend. Doch solange die US-Regierung unter Joe Biden dem Beispiel der Trump-Administration folgt und China als Bedrohung ansieht, was soll dieser “Feind” dann tun, um nicht besiegt zu werden, aber gleichzeitig kooperativ zu sein?
Beispiel Elektromobilität: China hat die Integration der gesamten Wertschöpfung zwischen Automobilherstellern, Batterieherstellern, Gebrauchtwagenhändlern und Entsorgungsunternehmen für Batterierecycling-Systeme gefordert, um einen größeren Beitrag zum internationalen Markt zu leisten. Die Reaktion des Westens war jedoch bestenfalls verhalten. Weil es sich bei einigen Technologien im Zusammenhang mit Elektroautos um strategische Güter handele, wolle man seine Lieferketten bei solchen Vorhaben nicht auf China stützen.
Sollte Davos 2023 an seinem üblichen Termin im Januar stattfinden, werden sich die Teilnehmer in nur acht Monaten wieder im gewohnten Schneegestöber zusammenfinden. Damit dort neue Lösungen im Kampf gegen den Klimawandel gefunden werden können, muss das Weltwirtschaftsforum wieder ein offenes Konzept für vielfältige und unterschiedliche Meinungen verfolgen. Das ist in diesem Jahr nicht gelungen. Auch, weil wegen der geopolitischen Lage die Stimmen der Staaten und Regierungen lauter waren als je zuvor.
Dr. Yuan Ding ist Vizepräsident und Dekan, Cathay Capital Chair Professor für Rechnungswesen an der China Europe International Business School (CEIBS) in Shanghai. Zuvor war er Fakultätsmitglied der HEC School of Management, Paris, Frankreich. Er ist Mitglied der European Accounting Association, der French Accounting Association und der American Accounting Association. Ding war als Herausgeber und Mitglied des Redaktionsausschusses für internationale wissenschaftliche Fachpublikationen der Bereiche Rechnungslegung und Wirtschaftsprüfung tätig.