die Zahlenkombination 996, die so trefflich Chinas Arbeitswelt beschreibt, ist längst auch im Westen bekannt: von neun Uhr morgens bis neun Uhr abends sechs Tage die Woche schuften. Doch Erfahrungsberichte von betroffenen Arbeitern, die diese Knochenmühle durchlebt haben, sind selten. Zu groß ist die Angst vor Repression oder Kündigung.
Fabian Peltsch ist es gelungen, mit einem ehemaligen Angestellten des chinesischen Lieferdienstes Meituan über den ausbeuterischen Arbeitsalltag in China zu sprechen. Schnell wird klar, dass 996 in vielen Betrieben lediglich die untere Grenze darstellt. Die Arbeitsbelastung und der psychologische Druck sind längst weitaus größer geworden. Und einige chinesische Firmenbosse scheinen offenbar stolz darauf sein.
Stolz ist man auch auf Chinas Führerschaft beim Mobilfunkstandard 5G. Und während in Deutschland noch darüber gestritten wird, ob chinesische Firmen wie Huawei die nötige Infrastruktur für ein 5G-Netzwerk hierzulande aufbauen dürfen, ist China schon einen Schritt weiter: Dort haben Forscher nun weitere wichtige Erfolge bei der Entwicklung von 6G erzielen können.
Unser Autorenteam in Peking zeigt, wie bei 6G extrem hohe Geschwindigkeiten zur Datenübermittlung erreicht werden können und welche strategischen Vorteile China daraus für den Wirtschafts- und Militärbereich gewinnen könnte. Man stehe am Beginn einer Revolution in der Kommunikationstechnologie.
Viele neue Erkenntnisse bei der Lektüre wünscht
Ende Januar ging der Post von Zhang Yifei in China viral. Darin prangerte der 25-jährige Chinese öffentlich die Arbeitsbedingungen bei seinem Arbeitgeber Tencent an. “Haben Sie jemals darüber nachgedacht, dass es für ihre Angestellten um Leben und Tod geht, wenn sie solche Zeitpläne aufstellen?”, empörte er sich in einer unternehmensinternen Chat-Gruppe mit 600 Mitgliedern.
Einer von Zhangs Kollegen war zuvor vom Management dafür gelobt worden, dass er mehr als 20 Stunden am Stück gearbeitet und dabei rund 200 Änderungen an einem Produktdesign vorgenommen hatte. So konnte es noch wie geplant an den Start gehen. “Eine schrittweise Tötung zum ehrenvollen Ansporn umzudeuten, könnte man als schwarzen Humor bezeichnen. Aber jeder Entscheidungsträger, der so etwas möglich macht, ist ein Komplize”, ätzte der erst wenige Monate zuvor eingestellte Programmierer und reichte kurz darauf seine Kündigung ein. Seine Kompromisslosigkeit machte Zhang über Nacht zum Helden vieler überarbeiteter Chinesen.
Über die teilweise unmenschlichen Arbeitsbedingungen in Chinas Tech-Industrie beschweren sich viele. Konsequenzen zu ziehen, gar zu kündigen, trauen sich jedoch nur die wenigsten. Im Gegenteil: Immer wieder kam es in den vergangenen Jahren zu tragischen Todesfällen, die auch auf die Folgen von Überarbeitung zurückzuführen sind.
Erst Anfang dieses Monats war ein 25-jähriger Angestellter der erfolgreichen Video-Plattform Bilibili an einer Gehirnblutung gestorben. Kurz zuvor hatte er über das chinesische Neujahrsfest in der Firmenzentrale in Wuhan fast durchgängig gearbeitet. Der Job des jungen Mannes bestand darin, die sekündlich neu einlaufenden Videos auf “illegale oder verletzende Inhalte” zu prüfen – eine Arbeit, die so monoton und seelenlos ist, dass sie auch als “Fließbandarbeit der Internetära” bezeichnet wird.
Eine prägnante Abkürzung, die sich für Chinas ausuferndes Arbeitspensum etabliert hat, lautet “996”: Von Mitarbeitern, insbesondere in der Tech-Branche, wird erwartet, dass sie von neun Uhr morgens bis neun Uhr abends an sechs Tagen in der Woche arbeiten. “Das Arbeitsleben in China ist hochgradig von Wettbewerb bestimmt”, sagt John Wang. Der 31-Jährige war bis vor einem Jahr für den chinesischen Tech-Giganten Meituan als Produktmanager tätig. Seit August 2021 lebt er in Leipzig, wo er seinen MBA an der HHL Graduate School of Management macht. Nach Deutschland kam er auch, um dem harten Arbeitsalltag in China zu entkommen.
“Mein Arbeitstag ging offiziell von 10 bis 21 Uhr. Aber meistens fing ich um acht morgens an und ging erst um 23 Uhr nach Hause“, erinnert er sich im Gespräch mit China.Table. Es herrschte ein immanenter Druck, abends als Letzter das Büro zu verlassen, sagt der studierte Physiker. “Und wenn du es doch früher nach Hause geschafft hast, hörte die Arbeit nicht auf. Du musstest immer erreichbar sein und sofort antworten, wenn eine Frage hereinkam. Dein Körper war zu Hause, aber deine Aufmerksamkeit war immer noch bei deinem Job.”
Dem chinesischen Arbeitsgesetz von 1994 zufolge beträgt die Standardarbeitszeit acht Stunden pro Tag und maximal 44 Stunden pro Woche. In einer Umfrage der Zeitung Chengdu Economic Daily gaben jedoch mehr als die Hälfte der befragten Arbeitnehmer an, dass sie jeden Tag Überstunden leisten, wobei nur 44 Prozent dafür auch eine Vergütung erhielten. Arbeitgeber argumentieren, dass ihre Mitarbeiter sich “freiwillig” dafür entscheiden, Überstunden zu machen und dabei auf zusätzliches Geld verzichten würden.
Der Tech-Gigant Huawei ließ sich diese “Freiwilligkeit” sogar von Mitarbeitern schriftlich bestätigen. Andere erklären, potenzielle Überstunden seien bereits im Gehalt inbegriffen. Gegen die Verhältnisse aufbegehren kann man kaum, wenn man seinen Job behalten will. Unabhängige Gewerkschaften sind in der Volksrepublik verboten.
Bleibt also nur das Internet, um seinem Ärger anonym Luft zu machen. Im Januar 2021 kursierte dort eine Liste, auf denen Mitarbeiter großer chinesischer Tech-Unternehmen ihre Arbeitszeiten miteinander verglichen (China.Table berichtete). Betitelt war das Dokument mit 996.ICU – nach der englischen Abkürzung für “intensive care unit”: Notaufnahme. Innerhalb von nur drei Tagen hatte die Tabelle bereits mehr als 1.000 Einträge. Dann wurde sie von Zensoren aus dem chinesischen Netz gelöscht.
Als Antwort auf die öffentliche Diskussion erklärten Chinas Oberster Volksgerichtshof und das Ministerium für Human Ressources and Social Security (MOHRSS) im vergangenen August immerhin, dass chinesische Arbeitnehmer nicht mehr als 36 Überstunden pro Monat und drei Überstunden pro Tag leisten dürften. Doch nicht alle Mitarbeiter freuten sich darüber. “Wenn man bei einem Unternehmen wie Meituan oder Tencent arbeitet, ist man auf Überstunden vorbereitet. Auch, weil die Gehälter so hoch sind”, erklärt Wang. “Viele Mitarbeiter waren auf den besten Universitäten des Landes.”
Chinas wachsende Mittelschicht ist einerseits stolz auf den erreichten Wohlstand, andererseits wächst der Wunsch, diesen Wohlstand mit mehr Freizeit genießen zu können. Für Chinas Unternehmen waren Überstunden lange Zeit auch ein Überlebensfaktor: Was den chinesischen Start-ups an finanziellen Mitteln und Know-how fehlte, glichen sie mit niedrigen Arbeitskosten, Geschwindigkeit und Flexibilität aus – alles Dinge, die von schnell austauschbarer Manpower abhängig sind.
Huawei-Gründer Ren Zhengfei nannte das Arbeitsumfeld seiner Firma stolz “Wolf-Kultur”. Wenn die Mitarbeiter untereinander zwischen Fressen und gefressen werden konkurrieren, schlage sich das in einer größeren Wettbewerbsfähigkeit der Firma nieder. Wer da nicht mitmacht, fällt schnell durchs Raster, sagt Wang. “Wenn du den Job nicht machen willst, macht ihn jemand anders mit noch mehr Überstunden.”
In China drängen allein in diesem Jahr mehr als zehn Millionen neue Hochschulabsolventen auf den Arbeitsmarkt. Unternehmen bevorzugen junge Angestellte unter 30, da sie schlicht als energetischer gelten. Zudem sei ihre Bezahlung niedriger als die eines langjährigen Mitarbeiters, erklärt Wang. “Wenn du mit 35 noch keinen leitenden Posten ergattert hast, wird es mit jedem Jahr wahrscheinlicher, dass du plötzlich entlassen wirst.” Auch dagegen gäbe es keine rechtliche Handhabe.
“Die Unternehmensführung sagt dir nicht, du bist gefeuert, weil du zu alt bist. Sie erklären dir zum Beispiel, dass deine Arbeit hinter ihren Erwartungen zurückbleibt. Jedes Jahr werden so viele ältere Mitarbeiter entlassen, damit man neue einstellen kann. Und die Newcomer arbeiten oft extra hart, weil sie sich beweisen wollen.”
Unternehmen wie Meituan oder Huawei bevorzugen bei ihrer Personalsuche oft Absolventen aus kleineren Städten, die ihren “ersten Topf voll Gold” (第一桶金 dìyī tǒng jīn) verdienen wollen, um in die Mittelschicht aufzusteigen. Die Versagensangst ist groß, der Druck, es zu schaffen, bringt die Menschen schnell an den Rand des Zusammenbruchs. Der “Burn-Out” sei als Konzept noch nicht in China angekommen, sagt Wang. “Man hört vielleicht mal davon, aber man fragt sich nicht, ob man selbst darunter leidet. Man denkt, man hat Stress. Man denkt, das ist eben das, was man tun muss, um Karriere zu machen.”
Im Wettlauf um die technologische Vorherrschaft hat die Pekinger Tsinghua Universität einen Etappensieg verkündet. Bei der Entwicklung der nächsten Generation drahtloser Kommunikation (6G) habe ein Forscherteam erstmals ein Terabyte Daten in nur einer Sekunde über eine Entfernung von einem Kilometer senden können, heißt es. Damit würde die Volksrepublik weltweit die Führungsposition bei der Erforschung potenzieller Schlüsseltechnologien für 6G übernehmen.
Wissenschaftler um Professor Zhang Chao von der Fakultät für Luft- und Raumfahrttechnik hatten bereits vor den Olympischen Winterspielen auf dem Gelände des Pekinger Olympiastadions entsprechende Tests durchgeführt. Mit dem Datenvolumen des experimentellen Systems könnten theoretisch mehr als 10.000 HD-Live-Übertragungen gleichzeitig gestreamt werden. Damit ließe sich das gesamte Angebot des populären Streamingdienstes Netflix parallel abspielen. Die extrem hohen Geschwindigkeiten bei der Übertragung bilden die Grundlage für strategische Vorteile in wirtschaftlichen und militärischen Sektoren.
Schon vor Jahren hat die chinesische Regierung die Weichen für die nächste Generation der mobilen Datenübertragung gelegt. Damals war nicht einmal die 5G-Technologie kommerziell im Einsatz, die zurzeit noch als Maß aller Dinge gilt. Auch im aktuellen Fünfjahresplan ist die Erforschung von 6G explizit erwähnt. Zig Milliarden US-Dollar sollen an Unternehmen und Forschungsinstitute fließen, damit China das Rennen um 6G gewinnen kann. Bereits bei 5G gilt China als führender Standort.
Zwar wird damit gerechnet, dass die nächste Mobilfunkgeneration erst um das Jahr 2030 weltweit zum Einsatz kommen wird. Auch ist noch völlig unklar, welcher Standard und welche technologische Lösung sich am Ende durchsetzen wird. Klar ist aber, dass technologische Führerschaft eine gute Ausgangsposition liefert, um bei der Standardisierung ein gewichtiges Wort mitzusprechen. Und hier setzt China Maßstäbe (China.Table berichtete). Weitestgehend einig sind sich Forscher bisher lediglich in den Anforderungen an die neue Technik. Es wird erwartet, dass 6G Geschwindigkeiten in Terabit-Größe erreichen und damit noch einmal die 100-fache Kapazität von 5G bieten wird.
Geht es nach den Forschern der Tsinghua Universität, könnte ihr Ansatz es möglich machen, diese Messlatte zu überspringen. Der Schlüssel ihrer Technik ist die Verwendung von hochfrequenten Radiowellen, die Vortex-Millimeterwellen genannt werden. Während die derzeitige 5G-Technologie zweidimensionale elektromagnetische Wellen nutzt, die sich auf und ab bewegen, um Informationen darzustellen, haben die Vortex-Millimeterwellen drei Dimensionen, die den Forschern zufolge mit der Wirbelbewegung eines Tornados verglichen werden können. Die Dreidimensionalität wäre geeignet, um zusätzliche Informationen zu transportieren und damit eine höhere Übertragungsgeschwindigkeit zu erreichen.
Wirbelwellen sind keinesfalls eine chinesische Erfindung. Sie wurden erstmals 1909 vom britischen Physiker John Henry Poynting nachgewiesen. Forscher in Europa führten in den 1990er-Jahren die frühesten Kommunikationsexperimente mit Wirbelwellen durch. Im Jahr 2000 verwendete schließlich ein japanisches Team Wirbelwellen, um Daten erstmals mit einer Geschwindigkeit von über 200 Gbit pro Sekunde über eine Entfernung von rund zehn Metern zu übertragen. Ein Gigabit (Gbit) entspricht 125 Megabytes.
“Das Spannendste ist nicht nur die Geschwindigkeit. Es geht um die Einführung einer neuen physischen Dimension, die zu einer ganz neuen Welt mit fast unbegrenzten Möglichkeiten führen kann”, zitierte die Zeitung South China Morning Post einen 6G-Forscher, der an vertraulichen Forschungsprojekten für die chinesische Regierung arbeiten soll. Die Wirbelwellen seien “der Beginn einer Revolution” in der Kommunikationstechnologie.
Forscher Zhang macht kein Geheimnis daraus, dass die Technologie auch viele militärische Anwendungsmöglichkeiten bietet. Er und sein Team stellten bereits vor drei Jahren eine Wirbelwellenverbindung über eine Distanz von 172 Kilometern zwischen einem Militärflugzeug und einer Bodenstation her. Das Tsinghua-Team erforscht auch ein Quantenradar mit ähnlicher Technologie, das Stealth-Flugzeuge erkennen soll. Analysten gehen davon aus, dass Chinas Militär schon Jahre vor der kommerziellen Einführung über 6G-Technik verfügen wird. Sie könnte etwa genutzt werden, um Überschallwaffen präzise zu steuern. Gregor Koppenburg/Jörn Petring
Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) schlägt Alarm: Deutschland ist dabei, sich ökonomisch zu stark an China zu binden. Das ist die Erkenntnis der am Montag veröffentlichten Studie mit dem Titel “Reluctanct US vs Ambitious German Direct Investment in China – the Tale of Two Strategies“. IfW-Handelsforscher Rolf Langhammer sagte dazu am Montag: “Deutsche Firmen befinden sich auf dem Weg zu einer gefährlichen Abhängigkeit vom Wohlwollen der chinesischen Führung. Sie dienen dem geopolitischen Machtanspruch Chinas, wenn sie ihr Know-how in das Land transferieren, und können von heimischen Firmen verdrängt werden.”
Der Studie zufolge fließen Auslandsinvestitionen deutscher Unternehmen verstärkt nach China, vor allem im verarbeitenden Gewerbe wie der Automobilindustrie. Amerikas Unternehmen würden eine gegenläufige Strategie wählen – und eher zurückhaltend agieren.
Langhammer zufolge ist die Zahl an Tochterunternehmen und Produktionsstätten deutscher Firmen in China seit den 1990er-Jahren kontinuierlich: Im Jahr 2019 seien rund sieben Prozent der Auslandsinvestitionen Deutschlands in China getätigt worden, was etwa 89 Milliarden Euro entspricht. Im Vergleich: Zur Jahrtausendwende war es lediglich rund ein Prozent. Im verarbeitenden Gewerbe – wie im Autobau, Chemie oder Maschinenbau – stiegen sie von gut zwei auf zuletzt 14 Prozent (61 Milliarden Euro).
Dagegen würden die USA als weltgrößter Auslandsinvestor bislang diese Wachstumsregion eher meiden und stattdessen auf Investitionen in Europa setzen. “Die Zurückhaltung US-amerikanischer Firmen ist umso erstaunlicher, als China seit vielen Jahren eine der am dynamischsten wachsenden Weltregionen ist und Firmen einen äußerst lukrativen Absatzmarkt bietet”, sagte Langhammer.
“Chinas Ziel ist es, sich vom Ausland und speziell dem systemischen Rivalen USA unabhängiger zu machen und Schlüsseltechnologien selbst produzieren zu können”, sagte Langhammer. Dafür brauche man Know-how aus dem Ausland. Ausländische Investoren müssten sich deshalb im Klaren darüber sein, dass sie diesem Ziel dienen sollen und durch heimische Anbieter abgelöst werden, sobald China über die notwendigen Technologiekenntnisse verfügt. rad
Continental will trotz des Handelsstreits zwischen Peking und Litauen weiterhin in dem baltischen Staat investieren. Die Pläne des deutschen Zulieferers hätten sich trotz Drucks aus China nicht geändert, sagte der Direktor der litauischen Continental-Fabrik, Shayan Ali, der Lokalzeitung Verslo Žinios. “Unsere Pläne in Litauen sind die gleichen, die wir zu Beginn angekündigt haben – 1.500 Arbeitsplätze und mehr als 185 Millionen Euro Investitionen”, wurde Ali zitiert. Auf die Frage nach dem chinesischen Handelsdruck sagte er, dass die Fabrik zweifellos von der sich ändernden Situation betroffen gewesen sei. “Wir haben alles getan, um uns an die sich ändernden Umstände anzupassen”, so Ali. Nähere Angaben machte er nicht.
China blockiert seit Anfang Dezember die Zollabwicklung für litauische Waren. Auch auf Unternehmen aus anderen EU-Staaten wurde Druck ausgeübt, sich von litauischen Zulieferern zu trennen, um nicht den Marktzugang in der Volksrepublik zu verlieren (China.Table berichtete). Betroffen waren davon unter anderem Continental und der Lippstädter Autozulieferer Hella.
Die EU hatte Ende Januar die WTO eingeschaltet und ein Verfahren gegen China eingeleitet (China.Table berichtete), um die Handelsblockade zu lösen. Bis Anfang März müssen die EU und China nun Gespräche beginnen. ari
Peking hat Sanktionen gegen die US-Rüstungskonzerne Lockheed Martin und Raytheon Technologies wegen Waffenverkäufen an Taiwan verhängt. “In Übereinstimmung mit den einschlägigen Bestimmungen des chinesischen Anti-Auslandssanktionsgesetzes hat die chinesische Regierung beschlossen, Gegenmaßnahmen gegen die rechtsverletzenden Handlungen von Raytheon Technologies und Lockheed Martin zu ergreifen”, sagte der Sprecher des Außenministeriums, Wang Wenbin, am Montag. Die Sanktionen seien eine Reaktion auf den Verkauf von Waffen im Wert von 100 Millionen US-Dollar Anfang Februar. Die Lieferungen hätten Chinas Sicherheitsinteressen untergraben, so Wang.
Wie die Sanktionen ausfallen werden, wurde bislang nicht näher erklärt. Es ist das erste Mal, dass Unternehmen Strafmaßnahmen im Rahmen von Chinas neuem Anti-Auslandssanktionsgesetz ausgesetzt sind. Peking hatte das Gesetz im vergangenen Sommer erlassen (China.Table berichtete). Beobachter befürchten, dass dieser Schritt zu einer Sanktions-Schlacht zwischen der Volksrepublik und den USA führen könnte. Inmitten der Spannungen zwischen Washington und Peking kündigte der ehemalige US-Außenminister Mike Pompeo an, nach Taiwan zu reisen. Pompeo wird dort auch Präsidentin Tsai Ing-Wen treffen. ari
Hongkong schränkt den Bewegungsradius von Ungeimpften wegen steigender Corona-Infektionszahlen drastisch ein. Ab Donnerstag wird unter anderem das Betreten eines Supermarktes in der Stadt nur noch mit einem Impfnachweis erlaubt sein. Auch für Restaurants, Freizeiteinrichtungen, Behörden oder sogenannte Nassmärkte, wo Tiere frisch geschlachtet werden, soll die Regel gelten. Insgesamt sind zwei Dutzend verschiedene Institutionen, Geschäftsarten und Etablissement von der Maßnahme betroffen.
Nach jahrelang niedrigen Fallzahlen steigt die Zahl der Ansteckungen mit SARS-CoV-2 in der Finanzmetropole seit Wochen kontinuierlich an (China.Table berichtete). Am Montag waren über 7.500 neue Fälle in Hongkong registriert worden. Ein dramatischer Anstieg von “buchstäblich Hunderttausenden” erwartet Karen Grepin von der University of Hong Kong’s School of Public Health. “Alle Daten deuten darauf hin, dass wir uns in einem frühen Stadium dieser Welle befinden”, sagte sie dem staatlichen Rundfunksender RTHK.
Die Regierung hatte deshalb in der vergangenen Woche bereits 20.000 Hotelzimmer reserviert, um Infizierte und Kontaktpersonen unter Quarantäne stellen zu können (ChinaTable berichtete). 30.000 Erkrankte warten derweil noch auf ihren Transfer in die Isolation. 1.000 ehemalige Staatsdiener wurden zur Unterstützung der Hotels bei der Aufnahme der Patienten einberufen.
Auch die Abstandsregelungen werden ab Donnerstag verschärft. In Restaurants dürfen dann nur noch maximal zwei Personen an einem Tisch Platz nehmen. Alle Maßnahmen sollen auf unbestimmte Zeit gelten. Bislang hatte die Regierung im Zwei-Wochen-Rhythmus neu entschieden. Die Maßnahmen folgen einer Ermahnung an die Hongkonger Behörden durch Chinas Staatspräsident Xi Jinping vor wenigen Tagen.
Die Impfquote in Hongkong liegt zurzeit bei knapp über 80 Prozent. Besonders ältere Bevölkerungsgruppen rangieren allerdings deutlich unter dieser Marke. In der Altersklasse der 70- bis 79-Jährigen waren es vor wenigen Tagen rund 63 Prozent, bei den über 80-Jährigen lediglich etwa 33 Prozent. Gründe für die Impfskepsis seien Angst von Alleinstehenden im Falle von Komplikationen im Nachgang der Impfung und mangelnde Aufklärung durch Ärzte, berichten örtliche Medien. Insgesamt leben knapp 7,5 Millionen Menschen in Hongkong.
Ab Donnerstag gelten die neuen Coronavirus-Regeln vorerst nur für Erwachsene. Sie werden jedoch in den kommenden Monaten schrittweise verschärft. Bis Ende April müssen 12- bis 17-Jährige mindestens eine Impfdosis verabreicht bekommen haben, Erwachsene dann mindestens zwei, wenn sie weiterhin Zutritt zu allen Einrichtungen haben wollen. Von Ende Juni an müssen Erwachsene eine Auffrischung nachweisen, wenn die zweite Spritze neun Monate zurückliegt. Kinder und Jugendliche müssen dann zweimal geimpft sein.
Spätestens Ende des Frühjahrs werden die Beschränkungen auf den Besuch von Schulen und öffentliche Krankenhäusern ausgeweitet. Regierungschefin Carrie Lam hatte die Bürger:innen der Stadt im Januar gewarnt: “Wenn Sie sich gegen eine Impfung entscheiden, dann müssen Sie einige der Konsequenzen tragen.” grz
China hat bestritten, einen Laser auf ein australisches Überwachungsflugzeug gerichtet zu haben. Das Außenministerium in Peking erklärte am Montag, der Vorwurf sei falsch, vielmehr habe sich das beschuldigte chinesische Marineschiff an internationales Seerecht gehalten. Anschließend forderte Außenamtssprecher Wang Wenbin die australische Regierung auf, die “legitimen Rechte” chinesischer Schiffe zu respektieren und die “Verbreitung falscher Informationen über China” zu beenden.
Am Wochenende hatte Australiens Verteidigungsministerium erklärt, ein chinesisches Marineschiff habe vor der nordaustralischen Küste einen Laser auf ein australisches Überwachungsflugzeug vom Typ P-8A Poseidon gerichtet. Durch diesen Angriff habe China billigend Menschenleben gefährdet. Australiens Premierminister Scott Morrison sprach von einem Akt der Einschüchterung.
Zum Beweis hatte Australiens Verteidigungsministerium Bilder von zwei Schiffen der chinesischen Volksbefreiungsarmee veröffentlicht, die sich zu besagtem Zeitpunkt in der Arafurasee zwischen dem australischen Kontinent und der Insel Neuguinea aufgehalten hatten.
Die Beziehungen zwischen Australien und China sind stark angespannt. Peking kritisiert unter anderem die Verteidigungsbündnisse, die Australien mit den USA und Großbritannien wie auch mit Japan abgeschlossen hat (China.Table berichtete). Als Reaktion hat China eine Reihe australischer Exportgüter wie Wein und Kohle mit Sanktionen belegt. rad
Peking mag 6.500 Kilometer von der ukrainischen Hauptstadt Kiew entfernt liegen. Geopolitisch geht es für China in der eskalierenden Russland-Ukraine-Krise aber um sehr viel. Wenn Russland in die Ukraine einmarschiert und einen anhaltenden Konflikt (wenn auch wahrscheinlich keine direkte militärische Konfrontation) mit den USA und ihren westlichen Bündnispartnern auslöst, kommt das natürlich China zugute. Amerika müsste strategische Ressourcen für die Eindämmung Russlands einsetzen und seine europäischen Verbündeten stünden den Bitten der USA, ihrer Anti-China-Koalition beizutreten, noch skeptischer gegenüber, als das sowieso schon der Fall ist.
Entschärft US-Präsident Joe Biden die Krise jedoch, indem er den Forderungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin wenigstens zum Teil nachgibt, steht China strategisch vermutlich schlechter da als vorher. Wenn Putin die Früchte seiner Drohdiplomatie erntet, und Biden ein potenzielles Desaster in Osteuropa vermeidet, rückt China wieder ins Zentrum der nationalen Sicherheitsstrategie der USA. Und das ist noch nicht alles. Nachdem Putin die obsessive Beschäftigung der USA mit China geschickt dazu genutzt hat, die Einflusssphäre Russlands zu stärken, verliert China den Großteil seines strategischen Werts für Russland.
Putin setzt Bidens Angst, in einen Konflikt mit einem zweitrangigen Gegner (Russland) gezogen zu werden, als Hebel ein, um entscheidende Sicherheitsgarantien zu erzwingen. Ein kluger, wenn auch riskanter Schachzug. Den Einmarsch in die Ukraine zu befehlen – und sich damit zumindest kurzfristig selbst zum wichtigsten geopolitischen Gegner Amerikas zu befördern – liegt dagegen kaum im Interesse des Kreml. Verheerende Sanktionen des Westens und die hohen Kosten eines Kampfes gegen Aufständische in der Ukraine würden Russland entscheidend schwächen, Putins Beliebtheit im eigenen Land schaden und seine Abhängigkeit vom chinesischen Präsidenten Xi Jinping erhöhen.
Obwohl China in der Ukraine-Krise also selbst einiges zu verlieren hat, achtet die chinesische Regierung penibel darauf, sich nicht in die Karten schauen zu lassen. Während die zunehmenden Spannungen in den westlichen Medien für Schlagzeilen sorgen, wird die Ukraine in der offiziellen chinesischen Presse kaum erwähnt. Zwischen dem 15. Dezember (dem virtuellen Gipfel zwischen Putin und Xi) und dem 24. Januar dieses Jahres brachte die Volkszeitung, das offizielle Sprachrohr der Kommunistischen Partei Chinas, nur einen Artikel über die Krise – eine Meldung über die ergebnislosen Gespräche zwischen Russland, den USA und seinen NATO-Bündnispartnern Mitte Januar. Auch Leitartikel oder Kommentare, in denen China Russland seine Unterstützung zusagt, glänzen durch Abwesenheit.
Besonders aufschlussreich: In der vom Kreml veröffentlichten Zusammenfassung des chinesisch-russischen Gipfeltreffens wird behauptet, Xi unterstütze Putins Forderungen nach Sicherheitsgarantien des Westens. Diese schließt eine weitere Osterweiterung der NATO aus. In der chinesischen Version dagegen, die von der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua herausgegeben wurde, wird dies nicht erwähnt. Xis Erklärung war keine ausdrückliche Billigung von Putins Position, sondern eine vage und allgemein gehaltene Floskel, “sich bei Themen, die die jeweiligen Kerninteressen berühren, gegenseitig zu unterstützen”.
Dieses Muster wiederholte sich im Gespräch zwischen dem chinesischen Außenminister Wang Yi und seinem amerikanischen Amtskollegen Antony Blinken am 27. Januar. Westliche Medien interpretierten Wangs Äußerungen zur Ukraine als Unterstützung für Putin. Tatsächlich beanspruchte Wang für China konsequent eine reine Zuschauerrolle und sagte lediglich, “Russlands begründete Sicherheitsbedenken müssten betont und gelöst werden”.
Die chinesische Zurückhaltung beim Thema Ukraine zeigt, dass Xi keinerlei Risiken eingehen will. Natürlich ist Putins aggressive Diplomatie, zumindest kurzfristig, im Interesse Chinas. Sollte er in die Ukraine einmarschieren und den strategischen Fokus der USA von China ablenken, umso besser.
Da Xi aber wohl nicht weiß, was der Kreml wirklich für die Ukraine plant, ist er klug genug, sich ebenfalls bedeckt zu halten. Mit einer unzweideutigen chinesischen Unterstützung für Putins Forderungen würde sich das Land selbst in eine Ecke manövrieren. Lässt sich Putin von China zu einem Krieg ermutigen, könnten bestimmte Kreise in Moskau dies im schlimmsten Fall als diabolischen chinesischen Trick interpretieren, der Russland zu einer strategischen Spielfigur im Kalten Krieg zwischen China und Amerika degradiert. Akzeptiert Putin dagegen kleine Zugeständnisse, um ohne Gesichtsverlust ein potenzielles Desaster zu vermeiden, stünde China wie ein Idiot da, weil es sich hinter unrealistische Forderungen des Kremls gestellt hat.
Von all diesen strategischen Unsicherheiten abgesehen, weiß die chinesische Führung genau, dass sie mit einer ausdrücklichen Unterstützung Putins die Europäische Union vor den Kopf stoßen würde, die inzwischen Chinas zweitgrößter Handelspartner ist. Das strategische Kalkül der chinesischen Politik ist es, unbedingt zu verhindern, dass Amerika die EU für ihre Anti-China-Koalition gewinnt.
Für die EU sind die Unabhängigkeit und Sicherheit der Ukraine sehr wichtig, und jede chinesische Beihilfe für Putin würde eine europäische Reaktion geradezu herausfordern. Die EU könnte China zum Beispiel dadurch bestrafen, dass sie den Austausch von Technologien beschränkt und Taiwan diplomatisch stärker unterstützt. Besonders die osteuropäischen EU-Mitglieder haben weniger Handelsverbindungen mit China und fühlen sich durch Russlands aggressives Auftreten am stärksten bedroht. Aus diesem Grund könnten sie zur Vergeltung viel einfacher die Taiwan-Karte gegen China ausspielen als die größeren Mitgliedstaaten. Dieses Risiko wollen vermutlich nur die wenigsten Mitglieder der chinesischen Führung eingehen.
Sie sind Realisten und wissen, dass sie auch dann kaum beeinflussen können, wie die aktuelle Krise in der Ukraine ausgeht, wenn sie sich öffentlich positionieren. Putin hält in dieser Pattsituation die Fäden in der Hand, und diplomatische Schützenhilfe aus China dürfte das strategische Kalkül der Hauptprotagonisten in Washington, Brüssel oder auch Moskau kaum beeinflussen. Chinas Einfluss wird nur dann dramatisch wachsen, wenn Putin es darauf ankommen lässt und die Ukraine besetzt. Dann bräuchte er die wirtschaftliche Unterstützung Chinas, um die Folgen der westlichen Sanktionen abzumildern.
Für Xi ist das bisher jedoch reine Spekulation. Die Supermacht China ist vorübergehend zum Zuschauen verurteilt und muss den Ausgang der Krise gleichzeitig besorgt und hoffnungsvoll von der Seitenlinie aus abwarten.
Minxin Pei ist Professor für Governance am Claremont McKenna College und Senior Fellow des German Marshall Fund of the United States.
Copyright: Project Syndicate, 2022.
www.project-syndicate.org
Lars Schubert gibt seinen Posten in Nanjing als Chief Technology Officer und Mitglied der Geschäftsführung der BSH Hausgeräte in China auf. Zum 1. April 2022 wird er neuer Chief Operating Officer sowie Mitglied der BSH-Hauptgeschäftsführung. Schubert, der seit 2016 für die BSH in Nanjing war, wird als COO zukünftig die Bereiche Fertigung, Entwicklung, Innovation sowie Corporate Technology und das Global Supply Chain Management verantworten. Der 52-Jährige tritt die Nachfolge von Dr. Silke Maurer an, die Ende März das Unternehmen verlässt.
Gemeinsam gegen Corona: Epidemiologen aus der südchinesischen Provinz Guangdong nehmen am Wochenende Hongkongs Pandemie-Management genau unter die Lupe, denn Corona breitet sich derzeit rasant in der Sonderverwaltungszone aus. Peking fürchtet, das Virus könne sich von Hongkong aus in die Volksrepublik einschleichen. Guangdong gehört zu den wichtigsten Wirtschaftsstandorten Chinas. Bislang ist die Region von Lockdowns verschont geblieben.
die Zahlenkombination 996, die so trefflich Chinas Arbeitswelt beschreibt, ist längst auch im Westen bekannt: von neun Uhr morgens bis neun Uhr abends sechs Tage die Woche schuften. Doch Erfahrungsberichte von betroffenen Arbeitern, die diese Knochenmühle durchlebt haben, sind selten. Zu groß ist die Angst vor Repression oder Kündigung.
Fabian Peltsch ist es gelungen, mit einem ehemaligen Angestellten des chinesischen Lieferdienstes Meituan über den ausbeuterischen Arbeitsalltag in China zu sprechen. Schnell wird klar, dass 996 in vielen Betrieben lediglich die untere Grenze darstellt. Die Arbeitsbelastung und der psychologische Druck sind längst weitaus größer geworden. Und einige chinesische Firmenbosse scheinen offenbar stolz darauf sein.
Stolz ist man auch auf Chinas Führerschaft beim Mobilfunkstandard 5G. Und während in Deutschland noch darüber gestritten wird, ob chinesische Firmen wie Huawei die nötige Infrastruktur für ein 5G-Netzwerk hierzulande aufbauen dürfen, ist China schon einen Schritt weiter: Dort haben Forscher nun weitere wichtige Erfolge bei der Entwicklung von 6G erzielen können.
Unser Autorenteam in Peking zeigt, wie bei 6G extrem hohe Geschwindigkeiten zur Datenübermittlung erreicht werden können und welche strategischen Vorteile China daraus für den Wirtschafts- und Militärbereich gewinnen könnte. Man stehe am Beginn einer Revolution in der Kommunikationstechnologie.
Viele neue Erkenntnisse bei der Lektüre wünscht
Ende Januar ging der Post von Zhang Yifei in China viral. Darin prangerte der 25-jährige Chinese öffentlich die Arbeitsbedingungen bei seinem Arbeitgeber Tencent an. “Haben Sie jemals darüber nachgedacht, dass es für ihre Angestellten um Leben und Tod geht, wenn sie solche Zeitpläne aufstellen?”, empörte er sich in einer unternehmensinternen Chat-Gruppe mit 600 Mitgliedern.
Einer von Zhangs Kollegen war zuvor vom Management dafür gelobt worden, dass er mehr als 20 Stunden am Stück gearbeitet und dabei rund 200 Änderungen an einem Produktdesign vorgenommen hatte. So konnte es noch wie geplant an den Start gehen. “Eine schrittweise Tötung zum ehrenvollen Ansporn umzudeuten, könnte man als schwarzen Humor bezeichnen. Aber jeder Entscheidungsträger, der so etwas möglich macht, ist ein Komplize”, ätzte der erst wenige Monate zuvor eingestellte Programmierer und reichte kurz darauf seine Kündigung ein. Seine Kompromisslosigkeit machte Zhang über Nacht zum Helden vieler überarbeiteter Chinesen.
Über die teilweise unmenschlichen Arbeitsbedingungen in Chinas Tech-Industrie beschweren sich viele. Konsequenzen zu ziehen, gar zu kündigen, trauen sich jedoch nur die wenigsten. Im Gegenteil: Immer wieder kam es in den vergangenen Jahren zu tragischen Todesfällen, die auch auf die Folgen von Überarbeitung zurückzuführen sind.
Erst Anfang dieses Monats war ein 25-jähriger Angestellter der erfolgreichen Video-Plattform Bilibili an einer Gehirnblutung gestorben. Kurz zuvor hatte er über das chinesische Neujahrsfest in der Firmenzentrale in Wuhan fast durchgängig gearbeitet. Der Job des jungen Mannes bestand darin, die sekündlich neu einlaufenden Videos auf “illegale oder verletzende Inhalte” zu prüfen – eine Arbeit, die so monoton und seelenlos ist, dass sie auch als “Fließbandarbeit der Internetära” bezeichnet wird.
Eine prägnante Abkürzung, die sich für Chinas ausuferndes Arbeitspensum etabliert hat, lautet “996”: Von Mitarbeitern, insbesondere in der Tech-Branche, wird erwartet, dass sie von neun Uhr morgens bis neun Uhr abends an sechs Tagen in der Woche arbeiten. “Das Arbeitsleben in China ist hochgradig von Wettbewerb bestimmt”, sagt John Wang. Der 31-Jährige war bis vor einem Jahr für den chinesischen Tech-Giganten Meituan als Produktmanager tätig. Seit August 2021 lebt er in Leipzig, wo er seinen MBA an der HHL Graduate School of Management macht. Nach Deutschland kam er auch, um dem harten Arbeitsalltag in China zu entkommen.
“Mein Arbeitstag ging offiziell von 10 bis 21 Uhr. Aber meistens fing ich um acht morgens an und ging erst um 23 Uhr nach Hause“, erinnert er sich im Gespräch mit China.Table. Es herrschte ein immanenter Druck, abends als Letzter das Büro zu verlassen, sagt der studierte Physiker. “Und wenn du es doch früher nach Hause geschafft hast, hörte die Arbeit nicht auf. Du musstest immer erreichbar sein und sofort antworten, wenn eine Frage hereinkam. Dein Körper war zu Hause, aber deine Aufmerksamkeit war immer noch bei deinem Job.”
Dem chinesischen Arbeitsgesetz von 1994 zufolge beträgt die Standardarbeitszeit acht Stunden pro Tag und maximal 44 Stunden pro Woche. In einer Umfrage der Zeitung Chengdu Economic Daily gaben jedoch mehr als die Hälfte der befragten Arbeitnehmer an, dass sie jeden Tag Überstunden leisten, wobei nur 44 Prozent dafür auch eine Vergütung erhielten. Arbeitgeber argumentieren, dass ihre Mitarbeiter sich “freiwillig” dafür entscheiden, Überstunden zu machen und dabei auf zusätzliches Geld verzichten würden.
Der Tech-Gigant Huawei ließ sich diese “Freiwilligkeit” sogar von Mitarbeitern schriftlich bestätigen. Andere erklären, potenzielle Überstunden seien bereits im Gehalt inbegriffen. Gegen die Verhältnisse aufbegehren kann man kaum, wenn man seinen Job behalten will. Unabhängige Gewerkschaften sind in der Volksrepublik verboten.
Bleibt also nur das Internet, um seinem Ärger anonym Luft zu machen. Im Januar 2021 kursierte dort eine Liste, auf denen Mitarbeiter großer chinesischer Tech-Unternehmen ihre Arbeitszeiten miteinander verglichen (China.Table berichtete). Betitelt war das Dokument mit 996.ICU – nach der englischen Abkürzung für “intensive care unit”: Notaufnahme. Innerhalb von nur drei Tagen hatte die Tabelle bereits mehr als 1.000 Einträge. Dann wurde sie von Zensoren aus dem chinesischen Netz gelöscht.
Als Antwort auf die öffentliche Diskussion erklärten Chinas Oberster Volksgerichtshof und das Ministerium für Human Ressources and Social Security (MOHRSS) im vergangenen August immerhin, dass chinesische Arbeitnehmer nicht mehr als 36 Überstunden pro Monat und drei Überstunden pro Tag leisten dürften. Doch nicht alle Mitarbeiter freuten sich darüber. “Wenn man bei einem Unternehmen wie Meituan oder Tencent arbeitet, ist man auf Überstunden vorbereitet. Auch, weil die Gehälter so hoch sind”, erklärt Wang. “Viele Mitarbeiter waren auf den besten Universitäten des Landes.”
Chinas wachsende Mittelschicht ist einerseits stolz auf den erreichten Wohlstand, andererseits wächst der Wunsch, diesen Wohlstand mit mehr Freizeit genießen zu können. Für Chinas Unternehmen waren Überstunden lange Zeit auch ein Überlebensfaktor: Was den chinesischen Start-ups an finanziellen Mitteln und Know-how fehlte, glichen sie mit niedrigen Arbeitskosten, Geschwindigkeit und Flexibilität aus – alles Dinge, die von schnell austauschbarer Manpower abhängig sind.
Huawei-Gründer Ren Zhengfei nannte das Arbeitsumfeld seiner Firma stolz “Wolf-Kultur”. Wenn die Mitarbeiter untereinander zwischen Fressen und gefressen werden konkurrieren, schlage sich das in einer größeren Wettbewerbsfähigkeit der Firma nieder. Wer da nicht mitmacht, fällt schnell durchs Raster, sagt Wang. “Wenn du den Job nicht machen willst, macht ihn jemand anders mit noch mehr Überstunden.”
In China drängen allein in diesem Jahr mehr als zehn Millionen neue Hochschulabsolventen auf den Arbeitsmarkt. Unternehmen bevorzugen junge Angestellte unter 30, da sie schlicht als energetischer gelten. Zudem sei ihre Bezahlung niedriger als die eines langjährigen Mitarbeiters, erklärt Wang. “Wenn du mit 35 noch keinen leitenden Posten ergattert hast, wird es mit jedem Jahr wahrscheinlicher, dass du plötzlich entlassen wirst.” Auch dagegen gäbe es keine rechtliche Handhabe.
“Die Unternehmensführung sagt dir nicht, du bist gefeuert, weil du zu alt bist. Sie erklären dir zum Beispiel, dass deine Arbeit hinter ihren Erwartungen zurückbleibt. Jedes Jahr werden so viele ältere Mitarbeiter entlassen, damit man neue einstellen kann. Und die Newcomer arbeiten oft extra hart, weil sie sich beweisen wollen.”
Unternehmen wie Meituan oder Huawei bevorzugen bei ihrer Personalsuche oft Absolventen aus kleineren Städten, die ihren “ersten Topf voll Gold” (第一桶金 dìyī tǒng jīn) verdienen wollen, um in die Mittelschicht aufzusteigen. Die Versagensangst ist groß, der Druck, es zu schaffen, bringt die Menschen schnell an den Rand des Zusammenbruchs. Der “Burn-Out” sei als Konzept noch nicht in China angekommen, sagt Wang. “Man hört vielleicht mal davon, aber man fragt sich nicht, ob man selbst darunter leidet. Man denkt, man hat Stress. Man denkt, das ist eben das, was man tun muss, um Karriere zu machen.”
Im Wettlauf um die technologische Vorherrschaft hat die Pekinger Tsinghua Universität einen Etappensieg verkündet. Bei der Entwicklung der nächsten Generation drahtloser Kommunikation (6G) habe ein Forscherteam erstmals ein Terabyte Daten in nur einer Sekunde über eine Entfernung von einem Kilometer senden können, heißt es. Damit würde die Volksrepublik weltweit die Führungsposition bei der Erforschung potenzieller Schlüsseltechnologien für 6G übernehmen.
Wissenschaftler um Professor Zhang Chao von der Fakultät für Luft- und Raumfahrttechnik hatten bereits vor den Olympischen Winterspielen auf dem Gelände des Pekinger Olympiastadions entsprechende Tests durchgeführt. Mit dem Datenvolumen des experimentellen Systems könnten theoretisch mehr als 10.000 HD-Live-Übertragungen gleichzeitig gestreamt werden. Damit ließe sich das gesamte Angebot des populären Streamingdienstes Netflix parallel abspielen. Die extrem hohen Geschwindigkeiten bei der Übertragung bilden die Grundlage für strategische Vorteile in wirtschaftlichen und militärischen Sektoren.
Schon vor Jahren hat die chinesische Regierung die Weichen für die nächste Generation der mobilen Datenübertragung gelegt. Damals war nicht einmal die 5G-Technologie kommerziell im Einsatz, die zurzeit noch als Maß aller Dinge gilt. Auch im aktuellen Fünfjahresplan ist die Erforschung von 6G explizit erwähnt. Zig Milliarden US-Dollar sollen an Unternehmen und Forschungsinstitute fließen, damit China das Rennen um 6G gewinnen kann. Bereits bei 5G gilt China als führender Standort.
Zwar wird damit gerechnet, dass die nächste Mobilfunkgeneration erst um das Jahr 2030 weltweit zum Einsatz kommen wird. Auch ist noch völlig unklar, welcher Standard und welche technologische Lösung sich am Ende durchsetzen wird. Klar ist aber, dass technologische Führerschaft eine gute Ausgangsposition liefert, um bei der Standardisierung ein gewichtiges Wort mitzusprechen. Und hier setzt China Maßstäbe (China.Table berichtete). Weitestgehend einig sind sich Forscher bisher lediglich in den Anforderungen an die neue Technik. Es wird erwartet, dass 6G Geschwindigkeiten in Terabit-Größe erreichen und damit noch einmal die 100-fache Kapazität von 5G bieten wird.
Geht es nach den Forschern der Tsinghua Universität, könnte ihr Ansatz es möglich machen, diese Messlatte zu überspringen. Der Schlüssel ihrer Technik ist die Verwendung von hochfrequenten Radiowellen, die Vortex-Millimeterwellen genannt werden. Während die derzeitige 5G-Technologie zweidimensionale elektromagnetische Wellen nutzt, die sich auf und ab bewegen, um Informationen darzustellen, haben die Vortex-Millimeterwellen drei Dimensionen, die den Forschern zufolge mit der Wirbelbewegung eines Tornados verglichen werden können. Die Dreidimensionalität wäre geeignet, um zusätzliche Informationen zu transportieren und damit eine höhere Übertragungsgeschwindigkeit zu erreichen.
Wirbelwellen sind keinesfalls eine chinesische Erfindung. Sie wurden erstmals 1909 vom britischen Physiker John Henry Poynting nachgewiesen. Forscher in Europa führten in den 1990er-Jahren die frühesten Kommunikationsexperimente mit Wirbelwellen durch. Im Jahr 2000 verwendete schließlich ein japanisches Team Wirbelwellen, um Daten erstmals mit einer Geschwindigkeit von über 200 Gbit pro Sekunde über eine Entfernung von rund zehn Metern zu übertragen. Ein Gigabit (Gbit) entspricht 125 Megabytes.
“Das Spannendste ist nicht nur die Geschwindigkeit. Es geht um die Einführung einer neuen physischen Dimension, die zu einer ganz neuen Welt mit fast unbegrenzten Möglichkeiten führen kann”, zitierte die Zeitung South China Morning Post einen 6G-Forscher, der an vertraulichen Forschungsprojekten für die chinesische Regierung arbeiten soll. Die Wirbelwellen seien “der Beginn einer Revolution” in der Kommunikationstechnologie.
Forscher Zhang macht kein Geheimnis daraus, dass die Technologie auch viele militärische Anwendungsmöglichkeiten bietet. Er und sein Team stellten bereits vor drei Jahren eine Wirbelwellenverbindung über eine Distanz von 172 Kilometern zwischen einem Militärflugzeug und einer Bodenstation her. Das Tsinghua-Team erforscht auch ein Quantenradar mit ähnlicher Technologie, das Stealth-Flugzeuge erkennen soll. Analysten gehen davon aus, dass Chinas Militär schon Jahre vor der kommerziellen Einführung über 6G-Technik verfügen wird. Sie könnte etwa genutzt werden, um Überschallwaffen präzise zu steuern. Gregor Koppenburg/Jörn Petring
Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) schlägt Alarm: Deutschland ist dabei, sich ökonomisch zu stark an China zu binden. Das ist die Erkenntnis der am Montag veröffentlichten Studie mit dem Titel “Reluctanct US vs Ambitious German Direct Investment in China – the Tale of Two Strategies“. IfW-Handelsforscher Rolf Langhammer sagte dazu am Montag: “Deutsche Firmen befinden sich auf dem Weg zu einer gefährlichen Abhängigkeit vom Wohlwollen der chinesischen Führung. Sie dienen dem geopolitischen Machtanspruch Chinas, wenn sie ihr Know-how in das Land transferieren, und können von heimischen Firmen verdrängt werden.”
Der Studie zufolge fließen Auslandsinvestitionen deutscher Unternehmen verstärkt nach China, vor allem im verarbeitenden Gewerbe wie der Automobilindustrie. Amerikas Unternehmen würden eine gegenläufige Strategie wählen – und eher zurückhaltend agieren.
Langhammer zufolge ist die Zahl an Tochterunternehmen und Produktionsstätten deutscher Firmen in China seit den 1990er-Jahren kontinuierlich: Im Jahr 2019 seien rund sieben Prozent der Auslandsinvestitionen Deutschlands in China getätigt worden, was etwa 89 Milliarden Euro entspricht. Im Vergleich: Zur Jahrtausendwende war es lediglich rund ein Prozent. Im verarbeitenden Gewerbe – wie im Autobau, Chemie oder Maschinenbau – stiegen sie von gut zwei auf zuletzt 14 Prozent (61 Milliarden Euro).
Dagegen würden die USA als weltgrößter Auslandsinvestor bislang diese Wachstumsregion eher meiden und stattdessen auf Investitionen in Europa setzen. “Die Zurückhaltung US-amerikanischer Firmen ist umso erstaunlicher, als China seit vielen Jahren eine der am dynamischsten wachsenden Weltregionen ist und Firmen einen äußerst lukrativen Absatzmarkt bietet”, sagte Langhammer.
“Chinas Ziel ist es, sich vom Ausland und speziell dem systemischen Rivalen USA unabhängiger zu machen und Schlüsseltechnologien selbst produzieren zu können”, sagte Langhammer. Dafür brauche man Know-how aus dem Ausland. Ausländische Investoren müssten sich deshalb im Klaren darüber sein, dass sie diesem Ziel dienen sollen und durch heimische Anbieter abgelöst werden, sobald China über die notwendigen Technologiekenntnisse verfügt. rad
Continental will trotz des Handelsstreits zwischen Peking und Litauen weiterhin in dem baltischen Staat investieren. Die Pläne des deutschen Zulieferers hätten sich trotz Drucks aus China nicht geändert, sagte der Direktor der litauischen Continental-Fabrik, Shayan Ali, der Lokalzeitung Verslo Žinios. “Unsere Pläne in Litauen sind die gleichen, die wir zu Beginn angekündigt haben – 1.500 Arbeitsplätze und mehr als 185 Millionen Euro Investitionen”, wurde Ali zitiert. Auf die Frage nach dem chinesischen Handelsdruck sagte er, dass die Fabrik zweifellos von der sich ändernden Situation betroffen gewesen sei. “Wir haben alles getan, um uns an die sich ändernden Umstände anzupassen”, so Ali. Nähere Angaben machte er nicht.
China blockiert seit Anfang Dezember die Zollabwicklung für litauische Waren. Auch auf Unternehmen aus anderen EU-Staaten wurde Druck ausgeübt, sich von litauischen Zulieferern zu trennen, um nicht den Marktzugang in der Volksrepublik zu verlieren (China.Table berichtete). Betroffen waren davon unter anderem Continental und der Lippstädter Autozulieferer Hella.
Die EU hatte Ende Januar die WTO eingeschaltet und ein Verfahren gegen China eingeleitet (China.Table berichtete), um die Handelsblockade zu lösen. Bis Anfang März müssen die EU und China nun Gespräche beginnen. ari
Peking hat Sanktionen gegen die US-Rüstungskonzerne Lockheed Martin und Raytheon Technologies wegen Waffenverkäufen an Taiwan verhängt. “In Übereinstimmung mit den einschlägigen Bestimmungen des chinesischen Anti-Auslandssanktionsgesetzes hat die chinesische Regierung beschlossen, Gegenmaßnahmen gegen die rechtsverletzenden Handlungen von Raytheon Technologies und Lockheed Martin zu ergreifen”, sagte der Sprecher des Außenministeriums, Wang Wenbin, am Montag. Die Sanktionen seien eine Reaktion auf den Verkauf von Waffen im Wert von 100 Millionen US-Dollar Anfang Februar. Die Lieferungen hätten Chinas Sicherheitsinteressen untergraben, so Wang.
Wie die Sanktionen ausfallen werden, wurde bislang nicht näher erklärt. Es ist das erste Mal, dass Unternehmen Strafmaßnahmen im Rahmen von Chinas neuem Anti-Auslandssanktionsgesetz ausgesetzt sind. Peking hatte das Gesetz im vergangenen Sommer erlassen (China.Table berichtete). Beobachter befürchten, dass dieser Schritt zu einer Sanktions-Schlacht zwischen der Volksrepublik und den USA führen könnte. Inmitten der Spannungen zwischen Washington und Peking kündigte der ehemalige US-Außenminister Mike Pompeo an, nach Taiwan zu reisen. Pompeo wird dort auch Präsidentin Tsai Ing-Wen treffen. ari
Hongkong schränkt den Bewegungsradius von Ungeimpften wegen steigender Corona-Infektionszahlen drastisch ein. Ab Donnerstag wird unter anderem das Betreten eines Supermarktes in der Stadt nur noch mit einem Impfnachweis erlaubt sein. Auch für Restaurants, Freizeiteinrichtungen, Behörden oder sogenannte Nassmärkte, wo Tiere frisch geschlachtet werden, soll die Regel gelten. Insgesamt sind zwei Dutzend verschiedene Institutionen, Geschäftsarten und Etablissement von der Maßnahme betroffen.
Nach jahrelang niedrigen Fallzahlen steigt die Zahl der Ansteckungen mit SARS-CoV-2 in der Finanzmetropole seit Wochen kontinuierlich an (China.Table berichtete). Am Montag waren über 7.500 neue Fälle in Hongkong registriert worden. Ein dramatischer Anstieg von “buchstäblich Hunderttausenden” erwartet Karen Grepin von der University of Hong Kong’s School of Public Health. “Alle Daten deuten darauf hin, dass wir uns in einem frühen Stadium dieser Welle befinden”, sagte sie dem staatlichen Rundfunksender RTHK.
Die Regierung hatte deshalb in der vergangenen Woche bereits 20.000 Hotelzimmer reserviert, um Infizierte und Kontaktpersonen unter Quarantäne stellen zu können (ChinaTable berichtete). 30.000 Erkrankte warten derweil noch auf ihren Transfer in die Isolation. 1.000 ehemalige Staatsdiener wurden zur Unterstützung der Hotels bei der Aufnahme der Patienten einberufen.
Auch die Abstandsregelungen werden ab Donnerstag verschärft. In Restaurants dürfen dann nur noch maximal zwei Personen an einem Tisch Platz nehmen. Alle Maßnahmen sollen auf unbestimmte Zeit gelten. Bislang hatte die Regierung im Zwei-Wochen-Rhythmus neu entschieden. Die Maßnahmen folgen einer Ermahnung an die Hongkonger Behörden durch Chinas Staatspräsident Xi Jinping vor wenigen Tagen.
Die Impfquote in Hongkong liegt zurzeit bei knapp über 80 Prozent. Besonders ältere Bevölkerungsgruppen rangieren allerdings deutlich unter dieser Marke. In der Altersklasse der 70- bis 79-Jährigen waren es vor wenigen Tagen rund 63 Prozent, bei den über 80-Jährigen lediglich etwa 33 Prozent. Gründe für die Impfskepsis seien Angst von Alleinstehenden im Falle von Komplikationen im Nachgang der Impfung und mangelnde Aufklärung durch Ärzte, berichten örtliche Medien. Insgesamt leben knapp 7,5 Millionen Menschen in Hongkong.
Ab Donnerstag gelten die neuen Coronavirus-Regeln vorerst nur für Erwachsene. Sie werden jedoch in den kommenden Monaten schrittweise verschärft. Bis Ende April müssen 12- bis 17-Jährige mindestens eine Impfdosis verabreicht bekommen haben, Erwachsene dann mindestens zwei, wenn sie weiterhin Zutritt zu allen Einrichtungen haben wollen. Von Ende Juni an müssen Erwachsene eine Auffrischung nachweisen, wenn die zweite Spritze neun Monate zurückliegt. Kinder und Jugendliche müssen dann zweimal geimpft sein.
Spätestens Ende des Frühjahrs werden die Beschränkungen auf den Besuch von Schulen und öffentliche Krankenhäusern ausgeweitet. Regierungschefin Carrie Lam hatte die Bürger:innen der Stadt im Januar gewarnt: “Wenn Sie sich gegen eine Impfung entscheiden, dann müssen Sie einige der Konsequenzen tragen.” grz
China hat bestritten, einen Laser auf ein australisches Überwachungsflugzeug gerichtet zu haben. Das Außenministerium in Peking erklärte am Montag, der Vorwurf sei falsch, vielmehr habe sich das beschuldigte chinesische Marineschiff an internationales Seerecht gehalten. Anschließend forderte Außenamtssprecher Wang Wenbin die australische Regierung auf, die “legitimen Rechte” chinesischer Schiffe zu respektieren und die “Verbreitung falscher Informationen über China” zu beenden.
Am Wochenende hatte Australiens Verteidigungsministerium erklärt, ein chinesisches Marineschiff habe vor der nordaustralischen Küste einen Laser auf ein australisches Überwachungsflugzeug vom Typ P-8A Poseidon gerichtet. Durch diesen Angriff habe China billigend Menschenleben gefährdet. Australiens Premierminister Scott Morrison sprach von einem Akt der Einschüchterung.
Zum Beweis hatte Australiens Verteidigungsministerium Bilder von zwei Schiffen der chinesischen Volksbefreiungsarmee veröffentlicht, die sich zu besagtem Zeitpunkt in der Arafurasee zwischen dem australischen Kontinent und der Insel Neuguinea aufgehalten hatten.
Die Beziehungen zwischen Australien und China sind stark angespannt. Peking kritisiert unter anderem die Verteidigungsbündnisse, die Australien mit den USA und Großbritannien wie auch mit Japan abgeschlossen hat (China.Table berichtete). Als Reaktion hat China eine Reihe australischer Exportgüter wie Wein und Kohle mit Sanktionen belegt. rad
Peking mag 6.500 Kilometer von der ukrainischen Hauptstadt Kiew entfernt liegen. Geopolitisch geht es für China in der eskalierenden Russland-Ukraine-Krise aber um sehr viel. Wenn Russland in die Ukraine einmarschiert und einen anhaltenden Konflikt (wenn auch wahrscheinlich keine direkte militärische Konfrontation) mit den USA und ihren westlichen Bündnispartnern auslöst, kommt das natürlich China zugute. Amerika müsste strategische Ressourcen für die Eindämmung Russlands einsetzen und seine europäischen Verbündeten stünden den Bitten der USA, ihrer Anti-China-Koalition beizutreten, noch skeptischer gegenüber, als das sowieso schon der Fall ist.
Entschärft US-Präsident Joe Biden die Krise jedoch, indem er den Forderungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin wenigstens zum Teil nachgibt, steht China strategisch vermutlich schlechter da als vorher. Wenn Putin die Früchte seiner Drohdiplomatie erntet, und Biden ein potenzielles Desaster in Osteuropa vermeidet, rückt China wieder ins Zentrum der nationalen Sicherheitsstrategie der USA. Und das ist noch nicht alles. Nachdem Putin die obsessive Beschäftigung der USA mit China geschickt dazu genutzt hat, die Einflusssphäre Russlands zu stärken, verliert China den Großteil seines strategischen Werts für Russland.
Putin setzt Bidens Angst, in einen Konflikt mit einem zweitrangigen Gegner (Russland) gezogen zu werden, als Hebel ein, um entscheidende Sicherheitsgarantien zu erzwingen. Ein kluger, wenn auch riskanter Schachzug. Den Einmarsch in die Ukraine zu befehlen – und sich damit zumindest kurzfristig selbst zum wichtigsten geopolitischen Gegner Amerikas zu befördern – liegt dagegen kaum im Interesse des Kreml. Verheerende Sanktionen des Westens und die hohen Kosten eines Kampfes gegen Aufständische in der Ukraine würden Russland entscheidend schwächen, Putins Beliebtheit im eigenen Land schaden und seine Abhängigkeit vom chinesischen Präsidenten Xi Jinping erhöhen.
Obwohl China in der Ukraine-Krise also selbst einiges zu verlieren hat, achtet die chinesische Regierung penibel darauf, sich nicht in die Karten schauen zu lassen. Während die zunehmenden Spannungen in den westlichen Medien für Schlagzeilen sorgen, wird die Ukraine in der offiziellen chinesischen Presse kaum erwähnt. Zwischen dem 15. Dezember (dem virtuellen Gipfel zwischen Putin und Xi) und dem 24. Januar dieses Jahres brachte die Volkszeitung, das offizielle Sprachrohr der Kommunistischen Partei Chinas, nur einen Artikel über die Krise – eine Meldung über die ergebnislosen Gespräche zwischen Russland, den USA und seinen NATO-Bündnispartnern Mitte Januar. Auch Leitartikel oder Kommentare, in denen China Russland seine Unterstützung zusagt, glänzen durch Abwesenheit.
Besonders aufschlussreich: In der vom Kreml veröffentlichten Zusammenfassung des chinesisch-russischen Gipfeltreffens wird behauptet, Xi unterstütze Putins Forderungen nach Sicherheitsgarantien des Westens. Diese schließt eine weitere Osterweiterung der NATO aus. In der chinesischen Version dagegen, die von der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua herausgegeben wurde, wird dies nicht erwähnt. Xis Erklärung war keine ausdrückliche Billigung von Putins Position, sondern eine vage und allgemein gehaltene Floskel, “sich bei Themen, die die jeweiligen Kerninteressen berühren, gegenseitig zu unterstützen”.
Dieses Muster wiederholte sich im Gespräch zwischen dem chinesischen Außenminister Wang Yi und seinem amerikanischen Amtskollegen Antony Blinken am 27. Januar. Westliche Medien interpretierten Wangs Äußerungen zur Ukraine als Unterstützung für Putin. Tatsächlich beanspruchte Wang für China konsequent eine reine Zuschauerrolle und sagte lediglich, “Russlands begründete Sicherheitsbedenken müssten betont und gelöst werden”.
Die chinesische Zurückhaltung beim Thema Ukraine zeigt, dass Xi keinerlei Risiken eingehen will. Natürlich ist Putins aggressive Diplomatie, zumindest kurzfristig, im Interesse Chinas. Sollte er in die Ukraine einmarschieren und den strategischen Fokus der USA von China ablenken, umso besser.
Da Xi aber wohl nicht weiß, was der Kreml wirklich für die Ukraine plant, ist er klug genug, sich ebenfalls bedeckt zu halten. Mit einer unzweideutigen chinesischen Unterstützung für Putins Forderungen würde sich das Land selbst in eine Ecke manövrieren. Lässt sich Putin von China zu einem Krieg ermutigen, könnten bestimmte Kreise in Moskau dies im schlimmsten Fall als diabolischen chinesischen Trick interpretieren, der Russland zu einer strategischen Spielfigur im Kalten Krieg zwischen China und Amerika degradiert. Akzeptiert Putin dagegen kleine Zugeständnisse, um ohne Gesichtsverlust ein potenzielles Desaster zu vermeiden, stünde China wie ein Idiot da, weil es sich hinter unrealistische Forderungen des Kremls gestellt hat.
Von all diesen strategischen Unsicherheiten abgesehen, weiß die chinesische Führung genau, dass sie mit einer ausdrücklichen Unterstützung Putins die Europäische Union vor den Kopf stoßen würde, die inzwischen Chinas zweitgrößter Handelspartner ist. Das strategische Kalkül der chinesischen Politik ist es, unbedingt zu verhindern, dass Amerika die EU für ihre Anti-China-Koalition gewinnt.
Für die EU sind die Unabhängigkeit und Sicherheit der Ukraine sehr wichtig, und jede chinesische Beihilfe für Putin würde eine europäische Reaktion geradezu herausfordern. Die EU könnte China zum Beispiel dadurch bestrafen, dass sie den Austausch von Technologien beschränkt und Taiwan diplomatisch stärker unterstützt. Besonders die osteuropäischen EU-Mitglieder haben weniger Handelsverbindungen mit China und fühlen sich durch Russlands aggressives Auftreten am stärksten bedroht. Aus diesem Grund könnten sie zur Vergeltung viel einfacher die Taiwan-Karte gegen China ausspielen als die größeren Mitgliedstaaten. Dieses Risiko wollen vermutlich nur die wenigsten Mitglieder der chinesischen Führung eingehen.
Sie sind Realisten und wissen, dass sie auch dann kaum beeinflussen können, wie die aktuelle Krise in der Ukraine ausgeht, wenn sie sich öffentlich positionieren. Putin hält in dieser Pattsituation die Fäden in der Hand, und diplomatische Schützenhilfe aus China dürfte das strategische Kalkül der Hauptprotagonisten in Washington, Brüssel oder auch Moskau kaum beeinflussen. Chinas Einfluss wird nur dann dramatisch wachsen, wenn Putin es darauf ankommen lässt und die Ukraine besetzt. Dann bräuchte er die wirtschaftliche Unterstützung Chinas, um die Folgen der westlichen Sanktionen abzumildern.
Für Xi ist das bisher jedoch reine Spekulation. Die Supermacht China ist vorübergehend zum Zuschauen verurteilt und muss den Ausgang der Krise gleichzeitig besorgt und hoffnungsvoll von der Seitenlinie aus abwarten.
Minxin Pei ist Professor für Governance am Claremont McKenna College und Senior Fellow des German Marshall Fund of the United States.
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Lars Schubert gibt seinen Posten in Nanjing als Chief Technology Officer und Mitglied der Geschäftsführung der BSH Hausgeräte in China auf. Zum 1. April 2022 wird er neuer Chief Operating Officer sowie Mitglied der BSH-Hauptgeschäftsführung. Schubert, der seit 2016 für die BSH in Nanjing war, wird als COO zukünftig die Bereiche Fertigung, Entwicklung, Innovation sowie Corporate Technology und das Global Supply Chain Management verantworten. Der 52-Jährige tritt die Nachfolge von Dr. Silke Maurer an, die Ende März das Unternehmen verlässt.
Gemeinsam gegen Corona: Epidemiologen aus der südchinesischen Provinz Guangdong nehmen am Wochenende Hongkongs Pandemie-Management genau unter die Lupe, denn Corona breitet sich derzeit rasant in der Sonderverwaltungszone aus. Peking fürchtet, das Virus könne sich von Hongkong aus in die Volksrepublik einschleichen. Guangdong gehört zu den wichtigsten Wirtschaftsstandorten Chinas. Bislang ist die Region von Lockdowns verschont geblieben.